TatSache Ausgabe 02/2016
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#Leistungsträger<br />
Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen<br />
Integration fordert alle,<br />
auf allen Seiten<br />
Krise, Herausforderung, Chance? Die aktuelle Situation hat viele Namen. Millionen Menschen<br />
sind auf der Flucht. Und Menschen versuchen, den Geflüchteten zu helfen. Eine enorme<br />
Leistung, die zumeist ehrenamtlich erbracht wird.<br />
Niemand hat gesagt, dass es einfach werden würde. Dass es<br />
zu schaffen sei, das ja. Aber nicht „einfach“. Europa steckt in<br />
einer – so nennen es die Medien – Krise. In Wirklichkeit ist es<br />
eher eine Herausforderung. Krise, Zerstörung und Leid herrschen<br />
dort, woher Menschen zu uns fliehen. In ihrer Heimat ist<br />
Krieg. Erbarmungslos.<br />
Die große Zahl der geflüchteten Menschen, die in Mitteleuropa<br />
eintreffen, hat jedoch auch eine ungeheure Welle<br />
der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Unsere Gesellschaft engagiert<br />
sich, kümmert sich, nimmt Anteil und packt an – eine enorme,<br />
zumeist ehrenamtlich erbrachte Leistung. Humanitäre Hilfe für<br />
Menschen in Not, die alles zurückgelassen haben, die ein neues<br />
Leben beginnen. Nicht immer, weil sie es wollen. Sondern<br />
weil sie es müssen, um zu überleben.<br />
Es gilt nun, die Integration derjenigen zu meistern, die<br />
bei uns bleiben und Teil unserer Gesellschaft werden möchten.<br />
Hier sind alle gefordert: die, die ankommen und die, die<br />
schon hier leben. Integration erfordert Anstrengungen auf<br />
beiden Seiten. Sprachkenntnisse sind dabei ganz wesentlich.<br />
Was Kinder in den Kindergärten und Schulen quasi nebenbei<br />
erlernen, das ist für die Älteren oft viel schwieriger. Integration<br />
gelingt am besten, wenn Menschen in den Arbeitsmarkt<br />
integriert werden können: Das Gespräch unter Kollegen, die<br />
Konfrontation mit Alltagssituationen, die Teilhabe am „ganz<br />
normalen Leben“ – das sind die Bausteine für ein gutes Miteinander.<br />
Die Chance für die Neubürger ist gleichzeitig auch eine<br />
Chance für die Wirtschaft. Denn dass Fachkräfte hierzulande<br />
seit vielen Jahren händeringend gesucht werden, dass Lehrstellen<br />
unbesetzt bleiben, weil sich keine Interessenten finden<br />
Die Ingenieurkammer-Bau<br />
NRW berät<br />
gern zu Fragen der<br />
Anerkennung von im<br />
Ausland erworbenen<br />
Studienabschlüssen<br />
des Ingenieurwesens.<br />
info@ikbaunrw.de<br />
– all das ist kein Geheimnis. Eine große<br />
Zahl von Menschen, die sich bei uns eine<br />
neue Existenz aufbauen möchte, kann uns<br />
also nur gut tun. Auch, weil unsere Bevölkerungszahl<br />
seit vielen Jahren zurückgeht<br />
und weil das Durchschnittsalter der in<br />
Deutschland Lebenden stetig steigt. Wir<br />
werden weniger und wir werden älter. Für<br />
die Wirtschaft ist das – wie auch für die<br />
Sozial- und Rentenkassen – ein schlechtes<br />
Szenario. Junge Menschen tun unserer<br />
Gesellschaft also gut.<br />
Dazu brauchen sie ein Zuhause:<br />
Wohnraum, der in vielen Ballungszentren<br />
ohnehin schon knapp ist, muss neu<br />
geschaffen werden. Für die neu Ankommenden,<br />
aber auch für die übrige<br />
Bevölkerung. Da ist es gut, dass der<br />
Staat finanzielle Anreize schafft. Und es<br />
ist unverzichtbar, dass Ingenieure und<br />
Achitekten intelligente Lösungen finden.<br />
Notwendigerweise, denn es muss schnell<br />
gehen und preiswert sein, werden dabei<br />
auch manche Standards vorübergehend<br />
gelockert. Das geht da – wie etwa bei<br />
den Anforderungen der Energieeinsparverordnung<br />
– wo später bei Bedarf nachgerüstet<br />
werden kann. Bei der Sicherheit<br />
der neuen Bauten hingegen dürfen Zeitund<br />
Geld-Argumente keine Rolle spielen.<br />
Unterschiedliche Ausbildungs-, Berufsbildungs-<br />
und Hochschulsysteme in den<br />
diversen Herkunftsländern machen es<br />
allerdings nicht einfach, die Qualifikation<br />
der ankommenden Menschen richtig<br />
einzuschätzen: Wer kann was wie gut,<br />
wer hat wo welchen Nachholbedarf oder<br />
eben auch nicht? Da ist es unumgänglich,<br />
dass alle am Berufsleben in Deutschland<br />
beteiligten Akteure eng zusammenarbeiten:<br />
die Agenturen für Arbeit ebenso wie<br />
die Bildungsträger, die Unternehmen,<br />
die Kammern und viele andere. Denn<br />
niemandem wäre damit geholfen, wenn<br />
die Kenntnisse der neuen Kolleginnen<br />
und Kollegen falsch eingeschätzt würden,<br />
wenn sie dauerhaft über- oder unterfordert<br />
werden. Ein kundiger Blick auf im<br />
Ausland erworbene Berufsqualifikationen<br />
ist daher unerlässlich und im Interesse aller,<br />
wenn die Integration – vor allem auch<br />
die berufliche – gelingen soll.