BOGESUND Ausgabe Nr. 2 / 2016
BOGESUND - Das Magazin für den Gesundheitsstandort Bochum. Schwerpunktthema dieser Ausgabe: Kinder- / Jugendgesundheit.
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Die Parkinson-Erkrankung – Wenn der Körper außer Kontrolle gerät<br />
Dieser steht im Krankheitsverlauf nur<br />
noch reduziert zur Verfügung. Bei fortschreitender<br />
Erkrankung zeigen sich<br />
schließlich auch verstärkt Funktionsstörungen<br />
von anderen Gehirnbereichen,<br />
da sich der Nervenzellabbau<br />
weiter ausbreitet.<br />
Bei einer Häufigkeit von etwa 150 auf<br />
100.000 Einwohner sind bundesweit<br />
gut 120.000 Patienten an Parkinson<br />
erkrankt, davon 7.500 im Ruhrgebiet.<br />
Da das Altern ein Risikofaktor der<br />
Abbauerkrankung der Dopamin-Nervenzellen<br />
ist, tritt Parkinson mit zunehmendem<br />
Alter häufiger auf. Das<br />
Risiko, an Parkinson zu erkranken,<br />
liegt bei ca. 4 Prozent, Frauen erkranken<br />
seltener. Erblich bedingter<br />
Parkinson ist nur selten, so dass bei<br />
Erkrankung enger Angehöriger das<br />
eigene Erkrankungsrisiko nur geringfügig<br />
erhöht ist.<br />
Prof. Dr. Siegfried Muhlack und Prof. Dr. Lars Tönges von der<br />
Universitätsklinik für Neurologie des St. Josef-Hospitals Bochum<br />
Durch intensive Forschung wurden in<br />
den letzten Jahren auch wesentliche<br />
nicht-motorische Symptome der Parkinson-Erkrankung<br />
entdeckt, die den<br />
motorischen Beschwerden teilweise<br />
schon Jahrzehnte vorausgehen<br />
und quasi Vorboten der Erkrankung<br />
sein können. Die nicht-motorischen<br />
Symptome können sehr subtil sein:<br />
vermindertes Geruchsempfinden,<br />
Verdauungsstörungen oder ein gestörtes<br />
Farbensehen. Aufmerksam<br />
sollte man werden, wenn sich stark<br />
ausgeprägte Durchschlafstörungen<br />
entwickeln, bei denen die Patienten<br />
sehr lebhaft träumen, sich im Schlaf<br />
bewegen und sogar aus dem Bett fallen<br />
können. Teilweise können auch<br />
starke Stimmungsschwankungen bis<br />
hin zu Depression erste Zeichen einer<br />
Parkinson-Erkrankung sein. Im fortgeschrittenen<br />
Stadium können sich<br />
Demenz, Psychosen und schwere<br />
autonome Funktionsstörungen entwickeln.<br />
Betroffene Patienten stürzen<br />
häufig und sind angesichts der motorischen<br />
Beeinträchtigung auf Pflege<br />
angewiesen.<br />
Therapiewege und fortgeschrittenes<br />
Krankheitsstadium<br />
Wird die Diagnose Parkinson anhand<br />
von klinischen Beschwerden wie Steifigkeit,<br />
verlangsamte Bewegung oder<br />
Zittern vermutet, ist dies mit weiteren<br />
Untersuchungen zu untermauern.<br />
Klarheit können auch ambulant verfügbare<br />
nuklearmedizinische Untersuchungen<br />
bringen. Vorrangiges Ziel<br />
einer medikamentösen Behandlung<br />
und der begleitenden, stützenden<br />
Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie,<br />
Logopädie und Psychotherapie<br />
ist es, den Patienten in allen<br />
Phasen der Erkrankung bestmöglich<br />
beweglich und aktiv zu erhalten. Eine<br />
Heilung der Parkinson-Erkrankung ist<br />
trotz vielversprechender Forschungsansätze<br />
weder derzeit noch in absehbarer<br />
Zeit möglich. Verfügbar ist<br />
jedoch schon eine effektive medikamentöse<br />
Therapie. Die individuell für<br />
den jeweiligen Patienten im Vordergrund<br />
stehenden Beschwerden und<br />
auch die individuelle Verträglichkeit<br />
der Medikation ist der Leitfaden für<br />
die medikamentöse Einstellung und<br />
die Planung der zusätzlichen Therapieformen.<br />
Eine besondere Gruppe stellen betroffene<br />
Parkinson-Patienten dar, die<br />
im mittleren Lebensalter erkrankt sind<br />
und sich noch den Anforderungen eines<br />
Berufes und einer Familie mit Kindern<br />
stellen müssen. Hier sind andere<br />
und langfristig wirkende Medikationen<br />
und Therapiestrategien zu stellen.<br />
Neben der mit Abstand erfolgreichsten<br />
Therapie basierend auf dem Medikament<br />
Levodopa stehen weitere<br />
moderne Substanzen mit ähnlich guter<br />
Wirksamkeit zur Verfügung. Auch<br />
invasive Therapien wie eine Pumpe<br />
oder eine tiefe Hirnstimulation sind gut<br />
umsetzbar und können bei entsprechender<br />
Indikation sicher und effektiv<br />
eingesetzt werden. Die Auswahl der<br />
Therapie unter Berücksichtigung der<br />
motorischen und nicht-motorischen<br />
Beschwerden und somit die Planung<br />
der individuellen Therapieziele ist ein<br />
wesentlicher Hauptbestandteil der<br />
Arzt- Patient-Beziehung.<br />
Therapeuten beziehen auch die Belastungen<br />
und Anliegen der Angehörigen<br />
ein, die die Patienten in vielen<br />
Fällen unverzichtbar unterstützen und<br />
versorgen können. Zu empfehlen sind<br />
Besuche von Selbsthilfegruppen z.B.<br />
wie der Deutschen Parkinson- Vereinigung.<br />
In diesen werden Erfahrungen<br />
und Kenntnisse ausgetauscht sowie<br />
Informationen von Ärzten und Therapeuten<br />
vorgestellt. Parkinson-Patienten<br />
finden in der Klinik für Neurologie<br />
des St. Josef-Hospitals, Klinikum der<br />
Ruhr-Universität Bochum, ein breites<br />
Behandlungsspektrum.<br />
Erste Anlaufstelle ist die Spezialambulanz<br />
für Parkinsonerkrankungen<br />
und Bewegungsstörungen, die vom<br />
niedergelassenen Facharzt überwiesene<br />
Patienten sieht.