Belecke - Warsteiner Weg der Montangeschichte
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<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
2<br />
Der Hüttenplatz<br />
Eine <strong>der</strong> vermutlich ältesten <strong>Warsteiner</strong> Blashütten,<br />
in <strong>der</strong> Flusseisen erschmolzen wurde, befand<br />
sich in städtischem Besitz auf dem alten Hüttenplatz.<br />
Konjunktur hatte die Hütte beson<strong>der</strong>s durch<br />
die verschiedenen Kleinkriege <strong>der</strong> näheren und<br />
weiteren Umgebung. Heute schmunzeln wir darüber,<br />
dass im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t hier Kanonenkugeln<br />
Zeitgenössische Darstellung <strong>der</strong> Fabrikanlagen am <strong>Warsteiner</strong> Hüttenplatz<br />
In <strong>der</strong> Nähe dieser Tafel führt <strong>der</strong> <strong>Weg</strong> vorbei am<br />
»Hüttenplatz« bzw. »Hüttenpfad«. Bereits in einer<br />
alten Flurkarte von 1630 eingetragen, bezeugen<br />
diese Namen den frühen Standort einer Eisenhütte<br />
südöstlich <strong>der</strong> Stadt. Die Existenz dieser<br />
Hütte bestätigt auch ein Eintrag in <strong>der</strong> »Ordnung<br />
<strong>der</strong> Soester Waage« von 1582: »Item das <strong>Warsteiner</strong><br />
Eisen- und Gusswerk das soll man zur Waage<br />
kommen lassen und wiegen (Dat Wairsche isern<br />
und gegotten werck).« Schon für 1535 ist diese<br />
Gusseisenproduktion, zum Beispiel für Kanonenkugeln,<br />
urkundlich nachgewiesen.<br />
Bei dieser <strong>der</strong> Stadt Warstein gehörenden<br />
Schmelzhütte handelte es sich um einen Blaso<strong>der</strong><br />
Fluss-Ofen, in dem dank damals fortschrittlicher<br />
wassergetriebener Blasebälge Temperaturen<br />
bis 1500°C erreicht wurden, sodass während<br />
<strong>der</strong> Betriebszeiten regelmäßig flüssiges Roheisen<br />
abgestochen werden konnte. Dieses Roheisen<br />
musste allerdings im Gegensatz zu den Produktionen<br />
<strong>der</strong> mittelalterlichen Rennfeuer und<br />
Stücköfen erst aufwändig gefrischt und geschmiedet<br />
werden, ehe es weiterverarbeitet werden<br />
konnte.<br />
Während <strong>der</strong> unregelmäßigen Betriebszeiten<br />
(sog. »Huttenreise«) von etwa 60 Tagen pro Jahr<br />
erschmolz ein (fahren<strong>der</strong>) Hüttenmeister mit vier<br />
bis fünf Helfern Eisen für seinen jeweiligen Auftraggeber<br />
(Stadt/Gewerke/Graf). Der Abstich nach<br />
ca. acht Stunden erbrachte eine »Gösse« = Gusseisen-Masse<br />
von rund 800 kg.<br />
In dieser Zeit noch südöstlich weit vor <strong>der</strong> damaligen<br />
Stadt gelegen, wurde <strong>der</strong> Hüttenplatz nach<br />
1802 Bestandteil <strong>der</strong> Neustadt, als sich diese nach<br />
dem letzten vernichtenden Stadtbrand am Stadtberg<br />
im Tal neu gründete. Der Entwicklung <strong>der</strong><br />
Eisenverhüttung im Osten <strong>der</strong> Stadt, unterhalb<br />
des Oberhagens ganz in <strong>der</strong> Nähe ertragreicher<br />
Gruben, konnte die Schmelzhütte am Hüttenplatz<br />
in späterer Zeit nicht standhalten. Darüber hinaus<br />
stand auch die Stadtentwicklung im frühen 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t einer Aufrechterhaltung o<strong>der</strong> gar<br />
Erweiterung des Verhüttungsstandortes entgegen.<br />
Ein neues Werk<br />
In den alten Werksanlagen dieser Schmelzhütte<br />
am Hüttenplatz entstand 1891 die Fabrikation<br />
von Kleineisenteilen durch die Fa. Hüsing & Co.,<br />
später Peters & Co. Aus zugeliefertem Roheisen<br />
produzierte man vorwiegend Kleineisenteile für<br />
den leichten Ackerbau. Bereits 1895 traten die<br />
Gebrü<strong>der</strong> Emil und Hugo Siepmann als Teilhaber<br />
in diese Fabrik ein und bauten Schritt für Schritt<br />
die bestehenden Anlagen zu einer Gesenkschmiede<br />
um. 1910 wurden sie Besitzer <strong>der</strong> Gesenkschmiede<br />
und brachten das Werk in kurzer Zeit zu<br />
hoher Blüte. Aus Stahlblech wurden zunächst<br />
Spaten und Schaufeln gepresst, und man begann<br />
mit dem Schmieden von Heu- und Düngergabeln<br />
sowie von Gitterspitzen für den Zaunbau. Zu die-<br />
gegossen wurden, mit denen angeblich die Stadt<br />
Münster beschossen wurde und hoffen, dass man<br />
sich in Münster nicht mehr daran erinnert. Ab<br />
1891 dienten die Produkte, die an diesem Platz<br />
hergestellt wurden, allerdings dem friedlichen<br />
Einsatz auf dem Feld: Aus zugeliefertem Roheisen<br />
produzierte man Geräte für den Ackerbau.<br />
1891: Die Belegschaft <strong>der</strong> Firma Hüsing & Co.<br />
Das Siepmann-Werk am Hüttenplatz (um 1892)<br />
Emil Siepmann (vorne Mitte) mit <strong>der</strong> ersten Belegschaft<br />
<strong>der</strong> Firma Peters & Co., Warstein 1895<br />
ser Zeit kauften die Gebrü<strong>der</strong> Siepmann in <strong>Belecke</strong><br />
ein ausbaufähiges Grundstück zum Aufbau neuer<br />
Produktionshallen, und bereits 1916 entstand<br />
dort eine große Schmiede für Aufträge aus Fahrzeugbau<br />
und Rüstungsindustrie. Das Stammwerk<br />
<strong>der</strong> Gebrü<strong>der</strong> Siepmann am Hüttenplatz wurde in<br />
<strong>der</strong> schwierigen Zeit <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise im<br />
Jahr 1930 aufgegeben, um die Produktion im<br />
neuen Werk in <strong>Belecke</strong> wirtschaftlich zu konzentrieren.<br />
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