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AGIL-DasMagazin_Mai-2016

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- Psychologie<br />

Fotos: ©esolla/ fotolia.com<br />

Teil 2<br />

von Elmar Egold<br />

Für immer schlank in 48 Stunden<br />

Dicke Menschen sind undiszipliniert, willensschwach<br />

und deshalb an ihrem Übergewicht selber schuld – so<br />

lautet heutzutage ein gängiges Urteil. Im ersten Teil<br />

habe ich im vergangenen Monat in diesem Magazin dargelegt,<br />

dass dies eine unzulässige Vereinfachung eines weit verbreiteten<br />

Problems unserer Zeit ist. Vielmehr haben wir es bei<br />

Übergewicht überwiegend mit Einflüssen zu tun, die sich dem<br />

willentlichen Zugriff der Betroffenen entziehen. Trotzdem<br />

wird dieses Vorurteil vermeintlich jedes Mal aufs Neue bestätigt,<br />

wenn man wohlbeleibte Menschen auf der Straße einen<br />

Hamburger oder Hotdog to go verschlingen sieht.Was man in<br />

der Regel nicht sieht, ist die Scham der Übergewichtigen darüber,<br />

dass sie der Kalorienbombe nicht widerstehen konnten.<br />

Ebenso unsichtbar sind Schuldgefühle, Hilflosigkeit oder<br />

Selbstverachtung, die Wohlbeleibte blind an den Schaufenstern<br />

mit Sommerkleidern vorbeigehen lassen, damit sie sich<br />

nicht in dem Glasspiegel anschauen müssen. Adipöse (übergewichtige)<br />

Menschen leiden oft massiv unter ihrer Situation.<br />

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es immer mehr<br />

Dickleibige gibt. Dass der Kampf gegen überflüssige Pfunde<br />

insbesondere auf dem Schauplatz der Psyche stattfindet, wird<br />

zunehmend von der Fachwelt erkannt. Während bisher der<br />

Fokus bei der Behandlung von Übergewicht auf Diäten, Bewegungsprogrammen<br />

und im schlimmsten Fall auf chirurgischen<br />

Eingriffen lag, tritt nun der „Wirkfaktor Seele“ in den<br />

Vordergrund.<br />

Abnehmen beginnt im Kopf und in der Seele<br />

Jeder weiß aus eigener Erfahrung, wie hochemotional das<br />

Essen besetzt ist. Gefühle wie Angst, Frustration, Stress oder<br />

Trauer „frisst“ man buchstäblich „in sich hinein“, der Schokoriegel<br />

spendet Trost, vor dem übervollen Kühlschrank wird die<br />

innere Leere „gestopft“. Für unterdrückte Gefühle, die nicht<br />

auf normalem Wege befriedigt werden können, muss das Essen<br />

herhalten. Was zuerst kommt – das kompensatorische Essen<br />

oder die Esssucht, die psychische Folgen hat –, das ist im<br />

Teufelskreis des Übergewichts so müßig zu erkunden wie die<br />

Frage nach der Henne und dem Ei.<br />

Wenn es gute Gründe gibt, wofür das übermäßige Essen oder<br />

das Fett auf den Rippen gebraucht wird, dann entzieht sich<br />

eine andere Lösung der Willenskraft der Betroffenen. In diesem<br />

Moment sind andere Konzepte gefragt, nämlich solche,<br />

die auf der psychischen Ebene zu finden sind. Damit diese<br />

Konzepte überhaupt greifen können, braucht es die Einsicht<br />

der Übergewichtigen, dass sie keineswegs die Big Loser sind,<br />

sondern von der Natur mit einem Körper versehen wurden,<br />

der besonders intensiv auf problematische Gefühlszustände<br />

reagiert. Anstatt sich abzuwerten, ist der erste Schritt, sich<br />

selbst und seinen Körper anzunehmen und damit auch in die<br />

Selbstverantwortung zu gehen.<br />

Kummerspeck<br />

Wir trennen durch die Begriffe Körper, Geist und Seele sprachlich<br />

das, was untrennbar miteinander verbunden ist. Jede<br />

seelische Regung ist eine Körperreaktion und jeder Gedanke<br />

schwingt durch Körper und Seele. Veränderungen kann man<br />

niemals gegen sich, sondern nur mit sich erreichen. Gegen<br />

sein Gewicht oder gegen seinen inneren Schweinehund zu<br />

kämpfen, kann niemals zum dauerhaften Erfolg führen, denn<br />

Druck erzeugt Gegendruck. Die beste Art, etwas nie mehr loszuwerden,<br />

ist, dagegen zu kämpfen.<br />

58 | <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong>

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