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Schwäbische Nachrichten & AuLa - Ausgabe 11/2015

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RECHT &STEUERN<br />

Künstliche Befruchtung: Unterhaltspflichtdurch Zustimmung<br />

Wenn ein Mann in eine künstliche Befruchtung seiner Partnerin einwilligt,<br />

muss er damit rechnen, später Unterhalt zahlen zu müssen.<br />

Und zwar auch dann, wenn beide nicht verheiratet sind und erdas<br />

Kind nichtals seines anerkannthat.<br />

Hintergrundinformation:<br />

Eine Unterhaltspflicht kann nicht nur per Gesetz entstehen –wie beispielsweise<br />

bei einem leiblichen Kind.Sie kann auch durch einen Vertrag<br />

zustandekommen. Es handelt sichdabei um einen sogenannten<br />

„Vertrag zugunsten Dritter“, den es auch in anderem Zusammenhang<br />

gibt (§ 328 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Der Dritte ist zwar nicht<br />

am Vertrag beteiligt, darf aber später unmittelbar die vertraglich vereinbarte<br />

Leistung einfordern.<br />

Der Fall: EinPaar hatteeine nichtehelicheBeziehung,lebteaber nicht<br />

in einem Haushalt zusammen. Die Frau wünschte sich ein Kind, der<br />

Mann war zeugungsunfähig. Beide sprachen deshalb beim Hausarzt<br />

vor, der eine künstliche Befruchtung durch eine Samenspende vorschlug<br />

und den Mann schriftlich sein Einverständnis geben ließ. Dieser<br />

unterschrieb, dass er „für alle Folgen einer eventuell eintretenden<br />

Schwangerschaft aufkommen werde und die Verantwortung“ übernehme.<br />

Nach mehreren einvernehmlich durchgeführten Versuchen<br />

Augsburg Rechtsanwalt Haller<br />

Bedeutung der Aufklärung beider Arzthaftung<br />

Im Bereich der Arzthaftung kommen<br />

die verschiedensten Gründe<br />

in Betracht, wegen der ein Arzt<br />

auf Schadensersatz in Anspruch<br />

genommen werden kann.<br />

Grundvoraussetzung ist dabei<br />

immer, dass der Arzt invorwerfbarer<br />

Weise falsch gehandelt hat.<br />

Die bloße Verwirklichung eines<br />

für die Behandlung typischen,<br />

wenn auch seltenen Risikos begründet<br />

nie einen Schadensersatzanspruch.<br />

Aufklärung über Risiken<br />

Allerdings muss der Arzt zuvor<br />

über die Risiken genau aufgeklärt<br />

haben. Der Arzt muss mit<br />

dem Patienten gemeinsam ein<br />

Gespräch darüber führen, welche<br />

Behandlungen inBetracht kommen,<br />

was mit diesen erreicht<br />

werden kann, welche Vorzüge<br />

die eine oder die andereBehandlung<br />

hat und vor allem welche<br />

Risiken die Behandlung mit sich<br />

bringt. Dabei hat erauch insbesondere<br />

auf seltene Risiken hinzuweisen.<br />

Eine solche Aufklärung kann regelmäßig<br />

auch nur mündlich erfolgen.<br />

Der Arzt muss also nicht<br />

einen „Aufklärungsbogen“ unterschreiben<br />

lassen. Regelmäßig<br />

wird erdies jedoch im eigenen<br />

Interesse tun. Denn der Aufklärungsbogen<br />

gibt zumindest einen<br />

klaren Hinweis darauf, dass<br />

entsprechend aufgeklärt worden<br />

ist, zumal dann, wenn sich die<br />

Unterschrift des Patienten auf<br />

dem Aufklärungsbogen befindet.<br />

Das Gespräch ist entscheidend<br />

Entscheidend ist aber nicht, was<br />

im Aufklärungsbogen steht, sondern<br />

was der Arzt im Gespräch<br />

tatsächlich gesagt hat. Natürlich<br />

stellt sich in der Praxis häufig das<br />

Problem, dass nur der Arzt und<br />

der Patientbeim Gespräch anwesend<br />

warenund dann eben gerade<br />

nicht mehr geklärt werden<br />

kann, was tatsächlich gesprochen<br />

wurde. Die Erfahrung zeigt<br />

leider, dass der Arzt häufig aus<br />

seiner Routine heraus glaubt,<br />

über alles aufgeklärt zuhaben,<br />

was auch im Aufklärungsbogen<br />

steht, und noch über viel mehr.<br />

Hingegen neigt der Patient nicht<br />

selten zur Behauptung, der Arzt<br />

Stefan Holzbock<br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt für Medizinrecht ·Sozialrecht<br />

Seniorenrecht ·Arzthaftungsrecht<br />

Volkhartstr.14·86152 Augsburg<br />

Telefon: (0821) 80 99 59-0<br />

Telefax: (0821) 80 9959-<strong>11</strong><br />

stefan.holzbock.rechtsanwalt@googlemail.com<br />

bekam die Frau ein Kind. Der Mann zahlte die Erstlingsausstattung<br />

und aber nur einige Monate Unterhalt. Erstritt ab, dem letztlich erfolgreichen<br />

Versuch zugestimmtzuhaben. Eine Vaterschaftsklage war<br />

erfolglos,daernichtder leibliche Vaterwar.<br />

Das Urteil: DerBundesgerichtshof entschied nach Informationen des<br />

D.A.S. Leistungsservice, dass der Mann aufgrund vertraglicher Vereinbarung<br />

Unterhalt zahlen müsse. Er habe durch seine schriftliche Erklärung<br />

beim Arzt zugestimmt, wie ein leiblicher Vaterdie Verantwortung<br />

für das Kind zu übernehmen. Da der Mann und die Mutter der<br />

künstlichen Befruchtung beide zugestimmt hätten, sei später jede<br />

Anfechtung der Vaterschaft ausgeschlossen. Dies sei gesetzlich in<br />

§1600 Abs. 5BGB geregelt.<br />

(Bundesgerichtshof,Urteil vom23.09.<strong>2015</strong>, Az.XII ZR 99/14) ■<br />

i<br />

D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH<br />

Diese und weitere Verbraucherthemen finden Sie unter<br />

www.ergo.com/verbraucher. Weitere Informationen zur<br />

Rechtsschutzversicherung finden Sie unter<br />

www.das.de/rechtsportal<br />

habe ihm überhaupt nichts erklärt.<br />

Meistens dürfte die Wahrheit<br />

irgendwo inder Mitte liegen.<br />

Aber geklärt werden kann<br />

es eben nur noch schwer.<br />

Absicherungsmöglichkeiten<br />

Wersich hier absichernwill,kann<br />

natürlich in ein Aufklärungsgespräch<br />

eine Person seines Vertrauens<br />

mitnehmen, denn bekanntlich<br />

hören vier Ohren mehr<br />

als zwei. Es gibt keinen Grund einer<br />

solchen Vertrauensperson<br />

die Anwesenheit in einem solchen<br />

Gespräch zu verweigern,<br />

wenn der Patient die Anwesenheitwünscht.<br />

Wichtig wird die Frage der Aufklärung<br />

schließlich vor allem vor<br />

dem Hintergrund, dass der Patient<br />

bei der Verwirklichung eines<br />

Risikos, über das der Patient<br />

zuvor nicht aufgeklärt worden<br />

ist, Schadensersatz auch dann<br />

geltend machen kann, wenn es<br />

um dieVerwirklichung eines behandlungstypischen<br />

geht.<br />

Risikos<br />

Fazit<br />

Im Ergebnis gilt aus Patientensicht,<br />

nicht nur die medizinische<br />

Vorsorge ist wichtig, sondern<br />

auch die rechtliche. Diese kann<br />

er treffen, wenn der Patient eine<br />

Vertrauensperson indas Aufklärungsgespräch<br />

mit hinein<br />

nimmt, oder, wenn er dies aus<br />

verständlichen Gründen nicht<br />

wünscht, er zumindest unmittelbar<br />

nach dem Gespräch ein Gedächtnisprotokoll<br />

anfertigt. Und<br />

zudem gilt: wenn man etwas<br />

nicht verstanden hat, nochmals<br />

nachfragen. Denn das Gespräch<br />

zwischen Arzt und Patient dient<br />

dem gegenseitigen Verstehen. ■<br />

i<br />

Jürgen Haller<br />

Fachanwalt für<br />

Medizinrecht<br />

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