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Semerkand Deutsch - Oktober 2015

Was ist ein guter Muslim, Das Schlachtfeld des Herzens, Eine Frage der Wahrnehmung, Der Dornbusch, Der Erhabene Allah ist, Die Grabbestrafung

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Viele von uns sitzen die meiste Zeit ihres<br />

Lebens zwischen zwei Stühlen. Sie sind zwischen<br />

der Herrschaft ihres Verstandes und der<br />

Herrschaft ihres Nefs hin- und hergerissen:<br />

Manchmal gewinnt ihr Verstand die Oberhand<br />

und dann bekommen sie ein schlechtes Gewissen<br />

und versuchen gewissenhaft ihren Pflichten<br />

nachzukommen. Meistens aber werden sie von<br />

ihrem Nefs dominiert und dann lassen sie die<br />

Zügel wieder locker und schaukeln genauso orientierungslos<br />

über die Wellen des Ozeans ihres<br />

Lebens, wie ein Stück Treibholz…<br />

Unser Nefs ist genusssüchtig. Es möchte<br />

sein kurzes Leben so weit als möglich genießen.<br />

Dabei hat es keine Lust, sich mit irgendwelchen<br />

lästigen Verpflichtungen aufzuhalten. Es versucht<br />

alle Verpflichtungen so weit als möglich in die<br />

Zukunft zu verschieben. Um seine Ziele zu erreichen,<br />

schreckt es auch nicht davor zurück, uns<br />

hemmungslos anzulügen. Dafür hat es extra die<br />

„Lebenslüge“ erfunden: Es gaukelt uns vor, dass<br />

wir noch genug Zeit in unserem Leben haben werden,<br />

um all unsere Pflichten zu erfüllen und ausreichend<br />

für das Jenseits vorzusorgen. Es schafft es<br />

tatsächlich, unseren inneren Bürgermeister immer<br />

wieder ins Abseits zu stellen und uns auch noch<br />

im hohen Alter glauben zu machen, dass unser<br />

Tod noch in sehr weiter Ferne liegt…<br />

Wir dürfen uns also von unserem trickreichen<br />

Nefs nicht an der Nase herumführen lassen,<br />

sonst wird es einst kein gutes Ende mit uns<br />

nehmen. Um gegen unser Nefs vorzugehen und<br />

den Bürgermeister in uns zu stärken, sollten wir<br />

so früh als möglich damit anfangen, unser Nefs<br />

zu erziehen. Dabei sollten wir uns angewöhnen,<br />

uns selbst zu beobachten. Sobald wir dann eine<br />

schlechte Angewohnheit an uns entdeckt haben,<br />

sollten wir solange konsequent dagegen vorgehen,<br />

bis wir diese mit Stumpf und Stiel ausgerissen<br />

haben.<br />

Eine gute Methode ist es dabei auch, die anderen<br />

Menschen zu beobachten. Wenn man an<br />

ihnen schlechte Eigenschaften entdeckt, dann<br />

sollte man sich nicht darüber empören, sondern<br />

man sollte sich stattdessen überlegen, ob diese<br />

schlechten Eigenschaften nicht auch bei einem<br />

selbst vorzufinden sind. Denn schließlich ist der<br />

Muslim der Spiegel des Muslims…<br />

Da wir dazu verpflichtet sind, bei der Ausmerzung<br />

unserer schlechten Angewohnheiten<br />

und Eigenschaften jegliche Hilfe in Anspruch<br />

zu nehmen, die wir kriegen können, sollten wir<br />

uns außerdem an eine Person wenden, die uns<br />

dabei behilflich sein kann, unseren Charakter<br />

zu verbessern. Solche Personen nennt man<br />

Murschid (spiritueller Wegweiser). Diese Personen<br />

kennen die Krankheiten des Nefs und wissen,<br />

mit welchen Heilmitteln man gegen diese<br />

vorgehen muss.<br />

Am besten wäre es natürlich, wenn wir in<br />

unserem Leben erst gar keine Dornenbüsche<br />

pflanzen würden. Deshalb sollten wir den Bürgermeister<br />

in uns bereits in jungen Jahren<br />

stärken und uns darum bemühen, dass unser<br />

Verstand die uneingeschränkte Herrschaft über<br />

unser Handeln erlangt. Leider ist dieser Zug<br />

für viele von uns schon längst abgefahren. Wir<br />

können uns nur noch auf Schadensbegrenzung<br />

konzentrieren und sind ohne die Hilfe des Murschids<br />

verloren.<br />

Wir sollten uns aber darum bemühen, dass<br />

wir bei der Erziehung unserer Kinder nicht dieselben<br />

Fehler wie unsere Eltern machen. Wenn wir<br />

unsere Kinder gut erziehen und verhindern, dass<br />

sie sich schlechte Dinge angewöhnen, dann ermöglichen<br />

wir ihnen einen guten Start ins Leben.<br />

Wenn wir dann außerdem dafür sorgen, dass<br />

sie sich frühzeitig einem Murschid anschließen,<br />

dann werden unsere Kinder keine Dornenbüsche<br />

pflanzen sondern fruchttragende Obstbäume<br />

und duftende Rosenstöcke. Davon werden<br />

auch wir einst in unseren Gräbern profitieren<br />

dürfen, wenn uns alle anderen Möglichkeiten<br />

des guten Handelns genommen worden sind.<br />

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