zett Magazin Juni / Juli
Magazin für Stadtkultur Schlachthof / Lagerhaus
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Schlachthof / Lagerhaus
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Frei<br />
zeit<br />
20<br />
12 Jul Di // Schlachthof Weird Xperience Open-Air-Kino<br />
Invasion aus dem Inneren der Erde (1975)/<br />
Die Todesgöttin des Liebescamps (1981)<br />
Seit einigen Jahren graben die wackeren Archäologen von Weird Xperience die verstrahltesten<br />
Auswüchse der Kinogeschichte aus und präsentieren sie der staunenden<br />
Öffentlichkeit. Im Sommer auch unter freiem Himmel in der Schlachthof-Arena. Den<br />
Anfang im <strong>Juli</strong> macht ein Hongkong-Science-Fiction-Epos: Mächtige Urwesen aus dem<br />
Innern der Erde bedrohen die Menschheit, Hilflosigkeit macht sich breit. Rettung verspricht<br />
eine Wunderwaffe: Der Infra-Superman. Ein quietschbuntes Etwas von einem<br />
Film, der nur übertroffen werden kann von der ›Todesgöttin des Liebescamps‹ dem<br />
legendären Egotrip des aller Wahrscheinlichkeit nach komplett verrückten Schlagersängers<br />
Christian Anders. Nackte Frauen, gewalttätige Männer, entrückt-hysterische<br />
Tänze, ein Fest für die Sinne und, in den Worten des in diesen Fragen niemals irrenden<br />
Filmhistorikers Christian Kessler, einer ›der wildesten psychedelischsten deutschen<br />
Exploitation-Filme, die jemals gedreht worden sind‹. Am Ende bleibt eine irritierende<br />
Mischung aus Betretenheit und Zwerchfellkrampf.<br />
Martin Steinert<br />
➟ Arena, 19.45 Uhr / 21.50Uhr // Eintritt € 4,– (für einen Film) / 6,– (für beide Filme)<br />
19 Jul DI // Lagerhaus<br />
Mudhoney<br />
Die Urväter des Grunge sind zurück<br />
Als 1989 Mudhoneys EP ›Superfuzz Bigmuff‹ erschien, wurde der<br />
Grundstein für den Sound des aufstrebenden Genres Grunge<br />
gelegt. Lange Zeit war die Band aus Seattle das Aushängeschild<br />
ihres Labels Sub Pop, ehe kurz darauf eine gewisse Newcomerband<br />
namens Nirvana auf den Plan trat – der Rest ist Geschichte.<br />
Auch wenn im Zusammenhang mit der Musikrebellion aus Seattle<br />
meistens andere Namen fallen, sind Mudhoney doch die Urväter<br />
des Sounds, der Anfang der neunziger Jahre für Furore sorgte und<br />
die komplette Musiklandschaft einmal umkrempelte: ein roher,<br />
ungeschliffener Klang, bis ins Unkenntliche verzerrte und verfuzzte<br />
Gitarren und nihilistische Songtexte. Der leicht verworrene Stammbaum<br />
von Mudhoney liest sich wie ein Who-is-Who des<br />
Seattle-Sounds: Die Vorgängerband Green River trennte sich 1987<br />
und drei der fünf Mitglieder schlossen sich zu Mother Love Bone<br />
zusammen – der Gruppe, aus der später Pearl Jam hervorging. Die<br />
beiden Gitarristen Mark Arm und Jeff Turner holten sich stattdessen<br />
Verstärkung durch den ehemaligen Melvins-Bassisten<br />
Matt Lukin und ließen Dan Peters am Schlagzeug Platz nehmen –<br />
Mudhoney waren geboren.<br />
26 Jahre und acht Studioalben später brachte die Band ihr bisher letztes Album,<br />
›Vanishing Point‹ heraus. Egal ob 1993 oder 2013, Mudhoney machen, was ihnen<br />
gefällt: verfuzzter Space-Blues, rückkoppelnde Gitarren und eine rumpelnde Rhythmusgruppe<br />
im Rücken. Warum sich neu erfinden, wenn man das, was man kann, perfektioniert<br />
hat? Am Ende muss man sich selbst gefallen und wenn sich noch weitere Leute<br />
finden, die sich ihrer Meinung anschließen, umso besser. Allen anderen raunt Mark Arm<br />
im Song ›Chardonnay‹ nonchalant ›Get the fuck out of my backstage!‹ zu. Keine andere<br />
Gruppe verwehrte sich in letzter Zeit so charmant und gutklingend jedem musikalischen<br />
Trend und der modernen Soundästhetik wie Mudhoney.<br />
2013 hat das Quartett das letzte Mal deutschen Boden betreten. Heute, drei Jahre<br />
später, kehren die Grunge-Urväter dahin zurück, wo sie sich am wohlsten fühlen: auf die<br />
Bühnen der Welt. Für drei Termine kommen Mudhoney nach Deutschland und machen<br />
bei ihrer Tour auch im Kulturzentrum Lagerhaus Halt. Eine seltene Gelegenheit, die<br />
unermüdlichen Helden live zu erleben. Bleibt nur noch zu hoffen, dass bis zum nächsten<br />
Album nicht wieder fünf Jahre verstreichen, wie im Fall der beiden letzten Veröffentlichungen<br />
›The Lucky Ones‹ und ›Vanishing Point‹ – dem längsten Zeitraum zwischen<br />
zwei Platten in der Bandgeschichte. Denn wie lange Grunge auch schon für tot gehalten<br />
wird, Mudhoney erhalten Sound und Philosophie aus Seattle aufrecht, wo andere sich<br />
längst dem Mainstream angepasst haben. <br />
Arne Helms<br />
➟ Saal, 20 Uhr // Tickets: VVK: € 25,– (zzgl. Gebühren)