111 Königsbrunn 09.12.2015
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Seite 14 Mittwoch, 9.Dezember 2015 36 Jahre<br />
STADTZEITUNG<br />
AUGSBURG<br />
Ankommen in Lagerhäusern<br />
ASYL / In Lechhausen sollen weitereFlüchtlingsunterkünfteeingerichtet werden –ander Aindlinger Straße und an der Steinernen Furt.<br />
Kommentar<br />
vonHans Blöchl<br />
Beigeschmackund<br />
Informationsloch<br />
In diesenbeiden Objekten an der Steinernen Furt sollendemnächstErstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlingeentstehen.<br />
Hans Blöchl<br />
Lechhausen. Der zwar derzeit<br />
nachlassende aber immer noch<br />
nicht abreißende Zustrom von<br />
Flüchtlingen bringt auch inder<br />
Stadt weiteren Bedarf an Unterkünften<br />
mit sich –sowohl für<br />
die Erstaufnahme als auch für<br />
eine dauerhafteUnterbringung.<br />
Das große Gewerbe- und Industriegebiet<br />
in Lechhausen<br />
gerät dabei zunehmend ins<br />
Blickfeld: sowohl von Immobilieneigentümern<br />
als auch von<br />
Trägern der Flüchtlingseinrichtungen,<br />
der Regierung von<br />
Schwaben, die für die Erstaufnahme<br />
zuständig ist, und der<br />
Stadt Augsburg,die sich um die<br />
längerfristige Unterbringung<br />
kümmert.<br />
Lobte<br />
Oberbürgermeister<br />
Kurt Gribl in der Vergangenheit<br />
des Öfteren Lechhausen als<br />
„Zentrum der Arbeitsplätze in<br />
Augsburg“, so wird der Stadtteil<br />
zunehmend auch zum „Flüchtlingszentrum<br />
der Stadt“. Die<br />
von der Stadt angestrebte „gerechte<br />
Verteilung“ der hilfesuchenden<br />
Menschen im Stadtgebiet<br />
stößt anscheinend zunehmend<br />
an ihre Grenzen. „In<br />
manchen anderen Stadtteilen<br />
stehen adäquate Unterkünfte<br />
nicht in der Zahl wie inLechhausen<br />
zurVerfügung“, wird argumentiert.<br />
Drei weitereUnterkünfte<br />
Jetztist darangedacht,ander<br />
Steinernen Furt und in der Nähe<br />
drei weitere Einrichtungen<br />
zu eröffnen. Auf Anfrage teilte<br />
die Regierung von Schwaben<br />
mit, „dass ein Objekt an der<br />
Aindlinger Straße 16inAugsburg<br />
angemietet wurde und<br />
derzeit umgebaut wird.Die Liegenschaft<br />
soll im Rahmen der<br />
künftigen Erstaufnahmeeinrichtung<br />
als Ankunftszentrum<br />
genutztwerden. Eine dauerhafte<br />
Unterbringung vonFlüchtlingen<br />
soll nicht erfolgen. Für<br />
Nachtankünfte wird allerdings<br />
ein Ruhebereich vorgesehen.<br />
Im Erdgeschoss werden das<br />
medizinische Screening sowie<br />
die Registrierung der ankommenden<br />
Asylbewerber erfolgen.<br />
In den beiden Obergeschossen<br />
werden Büroräume für Verwaltungsmitarbeiter<br />
eingerichtet.<br />
Die Inbetriebnahme ist imerstenQuartal<br />
2016 vorgesehen.<br />
Für den Standort Steinerne<br />
Furt 60, bekannt als Baywa-Gelände,<br />
erstellt ein privater Investor<br />
derzeit Pläne für eine<br />
neue Erstaufnahmeeinrichtung<br />
vonAsylbewerbern. Ein Bauantrag<br />
istgestellt.Der genaue Gebäudezuschnittsteht<br />
zumjetzigen<br />
Zeitpunkt noch nicht fest<br />
und soll im laufenden Baugenehmigungsverfahren<br />
geklärt<br />
werden. Als Übergangslösung<br />
bis zurRealisierung dieses Vorhabens<br />
beabsichtigt die Regierung,<br />
auf dem Areal Steinerne<br />
Furt 77 eine ehemalige Lagerhalle<br />
zur Unterbringung von<br />
Flüchtlingen anzumieten. Auch<br />
für dieses Vorhaben ist ein Antrag<br />
auf Baugenehmigung anhängig.<br />
Wie verstrahlt ist Augsburg?<br />
Fotos: Hans Blöchl<br />
UNTERSUCHUNG / Hochspannungsleitungen, Funkmasten, Smartphones überall –elektromagnetische<br />
Felder sind allgegenwärtig. Forscher haben nungemessen, wo die Strahlung am höchsten ist.<br />
Seit Jahren steht das frühere<br />
Baywa-Gelände an der Steinernen<br />
Furt fast leer, einesinnvolle<br />
Nutzung schien kaum möglich.<br />
Nun ergibt sich auf einmal eine<br />
zumindest perspektivische Lösung.<br />
Die Kehrseite der Medaille:<br />
Es profitieren Immobilienbesitzer,<br />
Firmen und Investoren<br />
vonder Notder Flüchtlingeund<br />
den Problemen der öffentlichen<br />
Stellen mit deren Unterbringung.<br />
Um nicht falsch verstanden<br />
zu werden: Die Regierung<br />
von Schwaben oder die Stadt<br />
Augsburg als zuständige Behörden<br />
müssen sich darum kümmern,<br />
die Menschen auch menschenwürdig<br />
unterzubringen,<br />
keine Frage.<br />
Zelte im Winter wieander Berliner<br />
Allee sind allemal eine<br />
schlechtere Lösung als Gebäude<br />
mit entsprechenden Einrichtungen.<br />
Inunserer Gesellschaft ist<br />
das Privateigentum ein hohes<br />
Gut, deshalb ist esnur logisch<br />
und nachvollziehbar, dass für<br />
die Nutzung von Immobilien<br />
entsprechende Vergütungen erfolgen,<br />
auch Gewinn eingeschlossen.<br />
Trotzdem bleibt ein<br />
kleiner Beigeschmack,wennaus<br />
der Notdes Einen dasWohlergehendes<br />
Anderenentsteht.<br />
Gänzlich ungut ist der Stil, dass<br />
Informationen wieder lediglich<br />
über die Presse weitergegeben<br />
werden. Auch der Sprecherkreis<br />
der Lechhauser Flüchtlingshelfer,dem<br />
ichangehöre,betont:Es<br />
steht außer Frage, dass wir uns<br />
im Rahmen unserer Möglichkeiten<br />
umdie Menschen kümmern<br />
werden,die in unserem Stadtteil<br />
vorübergehend oder für längere<br />
Zeit untergebracht werden.Aber<br />
wirfordern auch,dasswir frühzeitig<br />
indie Planungen mit einbezogen<br />
und rechtzeitig informiert<br />
werden.<br />
Die Herausforderungen vor denen<br />
die ausschließlich ehrenamtlichen<br />
Helfer stehen, lassen<br />
sich unter Zeitdruck nur<br />
schlecht bewältigen und die Suche<br />
nach neuen Teams, die Unterkünfte<br />
betreuen, funktioniert<br />
nicht einfach nur auf Abruf.<br />
Und gerade Erstaufnahmeeinrichtungen<br />
benötigen ganz spezielle<br />
Hilfsangebote.<br />
Auch einige der Lechhauser<br />
Stadträte beklagen, dass sie bisher<br />
keinerlei Informationen<br />
über dieVorhabenoder etwaige<br />
weiterführende Planungen hätten.<br />
Geiselnehmer<br />
scheitertvor Gericht<br />
PROZESS / Das Urteil im Fall eines Überfalls mit<br />
Maschinenpistoleist rechtskräftig.<br />
DieErgebnisse der Strahlenmessung sind im Internetunter www.feldkarte.de abrufbar.<br />
Augsburg. In der Karlstraße<br />
strahlt es gewaltig, ebenso in<br />
der nördlichen Donauwörther<br />
Straße, am Innovationspark<br />
und in Teilen des Lechhauser<br />
Gewerbegebiets. Die Auswirkungen<br />
elektromagnetischer<br />
Felder sind wenig untersucht.<br />
Ein Forschungsprojekt der Ostfalia<br />
Hochschule begibt sich<br />
nunauf dieSpurder unsichtbarenFunkwellen.<br />
Auch Augsburg<br />
haben die Wissenschaftler ins<br />
Visier genommen.<br />
„Die Idee des Projekts ist es,<br />
hochgenaue Messdaten über<br />
die Feldstärkeverteilung in<br />
deutschen Städten aufzunehmen“,<br />
sagt Professor Matthias<br />
Hampe, Leiter des Forschungsprojekts.<br />
Dafür funktionierten<br />
dieForscher ausNiedersachsen<br />
ein Auto zu einem mobilen<br />
Messsystem um, mit dem sie<br />
vorKurzemauchdurch diegrößeren<br />
Straßen Augsburgs fuhren.<br />
Die Sensoren auf dem<br />
Dach des Wagens fingen im<br />
Mobilfunkbereich Frequenzen<br />
von 500 Megahertz bis 3Gigahertz<br />
ein. Die Ergebnisse sind<br />
im Internet unter<br />
www.feldkarte.de abrufbar.<br />
Dargestellt wird dieStrahlungsstärke<br />
durch verschiedene Farben.<br />
Blau bis grün bedeutet eine<br />
geringe Strahlung; orange<br />
und rotsignalisieren hohe Werte.<br />
Höchste Werteinviolett<br />
Foto: screenshot<br />
Der Bereich der Grenzwerte<br />
wird violett angezeigt. InAugsburg<br />
wurde ein solch hoher<br />
Wert allerdings nur einmal gemessen,<br />
in der Stätzlinger Straße<br />
in Lechhausen. „Die gute<br />
Nachricht ist, die gesetzlichen<br />
Grenzwerte wurden ankeinem<br />
Ort überschritten“, soForscher<br />
Hampe, der zudem Geschäftsführer<br />
eines Braunschweiger<br />
Unternehmens ist, welches das<br />
Projektmitträgt.<br />
Aus den Messdaten gehe<br />
auch hervor, dass in der Nähe<br />
vonFunkmasten oder in IndustriegebietenhäufighöhereWerte<br />
zu beobachten seien. Bei allen<br />
Ergebnissen handle es sich<br />
allerdings um Momentaufnahmen.<br />
Es könne etwa sein, dass<br />
im Gewerbegebiet im Moment<br />
der Messung beispielsweise eine<br />
Maschine eingeschaltet wurde.<br />
Ein dabei möglicher Funkenschlag<br />
hätte Auswirkungen<br />
aufdie Mess-Ergebnisse.(jaf)<br />
Augsburg. DerBundesgerichtshof<br />
hat nun die Revision gegen<br />
ein Urteil des Landgerichts<br />
Augsburg verworfen. Ein<br />
42-Jähriger war gegen die damalige<br />
Entscheidung, ihn wegen<br />
aufsehenerregender Straftaten<br />
mit einer Freiheitsstrafe<br />
voninsgesamtneun Jahren und<br />
anschließender Sicherungsverwahrung<br />
zu bestrafen, vorgegangen<br />
–erfolglos.<br />
Die für Betäubungsmittelstraftaten<br />
zuständige Strafkammer<br />
des LandgerichtsAugsburg<br />
hatte sich imJuni 2015 unter<br />
Vorsitz von Claus Pätzel fünf<br />
Tage lang mit dem nicht alltäglichen<br />
Fall auseinandergesetzt.<br />
Der inzwischen 42-jährige<br />
Verurteilte war wegen Handeltreibens<br />
mit 2000 Ecstasy-Tabletten<br />
und vier Kilogramm MarihuanainAugsburg<br />
in denJahren2012<br />
und 2013 sowiewegen<br />
Einbruchsdiebstahls und Geiselnahme<br />
verurteilt worden.<br />
Rachefeldzug mit<br />
Maschinenpistole<br />
Den Schwerpunkt der Verurteilung<br />
bildete ein brutaler<br />
Überfall unter Einsatz einer<br />
Maschinenpistole, der sich Anfang<br />
Juli 2014 in Manching abgespielt<br />
hat. DerVerurteilte hatte<br />
sich mit der geladenenWaffe<br />
in die Wohnung eines 36-Jährigen<br />
begeben und wollte diesen<br />
dazu bringen, ihm die Wohnung<br />
zu überlassen.<br />
Dies sollte eine Entschädigung<br />
sein, denn derGeschädigte<br />
hatte den 42-Jährigen zuvor<br />
mit einer Zeugenaussagebelastet.<br />
Dieser Forderungversuchte<br />
er mit Klebebändern und Elektrokabeln<br />
Nachdruck zu verleihen.<br />
Damit fesselte ersein Opfer<br />
an einen Heizkörperund bedrohte<br />
es mit der Maschinenpistole.<br />
Erwolle dem 36-Jährigendie<br />
Füßewegschießen oder<br />
ihn umlegen, drohte er.<br />
Schließlich knebelte erihn mit<br />
Paketklebeband, um die Wohnung<br />
für einige Stunden verlassen<br />
zukönnen. Dem Geschädigten<br />
gelang es jedoch nach<br />
einer Weile, den Knebel zu lösenund<br />
um Hilfe zu rufen. Zwei<br />
Nachbarn konnten ihn schließlichbefreien.<br />
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs<br />
war vor allem<br />
deshalb mit Spannung erwartet<br />
worden, weil die Kammer mit<br />
ihrer Entscheidung rechtliches<br />
Neuland betreten hatte, indem<br />
sie trotz der Unterbringung in<br />
einer Entziehungsanstalt noch<br />
die Sicherungsverwahrung angeordnet<br />
hatte.<br />
Dies hat der Bundesgerichtshof<br />
offensichtlichals zulässigen<br />
Wegangesehen. Die Hoffnung,<br />
ein Straftäter werde nach erfolgreicher<br />
Therapie keine<br />
gleichartigen Straftaten mehr<br />
begehen, hindert nicht die Verhängung<br />
der Sicherungsverwahrung,<br />
wenn der Verurteilte<br />
zum Zeitpunkt des Urteils als<br />
gefährlicheingestuft wird.<br />
Mit der Entscheidung des<br />
Bundesgerichtshofs ist das Urteil<br />
nunrechtskräftig. (pm)