RA_01-16_Digital_test
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50 Strafrecht <strong>RA</strong> <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>6<br />
Problem: § 265a StGB durch Schwarzfahren<br />
Einordnung: Vermögensdelikte<br />
OLG Köln, Beschluss vom 02.09.2<strong>01</strong>5<br />
1 RVs 118/15<br />
EINLEITUNG<br />
Im vorliegenden Beschluss führt das OLG Köln – in Übereinstimmung mit der<br />
ständigen Rechtsprechung des BGH – aus, dass ein Erschleichen der Beförderung<br />
i.S.v. § 265a StGB voraussetzt, dass der Täter sich den „Anschein der Ordnungsgemäßheit“<br />
gibt. Diese Voraussetzung sei jedoch auch dann gegeben, wenn der<br />
Täter ein Schild bei sich trägt, auf dem ausdrücklich steht „Ich fahre schwarz“<br />
LEITSÄTZE (DES BEARBEITERS)<br />
1. Das Erschleichen einer Beförderungsleistung<br />
i.S.v. § 265a I StGB<br />
setzt voraus, dass der Täter ein Verkehrsmittel<br />
unberechtigt benutzt<br />
und sich dabei allgemein mit dem<br />
Anschein umgibt, er erfülle die<br />
nach den Geschäftsbedingungen<br />
des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen.<br />
2. Dieser „Anschein der Ordnungsgemäßheit“<br />
wird nicht dadurch ausgeschlossen,<br />
dass der Täter ein Schild<br />
bei sich führt, auf dem steht „Ich<br />
fahre schwarz“.<br />
SACHVERHALT<br />
Der Angeklagte A bestieg am 11.11.2<strong>01</strong>1 in L den ICE Richtung G und suchte<br />
sich einen Sitzplatz, ohne über eine Fahrkarte zu verfügen; zuvor hatte er<br />
einen Zettel mit der Aufschrift „Ich fahre schwarz“ in seine umgeklappte Wollmütze<br />
gesteckt, ohne sich beim Einsteigen oder bei der Sitzplatzsuche einem<br />
Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG (DB) zu präsentieren. Erst bei einer routinemäßigen<br />
Fahrscheinkontrolle wurde der Zugbegleiter Z auf A und den von<br />
diesem getragenen Zettel aufmerksam.<br />
Strafbarkeit des A?<br />
PRÜFUNGSSCHEMA: ERSCHLEICHEN VON LEISTUNGEN,<br />
§ 265a I 3. Fall StGB<br />
A. Tatbestand<br />
I. Tathandlung: Erschlichen der Beförderung durch ein<br />
Transportmittel, § 265 I 3. Fall StGB<br />
II. Vorsatz<br />
III. Absicht, das Entgelt nicht zu entrichten<br />
B. Rechtswidrigkeit<br />
C. Schuld<br />
LÖSUNG<br />
Da § 265a I StGB formell subsidiär<br />
zu Delikten ist, die eine höhere Strafandrohung<br />
haben, insb. § 263 I StGB,<br />
sollten diese vorab geprüft werden,<br />
sofern sie ernsthaft in Betracht<br />
kommen.<br />
A. Strafbarkeit gem. § 263 I StGB ggü. Z u.z.N.d. DB<br />
Durch das Fahren mit dem ICE könnte A sich wegen Betrugs gem. § 263 I StGB<br />
gegenüber Z und zum Nachteil der DB strafbar gemacht haben.<br />
Dann müsste A den Z über Tatsachen getäuscht haben. Zwar hatte A keine<br />
Fahrkarte. Dies stand jedoch auch deutlich sichtbar auf dem Zettel an seiner<br />
Mütze stand, sodass Z dies sofort sah und somit nicht darüber getäuscht<br />
wurde, dass A im Besitz einer Fahrkarte sei.<br />
Mangels Täuschung ist somit eine Strafbarkeit gem. § 263 I StGB nicht gegeben.<br />
B. Strafbarkeit gem. § 263 I StGB ggü. Z u.z.N.d. DB<br />
A hatte den Zettel bewusst an seine Mütze gesteckt, weil er auch gar nicht<br />
den Eindruck erwecken wollte, dass er im Besitz einer Fahrkarte sei. A hatte