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Getzner Kunstheft

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für Schüler, Jugendliche<br />

<strong>Kunstheft</strong> und Erwachsene<br />

Von der Kürze der Dauer<br />

Christoph <strong>Getzner</strong> Markus <strong>Getzner</strong>


Osterhase, gewerbliches Fundobjekt<br />

„Denn der Schein ist ein furchtbarer Betrüger, und gerade wenn man glaubt, sich mit den<br />

allerbedeutendsten Dingen zu beschäftigen, bezaubert er am meisten.“ (Marc Aurel, Selbstbetrachtungen)


Von der Kürze der Dauer, 2015<br />

Christoph und Markus <strong>Getzner</strong><br />

Dieses <strong>Kunstheft</strong> soll einen Zugang zum Werk von Christoph und Markus<br />

<strong>Getzner</strong> eröffnen. Darüber hinaus regt es an, über die wesentlichen Dinge<br />

des Lebens nachzudenken. Über dessen eigentlichen Wert, über dessen<br />

zeitliche Begrenztheit, über den Tod.<br />

Dies ist auch das Anliegen der beiden Künstler, die als Geschwister seit<br />

vielen Jahren zusammenarbeiten. Jede Zeichnung und jedes ihrer Objekte<br />

erzählt seine eigene Geschichte, die Werke betreffen wichtige Fragen<br />

unseres Daseins. Dabei geht es um das Werden und Vergehen des Lebens,<br />

das ständig im Fluss ist und sich verändert. Wir Menschen sind Teil dieses<br />

Kreislaufs und wir müssen uns die Frage stellen: Wie nutzen wir die Zeit?<br />

Welche Werte vertreten wir? Wohin wollen wir? Welche Hoffnungen nähren<br />

uns?<br />

Die Anregungen sind als Denkanstöße gedacht. Vielleicht entstehen daraus<br />

Ideen für die eigene künstlerische Praxis.<br />

Anregungen<br />

• Die beiden Künstler gehen oft von ganz alltäglichen Dingen wie dem<br />

Osterhasen in Alufolie aus. Vergleiche nun das Titelbild dieses <strong>Kunstheft</strong>es<br />

mit dem gekauften Osterhasen. Wie hat er sich im künstlerischen<br />

Werk verändert? Suche nach einer inhaltlichen Deutung.<br />

• Setze das Zitat des römischen Philosophen und Staatsmannes in Bezug<br />

auf das Werk und den Titel des Heftes.


Bis dass der Tod uns scheidet l<br />

Zwei moderne Osterhasen vor einer<br />

altmodischen, barocken Balkonbrüstung.<br />

Dahinter ein leicht zerzauster Baum.<br />

Alles scheint brüchig,<br />

so wie die Tuschezeichnung,<br />

die den Stil von Holzschnitten,<br />

einer überlieferten Drucktechnik,<br />

nachempfindet.<br />

Anregungen<br />

• Was ist von Dauer?<br />

• Was bedeutet Dir Freundschaft?<br />

• Was hält Menschen zusammen?<br />

• Wie schwer ist es, beständig zu sein in einer Welt,<br />

die sich ständig fortentwickelt?<br />

• Wie gehen wir um mit der Natur (vgl. den ´Baum´ im Bild)<br />

wie mit den Zeugnissen der Geschichte (vgl. ´Barock´)?<br />

Kunstpraxis<br />

• Entwerfe ein Freundschaftsbild, das Dich mit einem Menschen zeigt,<br />

der Dir sehr nahe steht. Überlege, welche Dinge auf dem Bild noch<br />

zu sehen sein sollen.


Bis dass der Tod uns scheidet l 2014 l Chinatusche auf Papier l 180x120 cm


Bis dass der Tod uns scheidet l 2014 l Eitempera auf Holz l 20x30 cm


Bis dass der Tod uns scheidet ll<br />

Ein Teddybär und ein Stofftier.<br />

Vielleicht sind sie Freunde.<br />

Ihr Fell spendet Wärme.<br />

Dahinter ein Boot.<br />

Stehen sie einsam am Strand?<br />

Ist es das einzige, was übrig blieb<br />

auf der Flucht?<br />

Sind es selbst Fliehende?<br />

Woher kommen sie?<br />

Wohin wollen sie?<br />

Anregungen<br />

• Erfinde eine Geschichte zum Bild<br />

• Überlege, was Du einpacken würdest, wenn Du nur zwei Sachen mitnehmen<br />

dürftest?<br />

Kunstpraxis<br />

• Zeichne / male ein Bild von Deinen allerliebsten Dingen. Oder baue<br />

eine schöne Box, in der Du diese ausstellst. Schreibe dazu einen kleinen<br />

Text.


Zuerst die eigenen Ketten sprengen, dann<br />

Leidensgenossen befreien<br />

Ein kleines Kind<br />

verlässt das Haus.<br />

Erobert die Welt.<br />

Oder schaut es nur hinaus?<br />

Ein Blick durchs Fenster<br />

in unbekanntes Gebiet?<br />

Wer hält es zurück,<br />

wer hilft ihm?<br />

Große Augen,<br />

große Fragen.<br />

Anregungen<br />

• Versuche bei dem Objekt die Enge des Rahmens, der einem Gebäude<br />

ähnelt, zu deuten. Inwiefern fühlst Du dich manchmal eingeengt?<br />

• Was wirkt auf Dich ´befreiend´?<br />

• Die Figur scheint zu zerfließen, ein Hinweis auf Vergänglichkeit und<br />

Zeit. Suche nach weiteren Bildzeichen und Symbolen, die für Vergänglichkeit<br />

stehen könnten (z.B. eine Sanduhr, ein zerbrochenes Glas<br />

u.s.w.)<br />

Kunstpraxis<br />

• Recherchiere im Internet nach „Vanitas-Bildern“ (so nennt man Bilder<br />

zur Vergänglichkeit). Baue dann aus Dingen, die für dich „Vergänglichkeit“<br />

bedeuten, ein künstlerisches Objekt.


Zuerst die eigenen Ketten sprengen, dann Leidensgenossen befreien l 2013<br />

Holz-Papiermaché-Polyamdid l 37x47x24 cm


Reale Katastrophen erfolgreich verdrängen l 2013 l Papiermaché-Chinatusche auf Papier l 60x90x8 cm


Reale Katastrophen erfolgreich verdrängen<br />

Eine sonderbare Figur<br />

blickt zurück<br />

auf eine verlassene Stadt.<br />

Es scheint, als mache sie sich davon.<br />

Ein opulenter, reich verzierter Rahmen<br />

umschließt die Szenerie.<br />

Anregungen<br />

• Kennst Du Bilder, die so gerahmt sind wie dieses? Welche Art von<br />

Bildern sind dies zumeist? Wie wirkt der Rahmen hier auf Dich?<br />

• Inwiefern neigen Menschen dazu, große Katastrophen zu verdrängen?<br />

Kunstpraxis<br />

• Erweitere das Bild zu einem Comic mit mindestens vier weiteren<br />

Einzelbildern (´Panels´ genannt), eines davon soll das hier abgebildete<br />

sein. Kopiere es, und füge es in Deinen Comic ein. Gib der Story dann<br />

einen Titel. Du kannst den Comic auch kolorieren.


Zuerst die eigenen Ketten sprengen, dann<br />

Leidensgenossen befreien<br />

Vier Figuren blicken auf<br />

einen Käfig, eine Zelle.<br />

Darin eine weitere Person.<br />

Sie scheint gefangen.<br />

Was ist geschehen?<br />

Wer hilft?<br />

Im Vordergrund: Pilze.<br />

Sie sind unterirdisch miteinander verknüpft.<br />

Stehen sie für das, was wir sonst übersehen?<br />

Anregungen<br />

• Überlege, was zu der gezeigten Situation geführt haben könnte.<br />

• Versuche, den Titel des Werks zu deuten.<br />

• Inwiefern sind wir selbst oft ´gefangen´?<br />

Kunstpraxis<br />

• Stellt die Situation in der Gruppe nach und fotografiert dies. Sucht dafür<br />

in Eurer Umgebung nach unterschiedlichen Orten und Kulissen.


Zuerst die eigenen Ketten sprengen, dann Leidensgenossen befreien l 2013<br />

Chinatusche auf Papier l 53x61 cm


Blinder Glaube an Unerschöpflichkeit der Resourcen l 2014 l Holz-Papiermaché l 130x100x50 cm


Ein kostbarer Fisch ohne Wasser<br />

Ein Fisch<br />

ohne<br />

Wasser<br />

ist wie…<br />

Anregungen<br />

• Ergänze den Satz und begründe dies!<br />

• Mache Dir Gedanken zur Bedeutung des Wassers für unser Leben<br />

• Die Plastik mit dem leidenden Fisch auf Stelzen wirkt wie ein wertvolles<br />

Museumsstück. Was macht in deinen Augen Dinge wertvoll? Was<br />

würdest Du gerne ausstellen, was sich sonst nicht in Museen findet?<br />

Kunstpraxis<br />

• Wie viele Objekte der beiden Künstler ist der Fisch aus Papiermaché<br />

geformt. Das ist eine Masse aus gewässerten Papierschnitzeln, Leim<br />

und Kleister. Auch Du kannst damit Tiere und Figuren formen!


Spinnrad<br />

Ein Spinnrad. Es erinnert<br />

an altes Handwerk,<br />

vergessene Kulturen.<br />

Schaustück im Museum<br />

über bäuerliches Leben.<br />

Wo ist der Zwischenraum<br />

der Speichen?<br />

Dornröschen hat ausgedient.<br />

Außer Funktion.<br />

Anregungen<br />

• Dieses Objekt aus Papiermaché erinnert an Zeiten, in denen noch alles<br />

handwerklich hergestellt war. Überlege, wie die Produkte und Dinge,<br />

die dich umgeben, die du besitzt und trägst, entstanden sind.<br />

• Suche nach alten Darstellungen von Handwerkern und versuche zu<br />

beschreiben, was sie tun.<br />

• Welche Rolle und Bedeutung besitzt das Handwerk heute in unserer<br />

Gesellschaft? Vergleiche die Situation mit anderen Ländern auf der<br />

Welt.<br />

Kunstpraxis<br />

• Das Spinnrad kommt in vielen Märchen vor. Erfinde ein neues Märchen,<br />

in dem ein moderner Gegenstand eine wichtige Rolle spielt und illustriere<br />

es.


Von der Kürze der Dauer l 2015 l Holz-Papiermaché-Polyamid l 110x86x86 cm


Der letzte Bergbauer l 2015 l Chinatusche-Eitempera auf Papier l 180x120 cm


Der letzte Bergbauer<br />

Tränen zum Abschied<br />

vom Leben<br />

in den Bergen,<br />

von der Nähe<br />

zum Himmel,<br />

zu den Wolken.<br />

Duftendes Gras.<br />

Einer muss Letzter sein.<br />

Anregungen<br />

• Denke an Situationen, in denen Dir ein Abschied schwer gefallen ist.<br />

Berichte darüber.<br />

• Was müssen wir zurücklassen, wenn wir die Heimat verlassen?<br />

• Liegt im Abschied vielleicht auch eine Hoffnung, eine neue Möglichkeit?<br />

Kunstpraxis<br />

• Gestalte ein Werk (Bild oder eine Plastik), das für Dich ´Abschied´ zum<br />

Ausdruck bringt. Verfasse dazu einen Text.


Die Künstler Christoph und Markus <strong>Getzner</strong><br />

Die Brüder Christoph und Markus <strong>Getzner</strong> haben im Alter von etwa vierzig<br />

Jahren beschlossen, gemeinsam künstlerisch zu arbeiten. Dabei ergänzen<br />

sie sich sehr gut. Christoph <strong>Getzner</strong>s (geb. 1960 in Feldkirch) Schwerpunkt<br />

liegt in der Bildhauerei; er besuchte die Meisterklasse in Graz. Markus<br />

<strong>Getzner</strong> (geb. 1965 in Bludenz) bevorzugt Zeichnung und Grafik; er studierte<br />

an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Arnulf Rainer und<br />

Bruno Gironcoli.<br />

Beide bewegen sich neben ihrer rein künstlerischen Tätigkeit bis heute in<br />

anderen Bereichen: Christoph <strong>Getzner</strong> ist seit 1988 Mitglied der Dombauhütte<br />

zu St. Stephann in Wien, wo er als gelernter Steinmetz am Erhalt und der<br />

Restaurierung des mittelalterlichen Kirchenbaus beteiligt ist. Markus <strong>Getzner</strong><br />

lebt als Mönch in einem Buddhistischen Kloster im Schweizer Ort Le Mont-<br />

Pèlerin.<br />

Philosophie, Lebenspraxis und Kunst finden so Eingang in ein ungewöhnliches<br />

künstlerisches Werk, das die Menschen zum Austausch und zum Nachdenken<br />

über sich und ihr Dasein in der Welt anregt.<br />

Anregungen<br />

• Recherchiere nach weiteren künstlerischen Werken und Projekten auf<br />

der Website der beiden Künstler: www.zwischenzustand.at<br />

Ausstellung:<br />

25. September – 8. November 2015<br />

Jahngasse 9, Dornbirn<br />

Di-So, 10 – 18 Uhr<br />

Impressum:<br />

Gesamtkonzept und Texte: Martin Oswald, Weingarten<br />

Herausgeber: Kunstraum Dornbirn, Thomas Häusle<br />

Inhalt/Redaktion: Herta Pümpel<br />

Gestaltung: Elisabeth Grübl<br />

Alle Rechte vorbehalten©2015<br />

Druckerei Sedlmayr & Co KG Dornbirn<br />

100 g/m2 Cyclus Recyclingpapier, aus 100% Altstoffen<br />

www.kunstraumdornbirn.at

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