SLT_BR_Dialog_H_9_TTIP
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wickelt. Wir leben in einer digitalen Welt<br />
mit einer Share Economy. In dieser<br />
ändert sich vieles, besonders für den<br />
Arbeitsmarkt. Das muss man auch künftig<br />
in der Wissenschaft unterscheiden.<br />
Wie entstehen die sogenannten Verlierer?<br />
Entstehen sie durch Handels- und<br />
Investitionsabkommen oder ist es die<br />
Digitalisierung, die Globalisierung oder<br />
schlicht der technisch-technologische<br />
Fortschritt, bei dem einige nicht mitkommen.<br />
Es ist in meinen Augen sehr wichtig,<br />
das zu unterscheiden, um es zu verstehen.<br />
Nicht alle Umbrüche resultieren<br />
aus dem Freihandel. Er ist kein Sündenbock.<br />
Das muss auch in der Wissenschaft<br />
stärker differenziert werden. Hier sind<br />
mehr Studien erforderlich, nicht zuletzt,<br />
um die Welt auch zu informieren.<br />
Prof. Dr. Udo Kreickemeier: Ich denke,<br />
dass bei den empirisch arbeitenden Kollegen<br />
das Auseinanderhalten von Dingen,<br />
die zufällig gleichzeitig stattfinden,<br />
und von Dingen, bei denen das eine das<br />
andere tatsächlich kausal hervorruft,<br />
dass das etwas ist, wo sehr viel wissenschaftlicher<br />
Fortschritt stattgefunden hat.<br />
Das Problem ist, dass man immer eine<br />
große Veränderung braucht. Die Veränderung,<br />
die zum Beispiel für Deutschland<br />
oder die Vereinigten Staaten sehr<br />
gut untersucht ist, ist das Wachstum von<br />
China und die Integration Chinas in die<br />
Weltwirtschaft. Da gibt es zum Beispiel<br />
eine Studie für Deutschland, die besagt,<br />
dass Deutschland netto gewonnen hat.<br />
Aber es gibt sehr viele Leute, die aufgrund<br />
dieser höheren Handelsverflechtung<br />
mit China ihren Arbeitsplatz in<br />
bestimmten Regionen verloren haben.<br />
Diese Betroffenen haben teilweise lange<br />
gebraucht, alternative Beschäftigung zu<br />
finden. Ich denke, man hilft – das ist<br />
auch meine Reaktion auf Herrn Weber –<br />
dem Argument »Wir wollen mehr Freihandel,<br />
mehr ökonomische Integration«<br />
nicht, indem man behauptet, es gebe<br />
keine Probleme. Man kann die Volkswirtschaftslehre<br />
nicht ins Feld führen,<br />
um zu behaupten, »Freihandel hilft<br />
allen«. Das ist einfach nicht redlich.<br />
Herrn Webers Argument, wir als exportorientierte<br />
Wirtschaft seien auf dieses<br />
<strong>TTIP</strong>-Abkommen angewiesen, würde<br />
ich durchaus entgegnen, dass die Alternative<br />
ja nicht lautet, dass wir uns<br />
abschotten. Wir exportieren ja heute<br />
schon in die Vereinigten Staaten in ganz<br />
erheblichem Maße. Wir exportieren<br />
in einer Welt, in der wir <strong>TTIP</strong> noch nicht<br />
haben. Mein Plädoyer aus der letzten<br />
Beitragsrunde möchte ich daher auch<br />
so interpretiert wissen, ob man, wenn<br />
es sich denn herausstellt, dass es drei,<br />
vier neuralgische Punkte gibt, an denen<br />
das ganze Abkommen zu scheitern<br />
droht, nicht über eine etwas kleinere<br />
Lösung nachdenkt. Über eine Lösung,<br />
bei der man die Bürokratie abschafft,<br />
die Zölle auf null senkt. Und dass wir<br />
uns von den Dingen, bei denen es<br />
offensichtlich starke kulturelle Unterschiede<br />
gibt, die einer Harmonisierung<br />
oder gegenseitigen Anerkennung<br />
entgegenstehen, dieses Abkommen<br />
als Ganzes nicht kaputt machen<br />
lassen.<br />
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