Belecke - Warsteiner Weg der Montangeschichte
Belecke - Warsteiner Weg der Montangeschichte
Belecke - Warsteiner Weg der Montangeschichte
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
1<br />
Überblick<br />
Warstein gehört zu den Städten im Sauerland, die<br />
sich durch eine alte erfolgreiche Montanindustrie<br />
maßgeblich entwickelt haben. Hinweise des Eisenhüttenwesens<br />
reichen in Warstein zurück bis<br />
in die jüngere Eisenzeit (um 600 v.Chr.). Diese<br />
Geschichte hat <strong>der</strong> Stadtmarketingverband mit<br />
Hilfe vieler Wissensträger und Dokumente in den<br />
Jahren 2007 und 2008 zusammengetragen und<br />
auf diesem »Wan<strong>der</strong>weg <strong>der</strong> <strong>Montangeschichte</strong>«<br />
mit 18 Stationen und 33 Tafeldarstellungen dokumentiert.<br />
Darüber hinaus besteht eine Daten-<br />
DVD, auf <strong>der</strong> die Original-Dokumente, Texte, Grafiken<br />
und Fotos aufzurufen sind, die während <strong>der</strong><br />
Nachforschungen gesammelt wurden.<br />
Die Eisenerzgrube »David« in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Bilsteinhöhle (1945)<br />
Der <strong>Weg</strong> <strong>der</strong> <strong>Montangeschichte</strong> ist<br />
auch ein <strong>Weg</strong> durch die Geschichte<br />
<strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Montanindustrie, die<br />
sich über viele Jahrhun<strong>der</strong>te zurückverfolgen<br />
lässt. Zu allen Zeiten<br />
prägte die Eisenverarbeitung das<br />
Erscheinungsbild dieser Stadt, aber<br />
auch ihrer Bevölkerung, die sich<br />
immer wie<strong>der</strong> den Entwicklungen<br />
angepasst hat.<br />
Der Begriff Eisenverarbeitung<br />
steht in Warstein für Gründung und<br />
Ausbau, Arbeit und Existenz, Innovation<br />
und Qualität. Er steht aber<br />
auch für die Erkenntnis, stärkeren<br />
Kräften globaler Entwicklungen<br />
nachgeben zu müssen, wenn die<br />
Zeit dafür gekommen ist. Die Eisen-<br />
industrie in Warstein musste in den<br />
90-er Jahren des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
den Standortvorteilen <strong>der</strong><br />
großen Industrieregionen an Rhein<br />
und Ruhr nachgeben.<br />
Ihr Standort befindet sich am<br />
Flusslauf <strong>der</strong> Wäster, die den metallverarbeitenden<br />
Betrieben über Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
hinweg als ständig verfügbare<br />
Energiequelle diente.<br />
Der Stadtmarketingverband lädt<br />
Sie herzlich ein, auf dem <strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong> ein bedeutendes<br />
Segment <strong>Warsteiner</strong> Histrorie zu<br />
erleben und auf unterschiedliche<br />
Weise reale Eindrücke einer langen<br />
Eisen- und Industrietradition zu gewinnen.<br />
Foto: Sauerlän<strong>der</strong> Heimatbund<br />
E.-Siepmann-Str.<br />
Hirschb. Str.<br />
A.-Kolping-Str.<br />
Eichenweg<br />
Rütherplatz<br />
H.-Kamp-Str.<br />
Dahlborn<br />
Karl-Pieper-Str.<br />
Bernhard-<br />
Wiemeyer-<br />
Str.<br />
Heinrich-Gudemann-Ring<br />
Ring<br />
Romecke<br />
Karl-Stoer-Str.<br />
Hamacher<br />
Hamecke<br />
Im Bodmen<br />
Külbe<br />
Bahnhofstr.<br />
P.-Gerhard-Str.<br />
Lanfer<br />
Schumannstr.<br />
Haspeler Ring<br />
Brucknerweg<br />
Theodor-<br />
Heuss-Str. Heinrich-<br />
Lübke-Str.<br />
B55<br />
Josef-<br />
Menke-Str.<br />
Weberstr.<br />
Schubertstr.<br />
Wagnerstr.<br />
Sappenberg<br />
Haspeler Ring.<br />
Schorenweg<br />
Haydnstr.<br />
Haspeler Ring<br />
Danziger Str.<br />
St.-Poler-Str.<br />
Str.<br />
Kant-Str.<br />
E.-Wiechert-<br />
Eichendorff-Str.<br />
Lessingstr.<br />
Allensteiner<br />
Str.<br />
Mozartstr.<br />
Tannenweg<br />
Ulmenweg<br />
Waldenburger<br />
Str.<br />
Stettiner Str.<br />
Karl-Wagenfeld-Str.<br />
RüthenerLandstr.<br />
Böttcherstr.<br />
Brahmsweg Dammweg Humboldt<br />
Kahlenbergsweg<br />
Gerichtsweg<br />
Wester<br />
Zum Puddelhammer<br />
Wäster<br />
Romeckeweg<br />
Hinter’m<br />
Wall Westwall<br />
Lortzin g s tr.<br />
Beethovenstr.<br />
Berkendahlweg<br />
Kiefernweg<br />
Akazien- weg<br />
Dahlborn<br />
Viktoriastr.<br />
Kattenborn<br />
Grimmestr.<br />
Kallerweg<br />
Puddelhammer<br />
Salzmannstr.<br />
H.-Risse-Str.<br />
Schillerstr.<br />
Blumenpfad<br />
Birkenweg<br />
Rebenpfad<br />
Heckenweg<br />
Friedrichstr.<br />
Bilsteinstr.<br />
V.-Droste-<br />
Hülshoff-<br />
Str.<br />
C.-Koch-Str.<br />
Kampstr.<br />
A.-Wibbelt-<br />
Str.<br />
E.-Moritz-<br />
Arndt-Str.<br />
Augusta- str.<br />
B516<br />
STARTPUNKT BELECKE<br />
Am Propsteiberg<br />
Wilkestr.<br />
Unter’m<br />
Friedhof<br />
str.<br />
Ewaldstr.<br />
Dammweg<br />
Kampstr.<br />
Schorenweg<br />
Am Mühlenbruch<br />
Zur Alten<br />
Nord-<br />
ring<br />
Alte Rathausstr.<br />
Am Kohlmarkt<br />
Mönchlandstr.<br />
Wilhelm-<br />
Rüllweg<br />
Dreilinden-<br />
Rabenknapp Vor <strong>der</strong> Unso hle<br />
Stockmecke<br />
Eisenhammer<br />
<strong>Belecke</strong>r Landstr.<br />
Von-Möller-Str..<br />
Siegfriedstr.<br />
Teichstr.<br />
Kesterweg<br />
Ottilienstr.<br />
Talstr.<br />
Bergenthalstr.<br />
Hirschfeldstr.<br />
Unter’m Hagen<br />
Kirche<br />
Ben<strong>der</strong>weg<br />
Südring<br />
Zum Zehnthof<br />
Über’m<br />
Stadtgraben<br />
Butenaf<br />
Schulstr.<br />
Dieplohstr.<br />
str.<br />
str.<br />
Zur<br />
Sauerlandhalle<br />
weg<br />
Kofflerstr. Herrenbergs-<br />
Gewerbegebiet<br />
Wiebusch<br />
<strong>Belecke</strong><br />
S t a d t w a l d<br />
B e l e c k e<br />
Reckhammer<br />
STARTPUNKT WARSTEIN<br />
Schwarzer <strong>Weg</strong><br />
Domring<br />
Mesche<strong>der</strong> Landstr.<br />
Hochstr.<br />
Feldstr.<br />
Feldstr.<br />
Josefinenstr.<br />
Am<br />
Zehnthof<br />
Im Sack<br />
Auf‘m Bruch<br />
Nicolaiweg<br />
Altes Braugässchen<br />
Walkemühle<br />
Möhne<br />
S u t t r o p e r<br />
W a l d<br />
Hauptstr.<br />
Rosengasse<br />
Stillenberg<br />
Wästerstr.<br />
Josefsweg<br />
Am<br />
Gesellenhaus<br />
Hospitalstr.<br />
Blumenwinkel<br />
P.-Fechter-Str.<br />
LWL-Klinik<br />
Suttrop<br />
Hammerweg<br />
Im<br />
Sonneneck<br />
Am Salzbörnchen<br />
Unter’m Müschede<br />
Gerbergasse<br />
Am<br />
Piusberg<br />
An <strong>der</strong><br />
Beine<br />
Unter’m<br />
Piusberg<br />
Röntgenweg<br />
Lindenstr.<br />
Wäster Naturschutzgebiet<br />
B55<br />
Piusberg<br />
Nordhang<br />
Am Hakenberg<br />
Kreisstraße<br />
Oberhagen<br />
Rangewiese<br />
Müsche<strong>der</strong>weg<br />
Ostring<br />
Auf dem Kampe<br />
Im Borm<br />
Rangetriftweg<br />
Warstein<br />
zur Sauerland-<br />
Waldroute<br />
Der <strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
ist durch ein<br />
blaues M auf<br />
weißem Grund<br />
markiert.<br />
Rangestr.<br />
Königserlen<br />
F.-Hegemann-Str.<br />
Über’m<br />
Krankenhaus<br />
Am<br />
Josefswäldchen<br />
Alte<br />
Zur Treise<br />
Kreisstr.<br />
Suttroper<br />
<strong>Weg</strong><br />
Steinbruch<br />
Hahnewall<br />
Am<br />
Oberhagen<br />
Flurstr.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
1<br />
Erzbergbau in <strong>der</strong><br />
Grube David<br />
Vermutlich ab <strong>der</strong> Mitte des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts bis<br />
zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde in <strong>Warsteiner</strong><br />
Gruben Erz gewonnen und verhüttet. Der<br />
technische Fortschritt führte jedoch gegen 1880<br />
in Warstein zur Stilllegung <strong>der</strong> Hochöfen und zu<br />
einer zeitweiligen Einstellung des Erzbergbaus.<br />
Als 1883 dann die Fertigstellung <strong>der</strong> Eisenbahn<br />
einen Transport ins Ruhrgebiet ermöglichte, wurden<br />
einige <strong>Warsteiner</strong> Erzgruben weiterbetrieben.<br />
Eine dieser Gruben, die Grube David, för<strong>der</strong>te<br />
noch bis 1949. Am Ort dieser Tafel befand sich<br />
die Verladestation <strong>der</strong> Erze, die per Seilbahn vom<br />
Bilsteintal hierher beför<strong>der</strong>t und dann auf die<br />
<strong>Warsteiner</strong> Industriebahn umgeladen wurden.<br />
Die Suttroper Eisenhütte, später<br />
»St. Wilhelmshütte«, errichtet 1739,<br />
führte den <strong>Warsteiner</strong> Erzbergbau zu<br />
einem plötzlichen Aufschwung.<br />
Nach <strong>der</strong> Ausweitung <strong>der</strong> Hüttenkapazität<br />
auf zwei Hochöfen mit<br />
einem geschätzten Bedarf von<br />
30000 Tonnen Erz jährlich konnten<br />
die älteren Gruben den Bedarf nicht<br />
mehr decken und so setzte eine intensive<br />
und erfolgreiche Erzsuche<br />
ein. Die geför<strong>der</strong>te Gesamterzmenge<br />
betrug z.B. 1851 ca. 13000 Tonnen.<br />
Die steigende För<strong>der</strong>ung machte<br />
in den bedeuten<strong>der</strong>en Gruben<br />
den Übergang zum Stollen- und<br />
Schachtbau notwendig. Der technische<br />
Fortschritt bei <strong>der</strong> Verhüttung<br />
des Eisens führte gegen 1880 in<br />
Warstein zum Ende <strong>der</strong> Roheisenerzeugung.<br />
Als 1883 dann die Eisenbahn<br />
einen Transport ins Ruhrgebiet<br />
ermöglichte, wurden die <strong>Warsteiner</strong><br />
Erzgruben weiterbetrieben.<br />
Eine <strong>der</strong> großen Gruben, die Grube<br />
David, stellen wir hier dar. Das Ende<br />
des Bergbaubetriebs drohte auch<br />
<strong>der</strong> Grube David, als ihr Besitzer, die<br />
Gewerkschaft »Sauerland«, 1931 in<br />
Konkurs ging. Die Grube kam dann<br />
in den Besitz <strong>der</strong> Gewerkschaft<br />
»Christiansglück«, einer Tochter <strong>der</strong><br />
Deutsch-Nie<strong>der</strong>ländischen Schiff-<br />
fahrtsgesellschaft. Mit einer Belegschaft<br />
bis zu 40 Mann und einer<br />
Jahresför<strong>der</strong>ung zwischen 15 000<br />
und 20 000 Tonnen erreichte die<br />
Grube unter dem neuen Eigentümer<br />
die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Der<br />
Transport zum Bahnhof – zunächst<br />
noch per Fuhrwerk – wurde 1938<br />
verbessert durch die Errichtung einer<br />
1,5 km langen Transportseilbahn-Verbindung,<br />
mit <strong>der</strong> die Erze<br />
direkt zur Bahnverladung hierher<br />
gelangten. Nach einer nur viermonatigen<br />
Pause zum Ende des Zwei-<br />
Erz-Analyse <strong>der</strong> Grube David<br />
Weißerz 26-30% Fe (Eisen)<br />
3-4% Mn (Mangan)<br />
1-2% P (Phosphor)<br />
18-23% SiO 2 (Quarz)<br />
6-8% CaCO 3 (Kalkspat)<br />
Roterz 35-40% Fe (Eisen)<br />
0,2% Mn (Mangan)<br />
0,5% P (Phosphor)<br />
23-40% SiO 2 (Quarz)<br />
Braunerz 35% Fe (Eisen)<br />
1,5% Mn (Mangan)<br />
1,2% P (Phosphor)<br />
20-25% SiO 2 (Quarz)<br />
Der Mn-Gehalt nahm mit <strong>der</strong> Tiefe<br />
zu und erreichte Werte über 4%.<br />
Eine 1,5 km lange Transportseilbahn brachte die Erze an diesen Standort<br />
Industriebahnhof Hillenberg mit <strong>der</strong> Seilbahn-Verladestation<br />
Bilsteinhöhle/<br />
Wildpark<br />
P L A T T E<br />
Auf <strong>der</strong> Platte<br />
ten Weltkriegs wurden die För<strong>der</strong>ung<br />
bzw. <strong>der</strong> Abbau <strong>der</strong> Halden noch<br />
weitergeführt; doch <strong>der</strong> folgende<br />
Strukturwandel im Hüttenwesen mit<br />
Bahnverladung<br />
am Hillenberg<br />
Streckenverlauf <strong>der</strong> Drahtseilbahn von <strong>der</strong> Grube<br />
David zum Hillenberg<br />
Finkenstr.<br />
Schwalbenstr.<br />
kammer<br />
Wolfs<br />
seiner Umstellung auf<br />
Auslandserze führte<br />
1949 zur endgültigen<br />
Stilllegung <strong>der</strong> letzten<br />
<strong>Warsteiner</strong> Eisenerzgrube.<br />
Pläne, die noch<br />
vorhandenen Vorräte<br />
(gesichert: 100 000<br />
Tonnen, vermutet: 1<br />
Million Tonnen) durch<br />
eine Vertiefung des<br />
Schachtes auf 110 Meter<br />
und eine Aufwälti-<br />
gung des Feldes in Richtung Nordost<br />
(Platte, Grube Kunigunde) zu erschließen,<br />
kamen nicht mehr zur<br />
Durchführung.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008<br />
Foto: Ernst Fisch Foto: Ernst Fisch
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
2<br />
Die Geschichte des Eisens<br />
Die Geschichte des Eisens ist die Geschichte unserer<br />
Kultur. Die Entwicklungsstufen und Zeitepochen<br />
<strong>der</strong> Menschheit bezeichnen wir nach<br />
den Materialien, aus welchen Menschen ihre<br />
Werkzeuge herstellten. Nach <strong>der</strong> Ur-, Stein- und<br />
Bronzezeit folgte die Eisenzeit – in unserer Ge-<br />
Geschmiedetes Eisen, aufgesägt und<br />
poliert (mittelalterlicher Fund aus<br />
dem Bilsteintal)<br />
Die <strong>Warsteiner</strong><br />
Eisenindustrie<br />
An <strong>der</strong> Wäster als einer natürlichen<br />
Kraftquelle reihen sich die interessanten<br />
Industriestandorte <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
mit Mühlen, Hütten und<br />
Hämmern auf wie die Perlen einer<br />
Kette. Wohl ihren bedeutendsten<br />
Aufschwung erlebte die <strong>Warsteiner</strong><br />
Eisenverhüttung ab 1630 durch die<br />
ständige Verbesserung <strong>der</strong> Verhüttungsbedingungen<br />
und durch eine<br />
steigende Nachfrage. Ab 1800 etwa<br />
blühte die Eisenindustrie weiter auf<br />
durch den weltweiten technischen<br />
Fortschritt. Man begann, neue Gruben<br />
»abzuteufen«, längst stillgelegte<br />
wie<strong>der</strong> zu eröffnen.<br />
Doch bereits um 1850 folgte ein<br />
Abschwung durch ungünstige Begleiterscheinungen<br />
<strong>der</strong> Weltwirtschaft,<br />
welche auch für die <strong>Warsteiner</strong><br />
Montanindustrie nicht folgenlos<br />
waren. Hinzu kamen ungünstige<br />
Standortbedingungen im Vergleich<br />
zu großen Industrien an Rhein und<br />
Ruhr – so auch <strong>der</strong> fehlende Eisenbahnanschluss.<br />
Als dieser 1883 gebaut<br />
wurde, fuhren Grubentätigkeit<br />
und Eisenverhüttung zwar wie<strong>der</strong><br />
an, aber man begann bereits, das<br />
Erz zur Weiterverarbeitung in rheinisch-westfälischeHochofenstandorte<br />
zu verbringen.<br />
Für die <strong>Warsteiner</strong> Eisenverhüttung<br />
konnte das also keinen nachhaltigen<br />
Aufschwung bringen. Hinzu<br />
kam, dass die Verhüttung mit<br />
Koks im Ruhrgebiet <strong>der</strong> Holzkohleverhüttung<br />
in Warstein wirtschaftlich<br />
weit überlegen war. Die Verteuerung<br />
<strong>der</strong> Holzkohle durch Einführung<br />
einer Forstkultur, um den<br />
»Raubbau« des Holzes zu beenden,<br />
brachte die Verhüttung in Warstein<br />
dann zum Erliegen.<br />
Das Ende von Grubentätigkeit und<br />
Verhüttung for<strong>der</strong>te jedoch einen<br />
neuen Aufschwung heraus: die Verarbeitung<br />
von Roheisen in Warstein im<br />
Zusammenhang mit Industrialisierung<br />
und technischem Fortschritt in<br />
<strong>der</strong> ganzen Welt. <strong>Warsteiner</strong> Achsen<br />
waren beispielsweise damals weltweit<br />
bekannt und geschätzt.<br />
Die Bedeutung<br />
des Eisens<br />
Die Bedeutung des Eisens seit 2000<br />
Jahren ist einzigartig. Ohne Eisen<br />
wären im 18., 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
kein Handel und kein Gewerbe<br />
denkbar gewesen, und die Macht eines<br />
Landes sowie seine wirtschaftliche<br />
Blüte waren immer abhängig<br />
von seiner Eisenverarbeitung.<br />
Hier wird die Bedeutung unserer<br />
Stadt auch für Entwicklungen weit<br />
außerhalb ihrer Grenzen über Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
hinweg deutlich. Eine<br />
Stadt lebte und expandierte durch<br />
gend ab 600 v.Chr. Der älteste Metallgegenstand<br />
des Sauerlandes stammt aus dem Fundgut <strong>der</strong><br />
<strong>Warsteiner</strong> Bilsteinhöhle: ein kleiner Kupferdolch<br />
<strong>der</strong> Glockenbecherkultur (ca. 2300 v.Chr.). Die<br />
Herkunft des verwendeten Kupfers ist noch nicht<br />
geklärt.<br />
Kupferdolch, 2300 v.Chr.<br />
ihre natürlichen Vorkommen an<br />
Holz, Kalk, Wasser und Erz!<br />
Auch mussten die Menschen immer<br />
wie<strong>der</strong> den Wechsel von Aufschwung<br />
und Rezession erleben –<br />
1995 stellte im mittleren Wästertal<br />
<strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Eisenhammer (in<br />
Nachfolge) als letzte Fabrik <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Montanindustrie seinen Betrieb<br />
ein. Allerdings wurden im Laufe<br />
<strong>der</strong> Jahrzehnte viele Metall verarbeitende<br />
Betriebe in Warstein aufgebaut,<br />
von denen einige heute<br />
Weltrang haben. Damit konnte die<br />
Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten im Metallund<br />
Elektrogewerbe etwa konstant<br />
weiterentwickelt werden.<br />
Erstes Metall<br />
im Sauerland<br />
Die Epochen ur- und frühgeschichtlicher<br />
Entwicklung <strong>der</strong> menschlichen<br />
Kultur werden gemeinhin nach den<br />
von den Menschen genutzten Materialien<br />
bezeichnet: Auf die Steinzeit<br />
folgte die Bronzezeit, darauf – in unserer<br />
Gegend – um 600v.Chr. die Eisenzeit.<br />
Der älteste Metallgegenstand<br />
des Sauerlandes stammt aus<br />
dem Fundgut <strong>der</strong> Bilsteinhöhle: Ein<br />
kleiner Kupferdolch <strong>der</strong> Glockenbecherkultur<br />
(ca. 2300 v.Chr.). Die Herkunft<br />
des verwendeten Kupfers ist<br />
noch nicht geklärt.<br />
Obwohl entsprechende Erze vorhanden<br />
sind, konnte – im Gegensatz<br />
zum Siegerland, wo eisenzeitliche<br />
Eisengewinnung in Rennöfen mehrfach<br />
belegt ist – vorgeschichtlicher<br />
Kupfer- o<strong>der</strong> Eisenbergbau im <strong>Warsteiner</strong><br />
Raum bisher nicht nachgewiesen<br />
werden. Die zahlreichen Funde<br />
<strong>der</strong> Eisenzeit aus <strong>der</strong> Bilsteinhöhle<br />
o<strong>der</strong> dem Hohlen Stein und verschiedene<br />
eisenzeitliche Befestigungsanlagen<br />
zeigen ein Anwachsen<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung. Möglicherweise war<br />
es das Eisenerz, das die Menschen<br />
vor über 2000 Jahren verstärkt auch<br />
ins eher unwirtliche Bergland lockte.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
2<br />
Der Hüttenplatz<br />
Eine <strong>der</strong> vermutlich ältesten <strong>Warsteiner</strong> Blashütten,<br />
in <strong>der</strong> Flusseisen erschmolzen wurde, befand<br />
sich in städtischem Besitz auf dem alten Hüttenplatz.<br />
Konjunktur hatte die Hütte beson<strong>der</strong>s durch<br />
die verschiedenen Kleinkriege <strong>der</strong> näheren und<br />
weiteren Umgebung. Heute schmunzeln wir darüber,<br />
dass im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t hier Kanonenkugeln<br />
Zeitgenössische Darstellung <strong>der</strong> Fabrikanlagen am <strong>Warsteiner</strong> Hüttenplatz<br />
In <strong>der</strong> Nähe dieser Tafel führt <strong>der</strong> <strong>Weg</strong> vorbei am<br />
»Hüttenplatz« bzw. »Hüttenpfad«. Bereits in einer<br />
alten Flurkarte von 1630 eingetragen, bezeugen<br />
diese Namen den frühen Standort einer Eisenhütte<br />
südöstlich <strong>der</strong> Stadt. Die Existenz dieser<br />
Hütte bestätigt auch ein Eintrag in <strong>der</strong> »Ordnung<br />
<strong>der</strong> Soester Waage« von 1582: »Item das <strong>Warsteiner</strong><br />
Eisen- und Gusswerk das soll man zur Waage<br />
kommen lassen und wiegen (Dat Wairsche isern<br />
und gegotten werck).« Schon für 1535 ist diese<br />
Gusseisenproduktion, zum Beispiel für Kanonenkugeln,<br />
urkundlich nachgewiesen.<br />
Bei dieser <strong>der</strong> Stadt Warstein gehörenden<br />
Schmelzhütte handelte es sich um einen Blaso<strong>der</strong><br />
Fluss-Ofen, in dem dank damals fortschrittlicher<br />
wassergetriebener Blasebälge Temperaturen<br />
bis 1500°C erreicht wurden, sodass während<br />
<strong>der</strong> Betriebszeiten regelmäßig flüssiges Roheisen<br />
abgestochen werden konnte. Dieses Roheisen<br />
musste allerdings im Gegensatz zu den Produktionen<br />
<strong>der</strong> mittelalterlichen Rennfeuer und<br />
Stücköfen erst aufwändig gefrischt und geschmiedet<br />
werden, ehe es weiterverarbeitet werden<br />
konnte.<br />
Während <strong>der</strong> unregelmäßigen Betriebszeiten<br />
(sog. »Huttenreise«) von etwa 60 Tagen pro Jahr<br />
erschmolz ein (fahren<strong>der</strong>) Hüttenmeister mit vier<br />
bis fünf Helfern Eisen für seinen jeweiligen Auftraggeber<br />
(Stadt/Gewerke/Graf). Der Abstich nach<br />
ca. acht Stunden erbrachte eine »Gösse« = Gusseisen-Masse<br />
von rund 800 kg.<br />
In dieser Zeit noch südöstlich weit vor <strong>der</strong> damaligen<br />
Stadt gelegen, wurde <strong>der</strong> Hüttenplatz nach<br />
1802 Bestandteil <strong>der</strong> Neustadt, als sich diese nach<br />
dem letzten vernichtenden Stadtbrand am Stadtberg<br />
im Tal neu gründete. Der Entwicklung <strong>der</strong><br />
Eisenverhüttung im Osten <strong>der</strong> Stadt, unterhalb<br />
des Oberhagens ganz in <strong>der</strong> Nähe ertragreicher<br />
Gruben, konnte die Schmelzhütte am Hüttenplatz<br />
in späterer Zeit nicht standhalten. Darüber hinaus<br />
stand auch die Stadtentwicklung im frühen 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t einer Aufrechterhaltung o<strong>der</strong> gar<br />
Erweiterung des Verhüttungsstandortes entgegen.<br />
Ein neues Werk<br />
In den alten Werksanlagen dieser Schmelzhütte<br />
am Hüttenplatz entstand 1891 die Fabrikation<br />
von Kleineisenteilen durch die Fa. Hüsing & Co.,<br />
später Peters & Co. Aus zugeliefertem Roheisen<br />
produzierte man vorwiegend Kleineisenteile für<br />
den leichten Ackerbau. Bereits 1895 traten die<br />
Gebrü<strong>der</strong> Emil und Hugo Siepmann als Teilhaber<br />
in diese Fabrik ein und bauten Schritt für Schritt<br />
die bestehenden Anlagen zu einer Gesenkschmiede<br />
um. 1910 wurden sie Besitzer <strong>der</strong> Gesenkschmiede<br />
und brachten das Werk in kurzer Zeit zu<br />
hoher Blüte. Aus Stahlblech wurden zunächst<br />
Spaten und Schaufeln gepresst, und man begann<br />
mit dem Schmieden von Heu- und Düngergabeln<br />
sowie von Gitterspitzen für den Zaunbau. Zu die-<br />
gegossen wurden, mit denen angeblich die Stadt<br />
Münster beschossen wurde und hoffen, dass man<br />
sich in Münster nicht mehr daran erinnert. Ab<br />
1891 dienten die Produkte, die an diesem Platz<br />
hergestellt wurden, allerdings dem friedlichen<br />
Einsatz auf dem Feld: Aus zugeliefertem Roheisen<br />
produzierte man Geräte für den Ackerbau.<br />
1891: Die Belegschaft <strong>der</strong> Firma Hüsing & Co.<br />
Das Siepmann-Werk am Hüttenplatz (um 1892)<br />
Emil Siepmann (vorne Mitte) mit <strong>der</strong> ersten Belegschaft<br />
<strong>der</strong> Firma Peters & Co., Warstein 1895<br />
ser Zeit kauften die Gebrü<strong>der</strong> Siepmann in <strong>Belecke</strong><br />
ein ausbaufähiges Grundstück zum Aufbau neuer<br />
Produktionshallen, und bereits 1916 entstand<br />
dort eine große Schmiede für Aufträge aus Fahrzeugbau<br />
und Rüstungsindustrie. Das Stammwerk<br />
<strong>der</strong> Gebrü<strong>der</strong> Siepmann am Hüttenplatz wurde in<br />
<strong>der</strong> schwierigen Zeit <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise im<br />
Jahr 1930 aufgegeben, um die Produktion im<br />
neuen Werk in <strong>Belecke</strong> wirtschaftlich zu konzentrieren.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
3<br />
Die <strong>Warsteiner</strong><br />
Industriebahn<br />
Der Transport von <strong>Warsteiner</strong> Eisenerz<br />
ins Ruhrgebiet wurde erleichtert<br />
durch den mutigen<br />
Entschluss <strong>der</strong> Stadt Warstein,<br />
zu diesem Zweck eine eigene<br />
Industriebahnstrecke zu errichten.<br />
Hier wurden von 1928 bis<br />
1949 jährlich zwischen 15 000<br />
und 20000 Tonnen Eisenerz beför<strong>der</strong>t.<br />
Durch die Industriebahn<br />
konnten viele Arbeitsplätze<br />
in <strong>der</strong> Stadt gehalten werden.<br />
Nach Schließung <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Hütten hätten sonst<br />
auch die Erzbergwerke komplett<br />
schließen müssen, was durch<br />
die Bahn um 20 Jahre verzögert<br />
wurde. Hinzu kam dann <strong>der</strong><br />
Transport des <strong>Warsteiner</strong> Kalksteins,<br />
<strong>der</strong> zum großen Teil<br />
durch die Industriebahn auch<br />
heute noch abgefahren wird.<br />
Zum Transport von Kalkstein errichtete die Stadt<br />
Warstein im Jahr 1928 eine eigene Industriebahnstrecke.<br />
Diese führte vom Bahnhof <strong>der</strong> Warstein-Lippstadter<br />
Eisenbahn (WLE) durch den<br />
Risse-Steinbruch bis zum Hillenberg-Bahnhof. Die<br />
technische Ausführung war auf das System <strong>der</strong><br />
vorhandenen Fernbahnstrecken abgestimmt. So<br />
konnten vom Bahnhof Hillenberg, wo auch das<br />
Erz <strong>der</strong> Grube David bis 1938 mit Pferdegespannen<br />
angeliefert und umgeladen wurde, die Güterwagen<br />
ins nah gelegene Ruhrgebiet transportiert<br />
werden.<br />
Ab 1938 wurde das Erz <strong>der</strong> Grube David über<br />
eine Seilbahn direkt in eine Beladestation am Hillenberg<br />
transportiert, und so wurden jährlich<br />
15000 bis 20000 Tonnen Erz per Industriebahn<br />
beför<strong>der</strong>t. Die alte Gleisstrecke zum Hillenberg<br />
wurde nach Schließung <strong>der</strong> Grube David und <strong>der</strong><br />
nahe liegenden Steinbrüche stillgelegt und wird<br />
heute als Spazierweg entlang <strong>der</strong> Wäster genutzt.<br />
Blick von <strong>der</strong> Bundesstraße 55 auf den Lagerplatz des Sägewerkes Fisch mit einer Lokomotive <strong>der</strong> Industriebahn<br />
zum Hillenberg<br />
Industriegleis entlang <strong>der</strong> Wäster auf <strong>der</strong> Höhe des Sägewerkes Fisch<br />
Mit <strong>der</strong> zunehmenden Kalkverladung wurden<br />
im Jahr 1972 die städtischen Gleise <strong>der</strong> Industriebahn<br />
mit einem Anschluss an das Kalkstein-<br />
Gewinnungsgebiet „Hohe Lieth“ ausgebaut und in<br />
jüngster Zeit um eine Verlängerung bis zur Braue-<br />
rei für umfangreiche Biertransporte erweitert. Der<br />
mutige Entschluss <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Ratsherren, aus<br />
eigenen Mitteln eine erste Industriebahnstrecke<br />
zu errichten, sorgte in Warstein für den Erhalt von<br />
Arbeitsplätzen.<br />
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Warstein e.V. © 2008<br />
Foto: Ernst Fisch Foto: Ernst Fisch
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
3<br />
Die Bedeutung <strong>der</strong> Eisenbahn<br />
Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts verlor die heimische<br />
Industrie zusehends an Wettbewerbsfähigkeit,<br />
weil es den Betrieben an einer Eisenbahnanbindung<br />
fehlte. Nach einem Rückgang von Arbeitsplätzen<br />
wegen <strong>der</strong> Verlegung verschiedener Werke<br />
nach Soest, Beckum und Lippstadt bildete sich<br />
in Warstein 1878 ein Komitee, das sich den Bau<br />
Bahnhof Warstein, Blick auf Hüttengelände und Stadtberg<br />
Nach den Planungs- und Vorarbeiten<br />
erfolgte am 22. November 1881 die<br />
Gründung <strong>der</strong> »Warstein-Lippstadter-Eisenbahngesellschaft<br />
WLE«. Das<br />
Grundkapital betrug 1500000 Mark.<br />
Kurze Zeit darauf wurde mit dem Bau<br />
begonnen. Nach nur 19 Monaten<br />
erfolgte am 1. November 1883 die<br />
Inbetriebnahme. Als Trasse diente<br />
<strong>der</strong> frühere Sommerweg <strong>der</strong> in den<br />
1820er Jahren erbauten Koblenz-<br />
Mindener-Heerstraße. Hierbei handelte<br />
es sich um den neben <strong>der</strong> harten<br />
Fahrbahn liegenden unbefestigten<br />
<strong>Weg</strong>streifen für den Marsch <strong>der</strong><br />
Kavallerie und pferdebespannten Artillerie.<br />
Ein solcher Sommerweg hatte<br />
keine Bedeutung mehr, nachdem<br />
man im Krieg von 1866 den Vorteil<br />
<strong>der</strong> Eisenbahnbeför<strong>der</strong>ung für Truppentransporte<br />
erkannt hatte.<br />
Luftaufnahme des Bahnhofsgeländes (1959)<br />
Folgende Betriebsmittel standen<br />
<strong>der</strong> Eisenbahn zur Verfügung: 4<br />
leichte Lokomotiven, 4 Personenwagen,<br />
1 Gepäck- und Postwagen sowie<br />
32 Güterwagen. Der Betrieb hatte<br />
54 Mitarbeiter: 6 arbeiteten in<br />
<strong>der</strong> Verwaltung, 12 in <strong>der</strong> Unterhaltung<br />
und 36 im Außendienst. Als<br />
sich zeigte, dass das noch junge Unternehmen<br />
wirtschaftlich erfolgreich<br />
war, wurden <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />
weitere Projekte angetragen.<br />
Nach <strong>der</strong> Übernahme des halben<br />
Aktienkapitals durch den Provinziallandtag<br />
wurde <strong>der</strong> Unternehmensname<br />
geän<strong>der</strong>t. Die Eisenbahngesellschaft<br />
hieß fortan Westfälische<br />
Landeseisenbahn-Gesellschaft. Die<br />
Abkürzung WLE konnte bleiben.<br />
Neue Strecken von Lippstadt nach<br />
Beckum, von Soest nach Brilon und<br />
einer Eisenbahn mit Anschluss an eine <strong>der</strong><br />
großen Durchgangsstrecken zum Ziel setzte.<br />
Diese »Secundärbahn« sollte Warstein mit Lippstadt<br />
verbinden. Dem Komitee gehörten <strong>der</strong> Geheime<br />
Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal, Fabrikant<br />
Ewald Bergenthal, Direktor Friedrich Uhlendorf<br />
und Sparkassenrendant Franz Hegemann an.<br />
von Neubeckum nach Warendorf<br />
wurden zwischen 1898 und 1901 in<br />
Betrieb genommen.<br />
Das Amt des Vorsitzenden des<br />
Vorstandes <strong>der</strong> Gesellschaft wurde<br />
von dem Geheimen Kommerzienrat<br />
Wilhelm Bergenthal von 1883 bis<br />
1892 nebenamtlich bekleidet. Zu<br />
Recht wird Bergenthal als Eisenbahnpionier<br />
bezeichnet. Er verstarb<br />
am 28. April 1893 im Alter von 88<br />
Jahren. Bestimmend für sein Leben<br />
waren die Worte, die er über zwei<br />
Portale am Haus Kupferhammer einmeißeln<br />
ließ: »Nichts ohne Mühe«<br />
und »Segen ist <strong>der</strong> Mühe Preis«.<br />
Ursprünglich sollte <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Bahnhof unterhalb des Steinbruchs<br />
Risse entstehen. Aufgrund<br />
<strong>der</strong> beengten Platzverhältnisse<br />
wurde er aber schließlich auf dem<br />
Gelände nördlich <strong>der</strong> Wilhelmshütte<br />
gebaut. Reisende aus dem Stadtgebiet<br />
hatten somit einen längeren<br />
<strong>Weg</strong> zur Bahn. Für den Güterverkehr<br />
war die Lage jedoch günstig. Einerseits<br />
konnte man sich auf dem<br />
offenen Wiesengelände ungehin<strong>der</strong>t<br />
ausbreiten, an<strong>der</strong>erseits lag <strong>der</strong><br />
Bahnhof nunmehr in unmittelbarer<br />
Nähe <strong>der</strong> Industriewerke, in<br />
Suttrop.<br />
Bahnhof Warstein, Blick auf den Stillenberg und die LWL-Klinik<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
4<br />
<strong>Warsteiner</strong> Eisenindustrie<br />
um 1600<br />
Ab etwa 1300 siedelten sich<br />
entlang <strong>der</strong> Wäster viele Betriebe<br />
<strong>der</strong> Eisenerschmelzung und -<br />
verarbeitung an. Ausschlaggebend<br />
war die nutzbare Wasserkraft<br />
für Blasebälge und Hämmer.<br />
So war die Montanindustrie<br />
hier um 1600 bereits gut entwickelt.<br />
Die Momentaufnahme,<br />
die mit Hilfe <strong>der</strong> historischen<br />
Karte möglich ist, verdeutlicht<br />
diese Situation.<br />
Von dieser Position aus blickt man durch den<br />
Steinbruch hinüber zur Alten Kirche auf einen Taleinschnitt,<br />
<strong>der</strong> bis etwa 1800 ganz eng ausgebildet<br />
war. Die heute hier hindurch führende Bundesstraße<br />
55, die erst 1823-1825 als »Koblenz-<br />
Mindener Chaussee« gebaut wurde, gab es noch<br />
nicht. Nur die Wäster bahnte sich ihren <strong>Weg</strong> durch<br />
diese Bergenge.<br />
Die historische Darstellung von Renier Roidkin<br />
aus dem Jahr 1730 zeigt mit Blick auf die Alte<br />
Kirche und den Hohen Stein diesen Taleinschnitt<br />
und die erste Bebauung auf dem Platz <strong>der</strong> Wilhelmshütte.<br />
Die Alte Kirche wurde zu Recht mit<br />
einem schlanken Kirchturm gezeichnet, <strong>der</strong> dem<br />
<strong>der</strong> Kallenhardter Kirche in <strong>der</strong> Konstruktion ähnlich<br />
war. Erst nach dem großen Stadtbrand 1802<br />
erhielt die Alte Kirche dann den heutigen Turm<br />
mit so genannter »Welscher Haube«.<br />
In Warstein wurde die Wester im Lauf <strong>der</strong><br />
Geschichte umbenannt in »Wäster«. Ab etwa<br />
1300 siedelten sich entlang ihrer Ufer viele Betriebe<br />
<strong>der</strong> Eisenerschmelzung und -verarbeitung<br />
an. Ausschlaggebend war die nutzbare Wasserkraft<br />
für Blasebälge und Hämmer. So war die Montanindustrie<br />
hier um 1600 bereits gut entwickelt.<br />
Die Momentaufnahme, die mit Hilfe <strong>der</strong> historischen<br />
Karte möglich ist, verdeutlicht diese Situation.<br />
Die historische Karte von 1630 aus dem Archiv<br />
<strong>der</strong> Familie von Fürstenberg gibt vielfachen Aufschluss<br />
über die <strong>Warsteiner</strong> Montanindustrie.<br />
Industrieplätze, Mühlen, Wohnbebauung, Flüsse,<br />
Bergbau, Gemarkungen und Verkehrswege sind<br />
eingezeichnet. Die Karte ist, wie damals üblich,<br />
geostet.<br />
So erkennt man südlich <strong>der</strong> Wästerklamm den<br />
<strong>Warsteiner</strong> »Hüttenplatz«, nördlich davon das<br />
Warstein um 1730, Radierung von Renier Roidkin (Ausschnitt)<br />
Suttroper Hüttengelände und den alten Eisenhammer<br />
(späterer Kupferhammer). Diese »ruinöse<br />
Nagelschmiede« wurde 1659 von Jacob und<br />
Maria Forkenbeck erworben. Sie errichteten hier<br />
einen Messinghammer für Brau- und Brennkessel.<br />
Nördlich unter <strong>der</strong> Alten Kirche gab es noch mit<br />
dem alten Kupferhammer einen Vorläufer gleichen<br />
Namens. Ferner sind auch die großen Fundorte für<br />
Erze vermerkt, z.B. am Bilstein die Grube David<br />
(Rothland) und im Oberhagen die Grube Rom. Der<br />
Verkehr wurde damals von <strong>Belecke</strong> »Unterm Stillenberg«<br />
bis zum alten Eisenhammer geführt.<br />
Dann ging <strong>der</strong> <strong>Weg</strong> an Lattrichs Mühle vorbei, vor<br />
dem Bergrücken hinauf um die Alte Kirche herum<br />
bis zum »Kohlmarkt« und wie<strong>der</strong> hinunter auf den<br />
Mesche<strong>der</strong> <strong>Weg</strong>.<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
4<br />
Erz, Wasser, Kohle und Kalk<br />
Es zeigte sich im Lauf <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te, welch<br />
treffliche Bedingungen für eine Eisenverhüttung<br />
in Warstein zusammen kommen: endlose<br />
Wäl<strong>der</strong>, Kalksteingebirge, Erzvorkommen und<br />
zu Tal eilende Gewässer. Durch Quellzuflüsse<br />
aus dem Karst mit konstanter Temperatur zwischen<br />
8 und 15 Grad friert diese Wasserkraft<br />
auch im kalten Winter nicht ein. Also: Holzkohle,<br />
Kalk als unverzichtbarer Verhüttungszuschlag<br />
und Wasserkraft ermöglichten die<br />
Verhüttung aus Erz zu Eisen.<br />
Kalkstein<br />
Unsere Kalksteinvorkommen<br />
machten es sehr leicht, die<br />
nötigen Zuschlagstoffe für<br />
die Eisenschmelzen zu gewinnen.<br />
Im Bild rechts ist<br />
eine <strong>der</strong> hochreinen Kalka<strong>der</strong>n,<br />
fast reines Calcit, abgebildet.<br />
Der <strong>Warsteiner</strong> Kalk<br />
ist für den Einsatz in <strong>der</strong><br />
Stahlindustrie und <strong>der</strong> chemischen<br />
Industrie bestens<br />
geeignet.<br />
Eisenerze<br />
Warstein ist umgeben von zahlreichen kleineren Erzvorkommen.<br />
Sogar im Stadtgebiet finden sich zwei Gruben<br />
(Rom und Hirschfeld). Die Erze wurden z.T. im Tagebau<br />
(Siebenstern und Christoph), einige auch im Tiefbau (bis 80<br />
m) gewonnen (Suttbruch, David, Rom). Die Abbaumenge<br />
richtete sich zunächst ganz nach dem Bedarf <strong>der</strong> Schmelzhütte.<br />
Dazu wurde auch vorsorglich aufgehaldet. Die verschiedenen<br />
anfallenden Erztypen (Weiß-, Braun-, Roteisenerze)<br />
wurden vom Hüttenmeister im abgestimmten Verhältnis<br />
zueinan<strong>der</strong> gemischt und dann eingeschmolzen.<br />
Trotz <strong>der</strong> reichlich vorhandenen eigenen Vorräte wurde auch<br />
hochprozentiger Eisenstein aus Olsberg beigemischt. Der<br />
Eisengehalt <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Erze schwankte sehr stark<br />
zwischen 25 und 60 Prozent. Auch nach Verlöschen <strong>der</strong><br />
heimischen Hochöfen konnte die Erzför<strong>der</strong>ung dank des<br />
Bahnanschlusses 1883 weitergeführt werden. Obwohl von<br />
min<strong>der</strong>em Eisengehalt, war <strong>Warsteiner</strong> Erz wegen seiner<br />
Mangan- und Kalkbestandteile im Ruhrgebiet gefragt.<br />
Braun-Eisenstein<br />
Rot-Eisenstein<br />
Roh-Luppe<br />
Wasserkraft<br />
Ab Walkemühle friert die Wäster im<br />
Winter nicht zu. Beson<strong>der</strong>s durch<br />
den Zufluss <strong>der</strong> Range, die reichlich<br />
Wasser von ca 15 °C aus dem Kalkmassiv<br />
führt, wird die Wäster zu einer<br />
ganzjährigen Kraftquelle. Damit<br />
Trockenzeiten überbrückt werden<br />
konnten, und um die Leistung <strong>der</strong><br />
Wasserrä<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Turbinen zu erhöhen,<br />
wurde <strong>der</strong> Fluss in Teichen<br />
aufgespeichert. Es gab viel Streit um<br />
die Höhe <strong>der</strong> Anstauung, da im Frühjahr<br />
natürlich zunächst die oben liegenden<br />
Teiche sich füllten, an<strong>der</strong>erseits<br />
durfte <strong>der</strong> untere Teich nicht zu<br />
hoch angestaut werden, weil dann<br />
<strong>der</strong> oberhalb liegende Betrieb kein<br />
Gefälle mehr nutzen konnte.<br />
Holzkohle<br />
Der Holzkohlenbedarf zur Eisenverhüttung<br />
war ungeheuer groß. Zur Herstellung<br />
von 1 Tonne Eisen mussten 5 Tonnen<br />
Holzkohle verbrannt werden. Die mit<br />
Holzkohle zu erzielenden Temperaturen<br />
waren im Stückofenbetrieb mit 1000 bis<br />
1 200 °C nur ausreichend, um Eisen zu<br />
weichen kleinen Körnchen zu erschmelzen.<br />
Da Holzkohle in <strong>der</strong> schlechten Zeit<br />
nach dem 30jährigen Krieg in großen<br />
Mengen außer Landes verkauft wurde,<br />
wurde die Ausbeutung <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> 1679<br />
vom Kölner Kurfürsten verboten.<br />
Mit Wasserkraft angetriebene<br />
Blasebälge im Schmiedebetrieb<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
5<br />
Bergbau und Erzgewinnung<br />
in <strong>der</strong> Grube Rom<br />
Die Eisenerzvorkommen des Oberhagens waren für viele Jahrhun<strong>der</strong>te die<br />
Rohstoffgrundlage für die Eisenindustrie im unteren Wästertal. Wahrscheinlich<br />
reicht <strong>der</strong> Abbau im Oberhagen weit ins Mittelalter zurück. Dafür<br />
sprechen die zahlreichen Spuren im Wald: Nicht allein die bekannten mächtigen<br />
Pingen und Einstürze (die zu den bedeutendsten Bodendenkmälern<br />
des Bergbaus im Sauerland zählen) – auf einem breiten Streifen, <strong>der</strong> das<br />
»Ausbeißen« <strong>der</strong> Lagerstätte markiert, finden sich Schachtpingen, Schurflöcher<br />
und Reste verstürzter Stollen. Aktenkundig wurde <strong>der</strong> Bergbau im<br />
Oberhagen schließlich als »Grube Rom«. Diese Grube lieferte hochwertiges<br />
Erz (bis zu 60 Prozent Eisengehalt). Um 1850 waren die Vorräte ausgebeutet,<br />
die Grube musste geschlossen werden.<br />
Große Pinge <strong>der</strong> aufgelassenen Eisenerzgrube »Rom« im Oberhagen<br />
Schon auf <strong>der</strong> Karte von ca. 1630 ist<br />
für den Bereich Oberhagen ein „Stollen“<br />
eingetragen. Dieser dürfte mit<br />
einem Bergwerk identisch sein, das<br />
im Lagerbuch von 1617 erwähnt wird<br />
(»auss dem Bergwerkh«). Vieles deutet<br />
jedoch darauf hin, dass <strong>der</strong> Bergbau<br />
im Oberhagen schon viel älter<br />
ist. Die zahlreichen kleinen und<br />
größeren Pingen lassen wohl auf<br />
mittelalterlichen Bergbau schließen.<br />
Die Ausbeutung führte schließlich<br />
zum Einsturz größerer Bereiche, die<br />
sich heute als zwei große, etliche<br />
Zehnermeter tiefe, eingezäunte Pingen<br />
präsentieren.<br />
1816 beschreibt Bergmeister Buff<br />
die Grube: »In dem Kalkgebirge zu<br />
Warstein, welches die Grauwakke begrenzt,<br />
setzt bei Suttrop ein stehen-<br />
WICHTIGER HINWEIS: Etwa 100 m von hier ist die Grube mit einem<br />
Sicherheitszaun abgesperrt. Das Naturschutzgebiet Oberhagen ist ein<br />
Wald, <strong>der</strong> nicht forstwirtschaftlich genutzt wird. Bäume können umstürzen,<br />
Äste auf den <strong>Weg</strong> fallen. Das Betreten des Oberhagens erfolgt<br />
auf eigene Gefahr! Bei starkem Wind, kräftigem Regen und bei Schneefall<br />
sollten Sie die <strong>Weg</strong>e nicht begehen! Unser <strong>Weg</strong>vorschlag führt auf<br />
dem breiten asphaltierten <strong>Weg</strong> hinunter zu den befestigten Straßen.<br />
den Stock [ein Eisenerz-Lager] in den<br />
8. Stunde auf, welche in oberer Teufe<br />
4 und mehrere Lachter [über 8 Meter]<br />
mächtig wird. Er führt Rotheisenstein<br />
mit Eisenglanz, Eisenkiesel<br />
und Kalkspath. Die Grube ist durch<br />
einen Stollen aufgeschlossen, über<br />
welchem aber alles abgebauet ist.<br />
Durch eine wasserreiche Kalkschlatte<br />
wurde es möglich, in <strong>der</strong> Grube eine<br />
Kunst zu bauen, und ist mittelst dieser,<br />
welche auf den Stollen aushebt,<br />
unter die Stollensohle 15 Lachter abgeteuft.<br />
Da <strong>der</strong> Raum, in welchem<br />
sich <strong>der</strong> Eisenstein findet, sich nach<br />
allen Richtungen zusammenzieht, so<br />
ist jetzt das Eisensteinmittel, welches<br />
abgebaut wird, nur noch 4<br />
Lachter lang und 4-5 Fuß mächtig<br />
und die Grube dadurch ihrem Ende<br />
nahe.«<br />
Grundwasser ist beim Bergbau zu<br />
allen Zeiten ein Problem gewesen, so<br />
auch in <strong>der</strong> Grube Rom. Es gelang jedoch,<br />
dieses Problem ausgerechnet<br />
mit dem stark zufließenden Grubenwasser<br />
selbst in den Griff zu bekommen.<br />
Mit dem seitlich zufließenden<br />
Grubenwasser wurde ein Wasserrad<br />
angetrieben, das Pumpen zur Wasserhaltung<br />
tiefer liegen<strong>der</strong> Grubenbereiche<br />
in Bewegung setzte. Dadurch<br />
wurde <strong>der</strong> Abbau 30 Meter unter<br />
dem Niveau des Wasserrades<br />
möglich. Die Grube Rom reichte an<br />
ihren tiefsten Stellen sogar deutlich<br />
unter das Niveau von Wäster und<br />
Bullerteich hinab.<br />
Darstellungen <strong>der</strong> Grube »Rom« und<br />
des Hüttengeländes »angefertigt und<br />
nachgetragen durch den kgl. Markschei<strong>der</strong><br />
A. Gipperich im August<br />
1858, vervollständigt durch Denselben<br />
im November 1859«:<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
5<br />
Berufe in <strong>der</strong> Montanindustrie<br />
Erzfunde in Warstein, die sowohl im Tagebau wie<br />
auch im Bergbau abgebaut wurden und zunächst<br />
in den Schmiedebetrieben, dann in Hüttenbetrieben<br />
verarbeitet wurden, brachten eine große<br />
Zahl spezifischer Berufe mit sich. So entstanden<br />
die nachfolgend beschriebenen Berufe.<br />
• Bergsteiger – Das waren die hoch<br />
ausgebildeten Männer des Bergbaus,<br />
welche die Aufsicht führten<br />
und die Arbeit vorgaben. Oft waren<br />
sie auch Betriebsführer einer<br />
Grube.<br />
• Bergknaben o<strong>der</strong> »Knappen« – so<br />
nannte man die Facharbeiter im<br />
Bergbau. Knappe ist eine alte Be-<br />
zeichnung für jemanden, <strong>der</strong> die<br />
Lehre als Bergmann erfolgreich<br />
abgeschlossen hat (wie <strong>der</strong> Geselle<br />
im Handwerk). Die Bergknappen<br />
bildeten den bergmännischen<br />
Stand.<br />
• Bergmann, Bergfrau – Bezeichnungen<br />
für die Hilfskräfte im<br />
Bergbau.<br />
Modelliersaal <strong>der</strong> Wilhelmshütte Handformerei <strong>der</strong> Wilhelmshütte<br />
»Betrieb-Bureau« <strong>der</strong> Wilhelmshütte Hammerschmiede (Eisenhammer)<br />
Arbeit am Puddelofen<br />
Olsberger Hütte: Montage von Öfen<br />
und Grills<br />
In <strong>der</strong> Eisenherstellung und -verarbeitung<br />
entwickelten sich folgende<br />
Berufe:<br />
• Von Alters her gab es den handwerklichen<br />
Schmied, <strong>der</strong> landwirtschaftliche<br />
Werkzeuge und beson<strong>der</strong>s<br />
in Warstein und Suttrop auch<br />
Nägel sowie in Sichtigvor Ketten<br />
schmiedete.<br />
• Nach dem Aufbau <strong>der</strong> industriellen<br />
Eisenverarbeitung gab es Hütten-<br />
und Bergarbeiter. Das Hochofenpersonal<br />
bestand aus:<br />
– Hüttenmeister/Eisenschmelzer<br />
– Hüttensteller und zwei Aufgeber<br />
(»Massenbläser« genannt)<br />
– Schmelzer und Beschicker<br />
(»Kleinschmelzer« genannt)<br />
– Sandformer, Tonformer, Kernmacher,<br />
Gießer und Platzburschen.<br />
Speziell im Ofenbau gab es Zieseleure,<br />
die die filigranen Muster und Bil<strong>der</strong><br />
in die Gußformen <strong>der</strong> Ofenplatten<br />
einarbeiteten und Lithografen,<br />
Ofenschlosserei <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Eisenwerke,<br />
ca. 1950<br />
Eisengießer beim Guss von Bremstrommeln<br />
in <strong>der</strong> Hütte (1955)<br />
die die Reinzeichnungen <strong>der</strong> Produkte<br />
in <strong>der</strong> Prospekterstellung anfertigten.<br />
Im Eisenhammer waren es Frischund<br />
Hammerarbeiter. Das Hammerpersonal<br />
bestand aus zwei Hammerschmieden<br />
(auch Reck- und Hammerschmied,<br />
kurz »Recker« genannt)<br />
mit ihren Knechten.<br />
Angeglie<strong>der</strong>t an die Hüttenbetriebe<br />
gab es dann noch Balgmacher,<br />
Steinwäscher, Erzputzer, Zimmerleute,<br />
Schreiner, Köhler und Fuhrleute,<br />
die Waren bis Ostpreußen lieferten.<br />
Daneben waren unzählige<br />
Heimarbeiter in einer heimgewerblichen<br />
Fertigwarenproduktion neben<br />
ihrer Landwirtschaft beschäftigt.<br />
Beson<strong>der</strong>s intensiv war die Nagelmacherei.<br />
Ferner gab es im Ort Hufschmiede,<br />
Nagelschmiede, Drahtzieher<br />
und eine Menge Tagelöhner ohne<br />
Beruf, die alle in einer Verbindung<br />
zur Eisenindustrie standen.<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
6<br />
Die Treisequelle<br />
Als Reichsfreiherr von Hoesch Anfang des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts in Warstein<br />
eine Eisenhütte errichten wollte, waren bereits mehrere am<br />
Wasserlauf <strong>der</strong> Wäster gelegene Flächen und die Wasserrechte kurz<br />
zuvor an an<strong>der</strong>e Betriebe (Mühlen und Eisenbetriebe) vergeben<br />
worden. Von Hoesch konnte jedoch auf ein Gelände auf Suttroper<br />
Gebiet ausweichen. Dort unter dem Oberhagen gab es eine für<br />
seine Pläne exzellente, ganzjährig verfügbare Wasserquelle, die<br />
Treise. Ihrer Existenz und Kapazität und den hydrologischen<br />
Beson<strong>der</strong>heiten im <strong>Warsteiner</strong> Kalksattel konnte unsere Heimat die<br />
Ansiedlung <strong>der</strong> St. Wilhelmshütte verdanken, die für unsere<br />
Gemeinden in 300 Jahren viel positives Wachstum und technologische,<br />
weltweit anerkannte Entwicklung brachte.<br />
Bei <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> St. Wilhelmshütte durch Baron<br />
von Hoesch gab es we<strong>der</strong> freie Wasserrechte<br />
an <strong>der</strong> Wäster, noch einen an <strong>der</strong> Wäster gelegenen<br />
freien Platz für die Hütte.<br />
Daher entschied man sich, diese Eisenhütte<br />
auf einem Gelände auf Suttroper Gebiet gleich unterhalb<br />
<strong>der</strong> Treisequelle zu gründen. Die Treise<br />
entspringt am Fuß des Oberhagens. Hydrologisch<br />
bemerkenswert ist, dass diese Quelle immerhin<br />
noch rund 20 Meter oberhalb des Wasserlaufs <strong>der</strong><br />
Wäster und <strong>der</strong> dort auf gleicher Höhe liegenden<br />
an<strong>der</strong>en sehr ergiebigen Quellen entspringt. Diese<br />
Beson<strong>der</strong>heit des <strong>Warsteiner</strong> Kalkmassivs,<br />
Grundwasser kommunizierend auch in größere<br />
Höhen zu führen, verdanken wir die für den Hüttenbetrieb<br />
günstige Lage dieser großen Quelle.<br />
Sie führt ganzjährig temperiertes Karst-Grundwasser,<br />
welches nicht einfriert. Somit war diese<br />
ergiebige Quelle als Wasserkraft für einen<br />
Eisenbetrieb mit seinen Werkstätten und Schmie-<br />
den sehr gut geeignet. Ihre Wassermenge war<br />
wesentlich geringer als die <strong>der</strong> Wäster, doch<br />
konnte man sie hoch anstauen und damit mehr<br />
Kraft aus dem Gefälle gewinnen, als dies an dem<br />
relativ flachen Gefälle <strong>der</strong> Wäster möglich gewesen<br />
wäre.<br />
Damit das Wasser auch in Trockenzeiten<br />
gleichmäßig genutzt werden konnte, wurde ein<br />
Speicherteich von ca. 10 x 35 Meter Ausdehnung<br />
angelegt und ferner das Grubenabwasser <strong>der</strong> Grube<br />
Rom mit eingeleitet. Da im Wasserlauf vor <strong>der</strong><br />
Wilhelmshütte kein an<strong>der</strong>er Betrieb lag, dem man<br />
das Gefälle des Wassers durch Anstauen nehmen<br />
konnte, wurde die Treise relativ hoch angestaut,<br />
um die volle Kraft des Gefälles auszunutzen.<br />
Zunächst geschah die Kraftgewinnung durch<br />
einfache Wasserrä<strong>der</strong>, die allmählich von oberschlächtigen<br />
Wasserrä<strong>der</strong>n mit besseren Wirkungsgraden<br />
ersetzt wurden. Schließlich kam um<br />
1850 die Turbinentechnik auf. Von dem aufge-<br />
stauten Teich führte ein Rohr mit 80 cm Durchmesser<br />
und rund 4 Metern Gefälle auf eine Turbine,<br />
die über ein Kegelradgetriebe eine Transmissionswelle<br />
in <strong>der</strong> mechanischen Werkstatt antrieb.<br />
Hier wurden einerseits direkt über Transmissionsriemen<br />
Maschinen mechanisch angetrieben,<br />
wie an<strong>der</strong>erseits auch ein ca. 30kW großer<br />
Elektro-Generator.<br />
Später, nach Schließung <strong>der</strong> Hütte, wurde diese<br />
Wasserkraft <strong>der</strong> Treise im Emaillierwerk und in<br />
<strong>der</strong> Schleiferei für mechanische Bearbeitungen<br />
genutzt. Die Treise, auch Treßbecke genannt, wird<br />
erwähnt in einer Urkunde vom 13. Februar 1583<br />
aus Anlass des Verkaufs einer Mühle durch Henningius<br />
Schüngel zu Beringhausen an Joachim<br />
Lürwald zu Suttrop. Gebietsstreitigkeiten<br />
zwischen <strong>Warsteiner</strong>n und Suttropern gab es<br />
damals zahlreich. In einem weiteren Kaufbrief<br />
von 1598 wird durch <strong>Warsteiner</strong> Richter und<br />
Schöffen bestätigt, »dass das Spring, welches die<br />
<strong>Warsteiner</strong> die Wesche nennen, die Treiße heiße<br />
und im Suttroper Mark liege«. Die erste urkundliche<br />
Erwähnung <strong>der</strong> »Treyse« stammt aus dem<br />
Jahr 1483.<br />
Speicherteich <strong>der</strong> Wilhelmshütte<br />
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
7<br />
Das Hüttengelände (1)<br />
Treisekapelle Kohlenschuppen Hochofenhalle Hoher Stein Stadtberg<br />
Die <strong>Warsteiner</strong> Gruben- und Hüttenwerke im Jahr 1885<br />
Nachdem in Warstein über mehrere Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
die Gewinnung und Verarbeitung von Eisen in<br />
handwerklichem Rahmen erfolgte, trat mit<br />
Reichsfreiherr Gerhardus von Hoesch ab 1739 ein<br />
kapitalkräftiger und von <strong>der</strong> Obrigkeit protegierter<br />
Investor auf den Plan, <strong>der</strong> unsere natürlichen<br />
Ressourcen nutzte und eine für damalige Zeit<br />
hochmo<strong>der</strong>ne Hüttenanlage errichtete. Nachfol-<br />
Meilensteine<br />
1739 | Konzession durch Kurfürst und Erzbischof<br />
Clemens August an den Reichsfreiherrn Gerhardus<br />
von Hoesch zur Errichtung einer Eisenhütte.<br />
1744 | Errichtung eines Hammerwerkes an <strong>der</strong><br />
Wäster und einer Eisenschneidmühle. Dann gibt<br />
es einige Nachfolgeprobleme. Die einzige Tochter<br />
Hoeschs heiratet einen Reichsgrafen von Hallberg,<br />
<strong>der</strong> jedoch für die Betriebsführung nicht talentiert<br />
ist. Daher setzt von Hoesch seine Enkel<br />
als Erben ein. Diese verkaufen 1835 das Werk an<br />
Johann Kremer aus Dortmund, <strong>der</strong> ein Konsortium<br />
mit verschiedenen Mitbesitzern bildet, Fa.<br />
Kremer, Koch und Clerck. Die Gewerken wechseln<br />
sehr häufig.<br />
1836 | Eine Momentaufnahme in Zahlen: Die<br />
Hütte beschäftigt 178 Arbeiter, im Einzelnen: 22<br />
Bergleute, 40 Köhler, 8 Hammerschmiede, 12 Zimmerleute,<br />
6 Schreiner, 8 Schmiede, 12 Hochofenarbeiter,<br />
12 Tagelöhner, 6 weiteres Hochofenpersonal,<br />
16 Sandformer, 6 Lehmformer, 10 Fuhrleute,<br />
20 Steinklopfer. Effektiv sind im Gelände des<br />
Hüttenwerks und in <strong>der</strong> Gießerei nur etwa 50 Leute<br />
tätig. Produziert werden 1836: 277 Tonnen<br />
Gusswaren, 479 Tonnen Roh- und 200 Tonnen<br />
Stabeisen, zusammen knapp 1000 Tonnen Eisen.<br />
1840 | In diesem Jahr sind es fünf Gewerken:<br />
Hammacher, Luyken sen., Koch, Wilhelm und Karl<br />
Clerk; Hammacher besitzt ein Drittel <strong>der</strong> Firma.<br />
Die Familien Hammacher und Luycen eignen sich<br />
im Laufe <strong>der</strong> Zeit alle Anteile an und bilden eine<br />
neue Firma mit Namen: »Gewerkschaft <strong>der</strong> Sankt<br />
Wilhelmshütte«. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit wächst die Zahl<br />
<strong>der</strong> Teilhaber weiter an, Hammacher ist jedoch die<br />
Seele <strong>der</strong> Firma.<br />
1844 | 650 Tonnen Gusswaren werden produziert<br />
Blick über das Hüttengelände Richtung Süden<br />
gend werden wir einige Meilensteine dieser Hüttengeschichte<br />
darstellen. Am Ende dieser Ära, als<br />
Hütte und Folgebetriebe geschlossen wurden,<br />
hatten Warstein und Suttrop eine 300jährige Industriegeschichte<br />
mit großen Erfolgen erlebt, die<br />
selbstverständlich auch mit ihren Hochs und Tiefs<br />
auf die hiesige Bevölkerung und <strong>der</strong>en Anwachsen<br />
einen ausschlaggebenden Einfluss hatte.<br />
zum Preis von 6,15 Taler je 100 kg, in Summe also<br />
40000 Taler.<br />
1850 | Das Hammerwerk wird in ein Werk für<br />
Achsenproduktion umgewandelt<br />
1857 | Die Hütte hat zwei Hochöfen, die Mitarbeiterzahl<br />
wuchs in den letzten zwanzig Jahren<br />
um 50% an und beträgt nun zusammen 258.<br />
1865 | Die St. Wilhelmshütte beschäftigt 210<br />
Mitarbeiter. Zum Vergleich: 30 Jahre zuvor waren<br />
im Gelände <strong>der</strong> Hütte nur 50 Leute tätig. Der Ausstoß<br />
an Gusswaren beträgt nun 809 Tonnen.<br />
1870-71 | Durch den Krieg mit Frankreich hat<br />
das Werk Hochkonjunktur und produziert insgesamt<br />
1 539 Tonnen Eisen, davon 1 272 Tonnen<br />
Roheisen und 266 Tonnen Gusswaren.<br />
1873 | Die Gewerkschaft wird aufgelöst und eine<br />
Aktiengesellschaft gegründet: »Aktiengesellschaft<br />
<strong>Warsteiner</strong> Gruben- und Hütten-Verein«. Die Familien<br />
Hammacher und Luycen, miteinan<strong>der</strong><br />
verwandt, übertragen ihre Anteile auf zwei bis<br />
drei schon beteiligte Kaufmänner und einen Grubenbesitzer<br />
zum Preis von 850 000 Thaler. Vom<br />
Aufsichtsrat wird beschlossen, eine Zweignie<strong>der</strong>lassung<br />
in Holzheim zu errichten. Die Zahl <strong>der</strong><br />
Arbeiter allein auf <strong>der</strong> St. Wilhelmshütte ist weiter<br />
auf 250 angewachsen – in den letzten zwanzig<br />
Jahren also wie<strong>der</strong>um um rund 20 Prozent.<br />
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
7<br />
Das Hüttengelände (2)<br />
1880 | Ein Krisenjahr: Die Aktiengesellschaft<br />
<strong>Warsteiner</strong> Gruben- und Hütten-Verein hat ein<br />
Grundkapital von 3 750 000 Mark. Die Bilanzen<br />
sind fortschreitend negativ.<br />
1881 | Stilllegung des Hochofens.<br />
1882 | Das Grundkapital wird auf 750 000 Mark<br />
abgewertet.<br />
1884 | Nur zehn Jahre nach dem Höchststand <strong>der</strong><br />
Arbeiterschaft ist die Belegschaft halbiert. Es sind<br />
nur noch 130 Arbeiter auf <strong>der</strong> St. Wilhelmshütte.<br />
Produziert werden nur noch Gusswaren, 439 Tonnen,<br />
verarbeitet in 3 000 Öfen je Monat (bei 30<br />
Modellen) mit je 150 kg Durchschnittsgewicht.<br />
Die Betriebsfähigkeit <strong>der</strong> Eisengießerei ist bis<br />
dahin lange Zeit mangelhaft und lückenhaft gewesen.<br />
1885 | Die Firma geht in die Pleite, Gründung einer<br />
neuen Aktiengesellschaft: »<strong>Warsteiner</strong> Gruben-<br />
und Hütten-Werke«, mit 187 Arbeitern – <strong>der</strong><br />
Ausstoß an Gusswaren steigt auf 828 Tonnen.<br />
Blick von <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Hauptstraße<br />
Durch Ausgabe neuer Aktien können die Gießereianlagen<br />
<strong>der</strong> Oldenburgischen Eisenhüttengesellschaft<br />
in Augustfehn übernommen werden.<br />
Die Mitarbeiterzahl steigt schnell wie<strong>der</strong> auf 241<br />
nur auf <strong>der</strong> St. Wilhelmshütte. In dieser Zusammensetzung<br />
befindet sich das Unternehmen dann<br />
einige Jahrzehnte in ruhigem Fahrwasser.<br />
1925 | Es kommt zur Fusion mit den Herzoglichen<br />
Eisen- und Emaillierwerken AG in Primkenau.<br />
Zu dieser AG gehörten die Dorotheen- und Christianshütte<br />
in Lauterbach bei Primkenau und die<br />
Henriettenhütte.<br />
1945 | Durch den Zweiten Weltkrieg gehen die<br />
Ostwerke in Primkenau verloren.<br />
1948 | Die Firma wird umgewandelt in »<strong>Warsteiner</strong><br />
Eisenwerke AG«.<br />
1967 | Endgültige Stilllegung <strong>der</strong> Fabrikation. –<br />
Das gezeigte Auf- und Ab war gelegentlich Chance<br />
und dann wie<strong>der</strong> Problem für die Bewohner beson<strong>der</strong>s<br />
Suttrops, weil dort die meisten Mitarbei-<br />
1911 vernichtete ein Brand das Lagergebäude<br />
ter wohnten. Verheerend war jedoch die plötzliche<br />
Stilllegung 1967. Auf an<strong>der</strong>en Tafeln stellen<br />
wir dar, welche Folgeaktivitäten jedoch teilweise<br />
die Arbeiterschaft wie<strong>der</strong> auffingen.<br />
Kupolöfen zur Herstellung von Gusseisen<br />
Olsberger Hütte 1972<br />
Olsberger Hütte 1979: Der letzte in Warstein gebaute<br />
Ofen<br />
Luftaufnahme des Hüttengeländes(1959) 1980: Abbruch <strong>der</strong> Hüttengebäude<br />
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
8<br />
<strong>Warsteiner</strong> Öfen und Achsen<br />
Bevor das Bier Warsteins Namen verbreitete, tat<br />
dies bis ca. 1970 die bedeutende <strong>Warsteiner</strong> Eisenindustrie<br />
mit u.a. deutschlandweit beliebten<br />
verzierten Gussöfen sowie weltweit geschätzten<br />
<strong>Warsteiner</strong> Fahrzeugachsen. Diese Eisenindustrie<br />
war <strong>der</strong> Motor für Ansiedlungen und das Wachstum<br />
<strong>der</strong> Stadt sowie <strong>der</strong> umliegenden Orte. Hier<br />
am Platz des alten Hüttengeländes war <strong>der</strong> Sitz<br />
des Unternehmens, das wegen wirtschaftlicher<br />
und gesellschaftsrechtlicher Verän<strong>der</strong>ungen oft<br />
seinen Namen modifizierte – in Warstein nennen<br />
wir es seit jeher »die Hütte«.<br />
Hier am Platz lag seit 1739 die St.-<br />
Wilhelms-Hütte, eines <strong>der</strong> ältesten<br />
Sauerlän<strong>der</strong> Industrieunternehmen.<br />
Die Hütte stellte sich bereits ab<br />
1850, als <strong>der</strong> erste »Fensterrahmen-<br />
Herdguss« erwähnt wird, sehr erfolgreich<br />
auf Eisenguss ein und<br />
nahm einen Aufschwung durch die<br />
Produktion von Maschinenbauteilen,<br />
von Abflussrohren und <strong>der</strong> weit<br />
über die Grenzen hinaus bekannten<br />
<strong>Warsteiner</strong> Gussöfen sowie mit einer<br />
Palette an umsatzstarken Industrieöfen.<br />
Ständige Anpassungen machten<br />
es möglich, dass die Produktion<br />
sogar die für die Region katastrophale<br />
Liquidation von 1967 überdauerte<br />
und <strong>der</strong> Betriebsteil als<br />
Zweigwerk <strong>der</strong> Olsberger Hütte noch<br />
bis 1978 weitergeführt werden<br />
konnte. Das Foto oben rechts zeigt<br />
die 1967 vorgenommene Teilung des<br />
Ofenplatte mit Märchenmotiv<br />
Imposanter Stubenofen (1908)<br />
Blick auf Hüttengelände, Kreisstraße und »Hüttenhäuser« (ca. 1955)<br />
<strong>Warsteiner</strong> Öfen <strong>Warsteiner</strong> Achsen<br />
Betriebes in Olsberger Hütte und<br />
<strong>Warsteiner</strong> Achsen. Zu den <strong>Warsteiner</strong><br />
Achsen gehörte auch noch <strong>der</strong><br />
Betrieb »Eisenhammer«.<br />
Teil <strong>der</strong> Belegschaft <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Achsenfabrik im Jahr 1906<br />
Lkw-Anhänger mit <strong>Warsteiner</strong><br />
Achsen (1961)<br />
Ab 1844 wurden in Warstein die ersten<br />
Achsen für eisenbereifte Fahrzeuge<br />
gefertigt: handgeschmiedete<br />
Last- und Fuhrwerksachsen. Auch<br />
für diese neuen Produkte war die<br />
technologische Entwicklung <strong>der</strong><br />
Gießereien durch das Aufkommen<br />
von Puddlingsöfen (Auffrischen<br />
über Steinkohle) verantwortlich. Die<br />
Eisenhütte richtete ca. 1850 eine<br />
Dreherei, Schleiferei, Schreinerei<br />
und Schmiede ein. So entstand in<br />
Warstein <strong>der</strong> Achsenbau, <strong>der</strong> zum<br />
weltweiten Ruhm <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Wagen- und Bahnachsen führte. Beson<strong>der</strong>s<br />
nach Afrika und Nahost<br />
wurden große Mengen von Kegelrollenlager-Achsen<br />
und Achsaggregaten<br />
für LKW-Anhänger exportiert.<br />
1995 wurde <strong>der</strong> Betrieb eingestellt<br />
und die Gebäude abgerissen.<br />
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8<br />
»Baron« von Hoesch<br />
und die Hütte<br />
1739 beginnt die industrielle Eisenerzeugung<br />
in Warstein-Suttrop: Am 20.<br />
August erteilt Kurfürst Clemens-August<br />
dem Geheimen Rat Mathias Gerhardus<br />
von Hoesch die Konzession, unweit von<br />
Suttrop Eisenschmelzhütten und Eisenhämmer<br />
und davon abhängige Eisenfabriken<br />
auf eigene Kosten zu errichten.<br />
Ferner wird ihm erlaubt, innerhalb zweier<br />
deutscher Meilen nach Eisenerz zu<br />
graben. »Baron« von Hoesch trug<br />
führend dazu bei, neue Technologien<br />
einzuführen und hier am Ort eine solide,<br />
300jährige Industriegeschichte zu<br />
schreiben, die für die Besiedlung<br />
Suttrops große Bedeutung hatte.<br />
Blick über das Hüttengelände zum Stillenberg (etwa 1910)<br />
50<br />
210<br />
600<br />
630<br />
900<br />
600<br />
Die Belegschaftsentwicklung <strong>der</strong><br />
Hütte (teilweise hochgerechnet,<br />
weil nur über Arbeiter berichtet<br />
wird) zeigt die Bedeutung des Unternehmens<br />
für die Umgebung auf.<br />
1750 1836 1872 1926 1943 1967<br />
Verwaltungsmitarbeiter <strong>der</strong> »Hütte« im Jahr 1885 mit Gusseisen-Produkten<br />
Der Grün<strong>der</strong> und sein Werk<br />
Mathias Gerhardus von Hoesch wurde 1698<br />
als zweitältester Sohn des Heinrich Hoesch<br />
in Eschweiler geboren. Dem Vater Heinrich,<br />
Reide- und Kupfermeister, gehörte in jener<br />
Zeit <strong>der</strong> »Junkershammer«. Von Hoesch studierte<br />
Jura und trat 1725 in die Dienste des<br />
preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. und<br />
dann 1733 in die Dienste des Kurfürsten<br />
Clemens August von Köln. Der aus bürgerlichen<br />
Verhältnissen stammende Hoesch benutzte<br />
seine Verbindung nach Frankreich als<br />
Sprungbrett für seine Karriere, die mit dem<br />
preußischen Residentenposten in Düsseldorf<br />
ihren Ausgang genommen hatte. Er war<br />
bis zu seinem 80. Lebensjahr als Diplomat<br />
tätig. Reichsfreiherr von Hoesch starb 1784<br />
im Alter von 86 Jahren.<br />
In Warstein und Suttrop nennen wir ihn<br />
kurz »Baron« von Hoesch. Stellen wir es<br />
einmal richtig: Als die Hütte gegründet<br />
wurde (1739) war er »Wirklich Geheimer<br />
Täglich zogen früher die<br />
Suttroper Arbeiter über die Alte<br />
Kreisstraße zur Hütte und<br />
kehrten abends müde zurück,<br />
um sich zu Hause ihrer kleinen<br />
Landwirtschaft zu widmen.<br />
An ihrem Arbeitsweg errichtete<br />
Siegfried Meier diese<br />
Skulptur, zusammengesetzt<br />
aus gusseisernen Rohren, hergestellt<br />
in <strong>der</strong> „Hütte“. Sichtbar<br />
tragen sie die Krone als<br />
Marken- und Gütezeichen.<br />
Rat«. Zum »Reichsfreiherrn« wurde er 1744<br />
ernannt. Die Hüttenleute nannten ihn kurz<br />
und respektvoll »Baron« von Hoesch.<br />
Es war sein Verdienst, hier in Warstein-<br />
Suttrop die Chance erkannt zu haben, eine<br />
solide Industrie aufzubauen. Die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Eisenhütte für Warstein und Umgebung<br />
ist kaum zu messen, da sie nicht nur Aspekte<br />
<strong>der</strong> Wirtschafts- und Industriegeschichte<br />
<strong>der</strong> Stadt wi<strong>der</strong>spiegelt, son<strong>der</strong>n auch<br />
ein bedeutendes Stück Sozialgeschichte<br />
schrieb. Nicht wenige Familien lebten von<br />
<strong>der</strong> Hütte; in ganzen Traditionslinien waren<br />
Väter, Söhne und Enkel in diesem Unternehmen<br />
beschäftigt.<br />
Um so schlimmer war die plötzliche Liquidation<br />
des Unternehmens 1967, von <strong>der</strong><br />
ca. 600 Mitarbeiter quasi »über Nacht« betroffen<br />
waren. Ein Teil fand Arbeit in den<br />
Folgebetrieben <strong>der</strong> Olsberger Hütte und <strong>der</strong><br />
Firma <strong>Warsteiner</strong> Achsen.<br />
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
9<br />
Der Betrieb Kupferhammer<br />
Obwohl in dem nebenan liegenden Industriebetrieb<br />
schon seit über 200 Jahren kein Kupfer<br />
mehr bearbeitet wird, hat sich sein Name »Kupferhammer«<br />
im Volksmund bis in die Gegenwart<br />
beharrlich gehalten. Erst in den letzten Jahrzehnten<br />
wird im allgemeinen Sprachgebrauch die<br />
Firmenbezeichnung Jungeblodt mehr und mehr<br />
benutzt. Schon vor mehr als 400 Jahren gab es<br />
an dieser Stelle eine Nagelschmiede. Sie wurde<br />
im 30-jährigen Krieg zerstört. 1659 erwarben die<br />
Hollän<strong>der</strong> Jacob und Maria Forkenbeck den verfallenen<br />
Betrieb. Sie gründeten einen Messinghammer<br />
zur Herstellung von Brau- und Brennkesseln.<br />
Erst die Nachbesitzer Retberg und Zahn<br />
wandelten den Messinghammer in einen Kupferhammer<br />
um. Nach seiner Heirat mit Clara Catharina<br />
Zahn erweiterte Johann Theodor Möller den<br />
<strong>Warsteiner</strong> Kupferhammer, gründete zwei weitere<br />
Betriebe im Sauerland und sicherte durch den<br />
Erwerb von Bergwerken die notwendige Rohstoffbasis<br />
für seine Betriebe. Der Kupferhammer<br />
blieb bis 1849 im Besitz <strong>der</strong> Familie Möller.<br />
1848 erwarben <strong>der</strong> 1805 in Warstein<br />
geborene Wilhelm Bergenthal und<br />
dessen Schwiegervater Ferdinand<br />
Gabriel den gesamten Möllerschen<br />
Besitz. Ihr gemeinsamer Unterneh-<br />
Belegschaft des Kupferhammers<br />
mergeist hatte bereits 1834 zum<br />
Bau des Puddelhammers und in <strong>der</strong><br />
Zeit von 1835 bis 1840 zur Errichtung<br />
des Reckhammers geführt. Der<br />
Kupferhammer wurde zu einem Ei-<br />
Luftaufnahme des Kupferhammers (1959), im Hintergrund <strong>der</strong> Bahnhof und<br />
die Gebäude <strong>der</strong> Hütte<br />
sen verarbeitenden Betrieb umgestellt.<br />
Die hier hergestellten hochwertigen<br />
Schmiedestücke, insbeson<strong>der</strong>e<br />
die ganz geschmiedeten Fuhrwerksachsen<br />
und Kutschenfe<strong>der</strong>n,<br />
waren bald über die Landesgrenzen<br />
hinaus bekannt. Weitere Betriebsgründungen<br />
in Lenhausen, Soest,<br />
Dortmund und Westhausen machten<br />
Wilhelm Bergenthal zu einem <strong>der</strong><br />
Pioniere <strong>der</strong> Eisenindustrie. Seine<br />
wirtschaftlichen Erfolge wurden mit<br />
<strong>der</strong> Ernennung zum Geheimen Kommerzienrat<br />
gewürdigt. Wilhelm Bergenthal<br />
starb 1893. Sein Sohn Constantin<br />
und dann sein Neffe Wilhelm<br />
übernahmen das Erbe in Warstein.<br />
Nach dem Tod Wilhelm Bergenthals<br />
erfolgte die Fusionierung mit<br />
<strong>der</strong> Firma Dittmann-Neuhaus zur<br />
neuen Firma Dittmann-Neuhaus &<br />
Gabriel-Bergenthal, die später als<br />
Dittmann-Neuhaus AG weitergeführt<br />
wurde. Neben <strong>der</strong> Achsenfertigung<br />
wurden u.a. hochwertige Schmiede-<br />
Der frühere Kupferhammer – heute<br />
Sitz <strong>der</strong> Firma Jungeblodt<br />
stücke für den Automobilbau und<br />
die Deutsche Bundesbahn gefertigt.<br />
1967 erwarb Hoesch die Mehrheit<br />
<strong>der</strong> Firmenanteile, verlagerte den<br />
Schmiedebereich nach Herbede und<br />
verkaufte den <strong>Warsteiner</strong> Betrieb an<br />
die Firma Heinrich Jungeblodt<br />
GmbH & Co KG. Als Hersteller von<br />
Verbindungselementen und Spezialschrauben<br />
ist die Firma heute einer<br />
<strong>der</strong> führenden Anbieter in Europa.<br />
Derzeit werden hier 235 Mitarbeiter<br />
beschäftigt.<br />
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
9<br />
Das Haus Kupferhammer<br />
Das vor uns liegende schlossartige Gebäude ist<br />
das Haus Kupferhammer, ehemaliges Wohnhaus<br />
<strong>der</strong> Fabrikantenfamilien Möller und Bergenthal.<br />
Johann Theodor Möller hatte durch Heirat 1730<br />
den angrenzenden Kupferhammer und mit ihm<br />
das Wohnhaus erworben. Nicht zuletzt wegen seiner<br />
großen Kin<strong>der</strong>zahl erweiterte er das Gebäude<br />
um die beiden Seitenflügel. Der aufwendige Baustil<br />
einschließlich <strong>der</strong> Gräfte lassen deutlich das<br />
Standesbewusstsein Möllers erkennen. Der großbürgerliche<br />
Lebensstil zeigt sich jedoch beson<strong>der</strong>s<br />
im Umbau und in <strong>der</strong> Erweiterung des Hauses<br />
nach dem Kauf 1848 durch Wilhelm Bergenthal.<br />
Neben dem Wirtschaftsgebäude entstanden<br />
Turm, Remise und eine gediegene<br />
Park- und Gartenlandschaft.<br />
Die Wohnkultur <strong>der</strong> Familie Bergenthal<br />
kann im Rahmen eines Museumsbesuches<br />
eindrucksvoll im Innern<br />
des Hauses Kupferhammer erlebt<br />
werden. Typisches Mobiliar aus<br />
<strong>der</strong> Bie<strong>der</strong>meierzeit, repräsentative<br />
Möbel im florentinischen Renaissancestil,<br />
das überraschend kleine<br />
Arbeitszimmer des Großindustriellen<br />
Wilhelm Bergenthal sowie die für die<br />
Zeit des Historismus typische Einrichtung<br />
und Gestaltung des Festsaales<br />
sind wertvolle Zeitzeugnisse<br />
des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Im Festsaal<br />
finden seit mehr als 40 Jahren die<br />
weit über Warstein hinaus bekannten<br />
»Kupferhammerkonzerte« statt.<br />
Wilhelm Bergenthal verstarb wie<br />
auch sein Sohn und Erbe Constantin<br />
Wilhelm Bergenthal 1893. Das Vermögen<br />
ging an Constantins Sohn<br />
August Wilhelm (✝1943) über. Um<br />
1950 übergab dessen Witwe Ottilie<br />
Bergenthal durch Verkauf bzw.<br />
Schenkung das gesamte, in <strong>der</strong> Gemarkung<br />
Warstein liegende Grundvermögen<br />
<strong>der</strong> Allgemeinheit. Nach<br />
ihrem Willen und in ihrem Auftrag<br />
wurde die Bergenthal-Siedlung systematisch<br />
geplant und verwirklicht.<br />
Dafür standen in den Flurbereichen<br />
»Im Lemmecketeich« und »Am<br />
Schoren« ca. 150 000 qm Land zur<br />
Verfügung, das bis dahin landwirtschaftlich<br />
genutzt wurde. Die Fläche<br />
wurde aufgeteilt in 173 Bauplätze,<br />
die mit wenigen Ausnahmen bebaut<br />
sind.<br />
Damals hatte die Stadt zwar viel<br />
Wald, aber keinerlei Grundbesitz innerhalb<br />
<strong>der</strong> Ortslage. Die Bergenthalsche<br />
Landhergabe ist in <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Geschichte eine einmalige<br />
soziale Tat. Wohin mit den Flüchtlingen<br />
und vielen Fremden, die <strong>der</strong><br />
Krieg nach Warstein brachte? Die<br />
Bergenthal-Siedlung ist für viele von<br />
ihnen eine neue Heimat geworden.<br />
Johann Theodor Möller<br />
(1705-1763)<br />
Die Kupferhammerkonzerte för<strong>der</strong>n heute Warsteins Ruf<br />
Wilhelm Bergenthal<br />
(1805-1893)<br />
Haus Kupferhammer – heute Stadtmuseum Warstein<br />
Die Baugrundstücke für das Gymnasium,<br />
für das Amtsgericht und<br />
viele kleinere Parzellen gingen in<br />
städtisches Eigentum über. Auch erwarb<br />
die Stadt Warstein die sog.<br />
Wästerwiesen nördlich des ehemaligen<br />
Reckhammers als zukünftiges<br />
Industriegelände.<br />
Ottilie Bergenthal<br />
(1888-1951)<br />
Schließlich übertrug Ottilie Bergenthal<br />
durch Schenkung das Haus<br />
Kupferhammer mit dem gesamten<br />
Inventar und allen Nebengebäuden<br />
sowie den Park westlich <strong>der</strong> B55<br />
(Foto unten) und die Gartenflächen<br />
unter Nutzungsauflagen an die<br />
Stadt Warstein.<br />
Der »Bergenthalpark« an <strong>der</strong> B55<br />
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
10<br />
Grube Martinus<br />
und Treisekapelle<br />
Im Gelände <strong>der</strong> LWL-Klinik Warstein liegen für<br />
jeden offen zugänglich die hier beschriebenen<br />
Objekte. Das ehemalige Tagebaugelände <strong>der</strong><br />
Eisenerzgrube Martinus diente später <strong>der</strong> Klinik<br />
als Freilichtbühne und Festplatz. Man erreicht es<br />
Grube Martinus<br />
Zu den zahlreichen Eisengruben des 18. und 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts rund um Warstein gehörte auch die<br />
Grube »Martinus« am Stillenberg. In einer Grubenbeschreibung<br />
aus dem Jahr 1890 heißt es:<br />
»Die Grube Martinus, 1,5 km nördlich von Warstein<br />
gelegen, baut auf einem Eisenerzlager, welches in<br />
ostwestlicher Richtung streicht und mit 45° nach<br />
Süden einfällt. Die Mächtigkeit desselben beträgt<br />
30 m bei einer bauwürdigen Länge von 60 m; das<br />
Nie<strong>der</strong>setzen des Lagers ist bis zu einer Teufe von<br />
16 m bekannt. Der Betrieb <strong>der</strong> Gruben Südbruch,<br />
David und Martinus erfolgt zur Zeit mittelst Tagebaues,<br />
da sämtliche Eisenerzlager nur von einer<br />
wenige Meter starken Humusdecke überlagert werden.<br />
Die vorerwähnten Stollen und Schächte haben<br />
nur den Zweck <strong>der</strong> Wasserlösung und Untersuchung<br />
des Verhaltens <strong>der</strong> Mittel nach <strong>der</strong> Teufe.«<br />
Mit dem Schacht und den Stollen – aus dem<br />
Grubenriss (unten) sind zwei Sohlen in etwa 8 und<br />
18 m bekannt – wurde also das aus dem Berg<br />
fließende Wasser abgefangen, <strong>der</strong> Tagebau unterfahren<br />
und das so gesammelte Wasser hangabwärts<br />
abgeleitet. Dadurch wollte man den Tagebau<br />
wasserfrei halten. Um die Wende zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
wurde die Grube Martinus stillgelegt. Nach<br />
<strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong> psychiatrischen Klinik diente<br />
das ehemalige Tagebaugelände als Freilichtbühne<br />
und Festplatz – eine frühe »kulturelle Nachnutzung«<br />
eines ehemaligen Bergbaustandorts.<br />
Treisekapelle<br />
Die heute auf dem Gelände <strong>der</strong> LWL-Klinik stehende<br />
so genannte Treisekapelle geht auf eine<br />
Kapelle zurück, die ursprünglich in <strong>der</strong> Umgebung<br />
<strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Eisenhütte gestanden hat. Bis<br />
heute ist das genaue Datum ihrer Errichtung<br />
nicht zu ermitteln gewesen. Der erste<br />
Hinweis findet sich in einer <strong>Warsteiner</strong><br />
Kämmereirechnung von 1753. Damals<br />
ist auf <strong>der</strong> städtischen Sägemühle Bauholz<br />
für die „Capellen auff <strong>der</strong> Treisen“<br />
geschnitten worden. Ob damit <strong>der</strong> Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Errichtung erfasst ist, o<strong>der</strong> ob<br />
es sich um eine Renovierung <strong>der</strong> Kapelle<br />
handelt, ist unklar.<br />
Als Kapellenpatron wird <strong>der</strong> Heilige<br />
Aloisius angegeben, was eher unwahrscheinlich<br />
ist. Aloisius von Gonzaga war<br />
erst 1726 heilig gesprochen worden – zu<br />
einer Zeit also, zu <strong>der</strong> die Kapelle möglicherweise<br />
bereits bestand. Wahrscheinlicher<br />
ist eine Verwechslung mit dem heiligen<br />
Eligius (in <strong>der</strong> mittelnie<strong>der</strong>deutschen<br />
Sprache kurz „Loy“ genannt), dem<br />
Patron <strong>der</strong> Schmiede und Bergleute – was<br />
für eine Kapelle nahe an Hüttengrundstücken<br />
direkt am alten Bergwerk im<br />
Oberhagen wohl passend erscheint.<br />
So war die Treisekapelle ursprünglich<br />
wohl ein Bethaus für Berg- und Hüttenarbeiter,<br />
in dem vor <strong>der</strong> Einfahrt in den<br />
Stollen um Schutz und Beistand bei <strong>der</strong><br />
fußläufig oberhalb <strong>der</strong> Elisabethkirche im Wald.<br />
Die Treisekapelle befindet sich gleich im Eingangsbereich<br />
<strong>der</strong> Klinik auf <strong>der</strong> linken Seite. Ein<br />
Besuch des schönen Klinikparks mit alten, seltenen<br />
Bäumen ist empfehlenswert.<br />
Treisekapelle: einziges Gebäude auf dem heutigen<br />
Klinikgelände (um 1900)<br />
gefährlichen Arbeit unter Tage gebetet wurde. Es<br />
wird zudem berichtet, dass das Glöcklein im Turm<br />
jeweils beim Anblasen eines Hochofens <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Hütte geläutet wurde.<br />
Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal erwarb aus<br />
privater Hand die Treisekapelle, die ursprünglich<br />
auf Suttroper Gemeindeland errichtet wurde, dann<br />
jedoch im Rahmen von Betriebserweiterungen<br />
vom erweiterten Hüttengelände umschlossen<br />
wurde. Im Zuge einer Flurbereinigung tauschte<br />
Wilhelm Bergenthal jun. (Neffe und Erbe des<br />
Kommerzienrats) das Grundstück im Jahr 1900<br />
mit einem Stückchen Land, das im Besitz <strong>der</strong> Hütte<br />
war. An diesem jetzigen Standort <strong>der</strong> Treisekapelle<br />
ließ Bergenthal die Kapelle in etwas verän<strong>der</strong>ter<br />
Bauweise noch in <strong>der</strong> Nacht des Abbaus<br />
wie<strong>der</strong> errichten, noch vor dem Bau <strong>der</strong> späteren<br />
»Provinzial-Heilanstalt«. Sie stand dort viele Jahre<br />
auf einer Enklave innerhalb des Grundstücks<br />
des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und<br />
ging 1949 in den Besitz des LWL über, auf dessen<br />
Kosten sie dann renoviert wurde.<br />
Die Kapelle ist heute eine Gedenkstätte für die<br />
1576 Frauen und Männer, die <strong>der</strong> »Euthanasie«,<br />
<strong>der</strong> Tötung aus »rassenhygienischen Gründen« in<br />
<strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus zum Opfer fielen.<br />
Die Gedenkstätte steht jedem Besucher offen.<br />
Jährlich ist sie am Volkstrauertag Ort einer zentralen<br />
Gedenkstunde <strong>der</strong> Stadt Warstein. Besucher<br />
können den Schlüssel in <strong>der</strong> Informationszentrale<br />
im Sockelgeschoss im Gebäude 12 abholen.<br />
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Warstein e.V. © 2008
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
10<br />
Sehenswertes auf dem Gelände<br />
des Landschaftsverbandes<br />
Das Gelände <strong>der</strong> LWL-Klinik hat einige Verbindungen<br />
zur <strong>Warsteiner</strong> <strong>Montangeschichte</strong>: Ein Teil<br />
des Geländes wurde von Wilhelm Bergenthal jun.<br />
erworben und die Treisekapelle, die auf dieser Enklave<br />
aufgestellt wurde, ist für die Bergleute <strong>der</strong><br />
Grube Rom ein wichtiges Bethaus gewesen. Wir<br />
stellen hier für die Besucher des Montangeschichtsweges<br />
drei beson<strong>der</strong>e Sehenswürdigkeiten<br />
in dem schönen öffentlich zugänglichen Park<br />
<strong>der</strong> LWL-Klinik dar.<br />
Klinikpark<br />
Zu je<strong>der</strong> Jahreszeit vermittelt ein<br />
Spaziergang malerische Eindrücke<br />
von <strong>der</strong> über 100-jährigen Parklandschaft.<br />
In östlicher Richtung<br />
geht man am neuen Pflegezentrum<br />
vorbei zu den Mammutbäumen, die<br />
den Blick in das bezaubernde<br />
Dorpketal freigeben. Nachdem man<br />
Psychiatrie-Museum<br />
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens<br />
<strong>der</strong> LWL-Klinik Warstein im<br />
Jahr 2005 wurde im Gebäude 26 ein<br />
Dokumentationszentrum <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
übergeben. Ziel ist es, Zeugnisse<br />
unserer Vergangenheit zu bewahren,<br />
zu ordnen, aufzuarbeiten<br />
und zu präsentieren. Als ein Ange-<br />
Sonnensystemlehrpfad<br />
Hier im Park <strong>der</strong> LWL-Klinik wurde<br />
auf 1 740 Metern Länge die Anordnung<br />
<strong>der</strong> Planeten unseres Sonnensystems<br />
nachgebildet. Dabei wurden<br />
die Abstände untereinan<strong>der</strong>, die<br />
Größenverhältnisse zueinan<strong>der</strong>, sowie<br />
allerhand Wissenswertes über<br />
die Planeten dargestellt. Wir laden<br />
Sie ein, einen Blick auf unser Sonnensystem,<br />
einen kleinen Aus-<br />
das Sozialzentrum im Haus 28 passiert<br />
hat, führt ein kleiner Fußweg<br />
wie<strong>der</strong> ins Zentrum des weiträumigen<br />
Parkgeländes. Ein neu geschaffener<br />
Baumlehrpfad stellt den<br />
Besuchern 25 beson<strong>der</strong>s interessante<br />
Baumarten im Klinikpark<br />
ausführlich vor.<br />
bot an die Öffentlichkeit, aber auch<br />
an Schulen, Fachschulen und Auszubildende<br />
soll die Geschichte dieser<br />
Klinik dem Besucher nahegebracht<br />
werden, als Teil <strong>der</strong> Geschichte des<br />
20. Jahrhun<strong>der</strong>ts – auch mit ihren<br />
Schattenseiten. Das Museum ist für<br />
je<strong>der</strong>mann zugänglich.<br />
schnitt unseres Kosmos, zu werfen.<br />
Der Rundgang beginnt auf dem<br />
Parkplatz direkt neben <strong>der</strong> Pforte.<br />
Eine kleine Holzbrücke führt dann<br />
über die Dorpke in das weiträumige<br />
Gelände mit Blick auf das Verwaltungsgebäude.<br />
Die Gebäude <strong>der</strong> Klinik<br />
wurden in von 1903 bis 1905<br />
vorwiegend im Jugendstil erbaut<br />
und stehen unter Denkmalschutz.<br />
Klinikpark: Allee mit Winter-Linden<br />
Bettensaal im Psychiatriemuseum<br />
Beginn des Sonnensystemlehrpfades<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
11<br />
Der Eisenhammer<br />
1739 beginnt in Warstein-Suttrop unterhalb des<br />
Oberhagens die industrielle Eisenerzeugung mit<br />
<strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Wilhelmshütte. Die Konzession<br />
des Kurfürsten Clemens-August beinhaltete auch<br />
die Errichtung <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Verhüttung abhängigen<br />
Eisenfabriken auf eigene Kosten. Bereits<br />
nach dem ersten Hochofenanstich im Werk Wilhelmshütte<br />
wurde 1741 <strong>der</strong> erste Hammer in einiger<br />
Entfernung zum Hüttengelände, auf dem<br />
später danach benannten Gelände »Am Eisenhammer«,<br />
in Betrieb genommen.<br />
Eisenhammer, Ostseite<br />
Die Wahl fiel auf diesen Standort an<br />
<strong>der</strong> Wäster,<br />
• weil die Wassermenge <strong>der</strong> Treise<br />
am Hüttengelände für einen Hammerbetrieb<br />
nicht ausreichend war<br />
• weil weitere Plätze am Wasserlauf<br />
<strong>der</strong> Wäster in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Hütte<br />
wasserrechtlich belegt waren<br />
• weil im Bereich des Geländes »Eisenhammer«<br />
genügend Grund und<br />
Wasserkraft für Bau und Betrieb<br />
eines Eisenhammers vorhanden<br />
war.<br />
Der Hammerschmied an diesem wasserbetriebenen<br />
Eisenhammer verarbeitete<br />
die »Luppen« (Roheisenstücke)<br />
<strong>der</strong> Wilhelmshütte zu Flacho<strong>der</strong><br />
Vierkanteisen und zu Grobblechen.<br />
Durch spätere Schweißung<br />
wurden die Produkte teils zu Stabeisen<br />
verbunden und zu weiterver-<br />
arbeitenden Handwerksschmieden<br />
geliefert. Das Stabeisen hatte bereits<br />
die Qualität für die Weiterverarbeitung<br />
zu Wagenreifen.<br />
Für den Transport stand ein eigener<br />
Fuhrpark zur Verfügung. 1758<br />
wurde <strong>der</strong> zweite inzwischen wasserradbetriebene<br />
Hammer in Betrieb<br />
genommen, weil während des Siebenjährigen<br />
Krieges am ersten Hammer<br />
erhebliche Schäden angerichtet<br />
worden waren. 1784 folgte <strong>der</strong> dritte<br />
Hammer. Neue Technologien <strong>der</strong><br />
Wasserkraftnutzung machten 1800<br />
eine Aufstauung des Wästerwassers<br />
erfor<strong>der</strong>lich – leistungsstärkere Wasserrä<strong>der</strong><br />
mit oberschlächtiger Wasserführung<br />
steigerten die Leistungsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Eisenhämmer.<br />
Die Qualität des Eisens war inzwischen<br />
durch hochwertigere Erze<br />
Eisenhammer, Westseite<br />
aus <strong>der</strong> Grube Rom soweit gestiegen,<br />
dass bereits 1830 die ersten<br />
Wagenachsen geschmiedet werden<br />
konnten, was sich schon bald als<br />
weitsichtige Produktionsplanung<br />
herausstellen sollte. Um 1860 konnte<br />
so <strong>der</strong> Eisenhammer die Fertigung<br />
von Achsen forcieren, um Konkurrenzen<br />
in an<strong>der</strong>en Produktionsbereichen<br />
aus dem Ruhrgebiet kompensieren<br />
zu können. An <strong>der</strong> Ruhr war<br />
inzwischen die Holzkohle durch die<br />
wesentlich ergiebigere Steinkohle<br />
abgelöst worden.<br />
Um 1870 hielt <strong>der</strong> Dampfdruck<br />
als Energiequelle Einzug in das Werk<br />
– die Kraft wurde genutzt für den<br />
Einsatz von Drehmaschinen. 1898<br />
gelang mit <strong>der</strong> Lufthammertechnik<br />
eine bahnbrechende Innovation: Im<br />
Werk Eisenhammer war das Freiformschmieden<br />
möglich, und innerhalb<br />
weniger Jahre entwickelte sich<br />
<strong>der</strong> Eisenhammer zur »Größten Achsenfabrik<br />
Deutschlands«. <strong>Warsteiner</strong><br />
Achsen wurden in alle Teile <strong>der</strong> Erde<br />
geliefert.<br />
Während des Zweiten Weltkrieges<br />
stellte <strong>der</strong> Eisenhammer bis zu<br />
90 Prozent Rüstungsgüter her, neben<br />
Lastachsen auch Granatwaffen<br />
und Geschütze. Nach dem Krieg<br />
gründete <strong>der</strong> Eisenhammer neben<br />
<strong>der</strong> Achsenfertigung neue Fabrikationszweige.<br />
Nach einem Konkurs<br />
(1967) erfolgte ein neuer Aufschwung<br />
unter <strong>der</strong> Firmierung <strong>Warsteiner</strong><br />
Achsenfabrik – Achsen wurden<br />
in großer Menge vorwiegend für<br />
Nahost produziert.<br />
1988 zog die Achsenfabrik mit<br />
<strong>der</strong> Produktion nach Büren, nur die<br />
Schmiede blieb im Werk Eisenhammer.<br />
1995 wurden die Gebäude verkauft<br />
und noch im gleichen Jahr abgerissen.<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
12<br />
Reckhammer<br />
Der Geheime Kommerzienrat<br />
Wilhelm Bergenthal (Grün<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Firma Gabriel & Bergenthal)<br />
schuf in den Jahren 1834 bis<br />
1838 im Wästertal auf einer<br />
unbebauten Wiesenparzelle<br />
einen Stahlraffinier-Hammerbau,<br />
später im Sprachgebrauch<br />
als »Reckhammer« bezeichnet.<br />
Betrieben wurde hier ein Achsen-<br />
Geschläge, eine Achsen-Dreherei<br />
und eine Achsenbüchsen-<br />
Gießerei.<br />
Im Werk Reckhammer war die Vor-Fabrikation angesiedelt<br />
für die Achsen-Geschläge auf dem Puddelhammer<br />
(nördliches Nachbarwerk) und für die<br />
Achsen-Herstellung auf dem Kupferhammer<br />
(Hauptwerk 1 Kilometer südlich). Alle drei Betriebe<br />
gehörten in dieser Zeit <strong>der</strong> Werksgründung<br />
Reckhammer (Mai 1959)<br />
Reckhammer mit Rückhaltebecken<br />
zur Firma Gabriel & Bergenthal und arbeiteten<br />
fabrikationsspezialisiert miteinan<strong>der</strong> und einan<strong>der</strong><br />
zu. In den Jahren vor 1914 kam die Fabrikation<br />
im Reckhammer zum Erliegen – mit dem Tod<br />
von Wilhelm Bergenthal (1893) waren die Eigentumsverhältnisse<br />
neu geregelt worden. Der Reckhammer<br />
wurde durch den Enkel Wilhelm Bergenthals<br />
jun. bis 1914 landwirtschaftlich genutzt und<br />
zeitweise auch für landwirtschaftliche Nutzungszwecke<br />
verpachtet.<br />
Ab 1914 lief die Fabrikation im Werk Reckhammer<br />
wie<strong>der</strong> an, und zwar zur Deckung des vorrangigen<br />
Bedarfs an Rüstungsgütern während <strong>der</strong><br />
Zeit des Ersten Weltkrieges. Dazu wurde in diesem<br />
Werk eine so genannte »Spezial-Bearbeitungs-<br />
Werkstätte« errichtet, welche vorrangig <strong>der</strong> Rüs-<br />
tungsindustrie zuarbeitete. Bereits 1915 wurde<br />
<strong>der</strong> Reckhammer an die neu gegründete GmbH<br />
»Reckhammer, Gesenkschmie<strong>der</strong>ei« abgetreten.<br />
Zum Geschäftsführer wurde Hubert Brockerhoff<br />
bestellt, <strong>der</strong> bis dahin langjährige Erfahrungen als<br />
Betriebsführer in <strong>der</strong> Gesenkschmiede <strong>der</strong> Firma<br />
Peters & Co, am Hüttenplatz, gesammelt hatte.<br />
1917 fusionierte diese GmbH »Reckhammer,<br />
Gesenkschmie<strong>der</strong>ei« zur neuen Gesellschaft »Dittmann-Neuhaus<br />
& Gabriel-Bergenthal«. Die alten<br />
Gebäude des Reckhammers wurden im Zuge dieser<br />
Fusion abgerissen; es entstand an gleicher<br />
Stelle eine neue Fabrik als Hammerwerk für den<br />
Kupferhammer, <strong>der</strong> sich erfolgreich auf die Fertigung<br />
von leichten Fahrzeugachsen spezialisiert<br />
hatte. Der Reckhammer war – wie <strong>der</strong> nördlich gelegene<br />
Puddelhammer – mit kurzen Unterbrechungen<br />
stets ein Dependance-Betrieb des Kupferhammers.<br />
Die Auslagerung dieser Betriebsstätten lag einerseits<br />
in <strong>der</strong> mangelnden Möglichkeit <strong>der</strong> Betriebserweiterung<br />
am Kupferhammer begründet.<br />
Die Standortfolge <strong>der</strong> drei Betriebe hintereinan<strong>der</strong><br />
gab an<strong>der</strong>erseits auch die Möglichkeit, das<br />
Gefälle <strong>der</strong> Wäster für den dreifachen Stau des<br />
Wassers als Primär-Energie für den Betrieb <strong>der</strong><br />
Hämmer zu nutzen.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
13<br />
<strong>Warsteiner</strong> Bodenschätze<br />
Die Stadt Warstein verdankt ihre Entwicklung den<br />
Vorkommen nutzbarer Metallerze in ihrer Umgebung.<br />
Es soll noch einmal in Erinnerung gerufen werden,<br />
dass die Wiege <strong>der</strong> westfälischen Industrialisierung<br />
noch vor dem Ruhrgebiet hier im Sauer- und Siegerland<br />
gestanden hat, was auf unseren natürlichen Ressourcen<br />
– Erzvorkommen, Wasserkraft, Holzkohle und<br />
Kalk – beruhte. Vor allem das Eisenerz erlangte wirtschaftliche<br />
Bedeutung, wurde in zahlreichen Bergwerken<br />
abgebaut und in den Hütten- und Hammerwerken<br />
verarbeitet. Flurnamen belegen, dass im Mittelalter<br />
auch Kupfer und Blei abgebaut worden sind.<br />
In <strong>der</strong> Neuzeit wurde noch bis 1949 Eisenerz abgebaut.<br />
Heute wird allein <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Massenkalk in<br />
großen Tagebauflächen gewonnen – <strong>der</strong> untertägige<br />
Abbau <strong>der</strong> immer noch reichlich vorhandenen Eisenerze<br />
ist dagegen nicht mehr wirtschaftlich.<br />
Flurnamen aus alten Akten und Urkunden verweisen<br />
auf eine Kupferkuhle (Anno 1429: »Koperkuhlen«) und<br />
auf eine Bleikuhle im Dahlborn (Anno 1737: »auf dem<br />
Dahlborn bei <strong>der</strong> Bleikuhlen«). Damit sind die urkundlichen<br />
Hinweise auf den Abbau von Kupfer sogar älter<br />
als die schriftlichen Hinweise auf den Eisenerz-Abbau,<br />
für den sich erst 1489 <strong>der</strong> Verweis auf die »Winterkuhle«<br />
findet, die in <strong>der</strong> Umgebung <strong>der</strong> späteren Grube<br />
David gelegen hat.<br />
Im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t wurde im <strong>Warsteiner</strong> Raum sehr<br />
viel »gemutet«, also nach nutzbaren Erzvorkommen<br />
gesucht, wie aus den Akten <strong>der</strong> Bergämter hervorgeht.<br />
Wer ein Mineralvorkommen gefunden hatte und nun<br />
wirtschaftlich nutzen und abbauen wollte, musste das<br />
Vorkommen dem zuständigen Bergamt anzeigen. Ein<br />
»Berggeschworener«, also ein Beamter <strong>der</strong> Bergbehörden,<br />
besichtigte das freigelegte Erz-Vorkommen.<br />
Wenn das Vorkommen bestätigt werden konnte, wurde<br />
ein »Feld« abgegrenzt und verliehen. In diesem Bereich<br />
durfte nun das gefundene Mineral abgebaut werden.<br />
Die Mutungskarte – abgebildet ist eine stark vereinfachte<br />
Fassung – für den <strong>Warsteiner</strong> Raum zeigt ein<br />
schwer zu entwirrendes Netz <strong>der</strong> verschiedensten Fel<strong>der</strong>.<br />
Blei, Kupfer, Eisen, Schwefel, Mangan, Alaun,<br />
Zink, Pyrit, Dachschiefer – für all diese Rohstoffe sind<br />
im <strong>Warsteiner</strong> Raum einmal Bergwerksfel<strong>der</strong> verliehen<br />
worden. Mittlerweile sind diese Fel<strong>der</strong> fast alle erloschen.<br />
Bilsteinhöhle/<br />
Wildpark<br />
An vielen Stellen wurden Fel<strong>der</strong> auf „Marmor“ verliehen. Darunter<br />
wurden Gesteinsarten verstanden, die geschnitten, geschliffen und poliert<br />
werden konnten. Auch heute noch wird <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Kalkstein in<br />
einigen Steinbruchbetrieben auf <strong>der</strong> Grundlage dieser alten Rechte als<br />
»Marmor« abgebaut. Tatsächlich wurden aus <strong>Warsteiner</strong> Gestein in <strong>der</strong><br />
Vergangenheit auch geschnittene und geschliffene Platten hergestellt.<br />
Rund um Warstein lassen sich unzählige Spuren des alten Bergbaus<br />
finden: Pingen, kleinere Tagebauten, Halden, verstürzte Schächte und<br />
Stollen. Eine zeitliche Einordnung dieser Spuren ist meist schwierig. Immer<br />
wie<strong>der</strong> setzte man bei <strong>der</strong> Suche nach ergiebigen Vorkommen an altbekannten<br />
Stellen an. Der neue Bergbau verwischte dabei die Spuren des<br />
älteren Bergbaus.<br />
Arbeitspause im Stollen <strong>der</strong> Grube »Christiansglück« (1949)<br />
P L A T T E<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008<br />
Foto: Sauerlän<strong>der</strong> Heimatbund
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
13<br />
Bergbau im Stillenberg<br />
Der Stillenberg ist in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
eine bedeutende<br />
Lagerstätte im <strong>Warsteiner</strong> Raum<br />
gewesen. Hier wurden Grubenfel<strong>der</strong><br />
verliehen, für die Gewinnung<br />
ganz unterschiedlicher<br />
mineralischer Rohstoffe: Eisen,<br />
Kupfer, Blei, Pyrit, Marmor,<br />
Mangan. Entsprechend vielfältig<br />
sind die sichtbaren Bergbauspuren<br />
im Stillenberg. Dabei fällt<br />
es heute schwer, die verschiedenen<br />
Pingen, Tagebauten,<br />
Schurfgräben und verstürzten<br />
Stollenmundlöcher mit den in<br />
den Akten genannten Abbau-<br />
Orten zu identifizieren.<br />
Lageskizze <strong>der</strong> im Gelände ermittelten Alt-Bergbau-Spuren<br />
Ausschnitt aus dem »Verleihungs-Riß« <strong>der</strong> Grube Johanne 1 von 1863<br />
Oberhalb des Klinik-Geländes lassen<br />
sich zahlreiche Bergbauspuren<br />
ausmachen. Ein großer verstürzter<br />
Stollenbereich liegt unterhalb <strong>der</strong><br />
Kapelle auf dem Stillenbergskopf.<br />
Weiter westlich finden sich zahlreiche<br />
Pingen unklaren Alters. Ein<br />
Bergwerks-Verzeichnis von ca.<br />
1817 nennt eine Grube »Stielenberg«.<br />
Diese wird niedriger besteuert,<br />
als an<strong>der</strong>e Bergwerke (z. B.<br />
Oberhagen und Südbruch). Das<br />
Bergwerk im Stillenberg wurde damals<br />
von <strong>der</strong> Suttroper Hütte betrieben.<br />
In <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
war es <strong>der</strong> Briloner Unternehmer<br />
Peter Ulrich, <strong>der</strong> zahlreiche<br />
Schürf-Versuche durchführen ließ.<br />
1854 wurden die verschiedenen<br />
Schürfe und Gruben zum Grubenfeld<br />
»Wrangel« zusammengefasst.<br />
Gegen die Verleihung <strong>der</strong> Bergwerksfel<strong>der</strong><br />
legte Wilhelm Hammacher,<br />
Gewerke <strong>der</strong> Suttroper Eisenhütte,<br />
jeweils Protest ein. Er bezog<br />
sich dabei auf das Bergbau-Privileg<br />
von 1739, das dem Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Eisenhütte den Bergbau auf Eisen<br />
im weiten Umkreis vorbehielt.<br />
Am Westabhang des Stillenberges<br />
ist 2006 ein großes, bis dahin<br />
unbekanntes, Altbergbau-Feld gefunden<br />
worden. Auf einer Fläche<br />
von ca. 3 Hektar ließen sich fast 20<br />
Pingen ermitteln, die auf ehemalige<br />
Schächte hinweisen. Halden und<br />
Plateaus vervollständigen das Bild.<br />
Die Kleinräumigkeit, die vermutete<br />
große Zahl an Schächten, deutet auf<br />
möglicherweise bereits mittelalterlichen<br />
Bergbau hin.<br />
Auch dieser alte Bergbau hatte<br />
Nachfolger im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />
1863 mutete <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Anton<br />
Ditz auf Kupfererz und Marmor – offensichtlich<br />
in den Stollen des älteren<br />
Bergbaus. Dieses Bergwerksfeld<br />
erhielt den Namen »Johanne 1«.<br />
1865 wurde Johann Fri<strong>der</strong>itzi als<br />
»För<strong>der</strong>ungs-Aufseher für die Grube<br />
Johanne I« vereidigt. Ob in diesem<br />
Kleinst-Bergwerk nennenswerter Abbau<br />
stattgefunden hat, konnte noch<br />
nicht ermittelt werden.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
14<br />
Der Puddelhammer<br />
Im Jahr 1834 errichtete <strong>der</strong> 1805 in Warstein geborene<br />
Wilhelm Bergenthal mit seinem Schwiegervater<br />
Ferdinand Gabriel am unteren Lauf <strong>der</strong><br />
Wäster einen Stahl-Raffinierhammer, wandelte<br />
diesen aber schon ein Jahr später in einen Puddelhammer<br />
um. Hier wurden die Fortschritte auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Stahlerzeugung in die Tat umgesetzt.<br />
1840 erweiterte man die Firma um einen<br />
Das Puddelverfahren dient zur Herstellung<br />
von Stahl aus Roheisen. Im<br />
Puddelverfahren erzeugtes schmiedbares<br />
Eisen heißt auch Schmiedeeisen.<br />
Wenn dieses Material härtbar<br />
ist, heißt es auch Schmiedestahl.<br />
Erfunden hat das Puddelverfahren<br />
1784 <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> Henry Cort. Er<br />
hatte bemerkt, dass <strong>der</strong> in heißem<br />
Roheisen enthaltene Kohlenstoff<br />
verbrennt, wenn Luft darüber<br />
streift. Beim Puddeln wird das Roheisen<br />
in großen Pfannen eines Puddelofens<br />
geschmolzen und dann mit<br />
langen Stangen durch eine seitliche<br />
Öffnungs-Klappe durchgerührt<br />
(puddled). Unter Zugabe von Reduktionsmitteln,<br />
insbeson<strong>der</strong>e Kohle,<br />
und mittels häufigem Umrühren<br />
wird so Stahl hergestellt. Dieses Verfahren<br />
wurde ab ca. 1870 durch<br />
Heiße Luft: Das Puddelverfahren<br />
Bessemer- und Thomas-Windfrischverfahren<br />
abgelöst. Durch das Puddeln<br />
wird die Schlackeschicht durchbrochen<br />
und das Eisen immer wie<strong>der</strong><br />
sauerstoffhaltigen Verbrennungsgasen<br />
ausgesetzt und somit gefrischt,<br />
um die Verunreinigungen<br />
auszutreiben und den Kohlenstoff<br />
zu verbrennen.<br />
Die Weiterverarbeitung <strong>der</strong> Luppe<br />
ermöglicht die Erzeugung von<br />
preiswertem Massenstahl. Diese Arbeit<br />
war extrem schwer und auch<br />
nicht ungefährlich. Ein Puddelvorgang<br />
dauerte etwa 24 Stunden, bis<br />
aus dem rohen Eisen schmiedbarer<br />
Stahl geworden war. Die Qualität des<br />
Stahls hing im wesentlichen vom<br />
Geschick und <strong>der</strong> Kraft des Puddlers<br />
ab. Es bildeten sich Klumpen aus<br />
Stahl, die <strong>der</strong> Puddler mit einer Zan-<br />
In <strong>der</strong> Feuerkammer (A) wird<br />
Kohle o<strong>der</strong> ein an<strong>der</strong>er<br />
Brennstoff verbrannt. Dadurch<br />
schmilzt das Roheisen,<br />
welches in dem muldenförmigen<br />
Herd (B) liegt. Die<br />
über das Eisen streichende<br />
heiße Luft (C) lässt die Beimengungen<br />
wie Kohlenstoff<br />
oxidieren, bevor sie über den<br />
Schornstein (D) entweicht.<br />
Das Eisen kommt während<br />
des Vorgangs nur mit Heißluft<br />
in Berührung, nicht mit<br />
<strong>der</strong> Kohle und wird dadurch<br />
nicht erneut verunreinigt.<br />
flußaufwärts liegenden Reckhammer; nach dem<br />
Kauf des Möllerschen Kupferhammers errichtete<br />
Bergenthal 1850/51 in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
ein zweites Puddelwerk, das später zum<br />
Hauptsitz <strong>der</strong> Firma wurde. Durch die verbesserte<br />
Stahlproduktion wurde in <strong>der</strong> Folge ein neuer<br />
industrieller Aufschwung ermöglicht: <strong>der</strong> Bau von<br />
Fahrzeugachsen, die Weltgeltung erlangten.<br />
Plan des Puddelhammers vom März 1858<br />
ge aus dem Ofen holte. Dadurch<br />
konnte ein bruchfester, elastischer<br />
Stahl in größeren Mengen hergestellt<br />
werden.<br />
Bis dahin gab es nur zwei Eisenwerkstoffe,<br />
die in größeren Mengen<br />
verfügbar waren. Zum einen Gusseisen,<br />
welches aber wegen des hohen<br />
Kohlenstoffgehaltes sehr spröde<br />
war. Zum an<strong>der</strong>en Schmiedeeisen,<br />
aus dem Rennfeuerverfahren gewonnen,<br />
wo durch das Ausschmieden<br />
des enthaltenen Kohlenstoffs<br />
und <strong>der</strong> Schlacketeile im rotglühenden<br />
Zustand diese größtenteils entzogen<br />
und das Eisen dadurch elastischer<br />
wurde. Dieses Verfahren war<br />
aber vor allem wegen des hohen<br />
Arbeitsaufwandes sehr teuer. Aber<br />
auch das Puddel-Verfahren ist sehr<br />
arbeitsintensiv. Außerdem verbraucht<br />
<strong>der</strong> Ofen ständig Brennstoff.<br />
Dadurch ist auch dieses Verfahren<br />
Puddelhalle<br />
teuer. Zudem können in einem Puddelofen<br />
nur Mengen von höchstens<br />
300 kg Eisen in einem Arbeitsgang<br />
verarbeitet werden. Die Herstellung<br />
von größeren Mengen Stahl ist auf<br />
diese Weise nicht möglich.<br />
Anfänglich wurde das Puddeln<br />
noch mit Wasserkraft durchgeführt.<br />
Aber schon 20 Jahre nach Eröffnung<br />
des Werkes kam 1858 die erste<br />
Dampfmaschine mit Transmissionsantrieb<br />
zur Erleichterung <strong>der</strong> Arbeitsgänge<br />
hinzu.<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
14<br />
Holzkohle aus dem<br />
<strong>Warsteiner</strong> Wald<br />
Zur Verhüttung des <strong>Warsteiner</strong> Eisenerzes brauchte<br />
man sehr hohe Temperaturen, die nur über die<br />
Verwendung von Holzkohle erzielbar waren. Der<br />
um 1800 ca. 3800 Hektar große <strong>Warsteiner</strong> Wald<br />
mit seinen ausgedehnten Buchenbeständen bot<br />
hierfür hervorragende Bedingungen. Das Holz wur-<br />
Traditionspflege: Kohlenmeiler<br />
Die wirtschaftliche Bedeutung <strong>der</strong> Holzkohlegewinnung<br />
wird beson<strong>der</strong>s dadurch deutlich, dass<br />
jährlich ein Magistratsbeschluss festlegte, wo<br />
Holzkohle gemacht werden durfte und wieviel<br />
dafür zu bezahlen war. Heimische Abnehmer waren<br />
zunächst die vielen Nagel-Schmiedebetriebe.<br />
1634 kam dann <strong>der</strong> erste Messinghammer dazu,<br />
aus dem sich 1730 <strong>der</strong> Kupferhammer entwickelte.<br />
Zu <strong>der</strong> alten Blashütte am Hüttenplatz kam<br />
1739 als Großabnehmer für Holzkohle die St. Wilhelmshütte<br />
hinzu, die dann jedoch 1881 geschlossen<br />
werden musste. Einer <strong>der</strong> Gründe dafür<br />
war <strong>der</strong> Mangel an Holzkohle, insbeson<strong>der</strong>e aber<br />
die technologische Überlegenheit <strong>der</strong> Steinkohlehütten.<br />
Bedenkt man, dass zur Gewinnung von<br />
einer Tonne Roheisen 50 Festmeter Holz notwendig<br />
sind, so wird deutlich, dass zur Blütezeit <strong>der</strong><br />
Eisenhütten, Schmieden und Hämmern sehr viel<br />
Holz im <strong>Warsteiner</strong> Wald eingeschlagen wurde.<br />
Schon im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t stellte man fest:<br />
»... dass <strong>der</strong> selbige Wald durch die Schmiede und<br />
große hütten mit sambt den großen hecken<br />
schädlich verwüstet und verhaven worden ...«<br />
Und weiterhin beklagte man: »... weiterhumb die<br />
Berge so abgekohlet und das holtz zum Brande<br />
abgefahren seye, dass das Jenige zu Unterhaltung<br />
vieler hütten und hämmer nicht zureichig ist ...«.<br />
Auf großer Fläche war keine Waldbestockung<br />
mehr zu finden, <strong>der</strong> Wald von damals ähnelte eher<br />
einer Parklandschaft von heute, viele Flächen, wie<br />
Der <strong>Warsteiner</strong> Wald heute<br />
etwa <strong>der</strong> Kahlenberg, waren gänzlich mit Heide<br />
bewachsen.<br />
Die vierfache Belastung des Waldes durch<br />
Holzkohlegewinnung, Brennholz- und Bauholznutzung<br />
sowie Waldweide mit Streunutzung hatte<br />
verheerende Folgen. Ende des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
waren viele Flächen kahl gehauen und vergrast.<br />
Abgeholzte Waldfläche mit typischer Heidebildung<br />
de überwiegend im Wald verkohlt und mit Ochseno<strong>der</strong><br />
Eselskarren nach Warstein transportiert. Meiler-<br />
o<strong>der</strong> Kohlplätze findet man im <strong>Warsteiner</strong><br />
Wald noch an vielen Stellen In Warstein fand die<br />
Holzkohle reißenden Absatz. Sie wurde auch in<br />
das benachbarte Siegerland weiterverkauft.<br />
Holz konnte nicht mehr ausreichend geerntet werden,<br />
um die örtliche Bevölkerung zu versorgen,<br />
viele Eisenbetriebe konnten nur noch zeitweise<br />
produzieren. Um noch ein wenig Brennholz für<br />
den heimischen Ofen zu machen, wurden den stehenden<br />
Buchen die untersten Äste abgeschnitten<br />
(Schneitelung).<br />
Der Holzmangel blieb für die heimische Eisenindustrie<br />
nicht ohne Folgen. Hinzu kam, dass<br />
Steinkohle inzwischen höhere Schmelztemperaturen<br />
möglich machte, unsere hiesige Industrie<br />
jedoch durch die noch fehlende Möglichkeit des<br />
Eisenbahntransportes <strong>der</strong> Kohle (erst ab 1883)<br />
keine Chance gegen die aufkommende Konkurrenz<br />
im Ruhrgebiet hatte. Leergehauene Wäl<strong>der</strong> und<br />
fehlende wirtschaftliche Transportverbindungen<br />
trugen mit zum Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Hüttenbetriebe<br />
bei.<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
15<br />
Die »Linnhoff’sche Draht-<br />
und Stiftefabrik«<br />
Die Linnhoff’sche Draht- und Stiftefabrik (so <strong>der</strong><br />
Sprachgebrauch in <strong>der</strong> Bevölkerung) hatte zu<br />
allen Zeiten ihres Bestehens eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />
für die Entwicklung <strong>der</strong> Wirtschaft und<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung in <strong>Belecke</strong>. Durch Ansiedlung<br />
Mitarbeiter des Drahtzuges (um 1900)<br />
Gründung und<br />
Entwicklung<br />
Für eine Liegenschaft an <strong>der</strong> <strong>Belecke</strong>r Landstraße,<br />
grenznah zwischen Warstein und <strong>Belecke</strong>, erhielt<br />
<strong>der</strong> Unternehmer Theodor Linnhoff 1829 die Konzession<br />
zum Betrieb einer Drahtwalze im Westertal.<br />
Schon fünf Jahre nach <strong>der</strong> Inbetriebnahme<br />
gründete er auf einem nahegelegenen Grundstück<br />
in <strong>Belecke</strong> bereits ein zweites Werk als Stabeisenhammer.<br />
Nach den Anfängen als Betrieb mit<br />
Drahtwalze und Stabeisenhammer entwickelten<br />
sich beide Werke bereits um 1860 erfolgreich<br />
durch den Kauf neuer Maschinen zu einer Drahtzugfabrik<br />
(Fabrik Warstein) und einer Stiftefabrik<br />
(Fabrik <strong>Belecke</strong>).<br />
Während in <strong>der</strong> Drahtzugfabrik aus Eisen <strong>der</strong><br />
<strong>Warsteiner</strong> Hütten Draht im Feinzug bearbeitet<br />
wurde, erfolgte in <strong>der</strong> Stiftefabrik die Weiterverarbeitung<br />
des gezogenen Drahtes ausschließlich<br />
zu Nägeln.<br />
Der schon erfolgreiche Betrieb bei<strong>der</strong> Werke<br />
erlebte einen weiteren deutlichen Aufschwung<br />
durch den Anschluss an die Landeseisenbahnstrecke<br />
zwischen Lippstadt und Warstein, die<br />
1883 eröffnet wurde. Schon bald darauf lieferten<br />
beide Werke den überwiegenden Teil ihrer Produktion<br />
nach China und Japan – für damalige<br />
Weltmarktverhältnisse ein beachtenswerter Unternehmenserfolg.<br />
Durch Zusammenlegung verschiedener Werke,<br />
auch <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> Anton und Theodor Linnhoff, erfolgten<br />
in den kommenden Jahren Umbenennungen:<br />
1874 in »Westfälische Union«, 1898 in<br />
»Phoenix – Westfälische Union« und schließlich<br />
1925 in »Vereinigte Stahlwerke« – mit <strong>der</strong> letzteren<br />
ging dann auch die überraschende Schließung<br />
bei<strong>der</strong> Werke einher.<br />
von Arbeitern, nicht nur allein aus <strong>der</strong> Region,<br />
verän<strong>der</strong>te sich <strong>der</strong> bäuerliche Charakter <strong>Belecke</strong>s<br />
– mit <strong>der</strong> Arbeiterschaft entwickelte sich im Zuge<br />
<strong>der</strong> Industrialisierung in <strong>Belecke</strong> neben den<br />
Ackerbauern eine neue soziale Schicht.<br />
Bedeutung für<br />
<strong>Belecke</strong><br />
In <strong>der</strong> Nähe des Betriebes sorgten 1875 bis 1880<br />
die Generaldirektoren Kamp und Beukenberg für<br />
Grundstücke, auf denen sich Arbeiter <strong>der</strong> Werke in<br />
Betriebsnähe ansiedeln konnten (heute Heinrich-<br />
Kamp-Straße und Beukenbergstraße).<br />
Aus kleinen Anfängen heraus war die Zahl <strong>der</strong><br />
Arbeiter in <strong>der</strong> Blütezeit <strong>der</strong> Fabrik um das Jahr<br />
1900 auf mehr als 330 angewachsen. Ein Großteil<br />
<strong>der</strong> Familien in <strong>Belecke</strong> lebte in dieser Zeit vom<br />
wirtschaftlichen Erfolg <strong>der</strong> beiden zueinan<strong>der</strong><br />
gehörenden Werke. 1925 kam mit <strong>der</strong> sich weltweit<br />
verschlechternden Wirtschaft ein für <strong>Belecke</strong><br />
tragischer Schlag: Beide Werke wurden von den<br />
»Vereinigten Stahlwerken« übernommen – und<br />
aus vollem Betrieb heraus von einem Tag auf den<br />
an<strong>der</strong>en geschlossen!<br />
Begründet wurde die Schließung mit <strong>der</strong> angeblich<br />
ungünstigen verkehrstechnischen Lage<br />
und vor allem mit stockendem Absatz in China<br />
und Japan. Mehr als 300 Menschen in <strong>Belecke</strong><br />
(damals etwa 1700 Einwohner) standen ohne Perspektive<br />
auf <strong>der</strong> Straße. Verstärkt durch furchtbare<br />
Unwetter und Hochwasser im Jahr zuvor<br />
(1924) war die Schließung <strong>der</strong> »Linnhoff’schen<br />
Draht-und Stiftefabrik« für die <strong>Belecke</strong>r Bevölkerung<br />
<strong>der</strong> Beginn einer schweren Zeit von Hunger<br />
und Not für viele Jahre.<br />
Neue Anfänge<br />
Aus den Werkshallen im Westertal gingen 1949<br />
die Esser-Werke hervor, die sich von Beginn an<br />
auf die Herstellung von hochverschleißfesten För<strong>der</strong>rohren<br />
spezialisiert haben. Wie<strong>der</strong> gehen vom<br />
Westertal aus Spezialprodukte in fast alle Län<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Welt.<br />
Aus <strong>der</strong> Werksfeuerwehr bei<strong>der</strong> Fabriken ging<br />
nach <strong>der</strong> Werksschließung im Jahr 1925 die Freiwillige<br />
Feuerwehr <strong>der</strong> Stadt <strong>Belecke</strong> hervor.<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
16<br />
Das Westerwerk <strong>der</strong><br />
Firma Siepmann<br />
Hier auf dem Industriegelände befanden sich<br />
nacheinan<strong>der</strong> zunächst seit 1829 die Linnhoff’sche<br />
Stiftefabrik, dann ab 1939 das Siepmann<br />
Westerwerk. 1939 kauften die Siepmann-Werke<br />
die ehemaligen Werksanlagen <strong>der</strong> »Phoenix –<br />
Gesenkhammergruppe 1905-1932, gemalte Darstellung<br />
Die Linnhoff’sche Draht-und Stiftefabrik<br />
hatte zu allen Zeiten ihres Bestehens<br />
eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />
für die Entwicklung <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
und <strong>der</strong> Bevölkerung in <strong>Belecke</strong>.<br />
Dies wurde bereits auf unserer Tafel<br />
15 hinter dem Esser-Werk ausführlich<br />
beschrieben.<br />
Nach <strong>der</strong> Schließung <strong>der</strong> Stiftefabrik<br />
diente <strong>der</strong> Industriekomplex<br />
vorübergehend als Unterkunft für<br />
Notstandsarbeiter und für den Arbeitsdienst,<br />
bis er 1939 von <strong>der</strong> expandierenden<br />
Firma Siepmann erworben<br />
wurde. Im hier gezeigten<br />
Gelände befand sich das ehemalige<br />
»Westerwerk« <strong>der</strong> Firma Siepmann,<br />
die hier den Gesenkbau, eine<br />
Schweißerei und die große Lehrwerkstatt<br />
einrichteten.<br />
Westfälischen Union« in <strong>Belecke</strong>. Sie richteten<br />
hier eine mo<strong>der</strong>ne Lehrwerkstätte ein, in <strong>der</strong> bis<br />
in die 80-er Jahre des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts ständig<br />
mehr als 100 Lehrlinge in Metallberufen eine<br />
gute Ausbildung absolvieren konnten.<br />
Der Komplex <strong>der</strong> früheren Stiftefabrik vor dem Umbau.<br />
Das Siepmann-Westerwerk nach dem Umbau. Im Hintergrund die neu entstandene Arbeitersiedlung. Der Sellerberg ist<br />
zum Aufnahmezeitpunkt praktisch noch unbebaut.<br />
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Fotos: Archiv Siepmann
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
16<br />
Bergbau in <strong>Belecke</strong><br />
Auch am Südabhang <strong>der</strong> Haar wurde in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
Bergbau auf verschiedene Rohstoffe<br />
betrieben: So findet sich in Allagen Westendorf<br />
ein »Eisenbrink«, in Drewer wurde sogar in bescheidenem<br />
Maße Steinkohle gewonnen. Wirkliche<br />
Bedeutung scheint aber vor allem <strong>der</strong> Blei-<br />
Bergbau im Bereich zwischen <strong>Belecke</strong> und Rüthen<br />
gehabt zu haben. Jedoch liegt die Hochphase<br />
dieser bergbaulichen Aktivitäten vor dem Dreißigjährigen<br />
Krieg, sodass es nur sehr wenige urkundliche<br />
Hinweise gibt. Spätere Bemühungen in<br />
diesen Fel<strong>der</strong>n waren nur von kurzer Dauer und<br />
nicht von nachhaltigem Erfolg gekrönt.<br />
Der <strong>Belecke</strong>r Sattel zwischen <strong>der</strong><br />
Kaiser-Heinrich-Quelle und den<br />
Steinbrüchen bei Drewer bietet verschiedene<br />
geologische Beson<strong>der</strong>heiten:<br />
die einzige Salz-Quelle des Sauerlandes,<br />
Mineralien und Vererzungen.<br />
Möglicherweise sind diese Erze<br />
ganz in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> frühmittelalterlichen<br />
Burg »Baduliki« schon<br />
sehr früh aufgefallen.<br />
Der erste sichere Hinweis auf<br />
Bergbau in <strong>Belecke</strong> stammt aber<br />
erst aus einem Bericht, den <strong>der</strong><br />
Bergmeister Caspar Engelhard im<br />
<strong>Belecke</strong>r Flurkarte (aus <strong>der</strong> Chronik zur 1000-Jahrfeier 1938)<br />
In <strong>der</strong> Gemarkungskarte von 1630 sind Hütten, Mühlen und Gruben verzeichnet.<br />
Jedoch fehlen jegliche Hinweise auf Blei-Bergbau in <strong>Belecke</strong>.<br />
17. Jahrhun<strong>der</strong>t, vermutlich nach<br />
dem Dreißigjährigen Krieg, verfasste,<br />
in dem er den Zustand <strong>der</strong><br />
Bergwerke im Erzstift Köln beschreibt:<br />
„Waß sonsten die berckwercke<br />
bey Meschede, Beelicke und<br />
statt Rüden belangt, dieselben lieggen<br />
alle stille.“<br />
Die <strong>Belecke</strong>r Bleierzvorkommen<br />
rund um Külbensteine und Kaiser-<br />
Heinrich-Brunnen bilden gewissermaßen<br />
die »Verlängerung« <strong>der</strong> Rüthener<br />
Vorkommen. Für Rüthen ist<br />
aus dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t ein Bergwerk<br />
belegt, in dem nach Kupfer,<br />
Blei und Silber gegraben wurde. Der<br />
Kölner Erzbischof belieferte dieses<br />
Bergwerk mit Holz, das über Lörmecke<br />
und Glenne geflößt wurde.<br />
Dieses Bergwerk befand sich »Im<br />
Kumpf«, <strong>der</strong> heutigen Gemarkung<br />
»Rote Kumpen«. Mehrfach werden<br />
in Registern Einnahmen aus diesem<br />
Bergwerk erwähnt. Nach <strong>der</strong> Stilllegung,<br />
auf die sich die obige Nachricht<br />
von Bergmeister Engelhard bezieht,<br />
muss noch einmal ein Versuch<br />
unternommen worden sein, den<br />
Bergbau bei Rüthen zu beleben;<br />
1681 berichtet Bergmeister Chris-<br />
toph Frantze über ein neues Bleibergwerk<br />
bei Rüthen mit gedoppeltem<br />
Pumpwerk – zusetzendes Grubenwasser<br />
scheint also ein großes<br />
Problem gewesen sein. Später wird<br />
von diesem Bergwerk nichts mehr<br />
berichtet.<br />
Im Jahr 1834 bittet die Arnsberger<br />
Regierung den <strong>Warsteiner</strong> Bürgermeister,<br />
Nachforschungen anzustellen<br />
ȟber alte Bergwerke, welche<br />
in längst vergangenen Zeiten in<br />
<strong>der</strong> Gegend <strong>der</strong> Sendhöfe [Sennhöfe]<br />
und dem ehemaligen Siedhause<br />
[gemeint ist wohl das Badehaus]<br />
nach dem Walde zu auf Silber, Blei<br />
und Antimon betrieben worden sein<br />
sollen«.<br />
In <strong>Belecke</strong> gab es im Jahr 1835<br />
noch einmal ein leises »Berggeschrei«,<br />
als <strong>der</strong> Seiler Philipp Föhring<br />
an die Regierung in Arnsberg<br />
berichtete, man habe »bei <strong>der</strong> Badeanstalt«<br />
(also im Bereich Külbe)<br />
Blei-Erz entdeckt. Nach mehrtägigen<br />
Arbeiten wurde das Grubenwasser<br />
aber zum Problem. Der Bitte um<br />
Beihilfen zum Weiterbetrieb wurde<br />
nicht entsprochen. 1836 wird diese<br />
neue Grube als nicht mehr in Betrieb<br />
angegeben.<br />
Auch im Bereich <strong>der</strong> Lanfer gab<br />
es einen Stollen, in dem nach Blei<br />
gesucht wurde.<br />
Noch heute lassen sich verschiedene<br />
Hinweise auf alten Bergbau<br />
rund um die Külbensteine finden<br />
(die dort aber vom späteren Hartsteinabbau<br />
gestört sind).<br />
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17<br />
Siepmann und <strong>Belecke</strong><br />
Mit Schaufeln, Spaten, Forken und Ziergitterspitzen<br />
fing alles an, als Emil und Hugo Siepmann<br />
im Jahr 1891 die Fabrik in Betrieb nahmen,<br />
die ihr Schwager Peters aus dem Konkurs<br />
<strong>der</strong> Firma Hüsing in Warstein gekauft hatte. Die<br />
Brü<strong>der</strong> Siepmann entwickelten die Firma Peters<br />
& Cie. zu einer erfolgreichen Gesenkschmiede,<br />
die schon 1911 durch Kauf von ihrem Schwager<br />
Peters in ihr Eigentum überging und erst 1938<br />
Anfänge: ursprünglicher Standort <strong>der</strong> Siepmann-Werke war <strong>der</strong> Hüttenplatz in Warstein (Foto von 1888)<br />
Das Möhnewerk in <strong>Belecke</strong> nach dem ersten Erweiterungsbau<br />
1916<br />
Eine entscheidende Bedeutung für die Entwicklung<br />
<strong>Belecke</strong>s in jeglicher Hinsicht sollte die<br />
Gründung <strong>der</strong> Siepmann-Werke hier im Jahr 1911<br />
erlangen. Das Werk wurde 1891 in Warstein von<br />
einem Schwager <strong>der</strong> späteren Inhaber Emil und<br />
Hugo Siepmann, Louis Peters aus Hagen, an <strong>der</strong><br />
Stelle des in Konkurs gegangenen Betriebes Hüsing<br />
gegründet. Die Firma nannte sich anfangs<br />
Peters und Cie. und begann mit etwa 20 Mann die<br />
Produktion. 1891 übernahm Emil Siepmann als<br />
Betriebsleiter die Aufgabe, Schaufeln, Spaten,<br />
Heu- und Düngergabeln aus Stahl zu schmieden<br />
o<strong>der</strong> aus Stahlblech zu pressen. Außerdem<br />
schmiedete man, wie schon vorher, im Gesenk<br />
Gitterspitzen und -verzierungen. Der Betrieb war<br />
veraltet und musste in je<strong>der</strong> Hinsicht verbessert<br />
werden.<br />
Ab 1892 standen die beiden Brü<strong>der</strong> Emil und<br />
Hugo Siepmann als Leiter an <strong>der</strong> Spitze des Unternehmens.<br />
In wenigen Jahren bewiesen sie, was<br />
Unternehmergesinnung zustande bringen kann.<br />
1895 wurden sie zu Teilhabern mit dem Ziel, den<br />
Betrieb ganz zu ihrem eigenen zu machen. Das alte<br />
Fertigungsprogramm wurde bald aufgegeben.<br />
Die Brü<strong>der</strong> erkannten, dass ihre Zukunft im Gesenkschmieden<br />
liege. Und so stellten sie den Betrieb<br />
ganz um. Es kam ihnen darauf an, ein Werk<br />
aufzubauen, das eine bedeutende Zukunft vor<br />
sich hatte.<br />
Nachdem Teilhaber Drees 1895 ausgeschieden<br />
war, konnten sie auch den zweiten Teilhaber Peters,<br />
dessen Namen das Werk trug, 1910 abfinden.<br />
Der Name <strong>der</strong> Firma, die sich durch Qualitätslieferungen<br />
von Einzelteilen für das Fahrrad, das Automobil,<br />
die Eisenbahn, überhaupt für den Fahrzeugbau,<br />
bereits einen Ruf erworben hatte, blieb<br />
in Siepmann-Werke umbenannt wurde. Der Bau<br />
eines Zweigwerkes in <strong>Belecke</strong> wurde 1910 in<br />
Angriff genommen, 1911 konnte dieses Werk<br />
die Fertigung aufnehmen. Das Jahr 1911 ist damit<br />
eine entscheidende Etappe des Landstädtchens<br />
<strong>Belecke</strong> auf dem <strong>Weg</strong> zur Industrialisierung,<br />
zu einer in <strong>der</strong> Folgezeit fast vollständigen<br />
Verän<strong>der</strong>ung seines dörflich-ländlichen<br />
Charakters.<br />
Möhnewerk 1912<br />
zunächst bestehen und wurde 1938 in Siepmann-<br />
Werke umbenannt. Das Unternehmen wuchs zusehends.<br />
Die Platzverhältnisse in Warstein ließen<br />
jedoch keine genügende Ausweitung zu.<br />
Hier fehlte es auch an einem Eisenbahnanschluss<br />
für das Werk. So mussten sich die Gebrü<strong>der</strong><br />
Siepmann nach neuen Möglichkeiten umsehen.<br />
Versuche, sich in Warstein an an<strong>der</strong>er Stelle<br />
auszudehnen, schlugen fehl. Nach verschiedenen<br />
Fühlungnahmen entschieden sich die Gebrü<strong>der</strong><br />
Siepmann 1909 für einen Geländekauf in <strong>Belecke</strong>,<br />
nahe beim Güterbahnhof. Der Bau eines Zweigwerkes<br />
wurde 1910 in Angriff genommen, und<br />
1911 konnte es die Fertigung aufnehmen. Das<br />
Jahr 1911 ist damit eine entscheidende Etappe<br />
des Landstädtchens <strong>Belecke</strong> auf dem <strong>Weg</strong>e zur Industrialisierung,<br />
zu einer in <strong>der</strong> Folgezeit fast<br />
vollständigen Verän<strong>der</strong>ung seines dörflich-ländlichen<br />
Charakters!<br />
Blick in die alte Schmiede II im Möhnewerk<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
17<br />
Folge-Industrien<br />
Die Aufnahme einer eigenen Fertigung von Stahl-<br />
Armaturen für die Industrie im Jahr 1946 durch<br />
die Firma Siepmann – heute Stahl-Armaturen Persta<br />
GmbH – kennzeichnet die Entwicklung zahlreicher<br />
Industrie-Folgebetriebe. Die Übernahme<br />
einer Produktionshalle <strong>der</strong> Firma Siepmann war<br />
ab 1945 <strong>der</strong> Start für eine erfolgreiche Ansiedlung<br />
<strong>der</strong> Elektroindustrie in <strong>Belecke</strong>, die Weltruf<br />
genießt. Insgesamt bietet das rechts abgebildete<br />
Gelände mit den Firmen Siepmann, Persta, Infineon<br />
und AEG und den darin praktisch ständig<br />
beschäftigten Handwerksbetrieben rund 3 000<br />
Menschen einen krisenfesten Arbeitsplatz.<br />
Das Siepmann-Möhnewerk nach Erweiterung 1951.<br />
Im Hintergrund <strong>der</strong> noch unbebaute Sellerberg.<br />
Die Siepmann-Werke haben durch<br />
eine wechselvolle Geschichte mit<br />
Einschränkungen durch die Weltwirtschaftskrise<br />
und Expansionen<br />
durch Kriegsbedarf stets große Auswirkungen<br />
auf die Entwicklung <strong>der</strong><br />
<strong>Belecke</strong>r Bevölkerung gehabt. Der<br />
steile Aufstieg, <strong>der</strong> auch große Bevölkerungsteile<br />
nach <strong>Belecke</strong> holte,<br />
begann 1933. Zug um Zug wurde <strong>der</strong><br />
Betrieb erweitert und mo<strong>der</strong>nisiert.<br />
Es entstand in <strong>Belecke</strong> die mo<strong>der</strong>nste<br />
Gesenkschmiedeanlage Europas.<br />
Eine letzte Neuanlage war im Entstehen<br />
begriffen, als <strong>der</strong> Krieg 1945<br />
mit seinem Ausgang alles zum Stillstand<br />
und den gesamten Betrieb bis<br />
dicht an den Rand des Abgrundes<br />
brachte.<br />
Von 2 600 qm im Jahr 1910,<br />
6500 qm im Jahr 1918 und 11 600<br />
qm 1938 war die bebaute Fläche des<br />
Werkes bis 1944 auf<br />
26 000 qm angewachsen.<br />
Nach <strong>der</strong> Besetzung<br />
<strong>Belecke</strong>s am 8.<br />
April 1945 kam <strong>der</strong><br />
Betrieb vorübergehend<br />
völlig zum Erliegen.<br />
Mit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong><br />
Firma Persta und <strong>der</strong><br />
Ansiedlung <strong>der</strong> im<br />
Kriege versprengten<br />
Halbleiter-Aktivitäten<br />
<strong>der</strong> AEG begann jedoch sehr zügig<br />
<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufbau dieses Industriegebietes.<br />
Die Leistungshalbleiter <strong>der</strong><br />
AEG aus <strong>Belecke</strong> erreichten schon<br />
Wirtschaftswun<strong>der</strong> in <strong>Belecke</strong>: Die AEG im Jahr 1950<br />
Erfolgreicher Industriestandort: Gewerbegebiet <strong>Belecke</strong>-West<br />
gleich nach <strong>der</strong> Werksgründung<br />
Weltrang. Dies hat sich bis heute<br />
nicht verän<strong>der</strong>t. In <strong>der</strong> Phase des<br />
Wie<strong>der</strong>aufbaus wurden von diesen<br />
Betrieben einschließlich <strong>der</strong> zahlreichen<br />
zuzuordnenden Heimarbeiter<br />
und Handwerker in <strong>der</strong> Spitze rund<br />
4000 Menschen beschäftigt. Heute<br />
befindet sich eine nahezu krisensichere<br />
Mischung von Betrieben, die<br />
alle aus <strong>der</strong> ursprünglichen Montandann<br />
Metallindustrie hervorgingen,<br />
Bedampfung von Siliziumscheiben<br />
für Leistungshalbleiter bei Infineon<br />
AG.<br />
in dem Industriegebiet: Siepmann<br />
(Gesenkschmiede), Persta (Stahlarmaturen),<br />
AEG (Stromversorgungen),<br />
Infineon (Leistungshalbleiter),<br />
AEG-EFO (Elektrofotografische<br />
Bildträger).<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> Arbeitsplätze hat<br />
mit rund 3000 Mitarbeitern weiterhin<br />
eine herausragende Bedeutung<br />
für die Stadt Warstein.<br />
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<strong>Montangeschichte</strong><br />
18<br />
Produkte <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Industrie <strong>Warsteiner</strong> Eisenerz wurde abgebaut, erschmolzen<br />
und zu Produkten verarbeitet.<br />
Es begann mit Schmiedeerzeugnissen wie<br />
Nägeln, Garten- und Ackergeräten. Dann<br />
folgte Grauguss für Öfen und Stahlproduktion<br />
für Achsen. Sehr stark entwickelten<br />
sich die Gesenkschmiede-Erzeugnisse.<br />
Nach dem 2. Weltkrieg kamen Armaturenbau,<br />
Regalbau und die Elektroindustrie<br />
hinzu. Vom Schmiedenagel über<br />
Öfen, Achsen, Gesenkschmiedestücke,<br />
Kraftwerksarmaturen, hochfeste Reaktorschrauben<br />
bis hin zur Leistungselektronik<br />
Frühe Erzeugnisse für Garten und Landwirtschaft<br />
kamen aus den Schmiedebetrieben<br />
Sog. »Irischer Dauerbrandofen«<br />
aus Warstein<br />
Eine <strong>der</strong> vielen Nagelschmieden, die<br />
auch z.T. in Heimarbeit produzierten<br />
und Leistungshalbleitern waren <strong>Warsteiner</strong><br />
Produkte stets führend im Weltmarkt.<br />
Das Auslieferungslager für <strong>Warsteiner</strong> Stubenöfen zeigt einen<br />
Teil <strong>der</strong> deutschlandweit bekannten <strong>Warsteiner</strong> Öfen.<br />
Hochfeste Stahl-Reaktorschrauben<br />
<strong>der</strong> H. Jungeblodt GmbH & Co. KG<br />
Aluminium-Regalbau und -Ladenbau<br />
aus Warstein<br />
Dreherei für <strong>Warsteiner</strong> Lkw-Achsen,<br />
die weltweite Bedeutung hatten<br />
Blick in die Versandabteilung für <strong>Warsteiner</strong> Achsen. Später<br />
wurde die Produktion nach Büren und Saudi-Arabien verlagert.<br />
Hochspannungs-IGBT und lichtzündbare<br />
Thyristoren <strong>der</strong> Infineon AG<br />
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
18<br />
Kettenfabrik und Heim-<br />
schmieden in Sichtigvor<br />
Im Zuge <strong>der</strong> Industrialisierung ab Mitte des 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts boten sich eisenverarbeitende Fabrikationen<br />
auch für das Möhnetal an. Schon<br />
1831 gründete Kaspar Kellerhoff in Sichtigvor eine<br />
Eisendrahtzieherei. Einige Jahre später baute<br />
Victor Röper in Sichtigvor eine Fabrik, in <strong>der</strong> aus<br />
Stabeisen Ketten geschmiedet wurden. Das Jahr<br />
1840 gilt als die Geburtsstunde <strong>der</strong> »Sichtigvorer<br />
Kettenzeit«. Die Fabrik verhalf etlichen Arbeitern<br />
zu allen Zeiten ihres Bestehens zu Arbeit und<br />
Brot. Landwirte konnten im Nebenerwerb selbstständig<br />
und eigenverantwortlich kleine Kettenschmieden<br />
betreiben. Heute würde man sie als<br />
»Subunternehmer« <strong>der</strong> Kettenfabrik ansehen. Das<br />
alte Handwerk des Kettenschmiedens wird im<br />
Kettenschmiedemuseum Sichtigvor demonstriert.<br />
Kettenschmiede in <strong>der</strong> Römerstraße in Sichtigvor<br />
Die an <strong>der</strong> Möhnestraße gegründete<br />
Kettenfabrik konnte unter den späteren<br />
Eigentümern Großkurt und<br />
Schlieper über beide Weltkriege bis<br />
in das Jahr 1955 betrieben werden.<br />
Großer Abnehmer war z.B. die Marine<br />
für Ankerketten.<br />
Die Zusammenarbeit mit den<br />
Heim-Kettenschmieden war unkompliziert<br />
geregelt: Die Fabrik stellte<br />
den Heimschmieden das Rohmateri-<br />
al zur Verfügung und nahm die geschmiedeten<br />
Ketten gegen Entlohnung<br />
zum Weitervertrieb an. Bis ca.<br />
1915 stieg allein in Sichtigvor die<br />
Zahl dieser Heim-Kettenschmieden<br />
auf über 30 Betriebe mit rund 70<br />
beschäftigten Kettenschmieden an.<br />
Der Vorgang des Kettenschmiedens<br />
lässt sich wie folgt beschreiben:<br />
Das eiserne Ausgangsmaterial,<br />
4 bis 28 mm dicke und 4 Meter lan-<br />
Zehn Schmiede arbeiten in <strong>der</strong> Kettenschmiede Beckmann an ihren Feuern.<br />
ge Rundstäbe, wurden durch kräftige<br />
Schläge (»Abstoßen«) in Stücke<br />
gleicher Länge zerlegt, um diese<br />
dann in U-Form zu biegen. Auf dem<br />
Vorwärmer hingen die U-Stücke mit<br />
ihren Enden über <strong>der</strong> Glut, um sie<br />
dann auf dem Amboss mit Zange<br />
und Hammer »anzuschärfen«. Das<br />
offene U-Stück wurde darauf in das<br />
letzte Glied <strong>der</strong> hängenden Kette<br />
eingeflochten, auf einer »Taille« mit<br />
Hammerschlag verschlossen und<br />
anschließend in <strong>der</strong> weißen Glut des<br />
Schmiedefeuers, mit <strong>der</strong> Zange gehalten,<br />
feuerverschweißt. Mit kräftigen<br />
Hammerschlägen wurde zuletzt<br />
die Schlacke entfernt und sofort<br />
das nächste U-Stück mit <strong>der</strong><br />
Zange zur obiger Verarbeitung ergriffen.<br />
Der Vorgang erfor<strong>der</strong>t ein<br />
gutes Augenmaß und handwerkliches<br />
Geschick.<br />
Der Schmied Heinrich Hillebrand-<br />
Hauswirth (Kettenwerk Schlieper)<br />
Zwei Kettenschmiede bei <strong>der</strong> Arbeit<br />
Ohne zusätzlich eingeblasenen<br />
Sauerstoff ließ sich die benötigte<br />
Weißglut nicht herstellen. Nach anfänglichem<br />
Handbetrieb mit Blasebälgen<br />
betrieben fast alle Kettenschmieden<br />
in Sichtigvor ein 2 bis 3<br />
Meter hohes Laufrad, in dem ein<br />
kräftiger Hund durch seinen Lauftrieb<br />
die Drehkraft für die Blasebalgkurbel<br />
lieferte.<br />
Eine bessere Lösung, den Blasebalg<br />
zu bewegen, fanden die Sichtigvorer<br />
mit <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Wasserkraft,<br />
soweit irgendein Wasserlauf<br />
verfügbar war o<strong>der</strong> umgeleitet<br />
werden konnte. Nicht nur beim Einbau<br />
von Wasserrä<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n auch<br />
bei <strong>der</strong> Wandlung <strong>der</strong> Drehbewegung<br />
in die Hubbewegung des Blasebalgs<br />
über Stangen und Drähte<br />
zeigten Sichtigvorer bemerkenswertes<br />
Können und Erfin<strong>der</strong>geist. Viele<br />
Jahre taten diese Konstruktionen<br />
zum Anblasen <strong>der</strong> Schmiedefeuer ihre<br />
Dienste – bis sie ab 1910 durch<br />
elektrisch betriebene Ventilatoren<br />
ersetzt wurden.<br />
Die letzte Kettenschmiede stellte<br />
gegen Ende <strong>der</strong> 1960-er Jahre ihre<br />
Arbeit ein.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
18<br />
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong> <strong>Montangeschichte</strong><br />
Warstein gehört zu den Städten im Sauerland, die<br />
sich durch eine alte erfolgreiche Montanindustrie<br />
maßgeblich entwickelt haben. Hinweise des Eisenhüttenwesens<br />
reichen in Warstein zurück bis<br />
in die jüngere Eisenzeit (um 600 v.Chr.). Diese<br />
Geschichte hat <strong>der</strong> Stadtmarketingverband mit<br />
Hilfe vieler Wissensträger und Dokumente in den<br />
Jahren 2007 und 2008 zusammengetragen und<br />
auf diesem »Wan<strong>der</strong>weg <strong>der</strong> <strong>Montangeschichte</strong>«<br />
mit 18 Stationen und 33 Tafeldarstellungen dokumentiert.<br />
Darüber hinaus besteht eine Daten-<br />
DVD, auf <strong>der</strong> die Original-Dokumente, Texte, Grafiken<br />
und Fotos aufzurufen sind, die während <strong>der</strong><br />
Nachforschungen gesammelt wurden.<br />
Montanindustrie zwischen <strong>Belecke</strong> und Warstein: <strong>der</strong> Puddelhammer<br />
Der <strong>Weg</strong> <strong>der</strong> <strong>Montangeschichte</strong> ist<br />
auch ein <strong>Weg</strong> durch die Geschichte<br />
<strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Montanindustrie, die<br />
sich über viele Jahrhun<strong>der</strong>te zurückverfolgen<br />
lässt. Zu allen Zeiten<br />
prägte die Eisenverarbeitung das Erscheinungsbild<br />
dieser Stadt, aber<br />
auch ihrer Bevölkerung, die sich immer<br />
wie<strong>der</strong> den Entwicklungen angepasst<br />
hat.<br />
Der Begriff Eisenverarbeitung<br />
steht in Warstein für Gründung und<br />
Ausbau, Arbeit und Existenz, Innovation<br />
und Qualität. Er steht aber<br />
auch für die Erkenntnis, stärkeren<br />
Kräften globaler Entwicklungen<br />
nachgeben zu müssen, wenn die<br />
Zeit dafür gekommen ist. Die Eisenindustrie<br />
in Warstein musste in den<br />
90-er Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
den Standortvorteilen <strong>der</strong> großen<br />
Industrieregionen an Rhein und<br />
Ruhr nachgeben.<br />
Ihr Standort befindet sich am<br />
Flusslauf <strong>der</strong> Wester, <strong>der</strong> ihr über<br />
Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg als ständig<br />
verfügbare Energiequelle diente. Der<br />
Stadtmarketingverband lädt Sie<br />
herzlich ein, auf dem <strong>Weg</strong> <strong>der</strong> <strong>Montangeschichte</strong><br />
ein bedeutendes Segment<br />
<strong>Warsteiner</strong> Historie zu erleben<br />
und auf unterschiedliche Weise reale<br />
Eindrücke einer langen Eisen- und<br />
Industrietradition zu gewinnen.<br />
E.-Siepmann-Str.<br />
Hirschb. Str.<br />
A.-Kolping-Str.<br />
Eichenweg<br />
Rütherplatz<br />
H.-Kamp-Str.<br />
Dahlborn<br />
Karl-Pieper-Str.<br />
Bernhard-<br />
Wiemeyer-<br />
Str.<br />
Heinrich-Gudemann-Ring<br />
Ring<br />
Romecke<br />
Karl-Stoer-Str.<br />
Hamacher<br />
Hamecke<br />
Im Bodmen<br />
Külbe<br />
Bahnhofstr.<br />
P.-Gerhard-Str.<br />
Lanfer<br />
Schumannstr.<br />
Haspeler Ring<br />
Brucknerweg<br />
Theodor-<br />
Heuss-Str. Heinrich-<br />
Lübke-Str.<br />
B55<br />
Josef-<br />
Menke-Str.<br />
Weberstr.<br />
Schubertstr.<br />
Wagnerstr.<br />
Sappenberg<br />
Haspeler Ring.<br />
Schorenweg<br />
Haydnstr.<br />
Haspeler Ring<br />
Danziger Str.<br />
St.-Poler-Str.<br />
Str.<br />
Kant-Str.<br />
E.-Wiechert-<br />
Eichendorff-Str.<br />
Lessingstr.<br />
Allensteiner<br />
Str.<br />
Mozartstr.<br />
Tannenweg<br />
Ulmenweg<br />
Waldenburger<br />
Str.<br />
Stettiner Str.<br />
Karl-Wagenfeld-Str.<br />
RüthenerLandstr.<br />
Böttcherstr.<br />
Brahmsweg Dammweg Humboldt<br />
Kahlenbergsweg<br />
Gerichtsweg<br />
Wester<br />
Zum Puddelhammer<br />
Wäster<br />
Romeckeweg<br />
Hinter’m<br />
Wall Westwall<br />
Lortzin g s tr.<br />
Beethovenstr.<br />
Berkendahlweg<br />
Kiefernweg<br />
Akazien- weg<br />
Dahlborn<br />
Viktoriastr.<br />
Kattenborn<br />
Grimmestr.<br />
Kallerweg<br />
Puddelhammer<br />
Salzmannstr.<br />
H.-Risse-Str.<br />
Schillerstr.<br />
Blumenpfad<br />
Birkenweg<br />
Rebenpfad<br />
Heckenweg<br />
Friedrichstr.<br />
Bilsteinstr.<br />
V.-Droste-<br />
Hülshoff-<br />
Str.<br />
C.-Koch-Str.<br />
Kampstr.<br />
A.-Wibbelt-<br />
Str.<br />
E.-Moritz-<br />
Arndt-Str.<br />
Augusta- str.<br />
B516<br />
STARTPUNKT BELECKE<br />
Am Propsteiberg<br />
Wilkestr.<br />
Unter’m<br />
Friedhof<br />
str.<br />
Ewaldstr.<br />
Dammweg<br />
Kampstr.<br />
Schorenweg<br />
Am Mühlenbruch<br />
Zur Alten<br />
Nord-<br />
ring<br />
Alte Rathausstr.<br />
Am Kohlmarkt<br />
Mönchlandstr.<br />
Wilhelm-<br />
Rüllweg<br />
Dreilinden-<br />
Rabenknapp Vor <strong>der</strong> Unso hle<br />
Stockmecke<br />
Eisenhammer<br />
<strong>Belecke</strong>r Landstr.<br />
Von-Möller-Str..<br />
Siegfriedstr.<br />
Teichstr.<br />
Kesterweg<br />
Ottilienstr.<br />
Talstr.<br />
Bergenthalstr.<br />
Hirschfeldstr.<br />
Unter’m Hagen<br />
Kirche<br />
Ben<strong>der</strong>weg<br />
Südring<br />
Zum Zehnthof<br />
Über’m<br />
Stadtgraben<br />
Butenaf<br />
Schulstr.<br />
Dieplohstr.<br />
str.<br />
str.<br />
Zur<br />
Sauerlandhalle<br />
weg<br />
Kofflerstr. Herrenbergs-<br />
Gewerbegebiet<br />
Wiebusch<br />
<strong>Belecke</strong><br />
S t a d t w a l d<br />
B e l e c k e<br />
Reckhammer<br />
STARTPUNKT WARSTEIN<br />
Schwarzer <strong>Weg</strong><br />
Domring<br />
Mesche<strong>der</strong> Landstr.<br />
Hochstr.<br />
Feldstr.<br />
Feldstr.<br />
Josefinenstr.<br />
Am<br />
Zehnthof<br />
Im Sack<br />
Auf‘m Bruch<br />
Nicolaiweg<br />
Altes Braugässchen<br />
Walkemühle<br />
Möhne<br />
S u t t r o p e r<br />
W a l d<br />
Hauptstr.<br />
Rosengasse<br />
Stillenberg<br />
Wästerstr.<br />
Josefsweg<br />
Am<br />
Gesellenhaus<br />
Hospitalstr.<br />
Blumenwinkel<br />
P.-Fechter-Str.<br />
LWL-Klinik<br />
Suttrop<br />
Hammerweg<br />
Im<br />
Sonneneck<br />
Am Salzbörnchen<br />
Unter’m Müschede<br />
Gerbergasse<br />
Am<br />
Piusberg<br />
An <strong>der</strong><br />
Beine<br />
Unter’m<br />
Piusberg<br />
Röntgenweg<br />
Lindenstr.<br />
Wäster Naturschutzgebiet<br />
B55<br />
Piusberg<br />
Nordhang<br />
Am Hakenberg<br />
Kreisstraße<br />
Oberhagen<br />
Rangewiese<br />
Müsche<strong>der</strong>weg<br />
Ostring<br />
Auf dem Kampe<br />
Im Borm<br />
Rangetriftweg<br />
Warstein<br />
zur Sauerland-<br />
Waldroute<br />
Der <strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
ist durch ein<br />
blaues M auf<br />
weißem Grund<br />
markiert.<br />
Rangestr.<br />
Königserlen<br />
F.-Hegemann-Str.<br />
Über’m<br />
Krankenhaus<br />
Am<br />
Josefswäldchen<br />
Alte<br />
Zur Treise<br />
Kreisstr.<br />
Suttroper<br />
<strong>Weg</strong><br />
Steinbruch<br />
Hahnewall<br />
Am<br />
Oberhagen<br />
Flurstr.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008