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Rüttenscheider Jahrbuch ´88 - Interessengemeinschaft ...

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54 <strong>Rüttenscheider</strong> <strong>Jahrbuch</strong> '88<br />

80 Jahre St. Andreas in Essen-Rüttenscheid<br />

Von Pastor Norbert Essink, Essen<br />

In ' diesem Jahr kann die katholische<br />

Kirchengemeinde St. Andreas in Essen­<br />

Rüttenscheid auf 80 Jahre zurückblicken.<br />

Das ist zwar kein Jubiläum;<br />

aber ein Rückblick auf diese außerordentlich<br />

bewegte Zeit ist gewiß angesagt<br />

und sinnvoll.<br />

Es sind deutlich vier Abschnitte in der<br />

Geschichte unserer Pfarrei zu erkennen:<br />

I. Die Zeit des Aufbaus (1908-1933)<br />

2. Die Zeit des Niedergangs (33-45)<br />

3. Die Zeit des Wiederaufbaus (-63)<br />

4. Die Zeit der Neuorientierung.<br />

Der folgende geschichtliche Abriß ist<br />

nach diesen Punkten gegliedert.<br />

I. Die Zeit des Aufbaus (1908-1933)<br />

Um die Jahrhundertwende nahm die<br />

Einwohnerzahl in Rüttenscheid enorm<br />

zu. Eine Tabelle mag das veranschaulichen:<br />

Jahr<br />

1890<br />

1900<br />

1910<br />

Einwohner<br />

4652<br />

14735<br />

31081<br />

Im Jahr 1905 war die kath. Kirchengemeinde<br />

St. Ludgerus gegründet worden.<br />

Schon 1906 schien eine Neugründung<br />

im Norden Rüttenscheids unumgänglich<br />

notwendig zu sein. 1906 gründete man<br />

das Kirchenbauwerk St. Andreas, der<br />

Gutsbesitzer, H. Kirchhoff stiftete ein<br />

großes Grundstück für den Bau der Kirche,<br />

und 1908 bereits war der Bau fertiggestellt.<br />

330000,- Mark hatten die<br />

Kosten betragen, eine unvorstellbar große<br />

Summe, wenn man bedenkt, wie<br />

knapp das Geld damals war.<br />

1m Gründungsjahr 1908 zählte die Gemeinde<br />

etwa 6000 Mitglieder, nach drei<br />

Jahren waren es bereits 7400. Das An-<br />

wachsen ergab sich nicht allein durch<br />

Zuzüge; die Chronik verzeichnet für damals<br />

pro Jahr etwa 250 Taufen und nur<br />

ungefähr 60 Sterbefälle.<br />

Das Leben in der Gemeinde entwickelte<br />

sich rasch. Viele Aktivitäten gingen damals<br />

von den Vereinen aus. Dementsprechend<br />

entstanden auch in den ersten<br />

Jahren alle wichtigen Verbände und<br />

Gruppierungen. Nach dem Kirchbauverein<br />

wurde bereits 1907 der Kirchenchor<br />

gegründet. Es folgten die Jünglingskongregation,<br />

der Volksverein -<br />

er unterstützte damals Arbeitslose und<br />

bedürftige Arbeiterfamilien -, der<br />

Arbeiterverein, der Verein christlicher<br />

Frauen und Mütter - bei der Gründung<br />

hatte er sogleich 500 Mitglieder -, der<br />

Borromäusverein für die Pfarrbücherei,<br />

die Jungfrauenkongregation. Als letzte<br />

Gruppierungen entstanden die Vinzenzund<br />

die Elisabethkonferenz, die sich um<br />

die Bedürftigen in der Gemeinde kümmerten.<br />

Der Krieg 1914-1918 brachte manches<br />

Leid. Man trauerte um 109 Männer aus<br />

der Gemeinde, die im Krieg gefallen waren.<br />

Das Gemeindeleben erlitt aber<br />

kaum Einbußen und blieb in seinen<br />

Strukturen erhalten.<br />

Als die Wirren des Krieges und der ersten<br />

Nachkriegsjahre überwunden waren,<br />

begann die zweite Phase des äußeren<br />

Aufbaus. In nur 10 Jahren entstanden<br />

nacheinander das Vereinshaus an<br />

der Olgastraße, dazu der Baukomplex<br />

Paulinenstraße 21/23 und Odastraße<br />

2-18. Für die Planung letzterer Häuser<br />

konnte der Pfarrer den bekannten Architekten<br />

Prof. Metzendorf gewinnen.<br />

Pfarrer und Kapläne wohnten nun in<br />

der Odastraße. Auch gab es Platz für<br />

einen Kindergarten, ein kleines AJten-<br />

Riittenscheider <strong>Jahrbuch</strong> '88<br />

heim und eine Nähschule. Ein Schwesternkonvent<br />

betreute diese Institutionen<br />

. Auch gab es eine Schwester für die<br />

Hauskranken.<br />

2. Die Zeit des Niedergangs<br />

(1933-1945)<br />

Mit dem Beginn der Herrschaft des Nationalsozialismus<br />

begann ein ganz neuer<br />

Abschnitt im Gemeindeleben. Denn<br />

sehr bald kam es zu ernsthaften Auseinandersetzungen<br />

mit der staatlichen<br />

Obrigkeit. 1m Jahr 1937 wurde der Religionsunterricht<br />

in den Schulen verboten.<br />

Die Gemeinde richtete daraufhin<br />

Seelsorgestunden in eigenen Räumlichkeiten<br />

ein. Viel härter traf die Gemeinde<br />

das Verbot der Jugendverbände und anderer<br />

Vereine. Viele Aktivitäten in der<br />

Gemeinde waren dadurch unmöglich<br />

geworden. 1940 schloß die Staatspolizei<br />

auch die Bücherei. Im gleichen Jahr holte<br />

man die Kirchenglocken ab.<br />

Seit 1937 überwachte die Staatspolizei<br />

alle Predigten des Pfarrers. Sie verhaftete<br />

ihn am 29. 11. 1943 . Die Anklage lautete<br />

auf Schwächung des Wehrwillens<br />

des Deutschen Volkes. Darauf stand die<br />

Todesstrafe. Wider Erwarten wurde er<br />

nach 12 Tagen aus dem Gefängnis entlassen.<br />

Er hatte gute Fürsprecher gehabt.<br />

Erst nach dem Krieg erfuhr man<br />

davon.<br />

Der Krieg schlug der Gemeinde schwere<br />

Wunden. Beim Fliegerangriff auf Essen<br />

am 5. 3. 1943 wurden 150 Häuser in der<br />

Pfarrei getroffen oder so stark in Mitleidenschaft<br />

gezogen, daß sie unbewohnbar<br />

waren. Viele Essener Schulen wurden<br />

in nicht luftgefährdete Gebiete verlegt.<br />

Die Zahl der Kinder, aber auch der<br />

Erwachsenen, die die Stadt verließen,<br />

war sehr groß.<br />

Ein Jahr später, am 26. 3. 1944, zerstörte<br />

ein Fliegerangriff wiederum sehr viele<br />

Häuser in Rüttenscheid. Auch die pfarreigenen<br />

Gebäude wurden schwer getroffen<br />

. Orgel und Dach der Kirche gingen<br />

in Flammen auf, ebenso das Dach des<br />

Schwestern hauses und die Kapelle in der<br />

St. Andreaskirche in Essen-Rüttenscheid, erbaut<br />

1906-/908.<br />

Pfarrgemeinde St. Andreas<br />

- Pfarrgrenze, + Kirche • Pfarrhaus<br />

1936<br />

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