RA_01-16_Digital_test
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<strong>RA</strong> <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>6<br />
Zivilrecht<br />
9<br />
Problem: Konkludent vereinbarte<br />
Bruchteilsberechtigung an Kontoforderung bei<br />
nichtehelicher Lebensgemeinschaft<br />
Einordnung: Bereicherungsrecht<br />
OLG Schleswig, Urteil vom 17.11.2<strong>01</strong>5<br />
3 U 20/15 (bisher unveröffentlicht)<br />
EINLEITUNG<br />
Scheiden tut weh, vor allem finanziell. Haben die Ehegatten während der<br />
Ehe gemeinsame Giro-, Spar-, oder Festgeldkonten geführt, streiten sie bei<br />
Scheitern der Ehe nicht selten darum, wem ein vorhandenes Guthaben<br />
zusteht. Konfliktträchtig sind auch Kontoverfügungen, die ein Ehegatte ohne<br />
Einverständnis des anderen im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung<br />
getroffen hat. Ähnlich verhält es sich nach dem Tod eines Ehegatten, wenn sich<br />
der Überlebende mit den Erben um das zum Todeszeitpunkt auf dem Konto<br />
befindliche Geld streiten muss. Noch problematischer wird es hingegen, wenn<br />
der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Rechte an einer im<br />
Nachlass vorhandenen Kontoforderung geltend macht. Ob und unter welchen<br />
Voraussetzungen dies möglich ist, steht im Mittelpunkt dieser Entscheidung.<br />
SACHVERHALT<br />
Der Erblasser (E) lebte bis zu seinem Tod am 10.07.2<strong>01</strong>1 mit der Klägerin (A)<br />
in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Sie besaßen bei der Y-Bank ein<br />
gemeinsames Konto, auf dem Investmentfonds verbucht waren. Der wesentliche<br />
Zweck dieses Kontos bestand in der Unterhaltung ihrer gemeinsamen,<br />
im hälftigen Miteigentum stehenden Wohnung. Nach dem Verkauf der Investmentfonds<br />
und Auflösung des gemeinsamen Kontos im Juli 2<strong>01</strong>0 wurde der<br />
Verkaufserlös i.H.v. 110.000,- € auf ein bei der Y-Bank geführtes Festgeldkonto<br />
des E übertragen. Im Herbst 2<strong>01</strong>0 bezahlten E und A davon eine neue Verglasung<br />
des Wintergartens in ihrer Eigentumswohnung. Zum Todeszeitpunkt<br />
des E befanden sich hierdurch nur noch 84.797,02 € auf dem Festgeldkonto.<br />
Kurze Zeit später öffnet A zusammen mit den beiden Kindern des E das am<br />
12.05.2008 von diesem wirksam errichtete Testament. Darin beruft E seine<br />
Tochter (B) und seinen Sohn (X) als Erben zu je ½. Weiterhin heißt es:<br />
„Die Wohnung … und das Geld bei der Y-Bank in … gehört zur Hälfte A<br />
und mir. Das sollen alle Drei entscheiden, ob verkaufen oder das Konto aufheben,<br />
und die Hälfte sich B und X teilen, oder sie es nutzen.“<br />
LEITSATZ<br />
Auch Partner einer nichtehelichen<br />
Lebensgemeinschaft können konkludent<br />
eine (hälftige) Bruchteilsberechtigung<br />
(§ 742 BGB) des Partners,<br />
der nicht Kontoinhaber ist, an einer<br />
Kontoforderung vereinbaren. Eine<br />
derartige konkludente Vereinbarung<br />
ist insbesondere anzunehmen, wenn<br />
sich im Hinblick auf die eingezahlten<br />
Sparguthaben eine gemeinsame<br />
Zweckverfolgung - hier: Unterhaltung<br />
und Renovierung einer<br />
Eigentumswohnung, an der beide<br />
Miteigentum zu ½ haben - feststellen<br />
lässt.<br />
A wendet sich daraufhin an die beiden Kinder und verlangt ihre Hälfte am im<br />
Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Guthabenbestand. Auf<br />
Nachfragen teilt X ihr mit, dass er und seine Schwester das Konto bereits aufgelöst<br />
und von der Y-Bank jeweils 42.398,50 € in bar ausgezahlt bekommen<br />
haben. X, der nicht mit A streiten möchte, gibt ihr die Hälfte des erhaltenen<br />
Geldes ab. B indes lehnt jegliche Zahlung ab. Steht A gegen B ein Anspruch auf<br />
Zahlung von 21.199,25 € zu?