Belecke - Warsteiner Weg der Montangeschichte
Belecke - Warsteiner Weg der Montangeschichte
Belecke - Warsteiner Weg der Montangeschichte
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Weg</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Montangeschichte</strong><br />
10<br />
Grube Martinus<br />
und Treisekapelle<br />
Im Gelände <strong>der</strong> LWL-Klinik Warstein liegen für<br />
jeden offen zugänglich die hier beschriebenen<br />
Objekte. Das ehemalige Tagebaugelände <strong>der</strong><br />
Eisenerzgrube Martinus diente später <strong>der</strong> Klinik<br />
als Freilichtbühne und Festplatz. Man erreicht es<br />
Grube Martinus<br />
Zu den zahlreichen Eisengruben des 18. und 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts rund um Warstein gehörte auch die<br />
Grube »Martinus« am Stillenberg. In einer Grubenbeschreibung<br />
aus dem Jahr 1890 heißt es:<br />
»Die Grube Martinus, 1,5 km nördlich von Warstein<br />
gelegen, baut auf einem Eisenerzlager, welches in<br />
ostwestlicher Richtung streicht und mit 45° nach<br />
Süden einfällt. Die Mächtigkeit desselben beträgt<br />
30 m bei einer bauwürdigen Länge von 60 m; das<br />
Nie<strong>der</strong>setzen des Lagers ist bis zu einer Teufe von<br />
16 m bekannt. Der Betrieb <strong>der</strong> Gruben Südbruch,<br />
David und Martinus erfolgt zur Zeit mittelst Tagebaues,<br />
da sämtliche Eisenerzlager nur von einer<br />
wenige Meter starken Humusdecke überlagert werden.<br />
Die vorerwähnten Stollen und Schächte haben<br />
nur den Zweck <strong>der</strong> Wasserlösung und Untersuchung<br />
des Verhaltens <strong>der</strong> Mittel nach <strong>der</strong> Teufe.«<br />
Mit dem Schacht und den Stollen – aus dem<br />
Grubenriss (unten) sind zwei Sohlen in etwa 8 und<br />
18 m bekannt – wurde also das aus dem Berg<br />
fließende Wasser abgefangen, <strong>der</strong> Tagebau unterfahren<br />
und das so gesammelte Wasser hangabwärts<br />
abgeleitet. Dadurch wollte man den Tagebau<br />
wasserfrei halten. Um die Wende zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
wurde die Grube Martinus stillgelegt. Nach<br />
<strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong> psychiatrischen Klinik diente<br />
das ehemalige Tagebaugelände als Freilichtbühne<br />
und Festplatz – eine frühe »kulturelle Nachnutzung«<br />
eines ehemaligen Bergbaustandorts.<br />
Treisekapelle<br />
Die heute auf dem Gelände <strong>der</strong> LWL-Klinik stehende<br />
so genannte Treisekapelle geht auf eine<br />
Kapelle zurück, die ursprünglich in <strong>der</strong> Umgebung<br />
<strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong> Eisenhütte gestanden hat. Bis<br />
heute ist das genaue Datum ihrer Errichtung<br />
nicht zu ermitteln gewesen. Der erste<br />
Hinweis findet sich in einer <strong>Warsteiner</strong><br />
Kämmereirechnung von 1753. Damals<br />
ist auf <strong>der</strong> städtischen Sägemühle Bauholz<br />
für die „Capellen auff <strong>der</strong> Treisen“<br />
geschnitten worden. Ob damit <strong>der</strong> Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Errichtung erfasst ist, o<strong>der</strong> ob<br />
es sich um eine Renovierung <strong>der</strong> Kapelle<br />
handelt, ist unklar.<br />
Als Kapellenpatron wird <strong>der</strong> Heilige<br />
Aloisius angegeben, was eher unwahrscheinlich<br />
ist. Aloisius von Gonzaga war<br />
erst 1726 heilig gesprochen worden – zu<br />
einer Zeit also, zu <strong>der</strong> die Kapelle möglicherweise<br />
bereits bestand. Wahrscheinlicher<br />
ist eine Verwechslung mit dem heiligen<br />
Eligius (in <strong>der</strong> mittelnie<strong>der</strong>deutschen<br />
Sprache kurz „Loy“ genannt), dem<br />
Patron <strong>der</strong> Schmiede und Bergleute – was<br />
für eine Kapelle nahe an Hüttengrundstücken<br />
direkt am alten Bergwerk im<br />
Oberhagen wohl passend erscheint.<br />
So war die Treisekapelle ursprünglich<br />
wohl ein Bethaus für Berg- und Hüttenarbeiter,<br />
in dem vor <strong>der</strong> Einfahrt in den<br />
Stollen um Schutz und Beistand bei <strong>der</strong><br />
fußläufig oberhalb <strong>der</strong> Elisabethkirche im Wald.<br />
Die Treisekapelle befindet sich gleich im Eingangsbereich<br />
<strong>der</strong> Klinik auf <strong>der</strong> linken Seite. Ein<br />
Besuch des schönen Klinikparks mit alten, seltenen<br />
Bäumen ist empfehlenswert.<br />
Treisekapelle: einziges Gebäude auf dem heutigen<br />
Klinikgelände (um 1900)<br />
gefährlichen Arbeit unter Tage gebetet wurde. Es<br />
wird zudem berichtet, dass das Glöcklein im Turm<br />
jeweils beim Anblasen eines Hochofens <strong>der</strong> <strong>Warsteiner</strong><br />
Hütte geläutet wurde.<br />
Kommerzienrat Wilhelm Bergenthal erwarb aus<br />
privater Hand die Treisekapelle, die ursprünglich<br />
auf Suttroper Gemeindeland errichtet wurde, dann<br />
jedoch im Rahmen von Betriebserweiterungen<br />
vom erweiterten Hüttengelände umschlossen<br />
wurde. Im Zuge einer Flurbereinigung tauschte<br />
Wilhelm Bergenthal jun. (Neffe und Erbe des<br />
Kommerzienrats) das Grundstück im Jahr 1900<br />
mit einem Stückchen Land, das im Besitz <strong>der</strong> Hütte<br />
war. An diesem jetzigen Standort <strong>der</strong> Treisekapelle<br />
ließ Bergenthal die Kapelle in etwas verän<strong>der</strong>ter<br />
Bauweise noch in <strong>der</strong> Nacht des Abbaus<br />
wie<strong>der</strong> errichten, noch vor dem Bau <strong>der</strong> späteren<br />
»Provinzial-Heilanstalt«. Sie stand dort viele Jahre<br />
auf einer Enklave innerhalb des Grundstücks<br />
des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und<br />
ging 1949 in den Besitz des LWL über, auf dessen<br />
Kosten sie dann renoviert wurde.<br />
Die Kapelle ist heute eine Gedenkstätte für die<br />
1576 Frauen und Männer, die <strong>der</strong> »Euthanasie«,<br />
<strong>der</strong> Tötung aus »rassenhygienischen Gründen« in<br />
<strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus zum Opfer fielen.<br />
Die Gedenkstätte steht jedem Besucher offen.<br />
Jährlich ist sie am Volkstrauertag Ort einer zentralen<br />
Gedenkstunde <strong>der</strong> Stadt Warstein. Besucher<br />
können den Schlüssel in <strong>der</strong> Informationszentrale<br />
im Sockelgeschoss im Gebäude 12 abholen.<br />
Stadtmarketingverband<br />
Warstein e.V. © 2008