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Anstifter 3, 2015 der Stiftung Liebenau

Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

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<strong>Anstifter</strong><br />

<strong>2015</strong> Ausgabe 3<br />

Infos aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Aufsichtsrat im Gespräch<br />

Seite 10<br />

<strong>Stiftung</strong> feiert den Sommer<br />

Seite 12<br />

Beliebter Arbeitgeber<br />

Seite 19<br />

Altenhilfe<br />

25 Jahre Altenhilfe<br />

Seite 24<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

Oberteuringen inklusiv<br />

Seite 28<br />

Neu: Beratungsstelle UK<br />

Seite 31<br />

Gesundheit<br />

Behin<strong>der</strong>ung und Alter<br />

Seite 32<br />

Bildung<br />

Mit Power zur Teilhabe<br />

Seite 34<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

Langeweile hat keine Chance<br />

Seite 36<br />

Dienstleister<br />

Freude am Essen<br />

Seite 37


Inhalt<br />

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„<strong>Liebenau</strong> inklusiv“ unter<br />

www.stiftung-liebenau.de/<br />

inklusion<br />

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Spendenkonto<br />

Sparkasse Bodensee<br />

Konto: 20 994 471<br />

BLZ: 690 500 01<br />

IBAN: DE35 6905 0001 0020 9944 71<br />

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Spendennachrichten<br />

Titelfoto: Verschnaufpause beim<br />

<strong>Liebenau</strong>er Sommerfest<br />

Foto: Felix Kästle<br />

3 Editorial<br />

4 kurz und knapp<br />

39 Anzeige<br />

40 Spot an: Klaus Wittmann<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

9 Spiritueller Impuls<br />

10 Interview: Aufsichtsrat Matthäus Karrer<br />

12 <strong>Liebenau</strong> feiert den Sommer<br />

14 Inklusion: <strong>Stiftung</strong> positioniert sich<br />

16 Zukunft Wohnquartier<br />

17 Hans-Martin Brüll geht in Rente<br />

18 <strong>Stiftung</strong> ehrt Sr. Canisia<br />

19 ZustifterRente hat sich etabliert<br />

20 Mitarbeiter schätzen Arbeitgeber<br />

21 Buchvorstellung: Wie alles begann<br />

22 Fundraising stärkt soziale Projekte<br />

Altenhilfe<br />

23 St. Anna-Hilfe Österreich feiert<br />

23 Neu: gut versorgt in <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

24 25 Jahre Altenhilfe Deutschland<br />

26 Musik verbindet Jung und Alt<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

27 Neu: Die Fürsprecher<br />

28 Oberteuringen: innovativ und inklusiv<br />

30 Leben in Oberteuringen<br />

31 Überregionale Beratungsstelle am Start<br />

Gesundheit<br />

32 Studie zu Behin<strong>der</strong>ung und Alter<br />

Bildung<br />

34 Mit Ausbildung zur Teilhabe<br />

35 Traumjob im Bio-Laden: Er gehört dazu<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

36 Keine Langeweile in den Ferien<br />

Dienstleister<br />

37 Smoothfood: Essen wie<strong>der</strong> genießen<br />

Text in leichter Sprache<br />

<strong>Anstifter</strong><br />

<strong>2015</strong> Ausgabe 3<br />

Infos aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Aufsichtsrat im Gespräch<br />

Seite 10<br />

<strong>Stiftung</strong> feiert den Sommer<br />

Seite 12<br />

Beliebter Arbeitgeber<br />

Seite 19<br />

Altenhilfe<br />

25 Jahre Altenhilfe<br />

Seite 24<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

Eine Gemeinde rundum<br />

inklusiv Seite 28<br />

Neu: Beratungsstelle UK<br />

Seite 31<br />

Gesundheit<br />

Behin<strong>der</strong>ung und Alter<br />

Seite 32<br />

Bildung<br />

Mit Power zur Teilhabe<br />

Seite 34<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

Langeweile hat keine Chance<br />

Seite 36<br />

Dienstleister<br />

Genuss beim Essen<br />

Seite 37<br />

Den <strong>Anstifter</strong> finden Sie auch als e-book unter<br />

www.stiftung-liebenau.de/anstifter<br />

Auch die Tochtergesellschaften <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> informieren regelmäßig<br />

über neue Konzepte und Planungen und präsentieren Menschen hautnah.<br />

Näheres finden Sie unter:<br />

„anna live“ Deutschland: www.st.anna-hilfe.de/anna-live<br />

„anna live“ Österreich: www.st.anna-hilfe.at/anna-live<br />

„wir“: www.st.gallus-hilfe.de/wir<br />

„wir-mittendrin“: www.st.gallus-hilfe.de/wir-mittendrin<br />

„Auf Kurs“: www.bbw-rv.de/auf-kurs


Editorial<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,<br />

in diesem Sommer gab es wohl kaum eindringlichere Bil<strong>der</strong> als die <strong>der</strong> Flüchtlinge an Europas Grenzen. Diese<br />

Menschen brauchen zunächst einmal unsere Hilfe. Unterkunftsmöglichkeiten für die neu Ankommenden werden<br />

ebenso fieberhaft gesucht wie Arbeitsmöglichkeiten für diejenigen, die schon einige Monate hier sind. Auch die<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> sieht sich in <strong>der</strong> Verantwortung zu helfen – im Sinne ihres <strong>Stiftung</strong>sauftrags und im Sinne ihrer<br />

Menschlichkeit. Dabei sehen wir nicht nur die Notwendigkeit zur Akuthilfe, son<strong>der</strong>n möchten gemeinsam mit den<br />

Partnern im Gemeinwesen auch mittel- und langfristig nachhaltige Angebote entwickeln.<br />

Konkrete Hilfe wird schon jetzt in vielen Bereichen im <strong>Stiftung</strong>sverbund geleistet – und die bisherigen Erfahrungen<br />

zeigen, dass die Hilfe wirkt. Im Berufsbildungswerk Adolf Aich werden seit mehreren Jahren unbegleitete<br />

min<strong>der</strong>jährige Flüchtlinge betreut, die hier zunächst vor allem das Leben in Deutschland kennen lernen. In <strong>der</strong><br />

Wohngruppe begegnen sie an<strong>der</strong>en Jugendlichen im Alltag, finden Anschluss und erhalten – sobald über ihren<br />

Aufenthaltsstatus entschieden ist – auch Hilfen zur beruflichen Integration. Auch die St. Gallus-Hilfe hat im<br />

September unbegleitete Min<strong>der</strong>jährige aufgenommen, die im Rahmen <strong>der</strong> Jugendhilfe betreut werden. Die jungen<br />

Menschen sind in bestehenden Gruppen untergebracht, um die Entstehung sozialer Kontakte und damit eine<br />

Integration zu erleichtern. In beiden Bereichen sind weitere Plätze in Planung.<br />

Ein entscheiden<strong>der</strong> Schlüssel zur Integration ist Arbeit. Zusammen mit den örtlichen Helfernetzwerken versuchen<br />

wir, <strong>der</strong>zeit freie Stellen in unseren Dienstleistungsgesellschaften mit Flüchtlingen zu besetzen. Auch im Bereich<br />

<strong>der</strong> gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten gibt es Anknüpfungspunkte, gerade in den Pflegeheimen im Verbund<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>. Seit einigen Monaten sind Asylbewerber in den Wohnbereichen tätig. Sie leisten großartige<br />

Hilfe in <strong>der</strong> sozialen Betreuung, zum Beispiel als Unterstützung beim Essen-Anreichen, beim Spazierengehen o<strong>der</strong><br />

beim Spielen. Für einzelne hat sich daraus bereits eine berufliche Perspektive entwickelt. Das Institut für Soziale<br />

Berufe hat gerade einen Qualifikationskurs für Altenpflegehelfer begonnen, an dem auch eine große Zahl von<br />

Flüchtlingen teilnimmt.<br />

Wohnraum zur Verfügung zu stellen, ist im <strong>Stiftung</strong>sverbund zurzeit nicht einfach. Dennoch prüfen wir an unseren<br />

Standorten gemeinsam mit Landratsämtern und Gemeinden, ob leer stehende o<strong>der</strong> leer werdende Räumlichkeiten<br />

für Flüchtlinge angeboten werden können. Auf diese Weise haben wir bereits 14 Plätze für Familien<br />

einrichten können und planen weitere.<br />

Was wir aber auch wissen: Mit Wohnraum und Arbeitsgelegenheit allein ist es nicht getan. Fehlende Sprachkenntnisse<br />

erschweren noch das Zusammenarbeiten, kulturelle Barrieren beeinträchtigen die Integration <strong>der</strong> neu Angekommenen.<br />

Diese Hin<strong>der</strong>nisse können nur überwunden werden, wenn sich viele zusammentun: Politik, Behörden,<br />

Unternehmen und Bürger, Profis und Ehrenamtliche. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten.<br />

Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Prälat Michael H. F. Brock Dr. Berthold Broll Dr. Markus Nachbaur<br />

Wie ist Ihre Meinung?<br />

Die Vorstände <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> freuen sich auf Ihre Rückmeldung: vorstand@stiftung-liebenau.de


kurz und knapp<br />

Bregenz/Meckenbeuren<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Nußbaumer neues Aufsichtsratmitglied<br />

Wechsel bei <strong>der</strong> Altenhilfe<br />

Dr. Gabriele Nußbaumer, Vizepräsidentin des Vorarlberger Landtags<br />

wurde im Juli als neues Mitglied im Aufsichtsrat <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> begrüßt. Dr. Gabriele Nußbaumer ist seit 1999 für<br />

die ÖVP Mitglied im Vorarlberger Landtag, seit 2004 Vizepräsidentin<br />

des Landtages. Die Pädagogin und promovierte Rechtswissenschaftlerin<br />

ist Bereichssprecherin für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung, Obfrau des Kultur- und Bildungsausschusses und<br />

stellvertretende Obfrau des Europaausschusses. Seit mehr als<br />

zehn Jahren ist sie Mitglied in <strong>der</strong> Ethikkommission des Landes<br />

Vorarlberg. Dr. Nußbaumer engagiert sich darüber hinaus seit<br />

vielen Jahren im Sozialbereich: als Präsidentin <strong>der</strong> Lebenshilfe<br />

Vorarlberg, im Verein aqua mühle (ein Dienstleistungs- und<br />

Integrationsunternehmen für benachteiligte Menschen) und als<br />

Vorsitzende des „Spendenpools Hypo“ (Spendenfonds für<br />

gemeinnützige Initiativen <strong>der</strong> Hypo Landesbank Vorarlberg). Sie<br />

wurde mit dem Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg in Gold ausgezeichnet.<br />

In <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />

<strong>der</strong> Altenhilfegesellschaften<br />

in Deutschland gibt es<br />

einen Wechsel. Gerhard<br />

Schiele (links) scheidet<br />

auf eigenen Wunsch mit<br />

63 Jahren aus <strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> St. Anna-Hilfe für ältere<br />

Menschen, <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong> – Leben im Alter und <strong>der</strong> Heilig Geist –<br />

Leben im Alter aus. Seine fachliche Expertise bleibt <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

jedoch erhalten. Er wird sich zukünftig im Rahmen einer 50-Prozent-Stelle<br />

auf projektbezogene Aufgaben und fachliche Themen<br />

im <strong>Stiftung</strong>sverbund konzentrieren. Sein Nachfolger wird Dr.<br />

Alexan<strong>der</strong> Lahl. Der Theologe und Pädagoge bringt ein breites<br />

Spektrum an Leitungserfahrung, speziell im Sozialbereich, mit<br />

nach <strong>Liebenau</strong>. Berufliche Stationen waren: Geschäftsführung im<br />

Sekretariats- und Geschäftsführungspool <strong>der</strong> Jugendverbände im<br />

Bistum Limburg, Leitung <strong>der</strong> Arbeitsstelle Soziale Dienste im<br />

Bistum Limburg, Abteilungsleiter Sozialarbeit im DRK-Landesverband<br />

Baden-Württemberg. Seit 2009 ist <strong>der</strong> gebürtige Oberschwabe<br />

Geschäftsführer des Katholischen Stadtdekanats Stuttgart<br />

und engagiert sich für verschiedene <strong>Stiftung</strong>en und Aufsichtsräte<br />

in <strong>der</strong> Diözese. Dr. Lahl wird zusammen mit Stefanie<br />

Locher, Geschäftsführerin seit 2009, die Geschicke <strong>der</strong> Altenhilfe<br />

in Deutschland verantworten. Wir berichten ausführlich in <strong>der</strong><br />

Ausgabe 1 2016 des <strong>Anstifter</strong>s.<br />

Ravensburg<br />

Braun verstärkt BBW-Geschäftsführung<br />

Zusammen mit Geschäftsführer Herbert Lüdtke (links) ist <strong>der</strong> bisherige Prokurist<br />

Christian Braun seit Juli in <strong>der</strong> Geschäftsführung des Berufsbildungswerks Adolf<br />

Aich. Mit dieser Erweiterung reagiert die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> als Gesellschafterin des<br />

Berufsbildungswerks auf die deutlich gewachsene Komplexität <strong>der</strong> Arbeit. Aus <strong>der</strong><br />

ursprünglichen Rehabilitationseinrichtung für Jugendliche mit Lernbehin<strong>der</strong>ungen,<br />

als die das Berufsbildungswerk vor rund 35 Jahren gegründet wurde, ist heute ein<br />

Bildungszentrum geworden, in dem viele Zielgruppen unterschiedlichen Alters beim<br />

Berufseinstieg o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> (Wie<strong>der</strong>-) Einglie<strong>der</strong>ung in den Arbeitsmarkt unterstützt werden. Bundesweite Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong><br />

politischen Bewertung und Finanzierung <strong>der</strong> Berufsbildungswerke for<strong>der</strong>n verstärktes Engagement <strong>der</strong> Verantwortlichen. Herbert<br />

Lüdtke ist seit kurzem Mitglied des Vorstands <strong>der</strong> Bundesarbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Berufsbildungswerke. Christian Braun<br />

(37) ist Diplom-Ökonom, seit 2006 Verwaltungsleiter und seit 2008 Prokurist im BBW.<br />

4 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Berlin/Ravensburg<br />

Schwesig lädt nach Berlin ein<br />

Die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (rechts) eröffnete in Berlin den „Tag <strong>der</strong><br />

Mehrgenerationenhäuser“ unter dem diesjährigen Motto: „Engagement tut gut?!“ Die Veranstaltung<br />

war Teil <strong>der</strong> Woche des Bürgerschaftlichen Engagements. Je ein Vertreter <strong>der</strong> 450<br />

Mehrgenerationenhäuser in Deutschland war nach Berlin eingeladen worden. Susanne Weiss<br />

vom Mehrgenerationenhaus Gänsbühl in Ravensburg war <strong>der</strong> Einladung gefolgt. Die Familienministerin<br />

sparte nicht mit Lob und Anerkennung für die Mehrgenerationenhäuser. Der<br />

Zusammenhalt zwischen den Generationen sei wichtig. Die Gesellschaft brauche ein Miteinan<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Generationen statt ein beziehungsloses Nebeneinan<strong>der</strong>.<br />

Friedrichshafen<br />

Riebsamen besucht Hospiz<br />

Nach vielen Pflegeeinrichtungen o<strong>der</strong> ambulanten Diensten seines<br />

Wahlkreises sei es ihm „ein echtes Anliegen, Arbeit und Alltag<br />

in einem stationären Hospiz kennenzulernen“. Dies äußerte<br />

<strong>der</strong> CDU-Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen bei einem<br />

Besuch des Hospizes im Franziskuszentrum in Friedrichshafen,<br />

dem einzigen, stationären Hospiz seines Wahlkreises Bodensee.<br />

Die Hospiz-Bewohner stammen aus <strong>der</strong> Region und den angrenzenden<br />

Landkreisen Ravensburg, Sigmaringen o<strong>der</strong> Konstanz.<br />

An<strong>der</strong>e werden aus allen Teilen <strong>der</strong> Republik von hier lebenden<br />

Angehörigen an den Bodensee geholt. Chance auf Aufnahme<br />

haben unheilbar Schwerstkranke, die nur noch wenige Tage,<br />

Wochen, maximal Monate zu leben haben.<br />

Auf dem Foto <strong>der</strong> Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen (li.)<br />

mit Dr. Berthold Broll, Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> (hinten<br />

re.) und Gerhard Schiele, Geschäftsführer <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Altenhilfe<br />

(vorne re.).<br />

Impressum<br />

<strong>Anstifter</strong><br />

Auflage: 6 500<br />

Herausgeber: <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Redaktion: Helga Raible<br />

(verantwortlich), Anne Oschwald,<br />

Susanne Droste-Gräff<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Siggenweilerstraße 11<br />

88074 Meckenbeuren<br />

Telefon: 07542 10-1181<br />

E-Mail: vera.ruppert@stiftung-liebenau.de<br />

Druck: Bodensee-Medienzentrum,<br />

Tettnang<br />

An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:<br />

Elke Benicke, Steffen Braun,<br />

Michael H. F. Brock, Christof Klaus,<br />

Prof. Dr. Silvia Queri, Sarah Weilekes<br />

Die Texte in Leichter Sprache (S. 27, 30)<br />

wurden geprüft von <strong>der</strong> Prüfergruppe<br />

<strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe.<br />

Spendenkonto:<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Sparkasse Bodensee<br />

BLZ 690 500 01, Kt. 20 994 471<br />

IBAN: DE35 6905 0001 0020 9944 71<br />

BIC: SOLADES1KNZ<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

5


kurz und knapp<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Politikerbesuch in <strong>Liebenau</strong><br />

Der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum und<br />

Verbraucherschutz Alexan<strong>der</strong> Bonde hat sich zusammen mit<br />

Katrin Göring-Eckardt, Vorsitzende <strong>der</strong> Bundestagsfraktion von<br />

Bündnis 90/Die Grünen, und dem Landtagsabgeordneten Manne<br />

Lucha vor Ort über die Arbeit <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> informiert.<br />

Angetan zeigten sich die Politiker vor allem von den individuell<br />

gestalteten Arbeitsplätzen. Dabei sei die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> „ein<br />

Lehrbeispiel für an<strong>der</strong>e, wie man es machen kann“, meinte<br />

Göring-Eckardt. Für Alexan<strong>der</strong> Bonde war es aufschlussreich,<br />

wie hier im Sinne <strong>der</strong> Teilhabe gearbeitet werde.<br />

Die Grünen-Politiker interessierten sich für die Energieerzeugung<br />

durch die Holzhackschnitzelöfen ebenso wie für den innovativen<br />

stiftungseigenen Windelverbrennungsofen „Windel-Willi“.<br />

Daneben ging es um Themen wie Bioprodukte, Regionalität<br />

und Nachhaltigkeit in <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Produktion o<strong>der</strong><br />

die Qualität bei <strong>der</strong> Gemeinschaftsverpflegung. Einrichtungen<br />

wie die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, so Katrin Göring-Eckardt, seien Vorreiter,<br />

was die Entwicklung zukunftsorientierter Konzepte im<br />

Sozialbereich angehe. Und so appellierte sie an die <strong>Liebenau</strong>er<br />

Verantwortlichen: „Wir sind darauf angewiesen, dass Sie als<br />

große Einrichtung auch die Möglichkeit haben, gewisse Dinge<br />

auszuprobieren.“<br />

Weitere Informationen finden Sie unter:<br />

...<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

www.stiftung-liebenau.de<br />

www.christliche-hospizstiftung.de<br />

www.zustifterrente.de<br />

www.ausbildung-stiftung-liebenau.de<br />

Altenhilfe<br />

www.st.anna-hilfe.at<br />

www.altenhilfe-liebenau.de<br />

www.pflegeheim-helios.ch<br />

www.dorfplatz-sg.ch<br />

www.gaestehaus-st-anna.at<br />

www.casa.or.at<br />

www.stiftung-helios.ch<br />

Hilfe für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

www.st.gallus-hilfe.de<br />

WWW<br />

www.christliches-sozialwerk-ggmbh.de<br />

www.don-bosco-schulen.de<br />

www.liebenauer-arbeitswelten.de<br />

Bildung<br />

Gesundheit<br />

www.ausbildung-bbw.de<br />

www.st.lukas-klinik.de<br />

www.bbw-rv.de<br />

www.kjp-bernsteinstrasse.de<br />

www.bbw-produkte.de<br />

www.cafe-miteinan<strong>der</strong>.de<br />

Dienstleister und <strong>Stiftung</strong>sbetriebe<br />

www.fortbilden-entwickeln.de<br />

www.lise-gmbh.de<br />

www.max-gutknecht-schule.de<br />

www.kurhaus-badwurzach.de<br />

www.raz-ulm.de<br />

www.lbu-gmbh.com<br />

www.ifsb.rv.schule-bw.de<br />

www.lbu.ag<br />

www.rheinmainbildung.de<br />

www.ligas-gmbh.de<br />

www.liebenauer-landleben.de<br />

Hilfe für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche www.liebenauer-brennholz.de<br />

www.netzwerkfamilie.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospiz-nikolaus.de<br />

Sonstige Tätigkeiten<br />

www.kin<strong>der</strong>nachsorge-rv.de<br />

www.schloss-badwurzach.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-ravensburg.de<br />

www.kin<strong>der</strong>hospizdienst-bodensee.de<br />

www.wellcome-online.de<br />

www.geschwisterzeit.de<br />

www.bulgarisch-deutsches-sozialwerk.de<br />

www.bruesseler-kreis.de<br />

www.netzwerk-song.de<br />

www.stiftung-heilig-geist.de<br />

www.bürgerbürokontakt3.de<br />

6 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


<strong>Liebenau</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>/Berlin<br />

Neue Leitungskräfte in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Ehrenamtliche von Gauck geehrt<br />

In den Abteilungen und Stabsstellen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> hat<br />

sich einiges verän<strong>der</strong>t. Die Leitung <strong>der</strong> Stabsstelle Ethik hat zum<br />

1. September Bernhard Preusche (links) übernommen, als Nachfolger<br />

von Dr. Hans-Martin Brüll, <strong>der</strong> zum 1. Juli in den Ruhestand<br />

gegangen ist (siehe auch S.17). Preusche ist 31 Jahre alt<br />

und stammt aus Sachsen. Er hat Theologie und Betriebswirtschaftslehre<br />

in Bonn, Erfurt und Rom studiert und sich in seiner<br />

wissenschaftlichen Tätigkeit vor allem mit sozialethischen Fragen<br />

beschäftigt. Neu strukturiert und fachlich verstärkt wurde<br />

zum 1. Oktober die bisherige Abteilung Kommunikation und<br />

Fundraising. Leiter <strong>der</strong> neuen Abteilung Kommunikation und<br />

Marketing ist Christoph Möhle (Mitte), Marketingfachmann mit<br />

langjähriger Erfahrung im Agenturbereich in Deutschland und<br />

Österreich. Er wird sich schwerpunktmäßig dem Aufbau des<br />

Fachbereichs Marketing und Markenführung widmen. Helga<br />

Raible wird als stellvertretende Abteilungsleiterin ihre Tätigkeit<br />

in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising fortsetzen<br />

und weiterhin als Pressesprecherin <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

fungieren. Ulrich Dobler, bisher Referent Sozialpolitik, hat seinen<br />

Aufgabenbereich erweitert und verantwortet künftig die<br />

Stabsstelle Politik und Internationales. Dobler ist Verwaltungswissenschaftler<br />

und seit 2010 in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> tätig.<br />

Als große Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement lädt<br />

<strong>der</strong> Bundespräsident jedes Jahr 4000 Menschen, die in beson<strong>der</strong>er<br />

Weise ehrenamtlich tätig sind, zum Bürgerfest ins Schloss<br />

Bellevue. In diesem Jahr durfte auch wellcome-Ehrenamtliche<br />

Dorothee Glaser (rechts), die seit vier Jahren wertvolle Unterstützung<br />

für junge Eltern direkt nach <strong>der</strong> Geburt leistet, zur<br />

Ehrung nach Berlin fahren. „Sie ist eine meiner dienstältesten<br />

Mitarbeiterinnen und eine beson<strong>der</strong>s herzliche, positive und<br />

patente Frau, die man in wirklich jede Familie schicken kann“,<br />

schwärmt Marion Behrendt, Koordinatorin für wellcome Bodenseekreis.<br />

In ihren vielen Einsätzen hat Dorothee Glaser ganz<br />

unterschiedliche Eltern erlebt und am liebsten arbeitet sie in<br />

Familien mit Migrationshintergrund. „Da geht es dann nicht nur<br />

um die Kin<strong>der</strong>betreuung, son<strong>der</strong>n auch um Netzwerkarbeit und<br />

interkulturellen Austausch“, erklärt sie.<br />

Termine<br />

20. November <strong>2015</strong><br />

Fachtag: Inklusion von Menschen<br />

mit komplexem Hilfebedarf<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

11. und 12. Dezember <strong>2015</strong><br />

Winterfeuer<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

20. Dezember <strong>2015</strong><br />

Adventskonzert<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

27. Januar 2016<br />

Gedenktag Euthanasie<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

4. März 2016<br />

„Musik in <strong>der</strong> Bibel“ mit Ursula<br />

Cantieni und Steffen Mark Schwarz<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

9. März 2016<br />

Info-Veranstaltung<br />

„Case Management“<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Näheres erfahren Sie unter www.stiftung-liebenau.de Aktuell/Termine<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

7


Wir sagen Danke!<br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Weiterbildung „Case Manager (DGCC)“<br />

Passgenaue Hilfen in einem vielschichtigen sozialen Netzwerk<br />

zu gestalten und zu organisieren wird immer wichtiger. Die<br />

Abteilung „fortbilden & entwickeln“ <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> reagierte<br />

auf diese Entwicklung und bildete elf Männer und Frauen<br />

innerhalb eines Jahres zu „Case Managern (DGCC)“ aus. Ältere<br />

Menschen wollen so lange wie möglich in ihren eigenen vier<br />

Wänden leben. Immer mehr Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen ziehen<br />

im Sinne des Inklusionsgedankens von den Einrichtungen<br />

in die Gemeinden. Im Rahmen <strong>der</strong> Berufsausbildung brauchen<br />

junge Menschen mit Einschränkungen Unterstützung, um ihren<br />

Weg ins Arbeitsleben zu finden. Sie alle sind potenzielle Klienten<br />

eines Case Managers, <strong>der</strong> Menschen mit komplexen Problemlagen<br />

dabei unterstützt, in einer hochdifferenzierten Hilfelandschaft<br />

die passenden Angebote zu finden. Rund 220 Unterrichtseinheiten<br />

umfasste die Weiterbildung, die bereits zum<br />

zweiten Mal angeboten wurde.<br />

Die nächste Weiterbildung „Case Management“ beginnt im April<br />

2016. Info-Veranstaltung hierzu am 9. März 2016 in <strong>Liebenau</strong>.<br />

www.fortbilden-entwickeln.de<br />

ê<br />

Unterstützung für Kin<strong>der</strong><br />

Mit 5.000 Euro unterstützt das Familienunternehmen Marco<br />

GmbH & Co. KG aus Malterdingen die Sozialmedizinische<br />

Nachsorge vom <strong>Liebenau</strong>er Netzwerk Familie. Die Sozialmedizinische<br />

Nachsorge begleitet Familien mit früh- und risikogeborenen<br />

sowie chronisch und schwerstkranken Kin<strong>der</strong>n<br />

vom Klinikaufenthalt ins häusliche Umfeld. Der Dienst wird<br />

nur zum Teil von den Krankenkassen finanziert und ist<br />

daher auf Spenden angewiesen. Auf dem Foto (v.l.): Kai<br />

Kruse, Geschäftsführer von Marco, Susanne Dietrich (Sozialmedizinische<br />

Nachsorge) und Christoph Gräf (<strong>Liebenau</strong>er<br />

Netzwerk Familie).<br />

ê<br />

Schwimmen für Familien<br />

Mehr als 600 Kilometer haben 353 Teilnehmer im Juli beim<br />

Zehn-Stunden-Schwimmen im Tettnanger Bädle zurückgelegt.<br />

Die Spendensumme: 2.494 Euro. Stellvertretend für die<br />

Spen<strong>der</strong> übergab die Stadtverwaltung den Scheck an den<br />

Ambulanten Kin<strong>der</strong>hospizdienst Amalie.<br />

ê<br />

Für einen guten Start<br />

Mit 2.000 Euro unterstützt das Unternehmen Gisoton Wandsysteme<br />

aus Aichstetten das Berufsbildungswerk Adolf Aich<br />

(BBW). Gesammelt wurde beim alljährlichen Golfturnier des<br />

Unternehmens für einen guten Zweck. Startgebühr und Einzelspenden<br />

tragen dazu bei, die Möglichkeit einer Ausbildung<br />

von benachteiligten Jugendliche sicherzustellen.<br />

ê<br />

Schüler laufen für Kin<strong>der</strong><br />

Lehrer und Schüler <strong>der</strong> Gemeinschaftsschule Horgenzell<br />

haben einen Spendenlauf organisiert und daran teilgenommen.<br />

Je<strong>der</strong> Schüler hat pro gelaufener Runde einen Geldbetrag<br />

vom selbst gesuchten Sponsor erhalten. Von den<br />

gesamten Spenden gingen 1.000 Euro an den Ambulanten<br />

Kin<strong>der</strong>hospizdienst Amalie.<br />

8 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Foto: fotolia<br />

Auf <strong>der</strong> Flucht<br />

von Prälat Michael H. F. Brock<br />

Das Matthäusevangelium beschreibt gleich zu Beginn,<br />

dass Maria, Josef und das Kind Jesus sich auf <strong>der</strong><br />

Flucht befanden. Sie waren auf <strong>der</strong> Flucht aus Angst<br />

vor Terror und Willkür eines Herrschers, <strong>der</strong> seine<br />

Macht bedroht sah durch die Verheißung des Friedens.<br />

Kein Mensch verlässt gerne seine Heimat. Es<br />

muss schon existenzielle Not, Angst und Verzweiflung<br />

vorliegen, Bedrohung und Sorge um Leib und<br />

Seele. Dann aber brauchen wir Menschen, Län<strong>der</strong> und<br />

Kulturen, die die Flüchtenden aufnehmen, Schutz<br />

gewähren, Sicherheit, Obhut. Ich schreibe als Theologe,<br />

nicht als Politiker, wenn ich sage: Ich lasse mich<br />

auf die Diskussion um die einzelnen Beweggründe<br />

von Menschen auf <strong>der</strong> Flucht gar nicht erst ein.<br />

Wenn Angst und Verzweiflung Menschen dazu treibt,<br />

ihre Heimat zu verlassen, dann darf es keine Diskussion<br />

mehr geben. Über alle Grenzen und Län<strong>der</strong> und<br />

Kulturen, auch Religionen hinweg gilt: Menschen<br />

haben ein Recht auf ein angstfreies Leben, weil sie<br />

Menschen sind. Und diese Erde hat keine Besitzer.<br />

Wir haben ein Recht, diese Erde zu verwalten im<br />

Namen dessen, <strong>der</strong> sie uns geschenkt hat. Aber –<br />

unserem Glauben folgend gibt es keinen Gott <strong>der</strong><br />

Deutschen, <strong>der</strong> Europäer, <strong>der</strong> Amerikaner, <strong>der</strong> Chinesen,<br />

<strong>der</strong> Syrer, <strong>der</strong> Afghanen… Es gibt nur einen<br />

Gott in unserem Glauben und er ist Gott <strong>der</strong> ganzen<br />

Erde. Es ist Menschenwerk, eine Götterwelt zu formen,<br />

die Menschen eingrenzt o<strong>der</strong> ausgrenzt. Es ist<br />

Fanatismus zu glauben, Gott erlaube es, dass Menschen<br />

gegen Menschen vorgehen. Es ist Terrorismus,<br />

wenn Menschen in Angst, Schrecken und Verzweiflung<br />

getrieben werden. Es ist eine Wahnvorstellung,<br />

wir Menschen müssten uns gegeneinan<strong>der</strong> kriegerisch<br />

verhalten, weil ein Glaube es uns so vorgeben<br />

mag. Wir haben jedenfalls als Christen eine eindeutige<br />

Haltung (Gott sei Dank nach genügend Irrläufen<br />

auch in unserer eigenen Geschichte). Es gibt keinen<br />

Gott, <strong>der</strong> den Krieg erlaubt, Menschen gegen Menschen,<br />

Kultur gegen Kultur, Land gegen Land. Es<br />

gibt nur EINE Menschheitsgeschichte GOTT –<br />

MENSCH. Und also nur eine MENSCHHEIT mit viel<br />

Verwandtschaft und kultureller und religiöser Vielfalt.<br />

Maßstab ist für mich unser Verhalten in Religion,<br />

in Kultur und Gesellschaft. Auf Gott berufen<br />

mag sich ein je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> im Namen des Friedens<br />

unterwegs ist, Menschen entgegenzugehen, ihre<br />

Ängste zu umarmen. Weil Menschen frei sind, wird<br />

es immer Menschen geben, die an<strong>der</strong>e Menschen<br />

unterdrücken wollen um ihres eigenen Vorteils willen.<br />

Weil wir Menschen frei sind, werden wir uns<br />

immer wehren (müssen) gegen jede Form <strong>der</strong> Ungerechtigkeit<br />

und des Missbrauchs von Macht. Und wir<br />

können biblisch lesen, dass Menschen auf <strong>der</strong> Flucht<br />

immer schon darauf angewiesen waren, dass Menschen<br />

Menschen beschützen. Stellen wir uns vor,<br />

Josef, Maria und Jesus hätten in Ägypten keine<br />

Zuflucht gefunden. Gottes Sohn wäre umgekommen<br />

auf <strong>der</strong> Flucht wie heute Tausende auf ihrem Weg<br />

aus Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Unterdrückung und des Krieges<br />

nach Europa. Wir hätten von Gottes Botschaft in<br />

menschlichen Verhältnissen nie erfahren.<br />

Ich sage willkommen den Menschen, die auf <strong>der</strong><br />

Flucht sind. Biblisch haben sie einen Anspruch auf<br />

Sicherheit und Auskommen, bis sich die Verhältnisse<br />

geän<strong>der</strong>t haben und sie in Frieden heimkommen<br />

können. Wer heute Jesus folgen möchte, fragt nicht<br />

nach Herkunft, Kultur und Religion. Wer ihm folgen<br />

möchte, fragt nach Not und Lin<strong>der</strong>ung. Was brauchen<br />

Menschen, die sich in Angst und Verzweiflung<br />

an uns wenden? Sie brauchen Menschen, die sie als<br />

Menschen an- und aufnehmen.<br />

Hören Sie den Text an.<br />

www.stiftung-liebenau.de/impulse<br />

Sprecher: Prälat Michael H. F. Brock<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

9


„Keiner kann allein die Welt retten“<br />

Aufsichtsrat Matthäus Karrer im Gespräch<br />

Die Fragen stellte Helga Raible<br />

LIEBENAU – Matthäus Karrer war Jugendpfarrer in Ravensburg und Friedrichshafen,<br />

Stadtpfarrer von Isny, Dekan des Dekanats Allgäu-Oberschwaben und ist<br />

seit 2011 Domkapitular im Bischöflichen Ordinariat <strong>der</strong> Diözese Rottenburg-<br />

Stuttgart. 2009 wurde er als Mitglied in den Aufsichtsrat <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

gewählt. Für den <strong>Anstifter</strong> hat er mit Helga Raible über seinen Auftrag, seine<br />

Arbeitsweise und seine Rolle im Aufsichtsrat gesprochen.<br />

Herr Karrer, was genau macht eigentlich ein<br />

Domkapitular?<br />

Matthäus Karrer: Domkapitulare waren früher verantwortlich<br />

für die Liturgie an <strong>der</strong> Domkirche. Heute hat<br />

sich das Aufgabenfeld erweitert. Wir sind viel unterwegs<br />

in <strong>der</strong> Diözese, vertreten den Bischof bei Firmungen,<br />

bei repräsentativen und liturgischen Aufgaben.<br />

Außerdem ist je<strong>der</strong> Domkapitular – in <strong>der</strong> Diözese<br />

Rottenburg-Stuttgart sind es acht, einschließlich<br />

<strong>der</strong> Weihbischöfe und des Generalvikars – Leiter<br />

einer Hauptabteilung. Insgesamt gibt es in unserer<br />

Diözese 16 Hauptabteilungen, die in ihrer Struktur<br />

vergleichbar sind etwa mit Ministerien. Ihre Themen<br />

reichen von Fragen <strong>der</strong> Liturgie, Glaubensfragen,<br />

Caritas über Ausbildung pastoraler Berufe, Schulen,<br />

Bauen bis zu Personal, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Eine Hauptabteilung übt auch die Aufsicht über<br />

die kirchlichen <strong>Stiftung</strong>en aus.<br />

Sie sind Leiter <strong>der</strong> Hauptabteilung Pastorale<br />

Konzeption. Mit welchen Themen beschäftigen<br />

Sie sich?<br />

Ich sehe die Abteilung wie einen „Think-Tank“, eine<br />

„Denkfabrik“. Sie kümmert sich weniger um operative<br />

Abläufe als vielmehr um grundsätzliche Fragen<br />

<strong>der</strong> Seelsorge. Wir analysieren gesellschaftliche Entwicklungen,<br />

suchen nach konzeptionellen Antworten.<br />

Zum Beispiel beim Thema Zuwan<strong>der</strong>ung: In<br />

Stuttgart steuert <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Katholiken mit<br />

Migrationshintergrund auf 50 Prozent zu. Das wird<br />

die bisher eher bürgerlich geprägte Stadtkirche verän<strong>der</strong>n.<br />

An<strong>der</strong>e Beispiele für gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen<br />

sind etwa die demografische Entwicklung<br />

und die zunehmende Mobilität. Solche Verän<strong>der</strong>ungsprozesse<br />

möchten wir begleiten und Zukunftsperspektiven<br />

aufzeigen.<br />

Wie geschieht das konkret?<br />

Entscheidend ist, dass wir uns nicht als erstes über<br />

strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen Gedanken machen, son<strong>der</strong>n<br />

über die Inhalte, unsere Haltung und unsere<br />

Botschaft. Der Entwicklungsprozess „Kirche am Ort –<br />

Kirche an vielen Orten gestalten“ in <strong>der</strong> Diözese will<br />

das aufgreifen. Innerhalb <strong>der</strong> nächsten Jahre wollen<br />

wir gemeinsam in den Gemeinden neue Impulse setzen<br />

– <strong>der</strong> Schwerpunkt liegt dabei tatsächlich auf<br />

dem gemeinsamen Entwicklungsprozess, auf dem<br />

Dialog, <strong>der</strong> Vernetzung. Die Kirche muss mehr „nach<br />

draußen“. Da können wir von den Trägern aus dem<br />

sozialen Bereich lernen, die strukturell stärker im<br />

Gemeinwesen vernetzt sind.<br />

Vernetzung – das ist ein Thema, das Sie in Ihrer<br />

Laufbahn begleitet.<br />

Das stimmt. Schon als Jugendpfarrer habe ich<br />

gelernt: Ich kann nicht alles selbst machen. Wir<br />

haben damals ein starkes Netzwerk geknüpft, mit<br />

dem Jugendhilfeausschuss, dem Kreisjugendring, mit<br />

an<strong>der</strong>en Trägern. So ist zum Beispiel die Kin<strong>der</strong>ferienbetreuung<br />

im Hegenberg entstanden. Diese Art zu<br />

arbeiten hat mich stark geprägt.<br />

In Isny wurden Sie dann zum Altenhilfe-Fachmann.<br />

Ganz gegen den allgemeinen Trend hat<br />

die Kirchengemeinde dort ihre Trägerschaft für<br />

Altenpflegeheime nicht abgegeben. Wie kam es<br />

dazu?<br />

Abgeben o<strong>der</strong> neu bauen – das war damals die Frage.<br />

Wir haben dann eine Zukunftswerkstatt veranstaltet<br />

mit dem klaren Ergebnis: Wir bleiben Betreiber, bleiben<br />

in <strong>der</strong> Verantwortung. Aber wir wollten keine<br />

10 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


auch hier eingeführt: direkte Kommunikation,<br />

flache Hierarchien, Teamstrukturen über Abteilungsgrenzen<br />

hinweg, neue Wege gehen.<br />

„Die Kirche muss nach draußen!“: Domkapitular Matthäus<br />

Karrer in seinem Büro in Rottenburg. Foto: Raible<br />

„Satellitenbetriebe“ schaffen, son<strong>der</strong>n vernetzte Einrichtungen.<br />

Daraus ist zum Beispiel ein Ehrenamtlichen-Netzwerk<br />

entstanden, Betreute Wohnungen,<br />

eine Kooperation mit dem Kin<strong>der</strong>garten. Letztlich ist<br />

daraus auch <strong>der</strong> Aufschlag für den Stadtseniorenrat<br />

erfolgt.<br />

War die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, die dort ebenfalls ein<br />

neues Heim baute, also ein Konkurrent?<br />

Das hat man vielleicht am Anfang so gesehen. Aber<br />

in Isny ist es gelungen, dass alle drei kirchlichen<br />

Träger – die Katholische Kirchengemeinde, die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> und die Evangelische Heimstiftung –<br />

eng zusammengerückt sind.<br />

Konnten Sie denn diese kooperative Arbeitsweise<br />

beim Wechsel in die Verwaltung mitnehmen?<br />

Die Frage ist berechtigt, in so einer Verwaltungsstruktur<br />

läuft ja vieles an<strong>der</strong>s als in <strong>der</strong> Arbeit vor<br />

Ort. Mich hatte die Berufung zunächst auch überrascht,<br />

da ich mit 43 Jahren auch vergleichsweise<br />

jung für diese Position war. Aber tatsächlich kam es<br />

dem Bischof gerade darauf an, Leitungskräfte mit<br />

unterschiedlichem inhaltlichen Hintergrund, vor<br />

allem aus <strong>der</strong> praktischen Arbeit, hinzuzuziehen. Das<br />

hat mich ermutigt und ich habe meine Arbeitsweise<br />

Neue Wege gehen, Grenzen überwinden, Brücken<br />

bauen: Hat das auch etwas mit Ihrer Tätigkeit im<br />

Aufsichtsrat <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zu tun?<br />

Das war zu Beginn sicher nicht unwichtig. Nach <strong>der</strong><br />

rechtlichen Klärung über den kirchlichen Status <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> musste ja in <strong>der</strong> Beziehung zur Diözese ein<br />

Neuanfang gefunden werden. Ich kannte die <strong>Stiftung</strong><br />

bereits und fand die Aufgabe hochspannend.<br />

Wichtig ist mir: Die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat<br />

ist ein persönliches Mandat, ich bin nicht als Vertreter<br />

<strong>der</strong> Diözese dort. Allenfalls als Brückenbauer zur<br />

kirchlichen Aufsicht. Spannend finde ich auch, Verbindungen<br />

auf fachlicher Ebene zu knüpfen, zum<br />

Beispiel beim Thema Ehrenamt. Ich denke, wir<br />

haben inzwischen einen guten Weg miteinan<strong>der</strong><br />

gefunden.<br />

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Was werden<br />

die wichtigsten Themen für die <strong>Stiftung</strong>?<br />

Die Inklusion wird sicher zur größten Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

im Kerngeschäft. Diese wird alle großen Träger<br />

verän<strong>der</strong>n. Und es wäre ein großer Irrtum <strong>der</strong> Politik<br />

zu meinen, dass Inklusion ein Geldsparmodell ist. In<br />

<strong>der</strong> Altenhilfe wird <strong>der</strong> stationäre Bereich an die<br />

Grenzen <strong>der</strong> Finanzierbarkeit kommen. Wir werden<br />

hier Mischformen – stationäre, ambulante, bürgerschaftliche<br />

Hilfen – brauchen. Auf diesem Feld war<br />

und ist die <strong>Stiftung</strong> ja Trendsetter. Berufsbildung,<br />

Nachwuchsgewinnung – das sind noch einige wichtige<br />

Themen mehr. Entscheidend ist, dass die <strong>Stiftung</strong><br />

eine gute Balance hält zwischen Wachstum und<br />

Konzentration auf ihre Kernkompetenzen, dass sie<br />

sich immer wie<strong>der</strong> die Frage stellt, ob etwas zu ihrer<br />

Identität passt. Nötig ist, sich zu fokussieren, Prioritäten<br />

zu setzen. Keiner kann allein die Welt retten.<br />

Und die <strong>Stiftung</strong> ist wirtschaftlich und fachlich so<br />

stabil, dass sie nicht auf jeden Zug aufspringen<br />

muss.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

11


Der MV Ettenkirch spielt auf den Tischen<br />

<strong>Liebenau</strong> feiert<br />

Was für ein Sommer! Von seiner allerbesten Seite zeigte er<br />

sich am Festwochenende in <strong>Liebenau</strong>. Das gesamte zweite<br />

Juli-Wochenende stand unter dem Motto: feiern, an<strong>der</strong>en<br />

begegnen, Spaß haben. Den Auftakt machte am Freitag<br />

das Mitarbeiterfest. Am Samstag folgten das traditionelle<br />

Fußballturnier und das erstmalig veranstaltete Social’n’fun-<br />

Festival. Der Sonntag lockte mit dem weithin bekannten<br />

<strong>Liebenau</strong>er Sommerfest.<br />

Social‘n‘fun Festival<br />

und Fußballturnier<br />

„Taste of Trash“ aus Tettnang<br />

Spannung vor dem ersten Showact<br />

Hart zur Sache<br />

Peter Pux – Stimmung und coole Texte<br />

Sommerfest<br />

Ein Autogramm von Otto Rehhagel<br />

Käpt´n Blaubär zu Besuch<br />

Mutprobe bestanden!<br />

Glücksspieler drehen am Rad<br />

Bürgermeister Schmid aus Meckenbeuren zu Besuch<br />

Fetzig und spannungsgeladen:<br />

Krönen<strong>der</strong> Abschluss<br />

mit Linie 3 in <strong>der</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>er Kantine.<br />

Echt stark!<br />

12 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Uli Boettcher strapaziert die Lachmuskeln<br />

Der Clown Jocham – ganz groß<br />

Andreas Weisser: Clownerie zum Lachen<br />

Es scheint zu schmecken<br />

Das <strong>Liebenau</strong>er Schloss in neuem Licht<br />

Ponyreiten macht selig<br />

Genuss bei Wein und Wraps<br />

Krönen<strong>der</strong> Abschluss mit Linie 3<br />

Mitarbeiterfest<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

13


Auf dem Weg zur Inklusion<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> veröffentlicht strategische Leitlinien<br />

von Susanne Droste-Gräff<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> sagt „Ja zur Inklusion“. Das ist nicht überraschend,<br />

das ist nicht neu. Wird <strong>der</strong> Begriff doch bereits seit über einem<br />

Jahrzehnt in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> diskutiert und mit Leben gefüllt.<br />

Jetzt wurde das Thema kompakt zu Papier gebracht. Das von Vorstand,<br />

Geschäftsführungen und dem Ethikkomitee <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> erarbeitete<br />

Positionspapier dient als strategische Leitlinie für alle Tochterunternehmen.<br />

Wie gesagt, das Ja <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zur Inklusion<br />

ist nicht neu. Um Teilhabe und Autonomie, die<br />

zentralen Leitgedanken <strong>der</strong> Inklusion, geht es <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> schon immer. Im Laufe ihrer<br />

145-jährigen Geschichte hat sich jedoch viel verän<strong>der</strong>t:<br />

die Haltung <strong>der</strong> Gesellschaft zu Behin<strong>der</strong>ung,<br />

die Fachlichkeit, die Finanzierung. Die UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />

war ein Meilenstein auf dem<br />

Weg zur Inklusion, <strong>der</strong> nun in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

dazu führte, inne zu halten, zu reflektieren, um sich<br />

über ihre Grundlagen und Rollen im Klaren zu sein.<br />

Diese Positionsbestimmung dient <strong>der</strong> Bewusstseinsbildung<br />

aller Beteiligten, sie mündet in Leitlinien für<br />

die konkrete Arbeit am Thema Inklusion. Eine Kultur<br />

des Miteinan<strong>der</strong>s in den Einrichtungen und Diensten<br />

ist dafür unerlässlich, ebenso wie die Orientierung<br />

am Handeln Jesu.<br />

Dass Inklusion ein langer Prozess ist, steht außer<br />

Frage. So genannte geför<strong>der</strong>te „Inklusionsprojekte“,<br />

wie sie in Dußlingen, Leutkirch, Lindau, Salem, Ulm<br />

und Hegenberg ins Leben gerufen wurden, sind wichtig,<br />

weil auch sie Teil dieses Prozesses sind. Sie wirken<br />

plakativ. So plakativ wie die Inklusionslandkarte<br />

<strong>der</strong> Bundesbeauftragten für die Belange behin<strong>der</strong>ter<br />

Menschen Verena Bentele. Sie haben Signalfunktion<br />

für die Gesellschaft und weisen darauf hin, dass sich<br />

etwas verän<strong>der</strong>t durch Inklusion und dass sie alle<br />

betrifft. Nach dem Verständnis <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

umfasst Inklusion jedoch mehr: Sie setzt immer beim<br />

einzelnen Menschen an, bei seinen Bedürfnissen. So<br />

leistet zum Beispiel die kürzlich eingerichtete Beratungsstelle<br />

für Unterstützte Kommunikation (siehe<br />

auch S.31) einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur<br />

Inklusion. Denn wer seine Wünsche und Gedanken<br />

an<strong>der</strong>en Menschen mitteilen kann, nimmt teil am<br />

Leben. In Bad Waldsee steht das neue Bildungs-,<br />

Begegnungs- und För<strong>der</strong>zentrum kurz vor dem Start.<br />

Es steht für Inklusion durch Arbeit und Bildung.<br />

Überall, wo Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung leben, geht<br />

es um Teilhabe und Autonomie. Dabei ist es egal, ob<br />

ein Mensch in <strong>der</strong> ambulant betreuten Wohngemeinschaft<br />

einer Stadt o<strong>der</strong> in einem Sozialtherapeutischen<br />

Heim mit hohem Betreuungsschlüssel lebt.<br />

Als „Zufluchtsstätte“ für die aus <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

Ausgeschlossenen sah sich die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zu<br />

Beginn ihrer Tätigkeit im Jahr 1870. Schutz und Fürsorge<br />

standen im Mittelpunkt. So war es lange Zeit,<br />

bis sich in den 60er-Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

neue Berufe herausbildeten. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

war hier eine <strong>der</strong> ersten großen Einrichtungen, die<br />

die Ausbildung am heutigen Institut für Soziale<br />

Berufe vorantrieb. Auch was die ambulanten Wohngebote<br />

angeht, war die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> Vorreiter.<br />

Und die langjährigen Erfahrungen in <strong>der</strong> Quartiersarbeit,<br />

die ursprünglich in <strong>der</strong> Altenhilfe startete, prägen<br />

heute einen großen Teil <strong>der</strong> Arbeit. In den Weiterbildungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zu diesem Thema<br />

mischen sich die Berufsgruppen, da es gesellschaftlich<br />

immer mehr um die Gestaltung von Sozialräumen<br />

geht, <strong>der</strong> Bedarf des Einzelnen steht hier im Fokus.<br />

Egal ob er ihn hat, weil er eine Behin<strong>der</strong>ung hat,<br />

krank o<strong>der</strong> in einer schwierigen Lebensphase ist.<br />

So kommt es, dass die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> heute ganz<br />

verschiedene Rollen einnimmt. Im Sinne einer<br />

„Dienstleisterin“ achtet sie beispielsweise auf diesen<br />

individuellen Bedarf ihrer Klienten und leistet passgenaue<br />

Hilfe. Als „Arrangeurin des Wohlfahrtmixes“<br />

14 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Gemeinsam – mitten in <strong>der</strong> Gesellschaft!<br />

Denn: Inklusion verän<strong>der</strong>t! Interessiert?<br />

Abonnieren Sie den Newsletter „<strong>Liebenau</strong> inklusiv“!<br />

www.stiftung-liebenau.de/inklusion<br />

Inklusion verän<strong>der</strong>t!<br />

Die Gesellschaft, die Institutionen<br />

und den Einzelnen.<br />

Wie Verän<strong>der</strong>ung konkret<br />

aussehen kann, was sie für<br />

Menschen bedeutet, darüber<br />

informiert <strong>der</strong> neue Inklusionsnewsletter<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> „<strong>Liebenau</strong> inklusiv“.<br />

In kompakter Form<br />

erhalten Interessenten mit<br />

„<strong>Liebenau</strong> inklusiv“ Einblicke<br />

in das, was Teilhabe für Einzelne<br />

bedeuten kann. Porträts<br />

von Menschen werden durch<br />

Neuigkeiten aus <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>, einen Ratgeber<br />

sowie Termine rund ums<br />

Thema Inklusion ergänzt. Der<br />

Newsletter erscheint vier Mal<br />

im Jahr.<br />

bringt sie Ehrenamtliche und Profis im Sozialraum<br />

zusammen. Als „Anwältin“ setzt sie sich für ihre Klienten<br />

ein und kümmert sich um politische und<br />

finanzielle Rahmenbedingungen. Im Sinne einer<br />

„Inklusionsagentur“ kann sie so ihren Beitrag zum<br />

gesellschaftlichen Wandel leisten.<br />

Basis für den Prozess <strong>der</strong> Bewusstseinsbildung ist die<br />

Reflektion <strong>der</strong> verschiedenen Dimensionen von<br />

Inklusion. Zu unterscheiden sind eine soziologische,<br />

eine rechtliche, eine politische, eine pragmatische<br />

und eine ethische Dimension. Letztere ist entscheidend<br />

für das Handeln <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>: Demnach<br />

bemisst sich gelungene Inklusion an vier Kriterien:<br />

Die Selbstbestimmung des Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

muss respektiert werden, er muss Fürsorge<br />

erfahren, wenn er sein Wohl aus eigener Kraft nicht<br />

verwirklichen kann. Er muss am gesellschaftlichen<br />

Leben teilhaben können, darf keine soziale Diskriminierung<br />

erfahren, aber auch das Schutz- und Rückzugsbedürfnis<br />

ist zu berücksichtigen.<br />

Die Leitlinien, in die die theoretischen Grundlagen<br />

münden, sind Feststellung und Anspruch zugleich.<br />

Die 16 Aussagen reichen von <strong>der</strong> passgenauen, individuellen<br />

Ausgestaltung von Angeboten über die<br />

Stärkung <strong>der</strong> Kompetenzzentren bis hin zur Vernetzung<br />

mit an<strong>der</strong>en Organisationen – immer mit dem<br />

Ziel, die Teilhabe <strong>der</strong> Klienten zu verbessern. Sie sollen<br />

den Prozess <strong>der</strong> Bewusstseinsbildung för<strong>der</strong>n und<br />

die konkrete Umsetzung. Sie sind quasi „Leitplanken“<br />

auf dem Weg zur Inklusion.<br />

Das Positionspapier <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> zur Inklusion liefert eine theoretische Einbettung und Begriffsbestimmung<br />

des Themas, benennt unterschiedliche Rollen, die die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> in Bezug auf Inklusion<br />

einnimmt. Es formuliert die Haltung <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> in <strong>der</strong> Inklusionsfrage und mündet schließlich<br />

in teils sehr konkreten „<strong>Liebenau</strong>er Leitlinien“ zur Inklusion. Es ist erhältlich in <strong>der</strong> Abteilung Kommunikation<br />

und Marketing, Telefon 07542 10-1207, E-Mail kommunikation@stiftung-liebenau.de.<br />

Es steht auch auf <strong>der</strong> Website <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> unter ‚Inklusion‘ zum Download zur Verfügung.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

15


Dem Wohnquartier gehört die Zukunft<br />

Lokale Versorgungsmodelle aus fachlicher, wissenschaftlicher und politischer Perspektive<br />

von Christof Klaus<br />

ULM – Welche Rolle spielt die wohnort- und quartiersnahe Versorgung<br />

hilfebedürftiger Menschen in einer älter werdenden, inklusionsorientierten<br />

Gesellschaft? Mit dieser Frage beschäftigte sich das 2. Fachgespräch<br />

„Soziale Zukunft Wohnquartier“. Dazu hatten die Veranstalter<br />

– die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, die Samariterstiftung Nürtingen, das Netzwerk<br />

Alter und Pflege im Caritasverband <strong>der</strong> Diözese Rottenburg-Stuttgart und<br />

<strong>der</strong> Württembergische Evangelische Fachverband für Altenhilfe – zahlreiche<br />

Vertreter von Kommunen, Wohlfahrtsträgern und an<strong>der</strong>er Institutionen<br />

und Initiativen nach Ulm eingeladen.<br />

Wir werden weniger, älter und bunter. Das sind<br />

Facetten des demografischen Wandels, <strong>der</strong> uns vor<br />

viele neue Herausfor<strong>der</strong>ungen stellt. Wie und wo<br />

leben künftige Generationen im Alter? Wer organisiert<br />

und leistet die nötige Unterstützung? „Die Zahl<br />

<strong>der</strong> hochaltrigen Menschen wird massiv ansteigen“,<br />

rechnete Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff von <strong>der</strong><br />

Katholischen Hochschule Freiburg vor. Gab es hierzulande<br />

im Jahr 2000 noch 2,9 Millionen Über-80-Jährige,<br />

wird diese Altersgruppe bis 2050 auf acht Millionen<br />

anwachsen. Gleichzeitig wird es weniger junge<br />

Menschen geben. „Der Hilfe- und Pflegebedarf wird<br />

insgesamt steigen.“ Deshalb werde es Angebote und<br />

Strukturen geben müssen, die die Vereinbarkeit von<br />

Familie, Pflege und Beruf ermöglichen. Große Aufgaben,<br />

die aber auch eine große Chance bieten – nämlich<br />

die „auf eine verän<strong>der</strong>te Gesellschaft, die getragen<br />

ist von Solidarität und gesellschaftlicher Mitverantwortung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Bürgerinnen und Bürger“.<br />

Vision einer „Caring Community“<br />

Wie aber kann so ein Pflegemix in lokalen Verantwortungsgemeinschaften<br />

aussehen? Kricheldorff<br />

berichtete von Modellprojekten aus mehreren Kommunen.<br />

Hier wurden mit viel ehrenamtlichem Engagement<br />

generationenübergreifende Netzwerke<br />

geknüpft, eine lebendige Nachbarschaft entstand.<br />

Dahinter stehe die Vision einer „Caring Community“,<br />

einer Gemeinschaft von „Kümmerern“. Solche Konzepte<br />

für das Quartier sind auch in <strong>der</strong> Politik angekommen.<br />

So beschäftigt sich <strong>der</strong>zeit etwa die<br />

Enquetekommission Pflege in Baden-Württemberg<br />

mit dieser Thematik. Nach Auffassung des stellvertretenden<br />

Vorsitzenden des Gremiums, Manne Lucha,<br />

stehen wir in Sachen Daseinsvorsorge am Scheideweg:<br />

„Verbleiben wir im hospitalen Gedankengut,<br />

o<strong>der</strong> gehen wir in die Quartiere?“<br />

Wie eine Gemeinde nachhaltig die Weichen stellen<br />

kann – das zeigt das Beispiel Amtzell im Landkreis<br />

Ravensburg. Paul Locherer, heute Landtagsabgeordneter<br />

und Aufsichtsrat <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, prägte<br />

als langjähriger Bürgermeister maßgeblich die Entwicklung<br />

des 4100-Seelen-Ortes hin zu einer Vorzeige-Kommune<br />

in Bezug auf eine „demografiefeste“<br />

Infrastruktur für Jung und Alt. Das Erfolgsrezept:<br />

ein Hilfemix von haupt- und ehrenamtlicher Arbeit,<br />

getragen von einem breiten Netzwerk aus professionellen<br />

Dienstleistern, aktiven Bürgern, Kirchengemeinden<br />

und Vereinen.<br />

So entscheidend die Rolle <strong>der</strong> Kommunen ist, so<br />

wichtig ist aber auch die Schaffung gesetzlicher und<br />

finanzieller Rahmenbedingungen durch die überregionale<br />

Politik. Und so stand neben Vorträgen, Diskussionen<br />

und Workshops in Ulm vor allem die Vernetzung<br />

von Akteuren, die Quartiersprojekte in Baden-<br />

Württemberg realisieren, im Vor<strong>der</strong>grund. Im Sinne<br />

eines informellen Bündnisses „Soziale Zukunft<br />

Wohnquartier“ wollen die vier Veranstalter gemeinsam<br />

mit an<strong>der</strong>en Akteuren ihr Know-how und ihre<br />

Ideen insbeson<strong>der</strong>e in die landespolitische Diskussion<br />

einbringen.<br />

Das gleichnamige Positionspapier gibt es unter<br />

www.stiftung-liebenau.de/service/downloads<br />

16 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Aufbau-Meister mit Ecken und Kanten<br />

Dr. Hans-Martin Brüll ist in den Ruhestand gegangen<br />

von Susanne Droste-Gräff<br />

LIEBENAU – Anfang Juli wurde Dr. Hans-Martin Brüll in den Ruhestand<br />

verabschiedet. In den knapp 35 Jahren seiner Tätigkeit bei <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> hat er an vielen Stellen deutliche fachliche Spuren hinterlassen.<br />

Zuletzt auf <strong>der</strong> Stabsstelle Ethik und als Geschäftsführer des Ethikkomitees<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

Studium <strong>der</strong> Philosophie, Theologie und Pädagogik:<br />

Mit diesem Background tritt Brüll 1980 seine erste<br />

Stelle in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> an. Er arbeitet als<br />

Pädagoge auf diversen Gruppen, übernimmt bald eine<br />

Heimleiterstelle. „Schnell zeigt sich offenbar, hier ist<br />

ein <strong>Anstifter</strong>, ein An-Zettler und Aufbau-Meister<br />

gekommen“, resümiert Prälat Michael H. F. Brock in<br />

seiner Laudatio auf Brüll. Er habe mit seiner Meinung<br />

nicht hinterm Berg gehalten und oft Kante gezeigt.<br />

Brüll baut 1981 die erste heilpädagogische Gruppe<br />

auf, ein Vorläufer des heute als Sozialtherapeutisches<br />

Heim <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik geführten Fachbereichs. Im<br />

selben Jahr beginnt er mit einem Fortbildungszentrum<br />

im <strong>Liebenau</strong>er Schloss. Das Ziel damals: die Pro-<br />

Abschied in den Ruhestand: (v.l.) Prof. Dr. Bruno Schmid, Dr. Hans-Martin Brüll, die<br />

Vorstände Prälat Michael H. F. Brock, Dr. Berthold Broll und Dr. Markus Nachbaur.<br />

Foto: Droste-Gräff<br />

fessionalisierung <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe. Als Abteilungsleiter<br />

legt er damit den Grundstein für die jetzige<br />

Abteilung fortbilden & entwickeln mit ihren<br />

rund 200 Fort- und Weiterbildungen pro Jahr.<br />

Mit seinen „<strong>Liebenau</strong>er Briefen“ legt Brüll bereits<br />

1984 die Grundlagen, für eine transparente und breit<br />

aufgestellte Kommunikation und arbeitet parallel als<br />

Organisationsentwicklungsberater. Er ist ein gefragter<br />

Mo<strong>der</strong>ator für die Klausuren <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong>sleitung,<br />

ebenso für zahlreiche Fachtagungen. Nach fünf<br />

Jahren Leitung <strong>der</strong> Region Rosenharz widmet sich<br />

Brüll, neben <strong>der</strong> Tätigkeit als Referent für Mitarbeiterfortbildung,<br />

ethischen Themen. Er schreibt diverse<br />

Bücher, darunter auch 2010 seine Dissertation. Er<br />

baut außerdem Kooperationen auf: mit dem Institut<br />

für Bildung und Ethik an <strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule<br />

Weingarten, dessen Geschäfte er bis 2011<br />

führt. Außerdem ist er Geschäftsführer des Kooperationskreises<br />

Ethik.<br />

Seit dem Jahr 2000 hat Brüll die Geschäftsführung<br />

<strong>der</strong> Ethikkommission (seit 2012 Ethikkomitee) <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> inne. Prof. Dr. Bruno Schmid, Emeritus<br />

<strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule Weingarten,<br />

arbeitet als Mitglied und Vorsitzen<strong>der</strong> des Ethikkomitees<br />

eng mit Brüll zusammen. Bei <strong>der</strong> Verabschiedung<br />

würdigt er vor allem auch dessen Arbeitsstil.<br />

Brüll habe es verstanden, eine Atmosphäre <strong>der</strong> guten<br />

Zusammenarbeit zu schaffen, dankt Schmid.<br />

Das Ethikkomitee hat in den 15 Jahren, in denen<br />

Brüll Geschäftsführer war, zahlreiche Publikationen<br />

herausgegeben. Schmid nennt vor allem drei, die<br />

Brülls deutliche Handschrift tragen: „Die Begleitung<br />

Sterben<strong>der</strong> in den Einrichtungen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>“,<br />

„Autonomie stärken“ und die „Kriterien für<br />

Lohngerechtigkeit“. Auch an <strong>der</strong> im vergangenen<br />

Dezember vorgestellten Studie zur Gewalt in <strong>der</strong><br />

Behin<strong>der</strong>tenhilfe war er maßgeblich beteiligt. „Seine<br />

Verbundenheit mit den betreuten Menschen war hier<br />

in beson<strong>der</strong>er Weise spürbar“, so Brock. Brülls Nachfolger<br />

ist seit 1. September Berhard Preusche<br />

(s. Seite 7).<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

17


Brückenbauerin wird geehrt<br />

Sr. Canisia Maurer erhält Ehrenzeichen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

von Helga Raible<br />

LIEBENAU/DRESDEN – Sr. Canisia Maurer wurde im Mai mit dem Ehrenzeichen<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ausgezeichnet. In einer Feierstunde beim<br />

Christlichen Sozialwerk in Dresden würdigte Prälat Michael H. F. Brock<br />

(Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>) die Verdienste <strong>der</strong> Generalsekretärin<br />

<strong>der</strong> St. Josefskongregation Ursberg, die sich seit mehr als 30 Jahren für<br />

Menschen mit Hilfebedarf im Sinne <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> engagiert.<br />

Bis in die 1980er Jahre zurück reicht die Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> und <strong>der</strong><br />

St. Josefskongregation. Sr. Canisia Maurer engagierte<br />

sich zusammen mit dem damaligen <strong>Stiftung</strong>svorstand<br />

Monsignore Dr. Norbert Huber im Verband <strong>der</strong> Katholischen<br />

Einrichtungen und Dienste für lern- und geistig<br />

behin<strong>der</strong>te Menschen (VKELG). Aus diesem Engagement<br />

entwickelte sich die gemeinsame Trägerschaft<br />

für das Christliche Sozialwerk (CSW) in Dresden,<br />

das stationäre und ambulante Angebote <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe,<br />

Leistungen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendhilfe sowie Bildungsangebote für jährlich rund<br />

2500 Menschen erbringt. „Mit Ihrer Entschiedenheit,<br />

Ihrer hohen fachlichen Kompetenz und in jahrzehntelanger<br />

Kontinuität haben Sie Brücken gebaut zwischen<br />

Hilfesuchenden und Helfern, zwischen Verbandsvertretern<br />

und Praktikern, zwischen unterschiedlichen<br />

Institutionen, zwischen Ost und West“,<br />

so Brock in seiner Laudatio. Ihrer gewinnenden und<br />

überzeugenden Art sei es zu verdanken, dass die<br />

Partner stets vertrauensvoll und gleichberechtigt<br />

zusammenarbeiten konnten.<br />

Ein weiteres Anliegen, das Sr. Canisia mit <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> verbindet, ist die Aufarbeitung und<br />

Bewussthaltung <strong>der</strong> nationalsozialistischen Verbrechen<br />

an Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung. „Der Anmaßung<br />

eines verbrecherischen Regimes, über den Wert<br />

menschlichen Lebens entscheiden zu wollen, haben<br />

Sie das christliche Menschenbild entgegengestellt,<br />

die feste Überzeugung, dass <strong>der</strong> Mensch in je<strong>der</strong><br />

Im Kreise ihrer Mitschwestern bekam Sr. Canisia Maurer das<br />

Ehrenzeichen vom Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, Prälat<br />

Michael H. F. Brock, verliehen. Foto: privat<br />

Gestalt das Ebenbild Gottes ist“, betonte Brock. Auf<br />

diese Weise sei Sr. Canisia stets Vorbild für das Leitwort<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> „In unserer Mitte – Der<br />

Mensch“ gewesen.<br />

Sr. Canisia dankte für das Ehrenzeichen, das sie „als<br />

Auszeichnung für die gesamte St. Josefskongregation“<br />

verstanden wissen wollte.<br />

Das Christliche Sozialwerk gemeinnützige GmbH<br />

unterhält Einrichtungen und Dienste <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe<br />

und <strong>der</strong> Altenhilfe sowie <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>-<br />

und Jugendhilfe in zehn Standortgemeinden<br />

in Sachsen. Gesellschafter <strong>der</strong> gGmbH sind<br />

zu je 50 Prozent die St. Josefskongregation<br />

Ursberg und die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

18 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Lösungen sind ganz individuell<br />

Zustifterrente hat sich etabliert<br />

von Steffen Braun<br />

LIEBENAU – Vor über zehn Jahren hat die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ihr Modell<br />

<strong>der</strong> so genannten ZustifterRente entwickelt. Ein Erfolgsmodell: Denn<br />

während <strong>der</strong> Markt für ein solches Finanzprodukt stark fluktuiert und<br />

viele Anbieter schnell wie<strong>der</strong> ihr Engagement in diesem Bereich beenden,<br />

steht die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> nach wie vor hinter ihrer ZustifterRente.<br />

Aber zuerst: Was ist die Zustifter-<br />

Rente? Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> bietet<br />

Immobilienbesitzern – Alleinstehenden<br />

o<strong>der</strong> Paaren ab etwa<br />

68 Jahren – eine Immobilienverrentung<br />

an. Dazu erwirbt die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> die Immobilie, und dem<br />

„ZustifterRentner“ wird ein lebenslanges,<br />

im Grundbuch gesichertes<br />

Wohnrecht in <strong>der</strong> eigenen Immobilie<br />

eingeräumt. Auch die Frage ‚Was passiert später<br />

Christoph Sedlmeier:<br />

nimmt sich für jeden einmal mit meinem Haus?‘ kann eine wichtige Motivation<br />

für ältere Menschen sein. „Mit <strong>der</strong> Zustifter-<br />

Interessenten Zeit und<br />

kennt alle Zustifter- Rente trifft diese Frage auf eine geeignete, innovative<br />

Lösung, die nicht nur für den ZustifterRentner<br />

Rentner persönlich.<br />

Foto: Kästle Vorteile bringt, son<strong>der</strong>n darüber hinaus langfristig<br />

auch dem Gemeinwohl dient“, stellt Vorstand<br />

Dr. Markus Nachbaur fest.<br />

Christoph Sedlmeier, Leiter <strong>der</strong> Abteilung Zustifter-<br />

Rente und Konzeptentwicklung, <strong>der</strong> das Modell konzipiert<br />

und aufgebaut hat und bis heute verantwortet,<br />

nimmt sich für jeden Interessenten Zeit. So verschieden<br />

die einzelnen Immobilien <strong>der</strong> zukünftigen<br />

ZustifterRentner sind, so verschieden sind auch die<br />

Lebensgeschichten und -umstände <strong>der</strong> Eigentümer.<br />

„Es ist nie eine leichte Entscheidung, die eigene<br />

Immobilie zu verkaufen, in die man meist über mehrere<br />

Jahrzehnte Geld und Herzblut investiert hat“,<br />

weiß Sedlmeier. „Im Vorfeld des Verkaufs führen wir<br />

viele Gespräche vor Ort, schauen uns das Haus an<br />

und sind für jede Art von Rückfragen offen. Ich<br />

kenne jeden <strong>der</strong> mehr als 60 ZustifterRentner persönlich<br />

und stehe mit jedem einzelnen auch nach<br />

Vertragsabschluss im Kontakt“, berichtet er.<br />

Fester Bestandteil <strong>der</strong> ZustifterRente ist nach dem<br />

Verkauf das lebenslange Wohnrecht. Optional kann<br />

eine monatliche Zahlung, ein Einmalbetrag o<strong>der</strong> eine<br />

Kombination aus beiden Methoden gewählt werden.<br />

Durch die monatliche Zahlung durch die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> können die ZustifterRentner ihr Einkommen<br />

aufbessern. Wofür die Zahlung schlussendlich<br />

verwendet wird, ist dem Begünstigten selbst überlassen.<br />

Auch wenn sich die Lebensumstände im Alter schnell<br />

än<strong>der</strong>n, steht die Abteilung ZustifterRente ihren<br />

ZustifterRentnern mit Rat und Tat zur Seite und findet<br />

flexible Lösungen für jeden einzelnen Fall. So ist<br />

zum Beispiel die Umwandlung des Wohnrechts <strong>der</strong><br />

ehemaligen eigenen Immobilie in eine altengerechte<br />

Wohnung <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> denkbar. „Unsere<br />

Erfahrung hat gezeigt, dass wir gut auf diese Situationen<br />

reagieren können und alle Beteiligten zufrieden<br />

sind“, so Christoph Sedlmeier.<br />

Die Nachfrage nach <strong>der</strong> ZustifterRente ist wachsend,<br />

ein Limit aber noch lange nicht erreicht. Die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> wurde für ihr Modell <strong>der</strong> Immobilienverrentung<br />

<strong>der</strong> „ZustifterRente“ prämiert: Seit 2012<br />

trägt die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> den Titel „Deutschland –<br />

Land <strong>der</strong> Ideen – Ausgewählter Ort 2012“, <strong>der</strong> von<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland initiiert wurde.<br />

Dabei steht <strong>der</strong> Titel nicht nur für die innovative<br />

Idee, son<strong>der</strong>n signalisiert auch, dass die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> ein soli<strong>der</strong> und zuverlässiger Partner ist.<br />

Aber nicht die Preise sind das Entscheidende für<br />

Christoph Sedlmeier: „Der Mensch steht im Mittelpunkt.“<br />

Weitere Informationen finden Sie auf <strong>der</strong> Website<br />

www.zustifterrente.de<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

19


<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ist beliebter Arbeitgeber<br />

Aktuelle Umfrageergebnisse zur Mitarbeiterzufriedenheit liegen vor<br />

von Christof Klaus<br />

LIEBENAU – Wo drückt <strong>der</strong> Schuh? Wie zufrieden sind die Mitarbeiter mit<br />

ihrem Job? Was belastet sie, und was finden sie gut an ihrem Arbeitsplatz?<br />

Das will die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> regelmäßig von ihren Angestellten<br />

wissen. Die jüngste Mitarbeiterumfrage zeigt: Fast alle arbeiten gerne<br />

bei ihrem Arbeitgeber.<br />

Mit ihren über 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

ist die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> eines <strong>der</strong> größten Sozialunternehmen<br />

im deutschsprachigen Raum. Ob Heilerziehungs-<br />

o<strong>der</strong> Altenpfleger, Reinigungskräfte,<br />

Sozialpädagogen, Verwaltungs- o<strong>der</strong> Forstmitarbeiter:<br />

Die allermeisten von ihnen – 92 Prozent – arbeiten<br />

gerne für die <strong>Stiftung</strong> o<strong>der</strong> eine ihrer Tochtergesellschaften.<br />

Ungefähr ebenso viele haben Freude an<br />

ihrer Tätigkeit. Das sind Ergebnisse aus <strong>der</strong> großen<br />

Mitarbeiterumfrage 2014/<strong>2015</strong>. Diese sei ein wichtiges<br />

Instrument <strong>der</strong> Mitarbeiterbeteiligung, betont<br />

Axel Sans, Leiter Personalmanagement. „In unserer<br />

Mitte – Der Mensch“: Dieses Leitwort <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> beziehe sich nicht nur auf die betreuten<br />

Personen, son<strong>der</strong>n ausdrücklich auch auf die Angestellten.<br />

„Wir wollen wissen, was ihnen unter den<br />

Nägeln brennt. Was gut ist, und wo wir uns als<br />

Arbeitgeber verbessern können.“<br />

Wie steht es also um die Gesundheit <strong>der</strong> Mitarbeiter,<br />

wie bewerten sie Zusammenarbeit und Arbeitszufriedenheit?<br />

Als körperlich herausfor<strong>der</strong>nd empfunden<br />

werden in erster Linie natürlich Pflege- und Betreuungstätigkeiten,<br />

bei denen Tragen und Heben eine<br />

alltägliche Rolle spielen. Auch <strong>der</strong> teilweise hohe<br />

Geräuschpegel ist ein Thema sowie <strong>der</strong> Umgang mit<br />

Stress und <strong>der</strong> hohen Verantwortung. Verspannungen<br />

im Nackenbereich und Rückenbeschwerden machen<br />

den Mitarbeitern körperlich am ehesten zu schaffen.<br />

Psychisch fühlt sich je<strong>der</strong> fünfte häufig belastet. Nur<br />

einer von 100 beschreibt den eigenen Gesundheitszustand<br />

aber als „schlecht“.<br />

Auch wenn an mancher Stelle Än<strong>der</strong>ungen angeregt<br />

werden: Die Sinnfrage stellt sich für die <strong>Stiftung</strong>smitarbeiter<br />

nicht. 94 Prozent empfinden ihre Tätigkeit<br />

als sinnvoll. Und das sagen nicht nur jene, die<br />

Menschen durch Pflege o<strong>der</strong> Betreuung unterstützen.<br />

Was macht die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> als Arbeitgeber<br />

noch aus? Geschätzt werden zum Beispiel die guten<br />

Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, und auch<br />

mit den Arbeitszeitregelungen ist ein Großteil zufrieden.<br />

Und das Arbeitsklima, <strong>der</strong> Umgang mit Kollegen<br />

und Chefs? Die allermeisten geben ihren Vorgesetzten<br />

gute Noten und bescheinigen ihnen, dass sie in<br />

aller Regel zuhören, nachfragen, ihre Rolle als Führungskraft<br />

wahrnehmen und Entscheidungen nachvollziehbar<br />

begründen. Insgesamt zufrieden mit<br />

ihrem Verhältnis zum Vorgesetzten sind 84 Prozent.<br />

Auch im Team mit Kollegen funktioniert das Zwischenmenschliche<br />

offenbar gut. Laut Umfrage sind<br />

hier 91 Prozent zufrieden. Der Umgang sei freundlich,<br />

man könne sich auf die Kollegen verlassen und<br />

werde von ihnen anerkannt. Und im Konfliktfall erleben<br />

zwei Drittel <strong>der</strong> Befragten eine offene und ehrliche<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung.<br />

Ergebnisse werden ernst genommen<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Umfrage dienen jetzt als Grundlage<br />

für konkrete Maßnahmen. Deren Erarbeitung und<br />

Umsetzung ist nun Aufgabe <strong>der</strong> einzelnen Gesellschaften.<br />

„Die neuesten Ergebnisse zeigen: Es gibt<br />

einige Themen, die sich spürbar verbessert haben<br />

und bei denen wir auf einem guten Weg sind“, so<br />

Axel Sans.<br />

20 <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Wie alles begann<br />

Prälat Michael H. F. Brock setzt „Begegnungen mit Jesus“ fort<br />

von Helga Raible<br />

Aus: Michael H. F. Brock,<br />

Wie alles begann.<br />

Begegnungen mit Jesus,<br />

© Patmos Verlag,<br />

Ostfil<strong>der</strong>n <strong>2015</strong>.<br />

Rechtzeitig zur Vorweihnachtszeit ist ein neues Buch von Prälat Michael<br />

H. F. Brock erschienen. Auf „Die letzten Tage“, erschienen im Januar<br />

2014, folgt nun „Wie alles begann“, ein Blick auf die ersten Lebensjahre<br />

Jesu.<br />

Brock erzählt in diesem Buch die ersten Kapitel des<br />

Lukasevangeliums. Aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Mütter<br />

Jesu und Johannes‘ lässt er bekannte Ereignisse<br />

lebendig werden: Verheißung und Geburt ebenso wie<br />

den Besuch im Tempel und die ersten Heilungen.<br />

Maria und Elisabet begleiten ihre Söhne, beobachten<br />

die Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit religiösen und weltlichen<br />

Autoritäten, ihre Loslösung von <strong>der</strong> Familie,<br />

sorgen sich um die Zukunft <strong>der</strong> Söhne angesichts<br />

einer unruhigen, von kriegerischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

und Endzeitstimmungen geprägten Welt.<br />

Unterbrochen werden die Erzählungen durch Gedanken<br />

von heute. Der Autor stellt Fragen, kritisiert,<br />

teilt Gedanken und Sorgen mit, auch Missverständnisse<br />

und Wi<strong>der</strong>stände, die ihm als Seelsorger und<br />

Prediger begegnen. Brock ist überzeugt davon, dass<br />

die biblischen Geschichten ihre Relevanz nicht verloren<br />

haben. Mit seinen Erzählungen will er ermuntern,<br />

Jesus wie<strong>der</strong> neu zu entdecken für das eigene Leben.<br />

Das gilt nicht nur für den privaten Leser.<br />

Für den Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> ist klar:<br />

Wenn sich ein Unternehmen in seinem Leitbild auf<br />

die Nachfolge Christi verpflichtet, muss es ihn kennen<br />

und die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit ihm lebendig<br />

halten. Auch dafür will er mit seinem Buch Anreize<br />

setzen.<br />

Autorenlesungen<br />

Dienstag, 10. November, 18.30 Uhr, Glashaus, <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, <strong>Liebenau</strong><br />

Dienstag, 17. November, 20 Uhr, Gemeindehaus, Kath. Kirchengemeinde St. Peter und Paul, Tettnang-<br />

Laimnau<br />

Montag, 23. November, 19 Uhr, Kath. Bücherei St. Ulrich/St. Magnus, Bodnegg<br />

Mittwoch, 25. November, 20 Uhr, Gemeindehaus <strong>der</strong> Kath. Kirchengemeinde St. Maria, Meckenbeuren<br />

Mittwoch, 2. Dezember, 19.30 Uhr, Gemeindezentrum, Kirchengemeinde St. Gallus, Tettnang<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

21


Jede einzelne Spende ist wichtig und hilft<br />

Soziale Projekte gestärkt<br />

von Verena Rehm<br />

LIEBENAU - Rund 3 000 Menschen haben im vergangenen Jahr die sozialen<br />

Projekte <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> unterstützt. Insgesamt gingen<br />

323.432 Euro an Spenden ein. Der Löwenanteil in Höhe von 250.351<br />

Euro floss in den Bereich Hilfen für Kin<strong>der</strong>, Jugendliche und Familien.<br />

Sicherheit und Entlastung in schweren Lebenssituationen erhielten rund<br />

300 Familien, zum Beispiel bei <strong>der</strong> Versorgung von Frühgeborenen. Weitere<br />

50.275 Euro kamen Projekten für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung und<br />

medizinischen Hilfen zugute. Dabei zu sein, mit dazu zu gehören – diese<br />

Erfahrung soll den von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> betreuten Menschen ermöglicht<br />

werden. Gut gelingt das durch sportliche Angebote, die an vielen<br />

Standorten realisiert werden. Sie sind ein wertvoller Beitrag zur Inklusion.<br />

Auch <strong>der</strong> stationäre Alltag <strong>der</strong> Patienten in <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik konnte<br />

mit Hilfe von Spenden erleichtert werden. Hilfen für Berufsbildung<br />

wurden mit 14.805 Euro unterstützt. Im Berufsbildungswerk Adolf Aich<br />

können benachteiligte Jugendliche einen von 50 Berufen lernen und so<br />

den ersten Schritt in eine eigenständige Zukunft machen. Für beson<strong>der</strong>e<br />

Projekte in <strong>der</strong> Altenhilfe hat die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> 8.001 Euro eingesetzt.<br />

Über 160 Kin<strong>der</strong> mit und ohne Behin<strong>der</strong>ung hatten viel Spaß bei den<br />

verschiedensten Ferien- und Freizeitangeboten, zum Beispiel in <strong>der</strong><br />

zweiwöchigen Ferienfreizeit in <strong>der</strong> Ravensburger Martinusschule für<br />

Kin<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>em Betreuungsbedarf. An <strong>der</strong><br />

Tagesbetreuung teilnehmen konnten Kin<strong>der</strong> im Alter von drei bis<br />

zwölf Jahren und <strong>der</strong>en Geschwister. Sie wurden täglich vom Morgen<br />

bis zum Nachmittag verlässlich<br />

betreut – im Innen- und Außenbereich<br />

<strong>der</strong> Schule, bei Spiel und<br />

Spaß und auch bei Ausflügen. Für<br />

die Kin<strong>der</strong> ein ganz beson<strong>der</strong>es<br />

Ferienerlebnis und zugleich eine<br />

Entlastung für die Eltern. Ohne<br />

Spenden wäre dieses Angebot<br />

nicht realisierbar, denn öffentliche<br />

För<strong>der</strong>mittel gibt es dafür<br />

nicht.<br />

Die Lebensräume<br />

für<br />

Jung und<br />

Alt leben<br />

von guten nachbarschaftlichen Kontakten: Ob<br />

es um Hilfe beim Einkaufen geht, um Besuche<br />

bei Krankheit o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung o<strong>der</strong> ums<br />

gemeinsame Feiern – die Gemeinwesenarbeit<br />

bahnt viele Wege zum lebendigen Miteinan<strong>der</strong>.<br />

Etwa für die 87-jährige Dame, die nach einer<br />

schweren Operation unbedingt wie<strong>der</strong> in ihre<br />

Wohnung zurück wollte. Dass sie nach acht<br />

Wochen Krankenhaus und Reha tatsächlich<br />

heimkehren konnte, war nur dank des gemeinsamen<br />

Einsatzes von Familie, Sozialstation,<br />

Gemeinwesenarbeit und Nachbarn möglich.<br />

Besuche und Unterstützung bei alltäglichen<br />

Dingen sind eine große Hilfe für die Frau und<br />

geben ihr persönlich und ihrer Familie große<br />

Sicherheit.<br />

An einem an<strong>der</strong>en Standort entstanden „Einkaufspatenschaften“:<br />

Nach Schließung des einzigen<br />

Supermarktes in erreichbarer Nähe meldeten<br />

sich Paten speziell für gebrechlichere<br />

Nachbarn. Sie bringen den Einkauf mit o<strong>der</strong><br />

gehen zusammen mit den Bewohnern zum Einkaufen.<br />

Ihre Spende für die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Spendenkonto Sparkasse Bodensee<br />

Konto: 20 994 471 BLZ: 690 500 01<br />

IBAN: DE35 6905 0001 0020 9944 71<br />

BIC: SOLADES1KNZ<br />

Nähere Informationen:<br />

Verena Rehm, Telefon: 07542 10-1402<br />

E-Mail: verena.rehm@stiftung-liebenau.de<br />

22<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>


Dreifache Jubiläumsfeier im Kloster Nazareth<br />

St. Anna-Hilfe feiert mit den Borromäerinnen, <strong>der</strong> Stadt und dem Land<br />

von Elke Benicke<br />

STADL-PAURA – 363 Jahre Ordensgründung, 150 Jahre Kloster Nazareth<br />

und 10 Jahre Hausgemeinschaften im Sozialzentrum Kloster Nazareth:<br />

Gleich drei Jubiläen haben die Verantwortlichen <strong>der</strong> St. Anna-Hilfe<br />

Österreich und <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> gemeinsam mit Vertretern und Vertreterinnen<br />

<strong>der</strong> Stadt, des Landes und <strong>der</strong> Kirche, insbeson<strong>der</strong>e mit den<br />

Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Borromäus, gefeiert. Insgesamt<br />

haben rund 100 Gäste an <strong>der</strong> Heiligen Messe teilgenommen, die Bischof<br />

Dr. Ludwig Schwarz in <strong>der</strong> Kirche <strong>der</strong> Neuen Mittelschule beim Sozialzentrum<br />

Kloster Nazareth, gestaltete.<br />

Gruppenfoto mit Bischof Dr. Ludwig Schwarz. Foto: Benicke<br />

„Vor 150 Jahren wollte Theodorich Hagn, Abt des<br />

Stiftes Lambach, ‚ein Klösterchen ins Leben rufen,<br />

das den armen Kranken, den verlassenen Greisen und<br />

endlich auch <strong>der</strong> Jugend, dieser Hoffnung <strong>der</strong><br />

Zukunft, eine zeitweilige Zufluchtsstätte böte‘ und<br />

wandte sich mit seinem Anliegen an die Borromäerinnen“,<br />

zitierte Doris Kollar-Plasser, Regionalleiterin<br />

<strong>der</strong> St. Anna-Hilfe Oberösterreich aus <strong>der</strong> Prager<br />

Chronik <strong>der</strong> Ordensgemeinschaft. „Noch heute finden<br />

wir hier im Sozialzentrum Kloster Nazareth ein<br />

alltagsnahes Zuhause für ältere pflegebedürftige<br />

Menschen und eine Bildungsstelle für die Jüngsten.<br />

Mit <strong>der</strong> St. Anna-Hilfe als einem gemeinnützigen<br />

Sozialunternehmen auf christlich-katholischer<br />

Grundlage spielt auch das gemeinschaftliche religiöse<br />

Leben weiterhin eine wichtige Rolle“, schloss sie<br />

ihre Grußworte und bedankte sich bei den 15 anwesenden<br />

Borromäerinnen, die zum Teil aus dem Mutterhaus<br />

in Wien angereist waren, für die gute<br />

Zusammenarbeit.<br />

„Was die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> mit diesem Haus verbindet,<br />

ist nicht nur die rechtliche Zusammengehörigkeit<br />

über die St. Anna-Hilfe als Tochtergesellschaft,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem die gemeinsame Vision entsprechend<br />

dem Leitgedanken <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>: In<br />

<strong>der</strong> Mitte – Der Mensch“, betonte Dr. Berthold Broll<br />

(Vorstand <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>) in seiner Rede.<br />

Bürgermeister Alfred Meisinger bedankte sich ausdrücklich<br />

auch für die seelsorgerische Arbeit, die die<br />

geistlichen Schwestern bis heute im Sozialzentrum<br />

Kloster Nazareth leisten. Dr. Josef Gruber, Bezirkshauptmann<br />

von Wels-Land, zeigte sich begeistert ob<br />

des „zukunftsträchtigen Konzepts <strong>der</strong> Hausgemeinschaften,<br />

das die älteren Menschen in eine kleine<br />

Gemeinschaft einbindet und ihnen die Möglichkeit<br />

gibt, am Alltag teilzunehmen.“ Landeshauptmann<br />

Dr. Josef Pühringer beschrieb den hohen Berufsethos<br />

in <strong>der</strong> Pflege und Betreuung älterer Menschen,<br />

den früher die Borromäerinnen geleistet haben und<br />

heute die St. Anna-Hilfe leistet.<br />

Es gibt viele Gründe die drei Jubiläen zu feiern.<br />

Josef Ackerl, Landeshauptmann-Stellvertreter außer<br />

Dienst, fasste sie zusammen: „Dieses Jubiläumsfest<br />

ist Erinnerungsarbeit und Öffentlichkeitsarbeit. Wir<br />

feiern die Geschichte, weil sie Geschichten erzählt.“<br />

Einen erfrischenden Beitrag zur Heiligen Messe leistete<br />

<strong>der</strong> Chor aus Schülerinnen und Schülern <strong>der</strong><br />

Neuen Mittelschule mit mo<strong>der</strong>nen christlichen Lie<strong>der</strong>n.<br />

Altenhilfe<br />

23


Konzepte, die in die Zukunft weisen<br />

25 Jahre Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

von Anne Oschwald<br />

LIEBENAU – 33 Pflegeheime, 27 Wohnanlagen nach dem Konzept<br />

„Lebensräume für Jung und Alt“, vier Sozialstationen, ein Stationäres<br />

Hospiz und ein Domizil für schwerstdemenzerkrankte Menschen: Diese<br />

Bilanz von 25 Jahren Arbeit für ältere Menschen kann sich sehen lassen.<br />

Orientiert an den gesellschaftlichen Entwicklungen entstanden fachliche<br />

Konzepte, die stets die Bedürfnisse des Einzelnen im Blick haben. Ein<br />

Weg, <strong>der</strong> noch lange nicht am Ende ist.<br />

Seit 25 Jahren steht die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> im Dienst für<br />

ältere Menschen. Foto: Kästle<br />

Im Jahr 1990 wurde <strong>der</strong> Grundstein für die Altenhilfe<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> gelegt: Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

übernahm das Haus St. Antonius in Friedrichshafen,<br />

ein damals von Sießener Franziskanerinnen geführtes<br />

Haus. Schnell folgten weitere Übernahmen: das Haus<br />

St. Meinrad in Ravensburg, das Adolf-Gröber-Haus in<br />

Weingarten, St. Ulrich in Witzmanns-Bad Wurzach,<br />

St. Konrad in Kressbronn, St. Gebhard in Amtzell und<br />

St. Martin in Friedrichshafen-Berg. Geschäftsführer<br />

Gerhard Schiele erinnert sich: „Die Zeit damals war<br />

geprägt vom Übergang des klassischen Altenheims<br />

zum Altenpflegeheim.“ „Die frühen Jahre unserer<br />

Arbeit in diesem neuen Geschäftsfeld waren geprägt<br />

von Sanierungs- und Baumaßnahmen, von <strong>der</strong> Einführung<br />

betriebswirtschaftlicher Strukturen. Im Mittelpunkt<br />

stand aber beson<strong>der</strong>s die Entwicklung fachlicher<br />

Konzepte“, ergänzt Stefanie Locher, die damalige<br />

Verwaltungsleiterin und heutige Geschäftsführerin.<br />

Aus dieser fachlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong><br />

demografischen Entwicklung entstanden die „Lebensräume<br />

für Jung und Alt“, wie sie zuerst in Vogt realisiert<br />

wurden. Die Lebensräume sollten einen ganz<br />

neuen Ansatz verfolgen und sich von bekannten<br />

Konzepten wie dem Betreuten Wohnen o<strong>der</strong> von Pflegeheimen<br />

absetzen. „In den Lebensräumen setzen<br />

wir auf Selbst- und Nachbarschaftshilfe, um Pflegebedürftigkeit<br />

hinauszuzögern o<strong>der</strong> zu verhin<strong>der</strong>n“, so<br />

Schiele. Neu war auch die Mo<strong>der</strong>ation durch eine<br />

Fachkraft <strong>der</strong> Gemeinwesenarbeit. Um die Altenhilfe<br />

in den Kommunen, den Sozialräumen zu verorten,<br />

war den Verantwortlichen <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> seit<br />

jeher die Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Akteuren<br />

wichtig.<br />

Umfassende Angebote<br />

Die <strong>Liebenau</strong>er Altenhilfe wuchs rasch: 15 Jahre nach<br />

Gründung gab es bereits 18 Altenpflegeheime, 18<br />

Wohnanlangen und vier Sozialstationen im südlichen<br />

Baden-Württemberg sowie im westlichen Bayern.<br />

Inzwischen hat sich <strong>der</strong> Radius erweitert und die <strong>Liebenau</strong>er<br />

Altenhilfe betreibt auch Pflegeheime und<br />

Lebensräume Böblinger Raum sowie seit 2013 im<br />

rheinland-pfälzischen Maikammer. Auch ambulante<br />

Dienste wurden ab 1996 aufgebaut, zunächst in<br />

Meckenbeuren, wo vor allem die Bewohner <strong>der</strong><br />

Lebensräume bei Bedarf Ansprechpartner und Fachkräfte<br />

zur Verfügung haben sollten. Später wurden<br />

die ambulanten Dienste allen Bürgern angeboten.<br />

Sozialstationen gibt es heute an vier Standorten.<br />

Um möglichst vielen Mitarbeitern Entwicklungen in<br />

<strong>der</strong> Altenhilfe fachlich fundiert zu vermitteln und<br />

ihnen damit das nötige Rüstzeug für die tägliche<br />

Arbeit zu geben, fanden ab 1992 regelmäßig Symposien<br />

und Fachtage statt. Themen wie „Lebensräume<br />

für Jung und Alt“ o<strong>der</strong> „Demenz“ wurden im großen<br />

24 Altenhilfe


Das erste Pflegeheim<br />

<strong>der</strong> Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> (li.):<br />

Mit <strong>der</strong> Übernahme des<br />

Hauses St. Antonius in<br />

Friedrichshafen wurde<br />

<strong>der</strong> Grundstein für die<br />

Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> gelegt.<br />

Foto: Archiv <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong><br />

Das neueste Haus St. Martin in Friedrichshafen-Ailingen wurde<br />

<strong>2015</strong> eingeweiht. Foto: Klaus<br />

Rahmen diskutiert. Um den aktuellen wissenschaftlichen<br />

Stand zu speziellen Themen zu vermitteln, werden<br />

bis heute regelmäßig Veranstaltungen angeboten,<br />

wie etwa „Demenz verstehen“ im Jahr 2012 o<strong>der</strong><br />

„Umgang mit Tod und Trauer in stationären Einrichtungen“<br />

2014.<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zukunft<br />

Die Lebensräume als eine Antwort auf die demografische<br />

Entwicklung haben sich längst als generationenübergreifendes<br />

Konzept etabliert und beför<strong>der</strong>n<br />

die weitere fachliche Entwicklung. Schiele: „Erkenntnisse<br />

und Erfahrungen aus den Wohnanlagen lassen<br />

sich auf einen ganzen Stadtteil übertragen, um<br />

ältere Menschen in die Gemeinschaft einzubinden.“<br />

Ab 2006 entstand daher das Quartiersprojekt Galgenhalde<br />

in <strong>der</strong> Ravensburger Weststadt in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Wohnbaugenossenschaft Bau- und Sparverein<br />

eG Ravensburg, <strong>der</strong> Stadt Ravensburg und <strong>der</strong><br />

Hochschule Weingarten-Ravensburg. An an<strong>der</strong>en<br />

Orten werden solche Quartiersprojekte in ähnlicher<br />

Form in die Praxis umgesetzt.<br />

Ebenso zukunftsweisend ist das Engagement <strong>der</strong><br />

Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> in Forschungsprojekten<br />

wie zum Beispiel dem Ambient Assisted Living<br />

(AAL). Zentrale Frage hierbei: Welche technischen<br />

Hilfsmittel können für Senioren entwickelt werden,<br />

um ein Wohnen in den eigenen vier Wänden auch im<br />

Alter sicherer zu gestalten?<br />

Nachgefragt<br />

Stefanie Locher und Gerhard Schiele (Geschäftsführung<br />

Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> Deutschland)<br />

werfen einen Blick in die Zukunft <strong>der</strong> Altenhilfe.<br />

Fotos: Kästle<br />

Stefanie Locher:<br />

Die Altenhilfe wird<br />

mehr in <strong>der</strong> Verantwortung<br />

<strong>der</strong> Kommunen<br />

liegen. Das soziale<br />

Miteinan<strong>der</strong> wird eine<br />

höhere Bedeutung haben. Der nicht professionelle<br />

Anteil an <strong>der</strong> Begleitung alter Menschen wird höher<br />

sein, als die fachlichen Dienste, die aber weiterhin<br />

eine sehr hohe Kompetenz haben werden.<br />

Gerhard Schiele: 2040 wird Altenhilfe<br />

ganz an<strong>der</strong>s aussehen: Es wird<br />

ein vielfältigeres Angebot geben.<br />

Das Leistungsrecht mit verän<strong>der</strong>ten<br />

Organisationsformen wird an die<br />

Bedingungen angepasst werden<br />

müssen. Tendenziell wird es weiterhin Einrichtungen<br />

für 24-Stunden-Pflege geben. Wir werden 2040 sogar<br />

mehr Plätze für Schwerpflegebedürftige und Demente<br />

benötigen. Behin<strong>der</strong>tenhilfe und Altenhilfe werden<br />

mehr auf <strong>der</strong> sozialräumlichen Ebene verankert. Bis<br />

dahin muss es auf jeden Fall gelingen, dass Altenhilfe<br />

einen gesellschaftlichen Stellenwert erfährt und entsprechend<br />

honoriert wird. Die wertvolle Arbeit eines<br />

Pflegewissenschaftlers muss genauso anerkannt werden,<br />

wie die Arbeit eines Ingenieurs in einem Industrieunternehmen.<br />

Altenhilfe<br />

25


„Freitags gibt es nichts Schöneres, als mit den Kin<strong>der</strong>n im Kin<strong>der</strong>haus zu musizieren“, sagt August Grundhöfer, Bewohner <strong>der</strong> Lebensräume für Jung<br />

und Alt. Bis zu 25 Kin<strong>der</strong> kommen ins Kin<strong>der</strong>haus. Foto: Benicke<br />

Musik kennt kein Alter<br />

August Grundhöfer engagiert sich im Kin<strong>der</strong>haus<br />

von Elke Benicke<br />

IMMENSTAAD – Alle zwei Wochen, immer freitags um 10 Uhr, geht August<br />

Grundhöfer, Bewohner <strong>der</strong> Lebensräume für Jung und Alt (St. Anna-Hilfe),<br />

ins Kin<strong>der</strong>haus gegenüber, sein Akkordeon im Rollkoffer hinter sich<br />

herziehend. Der ältere Herr wird dort von den rund zwanzig Kin<strong>der</strong>gartenkin<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Singgruppe schon freudig erwartet.<br />

Das ist kein Lächeln, das <strong>der</strong> aufrechte Mann zeigt,<br />

als er das kleine runde Zimmer im Kin<strong>der</strong>haus betritt.<br />

Nein, das ist schon ein richtiges Strahlen. Eins, das<br />

von innen kommt. Geschäftig packt er Akkordeon<br />

und Noten aus. Ein Tisch und ein Stuhl stehen<br />

bereit, hier ist sein Platz. Die drei- bis sechsjährigen<br />

Mädchen und Jungen setzen sich, begleitet von zwei<br />

Erzieherinnen, im Halbrund um den 89-Jährigen.<br />

Und schon geht es los: „Januar, Februar, März, April<br />

– die Jahresuhr steht niemals still“, alle Kin<strong>der</strong> kennen<br />

den Text des Jahreszeiten-Liedes von Rolf Zuckowski<br />

auswendig und singen, angeregt durch August<br />

Grundhöfers heitere Interpretation, begeistert mit.<br />

Weitere Lie<strong>der</strong> folgen, mal kommt <strong>der</strong> Vorschlag von<br />

ihm, mal von einem Kind o<strong>der</strong> einer Erzieherin.<br />

Der ältere Herr lebt zusammen mit seiner schwerbehin<strong>der</strong>ten<br />

Frau seit 2007 in den Lebensräumen für<br />

Jung und Alt. Durch die Angebote <strong>der</strong> Sozialstation<br />

und das nachbarschaftliche Miteinan<strong>der</strong> kommt das<br />

Ehepaar hier gut zurecht. „Wer in die Lebensräume<br />

einzieht, soll sich auch in die Gemeinschaft einbringen,<br />

egal womit“, erklärt Gemeinwesenarbeiter<br />

Michael Abler. „Und so habe ich auch Herrn Grundhöfer<br />

gefragt, was er denn anbieten könnte. ‚Musik‘,<br />

hat er gesagt.“ Zunächst spielte <strong>der</strong> ältere Herr auf<br />

den monatlichen Kaffeenachmittagen, zu den<br />

Andachten in <strong>der</strong> Advents- und Fastenzeit und auf<br />

Festen. Ins Kin<strong>der</strong>haus kommt er, seit es im Mai<br />

2011 eröffnet hat. Einfach, weil er sich dafür interessierte<br />

und sich anbot.<br />

„Mittlerweile haben wir eine Sammlung von rund 60<br />

Lie<strong>der</strong>n“, berichtet August Grundhöfer stolz. „Von<br />

<strong>der</strong> Oma, die im Hühnerstall Motorrad fährt, über die<br />

Fischerin vom Bodensee bis hin zu Weihnachtslie<strong>der</strong>n<br />

und an<strong>der</strong>en jahreszeitlich motivierten Stücken.“<br />

Regelmäßig aktualisiert er das Repertoire<br />

gemeinsam mit den Erzieherinnen. „Auch ein kleines<br />

Musical haben wir schon eingeübt, das von Fre<strong>der</strong>ick<br />

und den Farben (nach dem Buch von Leo Lionni,<br />

Anm.d.Red.). Die Kin<strong>der</strong> haben einen großen Spaß,<br />

so etwas aufzuführen. Dann kommen die Eltern und<br />

sehen, was wir gemeinsam machen.“ Er freut sich,<br />

wenn ihn „die Mamas auf <strong>der</strong> Straße grüßen“ o<strong>der</strong><br />

wenn ihn die Kin<strong>der</strong> an seinem Geburtstag in den<br />

Lebensräumen besuchen und dann nur für ihn singen.<br />

„Das ist ein wun<strong>der</strong>schöner Kontakt, den ich da<br />

habe“, schwärmt er. „Ich hoffe, dass ich das noch<br />

lange machen kann.“<br />

26<br />

Altenhilfe


Die Für-Sprecher <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe<br />

Manchmal will man sein Anliegen nicht den Mitarbeitern erzählen.<br />

Auch nicht <strong>der</strong> Fach-Kraft in <strong>der</strong> Werkstatt.<br />

Und auch nicht den Vertrauens-Personen.<br />

Dann kann man zu den Für-Sprechern gehen.<br />

Sie setzen sich für Anliegen <strong>der</strong> Bewohner o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Beschäftigen <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe ein.<br />

Die Für-Sprecher sind un-parteiisch.<br />

Das heißt, sie sind un-abhängig.<br />

Anliegen, Wünsche und Beschwerden sagen sie nicht jedem weiter.<br />

Das ist wichtig.<br />

Je<strong>der</strong> kann sich deshalb trauen, mit einem Für-Sprecher zu reden.<br />

Wie finde ich einen Für-Sprecher?<br />

Es gibt <strong>der</strong>zeit drei Für-Sprecherinnen.<br />

Wer ein Anliegen hat, kann bei einer Für-Sprecherin anrufen.<br />

Kerstin Rupp, Telefon 01 72 14 37 26 2<br />

Irmgard Sailer, Telefon 01 72 14 35 16 1<br />

Gisela Vetter, Telefon 01 72 14 35 80 5<br />

Man kann eine Für-Sprecherin auch treffen.<br />

Dann macht man vorher am Telefon einen Termin aus.<br />

Man kann auch eine E-Mail schreiben.<br />

Die Adresse lautet: fuersprecher@st.gallus-hilfe.de<br />

Alle drei haben die gleiche E-Mail-Adresse.<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

27


Innovativ und inklusiv<br />

Lebensraum-Campus: Quartiersprojekt in <strong>der</strong> Gemeinde Oberteuringen<br />

von Anne Oschwald<br />

LIEBENAU/OBERTEURINGEN – 5000 Einwohner zählt die Gemeinde Oberteuringen<br />

im Bodenseekreis. Zwischen Ravensburg und Friedrichshafen<br />

liegt die Kommune, die die jüngste Bevölkerung im Bodenseekreis zählt.<br />

Demnächst wird sie eine Vorreiterrolle spielen. Dann, wenn das Wohngebiet<br />

Bachäcker mit Angeboten für Familien, Senioren, pflegebedürftige<br />

Menschen und Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung bebaut ist und das inklusive<br />

Oberteuringen gelebt wird.<br />

Rund 350 Neubürger sollen in Bälde in Oberteuringen<br />

Wohnraum finden. „Im Mittelpunkt des neuen Wohngebietes<br />

steht <strong>der</strong> Lebensraum-Campus“, beschreibt<br />

Bernhard Hösch (Stabsstelle Unternehmensentwicklung<br />

<strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe) eine zentrale Beson<strong>der</strong>heit.<br />

„In dem Gebäude entstehen 20 barrierefreie Wohnungen<br />

nach dem Konzept <strong>der</strong> Lebensräume für Jung<br />

und Alt.“ Eine Wohnanlage nach diesem Konzept gibt<br />

es in <strong>der</strong> Gemeinde bereits. Außerdem beheimatet das<br />

Zentrum Räume für die Begegnung sowie eine Mediathek<br />

und Platz für ein Café. „In unmittelbarer Nähe<br />

wird ein kleines Haus <strong>der</strong> Pflege entstehen. Es wird<br />

nach dem Konzept <strong>der</strong> Wohn- und Pflegegemeinschaften<br />

betrieben. In drei Gemeinschaften mit jeweils<br />

15 Bewohnern ist eine 24-Stunden-Betreuung möglich.<br />

Zusätzlich werden ambulante Pflegeleistungen<br />

für Oberteuringen angeboten“, erläutert Stefanie<br />

Locher, Geschäftsführerin <strong>der</strong> Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>. Obwohl Oberteuringen eine junge Gemeinde<br />

ist, hat die Vorsorge für ältere Mitbürger eine hohe<br />

Priorität, wie Bürgermeister Karl-Heinz Beck schon<br />

immer betont.<br />

Damit auch Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung am Gemeindeleben<br />

teilhaben können, entsteht ein weiteres Wohnhaus<br />

für 18 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung sowie eine<br />

frei vermietbare Vierzimmerwohnung. Außerdem stehen<br />

in den Lebensräumen zwei weitere Einzimmerappartements<br />

für Menschen mit Einschränkungen<br />

bereit, die hier ambulant betreut werden können. Als<br />

Bildungs-, Begegnungs- und<br />

För<strong>der</strong>zentrum (BBF)<br />

12 Plätze für Menschen mit hohem För<strong>der</strong>bedarf;<br />

Tagesstruktur mit verschiedenen Angeboten<br />

weiteres Element bietet ein Bildungs-, Begegnungsund<br />

För<strong>der</strong>zentrum (BBF) <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe für<br />

zwölf Personen aus <strong>der</strong> Gemeinde und dem Umland<br />

eine Tagesstruktur. Das Gebäude steht in <strong>der</strong> Nachbarschaft<br />

zum künftigen Kin<strong>der</strong>haus. Ganz nach dem<br />

Motto: Inklusion von Anfang an.<br />

Die lebendige Gemeinde verfügt über mittelständische<br />

Unternehmen, landwirtschaftliche Betriebe<br />

sowie Handwerksbetriebe, die Arbeits- und Ausbildungsstellen<br />

bieten. Mit rund 30 Vereinen und Vereinigungen<br />

herrscht im Ort ein reges Miteinan<strong>der</strong>. Die<br />

verkehrstechnische Anbindung ist vorzüglich. Für<br />

eine Gemeinde dieser Größe, könnte man dennoch<br />

sagen, handelt es sich um ein gewagtes Projekt. Aber<br />

<strong>der</strong> starke Zusammenhalt innerhalb <strong>der</strong> Gemeinde<br />

stellt es auf ein solides Fundament. Denn von Anfang<br />

an wurden die Bürger an dem Vorhaben beteiligt.<br />

Und was Hösch beson<strong>der</strong>s betont: „Die Verantwortlichen<br />

<strong>der</strong> Gemeinde und <strong>der</strong> Gemein<strong>der</strong>at stehen mit<br />

einer Stimme hinter diesem Projekt.“<br />

Enge Zusammenarbeit<br />

Die Gemeinde Oberteuringen und die <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

arbeiten seit Jahren partnerschaftlich zusammen.<br />

Das gelungene Zusammenleben in <strong>der</strong> Wohnanlage<br />

„Lebensräume für Jung und Alt“ gilt als<br />

Ursprung für das zukunftweisende und inklusive<br />

Oberteuringen, das für jeden passenden Wohn- und<br />

Lebensraum vorhalten will. Schließlich verlangt die<br />

Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention, dass auch Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung in den Gemeinden leben können.<br />

Durch die Entstehung neuer Lebens-, Arbeits- und<br />

Wohnmöglichkeiten sollen sie so die Möglichkeit<br />

erhalten von ihrem Wunsch- und Wahlrecht Gebrauch<br />

zu machen.<br />

Damit das Projekt nicht nur baulich gelingen kann,<br />

28 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung


son<strong>der</strong>n später auch das soziale Zusammenleben <strong>der</strong><br />

Bürger, basiert die Arbeit auf dem Konzept <strong>der</strong><br />

Lebensräume. Das Zusammenleben wird durch eine<br />

Fachkraft <strong>der</strong> Gemeinwesenarbeit mo<strong>der</strong>iert, die bei<br />

<strong>der</strong> Altenhilfe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> angestellt ist.<br />

Inklusion braucht Partner<br />

„Die Kommune ist sich ihrer Verpflichtung bewusst.<br />

Sie hat Vorbildcharakter“, ist Hösch überzeugt. Aufgefor<strong>der</strong>t<br />

am lebendigen Gemeindeleben teilzunehmen,<br />

sind aber alle. Hösch erwähnt etwas Grundlegendes:<br />

Für ein Projekt solchen Ausmaßes braucht es<br />

kompromissfähige Partner und eine große Transpa-<br />

renz. In Oberteuringen war früh klar, dass die<br />

Gemeinde – aufgrund <strong>der</strong> guten Erfahrungen – mit<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong> auf <strong>der</strong> gewohnt partnerschaftlichen<br />

Basis weiterarbeiten möchte. Von<br />

Anfang an war die örtliche Bürgerstiftung ebenso<br />

mit im Boot, wie Prof. Dr. Sigrid Kallfass von den<br />

Steinbeis-Transferzentren Sozialplanung, Qualifizierung<br />

und Innovation, die für das Projekt soziale<br />

Erhebungen und Erfahrungen liefert. Außerdem ist<br />

auch <strong>der</strong> Bodenseekreis von dem Projekt überzeugt.<br />

Der Bereich <strong>der</strong> Hilfen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

wird geför<strong>der</strong>t über „Impulse Inklusion“ des<br />

baden-württembergischen Sozialministeriums.<br />

Der Lebensraum-Campus<br />

Kin<strong>der</strong>haus<br />

Kin<strong>der</strong>krippe für 10 Kin<strong>der</strong> (bis 3 Jahre)<br />

Kin<strong>der</strong>garten mit 2 Gruppen à 28 Kin<strong>der</strong><br />

(3 bis 6 Jahre)<br />

Haus <strong>der</strong> Pflege (Altenhilfe)<br />

45 Plätze in drei Wohngruppen<br />

Rundum-Versorgung mit zusätzlichen<br />

ambulanten Diensten<br />

Gerhard Schiele, Geschäftsführer <strong>der</strong> Altenhilfe<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong>, war bereits bei den<br />

Lebensräumen wichtiger Ansprechpartner für<br />

die Gemeinde. Von ihm stammt die Idee <strong>der</strong><br />

Weiterentwicklung des Konzepts für den gesamten<br />

Sozialraum:<br />

Entree ins Quartier<br />

18 Wohnungen Lebensräume<br />

für Jung und Alt<br />

2 Wohnungen für Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

(ambulante Unterstützung)<br />

Mediathek, Familientreff,<br />

Marktplatz mit Café<br />

Private Wohnhäuser<br />

Wohnhaus<br />

18 Plätze für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung<br />

4-Zimmerwohnung<br />

(frei vermietbar)<br />

„Die Gemeinde kam auf die <strong>Liebenau</strong>er Altenhilfe<br />

zu. Zunächst wegen einer zweiten Wohnanlage.<br />

Bei den anfänglichen Überlegungen brachten wir<br />

das Thema Hilfen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

ins Spiel. Ab dem Moment war <strong>der</strong> Grundstein<br />

für ein ganzheitliches, inklusives Oberteuringen<br />

gelegt. Im Zentrum des gesamten Projektes steht<br />

<strong>der</strong> Lebensraum-Campus. Er soll zu einem offenen<br />

Zentrum für die Gemeinde werden. Kin<strong>der</strong>garten<br />

und Kin<strong>der</strong>haus sollen ebenso wie das Pflegehaus<br />

und <strong>der</strong> Bereich Bildung, Betreuung und<br />

För<strong>der</strong>ung für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung selbstverständlicher<br />

Teil des Ganzen sein. Alten- und<br />

Behin<strong>der</strong>tenhilfe werden Synergieeffekte nutzen<br />

können. Die Gemeinwesenarbeit bekommt eine<br />

ganz an<strong>der</strong>e Funktion und eine völlig neue Dimension.<br />

Sie wird Quartiersarbeit für den gesamten<br />

Sozialraum unter <strong>der</strong> Regie <strong>der</strong> Altenhilfe leisten.“<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

29


Leben in Oberteuringen<br />

Oberteuringen ist eine große Gemeinde im Bodensee-Kreis.<br />

Sie liegt zwischen Friedrichs-Hafen und Ravens-Burg.<br />

Bald werden hier noch mehr Häuser gebaut.<br />

Es gibt dann auch Wohnungen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />

In einem Haus können 18 Menschen zusammen-leben.<br />

Sie leben in kleinen Gemein-Schaften.<br />

Je<strong>der</strong> hat sein eigenes Zimmer.<br />

Fach-Kräfte <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe unterstützen die Bewohner.<br />

In zwei Wohnungen leben Menschen mit ambulanter Begleitung.<br />

Das heißt, dass eine Fach-Kraft manchmal hilft.<br />

Zum Beispiel beim Einkaufen.<br />

O<strong>der</strong> bei Anträgen.<br />

In Oberteuringen gibt es auch Arbeit für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung.<br />

12 Menschen können hier arbeiten.<br />

Sie kommen morgens zur Arbeit.<br />

Abends gehen sie wie<strong>der</strong> nach Hause.<br />

In <strong>der</strong> Nähe ist ein Kin<strong>der</strong>haus.<br />

Und ein Altenheim.<br />

Es gibt auch ein Café.<br />

Und eine Bücherei.<br />

Hier kann sich je<strong>der</strong> Bücher und Filme ausleihen.<br />

Ganz nahe ist auch ein Veranstaltungsraum.<br />

Hierher kann je<strong>der</strong> kommen, wenn was los ist.<br />

Informationen über das neue Projekt gibt es bei:<br />

Bernhard Hösch, Telefon 0 75 42 10 - 20 03<br />

30<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung


Wer „sprechen“ kann, kann teilhaben<br />

Unterstützte Kommunikation: überregionale Beratungsstelle am Start<br />

von Anne Oschwald<br />

HEGENBERG – Menschen mit geistiger und körperlicher Behin<strong>der</strong>ung sind<br />

häufig auch in ihrer Kommunikation eingeschränkt. Die St. Gallus-Hilfe<br />

bietet in ihrer neu eingerichteten Beratungsstelle Hilfe in Sachen Unterstützte<br />

Kommunikation (UK). Die ausgebildete Fachberaterin UK berät<br />

Mitarbeiter <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe, aber auch externe Einrichtungen, und das<br />

überregional.<br />

Steffi Sommer (rechts)<br />

kommuniziert mit Steffi Sommer (Name geän<strong>der</strong>t) spricht nur sehr eingeschränkt<br />

und lediglich einzelne Wörter. Bei <strong>der</strong><br />

UK-Fachberaterin<br />

Elke Schätzle über Vorstellung <strong>der</strong> Beratungsstelle für Unterstützte<br />

ihr Ich-Buch. Kommunikation blättert sie in ihrem Ich-Buch und<br />

Foto: Oschwald zeigt auf Bil<strong>der</strong> und Inhalte, die ihr gefallen, aber<br />

auch auf Dinge, die sie nicht mag. Mit ihrem Ich-<br />

Buch kann sie mit <strong>der</strong> Umwelt in Kontakt treten.<br />

Bevor Steffi Sommer wie<strong>der</strong> zurück zur Arbeit geht,<br />

bekommt sie den gelben Bigpoint mit. Darauf hat<br />

Elke Schätzle gesprochen, dass sie heute ein Interview<br />

gegeben hat und viele Fotos von ihr gemacht<br />

wurden. Mit dieser Hilfe kann sie an<strong>der</strong>en so vom<br />

Erlebten „berichten“. Die Freude von Steffi Sommer<br />

ist offensichtlich.<br />

Elke Schätzle ist die UK-Fachberaterin und erste<br />

Ansprechpartnerin <strong>der</strong> Beratungsstelle. Sie kann auf<br />

eine Vielzahl von Hilfsmitteln zurückgreifen, die<br />

zum Einsatz kommen können. Diese teilen sich auf<br />

in nichtelektronische wie Karten, Piktogramme, Bil<strong>der</strong>,<br />

Kommunikationstafeln und Leichte Sprache, für<br />

die die St. Gallus-Hilfe Übersetzer und Prüfer ausgebildet<br />

hat. „Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite stehen elektronische<br />

Hilfsmittel wie Bigpoint, Anybook-Rea<strong>der</strong> –<br />

wie sie bei Kin<strong>der</strong>büchern Verwendung finden –,<br />

Talker und sogar iPads“, erklärt sie.<br />

Um zu wissen, welche Hilfsmittel sich für wen gut<br />

eignen, muss die Fachfrau den künftigen UK-Nutzer<br />

intensiver kennenlernen. Dann berät sie, probiert<br />

aus und schult sowohl den Anwen<strong>der</strong> als auch Mitarbeiter<br />

o<strong>der</strong> Angehörige. Manche Hilfsmittel kann sie<br />

selbst mit den Anwen<strong>der</strong>n erstellen, wie das Ich-<br />

Buch von Steffi Sommer, o<strong>der</strong> einen Kalen<strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

von unten nach oben verläuft und bei dem <strong>der</strong><br />

jeweils vergangene Tag unten abgeschnitten wird.<br />

Dieses Hilfsmittel eignet sich zum Beispiel gut für<br />

Menschen mit Autismus. „Bei UK geht es um Struktur<br />

und um Visualisierung“, schil<strong>der</strong>t Markus Wursthorn<br />

(Bereichsleiter Wohnen Erwachsene Bodenseekreis<br />

und Sigmaringen), zu dessen Verantwortungsbereich<br />

die Beratungsstelle gehört.<br />

Auch externe Interessenten können sich an die<br />

Beratungsstelle wenden, etwa Eltern und Angehörige,<br />

Fachärzte, Schulen o<strong>der</strong> Einrichtungen <strong>der</strong><br />

Altenhilfe. Denn auch fortschreitende Demenz ist<br />

oft mit Kommunikationsproblemen verbunden.<br />

Beratungsstelle Unterstützte Kommunikation<br />

Elke Schätzle, UK-Fachberaterin nach ISAAC,<br />

Telefon: 07542 10-2402<br />

E-Mail: elke.schaetzle@st.gallus-hilfe.de<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

31


Behin<strong>der</strong>ung und Alter<br />

St. Lukas-Klinik und St. Gallus-Hilfe geben Studie in Auftrag<br />

von Silvia Queri<br />

LIEBENAU - Wie Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen altersbedingte Verän<strong>der</strong>ungen<br />

erleben, ist bisher kaum erforscht. Die St. Lukas-Klinik und die<br />

St. Gallus-Hilfe haben eine umfangreiche Studie zu den altersbedingten<br />

psychosozialen Verän<strong>der</strong>ungen und zur Lebensqualität von Menschen<br />

mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung im Alter beim Steinbeis Transferzentrum für<br />

Gesundheits- und Sozialforschung <strong>der</strong> Hochschule Ravensburg-Weingarten<br />

in Auftrag gegeben. Erste Tendenzen werden Ende des Jahres vorliegen,<br />

das Gesamtergebnis Mitte 2016.<br />

Euthanasie im Dritten Reich und die schlechte medizinische<br />

Versorgung geistig behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />

auch noch nach dem Krieg befasst man sich in<br />

Deutschland erst jetzt intensiv mit dem Thema geistige<br />

Behin<strong>der</strong>ung im Alter. Welche an<strong>der</strong>en psychologischen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Erleben und Verhalten<br />

sowie in <strong>der</strong> Funktionalität möglicherweise auftreten,<br />

ist noch weitgehend unbekannt. Sie sind Thema<br />

<strong>der</strong> Studie.<br />

Intensive Vorbereitung<br />

Nach einer intensiven zweijährigen Vorbereitungszeit<br />

konnte im Mai dieses Jahres mit <strong>der</strong> Datenerhebung<br />

begonnen werden. Sie lief bis Ende August. Der lange<br />

Menschen mit einer geistigen Behin<strong>der</strong>ung erkranken<br />

in gleichem Maße im Alter an Demenz wie die<br />

Gesamtbevölkerung. Auf Grund <strong>der</strong> systematischen<br />

Ermordung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung durch die<br />

Eine Studie soll erforschen, wie sich das Älterwerden auf<br />

Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung und <strong>der</strong>en Lebensqualität<br />

auswirkt. Foto: Söll<br />

32 Gesundheit


Vorlauf ist <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Situation geschuldet,<br />

geeignete Instrumente für Menschen mit geistiger<br />

Behin<strong>der</strong>ung zu finden. Die Projektleiterin Prof. Dr.<br />

Silvia Queri und ihre Mitarbeiter Ulrike Peter und<br />

Michael Eggart haben im Erhebungszeitraum rund<br />

120 Interviews mit Mitarbeitern und Bewohnern<br />

geführt. Die Bewohner konnten freiwillig teilnehmen.<br />

Zuvor hatte das Ethikkomitee <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

das gesamte Forschungsvorhaben mit allen<br />

Instrumenten (standardisierte Interviews und Fragebögen)<br />

geprüft. Fragen waren beispielsweise:<br />

Könnte ein Bewohner beeinträchtigt werden? Könnte<br />

er einen konkreten Vorteil von <strong>der</strong> Studie haben?<br />

Was genau wird untersucht?<br />

Die Studie konkret<br />

Wie lief die Studie konkret ab? Die Basis bildete eine<br />

Stichprobe von 50 Bewohnern zwischen 55 und 85<br />

Jahren mit einer leichten o<strong>der</strong> mittelgradigen geistigen<br />

Behin<strong>der</strong>ung. Untersucht wurde, inwieweit es zu<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Erleben und Verhalten, im psychischen<br />

Wohlbefinden und <strong>der</strong> Funktionalität in allen<br />

Lebensbereichen gekommen ist. Dazu wurden Mitarbeiter<br />

befragt, die die Bewohner vor mindestens<br />

zehn Jahren betreut hatten. Diese Aussagen wurden<br />

mit denen <strong>der</strong>jenigen Mitarbeiter verglichen, die sie<br />

jetzt betreuen. Um die verän<strong>der</strong>te Funktionalität zu<br />

erfassen, wurde eigens ein Messinstrument entwickelt,<br />

das auf <strong>der</strong> ICF (International Classification of<br />

Functioning) <strong>der</strong> WHO basiert. Parallel dazu wurde<br />

untersucht, ob sich <strong>der</strong> Hilfebedarf im Alter verän<strong>der</strong>t<br />

hat. Das lässt dann den Schluss zu, dass dies<br />

auf die altersbedingten Verän<strong>der</strong>ungen zurückzuführen<br />

ist. Das dazu gewählte und aus dem Englischen<br />

übersetzte Verfahren wird in den USA nicht nur zur<br />

Hilfebedarfsbestimmung für Menschen mit geistiger<br />

Behin<strong>der</strong>ung eingesetzt, son<strong>der</strong>n auch zur Budgetierung<br />

dieses Bedarfs anhand von Hilfebedarfsgruppen,<br />

was für deutsche Kostenträger als Vergleichsgröße<br />

möglicherweise interessant sein kann. Die<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Studie können dazu genutzt werden,<br />

ältere Menschen mit beson<strong>der</strong>em Hilfebedarf noch<br />

besser zu betreuen.<br />

Lebensqualität und Inklusion<br />

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Messung<br />

<strong>der</strong> Lebensqualität. Lebensqualität ist ein möglicher<br />

Indikator zur Beurteilung von Inklusion. Inklusion<br />

ist ein gesamtgesellschaftliches Ziel, an dessen Evaluation<br />

und Fortentwicklung sich alle Studien im<br />

Behin<strong>der</strong>tenbereich aktuell orientieren sollten. Hierzu<br />

wurden die Bewohner direkt befragt, da aus <strong>der</strong><br />

Lebensqualitätsforschung bekannt ist, dass objektive<br />

und subjektive Lebensqualitätseinschätzungen nicht<br />

korrelieren. In einer eigenen Vorstudie sowie aus<br />

an<strong>der</strong>en Studien (zum Beispiel Prof. Dr. Konrad<br />

Bundschuh, LMU München) konnten geeignete<br />

Instrumente zur Befragung geistig behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />

gefunden werden, so dass auch hier mit validen<br />

Befunden gerechnet werden kann.<br />

Epilepsiezentrum ausgezeichnet<br />

Erneut ist das Epilepsiezentrum Bodensee für nichtoperative Therapie bei an Epilepsie erkrankten Erwachsenen ausgezeichnet<br />

worden. In diesem Epilepsiezentrum kooperiert die Abteilung für Epileptologie am Weißenauer Psychiatriezentrum seit 2002<br />

mit <strong>der</strong> St. Lukas-Klinik. Die Versorgung Epilepsiekranker, die in Weissenau eine lange Tradition hat, konnte dadurch verbessert<br />

werden. Das Epilepsiezentrum Bodensee wurde 2009 erstmals von <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Epileptologie zertifiziert. Bundesweit<br />

sind 17 Epilepsiezentren zertifiziert, in Baden-Württemberg noch Freiburg, Kehl-Kork und Tübingen.<br />

Gesundheit<br />

33


Keine Bildung nach Schablone<br />

Das Berufsbildungswerk Adolf Aich bietet maßgeschnei<strong>der</strong>te Lösungen<br />

von Christof Klaus<br />

RAVENSBURG – Seit über drei Jahrzehnten wirkt das Berufsbildungswerk Adolf<br />

Aich (BBW) wie ein „Inklusionsschlüssel“ für junge Menschen mit beson<strong>der</strong>em<br />

För<strong>der</strong>bedarf und öffnet ihnen die Tür zur Teilhabe an Gesellschaft und Arbeitsmarkt.<br />

Das Berufsbildungswerk<br />

Adolf Aich (BBW) 120 junge Frauen und Männer haben im vergangenen<br />

bringt jedes Jahr Dutzende<br />

junger Menschen Berufsausbildung gefeiert. Die meisten haben bereits<br />

Sommer im Ravensburger BBW den Abschluss ihrer<br />

mit beson<strong>der</strong>em Teilhabebedarf<br />

beruflich, in <strong>der</strong> Tasche haben. Für sie ist Inklusion kein Thema<br />

einen Job o<strong>der</strong> werden in Kürze einen Arbeitsvertrag<br />

sozial und persönlich mehr. Sie sind ganz normale Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />

Sie arbeiten, stehen auf eigenen Beinen,<br />

auf Kurs. Foto: Kästle<br />

gehören dazu. Aber was wäre ohne das individuelle<br />

För<strong>der</strong>paket des BBW aus ihnen geworden? Viele hät-<br />

ten ohne die aufwändige Unterstützung diesen<br />

Sprung überhaupt nicht geschafft. Solche Aussagen<br />

hört man immer wie<strong>der</strong> – von den Absolventen selbst<br />

o<strong>der</strong> von ihren ehemaligen Bildungsbegleitern, Erziehern,<br />

Lehrern, Ausbil<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Psychologen. Diese<br />

haben sich im BBW intensiv um „ihre“ Jugendlichen<br />

gekümmert, sie gecoacht, betreut, therapiert, ihnen<br />

För<strong>der</strong>unterricht gegeben und lebenspraktische<br />

Fähigkeiten vermittelt – und das in einer ganz entscheidenden<br />

Lebensphase, dem Übergang zwischen<br />

Schule und Beruf. Gelingt dieser nicht, droht die<br />

Exklusion, drohen dauerhafte Abhängigkeiten. Eine<br />

abgeschlossene Ausbildung dagegen ist nach wie vor<br />

die beste Grundlage für die Teilhabe am Arbeitsleben<br />

und damit an <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />

„Berufsbildungswerke sind Inklusionsschlüssel“,<br />

betonen deshalb die Geschäftsführer des Ravensburger<br />

BBW, Herbert Lüdtke und Christian Braun. Denn<br />

es sind diese Kompetenzzentren, die mit ihrer Erfahrung<br />

und ihrem Know-how Jahr für Jahr unzähligen<br />

ganz unterschiedlichen Menschen die Teilhabe<br />

sichern und damit Inklusion för<strong>der</strong>n. „Ein differenziertes<br />

und realistisches Inklusionsverständnis<br />

nimmt die einzelne Person in ihrem Kontext wahr“,<br />

so Lüdtke. Sprich: Wer ein spezielles Setting<br />

braucht, bekommt dies im BBW. Hier gibt es keine<br />

Bildung nach Schablone, son<strong>der</strong>n maßgeschnei<strong>der</strong>te<br />

Lösungen. Auch und gerade für die „schweren“ Fälle.<br />

ADHS, Depressionen, Autismus-Spektrum-Störungen<br />

und Traumata durch Gewalt- und Missbrauchserfahrungen:<br />

Immer mehr Jugendliche mit sehr hohem<br />

Bedarf an pädagogischer und psychologischer<br />

Betreuung werden von den Kostenträgern im BBW<br />

angemeldet. Und das kommt nicht von ungefähr.<br />

„Diese Menschen brauchen beson<strong>der</strong>e Arrangements<br />

für ihre beson<strong>der</strong>en Bedürfnisse“, sagt Herbert<br />

Lüdtke. Zeitlich befristet, aber mit nachhaltiger Wirkung.<br />

34 Bildung


„Traumjob im Bio-Laden“<br />

Mit Jobcoach-Unterstützung schafft Dominik Marohn den Berufseinstieg<br />

von Christof Klaus<br />

RAVENSBURG – Mittendrin und integriert: Dominik Marohn hat im Ravensburger<br />

„Viktualienmarkt“ den passenden Job am richtigen Ort gefunden – dank <strong>der</strong><br />

Unterstützung durch das „Jobcoaching“ <strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten, das<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung beim Berufseinstieg begleitet.<br />

„Immer, wenn ich hier herein komme, habe ich das<br />

Gefühl: Er gehört dazu.“ Claudia Kempe freut sich,<br />

dass Dominik Marohn im „Viktualienmarkt“ am<br />

Ravensburger Goetheplatz seinen Traumjob gefunden<br />

hat. Claudia Kempe ist „Jobcoach“ bei den <strong>Liebenau</strong>er<br />

Arbeitswelten. Sie begleitet und unterstützt<br />

Menschen wie Dominik Marohn an ihrem Arbeitsplatz<br />

und ermöglicht ihnen so eine Stelle auf dem allgemeinen<br />

Arbeitsmarkt, aber noch im Schutze <strong>der</strong><br />

Werkstatt für behin<strong>der</strong>te Menschen (WfbM). Und <strong>der</strong><br />

42-Jährige mit dem „Echt Bio“-Schriftzug auf <strong>der</strong><br />

Schürze fühlt sich bei seinem Job nicht nur rundum<br />

wohl, auch seine Aufgaben erledigt er zu aller Zufriedenheit.<br />

Und den Kollegen ist er sowieso längst ans<br />

Herz gewachsen, wie diese bekräftigen.<br />

„Ich wusste vorher schon, dass es das Jobcoaching<br />

<strong>der</strong> <strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten gibt“, erinnert sich<br />

Geschäftsinhaber Ozan Ön<strong>der</strong>. Zuerst sei er sich aber<br />

unsicher gewesen: „Ist er auch für unseren Betrieb<br />

geeignet?“ Doch die anfängliche Skepsis verflog<br />

rasch. „Man hat ganz schnell gesehen, dass Dominik<br />

ein unwahrscheinliches Gespür für die Wertigkeit <strong>der</strong><br />

Ware hat“, lobt <strong>der</strong> Biomarkt-Chef. „Man hat<br />

gemerkt: Der kann was.“ Und so wurde aus einem<br />

Praktikum im November 2014 ein so genannter<br />

Betriebsintegrierter Arbeitsplatz – nach wie vor mit<br />

Jobcoach-Unterstützung.<br />

Seit knapp drei Jahren gibt es das „Jobcoaching“ bei<br />

den <strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten. Mit Erfolg, wie Leiterin<br />

Danja Gründler berichtet. Schon 60 Menschen<br />

haben von diesem Angebot in den Landkreisen<br />

Ravensburg und Bodensee profitiert. Und wenn es im<br />

Betrieb doch einmal nicht passt? Dann schaut man<br />

einfach nach an<strong>der</strong>en Möglichkeiten. „Es gibt keine<br />

Sackgasse“, erklärt Danja Gründler das nie<strong>der</strong>schwellige,<br />

sehr personenorientierte Angebot. Die Intensität<br />

<strong>der</strong> Unterstützung variiert von Fall zu Fall. War<br />

Marohns Jobcoach während <strong>der</strong> Eingewöhnungszeit<br />

zwei bis drei Mal pro Woche im Viktualienmarkt,<br />

schaut sie jetzt nur noch einmal wöchentlich vorbei.<br />

„Es lief eigentlich von Anfang an gut“, sagt Jobcoach<br />

Claudia Kempe.<br />

So gut, dass Dominik Marohn inzwischen allein für<br />

bestimmte Bereiche im Laden zuständig ist. Was ihm<br />

beson<strong>der</strong>s gefällt? „Mit netten Kunden umzugehen.“<br />

Mit <strong>der</strong> nötigen Unterstützung und <strong>der</strong> richtigen Arbeitsplatzwahl<br />

hat <strong>der</strong> Berufseinstieg für Dominik Marohn<br />

(Mitte) geklappt. Über einen zuverlässigen Mitarbeiter und<br />

die erfolgreiche Job-Vermittlung freuen sich Ozan Ön<strong>der</strong>,<br />

Inhaber des Viktualienmarktes in Ravensburg und Claudia<br />

Kempe, „Jobcoach“ bei den <strong>Liebenau</strong>er Arbeitswelten.<br />

Foto: Klaus<br />

Bildung<br />

35


Langeweile hat keine Chance<br />

Wie Kin<strong>der</strong> und Jugendliche ihre Ferien auf dem Hegenberg verbringen<br />

von Anne Oschwald<br />

HEGENBERG – Sachte Radio-Musik dringt aus einem Fenster. Ansonsten<br />

ist es ruhig und beschaulich in Hegenberg. Die Sommerferien haben<br />

Halbzeit. Ein Grund zu schauen, wie die Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen, die bei<br />

<strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe wohnen, die sechs Wochen schulfreie Zeit gestalten.<br />

In <strong>der</strong> Wohnung St. Kolumban ist es ganz still. Gegen<br />

14 Uhr kommen die vier jungen Leute aus ihren Zimmern.<br />

Claudia erzählt, dass sie dort Musik höre, döse<br />

o<strong>der</strong> schlafe. Die 17-Jährige findet es nach drei<br />

Wochen Ferien schon etwas langweilig. Die 21-jährige<br />

Rika hingegen findet Ferien gut und schimpft<br />

schon über ihre Pflichten in <strong>der</strong> Schule. George ist<br />

neu in <strong>der</strong> Gruppe und sehr zurückhaltend. Später<br />

erzählt <strong>der</strong> junge Mann aus Ludwigsburg, dass es ihm<br />

gut gefällt in <strong>der</strong> Gruppe in Hegenberg.<br />

Plötzlich scheint <strong>der</strong> Anflug von Langeweile wie weggeblasen,<br />

als alle erzählen, was sie in den Ferien<br />

schon unternommen haben und noch unternehmen<br />

werden. Zum Beispiel gibt es am Dienstag und Donnerstag<br />

ein Ferienprogramm. Ausflüge werden angeboten,<br />

etwa zur Insel Mainau, zum Hopfenmuseum in<br />

Siggenweiler o<strong>der</strong> ins Wellenbad. Auch eine Nachtwan<strong>der</strong>ung<br />

steht auf dem Programm o<strong>der</strong> eine Nacht<br />

im Zelt am Alznacher Weiher. Rund um den Hegen-<br />

berg gibt es die „Furtrunde“ o<strong>der</strong> die „Apfelrunde“.<br />

Beim Stopp gibt es das „Jugendgetränk“. Rika lacht<br />

verschworen, als sie erzählt was es ist: „Das ist Fanta<br />

mit Sprudel.“ George will morgen wegen eines Pakets<br />

zur Post gehen. Später am Nachmittag läuft Gruppenleiterin<br />

Ilona Steinhauser mit Janine und ihm<br />

nach Obereschach. So lernt George den Weg.<br />

Ein Highlight steht den Jugendlichen noch bevor:<br />

eine Woche Zeltlager. Ganz munter werden alle bei<br />

dem Thema. Claudia gesteht: „Da kann ich nicht<br />

schlafen.“ Bereits Tage vorher nimmt sie die Aufregung<br />

gefangen. Dennoch freut sie sich sehr. Zur<br />

Freizeit gehen alle Bewohner <strong>der</strong> Gruppe mit. Auch<br />

die drei, die <strong>der</strong>zeit bei ihren Eltern in Ferien sind,<br />

und Achim, <strong>der</strong> in den Ferien tagsüber in <strong>der</strong> Werkstatt<br />

in <strong>Liebenau</strong> arbeitet.<br />

Vorschläge, was alles noch eingekauft werden muss,<br />

purzeln nur so über den Tisch: Getränke wie Karamalz,<br />

aber auch Limonade und Süßigkeiten. Am<br />

ersten Tag soll es abends Spagetti geben – einmal<br />

mit Tomaten- und einmal mit Zucchini-Sauce. Am<br />

letzten Abend gehen alle zusammen aus: „Dann<br />

bekomme ich meine Pizza“, freut sich Janine.<br />

Ansonsten müssen die jungen Bewohner in den Ferien<br />

ihre Pflichten wahrnehmen, wie Aufräumen, Spülmaschine<br />

ein- und ausräumen, Schmutzwäsche wegbringen,<br />

frisch gewaschene Socken zusammenfalten.<br />

In diesem Sommer standen auch noch Zimmerumzüge<br />

an. Langeweile hat auch in den langen Ferien<br />

keine Chance in Hegenberg.<br />

In den Ferien ging ein Ausflug zum Beispiel in eine Kunstausstellung nach Bad Schussenried. Foto: privat<br />

36 Kin<strong>der</strong> und Jugend


Für mehr Freude am Essen<br />

Smoothfood hilft Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden<br />

von Sarah Weilekes<br />

LIEBENAU – Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden können ihr<br />

Essen meist nur in Form von Breien, Pürees und Suppen zu sich nehmen.<br />

Der Genuss durch optisch ansprechendes und kulinarisch anspruchsvoll<br />

präsentiertes Essen bleibt ihnen dadurch oft verwehrt. Mit dem Projekt<br />

Smoothfood wollen die St. Gallus-Hilfe und die <strong>Liebenau</strong> Service (LiSe)<br />

Betroffenen eine alternative Kostform anbieten, die wie<strong>der</strong> Lust auf<br />

Essen machen kann.<br />

Herr B. lebt in einer Wohngruppe <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe.<br />

Aufgrund seiner Behin<strong>der</strong>ung ist er auf passiertes<br />

Essen angewiesen. Seinen Unmut über die angebotenen<br />

Speisen bringt er durch einen selten leer gegessenen<br />

Teller zum Ausdruck. Die Nahrungsaufnahme<br />

reicht nicht aus, um den Kalorienbedarf seines Körpers<br />

zu decken. Er nimmt immer mehr ab, bis ihm<br />

<strong>der</strong> Arzt ein hochkalorisches Getränk verordnet.<br />

Herr K. wohnt ebenfalls in einer Wohngruppe. Ihm<br />

missfällt vor allem das passierte Mittagessen. Seine<br />

Unzufriedenheit äußert er durch Gesten und eine<br />

hohe körperliche Unruhe, was häufig zu Konflikten<br />

führt.<br />

So wie Herrn B. und Herrn K. ergeht es rund siebzig<br />

Menschen, die in <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe betreut werden.<br />

Passierte Speisen stellen für sie in erster Linie die<br />

lebensnotwendige Nährstoffzufuhr sicher. Der Genuss<br />

tritt in den Hintergrund. Hier setzt das Zubereitungsverfahren<br />

„Smoothfood“ an. Aus dem Englischen<br />

übersetzt bedeutet es so viel wie geschmeidiges,<br />

feines Essen. Bei <strong>der</strong> Zubereitung werden rohe<br />

o<strong>der</strong> gegarte, frische o<strong>der</strong> gefrorene Lebensmittel in<br />

eine geschmeidige Konsistenz gebracht, teilweise<br />

auch aufgeschäumt. Optisch ansprechend aufbereitet<br />

werden sie mit speziellen Förmchen o<strong>der</strong> einer Art<br />

Sahnespen<strong>der</strong>. Die einzelnen Bestandteile wie<br />

Fleisch, Gemüse und Beilagen können beinahe wie<br />

ganz normale Speisen auf den Tellern angerichtet<br />

werden.<br />

Optisch und geschmacklich ist das für viele Menschen<br />

mit Kau- und Schluckbeschwerden eine ganz<br />

neue Erfahrung. Nicht nur ein Augenschmaus, son<strong>der</strong>n<br />

auch eine Stimulation <strong>der</strong> Geruchs- und<br />

Geschmacksnerven.<br />

Gemeinsames Projekt<br />

Um diese Kostform auch in <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

anbieten zu können, wurde im Frühjahr 2014 die<br />

Projektgruppe „Smoothfood“, ein Projekt <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe<br />

und <strong>der</strong> LiSe, ins Leben gerufen. Die Projektteilnehmer<br />

sind Leitungskräfte, Mitarbeiter <strong>der</strong><br />

Wohngruppen, <strong>der</strong> pflegerische Fachdienst, Diätköche<br />

und Köche. Unter <strong>der</strong> Leitung von Verena Bucher<br />

(Leitung hauswirtschaftliches Management St. Gallus-Hilfe)<br />

und Kristina Lick (Abteilungsleitung Catering<br />

<strong>Liebenau</strong> Service) ist das gemeinsames Ziel die<br />

Entwicklung und bedarfsgerechte Anpassung <strong>der</strong><br />

Kostform sowie die Optimierung <strong>der</strong> Zwischenverpflegung.<br />

Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen im<br />

Optisch ansprechend wird passiertes Essen in „Form“<br />

gebracht, zur Anregung des Appetits.<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugend<br />

37


Bekannermaßen<br />

isst man auch mit<br />

dem Auge.<br />

Fotos: Stehle<br />

<strong>Stiftung</strong>sverbund möchte das<br />

Team ein bestmögliches<br />

Ergebnis hinsichtlich Optik,<br />

Geschmack und Ernährungsphysiologie<br />

erreichen.<br />

„Dieses Projekt ist<br />

eine Herzensangelegenheit.<br />

Mit dem Ergebnis wollen wir<br />

dazu beitragen, dass die<br />

Lebensqualität <strong>der</strong> Betroffenen<br />

bei je<strong>der</strong> Mahlzeit ein bisschen<br />

gesteigert wird“, unterstreicht Kristina<br />

Lick die Motivation <strong>der</strong> Projektgruppe.<br />

Nachdem in monatelanger Arbeit Rezepte entwickelt<br />

und getestet wurden, startete das Projektteam zwei<br />

konkrete Testphasen. Letztere umfasste 14 Wohngruppen<br />

mit insgesamt vierzig Menschen mit Kauund<br />

Schluckbeschwerden. Über einen Zeitraum von<br />

fünf Wochen wurde jedes angebotene Menü beispielsweise<br />

hinsichtlich Geschmack, Geruch, Aussehen,<br />

Verträglichkeit und Konsistenz bewertet. Rückmeldungen<br />

aus den Wohngruppen wie „jeden Tag<br />

wurde alles aufgegessen“, „die Bewohner haben<br />

zugenommen“ und am Gesichtsausdruck hat man<br />

gesehen, dass es schmeckt“, bestärkten die Beteiligten<br />

in ihren Projektzielen.<br />

Und wie hat es Herrn B. und Herrn K. geschmeckt?<br />

Rebecca Pischel (Heilerziehungspflegerin) schil<strong>der</strong>t<br />

ihre Eindrücke: „Herr K. aß sehr gerne und sein Teller<br />

war immer leer. Könnte er sein Anliegen in Worte<br />

fassen, so würde er sich für Smoothfood aussprechen.<br />

Herr B. nahm sogar an Körpergewicht zu.<br />

Außerdem war die Aspiration während <strong>der</strong> Smoothfood-Phase<br />

deutlich geringer. In unserer Arbeit mit<br />

Menschen mit schwerer geistiger und körperlicher<br />

Behin<strong>der</strong>ung ist Smoothfood dringend notwendig.<br />

Es dient nicht nur <strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

son<strong>der</strong>n trägt auch zur Gesun<strong>der</strong>haltung bei. „Natürlich<br />

haben wir erstmal in dieses Projekt in beiden<br />

Gesellschaften investieren müssen, aber wir sind von<br />

einer dauerhaften Umsetzung dieser Kostform überzeugt.<br />

Wir hoffen, dass die Kostenträger den Weg<br />

mit uns gehen“, fügt Kristina Lick hinzu.<br />

Die St. Gallus-Hilfe und die LiSe prüfen nun den<br />

Kostenrahmen, um Smoothfood dauerhaft anzubieten<br />

können – für mehr Freude am Essen.<br />

Nachgefragt<br />

Rebecca Pischel ist Mitarbeiterin<br />

einer Wohngruppe <strong>der</strong><br />

St. Gallus-Hilfe. Der Einsatz<br />

von Smoothfood ist ihr und<br />

den Gruppenmitarbeitern ein<br />

wichtiges Anliegen.<br />

Frau Pischel, wie können sich Probleme beim<br />

Kauen o<strong>der</strong> Schlucken auswirken?<br />

Das größte Problem ist, dass die betroffenen Menschen<br />

Essen o<strong>der</strong> Trinken aspirieren, also sich verschlucken,<br />

und in <strong>der</strong> Folge eine Lungenentzündung<br />

entstehen kann. Die Betroffenen verlieren<br />

oft die Freude am Essen und Trinken, aus Angst,<br />

es nicht kauen o<strong>der</strong> schlucken zu können.<br />

Was überzeugt Sie an <strong>der</strong> Kostform?<br />

Mich überzeugt ganz klar, dass für jede Ausprägung<br />

einer Kau- und Schluckstörung das Richtige<br />

in Form von Smoothfood gefunden werden kann:<br />

von Fingerfood bis hin zu luftigen Schäumen. Die<br />

Bandbreite verschiedener Konsistenz ist enorm.<br />

Außerdem kann den Betroffenen eine vollwertige<br />

gesunde Ernährung angeboten werden.<br />

Was konnten Sie Bewohnern als Smoothfood<br />

bieten, auf das sie verzichten mussten?<br />

Zur Weihnachtszeit verwandelten wir den Schoko-<br />

Nikolaus in Finger-Food und in einen leckeren<br />

Schaum. Diese beiden Leckereien waren sehr<br />

beliebt. Ich hatte das Gefühl den betroffenen<br />

Bewohnern die Weihnachtsstimmung auch über<br />

den Geschmacksinn näher bringen zu können. Weitere<br />

Beispiele sind Brezel mit Marmelade und Kaffee,<br />

Apfelstrudel, Birnen, Erdbeeren, Erbsengemüse<br />

und Brokkoli.<br />

Lässt sich Smoothfood im vollgepackten<br />

Heimalltag überhaupt umsetzen?<br />

Es gelingt uns, Smoothfood in unserem Zeitplan<br />

unterzubringen, um Frühstück o<strong>der</strong> Zwischenmahlzeiten<br />

anbieten zu können. Uns ist es wichtig,<br />

diese Zeit zu investieren, um den Bewohnern eine<br />

höhere Lebensqualität zu bieten.<br />

Die Fragen stellte Anne Oschwald<br />

38 Dienstleister


Anzeige<br />

39


an<br />

Spot an<br />

Ihre Meinung ist gefragt, Klaus Wittmann!<br />

Klaus Wittmann,<br />

49 Jahre, verlobt,<br />

zwei Kin<strong>der</strong>,<br />

Heimleiter Haus<br />

St. Pirmin <strong>der</strong><br />

<strong>Liebenau</strong> – Leben<br />

im Alter in Maikammer,<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Seit wann arbeiten Sie in <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong>?<br />

Seit 1. September 2012.<br />

Was lesen Sie am liebsten?<br />

Dokumentationen, Reiseberichte,<br />

Lektüre über die Kultur Indiens.<br />

Welche Musik hören Sie gerne?<br />

Lie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> „guten alten Zeit“<br />

und alles was läuft und tanzbar ist.<br />

Ihr Traum vom Glück?<br />

Zusammen mit meiner Partnerin alt<br />

werden und meine Kin<strong>der</strong> in eine<br />

gute Zukunft entlassen.<br />

Ihr größtes Talent?<br />

Spontanität.<br />

Welche Fähigkeit möchten Sie<br />

besitzen?<br />

Ich würde gerne manches Mal<br />

fliegen und die Welt von oben<br />

betrachten.<br />

Wie halten Sie es mit <strong>der</strong> Religion?<br />

Ich glaube an Gott, mit <strong>der</strong> Kirche<br />

tue ich mich oft etwas schwer. Wir<br />

finden aber bestimmt auf „unsere“<br />

Art zusammen.<br />

Haben Sie ein Lebensmotto?<br />

Geht nicht, gibt es nicht.<br />

Was schätzen Sie an <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Liebenau</strong>?<br />

Die Kollegialität und die Wertschätzung.<br />

Was gefällt Ihnen beson<strong>der</strong>s an<br />

Ihrer Tätigkeit?<br />

Das vielfältige Aufgabengebiet mit<br />

vielen Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Ihre Meinung zum „<strong>Anstifter</strong>“?<br />

Informativ und wichtig als Stimme<br />

nach außen.<br />

Christliche Werte in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

sind für mich...<br />

...wichtig und sollten viel öfter<br />

zum Tragen kommen. Ein gemeinsames<br />

Miteinan<strong>der</strong> wäre leichter zu<br />

bewältigen.<br />

Soziale Berufe sind wertvoll,<br />

weil …<br />

…es immer wie<strong>der</strong> Menschen<br />

geben wird, die von an<strong>der</strong>en, egal<br />

in welcher Form, Hilfe, Unterstützung<br />

o<strong>der</strong> Begleitung brauchen.<br />

Das Image sozialer Berufe könnte<br />

verbessert werden, wenn...<br />

… die Mitarbeiter <strong>der</strong> sozialen<br />

Berufe aufhören würden zu jammern.<br />

Wenn sie sich zusammenschließen<br />

und eine Gemeinschaft<br />

bilden würden, um nach außen<br />

aufzutreten. Wenn sie die Qualitäten<br />

und nicht die Missstände in<br />

den Vor<strong>der</strong>grund rücken würden.<br />

Haben Sie Vorbil<strong>der</strong>?<br />

Je<strong>der</strong> Mensch dient zum Vorbild –<br />

er muss es nur wollen.<br />

Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit<br />

erreichen?<br />

Die Zufriedenheit unserer Bewohner<br />

und Kollegen.

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