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Leserbrief / Qualität fördern statt Kirche<br />

verstecken<br />

Foto: «Tages-Anzeiger»<br />

«<strong>notabene</strong>» 10/15: Leserbrief «Ab in den<br />

Papierkorb?»<br />

Jost Ohler fragt in seinem Leserbrief, ob<br />

wir uns auch schon überlegt hätten, dass<br />

das Corporate Design auch «negativen<br />

Wiedererkennungswert» haben könne.<br />

Natürlich kann es das. Aber ist es das<br />

Problem des CD, wenn die Qualität der<br />

Angebote nicht stimmt? Sollen wir aus<br />

Angst, die Angebote würden nicht zu<br />

überzeugen vermögen, tunlichst vermeiden,<br />

Kirchliches mit Kirche zu etikettieren?<br />

Geht die Forderung nicht seit Jahren<br />

grad in die umgekehrte Richtung,<br />

nämlich möglichst überall Kirche drauf<br />

zu schreiben, wo auch Kirche drin ist?<br />

Wie wichtig das ist, hat gerade die Abstimmung<br />

2014 eindrücklich belegt. Der<br />

Weg wäre also wohl eher, an der Qualität<br />

der «minderen Angebote» zu arbeiten,<br />

als deren kirchliche Urheberschaft zu<br />

verstecken.<br />

Weiter bedauert Herr Ohler, dass das<br />

CD nicht kommuniziere, «dass unsere<br />

Kirchgemeinden sich ständig neu in die<br />

Aktualität unserer Gesellschaft hinein erfinden».<br />

Ja, das kann ein CD tatsächlich<br />

nicht, und das ist auch nicht seine Aufgabe.<br />

Dafür gibt es zahlreiche andere<br />

Möglichkeiten und Instrumente, die eine<br />

Kirchgemeinde nutzen kann, wenn sie<br />

denn nur will. Und schliesslich: Die Einheitlichkeit<br />

des CD bedeutet nicht eine<br />

Vereinheitlichung der Gemeinden. Es<br />

steht darum auch nicht im Widerspruch<br />

zur Vielfalt von deren Aktivitäten, wie<br />

Herr Ohler glaubt, sondern ist gerade<br />

jene Plattform, welche die Vielfalt erst<br />

sichtbar macht – denn ohne Bezugspunkt<br />

wäre sie nicht Vielfalt, sondern Chaos.<br />

Und es sind ihrerseits dann die verschiedenen<br />

Identitäten der Kirchgemeinden –<br />

Jost Ohler fordert sie zu Recht ein –, die<br />

in ihrer Summe die Vielfalt der Landeskirche<br />

bilden.<br />

Nicolas Mori, Leiter Kommunikation<br />

Liebe Reformierte<br />

«Selber denken. Die Reformierten.»<br />

Der Slogan der umstrittenen Imagekampagne<br />

aus dem Jahr 2000 hat<br />

mir immer gefallen. Weil er auf der<br />

Suche nach dem viel bemühten reformierten<br />

Profil hilfreich ist. Reformation<br />

hat mit Reflexivität zu tun,<br />

mit dem Wort und dem mündigen<br />

Individuum. Mir scheint, die Zürcher<br />

Kirche ist dabei, das aus dem Blick<br />

zu verlieren.<br />

Wohl auch, weil sie in den Strukturdebatten<br />

von KirchGemeindePlus<br />

und einer einzigen städtischen<br />

Kirchgemeinde gefangen ist. Diese<br />

werden in den nächsten Jahren viele<br />

Kräfte binden, auf Kosten der Inhalte.<br />

Als Journalist spüre ich wenig<br />

Lust, die Diskussion über Gemeindegrössen<br />

oder die optimale Verwaltung<br />

von Liegenschaften zu begleiten.<br />

Wenn schon, interessiert mich an<br />

diesem Prozess, wie sich die Reformierten<br />

als Minderheit zurechtfin-<br />

Campus Kappel / «Ist Gott tot?» Grosse<br />

Fragen für künftige Theologen<br />

Lässt sich auf theologische Diskussionen ein:<br />

Zürcher Popmusiker Dabu Bucher.<br />

sch. Zum vierten Mal laden die reformierten<br />

Kirchen und theologischen<br />

Fakultäten der Deutschschweiz zur<br />

Theologiewoche vom 18. bis 22. Juli im<br />

Kloster Kappel. Die Veranstalter werfen<br />

dabei grosse und provokativen Fragen<br />

auf, denen sie zusammen mit theologisch<br />

interessierten Jugendlichen auf den<br />

Grund gehen wollen. Ist Gott tot? Wie<br />

viel Fremdes vertragen wir? Wie perfekt<br />

muss ich sein? Als Zugpferde und intellektuelle<br />

Sparringpartner dienen auch<br />

diesmal namhafte Persönlichkeiten aus<br />

Kultur, Gesellschaft, Theologie und Naturwissenschaft.<br />

Mit dabei sind die<br />

Theologin Ella de Groot, der Islamwissenschaftler<br />

Serdar Kurnaz, der Schweizer<br />

Popmusiker Dabu Bucher (Dabu<br />

Fantastic) oder der Plastische Chirurg<br />

Urs Hug. Mit dem Campus sollen Jugendliche<br />

zwischen <strong>16</strong> und 22 Jahren aus<br />

der ganzen Schweiz für ein Theologie-<br />

Studium motiviert werden. Interessierte<br />

müssen sich für die Teilnahme an der<br />

Theologiewoche bewerben.<br />

Teilnahmebedingungen und Anmeldung:<br />

www.campuskappel.ch<br />

dabufantastic.ch<br />

«Die Kirche wird nicht<br />

an Strukturreformen<br />

gesunden.»<br />

den, wie sie ihre Rolle und Botschaft<br />

im säkular-pluralen Umfeld<br />

definieren. Die Einwanderungsgesellschaft<br />

und ihre kulturell-religiösen<br />

Spannungen werden uns zusehends<br />

beschäftigen. Der ideale Ort<br />

der Auseinandersetzung wäre eine<br />

Stadtakademie. Es ist leider symptomatisch,<br />

wie leicht man sich von<br />

diesem Projekt verabschiedet hat.<br />

Die Erinnerung an den zugkräftigen<br />

Brand «Boldern» ist offensichtlich<br />

verblasst.<br />

Ein Think-Tank, der an gesellschaftlichen<br />

Brennpunkten in die Tiefe<br />

denkt, entspräche doch dem reformierten<br />

Proprium. Die reformierte<br />

Kirche wird nicht an Strukturreformen<br />

gesunden, schon weil für sie<br />

die Institution nicht heilswirksam<br />

ist. Auch nicht an «Fresh expressions»,<br />

die sie der evangelikalen<br />

Event-Ästhetik entlehnt. Reformierte<br />

werden ihrer Berufung gerecht,<br />

wenn sie «selber denken».<br />

Michael Meier ist Theologe und beim<br />

«Tages-Anzeiger» für kirchliche und<br />

religiöse Themen zuständig.<br />

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