40/2016 Nachhaltiger Konsum durch soziale Innovationen – Konzepte und Praxis
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<strong>Nachhaltiger</strong> <strong>Konsum</strong> <strong>durch</strong> <strong>soziale</strong> <strong>Innovationen</strong> <strong>–</strong> <strong>Konzepte</strong> <strong>und</strong> <strong>Praxis</strong><br />
3. Merkmale der Typologie <strong>soziale</strong>r <strong>Innovationen</strong><br />
Im Kontext der weiteren Analyse wurden die identifizierten Modi <strong>und</strong> Prinzipien im Hinblick<br />
auf den Innovationsprozess untersucht. Dabei wurde deutlich, dass die erste Phase des Innovationsprozesses<br />
(Problematisierung) bereits <strong>durch</strong> die Modi <strong>und</strong> die dahinterliegenden Prinzipien<br />
abgebildet wird. Der Fokus richtete sich bei der Ableitung zentraler Dimensionen für die Typenbildung<br />
daher eher auf die Phase der Formulierung von Alternativen <strong>und</strong> der Restabilisierung.<br />
Hierbei wurden die bereits auf der Fallebene verwendeten Kriterien zur Beschreibung<br />
von <strong>Innovationen</strong> zugr<strong>und</strong>e gelegt. Durch den auf die zweite <strong>und</strong> dritte Phase des Innovationsprozesses<br />
gerichteten Fokus ergaben sich bereits zwei Aspekte, die als gr<strong>und</strong>legende Merkmale<br />
gelten können:<br />
• Die Innovativität der alternativen <strong>Praxis</strong>, die über das Ausmaß der Veränderung der<br />
etablierten Praktiken <strong>durch</strong> alternative Formen des <strong>Konsum</strong>s definiert wird (Phase der<br />
Formulierung von Alternativen).<br />
• Die Formalisierung der alternativen <strong>Praxis</strong>, die einen Hinweis darauf liefert, wie stabil<br />
die Strukturen sind, die <strong>durch</strong> oder mit der alternativen <strong>Praxis</strong> etabliert <strong>und</strong> aufrechterhalten<br />
werden (Phase der Restabilisierung).<br />
Beide Aspekte haben sich in der Analyse als empirisch relevant erwiesen <strong>und</strong> wurden als zentrale<br />
Merkmale zur Systematisierung der Modi sowie der zugehörigen Fälle bestätigt. Für beide<br />
Merkmale finden sich mehrere Ausprägungen, die sowohl von ihren Inhalten als auch von der<br />
Stärke (hoch-mittel-niedrig) unterschiedlich sind. Die im Folgenden beschriebenen Ausprägungen<br />
beider Merkmale bilden vor allem die Unterschiedlichkeiten der Modi im Hinblick auf den<br />
Innovationsprozess ab.<br />
3.1. Innovativität<br />
Innovativität/Zentrale Veränderung der <strong>Praxis</strong>: Was sind die zentralen Veränderungen der<br />
etablierten <strong>Praxis</strong>? Wie gr<strong>und</strong>legend <strong>und</strong> umfangreich sind die Veränderungen in Bezug auf<br />
die <strong>Konsum</strong>praktiken sowie die damit verb<strong>und</strong>enen Settings?<br />
3 .1.1. Hohe Innovativität<br />
Eine hohe Innovativität bedeutet, dass neue Praktiken in neu arrangierten Settings etabliert<br />
werden. Die Veränderung der <strong>Praxis</strong> ist gr<strong>und</strong>legend, da sowohl die Kontextbedingungen neu<br />
organisiert werden als auch neue Praktiken <strong>und</strong> Praktikennetzwerke entstehen <strong>und</strong> angeeignet<br />
werden müssen. Diese Form der Veränderung liegt bei der langfristigen Form des Do-It-Togethers<br />
vor sowie bei der <strong>Konsum</strong>entinnen/<strong>Konsum</strong>enten-Selbstorganisation. In beiden Fällen<br />
werden mit hoher Eigeninitiative neue <strong>Konsum</strong>räume geschaffen, indem beispielsweise auf Basis<br />
des Prinzips der solidarischen Landwirtschaft eine Gemeinschaft zwischen Verbraucherinnen/Verbrauchern<br />
<strong>und</strong> Produzentinnen/Produzenten etabliert wird, die einen Gegenentwurf zu<br />
bestehenden Marktprinzipien darstellt. Eine hohe Innovativität weisen aber auch die Fälle auf,<br />
in denen die <strong>Konsum</strong>entinnen <strong>und</strong> <strong>Konsum</strong>enten teilweise innerhalb der etablierten Infrastrukturen<br />
bleiben. Bei der Nutzerinnen/Nutzer-Integration (Prosuming) werden beispielsweise <strong>Konsum</strong>entinnen/<strong>Konsum</strong>enten<br />
in die Produktionsprozesse stärker integriert, die bestehende Produktionspraxis<br />
verändert sich also weniger gr<strong>und</strong>legend als bei der Selbstorganisation. Die Innovativität<br />
ist aber auch hier hoch, da neue Praktiken gelernt werden müssen <strong>und</strong> neue <strong>soziale</strong><br />
Settings entstehen, die die etablierte <strong>Praxis</strong> ebenso verändern. Diese Veränderung liegt neben<br />
der Nutzerinnen/Nutzer-Integration auch bei der kurzfristigen Form des Do-It-Togethers vor.<br />
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