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De:Bug 161

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TECHNO, NEU ERZÄHLT<br />

Verwechslungen auszuschließen, auch gleich mit seinem<br />

DJ-Namen M5 einführen sollte, bereits unterm Gürtel.<br />

Unter anderem auf Steadfast, Ethereal Sound, Wave und<br />

inzwischen auch seinem eigenen kleinen Label Kimochi,<br />

das er von Chicago aus betreibt, wo er seit Studienzeiten zu<br />

Hause ist. Gebucht wird er allerdings rund um den Erdball,<br />

bislang als DJ, und in der Tat führt der Halbkanadier seit<br />

einigen Jahren eine recht nomadische Existenz, die ihn<br />

auch immer wieder nach Berlin führt, wo er zum Beispiel<br />

den diesjährigen Frühling verbringt.<br />

<strong>De</strong>bug: Du bist seit vielen Jahren bei der College-Radio-<br />

Legende WNUR aktiv, zeitweise in diversen verantwortlichen<br />

Positionen, aber vor allem auch als DJ, und hast dir<br />

einen eklektischen, überall andockbaren, aber irgendwie<br />

eher in der funky Melancholie von <strong>De</strong>troit fußenden Sound<br />

erarbeitet. Typische Chicago-Sounds à la Footwork oder<br />

Relief: Fehlanzeige.<br />

Area: Das stimmt, aber ich fühle mich dennoch sehr davon<br />

geformt, dass ich in Chicago wohne, von der Erfahrung,<br />

was die Leute in der Stadt um einen hören, was in den<br />

Clubs läuft, dem Gesamtsound. Hier gab es von Anfang an<br />

enge Verbindungen nach <strong>De</strong>troit und zu kleinen Szenen im<br />

mittleren Westen, nach Europa, auch Läden, die mit Platten<br />

aus aller Welt bestückt sind. Ein Track klingt auch unterschiedlich,<br />

je nach dem, ob man ihn in Tokyo, Chicago,<br />

Berlin oder London spielt, jeder Ort hört ihn etwas anders.<br />

Erst über WNUR fand ich selbst wirklich zu auflegbarer<br />

Musik. Jamal Moss arbeitete dort auch und verschaffte<br />

mir mit einem Steve-Poindexter-Remix-Auftrag dann 26<br />

mein Produzenten-<strong>De</strong>büt.<br />

<strong>De</strong>bug: <strong>De</strong>in Album kombiniert Edits von Stücken, die<br />

großteils separat auf 12" erscheinen, in eine sehr fließende<br />

Erzählung. Das spiegelt auch deine DJ-Identität wider.<br />

Area: Das war die Idee von François Kevorkian, meinem<br />

Label-Boss, und ich war sehr dankbar dafür. Seine<br />

Auswahl, die anders, als man das bei EPs oft macht, auf<br />

sehr unterschiedliche Stücke setzt, hat mich überrascht!<br />

<strong>De</strong>bug: Welche Lücke versuchst du mit deiner eigenen<br />

Musik zu füllen?<br />

Area: Darüber denke ich beim Produzieren nicht nach, das<br />

ist viel Drauflosbasteln und nachträgliches Ordnen. Urteile<br />

trifft der DJ in mir: Möchte der das kaufen und auflegen?<br />

Und als solcher suche ich nach auffälligen Sounds, etwas<br />

Unberechenbarkeit, ein bisschen Kantigkeit, nach interessanter<br />

Rhythmik, etwas Balance, etwas Schönheit. Aber<br />

was wirklich mein "Sound" ist, liegt für mich im Dunkeln!<br />

TEXT MULTIPARA<br />

Von Chicago in die ganze Welt. Area, aka<br />

M50, arrangiert auf seinem Album die Tracks<br />

mit so viel Feingefühl, dass daraus tatsächlich<br />

eine LP geworden ist, zu der man auch<br />

zu Hause tanzen will und, im Gegensatz zu<br />

anderen Chicago-Phänomenen wie Juke und<br />

Footwork, auch kann.<br />

Was dabei herauskommen kann, wenn ein Techno/<br />

House-Produzent sich auf seinem <strong>De</strong>bütalbum "Where<br />

I Am Now" nicht aufs Versammeln starker Hooks und<br />

Beats verlässt, sondern auf die Konstruktion eines musikalischen<br />

Flusses zu einer abendfüllenden Geschichte<br />

setzt, kann man bei Area bewundern: es macht sein<br />

Material unwiderstehlich. Aber auch in seiner originären<br />

Behandlung von Rhythmus und Groove und in der warmen,<br />

eigentümlich ungreifbaren Melodik, die irgendwie<br />

off-center sind und dann doch passgenau sitzen, verrät<br />

er sich als jemand mit viel Erfahrung, und dazu als offen<br />

für eine enorme Bandbreite an Einflüssen. Acht EPs hat<br />

der 31-Jährige klarnamensscheue Musiker, den man, um<br />

<strong>De</strong>bug: Berlin scheint ja langsam teuer zu werden. Wo<br />

zieht es dich noch hin?<br />

Area: In Kroatien gibt es in der Tat einen Pool guter<br />

Produzenten/DJs: Brighton, Examine, Davor, und ein sehr<br />

offenes Publikum, das lockt mich nach guten Erfahrungen<br />

tatsächlich. Singapur letztes Jahr war schrill, bunt, sehr<br />

kommerziell, was auf den Soundtrack abfärbt. Ganz anders<br />

als Berlin, wo mich natürlich die lebendige Musikund<br />

Kunstszene anzieht, und wo ich mich auch in Sachen<br />

Essen und Geographie zu Hause fühle, frei von der<br />

Krassheit von Chicago oder dem Druck von New York.<br />

Dazu ist es Urlaub von der Car Culture! Solange der Euro<br />

schwächelt, ist Berlin immer eine Option. Aber vielleicht<br />

überspringt der Boom ja auch Berlin und der Zeitgeist geht<br />

direkt nach China.<br />

24 –<strong>161</strong><br />

30.4.2012: Horst Kreuzberg, Berlin,<br />

als M50, mit Aera. (Nicht Area!)<br />

Area, Where I Am Now,<br />

ist auf Wave Music erschienen.<br />

www.wavemusic.com

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