dräum | ausgabe 3 | 09/2015
dräum ist ein periodikum von andreas leonhard hilzensauer – dräum is a periodical by andreas leonhard hilzensauer
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Fürsten<br />
Fest<br />
Giftgelbe Schwälle schwüler Hitze stechen ins Herzen<br />
des gefeierten Fürsten, in seinem Bett aus Spatzenzungen<br />
wälzt er sich aus Langeweile und sucht den<br />
leichten Weg, sich frei zu machen von den Vorwürfen,<br />
die ringsum niederregnen – man sät Unterschriften<br />
unter Dokumente und verfolgt genüsslich ihre<br />
Ernte, wie in Gärten hängen da die Schimpfer und<br />
die Wahrheitssager und die Revoluzzer, zwischen<br />
den baumelnden Helden schreitet man hindurch<br />
und streicht sanft mit Fingerspitzen über tote Leiber,<br />
kichert kindlich ob der Flatulenzen, die vergeblich<br />
und zu spät zum kollektiven Rückzug blasen, einigt<br />
sich dann mit der Dienerschaft auf Herz zum Brunch<br />
und bestellt die besten Schlächter im ganzen Reich.<br />
Das ganze Fürstentum soll kommen zu dem Feste<br />
auf dem Hofe, man schwappt das Blut in die<br />
Blutrinnen und verstaut die Stricke in den Strickschatullen,<br />
gibt weiße Laken über dunkle Flecken und<br />
postiert sich an die Feststiege zum Empfang. ––– Da<br />
strömen sie ein, die Grinsekatzen und die Taktnicker<br />
und knicksen sich in Ehrfurcht, man säuselt Worte der<br />
Verehrung in die vorgeschriebenen Richtungen<br />
und atmet – vom Zoll erleichtert – auf. Ab hier beginnt<br />
der leichte Teil: Schaufeln und Schlucken und<br />
Schnattern steht auf dem Vorprogramm, im Hauptteil<br />
folgt ein Stück des größten Dichters dieser Zeit. Wie<br />
bereits am Hof der zuvor gefeierten Herren, fehlen<br />
dem hochgeadelten Schwafler auch diesmal keine<br />
hrfurchtvollen Worte, eigens für heut' ein wenig<br />
umgeschrieben und mit dem aktuellen Namen ausstaffiert.<br />
––– In Saus und Braus taumeln die sich selbst<br />
Entehrten unten ohne durch die Nacht, pimpern,<br />
pudern, penetrieren alles, was sich bückt – schniefen<br />
und schlucken und schlecken was so kommt,<br />
lallen im Gleichschritt Lobpreisungen und winken<br />
zur nächsten Phiole Schnaps. Absoluter Höhepunkt<br />
des legendären Fests sind Fontänen giftgelber<br />
Galle, die – einem römischen Brunnen gleich – aus<br />
Mündern in andre Münder sprudeln, bis alle überquellen<br />
und im Palast das Trinken ins Ertrinken<br />
mündet. Dann blickt der Fürst im Morgengrauen auf<br />
tausend Flöße kalter Leiber, die im Sumpf des zu<br />
bunten Treibens – Gesicht nach unten – reglos auf<br />
der gelben Speibe treiben.