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Unterstellen wir jeweils Willkürakte auf<br />
europäischer oder auf US-amerikanischer<br />
Seite? Nur dann wird es wirklich<br />
einschlägig. Alles andere ist ein völlig<br />
übertriebener Ansatz. Natürlich können<br />
Sie rechtliche Vorschriften und Standards<br />
ändern, da müssen Sie gegebenenfalls<br />
Ausgleiche leisten – erster Punkt.<br />
Zweiter Punkt: das Rechtssystem und das<br />
Vorsorgeprinzip. Ein Teil der kritischen<br />
Debatten aus der Wirtschaft liegt auch<br />
darin begründet, dass wir in Europa<br />
natürlich erhebliche Anforderungen an<br />
die Wirtschaft stellen, bevor ein Produkt<br />
zugelassen wird. Das muss nicht immer<br />
sinnvoll sein. Daraus jedoch abzuleiten,<br />
in den USA sei in dieser Hinsicht gar<br />
nichts gewährleistet, das stimmt schon<br />
mal nicht wegen der Interessen, die die<br />
Shareholder haben. Getreu dem Motto:<br />
Fang mal an mit dem Produkt; wenn es<br />
schiefgeht, werden wir es schon sehen.<br />
Das Interesse, dass man sein eigenes<br />
Unternehmen nicht vernichtet, ist da.<br />
Ein gewisser Mix wäre ganz gut.<br />
Wir sollten uns nicht in der idealen<br />
Welt des Rechtssystems wähnen. Die<br />
deutsche Justiz ist sicherlich sehr gut,<br />
aber es ist nicht der Endzustand des<br />
Juristischen. Die US-amerikanische<br />
Justiz ist nicht so skurril, wie sie in den<br />
Boulevardblättern ab und zu anhand<br />
irgendeines Urteils dargestellt wird. Es<br />
sind zwei absolut moderne, auf hohem<br />
Niveau geordnete Rechtssysteme.<br />
Deswegen ist die Frage, wie ich damit<br />
umgehe und welche Fälle aufschlagen.<br />
Erwarten wir Willkür, willkürliche Enteignungen<br />
und Beschlagnahmen oder<br />
erwarten wir sie nicht? Ich denke,<br />
die können wir nicht erwarten. Wenn<br />
zwischen Europa und den USA nicht<br />
davon ausgegangen werden kann, dass<br />
es sich um entwickelte zivile Gesellschaften<br />
handelt, mit wem wollen wir<br />
dann noch Handelsabkommen schließen?<br />
Bei aller Frage der Sicherheit oder<br />
Verlässlichkeit, wie ein Richter agiert,<br />
da würde ich mich in den USA wahrscheinlich<br />
überall wohler fühlen als in<br />
manchen Ländern, die heute auch schon<br />
angesprochen worden sind. Von daher<br />
rate ich zu einer gewissen Zurückhaltung<br />
und zu keiner rechtstechnischen<br />
oder rechtsphilosophischen Debatte.<br />
Die scheitert.<br />
Thomas Jurk: Als Nichtjurist will ich aber<br />
darauf hinweisen, dass erstaunlicherweise<br />
beim Freihandelsabkommen der<br />
EU mit Kanada nachverhandelt und<br />
genau dieser Passus geändert wurde –<br />
genau in der Richtung, wie die EU das<br />
vorgeschlagen hat. Dazu muss ich<br />
sagen, dass sich die Kanadier bewegt<br />
haben. Das finde ich sehr gut und insofern<br />
glaube ich, dass es – Sie haben es<br />
ja gesagt – das entwickelte Rechtssystem<br />
ist. Wir haben entwickelte Rechtssysteme.<br />
Warum wollen wir da nicht<br />
etwas Modernes machen und nicht<br />
etwas, das man in der Vergangenheit<br />
vielleicht einmal gebraucht hat, weil<br />
man es mit unberechenbaren Systemen<br />
zu tun hatte?<br />
Podiumsdiskussion | 31 |