Von Frankenhausen in die Welt - ein genealogisches Lesebuch / Peter Teuthorn
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Exorbitante Preise für antiquarische Bücher – Müssen <strong>die</strong> Händler<br />
bescheidener werden?<br />
29. Juli 2009<br />
Wer <strong>in</strong>teressiert sich heute noch für <strong>die</strong> schon zu Lebzeiten des hessischen Hofrats Georg Friedrich<br />
<strong>Teuthorn</strong>s kritisierte<br />
Neuere Geschichte der Hessen, von 1587 bis auf <strong>die</strong> gegenwärtigen Zeiten Ausführliche<br />
Geschichte der Hessen, von ihrem ersten Ursprunge an bis auf gegenwärtige Zeiten. Neunter<br />
Band, (Gedruckt bei Johan Ludwig Ickler) Biedenkopf 1778 ?<br />
Se<strong>in</strong>e Kritiker führen an, er habe nicht nach den Quellen gearbeitet, sondern sich auf bisherige<br />
Literatur gestützt, und sei darüberh<strong>in</strong>aus fehlerhaft. “<strong>Teuthorn</strong>, <strong>die</strong>se Quelle so vieler Irrtümer”,<br />
seufzte e<strong>in</strong> früher Kritiker. Allerd<strong>in</strong>gs muss man fairerweise e<strong>in</strong>räumen, dass sich der<br />
quellenkritische Historizismus e<strong>in</strong>es Leopold von Ranke und Gleichges<strong>in</strong>nter frühestens e<strong>in</strong> halbes<br />
Jahrhundert später durchsetzte. Insgesamt hat der hessische Geschichtsschreiber 12 volum<strong>in</strong>öse<br />
Bände mit se<strong>in</strong>en ausschweifend unstrukturierten Schilderungen gefüllt, e<strong>in</strong>er so schwer verdaulich<br />
wie der andere.<br />
Ke<strong>in</strong> Interesse? Doch, ich weiß jemanden. Es ist der Autor <strong>die</strong>ser Zeilen. Zwar f<strong>in</strong>det er <strong>die</strong><br />
Geschichte der Hessen se<strong>in</strong>es frühen Verwandten e<strong>in</strong>fach ungenießbar, aber aus<br />
familiengeschichtlichem Interesse würde er trotzdem gerne e<strong>in</strong> Exemplar für se<strong>in</strong> Familienarchiv<br />
erwerben. Mit e<strong>in</strong>em Angebot im ZVAB von 153 € plus 6 € Versand ist das antiquarische Buch –<br />
auch wenn Teile des Rückens fehlen – sogar relativ preiswert. Für e<strong>in</strong>en anderen alten <strong>Teuthorn</strong><br />
wurden kürzlich 250 € verlangt.<br />
Ich wollte und werde das nicht bezahlen. Denn wenn e<strong>in</strong> <strong>Teuthorn</strong> ‘mal e<strong>in</strong>en <strong>Teuthorn</strong> <strong>in</strong> der Hand<br />
halten will, kann er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e der großen Bibliotheken, z.B. <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bayerische Staatsbibliothek<br />
München, gehen und sich alle 12 Bände auf e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> den Lesesaal bestellen. Neuerd<strong>in</strong>gs aber<br />
kann er das Werk auch als digitales Exemplar onl<strong>in</strong>e betrachten und darüber h<strong>in</strong>aus sogar alle knapp<br />
900 Seiten (Seitenzahl e<strong>in</strong>es Bandes!) als PDF-Datei auf se<strong>in</strong>en PC laden. Will er sich das wirklich<br />
antun? Natürlich ja, es geht ja um e<strong>in</strong>en Test im Dienste der Wissenschaft, vor allem aber um s e i n<br />
e Familie!<br />
Na, dann sehen wir uns das Digitalisat doch mal an.<br />
Nun, ich b<strong>in</strong> zufrieden, und so komme ich auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>gangsfrage zurück. Müssen <strong>die</strong> Antiquare<br />
ihre me<strong>in</strong>es Erachtens überhöhten Preise im Zeitalter der Digitalisierung überdenken? Ich glaube<br />
schon. Nehmen wir doch e<strong>in</strong>mal den konkreten Fall hier. Das Buch ist <strong>in</strong> öffentlichen Bibliotheken<br />
x-mal vorhanden, kann also <strong>in</strong> den Lesesälen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Hand genommen werden. Da Urheberrechte<br />
längst abgelaufen s<strong>in</strong>d, steht es als Digitalisat zur Verfügung. Sollte ich es aber nicht trotzdem<br />
erwerben? Ne<strong>in</strong>, denn <strong>in</strong> absehbarer Zeit – wenn ich wieder namenlose Materie se<strong>in</strong> werde – würde<br />
es entsorgt, im besten Falle aber wieder an e<strong>in</strong> Antiquariat gehen und dann wieder auf e<strong>in</strong>en Käufer<br />
warten, der bereit ist, aus Sammelleidenschaft e<strong>in</strong>en zu hohen Preis zu zahlen. Ob sich me<strong>in</strong>e<br />
Ansicht durchsetzt? Arme Antiquare!<br />
PS. Den Anstoß zu <strong>die</strong>sem Artikel gaben <strong>die</strong> gerade gewonnenen E<strong>in</strong>sichten zu Digitalisierung und<br />
Langzeitarchivierung der Bayerischen Staatsbibliothek München.<br />
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