SLT_BR_Dialog_H_9_TTIP
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unseren modernen Rechtsordnungen<br />
besser gerecht wird.<br />
Christoph Ulrich: Herr Professor Bindenagel,<br />
sind das für Sie auch die Knackpunkte<br />
der <strong>TTIP</strong>-Verhandlungen, das<br />
Vor sorgeprinzip und der Investorenschutz?<br />
Prof. James D. Bindenagel: Nein, ich<br />
finde, wie Herr Jurk klar gesagt hat, wir<br />
haben einerseits in Europa das Vor -<br />
sorgeprinzip und andererseits in den<br />
Vereinigten Staaten das nachsorgebasierte<br />
Wissenschaftsprinzip. Wenn Sie<br />
sich beide genau ansehen, dann liegen<br />
die Resultate nah beieinander. Es ist in<br />
erster Linie eine kulturelle Frage und es<br />
geht auch um Angst. Nach dem Motto,<br />
weil es anders ist, muss es falsch sein –<br />
auf beiden Seiten. Ich habe persönlich<br />
in den letzten 20 Jahren diese Debatte<br />
begleitet, im Bundestag und auch im<br />
Kongress. Es war immer ein Thema.<br />
Nein, ich finde, das ist auch eine Frage<br />
dessen, was wir hier schon gesagt<br />
haben. Erstens muss man verstehen<br />
wollen, was ist. Zweitens sollte man<br />
ein bisschen Vertrauen in die Analysen<br />
haben, das gilt auch für andere Themen<br />
wie etwa das Schiedsgericht. Der<br />
erwähnte europäische Vorschlag ist<br />
interessant, aber die Amerikaner stellen<br />
jetzt natürlich die Frage, ob das mit den<br />
internationalen Konventionen harmoniert,<br />
ob es möglich ist, diese Idee auch<br />
durchzusetzen. Das sind immer auch<br />
Fragen des Vertrauens, bei denen man<br />
Fakten und Zahlen sprechen lassen<br />
muss, um sich vernünftig damit aus -<br />
einandersetzen zu können. Ansonsten<br />
haben wir es nur mit Angst und Vor -<br />
behalten zu tun und Vertrauen kann<br />
auf diese Weise nicht entstehen.<br />
Das, was wir heute hier machen, solche<br />
Gespräche führen, das machen wir<br />
schon seit Jahren. Wir sind nicht die<br />
Unterhändler, aber wir sind Menschen,<br />
die Fragen haben und sich mit dem Thema<br />
auseinandersetzen und es diskutieren.<br />
Und das, obwohl wir nicht alle Informationen<br />
haben und die Unterhändler<br />
uns nicht ausreichend informieren. Da<br />
gibt es Versäumnisse, das muss ich<br />
wirklich sagen. Natürlich kann man bei<br />
solchen Verhandlungen nicht alle Karten<br />
auf den Tisch legen. Aber man kann<br />
erklären, wie das Spiel geht, wie man<br />
miteinander umgeht und was die zentralen<br />
Fragen sind. Das haben wir bislang<br />
nicht gemacht, und auch deswegen<br />
diskutieren wir heute in dieser Runde.<br />
Stefan Weber: Wahrscheinlich bin ich<br />
der einzige Jurist auf dem Podium. Ich<br />
möchte daher ein paar Aspekte zum<br />
amerikanischen Rechtssystem äußern.<br />
Es geht nicht um eine Willkürjustiz in<br />
den USA, und es ist ein Rechtsstaat.<br />
Jeder deutsche Unternehmer hat als<br />
Priorität in seinen Investitionsentscheidungen<br />
die Rechtssicherheit. Alle Statistiken<br />
zeigen das. Weil niemand in der<br />
Sorge investiert, es wird ihm später<br />
weggenommen. In Deutschland haben<br />
wir den enteignungsgleichen Eingriff.<br />
Die Frage ist: Wie relevant wird dies?<br />
| 30 | Podiumsdiskussion