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TECHNO, NEU ERZÄHLT<br />
Verwechslungen auszuschließen, auch gleich mit seinem<br />
DJ-Namen M5 einführen sollte, bereits unterm Gürtel.<br />
Unter anderem auf Steadfast, Ethereal Sound, Wave und<br />
inzwischen auch seinem eigenen kleinen Label Kimochi,<br />
das er von Chicago aus betreibt, wo er seit Studienzeiten zu<br />
Hause ist. Gebucht wird er allerdings rund um den Erdball,<br />
bislang als DJ, und in der Tat führt der Halbkanadier seit<br />
einigen Jahren eine recht nomadische Existenz, die ihn<br />
auch immer wieder nach Berlin führt, wo er zum Beispiel<br />
den diesjährigen Frühling verbringt.<br />
<strong>De</strong>bug: Du bist seit vielen Jahren bei der College-Radio-<br />
Legende WNUR aktiv, zeitweise in diversen verantwortlichen<br />
Positionen, aber vor allem auch als DJ, und hast dir<br />
einen eklektischen, überall andockbaren, aber irgendwie<br />
eher in der funky Melancholie von <strong>De</strong>troit fußenden Sound<br />
erarbeitet. Typische Chicago-Sounds à la Footwork oder<br />
Relief: Fehlanzeige.<br />
Area: Das stimmt, aber ich fühle mich dennoch sehr davon<br />
geformt, dass ich in Chicago wohne, von der Erfahrung,<br />
was die Leute in der Stadt um einen hören, was in den<br />
Clubs läuft, dem Gesamtsound. Hier gab es von Anfang an<br />
enge Verbindungen nach <strong>De</strong>troit und zu kleinen Szenen im<br />
mittleren Westen, nach Europa, auch Läden, die mit Platten<br />
aus aller Welt bestückt sind. Ein Track klingt auch unterschiedlich,<br />
je nach dem, ob man ihn in Tokyo, Chicago,<br />
Berlin oder London spielt, jeder Ort hört ihn etwas anders.<br />
Erst über WNUR fand ich selbst wirklich zu auflegbarer<br />
Musik. Jamal Moss arbeitete dort auch und verschaffte<br />
mir mit einem Steve-Poindexter-Remix-Auftrag dann 26<br />
mein Produzenten-<strong>De</strong>büt.<br />
<strong>De</strong>bug: <strong>De</strong>in Album kombiniert Edits von Stücken, die<br />
großteils separat auf 12" erscheinen, in eine sehr fließende<br />
Erzählung. Das spiegelt auch deine DJ-Identität wider.<br />
Area: Das war die Idee von François Kevorkian, meinem<br />
Label-Boss, und ich war sehr dankbar dafür. Seine<br />
Auswahl, die anders, als man das bei EPs oft macht, auf<br />
sehr unterschiedliche Stücke setzt, hat mich überrascht!<br />
<strong>De</strong>bug: Welche Lücke versuchst du mit deiner eigenen<br />
Musik zu füllen?<br />
Area: Darüber denke ich beim Produzieren nicht nach, das<br />
ist viel Drauflosbasteln und nachträgliches Ordnen. Urteile<br />
trifft der DJ in mir: Möchte der das kaufen und auflegen?<br />
Und als solcher suche ich nach auffälligen Sounds, etwas<br />
Unberechenbarkeit, ein bisschen Kantigkeit, nach interessanter<br />
Rhythmik, etwas Balance, etwas Schönheit. Aber<br />
was wirklich mein "Sound" ist, liegt für mich im Dunkeln!<br />
TEXT MULTIPARA<br />
Von Chicago in die ganze Welt. Area, aka<br />
M50, arrangiert auf seinem Album die Tracks<br />
mit so viel Feingefühl, dass daraus tatsächlich<br />
eine LP geworden ist, zu der man auch<br />
zu Hause tanzen will und, im Gegensatz zu<br />
anderen Chicago-Phänomenen wie Juke und<br />
Footwork, auch kann.<br />
Was dabei herauskommen kann, wenn ein Techno/<br />
House-Produzent sich auf seinem <strong>De</strong>bütalbum "Where<br />
I Am Now" nicht aufs Versammeln starker Hooks und<br />
Beats verlässt, sondern auf die Konstruktion eines musikalischen<br />
Flusses zu einer abendfüllenden Geschichte<br />
setzt, kann man bei Area bewundern: es macht sein<br />
Material unwiderstehlich. Aber auch in seiner originären<br />
Behandlung von Rhythmus und Groove und in der warmen,<br />
eigentümlich ungreifbaren Melodik, die irgendwie<br />
off-center sind und dann doch passgenau sitzen, verrät<br />
er sich als jemand mit viel Erfahrung, und dazu als offen<br />
für eine enorme Bandbreite an Einflüssen. Acht EPs hat<br />
der 31-Jährige klarnamensscheue Musiker, den man, um<br />
<strong>De</strong>bug: Berlin scheint ja langsam teuer zu werden. Wo<br />
zieht es dich noch hin?<br />
Area: In Kroatien gibt es in der Tat einen Pool guter<br />
Produzenten/DJs: Brighton, Examine, Davor, und ein sehr<br />
offenes Publikum, das lockt mich nach guten Erfahrungen<br />
tatsächlich. Singapur letztes Jahr war schrill, bunt, sehr<br />
kommerziell, was auf den Soundtrack abfärbt. Ganz anders<br />
als Berlin, wo mich natürlich die lebendige Musikund<br />
Kunstszene anzieht, und wo ich mich auch in Sachen<br />
Essen und Geographie zu Hause fühle, frei von der<br />
Krassheit von Chicago oder dem Druck von New York.<br />
Dazu ist es Urlaub von der Car Culture! Solange der Euro<br />
schwächelt, ist Berlin immer eine Option. Aber vielleicht<br />
überspringt der Boom ja auch Berlin und der Zeitgeist geht<br />
direkt nach China.<br />
24 –<strong>161</strong><br />
30.4.2012: Horst Kreuzberg, Berlin,<br />
als M50, mit Aera. (Nicht Area!)<br />
Area, Where I Am Now,<br />
ist auf Wave Music erschienen.<br />
www.wavemusic.com