BI-aktuell_1-2_2012
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GASTKOMMENTAR /3<br />
»Zeit für einen<br />
Paradigmenwechsel«<br />
/ Renate Künast<br />
Vorsitzende Bundestagsfraktion<br />
Bündnis 90/Die Grünen<br />
Wohlstand und Wirtschaftskraft brauchen<br />
eine gute Verkehrsinfrastruktur. Sie zu erhalten<br />
und an entscheidenden Stellen zu verbessern,<br />
ist notwendig, um unsere globale<br />
Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden<br />
Jahren zu stärken.<br />
Verkehrspolitik wird jedoch nur dann erfolgreich<br />
sein, wenn wir zu einer neuen Ehrlichkeit<br />
und Transparenz in der Finanzierung<br />
kommen. Die überkommene Praxis,<br />
in Hinterzimmern Wünsch-dir-was-Listen<br />
für neue Straßen auszuhandeln, die wegen<br />
knapper Haushalte in Bau und Unterhalt<br />
aber nicht finanzierbar sind, führt uns nicht<br />
weiter. Bundesverkehrswegepläne alleine<br />
machen Deutschland nicht mobiler.<br />
Eine vernünftige Verkehrspolitik muss neue<br />
Prioritäten setzen und sich auf die bundesweit<br />
wichtigsten Vorhaben konzentrieren.<br />
Das heißt vor allem: Erhalt vor Neubau.<br />
Die bestehenden Wege des Straßen-, Schienen-<br />
und Wasserstraßennetzes werden seit<br />
Jahren auf Verschleiß gefahren und bedürfen<br />
dringend der Sanierung. Allein 46 Prozent<br />
der Brücken an Bundesfernstraßen haben<br />
nur die Zustandsnoten „ausreichend“<br />
oder schlechter, im Bahnverkehr nehmen<br />
die Langsamfahrstellen zu. Ein Paradigmenwechsel<br />
ist überfällig. Mehr Geld in die Erhaltung<br />
der Verkehrsnetze zu investieren,<br />
Engpässe gezielt zu beseitigen und Staus zu<br />
verhindern, hat hohen gesellschaftlichen<br />
und ökonomischen Nutzen. Denn klar ist<br />
auch: Je länger wir die Erhaltung hinauszögern,<br />
desto größer wird der spätere Investitionsbedarf.<br />
Eine moderne Infrastrukturpolitik des<br />
21. Jahrhunderts setzt auf effiziente Vernetzung<br />
und verbessert gezielt die Übergänge.<br />
Für die Bewältigung des wachsenden Güterverkehrs<br />
sind Gigaliner keine Lösung. Nur<br />
wenn es uns gelingt, intelligente Logistikketten<br />
zu schaffen und den Gütertransport<br />
viel stärker auf die Schiene zu verlagern, entlasten<br />
wir die Straßen und vermindern wirksam<br />
CO 2 -Emissionen. In die Lkw-Maut Umweltkosten<br />
ehrlicher einzubeziehen, wird die<br />
gewünschte Verlagerung fördern. Doch klar<br />
ist auch: Der Güterverkehr ist weiterhin auch<br />
auf leistungsfähige Autobahnen angewiesen.<br />
Statt weiter neue Straßen zu bauen, die kaum<br />
volkswirtschaftliche Effekte haben, müssen<br />
wir die Hauptkorridore modernisieren. Insbesondere<br />
der Seehafenhinterlandverkehr<br />
hat hierbei Priorität.<br />
Erfolgreiche Infrastrukturprojekte brauchen<br />
Zustimmung. Dazu ist es nötig, die Belastungen<br />
aus dem Verkehr durch vermehrten<br />
Lärmschutz zu verringern. Bürgerinnen<br />
und Bürger sind frühzeitiger und umfassender<br />
in die Planung einzubinden. Eine kluge<br />
Bau politik misst von Verbänden und Bürgerinitiativen<br />
entwickelten Alternativen Wert<br />
bei und nutzt ihre Vorschläge konstruktiv.<br />
Wir Grünen bekennen uns zu mehr Investitionen<br />
in Infrastruktur, wenn sie klug und<br />
nachhaltig sind. Eine zukunftsfähige Mobilität,<br />
die Klimawandel, teure fossile Ressourcen<br />
und demografischen Wandel berücksichtigt,<br />
erfordert ein stimmiges Konzept<br />
für sämtliche Verkehrswege des Bundes. Die<br />
Vorbereitungen für den kommenden Bundesverkehrswegeplan<br />
bieten die Chance für<br />
eine realistische und finanzierbare Verkehrspolitik.<br />
Die Zeit ist reif, sie endlich umzusetzen.<br />
/ Bitte vormerken /<br />
Tag der Deutschen Bauindustrie <strong>2012</strong><br />
Herausforderung Energiewende –<br />
Chancen und Risiken für die deutsche Bauindustrie<br />
24. Mai <strong>2012</strong>, Grand Hyatt Berlin