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Ganz schön<br />

schräg<br />

Was den Ingolstädter<br />

Perrecy mit Morrissey<br />

aus Manchester verbindet<br />

Statt „cool“ sagt er „kühl“. Denn bei Anglizismen<br />

sprießen ihm die Pickel: Perrecy,<br />

Liebhaber der deutschen Sprache, der<br />

Indie-Rock-Band The Smiths und der<br />

Ukulele. Wie der Wahl-Ingolstädter alle<br />

drei Leidenschaften verquickt, ist ebenso<br />

amüsant wie herrlich schräg.<br />

Klar, Perrecy ist ein Künstlername. Und wer<br />

jemals von der in den 1980er Jahren erfolgreichen<br />

britischen Band The Smiths gehört<br />

hat, weiß auch warum. Perrecy spielt mit<br />

diesem Pseudonym auf Morrissey, den<br />

exzentrischen Sänger der Smiths und<br />

späteren Solokünstler, an. Aber: Perrecy ist<br />

nicht Morrissey. „Vielmehr ist Perrecy eine<br />

Kunstfigur“, sagt der ambitionierte Hobbymusiker,<br />

der weder seinen Beruf noch<br />

seinen richtigen Namen verraten möchte.<br />

Und mit herkömmlichem Covern hat das,<br />

was Perrecy antreibt, schon gar nichts zu<br />

tun. Die Begründung liefert der Ukulele-<br />

Spieler gleich nach: „Ich tauge nicht zum<br />

Fan. Ich bin niemand, der sich den Namen<br />

eines Musikers auf die Brust tätowieren<br />

lässt. Personenkult ist mir fremd. Ich liebe<br />

40<br />

Morrisseys Musik und seine Texte, aber ich<br />

kenne ihn nicht.“ Und, so der Ingolstädter<br />

weiter: „Ich bin nicht der deutsche Morrissey,<br />

sondern Perrecy. Das reicht mir.“<br />

2006, zwei Jahre nach Morrisseys grandiosem<br />

Comeback mit dem Album „You Are<br />

The Quarry“, beginnt Perrecy, die Songs<br />

von Morrissey und seiner Ex-Band ins<br />

Deutsche zu übersetzen. Aus „First of the<br />

gang to die“ wird so „Der erste der Jungs,<br />

der starb“. „Das ging sehr einfach. Aber es<br />

gab auch Lieder, an denen ich mir monate-<br />

oder jahrelang die Zähne ausgebissen<br />

habe“, gibt der Barde zu. Nachvollziehbar,<br />

denn der Text muss inhaltlich, aber auch<br />

in Textlänge und Metrik passen. „Das ist<br />

das Schwierige. Die Engländer haben es<br />

da besser, weil sie weniger Wortendungen<br />

und dadurch mehr Reim-Möglichkeiten<br />

haben. Außerdem übersetze ich Wort für<br />

Wort. Z. B. würde ich ‚Baby’ nie mit ‚Baby’<br />

übersetzen, sondern mit Kleinkind. Damit<br />

es sich reimt, muss man entweder an der<br />

Grammatik rumschrauben, Wortneuschöpfungen<br />

kreieren oder altertümliche<br />

Wörter benutzen“, so der Musiker. Der<br />

Wahl-Bayer mit hanseatischen Wurzeln<br />

verleiht also auch der inhaltlichen Bedeutung<br />

eine neue Aussagekraft, bleibt dabei<br />

aber immer nah am Originaltext.<br />

Morrissey, um den sich in den 80er/90er<br />

Jahren ein regelrechter Hype entwickelte,<br />

ist bekannt für seine zynischen, mehrdeutigen<br />

Texte. Immer wieder war der Sänger<br />

deswegen scharfer Kritik ausgesetzt. Auch<br />

homosexuelle und pädophile Neigungen<br />

wurden dem Einzelgänger nachgesagt.<br />

Morrissey selbst äußerte sich entweder<br />

gar nicht zu den Vorwürfen oder er speiste<br />

seine Kritiker mit teils widersprüchlichen<br />

Häppchen ab. Offensichtlich hatte der exzentrische<br />

Star Spaß am Verwirrspiel. Für<br />

Perrecy gehört gerade dieser Aspekt zum<br />

Reiz der Kultfigur: „Morrissey liefert das,<br />

was er ausdrücken will, nicht auf dem Silbertablett.<br />

Man muss es sich erarbeiten.“<br />

Indie-Rock auf der Ukulele. Nicht unbedingt<br />

alltäglich, aber auch nicht unmöglich.<br />

Das beweist „Du bist das Opfer“,

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