zds#30
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10 | Reportage<br />
Reportage | 11<br />
Die Entscheidung vor dem Landgericht ist noch<br />
nicht gefallen. Dennoch steht das Vereinsgelände<br />
schon jetzt auf verlorenem Posten. Die Interessen<br />
von 140 Tennisspielern wiegen nicht viel gegen die<br />
Sicherheit von 40.000 Menschen und den Hochwasserschutz<br />
des Weserstadions, das für über 70<br />
Millionen Euro jüngst unter anderem einen stromerzeugenden<br />
Glasmantel erhielt.<br />
Als Hennecke und van Leyen später den Tennisplatz<br />
betreten, halten sie sich die Hände vor die<br />
Augen. Die Sonne spiegelt sich in der Fotovoltaikanlage<br />
und blendet die Spieler. „Vor dem Umbau<br />
wurde uns eine Glasfläche versprochen, die das<br />
Sonnenlicht nicht reflektieren würde“, sagt Klaus<br />
Hennecke und holt zum Aufschlag aus. Neben ihm<br />
erstreckt sich, 27 Meter hoch, die schwarze Front<br />
des Weserstadions. Durch die perfekte Rundung<br />
wirkt sie fast endlos. Wie eine nahende Gewitterfront,<br />
die sich bald entladen wird.<br />
Björn Struß studiert Journalistik an der Hochschule<br />
Bremen. Seine Westkurven-Dauerkarte<br />
hat er vor zwei Jahren abgegeben.<br />
Jan Zier ist Fotograf und Bildredakteur der<br />
Zeitschrift der Straße. An diesem Thema faszinieren<br />
ihn die optischen Gegensätze.<br />
die Stimme von Goliath. Sein Büro liegt nur einige<br />
Meter von der Tennisanlage entfernt, im westlichsten<br />
der vier Bürotürme des Weserstadions.<br />
Rehling trägt Hemd und Sakko, die Krawatte hat<br />
er weggelassen. Die Büroarbeit hat einen Bauchansatz<br />
geformt. Als Leiter für die großen Bauprojekte<br />
des Stadions befindet sich Rehling auf dem Höhepunkt<br />
seiner Karriere. Sein Schreibtisch ist zum<br />
Osterdeich ausgerichtet; dem Tennisclub wendet<br />
er den Rücken zu.<br />
An den grauen Schränken hängen große Bauskizzen<br />
und Computeranimationen. Darauf zu<br />
sehen: das nächste große Projekt der BWS. Ein<br />
grünes U mit Anbindung an den Osterdeich soll<br />
die Arena in Zukunft vor Hochwasser von bis zu<br />
6,50 Meter über Normalnull schützen. „Wenn<br />
eine Sturmflut das Weserstadion unter Wasser<br />
setzt, entsteht ein Schaden von bis zu 20 Millionen<br />
Euro,“ sagt Rehling. Dieses Szenario will er durch<br />
die neuen Schutzmaßnahmen abwenden. Gebaut<br />
wird aber erst, wenn über den Umzug der Tennisspieler<br />
entschieden worden ist.<br />
Sein Hauptinteresse sei der Wasserschutz, sagt<br />
Rehling: „Durch das Gerichtsverfahren wird der<br />
dringend notwendige Hochwasserschutz immer<br />
weiter nach hinten vertagt.“ Seine Stimme klingt<br />
mahnend, wie die eines Vaters, der sein Kind zur<br />
Vernunft bringen will. Man habe eine Freifläche<br />
auf dem Vereinsgelände von Rot-Gelb in das Bauprojekt<br />
integriert, um das Sicherheitskonzept des<br />
Innensenators umzusetzen. Die Genehmigung<br />
Die Interessen von 140<br />
Tennisspielern wiegen wenig<br />
gegen die Sicherheit von<br />
Tausenden<br />
für sein sieben Millionen teures „grünes U“ soll<br />
im Herbst 2015 stehen. Im Frühjahr 2016 könnten<br />
dann die Bagger rollen.<br />
Auch Hennecke und van Leyen stellen sich<br />
auf diese Zukunft ein. „Unter gewissen Voraussetzungen<br />
sind wir bereit umzuziehen“, sagt Klaus<br />
Hennecke. Im zweiten Schlichtungsgespräch war<br />
dem Verein die Nutzung dreier Plätze beim Jürgenshof<br />
angeboten worden. Diese werden aber<br />
derzeit von einer Privatperson gepachtet, sodass<br />
für den Spielbetrieb Kompromisse mit Rot-Gelb<br />
gefunden werden müssten. „Unsere Mitglieder haben<br />
sich gegen diese Variante ausgesprochen“, sagt<br />
Hennecke. Als wolle er mit einer Steinschleuder<br />
ausholen, sagt er: „Zur Not gehen wir auch in Berufung.<br />
Unsere Vereinskasse ist gut gefüllt.“ Wilfried<br />
Rehling von der BWS sieht diese Haltung skeptisch:<br />
„Je länger der Verein pokert, desto weniger<br />
kriegt er am Ende.“<br />
Vom Aufenthaltsraum hat man einen guten Blick auf Tennisplätze (oben links).<br />
Die meisten Spieler kennen sich schon seit Jahren (unten).