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Arbeitszeugnisse - Miarbeiter aktiv vertreten

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M|<br />

Mitarbeiter<br />

A |<br />

Aktiv<br />

V<br />

<strong>Arbeitszeugnisse</strong><br />

Vertreten<br />

A K T U E L L E U R T E I L E<br />

Mitarbeiter Aktiv Vertreten<br />

Rechtssicheres Praxiswissen für die Mitarbeitervertretung in kirchlichen und sozialen Einrichtungen April 2016<br />

Auf „gut“<br />

oder „sehr<br />

gut“ kommt<br />

es an!<br />

Verbotene Inhalte:<br />

Welche Angaben<br />

der Dienstgeber im<br />

Zeugnis keinesfalls<br />

machen darf<br />

Seite 3<br />

Leistungsbeurteilung:<br />

Welche Formulierungen<br />

für die Notenstufen<br />

üblicherweise verwendet<br />

werden<br />

Seite 6<br />

Beweislast im<br />

Zeugnisprozess:<br />

Wann Mitarbeiter eine<br />

bessere Bewertung<br />

darlegen müssen<br />

Seite 7<br />

Liebe Mitarbeitervertreterin,<br />

lieber Mitarbeitervertreter,<br />

im Februar gab es in den Schulen wieder<br />

Zwischenzeugnisse. Der Zeugnistag ist für<br />

Schüler, Eltern und Lehrer ein besonderer<br />

Tag, der mit Enttäuschung und Tränen oder<br />

Freude und Stolz verbunden ist. Geht es<br />

doch darum, den Leistungsstand der Kinder<br />

und Jugendlichen zu dokumentieren und<br />

damit einen Pflock für die weitere Schullaufbahn<br />

einzuschlagen.<br />

Im Arbeitsleben sind Zeugnisse von existenzieller<br />

Wichtigkeit für das berufliche Fortkommen<br />

und die Chancen für einen neuen<br />

Arbeitsplatz. Deshalb wird um den exakten<br />

Wortlaut eines Zeugnisses gerungen und –<br />

leider sehr oft – auch vor Gericht gestritten.<br />

Und dieser Streit ist programmiert: Für den<br />

Dienstgeber ist die Zeugniserstellung meist<br />

nur lästige Pflichtübung am Ende des Arbeitsverhältnisses.<br />

Der Mitarbeiter muss<br />

mit seinem Zeugnis aber bis zum Eintritt in<br />

die Rente leben. Und Dritte verlangen<br />

wahrheitsgemäße Angaben über den Mitarbeiter<br />

im Hinblick auf dessen Leistungen.<br />

Was in diesem Spannungsfeld erlaubt ist<br />

und was nicht, lesen Sie in dieser Themenausgabe.<br />

Herzlichst<br />

Andrea Jörger ist Volljuristin und Diplom-<br />

Verwaltungswirtin mit journalistischer<br />

Ausbildung. Sie arbeitet seit mehreren Jahren<br />

als Redakteurin, Fachautorin und Lektorin in der<br />

Medien- und Verlagsbranche und hat sich auf die<br />

Schwerpunkte Arbeitsrecht und Mitbestimmungsrecht<br />

spezialisiert.<br />

Die Zeugnissprache kennen:<br />

kein Buch mit 7 Siegeln!<br />

Das Zeugnis kann bei einer Bewerbung um eine neue Arbeitsstelle ausschlaggebend<br />

dafür sein, dass der potenzielle Mitarbeiter überhaupt in die Vorauswahl kommt und<br />

damit die Chance erhält, sich zu präsentieren und den begehrten Arbeitsplatz zu erhalten.<br />

Deshalb soll ein Zeugnis von Wohlwollen geprägt sein. Es muss aber auch der Wahrheit<br />

entsprechen. Wie passen diese beiden Kriterien zusammen?<br />

Jeder kirchliche Mitarbeiter hat laut Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) bei Beendigung<br />

seines Dienstverhältnisses Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, (§ 20 AVR-Caritas,<br />

§ 37 AVR-Diakonie). Wenn der Mitarbeiter dies wünscht, muss das Zeugnis neben<br />

der Auskunft über das Arbeitsverhältnis und dessen Dauer auch Angaben zu seiner<br />

Leistung und Führung enthalten.<br />

Leistungsfaktoren sind z. B. Arbeitsvolumen, Arbeitsqualität, Arbeitstempo, Belastbarkeit,<br />

Genauigkeit und Arbeitsökonomie. Zur Führung gehört das Verhalten<br />

Lesen Sie bitte weiter auf Seite 2 (linke Spalte)<br />

Das geknickte Zeugnis: ein Klassiker<br />

Bei einem Zeugnis geht es zwar vorrangig um den Inhalt und die einzelnen Formulierungen.<br />

Aber schon die äußere Form kann einen guten oder schlechten Eindruck hinterlassen<br />

und unterliegt daher bestimmten Vorgaben. Ein Klassiker im Zeugnisrecht ist<br />

die Frage, ob der Dienstgeber das Zeugnis mehrfach falten darf, um es dem Mitarbeiter<br />

in einem kleinen Briefumschlag per Post zuzusenden.<br />

Grundsätzlich gilt: Ein Zeugnis muss schriftlich mit Unterschrift des Ausstellers<br />

erteilt werden. Es hat frei zu sein von orthografischen Fehlern, Flecken, Durchstreichungen<br />

oder Radierungen. Auch Anführungs-, Frage- oder Ausrufungszeichen haben<br />

grundsätzlich nichts im Zeugnis verloren, ebenso wenig Unterstreichungen<br />

und Fettdrucke.<br />

Zu der Frage, ob der Dienstgeber das Zeugnis falten darf, hat sich sogar das Bundesarbeitsgericht<br />

(BAG) geäußert und für seine dazu ergangene Rechtsprechung<br />

nicht nur Lob geerntet.<br />

Zeugnisanspruch begründet Holschuld<br />

In diesem Fall hatte der Arbeitgeber ein Zeugnis in den Briefkasten eingeworfen.<br />

Es befand sich in einem Umschlag und war 2-mal gefaltet. Der Arbeitnehmer machte<br />

Lesen Sie bitte weiter auf Seite 2 (rechte Spalte)<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten September 2012<br />

April 2016<br />

1


M| A | Wahrheitspflicht V und Wohlwollensgrundsatz<br />

als Kläger in diesem Prozess geltend, für jeden Arbeitgeber,<br />

A K T U E L L E S<br />

Fortsetzung von Seite 1 oben: Die Zeugnissprache kennen:<br />

kein Buch mit 7 Siegeln!<br />

gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Dritten (z. B. Kunden,<br />

Patienten, anvertrauten Kindern).<br />

Zeugnisklarheit verbietet Geheimsprache<br />

Ein Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Missverständliche<br />

oder doppeldeutige Formulierungen dürfen<br />

nicht enthalten sein; dies besagt das sogenannte Verbot der<br />

unzulässigen Geheimsprache.<br />

Wahrheitspflicht und Wohlwollen<br />

Das Zeugnis muss wahrheitsgemäß und dennoch wohlwollend<br />

formuliert sein. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei die Linie<br />

vorgegeben, dass in Kollisionsfällen die Wahrheit dem Wohlwollen<br />

vorgeht.<br />

Das bedeutet, dass nur mittelmäßige Leistungen eines Mitarbeiters<br />

nicht mit „gut“ bewertet werden müssen. Und umgekehrt<br />

gilt natürlich, dass der Dienstgeber seine Verpflichtung<br />

zur Zeugniserteilung nicht dadurch erfüllt, dass er gute oder<br />

sehr gute Leistungen als mittelmäßig bewertet.<br />

Erteilt der Dienstgeber ein zu günstiges Zeugnis („Gefälligkeitszeugnis“),<br />

kann er sich dem nachfolgenden Arbeitgeber<br />

gegenüber schadenersatzpflichtig machen, wenn dieser auf<br />

die Richtigkeit vertraute. Dadurch erklärt sich, dass sich so<br />

manch ein vermeintlich wohlwollender Wortlaut nach der<br />

Analyse der Zeugnisformulierung als negativ entpuppt.<br />

B E I S P I E L E<br />

Die positive<br />

… und ihre negative<br />

Formulierung …<br />

Bedeutung<br />

erledigte alle Arbeiten mit Eifer war da, aber ohne<br />

großem Fleiß und Interesse Können und Erfolg<br />

zeigte Verständnis für seine hat versagt<br />

Aufgaben<br />

hat alle Aufgaben<br />

Bürokrat ohne Kreativität<br />

pflichtbewusst erledigt<br />

ging neue Aufgaben mutig an hat im Ergebnis versagt<br />

zeigte sich den Belastungen bei Stresssituationen nicht<br />

gewachsen<br />

belastbar<br />

bestach durch Pünktlichkeit saß seine Arbeitszeit ab<br />

war für seine Mitarbeiter Es fehlte an Autorität und<br />

jederzeit ein beliebter und Durchsetzungsvermögen.<br />

verständnisvoller Vorgesetzter<br />

Verhalten gegenüber<br />

Verhalten gegenüber<br />

Mitarbeitern war stets<br />

Vorgesetzten nicht<br />

einwandfrei<br />

einwandfrei<br />

ist immer gut mit seinen unauffälliger Mitarbeiter<br />

Vorgesetzten ausgekommen ohne Profil und eigene<br />

Meinung<br />

F A Z I T<br />

Wahre Tatsachen und Beurteilungen müssen in das Zeugnis Eingang<br />

finden, denn ein künftiger Dienstgeber hat hieran ein berechtigtes<br />

Interesse.<br />

Fortsetzung von Seite 1 unten:<br />

Das geknickte Zeugnis: ein Klassiker<br />

bei dem er sich mit diesem Zeugnis bewerbe, werde aus den<br />

Falzungen deutlich, dass das Zeugnis nicht persönlich ausgehändigt,<br />

sondern zugesandt worden sei. Da das Zeugnis indessen<br />

abzuholen sei, lasse diese Form der Zeugnisübermittlung<br />

auf Unstimmigkeiten mit seinem Arbeitgeber schließen,<br />

sie stelle ein unzulässiges Geheimzeichen dar.<br />

B E A C H T E<br />

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer seine Arbeitspapiere (zu<br />

denen auch das Arbeitszeugnis gehört) beim Arbeitgeber abzuholen.<br />

Nach Treu und Glauben kann der Arbeitgeber aber im<br />

Einzelfall gehalten sein, dem Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis<br />

nachzuschicken, wenn diesem das Abholen oder Abholenlassen<br />

durch einen Bevollmächtigten unzumutbar ist.<br />

Kopierfähigkeit ist ausreichend<br />

Das BAG entschied, dass der Zeugnisanspruch des Mitarbeiters<br />

auch dann ordnungsgemäß erfüllt sein kann, wenn das<br />

Zeugnis mehrfach gefaltet wurde. Es reicht danach aus, dass<br />

das Zeugnis geeignet ist, dem Mitarbeiter bestimmungsgemäß<br />

als Bewerbungsunterlage zu dienen. Da schriftlichen Bewerbungen<br />

regelmäßig Zeugnisablichtungen beigefügt werden,<br />

muss ein gefaltetes Zeugnis also kopierfähig sein, das heißt,<br />

die Knicke auf dem Original dürfen sich nicht auf den Kopien<br />

abzeichnen (BAG, 21.9.1999, Az. 9 AZR 893/98).<br />

F A Z I T<br />

Es ist erstaunlich, dass ein Rechtsstreit, in dem es letzten Endes<br />

nur darum ging, dass der Dienstgeber ein faltenloses Zeugnis<br />

übergibt, nach einem Zeitraum von fast 5 Jahren vor dem BAG<br />

landet. Jeder Mitarbeiter kann sich die Erteilung eines ungeknickten<br />

Zeugnisses dadurch sichern, dass er rechtzeitig vor der<br />

Erstellung des Zeugnisses dem Dienstgeber seinen Wunsch mitteilt<br />

oder das Zeugnis am Arbeitsplatz persönlich abholt.<br />

Bei diesen Mängeln solten Sie Korrektur<br />

verlangen:<br />

Das Ausstellungsdatum entspricht nicht dem Datum des<br />

letzten Tages des Dienstverhältnisses.<br />

Ein späteres Datum kann auf einen Streit um die Zeugnisformulierung<br />

hindeuten.<br />

Die ausstellende Person ist kein erkennbar beauftragter<br />

Vertreter.<br />

Das Vertretungsverhältnis und die Funktion des Unterzeichners<br />

sind anzugeben, es muss sich um einen<br />

„Ranghöheren“ im Verhältnis zum Mitarbeiter handeln.<br />

Das Zeugnis ist elektronisch unterschrieben.<br />

Das Zeugnis muss eigenhändig unterschrieben sein<br />

(siehe § 109 Abs. 3 Gewerbeordnung).<br />

Das Zeugnis wurde auf neutralem Papier erstellt, obwohl<br />

üblicherweise ein Geschäftspapier für schriftliche Äußerungen<br />

des Dienstgebers verwendet wird.<br />

Dann ist auch für das Zeugnis Geschäftspapier zu verwenden!<br />

2<br />

September April 2016 2012<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten


Mitarbeiter Unzulässige Aktiv Angaben Vertreten im Zeugnis<br />

A K T U E L L E<br />

U R T E I L E<br />

Das darf der Dienstgeber nicht erwähnen!<br />

Es gibt bestimmte Vorkommnisse, die nichts in einem Zeugnis zu<br />

suchen haben. So haben Ausfallzeiten wie eine längere Krankheit<br />

keinen Bezug zur Leistung des Mitarbeiters, weil sie in die Gesamtbeurteilung<br />

nicht einfließen. Ein potenzieller neuer Dienstgeber<br />

sollte aber wissen, wenn ein Bewerber über einen längeren Zeitraum<br />

ausgefallen ist und deshalb keine Berufserfahrung sammeln<br />

konnte. Welche Grenzen die Rechtsprechung in diesem Zwiespalt<br />

zieht, lesen Sie hier.<br />

Grundsätzlich gilt: Einmalige Ausrutscher oder zeitlich begrenzte<br />

Leistungsdefizite, die auf private Schicksalsschläge<br />

zurückzuführen sind (z. B. Tod der Ehefrau, Scheidung), muss<br />

der Dienstgeber unerwähnt lassen; sie würden andernfalls<br />

das Leistungsbild verfälschen.<br />

Keine Erwähnung dürfen im Zeugnis auch<br />

folgende Umstände finden:<br />

erteilte Abmahnungen/Ermahnungen<br />

Alkoholkonsum, soweit er keine Auswirkungen auf Leistung/Führung<br />

hat<br />

Kündigungsgründe; dies gilt insbesondere auch bei einer<br />

fristlosen Kündigung, weil hier bereits der aufgeführte<br />

Beendigungszeitpunkt auf sie hindeutet<br />

Krankheiten und sonstige Fehlzeiten<br />

Schwerbehinderteneigenschaft (es sei denn, der Mitarbeiter<br />

wünscht die Erwähnung!)<br />

Tätigkeit in der Mitarbeitervertretung oder in einer arbeitsrechtlichen<br />

Kommission zur Gestaltung des kirchlichen<br />

Arbeitsrechts<br />

Partei- oder Gewerkschaftszugehörigkeit des Mitarbeiters<br />

Straftaten (Ausnahme nur dann, wenn sie in einem unmittelbaren<br />

Bezug zum Dienstverhältnis stehen)<br />

B E I S P I E L<br />

Notarztfahrer des Krankenhauses … wird wegen Trunkenheitsfahrt<br />

verurteilt; Materialverwalter unterschlägt Büromaterial.<br />

Sonderfall: freigestelltes MAV-Mitglied<br />

Die Tätigkeit als Betriebsrat bzw. in der MAV ist (so die ganz<br />

überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur)<br />

nur auf Wunsch des Mitarbeiters in das Zeugnis aufzunehmen.<br />

Dabei ist aber lediglich die Tätigkeit als ehrenamtliches Engagement<br />

gemeint. Etwas anderes kann sich ergeben, wenn<br />

der Mitarbeitervertreter von der Arbeitsleistung freigestellt<br />

war.<br />

Ein Dienstgeber kann im Hinblick auf den Grundsatz der Zeugniswahrheit<br />

in einen Konflikt geraten, wenn die MAV-Tätigkeit<br />

bei vollständiger Arbeitsfreistellung über einen längeren Zeitraum<br />

ausgeübt wurde.<br />

Freistellungszeit wahrheitsgemäß, dann könnte dies den ehemaligen<br />

Mitarbeitervertreter gegenüber Mitbewerbern benachteiligen,<br />

wenn er sich bei einem anderen Dienstgeber bewirbt,<br />

da hiermit seine MAV-Tätigkeit sowie die Tatsache evident<br />

sind, dass er seinen eigentlichen Beruf über eine lange Zeit<br />

gar nicht ausgeübt hat.<br />

Wie ist dieser Konflikt zu lösen?<br />

Zwar dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts<br />

(BAG) Arbeitnehmer nur nach Eignung, Befähigung<br />

und fachlicher Leistung beurteilt werden. Demzufolge dürfen<br />

Merkmale, die keinen Bezug zur geschuldeten Leistung haben<br />

– wie die MAV-Tätigkeit –, grundsätzlich nicht erwähnt werden.<br />

Ausnahmsweise wird jedoch die Erwähnung als statthaft angesehen,<br />

wenn wegen des Ausmaßes der Ausfallzeit eine die<br />

Gesamtdauer des Beschäftigungsverhältnisses umfassende<br />

Beurteilung nicht möglich ist. Das Landesarbeitsgericht (LAG)<br />

Köln hat in diesem Zusammenhang geurteilt, dass derjenige,<br />

der 5 Jahre lang nicht mit seinen arbeitsvertraglichen Aufgaben<br />

befasst war, weniger (aktuelle) Berufserfahrung hat als ein Arbeitnehmer,<br />

der nicht so lange „draußen“ war (6.12.2012, Az.<br />

7 Sa 583/12).<br />

F A Z I T<br />

In diesen Fällen darf und muss die langjährige Freistellung eines<br />

Mitarbeitervertreters im Zeugnis erwähnt werden!<br />

Sonderfall: Elternzeit<br />

Eine ähnliche Konstellation ergibt sich, wenn der Mitarbeiter<br />

eine bis zu 3-jährige Elternzeit in Anspruch genommen hat.<br />

Nach der Rechtsprechung des BAG darf der Dienstgeber die<br />

Elternzeit eines Mitarbeiters im Zeugnis nur erwähnen, sofern<br />

sich die Ausfallzeit als eine „wesentliche tatsächliche Unterbrechung<br />

der Beschäftigung“ darstellt. Das ist laut BAG der<br />

Fall, wenn diese nach Lage und Dauer erheblich ist und wenn<br />

bei ihrer Nichterwähnung für Dritte der falsche Eindruck entstünde,<br />

dass die Beurteilung des Arbeitnehmers auf einer tatsächlichen<br />

Arbeitsleistung beruht, die der Dauer des rechtlichen<br />

Bestands des Arbeitsverhältnisses entspricht.<br />

In dem entschiedenen Fall wertete das BAG ein Zeugnis als<br />

zulässig, das einem 4 Jahre und 2 Monate beschäftigten Koch<br />

erteilt worden war und in dem eine fast 3-jährige Elternzeit<br />

erwähnt wurde (10.5.2005, Az. 9 AZR 26/04).<br />

In diese Linie passt auch eine Entscheidung des LAG Köln<br />

(4.5.2012, Az. 4 Sa 114/12): Danach kann eine Elternzeit von<br />

einem Jahr, die am Ende eines 6,5 Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses<br />

genommen wurde, im Zeugnis erwähnt werden.<br />

Denn hier hat er neben der ihm obliegenden Pflicht zur Zeugniswahrheit<br />

auch das Benachteiligungsverbot gegenüber Mitarbeitervertretern<br />

(§ 18 Abs. 1 MAVO bzw. § 19 Abs. 1<br />

MVG.EKD) in Betracht zu ziehen: Benennt er nämlich die<br />

F A Z I T<br />

Es kommt also bei der Elternzeit darauf an, auf welche Zeitdauer<br />

sie sich innerhalb des Arbeitsverhältnisses erstreckt.<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten September 2012<br />

April 2016<br />

3


Zeugnisarten<br />

In welchen Fällen der Mitarbeiter ein Zeugnis<br />

verlangen kann<br />

Der Anspruch auf ein Zeugnis bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis<br />

ist gesetzlich geregelt. Es gibt aber auch andere Fälle,<br />

in denen ein Mitarbeiter ein berechtigtes Interesse an der Zeugniserteilung<br />

hat. Weisen Sie als Mitarbeitervertretung Ihre Kollegen<br />

darauf hin, wann sie vom Dienstgeber ein Zeugnis verlangen können.<br />

Bei Ausscheiden: Endzeugnis<br />

Der Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis bei Beendigung<br />

eines Arbeitsverhältnisses ergibt sich aus dem Gesetz – § 109<br />

Gewerbeordnung (GewO) – oder aus kirchenrechtlichen Vorschriften<br />

und Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR), z. B. § 20 AVR-<br />

Caritas, § 37 AVR-Diakonie.<br />

W I C H T I G<br />

Mitarbeiter müssen ihren Anspruch ausdrücklich geltend machen,<br />

da der Dienstgeber nicht von sich aus verpflichtet ist, ein<br />

Zeugnis zu erteilen. Etwas anderes ergibt sich nur bei Auszubildenden<br />

(§ 16 Berufsbildungsgesetz). Auf Verlangen des Mitarbeiters<br />

ist das Zeugnis in qualifizierter Form, also mit Beurteilung<br />

von Leistung und Führung, zu erstellen.<br />

Nach Kündigung: vorläufiges Zeugnis<br />

Der Anspruch auf das Zeugnis entsteht schon mit dem Ausspruch<br />

der Kündigung, bei befristeten Arbeitsverhältnissen<br />

eine „angemessene Zeit“ vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses.<br />

Liegt zwischen der Kündigung und dem Ende des<br />

Dienstverhältnisses eine längere Zeitspanne, kann der Mitarbeiter<br />

ein (vorläufiges) Zeugnis verlangen.<br />

Aus gutem Grund: Zwischenzeugnis<br />

Ein Anspruch auf ein (Zwischen-)Zeugnis besteht aus begründetem<br />

Anlass auch während des ungekündigten Dienstverhältnisses<br />

(§ 20 Satz 2 AVR-Caritas, § 37 Abs. 2 AVR-Diakonie).<br />

In diesen Fällen können Mitarbeiter ein Zwischenzeugnis<br />

verlangen:<br />

Versetzung/Umsetzung in größeren Einrichtungen<br />

beabsichtigte Bewerbung um einen anderen Arbeitsplatz<br />

Aufgabenwechsel<br />

Wechsel des (langjährigen) Vorgesetzten, der für die Beurteilung<br />

verantwortlich ist<br />

Zulassung zu einer externen Fort- oder Weiterbildung,<br />

die von der Vorlage eines Zeugnisses abhängt<br />

Ruhen des Arbeitsverhältnisses für einen Zeitraum von<br />

mehr als einem Jahr (z. B. bei Elternzeit)<br />

wenn Behörden, Gerichte oder Kreditinstitute ein Zeugnis<br />

verlangen, um die Bonität des Mitarbeiters zu prüfen<br />

Etwas anderes gilt nur, soweit nachträglich Umstände bekannt<br />

werden, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen.<br />

W I C H T I G<br />

Diese Bindungswirkung gilt auch im Fall eines Betriebsübergangs,<br />

wenn der Betriebsveräußerer ein Zwischenzeugnis vor<br />

dem Betriebsübergang erteilt hat und der Arbeitnehmer das<br />

Endzeugnis vom Betriebserwerber verlangt.<br />

Selten einfach, meist qualifiziert<br />

Das Zeugnis muss gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 GewO mindestens<br />

Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten (einfaches<br />

Zeugnis).<br />

Das einfache Zeugnis enthält<br />

persönliche Daten des Zeugnisberechtigten (Vor- und<br />

Nachname, ggf. Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort,<br />

akademische Grade und Titel)<br />

Dauer der Beschäftigung mit exakter Angabe von Beginn<br />

und Ende<br />

Aufzählung der einzelnen Tätigkeiten in chronologischer<br />

Reihenfolge<br />

Das einfache Zeugnis kommt in der Praxis als Endzeugnis selten<br />

vor, da es über die Qualifikation des Mitarbeiters keine<br />

Aussage trifft. Es kann aber wichtig sein als vorläufiges Zeugnis,<br />

mit dem der Mitarbeiter sich sofort nach der Kündigung,<br />

aber vor Ablauf des Beschäftigungsverhältnisses um eine neue<br />

Stelle bewirbt.<br />

Der Regelfall des Endzeugnisses ist das qualifizierte Zeugnis,<br />

bei dem sich die Angaben auch auf Leistung und Führung erstrecken<br />

(siehe § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO).<br />

Das qualifizierte Zeugnis enthält:<br />

(zusätzlich zu den Angaben im einfachen Zeugnis)<br />

Beurteilung der Leistung und Befähigung, insbesondere<br />

Stärken, Fähigkeiten, Erfolge<br />

Beurteilung des dienstlichen Verhaltens, insbesondere<br />

Loyalität, Diskretion, Vertrauenswürdigkeit, Verhalten<br />

gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Geschäftspartnern<br />

und Dritten (Patienten, Kunden etc.)<br />

Beurteilung der Führungsqualitäten (falls der Arbeitsplatz<br />

solche voraussetzt)<br />

zusammenfassende Leistungsbeurteilung<br />

Schlussformel, ggf. mit Bedauern, Dank und guten Wünschen<br />

(aber kein Rechtsanspruch!)<br />

Hat der Dienstgeber ein Zwischenzeugnis erteilt, darf er bei<br />

Ausstellung des späteren Endzeugnisses nicht ohne Weiteres<br />

von seiner einmal getroffenen Beurteilung abweichen. Er ist<br />

also an den Inhalt des Zwischenzeugnisses gebunden, was<br />

die Tätigkeitsbeschreibung, die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung<br />

angeht.<br />

B E A C H T E<br />

Die Gründe für die Beendigung des Dienstverhältnisses sind nur<br />

auf Wunsch des Mitarbeiters in das Zeugnis aufzunehmen.<br />

→ Ein Muster für ein qualifiziertes Endzeugnis finden Sie auszugsweise<br />

auf der nächsten Seite dieser Ausgabe.<br />

4 April 2016 MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten


Zeugnismuster<br />

Muster: Qualifiziertes Endzeugnis für Erzieherin (Notenstufe „sehr gut“)<br />

– Auszug –<br />

Arbeitszeugnis<br />

(Einleitung) Frau Monika Musterfrau, geboren am 7.2.1976, wohnhaft in (PLZ, Stadt, Straße), war vom 1.1.2012 bis 31.12.2015<br />

in unserer Kindertagesstätte als Erzieherin tätig. Frau Musterfrau wurde zum 1.1.2012 zunächst befristet für ein Jahr eingestellt.<br />

Zum 1.1.2013 erhielt sie einen unbefristeten Vertrag und zum 1.1.2014 wurde ihr die Gruppenleitung übertragen.<br />

(Beschreibung der Dienststelle) In unserer Einrichtung werden in 4 altersgemischten Gruppen ca. 100 Kinder im Alter ab 3 Monaten<br />

bis 6 Jahren ganzheitlich betreut und gefördert. Die Kita hat von 7 bis 17 Uhr geöffnet, die Kernzeit ist von 9 bis 13 Uhr. Unser<br />

pädagogisches Konzept beinhaltet …<br />

(Aufgabenbeschreibung) Zu ihrem Aufgabengebiet gehörten folgende pädagogische, pflegerische und administrative Aufgaben sowie<br />

Führungsaufgaben:<br />

- Vorbereitung und Durchführung der pädagogischen Angebote in einer Regelgruppe<br />

- Mitwirkung bei der Erstellung der Projektplanung<br />

- gemeinsame Planung und Organisation des Tagesablaufs<br />

- Übernahme von pädagogischen, hauswirtschaftlichen und pflegerischen Maßnahmen<br />

- Teilnahme an der Elternarbeit in Form von Elterngesprächen und Elternabenden sowie Erstellung von Elternbriefen und<br />

-informationen<br />

- Reflexion der pädagogischen Tätigkeit gemeinsam mit den anderen pädagogischen Fachkräften z. B. in Fallbesprechungen<br />

- Auswahl und Bereitstellung sowie Instandhaltung von Spiel- und Lernmaterial<br />

- Leitung des Gruppenteams, bestehend aus 2 Erzieherinnen und einer Kinderpflegerin, insbesondere Aufgabenverteilung,<br />

Reflexion der pädagogischen Arbeit im Team sowie Förderung der Weiterbildung der Mitarbeiterinnen<br />

- …<br />

(Beurteilung der Leistungskriterien) Frau Musterfrau identifizierte sich in hohem Maß mit unserer Einrichtung und zeigte zu<br />

jeder Zeit sehr großes Engagement und Freude an ihrer Arbeit. Sie verfügt über ein fundiertes und praxisnahes Fachwissen,<br />

welches sie differenziert darstellen konnte. Hervorzuheben ist ihre Weiterbildung im … (Fachwissen)<br />

Dank ihres Organisationstalents und ihrer hohen Belastbarkeit war Frau Musterfrau auch schwierigen Situationen immer<br />

bestens gewachsen. Durch ihr ruhiges und überlegtes Handeln behielt sie stets den Überblick. (Belastbarkeit)<br />

Als Gruppenleiterin konnte Frau Musterfrau ihre Mitarbeiterinnen gut motivieren. Sie leitete sie schrittweise zu selbstständigem<br />

Handeln an, traf stets klare Entscheidungen und delegierte nach Möglichkeit Aufgaben und Verantwortung. (Führungsverhalten)<br />

(Verhalten) Dank ihrer Sensibilität und ihres ausgeprägten Gespürs für die individuellen Bedürfnisse der Kinder fand sie schnell<br />

Kontakt zu allen Kindern. Sie förderte deren Entwicklung stets auf fürsorgliche und geduldige Weise und schätzte ihren jeweiligen<br />

Entwicklungsstand richtig ein. Sie motivierte die Kinder und verstand es, Orientierung zu geben und die notwendigen Grenzen<br />

mit viel Verantwortungsgefühl und im Dialog zu setzen.<br />

Zu den Eltern baute Frau Musterfrau schnell vertrauensvolle Beziehungen auf und war für sie von Anfang an eine geschätzte Gesprächspartnerin.<br />

Im Rahmen von Elterngesprächen nahm sie die Probleme und Anliegen der Eltern wahr und konnte erfolgreich<br />

Hilfe und Lösungen anbieten. Sie bezog die Eltern <strong>aktiv</strong> in die Kindergartenarbeit mit ein und gewann durch ihre wertschätzende<br />

Haltung immer wieder eine <strong>aktiv</strong>e Mitarbeit der Eltern in der Gruppe.<br />

[…]<br />

(Abschließende Leistungsbeurteilung = Note „sehr gut“) Die ihr übertragenen Aufgaben erfüllte Frau Musterfrau zu unserer<br />

vollsten Zufriedenheit.<br />

(Schlussformel) Frau Musterfrau verlässt unsere Einrichtung aus persönlichen Gründen auf eigenen Wunsch. Wir bedauern ihre<br />

Entscheidung sehr, danken Frau Musterfrau für ihre Mitarbeit und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.<br />

___________<br />

Ort, Datum<br />

____________________________________<br />

Unterschrift (Leiterin/Leiter Kindertagesstätte)<br />

Wichtiger Hinweis: Das Muster-Zeugnis stellt nur eine allgemeine Formulierungshilfe dar und ist vom Dienstgeber in jedem<br />

Einzelfall den jeweiligen Erfordernissen individuell anzupassen. Suchen Mitarbeiter Ihren Rat als MAV, ob das Zeugnis korrekt<br />

formuliert wurde, dann nehmen Sie doch die Checkliste von Seite 8 dieser Ausgabe zur Hand.<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten April 2016<br />

5


Leistungsbeurteilung<br />

Die Leistungsbeurteilung in Zeugnissen<br />

Den meisten Streit gibt es in der Praxis natürlich um die Beurteilung<br />

der Leistungen des Mitarbeiters. Um die Bewertungen wohlwollend<br />

zu formulieren, hat sich eine Art Zeugnissprache herausgebildet.<br />

Werden die verklausulierten Formulierungen nicht beherrscht<br />

oder nicht verwendet, kann dies unbeabsichtigt zur Erstellung<br />

eines unrichtigen Zeugnisses führen, wenn der Erklärungsinhalt<br />

und der Erklärungswille auseinanderklaffen. Im Folgenden<br />

werden die gängigen Standardformulierungen vorgestellt.<br />

Im Laufe der Jahre haben sich bei der Beurteilung 6 Notenstufen<br />

(= Schulnoten) herausgebildet.<br />

Notenstufe 1: sehr gute Leistungen<br />

Standardformulierungen sind:<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer<br />

vollsten Zufriedenheit erledigt.<br />

… hat unsere Erwartungen stets in hervorragender Weise<br />

erfüllt.<br />

Die Leistungen bewegten sich stets auf einem außerordentlich<br />

hohen Niveau.<br />

Mit ihren/seinen Leistungen waren wir stets (ganz) außerordentlich<br />

zufrieden.<br />

Notenstufe 2: gute Leistungen<br />

Standardformulierungen sind:<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer<br />

vollen Zufriedenheit erledigt.<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Arbeiten zu unserer<br />

vollsten Zufriedenheit erledigt.<br />

… hat unsere Erwartungen in jeder Hinsicht und in bester<br />

Weise erfüllt.<br />

Mit ihren/seinen Leistungen waren wir stets voll zufrieden.<br />

Ihre/Seine Leistungen waren stets gut.<br />

Notenstufe 3: durchschnittliche Leistungen<br />

Standardformulierungen sind:<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer<br />

Zufriedenheit erledigt.<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollen<br />

Zufriedenheit erledigt.<br />

Mit ihren/seinen Leistungen waren wir sehr zufrieden /<br />

stets zufrieden.<br />

… hat unseren Erwartungen in jeder Hinsicht entsprochen.<br />

Notenstufe 4: ausreichende Leistungen<br />

Standardformulierungen sind:<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben zu unserer<br />

Zufriedenheit erledigt.<br />

<br />

<br />

Mit seinen/ihren Leistungen waren wir zufrieden.<br />

… hat zufriedenstellend gearbeitet.<br />

Notenstufe 5: mangelhafte Leistungen<br />

Standardformulierungen sind:<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Aufgaben im Allgemeinen<br />

(im Großen und Ganzen) zu unserer Zufriedenheit<br />

erledigt.<br />

… hat die ihr/ihm übertragenen Arbeiten mit großem<br />

Fleiß und Interesse durchgeführt.<br />

… zeigte für ihre/seine Arbeit (jederzeit) (großes) Interesse<br />

und Verständnis.<br />

… hat unsere Erwartungen im Allgemeinen (im Großen<br />

und Ganzen) erfüllt.<br />

Notenstufe 6: ungenügende Leistungen<br />

Standardformulierungen sind:<br />

… hat sich redlich bemüht, die ihr/ihm übertragenen<br />

Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.<br />

… hat sich (redlich) bemüht, den an sie/ihn gestellten<br />

Arbeitsanforderungen gerecht zu werden.<br />

… zeigte im Allgemeinen (im Großen und Ganzen) Verständnis<br />

für ihre/seine Arbeit.<br />

W I C H T I G<br />

Ab der Notenstufe 4 (ausreichende Leistungen) liegt die Darlegungs-<br />

und Beweislast für die Richtigkeit der Beurteilung beim<br />

Dienstgeber! → Siehe dazu die Beweislastregeln im Zeugnisprozess<br />

auf der nächsten Seite dieser Ausgabe.<br />

M E I N T I P P F Ü R S I E<br />

Sind Mitarbeiter mit einer bestimmten Formulierung bei ihrer<br />

Beurteilung nicht einverstanden, sollten sie zunächst das direkte<br />

Gespräch mit Ihrem Dienstgeber suchen. Denn es ist durchaus<br />

möglich, dass er sich als Zeugnisersteller gar nicht darüber im<br />

Klaren war, wie bestimmte Formulierungen von Personalfachleuten<br />

gelesen und interpretiert werden. Mitarbeiter können<br />

dem Dienstgeber in diesen Fällen auch eine andere Zeugnisformulierung<br />

vorschlagen. Dies erleichtert oft den Wunsch nach<br />

einer Korrektur.<br />

Ein Beteiligungsrecht der Mitarbeitervertretung bei der Zeugniserstellung<br />

ist zwar nicht vorgesehen. Eine Beteiligung der<br />

MAV kann deshalb vom Mitarbeiter insoweit auch nicht verlangt<br />

werden. Sie können als MAV aber immer tätig werden,<br />

wenn sich der betroffene Mitarbeiter mit einer Beschwerde<br />

(§ 26 Abs. 3 Nr. 2 MAVO bzw. § 35 Abs. 3 Buchst. c MVG.EKD)<br />

an Sie wendet.<br />

I M P R E S S U M<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten · ISSN 2199-3378 · TKMmed!a Mitbestimmung – ein Unternehmensbereich des VNR Verlags für die Deutsche Wirtschaft AG, Theodor-Heuss-Str. 2–4, 53177 Bonn, Telefon: 02 28/9 55 01 50,<br />

Fax: 02 28/3 69 64 80 · E-Mail: service@mitbestimmung-heute.de · Herausgeberin: Denise Hartmann, Bonn · Produktmanagement: Kathrin Bokelmann, Bonn · Schlussredaktion: Ulrike Floßdorf, Oberdürenbach · Satz: Deinzer<br />

Grafik, Lüneburg · Druck: Paul Schürrle GmbH & Co. KG, Stuttgart· Erscheinungsweise: 12 x pro Jahr · Alle Angaben in „MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten“ wurden mit äußerster Sorgfalt ermittelt und überprüft. Sie basieren jedoch<br />

auf der Richtigkeit uns erteilter Auskünfte und unterliegen Veränderungen. Eine Gewähr kann deshalb nicht übernommen werden. © 2016 by TKMmed!a Mitbestimmung, Bonn, Bukarest, Johannesburg, London, Madrid, Manchester,<br />

Melbourne, Paris, Warschau · Amtsgericht Bonn, HRB 8165 · Vorstand: Helmut Graf, Guido Ems · Dieses monothematische Supplement „<strong>Arbeitszeugnisse</strong>” liegt der Ausgabe 4/2016 von Mitarbeiter Aktiv Vertreten bei.<br />

6 April 2016 MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten


Beweislast im Zeugnisprozess<br />

Wann der Dienstgeber das Zeugnis korrigieren muss:<br />

Der Beweis entscheidet!<br />

Ist das Zeugnis falsch, weil es formelle oder inhaltliche Mängel<br />

aufweist, dann haben Mitarbeiter Anspruch darauf, dass der Dienstgeber<br />

ihnen ein neues Zeugnis ausstellt. Kommt es in einem Zeugnisstreit<br />

sogar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, dann<br />

gelten dafür spezielle Beweislastregeln, die Sie als Mitarbeitervertretung<br />

kennen sollten.<br />

Klagt ein Mitarbeiter auf Berichtigung eines <strong>Arbeitszeugnisse</strong>s,<br />

so muss er im Klageantrag genau angeben, welche Formulierungen<br />

in seinem Zeugnis mit welchem genauen Wortlaut<br />

korrigiert werden sollen. Nach den allgemeinen Grundsätzen<br />

der Beweislast hat der Mitarbeiter als Anspruchsteller grundsätzlich<br />

die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen<br />

und zu beweisen.<br />

Im Zeugnisrechtsprozess gilt folgende<br />

Besonderheit:<br />

Hat der Dienstgeber ein Zeugnis mit einer durchschnittlichen<br />

Leistungsbewertung ausgestellt, dann muss der<br />

Mitarbeiter, der eine gute bzw. sehr gute Bewertung verlangt,<br />

die Fakten und damit die tatsächliche Grundlage<br />

für eine solche Bewertung vortragen und diese ggf. auch<br />

beweisen.<br />

<br />

Stellt der Dienstgeber ein Zeugnis mit einer nur ausreichenden<br />

oder noch schlechteren Bewertung aus, dann<br />

ist er verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, anhand<br />

welcher Fakten er zu dieser Bewertung kam.<br />

BAG: keine Verschiebung um eine Notenstufe<br />

nach oben!<br />

Erst vor kurzer Zeit hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine<br />

bisherige Rechtsprechung zur Beweislastverteilung im Zeugnisrecht<br />

wieder bestätigt:<br />

In dem Fall hatte eine Zahnarzthelferin gegen ihren ehemaligen<br />

Arbeitgeber mit der Argumentation geklagt, aufgrund<br />

veränderter Umstände im Wirtschaftsleben sei ein Arbeitszeugnis<br />

mit der Leistungsbewertung „gut“ inzwischen zum<br />

Durchschnitt geworden. Sie habe eine überdurchschnittliche<br />

Arbeitsleistung erbracht, weswegen ein Zeugnis mit der gängigen<br />

Standardnote „befriedigend“, die der Schulnote 3 entspreche,<br />

in ihrem Fall nicht gerechtfertigt sei.<br />

Das BAG sah für eine Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast<br />

um eine Notenstufe nach oben keinen Anlass: Wer<br />

eine gute Leistung bescheinigt sehen wolle, müsse dies auch<br />

weiterhin unter Beweis stellen.<br />

Es bleibt also dabei: Will ein Mitarbeiter eine bessere als die<br />

durchschnittliche Bewertung erreichen, dann muss er die genauen<br />

Gründe dafür darlegen und ggf. beweisen.<br />

Das gilt auch, wenn in einer Branche gute und sehr gute Beurteilungen<br />

üblich sind (BAG, 18.11.2014, Az. 9 AZR 584/13).<br />

F A Z I T<br />

Eine negative Beurteilung brauchen Sie sich nicht gefallen zu<br />

lassen, wenn sie nicht den Tatsachen entspricht. Auch wenn <strong>Arbeitszeugnisse</strong><br />

„wohlwollend“ zu formulieren sind, muss sich<br />

dieses Wohlwollen stets im Bereich der Wahrheit bewegen! Jemand,<br />

der durchschnittliche Leistungen erbringt, darf also nicht<br />

mit „gut“ beurteilt werden.<br />

Vertritt der Mitarbeiter die Auffassung, er habe überdurchschnittlich<br />

gute Leistungen erbracht, muss er darlegen und<br />

beweisen, woraus sich diese überdurchschnittliche Qualität<br />

in seinem konkreten Fall tatsächlich ergibt. Entscheidend ist<br />

also allein die Leistung im Einzelfall und nicht die Häufigkeit<br />

der Verwendung der Note „gut“ in bestimmten Branchen.<br />

Überblick: Beweislastverteilung<br />

im Zeugnisrecht<br />

Mitarbeiter<br />

Er hat die Tatsachen vorzutragen<br />

und zu beweisen, aus denen<br />

sich eine bessere Beurteilung<br />

ergeben soll, wenn der Dienstgeber<br />

dem Mitarbeiter insgesamt<br />

eine durchschnittliche<br />

Leistung bescheinigt.<br />

W I C H T I G<br />

Dienstgeber<br />

Ihm obliegt es, die seiner<br />

Beurteilung zugrunde liegenden<br />

Tatsachen darzulegen<br />

und ggf. zu beweisen, wenn<br />

er den Mitarbeiter als unterdurchschnittlich<br />

beurteilt.<br />

Auf Daten und Fristen achten!<br />

Abgesehen von der korrekten Beschreibung der Tätigkeiten<br />

und der wahrheitsgemäßen Beurteilung der Leistungen sollten<br />

Mitarbeiter darauf achten, dass zwischen dem letzten Tag des<br />

Dienstverhältnisses und dem Ausstellungsdatum des Zeugnisses<br />

kein großer zeitlicher Abstand klafft. Denn ein später<br />

ausgestelltes Zeugnis kann bei einem künftigen Dienstgeber<br />

leicht den Eindruck erwecken, dass über den Zeugnisinhalt<br />

gestritten wurde.<br />

Auch wenn der Dienstgeber das Zeugnis tatsächlich erst später<br />

erstellt oder korrigiert, haben Mitarbeiter deshalb einen Anspruch<br />

darauf, dass das Zeugnis auf das Datum der Beendigung<br />

ihres Dienstverhältnisses zurückdatiert wird!<br />

Denken Sie auch daran, dass der Zeugnisanspruch zeitnah geltend<br />

gemacht wird. Durch Ausschlussfristen, die für ihr Arbeitsverhältnis<br />

gelten, können Mitarbeiter ihren Anspruch für immer<br />

verlieren. In den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) Caritas ist z. B.<br />

die 6-monatige Ausschlussfrist enthalten, § 23 AVR-Caritas; für<br />

die Diakonie gilt dies entsprechend gemäß § 45 Abs. 2 AVR-<br />

DW.EKD.<br />

MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten April 2016<br />

7


Checkliste Zeugnis<br />

Dank und gute Wünsche sind keine Pflicht!<br />

Ein Endzeugnis sollte auch die obligatorische Dankes- und Schlussfloskel<br />

(„Wir bedauern das Ausscheiden von ..., danken für die geleistete<br />

Arbeit und wünschen für die Zukunft ...“) beinhalten, weil<br />

deren Fehlen von einem zukünftigen Dienstgeber negativ interpretiert<br />

werden kann. Ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht<br />

jedoch leider nicht – sagt das Bundesarbeitsgericht (BAG).<br />

Der Dienstgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis<br />

mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem<br />

Mitarbeiter für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden<br />

bedauert und ihm für die Zukunft alles Gute<br />

wünscht. So glasklar hat es das BAG entschieden und formuliert<br />

(11.12.2012, Az. 9 AZR 227/11). Denn das Zeugnis muss<br />

nach § 109 Gewerbeordnung nur Angaben zu Art und Dauer<br />

der Tätigkeit enthalten (einfaches Zeugnis) bzw., wenn der<br />

Arbeitnehmer dies wünscht, auch Leistung und Verhalten im<br />

Arbeitsverhältnis beurteilen (qualifiziertes Zeugnis). Daraus<br />

folgert das BAG: Aussagen über persönliche Empfindungen<br />

des Arbeitgebers gehören nicht zum notwendigen Zeugnisinhalt.<br />

F A Z I T<br />

Dank und gute Wünsche des Dienstgebers sind als Schlussformulierungen<br />

in Zeugnissen üblich und gehören zum „guten<br />

Ton“: Schon aus Respekt vor der geleisteten Arbeit des ausscheidenden<br />

Mitarbeiters sollten sie daher nicht fehlen. Das BAG<br />

bleibt aber dabei: Einen Anspruch darauf hat der Zeugnisempfänger<br />

nicht. Ist der Mitarbeiter mit einer vom Dienstgeber in<br />

seinem Zeugnis gewählten Schlussformulierung nicht einverstanden,<br />

kann er deshalb folgerichtig nur die Erteilung eines<br />

Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen.<br />

Zusammenfassende Checkliste: Korrektes Zeugnis – ja oder nein?<br />

Diese Kernpunkte sollten Sie auf jeden Fall bei einem Zeugnis prüfen:<br />

Prüfkriterium<br />

Kriterium erfüllt?<br />

Ja Nein<br />

Entspricht das Zeugnis den erforderlichen Formalien? <br />

Verwendung des üblichen Geschäftspapiers <br />

keine orthografischen oder grammatikalischen Fehler <br />

keine Flecken, Durchstreichungen, Radierungen <br />

gute Kopierfähigkeit <br />

eigenhändige Unterschrift des (vertretungsbefugten!) Ausstellers <br />

Datum, Ort <br />

Stimmen die persönlichen Daten (Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift)? <br />

Sind alle Tätigkeiten und Positionen zutreffend beschrieben und in chronologischer Reihenfolge<br />

aufgeführt, sodass die innerbetriebliche Entwicklung des Mitarbeiters transparent wird? <br />

Sind das Eintrittsdatum und das Austrittsdatum richtig angegeben? <br />

Stimmen Ausstellungsdatum und Austrittsdatum überein? <br />

Kommen folgende Leistungsfaktoren zum Ausdruck: Quantität und Qualität der Arbeitsergebnisse,<br />

Arbeitsökonomie, Belastbarkeit, Verantwortungsbereitschaft? <br />

Werden spezielle Fachkenntnisse und Fortbildungsveranstaltungen erwähnt? <br />

Ist das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Geschäftspartnern und Dritten (Kunden, Patienten,<br />

anvertrauten Kindern) detailliert und zutreffend dargestellt? <br />

Passen die Einzelbewertungen von Führung und Leistung mit der zusammenfassenden Beurteilung zusammen? <br />

Sind sämtliche Angaben im Zeugnis zulässig oder müssen bestimmte Angaben weggelassen werden<br />

(z. B. kurzfristige Leistungseinbrüche, Erkrankungen, Tätigkeit in der Mitarbeitervertretung)? <br />

Sind die Formulierungen verständlich und klar? <br />

Orientieren sich die Formulierungen an der üblichen „Zeugnissprache“? <br />

Enthält das Zeugnis eine abschließende Formulierung, mit der das Ausscheiden des Mitarbeiters bedauert <br />

und ihm für seine Arbeit gedankt wird, verbunden mit guten Wünschen für seine Zukunft?<br />

(aber kein Rechtsanspruch!)<br />

HABEN SIE EINE INDIVIDUELLE FRAGE AUS IHREM ALLTAG ODER ZU EINEM UNSERER ARTIKEL?<br />

D A N N S C H R E I B E N S I E U N S U N T E R M AV @ M I T B E S T I M M U N G - H E U T E . D E<br />

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8<br />

April 2016 MAV · Mitarbeiter Aktiv Vertreten

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