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<strong>RA</strong> <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>6<br />
Referendarteil: Öffentliches Recht<br />
43<br />
Auch der Bescheid vom 19.09.2<strong>01</strong>4, konkretisiert durch Bescheid vom<br />
06.10.2<strong>01</strong>4, ist im Ergebnis rechtswidrig gewesen. Zwar sind diese<br />
Bescheide formell rechtmäßig zustande gekommen. […] Das mit Bescheid<br />
vom 19.09.2<strong>01</strong>4 unter Nr. I.1. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und<br />
Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche Fs an einzelnen<br />
Tagen im Zeitraum vom 27.09.2<strong>01</strong>4 bis zum 21.12.2<strong>01</strong>4, konkretisiert durch<br />
Bescheid vom 06.10.2<strong>01</strong>4, erweist sich jedoch als materiell rechtswidrig.<br />
Das Aufenthalts- und Betretungsverbot ist auf § 27a Abs. 2 PolG gestützt.<br />
Nach § 27a Abs. 2 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen<br />
bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde<br />
oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn<br />
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat<br />
begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das<br />
Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat<br />
erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den<br />
Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen (Satz 2). Es darf die<br />
Dauer von drei Monaten nicht überschreiten (Satz 3). Die Beklagte stützt<br />
die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf<br />
Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger dem erweiterten Umfeld der<br />
Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen, die sich aus Personen<br />
der „ABC“ und „DEF“ zusammensetze. Auch wenn der Kläger keiner der<br />
Gruppen zuzuordnen sei, beteilige er sich vorsätzlich und willentlich an<br />
geplanten Schlägereien. […] Der Umstand, dass der Kläger sich nachweislich<br />
in der Saison 2<strong>01</strong>2/13 an Drittortauseinandersetzungen beteiligt<br />
habe, zeige seinen Hang zur Gewalt und dazu, bei Fußballbegegnungen<br />
die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst zu suchen. […]<br />
Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung, die<br />
in der mündlichen Verhandlung von Herrn K vom Polizeirevier F-Süd weiter<br />
erläutert wurde, rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer ein Betretungsund<br />
Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw.<br />
um das Stadion herum nicht. Vielmehr fehlte es insoweit im Herbst 2<strong>01</strong>4<br />
an Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger gerade<br />
in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen - und nur hierauf<br />
kommt es an - eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen<br />
werde, so dass bereits der Tatbestand des § 27a Abs. 2 PolG nicht erfüllt<br />
gewesen ist.<br />
Zwar ist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage, wann<br />
gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer<br />
Hooliganggruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden<br />
kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem<br />
vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer<br />
Begehung beitragen wird, relativ großzügig. So wird zu Recht nicht verlangt,<br />
dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung<br />
nachgewiesen werden kann; selbst der Nachweis der Zugehörigkeit<br />
zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als<br />
nicht erforderlich erachtet. […]<br />
Materielle Rechtswidrigkeit<br />
1. Aufenthalts- und Betretungsverbot<br />
Inhalt des § 27a II PolG BW<br />
Tatbestandsvoraussetzung („dort<br />
eine Straftat begeht“) der Ermächtigungsgrundlage<br />
nicht erfüllt.<br />
VG Minden, Beschluss vom 2.10.2<strong>01</strong>4,<br />
11 L 763/14, juris;<br />
VG Arnsberg, Beschluss vom 1.7.2009,<br />
3 L 345/09, juris;<br />
VG Aachen, Beschluss vom 26.4.2<strong>01</strong>3,<br />
6 L 170/13, juris;<br />
VG Hannover, Beschluss vom 21.7.2<strong>01</strong>1,<br />
10 B 2096/11, juris