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WIRTSCHAFT+MARKT 5/2016

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27. Jahrgang | Heft 5 | September/Oktober <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

BRÜSSELER SEGEN<br />

WIE DER OSTEN VON<br />

EU-GELDERN PROFITIERT<br />

BEILAGE<br />

Sachsen<br />

LÄNDERREPORT<br />

Schwerin dockt an<br />

Hamburg an<br />

Flughäfen am Tropf<br />

der öffentlichen Hand<br />

RATGEBER<br />

So gelingt die<br />

Unternehmensnachfolge<br />

Kassenführung im<br />

Visier der Finanzämter<br />

TILLICH & WOIDKE IM INTERVIEW<br />

Zwei Lausitzer, zwei Landesväter,<br />

zwei Parteien, zwei Freunde


Für Sie vor Ort in Mitteldeutschland:<br />

in Chemnitz, Dresden, Erfurt, Halle,<br />

Leipzig und Magdeburg.<br />

Der Kolibri. Mit 40 bis 50<br />

Flügelschlägen pro Sekunde<br />

kann er auf der Stelle fiegen<br />

und präzise manövrieren.<br />

Präzise Balance.<br />

Professionelle Leistung auf<br />

höchstem Niveau.<br />

Mit einer Qualität, die genau den Erwartungen unserer Kunden<br />

entspricht, will die Landesbank Baden-Württemberg zum Maßstab<br />

für gutes Banking werden. Deshalb betreiben wir Bankgeschäfte<br />

ver trauenswürdig und professionell. Fundiert und<br />

fokussiert. Sorgfältig und respektvoll. Als ein Unternehmen der<br />

LBBW-Gruppe pfegen wir langfristige Kundenbeziehungen in<br />

der Region und beraten Kunden transparent und ehrlich.<br />

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Ein Unternehmen der LBBW-Gruppe


EDITORIAL | 3<br />

Tue Gutes und<br />

rede darüber<br />

JETZT<br />

20. -21 . OKTOBER <strong>2016</strong><br />

ANMELDEN!<br />

owf<strong>2016</strong>.de<br />

Karsten Hintzmann<br />

Chefredakteur<br />

KH@WundM.info<br />

Foto: Privat, Titelfoto: Ralf Succo<br />

Das geeinte Europa geht aktuell<br />

durch eine tiefe Krise. Großbritannien<br />

hat vor wenigen Wochen<br />

den Austritt aus der Europäischen Union<br />

erklärt. Auch in weiteren Staaten laufen<br />

Debatten darüber, wie viel Sinn es<br />

noch macht, in der EU zu verbleiben und<br />

an der europäischen Idee festzuhalten.<br />

Es sind gefährliche Diskussionen, die<br />

da geführt werden. Denn wo kämen<br />

wir hin, wenn sich weitere Staaten von<br />

der EU abwenden? Das heute noch<br />

weitgehend geeinte Europa würde in<br />

jene Kleinstaaterei zurückfallen, die<br />

speziell in der ersten Hälfte des letzten<br />

Jahrhunderts so fatale Folgen hatte.<br />

Die negativen Auswirkungen auf die<br />

Wirtschaft können in ihrer ganzen Tragweite<br />

aktuell noch gar nicht überblickt<br />

werden, wenn man den so mühsam<br />

geschaffenen gemeinsamen europäischen<br />

Markt aufgeben würde.<br />

Insofern bleibt zu hoffen, dass sich<br />

die politisch Verantwortlichen in den<br />

EU-Mitgliedstaaten darauf besinnen,<br />

wie elementar wichtig das Gebilde EU<br />

auch für die nationalen Volkswirtschaften<br />

ist. Allerdings ist auch Brüssel gefordert,<br />

einige Gänge nach oben zu<br />

schalten. In mehrfacher Hinsicht. Für<br />

den Außenstehenden wirken die Europäische<br />

Kommission, das Europaparlament<br />

und der Europäische Rat wie<br />

drei schwer navigierbare und überdimensionierte<br />

Tanker, die in ihren Aktivitäten<br />

nur mühsam vorankommen.<br />

Ehe alltagsrelevante Entscheidungen<br />

getroffen werden, vergehen oft viele<br />

Monate, mitunter sogar Jahre.<br />

Das momentan größte Problem ist jedoch<br />

die Außendarstellung speziell der<br />

EU-Kommission. Sicher, es ist allgemein<br />

bekannt, dass es diverse EU-Fördertöpfe<br />

gibt. Aber damit hat es sich<br />

dann auch schon. Es gelingt der EU bis<br />

heute weder Herz noch Hirn der Menschen<br />

in Europa zu erreichen. Dass wir<br />

in Europa eine mehr als 70 Jahre andauernde<br />

Friedensperiode erleben, ist<br />

keine Selbstverständlichkeit, sondern<br />

geht ganz maßgeblich auf die gesamteuropäische<br />

Kooperation zurück. Auch<br />

die Tatsache, dass sich die Bürger in<br />

Europa weitgehend grenzenlos bewegen<br />

können und Waren ohne Zollbarrieren<br />

exportiert werden, ist ein Verdienst<br />

der EU. Die unvergleichlich positive<br />

Entwicklung, die Europa in den<br />

zurückliegenden Jahrzehnten genommen<br />

hat, ist das Ergebnis harter Arbeit<br />

und kluger Entscheidungen, die auch<br />

in Brüssel getroffen wurden. Tue Gutes<br />

und rede darüber – die Europäische<br />

Kommission ist dringend gefordert,<br />

ihre Politik wesentlich besser als<br />

bislang zu verkaufen.<br />

Die neuen Bundesländer haben in den<br />

zurückliegenden 25 Jahren erheblich<br />

von der Förderung aus Brüssel profitiert.<br />

Viele Milliarden Euro sind in regionale<br />

Entwicklungsprojekte und essenzielle<br />

Infrastrukturmaßnahmen geflossen.<br />

Lesen Sie dazu mehr in unserer<br />

Titelgeschichte ab Seite 30. In der laufenden<br />

Förderperiode stehen erneut<br />

große Budgets für Ostdeutschland zur<br />

Verfügung. Auch deshalb wäre es absolut<br />

gerechtfertigt, der EU und dem<br />

europäischen Gedanken zwischen<br />

Wismar und Görlitz eine größere Wertschätzung<br />

als bisher zu schenken.<br />

<br />

W+M<br />

WIRTSCHAFT<br />

WACHSTUM<br />

ZUKUNFT<br />

EINLADUNG<br />

zum Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />

20.–21. Oktober <strong>2016</strong><br />

A-ROSA FORUM, BAD SAAROW<br />

www.WundM.info<br />

www.owf<strong>2016</strong>.de


4 | W+M INHALT<br />

W+M TITELTHEMA<br />

Brüsseler Segen – wie der Osten<br />

von EU-Geldern profitiert.................30<br />

W+M AKTUELL<br />

Köpfe......................................................................... 6<br />

Nachrichten............................................................... 8<br />

W+M SCHWERPUNKT SACHSEN<br />

Report: Stolz auf „Made in Saxony“........................12<br />

Cluster: Sachsens Stärke heißt Branchenvielfalt.....13<br />

Im Doppelinterview: Die Ministerpräsidenten<br />

Sachsens und Brandenburgs<br />

Stanislaw Tillich und Dietmar Woidke......................16<br />

EnviaM-Chef Tim Hartmann über<br />

technische Innovationen für die Energiewende ....... 22<br />

30<br />

Titelthema Brüsseler Segen<br />

Finanzspritzen für den Mittelstand<br />

W+M LÄNDERREPORTS<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Schwerin dockt an Hamburg an.............................. 24<br />

Ostdeutschland: Flughäfen am Tropf<br />

der öffentlichen Hand.............................................. 26<br />

Sachsen-Anhalt: Warum Bitterfeld<br />

zur AfD-Hochburg wurde...........................................28<br />

W+M TITELTHEMA BRÜSSELER SEGEN<br />

Report: Aufbauhelfer für Ostdeutschland............... 30<br />

Interview mit dem Berliner EU-Parlamentarier<br />

Joachim Zeller......................................................... 34<br />

Aktuelle Förderprogramme:<br />

Brüsseler Finanzspritzen für den Mittelstand............36<br />

Grenzregionen wachsen zusammen....................... 38<br />

Analyse: Wie der BREXIT<br />

auf Ostdeutschland wirkt........................................ 40<br />

16<br />

Exklusives Doppelinterview<br />

Stanislaw Tillich und Dietmar Woidke<br />

Impressum<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />

Ausgabe: 5/<strong>2016</strong><br />

Redaktionsschluss: 12.08.<strong>2016</strong><br />

Verlag: W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />

Zimmerstraße 56, 10117 Berlin<br />

Tel.: 030 479071-27<br />

Fax: 030 479071-22<br />

www.WundM.info<br />

Herausgeber/Geschäftsführer:<br />

Frank Nehring, Tel.: 030 479071-11<br />

FN@WundM.info<br />

Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />

Tel.: 030 479071-21, KH@WundM.info<br />

Redaktion: Janine Pirk-Schenker, Tel.: 030 479071-21,<br />

JP@WundM.info, Adrian M. Darr, Tel.: 030 479071-24,<br />

AD@WundM.info<br />

Autoren: Katrin Kleeberg, Harald Lachmann,<br />

Rudolf Miethig, Tomas Morgenstern, Matthias Salm,<br />

Thomas Schwandt<br />

Abo- und Anzeigenverwaltung: Kornelia Brocke,<br />

Tel.: 030 479071-27, KB@WundM.info<br />

Marketing/Vertrieb: Kerstin Will, Tel.: 030 479071-24<br />

KW@WundM.info<br />

Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />

Abonnementpreis:<br />

Die Zeitschrift <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> erscheint<br />

zweimonatlich. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />

der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />

und Berlin sowie die Mitglieder des Vereins Brandenburgischer<br />

Ingenieure und Wirtschaftler (VBIW)<br />

erhalten diese Zeitschrift im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />

Einzelpreis: 5 €, Jahresabonnement (inkl. aller<br />

Ausgaben von W+M Regional, W+M Exklusiv, W+M<br />

Berlin.Friedrichstraße und dem Online-Magazin W+M<br />

Kompakt) 60 € inkl. MwSt. und Versand (im Inland).<br />

Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />

www.moeller-mediengruppe.de<br />

Druck: Möller Druck und Verlag GmbH,<br />

ISSN 0863-5323<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur<br />

mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen<br />

nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />

Fotos übernehmen wir keine Haftung.<br />

Fotos: W+M (oben), Ralf Succo (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


W+M INHALT | 5<br />

W+M POLITIK<br />

Pro und Contra: Braucht Ostdeutschland<br />

noch mehr Windräder?.............................................41<br />

Ostdeutsches Wirtschaftsforum:<br />

Bad Saarow lädt zum „Davos des Ostens“............ 42<br />

W+M RATGEBER<br />

Management: So gelingt<br />

die Unternehmensnachfolge................................... 46<br />

12<br />

Länderschwerpunkt<br />

Sachsens innovative Autobauer<br />

Finanzen: Förderprogramme für<br />

Erneuerbare Energien............................................. 48<br />

Insolvenz: Die Krise als Chance nutzen.................. 50<br />

Steuern: Kassenführung<br />

im Visier der Finanzbehörden.................................. 52<br />

Recht: Interessante Urteile für Unternehmer......... 53<br />

Büro: Vollautomaten für höchsten Kaffeegenuss... 54<br />

Literatur: Die ostdeutsche Bestsellerliste<br />

für Wirtschaftsliteratur............................................ 56<br />

Länderreport Ostdeutschland<br />

Flughäfen am Tropf der öffentlichen Hand<br />

26<br />

W+M NETZWERK<br />

Warnemünde:<br />

Business am Rande der Hanse Sail........................ 57<br />

Potsdam I: Sommernachtstraum am Tiefen See .....58<br />

Potsdam II: Brandenburger WirtschaftsForum<br />

zu Gast im Möbelhaus............................................ 59<br />

VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 60<br />

Neues aus den Unternehmerverbänden................. 62<br />

W+M PORTRÄTS<br />

Nora Heer: Start-up-Dirigentin................................ 64<br />

Ralf Hillenberg: Preußischer Lautsprecher............. 65<br />

W+M DIE LETZTE SEITE<br />

Ausblick und Personenregister............................... 66<br />

Fotos: IAV (oben), Deutsche Post AG (Mitte)<br />

54<br />

Ratgeber Büro<br />

Höchster Kaffeegenuss fürs Office<br />

W+M WEITERE BEITRÄGE<br />

Editorial...................................................................... 3<br />

Impressum................................................................ 4<br />

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt die Regionalausgabe<br />

W+M Sachsen sowie das Programm des Ostdeutschen<br />

Wirtschaftsforums OWF<strong>2016</strong> bei. Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


6 | W+M AKTUELL<br />

K<br />

Ö<br />

2<br />

4<br />

P<br />

F<br />

1<br />

E 1 Tita von Hardenberg (48)<br />

TV-Unternehmerin aus Berlin<br />

Jüngst wurde die Berliner TV-Journalistin<br />

und Inhaberin des Medienunternehmens<br />

Kobalt als „Berliner Unternehmerin<br />

<strong>2016</strong>/2017“ von der Berliner Senatsverwaltung<br />

für Wirtschaft, Technologie und<br />

Forschung ausgezeichnet. Bevor Tita von<br />

Hardenberg ihr Unternehmen gründete,<br />

war sie Redaktionsleiterin der TV-Sparte<br />

des TIP-Stadtmagazins und verantwortete<br />

und moderierte die ORB-Sendung „TIP<br />

TV“. 1997 handelte sie mit ihrem Partner<br />

Stefan Mathieu einen eigenen Vertrag mit<br />

dem ORB aus, gründete Kobalt und produzierte<br />

fortan in eigener Verantwortung.<br />

Nach Höhen und Tiefen steht das Unternehmen<br />

heute wirtschaftlich kerngesund<br />

da, hat sich als Talentschmiede für große<br />

Fernsehkarrieren erwiesen und expandiert<br />

mit Kulturprogrammen und Dokumentationen<br />

seit vielen Jahren. „Kobalt<br />

vollzieht mit einem großen Team Festangestellter<br />

die Transformation ins digitale<br />

TV-Zeitalter und wird auch für weitere<br />

Jahrzehnte die Berliner Medienszene<br />

entscheidend mitprägen“, ist sich Tita<br />

von Hardenberg sicher.<br />

2<br />

Juliane Nowakowski (34)<br />

Hundeexpertin aus dem Havelland<br />

Die examinierte Juristin hatte nach dem<br />

Studium keine rechte Lust auf Gerichtssäle<br />

mehr. So sattelte sie um und baute sich<br />

3<br />

eine Hundeschule auf – besser gesagt:<br />

eine Hundehalterschule, wie es die zertifizierte<br />

Hundeerzieherin und Hundeverhaltensberaterin<br />

aus dem brandenburgischen<br />

Deetz bei Groß Kreutz nennt. Denn<br />

wenn ein Hund aus dem Ruder laufe, liege<br />

es oft eher an Herrchen oder Frauchen,<br />

lautet ihre Erfahrung. So bietet sie<br />

auch Anti-Jagd-Kurse, Rückrufkurse und<br />

Gruppenspaziergänge an. Einen Schwerpunkt<br />

hat die junge Frau, die dem Unternehmerinnen-Netzwerk<br />

Brandenburg<br />

angehört, bei Hütehunderassen. Hierzu<br />

hält sie selbst Schafe, mit denen Besitzer<br />

etwa von Border Collie, Schafpudel<br />

oder Strobel bei ihr testen können, ob diese<br />

noch ihre überkommenen Hirtenhund-<br />

Gene in sich tragen.<br />

3 Kristian Kirpal (43)<br />

Kammerpräsident aus Wermsdorf<br />

Der Familienunternehmer, der seit 2007<br />

gemeinsam mit Vater Kurt die Geschäfte<br />

der KET Kirpal Energietechnik GmbH Anlagenbau<br />

& Co. KG im nordsächsischen<br />

Wermsdorf führt, hatte sich Ende Juni<br />

bei der Vollversammlung der IHK Leipzig<br />

in geheimer Wahl gegen eine Mitbewerberin<br />

durchgesetzt. Er folgt Wolfgang<br />

Topf, der dieses Amt seit dem Jahr<br />

2000 innehatte. Zur IHK Leipzig gehören<br />

67.000 Mitgliedsbetriebe aus der<br />

Stadt und dem Landkreis Leipzig sowie<br />

dem Landkreis Nordsachsen. Kirpals<br />

Firma KET, die gut 40 Mitarbeiter beschäftigt,<br />

wurde bereits mit einem bundesweiten<br />

Innovationspreis der mittelständischen<br />

Wirtschaft ausgezeichnet.<br />

Einen Tätigkeitsschwerpunkt hat sie in<br />

der objektbezogenen dreidimen sionalen<br />

CAD-Planung individueller Aufträge.<br />

Zu ihren Kunden gehören auch Großkonzerne<br />

wie BMW, Porsche oder die<br />

Deutsche Bahn.<br />

4 Walter Riester (72)<br />

Renten-Erfinder aus Berlin<br />

Der frühere Bundesarbeitsminister ist<br />

nun endgültig Ostdeutscher geworden.<br />

Seit dem Frühjahr hat er seinen Lebensmittelpunkt<br />

in Berlin-Wuhlheide. Als gelernter<br />

Fliesenlegermeister verlegte er die<br />

Wand- und Bodenplatten in seiner neuen<br />

Wohnung übrigens selbst. Riester enga-<br />

Fotos: KircherPhoto (1), Harald Lachmann (2, 4), IHK Leipzig (3)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


W+M AKTUELL | 7<br />

IN MEMORIAM<br />

Thomas Wagner (38)<br />

5<br />

giert sich nach wie vor aktiv für die Entwicklung<br />

des Sozialstaats in Zeiten der<br />

Globalisierung sowie die Entwicklung<br />

sozialer Sicherungssysteme in Entwicklungs-<br />

und Schwellenländern. Zugleich<br />

mahnt er aber zu mehr Augenmaß in dieser<br />

Frage. Wer versuche, unsere westlichen<br />

Sozial- und Arbeitsstandards zu globalen<br />

Leitlinien zu erheben und sie der<br />

dritten Welt überzustülpen – um deren<br />

Einhaltung dann als pauschalen Maßstab<br />

für Exportwaren aus diesen Ländern zu<br />

verlangen – könne damit nur scheitern,<br />

sagt er. Hierfür sei die Welt kulturell zu<br />

verschieden.<br />

5 Dr. Alexandra Treutler (42)<br />

Fertigbad-Expertin aus Ahrensfelde<br />

Lange Zeit war der gebürtige Dessauer<br />

der Shootingstar der deutschen Internetszene,<br />

ein Überflieger der Branche. Sein<br />

Betriebswirtschaftsstudium brach er nach<br />

dem Vordiplom ab und bastelte lieber an<br />

seiner ersten Internetseite, einer Tauschbörse<br />

für Studenten. Ende 2002 ging sein<br />

erstes Versicherungsportal online, 2004<br />

ab-in-den-urlaub.de – mit monatlich drei<br />

Millionen Besuchern bis heute Deutschlands<br />

größtes Reiseportal. Zu seinen Werbeträgern<br />

gehören Michael Ballack und<br />

Rainer Calmund. Auch erfolgreiche Seiten<br />

wie geld.de, auto.de oder travel24.<br />

de brachte Wagner auf den Weg. Sein<br />

Portal fluege.de kaufte später sogar den<br />

ostdeutschen Ski-Hersteller „Germina“.<br />

Zuletzt beschäftigte er in seinem Leipziger<br />

Firmenimperium Unister über 2.000<br />

Menschen, betrieb 60 Webseiten, hielt<br />

die Rechte an hunderten weiteren. Dabei<br />

blieb er stets bescheiden, lebte mit seiner<br />

Partnerin in einer Leipziger Mietwohnung,<br />

überwies sich selbst nur 50.000 Euro im<br />

Jahr. Dennoch soll er illegale Versicherungsgeschäfte<br />

getätigt und damit Steuern<br />

in Millionenhöhe hinterzogen haben.<br />

Nach kurzer Untersuchungshaft kam er<br />

jedoch wieder frei, wartete nun auf eine<br />

Verhandlung. Am 14. Juli ist Thomas<br />

Wagner mit einer Privatmaschine über<br />

den slowenischen Bergen abgestürzt.<br />

Revitalisierung<br />

Sie kennen uns als Neubauspezialisten!<br />

Wussten Sie schon von unserer Revitalisierungskompetenz?<br />

Fotos: Harald Lachmann (5), Unister (rechts)<br />

Zart, zierlich, bewusst feminin – wer die<br />

junge Chefin der brandenburgischen Niederlassung<br />

von Schwörer Haus in Ahrensfelde<br />

erlebt, mag sie sich nur schwer<br />

in eine raue Bau- und Männerwelt hineindenken.<br />

Dennoch führt sie sehr erfolgreich<br />

die Außenstelle des schwäbischen<br />

Familienunternehmens – in ihr werden<br />

auf einem früheren Sportplatzgelände<br />

Bäder für Hotels und Wohnheime komplett<br />

vorgefertigt, so dass sie dann nur<br />

noch per Kran in die Gebäude eingesetzt<br />

werden – mit ebenso weiblich-sanfter<br />

wie energisch-konsequenter Hand. Und<br />

nebenher erlangte die studierte Betriebswirtin<br />

über ein Programm, das auf berufstätige<br />

Manager zugeschnitten ist,<br />

auch noch ihren Doctor of Business Administration<br />

an der niederländischen<br />

TIAS School for Business and Society.<br />

GOLDBECK Nordost GmbH<br />

Bauen im Bestand Nordost<br />

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04416 Markkleeberg<br />

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8 | W+M AKTUELL<br />

NACHRICHTEN<br />

ERFOLGREICHE BILANZ<br />

Potsdam. Am 30. Juni 1991 versandte die<br />

Bürgschaftsbank Brandenburg ihre ersten<br />

15 Bürgschaftsurkunden und ermöglichte<br />

damit der ersten Brandenburger Gründergeneration<br />

die Finanzierung ihrer Selbstständigkeit.<br />

Seitdem wurden mehr als<br />

8.000 Bürgschaften an Brandenburger Unternehmer<br />

und Existenzgründer vergeben,<br />

die etwa 31.000 neue Arbeitsplätze schufen<br />

und halfen, mehr als 126.000 Arbeitsplätze<br />

zu sichern. Die Bürgschaften dienten<br />

der Finanzierung von Investitionen in Höhe<br />

von über 4,2 Milliarden Euro, getätigt von<br />

mittelständischen Unternehmen aller Branchen<br />

und Größen. Ob Fanartikelversand,<br />

Bäcker, Tischler, Chocolatier, Softwareoder<br />

Bauunternehmer – Bürgschaften für<br />

inzwischen insgesamt zwei Milliarden Euro<br />

Kredite unterstützen seit 1991 den Brandenburger<br />

Mittelstand. Anlässlich des Jubiläums<br />

erklärt Ministerpräsident Dietmar<br />

Woidke: „Die Bürgschaftsbank ist seit nunmehr<br />

25 Jahren Partner und wichtige Stütze<br />

des Brandenburger Mittelstands. Mit<br />

Hilfe der Bürgschaften konnten viele der<br />

heute angesehenen Brandenburger Unternehmen<br />

investieren und erfolgversprechende<br />

Ideen umsetzen.“<br />

FIRMEN SUCHEN NACHFOLGER<br />

Harry Glawe, Rolf Kammann, Dr. Stefan Fassbinder, Klaus Olbricht und Dr. Wolfgang Blank (v. l.)<br />

beißen kraftvoll in Witeno-Äpfel.<br />

FEST AUF DEM SONNENDECK<br />

Greifswald. Der Einladung zum gemeinsamen<br />

Sommerfest des Technologiezentrums<br />

Vorpommern (TZV), des BioTechnikums<br />

Greifswald und der Wirtschaftsfördergesellschaft<br />

Vorpommern (WFG)<br />

folgten mehr als 250 Unternehmer der<br />

Region. Nach der Begrüßung durch TZVund<br />

BioTechnikum-Geschäftsführer Dr.<br />

Wolfgang Blank und Rolf Kammann, Geschäftsführer<br />

der WFG, betonte Mecklenburg-Vorpommerns<br />

Wirtschaftsminister<br />

Harry Glawe, dass eine Zusammenarbeit<br />

von Technologiezentren, regionalen Unternehmen,<br />

Hochschulen und außeruniversitären<br />

Forschungseinrichtungen nötig<br />

sei, um Forschung, Entwicklung und<br />

Innovation wirtschaftlich voranzubringen.<br />

Auch der Präsident der IHK Magdeburg<br />

Klaus Olbricht und Dr. Stefan Fassbinder,<br />

Oberbürgermeister der Stadt Greifswald,<br />

würdigten die Arbeit der Veranstalter für<br />

den Wirtschaftsstandort Vorpommern.<br />

Dr. Wolfgang Blank stellte außerdem die<br />

neue Gesellschaft „Witeno“ nach Verschmelzung<br />

der Technologiezentrum-Fördergesellschaft<br />

mbH und des BioTechnikums<br />

vor. Unternehmer, Investoren, Existenzgründer,<br />

Geschäftsfreunde und Netzwerkpartner<br />

nutzten – wie auch bereits<br />

im Vorjahr – das Sommerfest, um sich in<br />

entspannter Atmosphäre auszutauschen<br />

und Netzwerke zu knüpfen.<br />

Leipzig. Weil sich die Firmenchefs oft zu<br />

wenig oder aber zu spät Gedanken um die<br />

Nachfolge machen, wie man bei den IHK<br />

kritisiert, scheitert gegenwärtig allein in<br />

Sachsen bei 5.300 meist kleinen Unternehmen<br />

die Stabübergabe: Es fehlt jemand,<br />

der aus der zweiten Reihe nach vorn treten<br />

könnte. Damit liegt der Freistaat bundesweit<br />

an achter Stelle und in Ostdeutschland<br />

sogar im negativen Sinne an der Spitze. In<br />

Thüringen stehen 2.800 Übergaben an, in<br />

Sachsen-Anhalt 2.700, in ganz Deutschland<br />

sind es 135.300. Vor allem im ostdeutschen<br />

Handwerk sieht es laut Prof. Dr. Alexander<br />

Lahmann von der Handelshochschule Leipzig<br />

(HHL) sehr trübe in dieser Frage aus.<br />

Denn wie eine HHL-Studie ergab, seien<br />

hier oft keine Unternehmerfamilien im traditionellen<br />

Sinne vorhanden – es fehle also<br />

die nächste Generation, die ganz selbstverständlich<br />

ans Ruder dränge. Zudem hätten<br />

die nun ausscheidenden Firmenchefs, die<br />

ab 1990 die Betriebe aufbauten oder sie<br />

in die Marktwirtschaft führten, „meist bis<br />

zum Schluss gerackert“. Nun könnten sie<br />

nicht mehr, haben aber „die Zeit, jemanden<br />

einzuarbeiten, ungenutzt verstreichen<br />

lassen“, beobachtet auch Hartmut Bunsen,<br />

Vorsitzender des Unternehmerverbandes<br />

Sachsen. Denn drei bis fünf Jahre brauche<br />

es schon, um einen Nachfolger aufzubauen.<br />

Und dann sei nicht einmal sicher,<br />

dass der Neue auch zur Firma passe.<br />

SUBSTANZVERZEHR STOPPEN<br />

Berlin. Die LINKE hat angekündigt, im<br />

Bundestag und in den Landtagen dafür zu<br />

streiten, dass Investitionen in die öffentliche<br />

Infrastruktur der Kommunen und Länder<br />

massiv angehoben werden. Zwischen<br />

1992 und 2013 hätten sich diese Investitionen<br />

nahezu halbiert. Dadurch sei ein erheblicher<br />

Substanzverzehr an der baulichen,<br />

sozialen und Verkehrsinfrastruktur<br />

zu beklagen. Nach Berechnungen der Linken<br />

beläuft sich die Investitionslücke bundesweit<br />

auf mehr als 46 Milliarden Euro.<br />

Angesichts bröckelnder Schulen, Straßen<br />

und Krankenhäuser sei es trotz Schuldenbremse<br />

nötig und möglich, zu investieren.<br />

Die Linken setzen dabei jedoch nicht auf<br />

öffentlich-private Partnerschaften, sondern<br />

auf rein öffentliche Partnerschaften. Udo<br />

Wolf, LINKE-Fraktionschef in Berlin: „Wir<br />

wollen, dass die Kredite von öffentlichen<br />

Unternehmen aufgenommen werden. Die<br />

niedrigen Zinsen sollten genutzt werden,<br />

um endlich die öffentliche Infrastruktur zu<br />

sanieren, erneuern oder auszubauen. Doppelter<br />

Effekt: Mit so finanzierten Investitionsprogrammen<br />

können Beschäftigungsund<br />

Qualifizierungsmaßnahmen verbunden<br />

und ein Beitrag zur Bekämpfung von<br />

Arbeitslosigkeit sowie zur Integration von<br />

Geflüchteten geleistet werden.“<br />

Foto: G. Kulke<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


W+M AKTUELL | 9<br />

INVESTOREN ALS JOBMOTOR<br />

Dresden. Laut aktuellen Zahlen von Germany<br />

Trade & Invest, der Standortmarketinggesellschaft<br />

des Bundes, ist die mitteldeutsche<br />

Dreiländerregion bei ausländischen<br />

Unternehmern beliebter denn je. So<br />

entstanden allein 2015 durch Direktinvestitionen<br />

in Sachsen, Sachsen-Anhalt und<br />

Thüringen fast 4.800 neue Jobs. Auch im<br />

Dresdener Wirtschaftsministerium bestätigt<br />

man eine gegenüber den Vorjahren<br />

„stark angestiegene“ Zahl erfolgreicher<br />

Projekte ausländischer Anleger. Wurden<br />

So kann eine Wohnung bei Wunderflats aussehen.<br />

2014 in ganz Sachsen noch zwölf Projekte<br />

mit einem Gesamtvolumen von 93,8 Millionen<br />

Euro auf den Weg gebracht, flossen<br />

2015 bereits 355,8 Millionen Euro in insgesamt<br />

23 Maßnahmen. Auch in Sachsen-Anhalt<br />

verdoppelte sich diese Zahl von 18 auf<br />

35 Projekte. In beiden Ländern wie auch in<br />

Thüringen führten vor allem US-amerikanische<br />

Investoren die Interessentenliste an,<br />

gefolgt von Unternehmen aus Asien, Österreich<br />

und der Schweiz. Als bevorzugte<br />

Branchen kristallisierten sich hierbei die Bereiche<br />

Maschinenbau, elektrische Ausrüstungen<br />

und Automotive heraus.<br />

BERLIN CAPITAL CLUB UNTERSTÜTZT START-UPS<br />

CLEVERE LÖSUNG<br />

Bautzen. Die BME Dr. Golbs & Partner<br />

GmbH aus Bautzen hat einen innovativen<br />

Langzeitspeicher entwickelt,<br />

der für den individuellen Wohnbereich<br />

eine autarke Versorgung mit Wärme<br />

und Kühlung sichern sollte. Basis der<br />

Versorgung ist die Nutzung von Solarenergiesystemen.<br />

Die Freude war<br />

groß, als bereits in den Vorversuchen<br />

Ergebnisse erzielt wurden, die weit<br />

über denen des Wettbewerbs lagen.<br />

Wie aber findet man die richtigen Partner<br />

und eine geeignete Finanzierung?<br />

Die Lösung war so einfach wie bemerkenswert:<br />

über die exzellenten<br />

Netzwerke der Unternehmerverbände.<br />

Durch die direkte Ansprache des<br />

Präsidenten des Unternehmerverbandes<br />

Schwerin Rolf Paukstat wurden<br />

Partner in Mecklenburg-Vorpommern<br />

gefunden, welche die Produktion<br />

übernehmen und so die Entwicklung<br />

vollenden werden. Unternehmer<br />

Dr. Andreas Golbs ist zufrieden: “Wir<br />

‚verkaufen‘ die Idee in der Frühphase<br />

an private Investoren und behalten<br />

trotzdem die Kontrolle. Wir nutzen eigene<br />

Substanz in Kombination mit<br />

Fördermitteln des Landes und Bundes.<br />

Wir verwerten bereits in der Entwicklungsphase<br />

international.“<br />

Fotos: Wunderflats (oben), BME (unten)<br />

Berlin. Die Hauptstadt ist für innovative<br />

Firmengründungen eine der wichtigsten<br />

Städte in Europa. Viele heute erfolgreiche<br />

Geschäftsmodelle haben dort ihren<br />

Ursprung, und der Berlin Capital Club<br />

will auf diese jungen Unternehmen zugehen.<br />

Das neue Veranstaltungsformat<br />

„Start Ups im Berlin Capital Club“ initiiert<br />

von den Advisory-Board-Mitgliedern<br />

Prof. Dr. Peter Fissenewert, Klaus-Jürgen<br />

Meier und Dr. Axel Stirl bietet Mitgliedern<br />

und Gästen unmittelbar die Möglichkeit,<br />

die handelnden Akteure und Gründer<br />

kennenzulernen und sich in unterschiedlicher<br />

Größenordnung zu beteiligen. Für<br />

die Start-ups ist dies eine ideale Plattform,<br />

sich zu präsentieren. Bei der jüngsten<br />

Veranstaltung Ende Mai waren die<br />

Unternehmen BJOOLI und Wunderflats<br />

im Club zu Gast.<br />

Bjooli.com ist der erste geprüfte Marktplatz<br />

für Oldtimerteile und Zubehör. Ziel ist der<br />

Aufbau des weltweit größten Marktplatzes<br />

für Fahrer und Fans klassischer Automobile.<br />

Dafür investiert BJOOLI derzeit in den<br />

Aufbau der führenden Fahrzeug- und Teiledatenbank<br />

für den Klassik-Markt.<br />

Wunderflats.com vermietet möblierte Wohnungen<br />

ab einem Monat Aufenthalts dauer.<br />

Kunden wie Microsoft oder Rolls-Royce<br />

nutzen Wunderflats bereits heute für Berufseinsteiger,<br />

Manager und Freiberufler.<br />

Im Rahmen der jetzigen Finanzierungsrunde<br />

nimmt das Start-up eine Million Euro Kapital<br />

auf, um im nächsten Jahr Marktführer in<br />

den fünf größten Städten Deutschlands zu<br />

werden. Der nächste Start-up-Abend findet<br />

am 15. September <strong>2016</strong> mit der VR Business<br />

Plattform Berlin/Brandenburg statt.<br />

<br />

www.berlincapitalclub.de<br />

Das Modell des innovativen Langzeitspeichers<br />

für eine autarke Versorgung<br />

mit Wärme und für die Kühlung eines<br />

Wohnbereichs.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


10 | W+M AKTUELL<br />

NACHRICHTEN<br />

ifo Geschäftsklima Ostdeutschland im Juli <strong>2016</strong><br />

TROTZ BREXIT-VOTUM BLEIBT INDUSTRIE OPTIMISTISCH<br />

Der ifo Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft*<br />

der ostdeutschen Bundesländer ist im Juli gesunken. Maßgeblich<br />

waren die Einschätzungen zur aktuellen Geschäftslage,<br />

die auf hohem Niveau spürbar zurückgenommen wurden.<br />

Die Geschäftserwartungen waren hingegen geringfügig optimistischer<br />

als im Juni.<br />

Das ifo Beschäftigungsbarometer für die gewerbliche Wirtschaft<br />

Ostdeutschlands ist im Juli ebenfalls gesunken. Besonders deutlich<br />

trübten sich die Beschäftigungserwartungen im ostdeutschen<br />

Einzelhandel ein. Auch die Bauunternehmen rechnen in<br />

den kommenden drei Monaten saisonbereinigt mit weniger Beschäftigung.<br />

Dagegen wollen die ostdeutschen Industrieunternehmen<br />

und Großhändler ihre Beschäftigung per Saldo ausweiten.<br />

Das Brexit-Votum scheint der ostdeutschen Industrie die Stimmung<br />

vorerst nicht zu vermiesen. Zwar gehen die hiesigen Befragungsteilnehmer<br />

für die kommenden Monate von weniger Impulsen<br />

aus dem Auslandsgeschäft aus, jedoch korrigierten sie ihre<br />

Geschäftserwartungen insgesamt ein wenig nach oben. Auch die<br />

aktuelle Geschäftslage wurde etwas besser eingeschätzt als im<br />

Juni. Dagegen berichteten die ostdeutschen Bauunternehmer sowie<br />

die Groß- und Einzelhändler im Juli von deutlich weniger guten<br />

Geschäften als im Vormonat.<br />

Michael Weber und Prof. Joachim Ragnitz<br />

ifo Geschäftsklima<br />

VORMONAT 10,6 JULI 8,9<br />

ifo Beschäftigungsbarometer<br />

VORMONAT - 0,6 JULI - 2,1<br />

Verarbeitendes Gewerbe<br />

VORMONAT 12,6 JULI 14,1<br />

Bauhauptgewerbe<br />

VORMONAT 4,8 JULI 1,7<br />

Groß- und Einzelhandel<br />

VORMONAT 10,4 JULI 3,4<br />

* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />

ZUKUNFTSFÄHIGE WÄRMEVERSORGUNG<br />

Eberswalde. In den letzten zwölf Monaten<br />

untersuchte der regionale Energiedienstleister<br />

EWE Möglichkeiten für eine<br />

zukunftsfähige Wärmeversorgung in der<br />

Eberswalder Innenstadt. Ende Juni stellte<br />

das Unternehmen den Abschlussbericht<br />

vor. „Unser Vorhaben hat Erkenntnisse<br />

Freuen sich über den erkenntnisreichen Projektabschluss: Dr. Ulrich Müller, Gerd Hampel,<br />

Dr. Lutz Giese, Dr. Oliver Ruch, Severine Wolff, Daniel Acksel und Prof. Dr. Jörn Mallok (v. l.).<br />

für ein ganzheitliches Wärmekonzept<br />

und insgesamt eine energetische Optimierung<br />

in vier unterschiedlichen Stadtquartieren<br />

geliefert“, so Dr. Ulrich Müller,<br />

Leiter der EWE-Geschäftsregion Brandenburg/Rügen.<br />

Im Kern habe die Untersuchung<br />

ergeben, dass es am sinnvollsten<br />

sei, Bestehendes Schritt für Schritt<br />

zu verbessern und nah an den Bedürfnissen<br />

der Menschen in ihrem Umfeld<br />

zu entwickeln. Betrachtet werden sollte<br />

der Sanierungs- und Investitionsbedarf<br />

genauso wie die Struktur- und Bevölkerungsentwicklung<br />

sowie die Entwicklung<br />

der Technologien. Ein gemeinsamer Arbeitsplan<br />

führe zum nachhaltigen Erfolg.<br />

Projektpartner waren die Stadt Eberswalde,<br />

das Büro für Kommunalberatung<br />

und Projektsteuerung, die Hochschule<br />

für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde,<br />

die Technische Hochschule Wildau<br />

sowie die Brandenburgische Technische<br />

Universität Cottbus-Senftenberg. Eingebunden<br />

ist das Vorhaben in das Forschungsprojekt<br />

„Wärme neu gedacht!“<br />

des Deutschen GeoForschungsZentrums<br />

GFZ, gefördert vom Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung im Programm<br />

Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation.<br />

Foto: EWE/Auras<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


ADVERTORIAL | 11<br />

Foto: Porta<br />

„Porta – Möbel und mehr“ heißt es<br />

deutschlandweit seit mehr als 50 Jahren.<br />

1965 im ostwestfälischen Porta Westfalica<br />

gegründet, gehört das familiengeführte<br />

Einrichtungsunternehmen heute zu<br />

den Top Sieben der Branche. Ob das neue<br />

Sofa, der geräumige Kleiderschrank oder<br />

die individuelle Traumküche, bei Porta wird<br />

jeder fündig, der sich neu einrichten will.<br />

Große Glasfronten sind stilprägend für alle Porta-Einrichtungshäuser<br />

und kommen 2017 auch beim Berliner Neubau zum Einsatz.<br />

Das Erlebniseinrichtungshaus<br />

Porta Möbel: Für jeden Stil die passende<br />

Einrichtung / 2017 Neueröffnung in Berlin-Mahlsdorf<br />

Von der Grundausstattung bis hin zur individuellen<br />

Dekoration gibt es in allen 22 Einrichtungshäusern<br />

tolle Möbel und trendige<br />

Wohnaccessoires. In unterschiedlichen Abteilungen<br />

zeigt Porta von elegant bis extravagant<br />

verschiedene Einrichtungsstile und<br />

themenbezogene Wohnwelten. So finden<br />

junge, zeitgeistorientierte Möbelliebhaber<br />

bei Quartier stylische Wohntrends und innovative<br />

Einrichtungsideen sofort zum Mitnehmen.<br />

Im House of Design warten außerdem<br />

exklusive Markenmöbel bekannter<br />

Hersteller. Als Erlebniseinrichtungshaus<br />

stehen bei Porta neben Möbeln vor allem<br />

die Punkte Service und Familienfreundlichkeit<br />

im Fokus. Die fachmännische Lieferung<br />

und Montage gehört ebenso zum Service-Einmaleins<br />

wie die vom Profi geplante<br />

Küche. Im hauseigenen Toscana-Restaurant<br />

serviert das Porta-Team außerdem<br />

frisch zubereitete Gerichte für jeden Geschmack.<br />

Und auch die kleinen Besucher<br />

kommen nicht zu kurz, wartet im Portalino-Kinderclub<br />

doch ein großer Abenteuerspielplatz,<br />

der entdeckt werden will.<br />

Zukünftig lädt Porta auch in Berlin zum Möbelshopping<br />

ein. Im Frühjahr 2017 soll in<br />

Mahlsdorf an der B1/B5 das 23. Einrichtungshaus<br />

– erstmals mit separater Küchenwelt<br />

– eröffnen. Auf mehr als 39.000<br />

Quadratmetern Fläche gibt es dann von<br />

A bis Z alles, was es braucht, um das eigene<br />

Zuhause individuell zu gestalten. Um<br />

die aufkommende logistische Kapazität zu<br />

bewerkstelligen, wird in Trebbin außerdem<br />

ein neues Zentrallager gebaut. An beiden<br />

Standorten sucht das Familienunternehmen<br />

daher aktuell mehr als 400 neue<br />

Fach- und Führungskräfte sowie Quereinsteiger<br />

in allen Bereichen. Mit der Neueröffnung<br />

in Berlin macht Porta den nächsten<br />

Schritt und will mithilfe zahlreicher<br />

neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

die eigene Erfolgsgeschichte fortsetzen.<br />

WOHNIDEEN<br />

FÜR DIE GANZE<br />

FAMILIE<br />

14480 Potsdam · Porta Möbel Handels GmbH & Co. KG Potsdam · Zum Kirchsteigfeld 4 · direkt neben dem Stern-Center · Tel.: 0331/20085-0 · www.porta.de


TLÄNDERSCHWERPUNK<br />

12 | W+M SCHWERPUNKT<br />

Stolz auf<br />

„Made in Saxony“<br />

SACHSEN<br />

Blick in die moderne<br />

Produktion der Heckert GmbH.<br />

Sachsen nimmt heute einen Spitzenplatz in der ostdeutschen<br />

Wirtschaft ein. Das Bruttoinlandsprodukt verzeichnete im<br />

vergangenen Jahrzehnt einen Anstieg um 14 Prozent. Besonders<br />

stolz ist man im selbsternannten Land der Tüftler und Ingenieure auf<br />

den eigenen Fachkräftenachwuchs. Von Karsten Hintzmann<br />

Sachsens Wirtschaftsminister Martin<br />

Dulig (SPD) wirkt alles andere als<br />

unzufrieden, wenn er über den Wirtschaftsstandort<br />

Sachsen spricht: „Auf<br />

der Habenseite stehen die gewachsene<br />

Industriestruktur und die Industrietradition.<br />

Sachsen ist ein Industrieland. Wir sind<br />

Automobilland und Maschinen- und Anlagenbauland.<br />

Wir sind Mikroelektronikland.<br />

Es gibt ‚Made in Saxony‘ und viele ebenfalls<br />

erfolgreiche Branchen und zukunftsweisende<br />

Cluster. Wir haben eine Struktur,<br />

um die uns andere Länder beneiden.“<br />

Weitere Wachstumskerne haben sich –<br />

neben den von Dulig namentlich erwähnten<br />

Branchen – speziell in den Bereichen<br />

Umwelt- und Energietechnik, Life Sciences,<br />

Logistik, Luft- und Raumfahrt sowie<br />

Bahntechnik herausgebildet.<br />

Mit fünf Fahrzeug- beziehungsweise<br />

Motorenwerken<br />

von BMW, Porsche<br />

und Volkswagen sowie<br />

rund 750 Zulieferern,<br />

Ausrüstern und<br />

Dienstleistern der<br />

Branche gehört das<br />

„Autoland Sachsen“<br />

zu den deutschen Spitzenstandorten.<br />

Die Automobilindustrie<br />

mit ihren<br />

rund 80.000 Beschäftigten ist Sachsens<br />

umsatzstärkste Branche. Sie trägt fast<br />

ein Viertel zum Industrieumsatz und über<br />

ein Drittel zum Auslandsumsatz bei. Allerdings<br />

blicken die sächsischen Mittelständler<br />

derzeit besorgt nach Wolfsburg,<br />

denn der dort ausgelöste Abgasskandal<br />

könnte auch bis auf die sächsischen Zulieferer<br />

durchschlagen.<br />

Mit über 2.800 Unternehmen, mehr als<br />

38.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz<br />

von über 6,6 Milliarden Euro gehört<br />

„Silicon Saxony“ zu den vier großen<br />

Mikroelektronik-Standorten in Europa.<br />

Sachsen gilt als die Wiege des deutschen<br />

Maschinenbaus, lange Jahre angetrieben<br />

von den Erfordernissen des heimischen<br />

Bergbaus. Seit rund 200 Jahren<br />

kommen weltweit gefragte<br />

Maschinenbau-Erzeugnisse<br />

wie Textil-, Werkzeug-<br />

und Druckmaschinen<br />

aus Sachsen.<br />

Die Branche mit rund<br />

45.000 Mitarbeitern<br />

in nahezu 1.000 Firmen<br />

trägt rund zwölf<br />

Sachsens Wirtschaftsminister<br />

Martin Dulig.<br />

Prozent zum Industrieumsatz und 15 Prozent<br />

zum Auslandsumsatz Sachsens bei.<br />

Mit etwa 11.900 Beschäftigten in über 680<br />

Unternehmen ist die Umwelt- und Energietechnik<br />

in Sachsen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.<br />

Sie erzielt einen Umsatz von<br />

rund 2,7 Milliarden Euro. Auf Basis der Tradition<br />

Sachsens als Bergbauregion verfügen<br />

die hiesigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen<br />

bei der Sanierung<br />

von Bergbaufolgeschäden, in der Altlastenbeseitigung<br />

oder bei der Erneuerung<br />

von Abwassersystemen über herausragendes<br />

Expertenwissen.<br />

Der wirtschaftliche Aufschwung in Sachsen<br />

wird maßgeblich vom hervorragenden<br />

Fachkräftereservoir getragen. 95 Prozent<br />

der Sachsen verfügen über die Hochschulreife<br />

oder eine abgeschlossene Berufsausbildung<br />

(EU-Durchschnitt: 77 Prozent). Die<br />

Hochschuldichte liegt mit sechs Universitäten,<br />

14 Fachhochschulen und sieben<br />

Berufsakademien deutlich über dem Bundesdurchschnitt.<br />

Dazu kommen 18 Einrichtungen<br />

der Fraunhofer-Gesellschaft, sechs<br />

Max-Planck-Institute, sechs Leibnitz-Institute,<br />

drei Helmholtz-Einrichtungen und 22<br />

Industrieforschungszentren.<br />

Die Infrastruktur ist hervorragend ausgebaut:<br />

Europas modernstes Luftfrachtdrehkreuz<br />

befindet sich in Leipzig. Da sich in<br />

Sachsen etliche wichtige Europastraßen<br />

und Autobahnen kreuzen, gilt das Land<br />

als Logistikdrehkreuz zwischen Ost- und<br />

Westeuropa. Über die Elbe wird grenzübergreifender<br />

Handel von der Tschechischen<br />

Republik bis zum Hafen Hamburg<br />

abgewickelt.<br />

W+M<br />

Fotos: Heckert GmbH (oben), W+M (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


SACHSEN | 13<br />

Reinstraum bei Infineon in Dresden – eines der Flaggschiffe<br />

des erfolgreichen Mikroelektronik-Clusters Silicon Saxony.<br />

Foto: Infineon<br />

Sachsens Stärke heißt<br />

Branchenvielfalt<br />

Nicht nur traditionelle Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau<br />

oder die Automobilindustrie sind wieder stark vertreten. Auch auf<br />

den Gebieten Mikroelektronik/Informations- und Kommunikationstechnik<br />

(IKT) und Umwelttechnologie zeigt Sachsens Wirtschaft<br />

Innovationskraft. Sechs leistungsstarke Cluster etablierten sich<br />

inzwischen im Freistaat. Von Katrin Kleeberg und Harald Lachmann<br />

Von der Forschung zur Marktreife:<br />

Was andernorts als ein steiniger<br />

Weg gilt, gerät in Sachsen leicht<br />

zur Rennstrecke. Denn ein besonderes<br />

Plus des Freistaates liegt in dessen überdurchschnittlicher<br />

Innovationskraft. Dies<br />

unterstrich schon wiederholt auch der<br />

„Regional Innovation Scoreboard“ der EU<br />

– der wichtigste Gradmesser der Union in<br />

der Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik.<br />

Demnach gilt Sachsen als<br />

einer der europäischen Innovationsführer.<br />

Das Land punktet mit dem Bildungsstand<br />

der Arbeitskräfte, der Höhe der<br />

Investitionen in Forschung und Entwicklung,<br />

der Anzahl an Patenten, dem Vernetzungsgrad<br />

von Forschung und Wirtschaft<br />

sowie der Anzahl der Beschäftigten<br />

in Forschung und Entwicklung.<br />

Zugleich verfügen fast 90 Prozent der<br />

Erwerbstätigen über einen beruflichen<br />

Bildungsabschluss – ein Spitzenwert in<br />

Deutschland. All das sind Voraussetzungen<br />

für leistungsfähige Cluster und Branchenverbünde,<br />

die die sächsische Wirtschaft<br />

heute maßgeblich prägen.<br />

Mikroelektronik:<br />

Europas größter Chipcluster<br />

Von Dresden aus, wo die 290 Unternehmen<br />

und Forschungseinrichtungen<br />

des Verbundes Silicon Saxony e. V. ihren<br />

Sitz haben, agiert heute nicht nur Europas<br />

größter Cluster der Halbleiterbranche.<br />

Auch weltweit rangiert die Region<br />

auf Platz fünf. Allein in und um Dresden<br />

arbeiten 40.000 Menschen in der Mikroelektronik.<br />

Die hiesige Produktion<br />

von integrierten Schaltkreisen trägt fast<br />

fünf Prozent zum weltweiten Chipmarkt<br />

bei. Neben Großproduzenten mit hohen<br />

Stückzahlen haben sich viele mittelständische<br />

Unternehmen in der Mikroelektronik<br />

und Informationstechnik angesiedelt.<br />

Auf sie entfällt bereits über die Hälfte der<br />

Arbeitsplätze in diesem Metier.<br />

Sachsenweit tummeln sich sogar über<br />

2.200 Unternehmen mit gut 58.000 Mitarbeitern<br />

in allen Fertigungsstufen der IKT-<br />

Wertschöpfungskette: Sie entwickeln, fertigen<br />

und vermarkten integrierte Schaltkreise,<br />

produzieren Material und Equipment,<br />

entwickeln Software oder sind auf<br />

Systeme spezialisiert, die auf integrierten<br />

Schaltungen fußen. Gemeinsam setzen<br />

sie jährlich gut acht Milliarden Euro um.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


14 | W+M SCHWERPUNKT<br />

passive Bauelemente oder Sensoren.<br />

Und die Herstellung derartiger Chips ist<br />

auch auf den bisherigen Anlagen möglich.<br />

Eine zentrale Rolle spielen hierbei<br />

auch Faktoren wie Kundenorientierung<br />

und Kundennähe – eine Stärke gerade der<br />

sächsischen Firmen.<br />

Die AWEBA Werkzeugbau GmbH in Aue gehört zu den größten und modernsten<br />

Werkzeugbaubetrieben in Europa.<br />

Dennoch bestimmen aber natürlich die<br />

Großen der Branche die Schlagzeilen.<br />

Neben Infineon, das in der Elbmetropole<br />

einen seiner weltweit leistungsfähigsten<br />

Fertigungsstandorte betreibt, gehört<br />

hierzu auch der US-amerikanische Halbleiterhersteller<br />

GLOBALFOUNDRIES. Er<br />

beschäftigt rund 3.600 hochqualifizierte<br />

Spezialisten. Die Fab 1 (Fabrikationsstätte)<br />

zählt zu den produktivsten und modernsten<br />

Waferfabriken weltweit. Mit einer<br />

Reinraumfläche von 52.000 Quadratmetern<br />

ist sie das größte und modernste<br />

Halbleiterwerk in Europa. Bislang investierte<br />

GLOBALFOUNDRIES gut neun Milliarden<br />

Dollar in Dresden.<br />

Solche Gigantomanie hat stets ihre Kehrseite,<br />

gerade in der Mikroelektronik. So<br />

wurde die Branche in den letzten Jahren<br />

weltweit von einer permanenten Miniaturisierung<br />

und Leistungssteigerung getrieben,<br />

was zu einem sehr hohen Innovationstempo<br />

gerade bei den Prozesstechnologien<br />

führte – und auch immense Investitionen<br />

nach sich zog. Vor allem stark<br />

staatlich subventionierte Player in Asien<br />

trieben diesen Wettlauf voran – zu Lasten<br />

auch sächsischer Produktionskapazitäten,<br />

die preislich hier teils nicht mithalten<br />

konnten.<br />

Doch inzwischen wirkt auch ein Gegentrend,<br />

der der ostdeutschen Mikroelektronik<br />

wieder in die Hände spielt: Immer<br />

stärker nachgefragt werden kundenorientierte<br />

Lösungen für spezifische Anwenderbranchen.<br />

Hierzu gehört gerade die<br />

Automobilindustrie, wo weniger Miniaturisierung<br />

und Leistungssteigerung von<br />

Mikrochips im Mittelpunkt stehen als ergänzende<br />

Funktionalitäten, etwa durch<br />

Motorenprüfstand im VW-Motorenwerk<br />

Chemnitz.<br />

Als ein Beispiel hierfür kann die X-FAB in<br />

Dresden gelten, eine Foundry, die analog-digitale<br />

integrierte Schaltkreise fertigt.<br />

Zudem werden Kunden und Partner<br />

bei der Entwicklung innovativer Mikroelektronik<br />

unterstützt. Gemeinsam mit<br />

weiteren Firmen und der Technischen<br />

Universität Dresden arbeitete X-FAB<br />

etwa an intelligenten Steuerungen für<br />

energieeffiziente E-Motoren und LED.<br />

Maschinenbau:<br />

Alte Stärke erfolgreich wiederbelebt<br />

Der Maschinen- und Anlagenbau in Sachsen<br />

ist seit seinen Anfangsjahren einer<br />

der Innovationstreiber im Freistaat –<br />

auch wenn das 1703, als Johann Esche<br />

im sächsischen Limbach die erste deutsche<br />

Fabrik für Spezialmaschinen der<br />

Strumpf- und Wäscheindustrie gründete,<br />

wohl noch ganz anders hieß. Fakt aber<br />

ist: Der erste maschinelle Tuchwebstuhl<br />

der Welt, die erste Farbdruckschnellpresse<br />

Deutschlands und die Nähwirktechnik<br />

haben ihren Ursprung in Sachsen.<br />

Es folgten im 20. Jahrhundert komplexe<br />

Bearbeitungszentren, hoch effektive<br />

Maschinen und Anlagen für nahezu alle<br />

Bereiche der Wirtschaft. Innovative Lösungen<br />

anbieten zu können – darin liegt<br />

das Erfolgsrezept des sächsischen Maschinen-<br />

und Anlagenbaus.<br />

Um diesen Wettbewerbsvorteil zu halten<br />

und weiter auszubauen, wurde bereits<br />

Ende 2003 die Verbundinitiative Maschinenbau<br />

Sachsen VEMAS ins Leben gerufen.<br />

Mit dem Ziel, „die Leistungs- und<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen<br />

des sächsischen Maschinen- und Anlagenbaus<br />

nachhaltig zu stabilisieren und<br />

konsequent weiter zu stärken“, gegründet<br />

und basisfinanziert vom Sächsischen<br />

Wirtschaftsministerium, hat sich diese<br />

Verbundinitiative immer weiter entwickelt.<br />

Seit Januar 2014 wird sie als Innovationsverbund<br />

Maschinenbau Sachsen<br />

unter der Projektträgerschaft des Fraun-<br />

Fotos: Harald Lachmann<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


SACHSEN | 15<br />

Der erste in Leipzig montierte BMW.<br />

Seit März 2005 wird in dem sächsischen<br />

Werk in Serie produziert.<br />

hofer IWU als „VEMASinnovativ“ weitergeführt.<br />

Im Mittelpunkt stehen jetzt „die<br />

Unterstützung des Technologietransfers<br />

und die Organisation von Netzwerkkooperationen<br />

für Produkt- und Prozessinnovationen<br />

und zur Markterschließung<br />

über Branchengrenzen hinweg sowie die<br />

Erschließung von Synergien und Systemkompetenzen“.<br />

Das Kernziel – die Stärkung<br />

der Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen<br />

Maschinenbauer – ist geblieben.<br />

Auch wenn die Zentralen der Konzerne<br />

oder Firmengruppen, zu denen die sächsischen<br />

Maschinenbauer heute zu einem<br />

Großteil gehören, ihren Stammsitz nicht<br />

in Sachsen haben – das Know-how der<br />

Maschinenbauer ist hier geblieben, wie<br />

auch so manch großer Name: Heckert,<br />

Barmag, NEMA, Niles und VEM. Sie alle<br />

sind heute wie vor Jahrzehnten weltweit<br />

geschätzte Marken.<br />

Heute gehört das Autoland Sachsen<br />

mit derzeit vier Werken von Volkswagen,<br />

BMW und Porsche wieder zu den<br />

deutschen Spitzenstandorten. Fast jeder<br />

zehnte in Deutschland gebaute Pkw<br />

kommt von hier. Volkswagen beschäftigt<br />

in Sachsen an gleich drei Standorten rund<br />

10.000 Mitarbeiter. In Zwickau entstehen<br />

Golf und Passat. Drei von vier Porsche-<br />

Autos sind inzwischen made in Saxony.<br />

Kürzlich rollte die erste viertürige Sportlimousine<br />

der zweiten Generation des<br />

Panamera in Leipzig vom Band. Sie wird<br />

nunmehr komplett in Sachsen gebaut.<br />

Auch rund 750 Zulieferer, Ausrüster und<br />

Dienstleister mit über 81.000 Beschäftigten<br />

tragen täglich zu dieser Entwicklung<br />

bei. Die Automobilbranche<br />

steuert damit mehr als ein<br />

Viertel zum Gesamtumsatz und<br />

mehr als ein Drittel zum Auslandsumsatz<br />

der sächsischen Industrie<br />

bei. Zudem steht Sachsen<br />

auch bei der zweiten automobilen<br />

Revolution auf der „Pole Position“.<br />

Ob moderne Hybrid- und<br />

Elektromobilitätslösungen, autonomes<br />

Fahren, Leichtbau, ressourceneffiziente<br />

Produktionstechnologien<br />

oder neue Verkehrskonzepte – überall<br />

arbeiten Industrie und Forschung hierfür<br />

Hand in Hand und treiben Lösungen<br />

für eine nachhaltige Mobilität voran. An<br />

der Westsächsischen Hochschule Zwickau<br />

arbeitet zudem ein in der deutschen<br />

Hochschullandschaft einzigartiges Zentrum<br />

für Kfz-Elektronik.<br />

Nicht zufällig startete BMW 2013 die Serienproduktion<br />

für die beiden ersten Elektromodelle<br />

im Leipziger Werk: den stadttauglichen<br />

BMW i3 und den Sportwagen<br />

BMW i8. Auch deshalb gehört Sachsen<br />

heute zu den vier bundesweiten Schaufenster-Regionen<br />

in Sachen Elektromobilität.<br />

W+M<br />

Fotos: Harald Lachmann<br />

Automobilindustrie:<br />

Zweite automobile Revolution<br />

Für Harald Krüger, Vorstandschef der<br />

BMW AG, ist Leipzig ein „wichtiger<br />

Standort in unserem globalen Produktionsnetzwerk“.<br />

Für die Stadt und die Region<br />

Leipzig sprächen „eine optimale Infrastruktur<br />

sowie sehr gut ausgebildete<br />

und hoch motivierte Mitarbeiter“. Diese<br />

führen denn das Erbe der sächsischen Ingenieure<br />

fort, die einst die Linkslenkung<br />

und den Frontantrieb in Serie auf das internationale<br />

Parkett gebracht hatten.<br />

Blick in die Montagehalle des Leipziger Porschewerkes, wo Panamera und Cayenne montiert werden.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


16 | W+M SCHWERPUNKT<br />

Zwei Landesväter, viele Parallelen:<br />

Sie sind pragmatisch, wirtschaftsfreundlich, stammen<br />

aus der Lausitz und lieben Schokolade<br />

W+M-Interview mit den Ministerpräsidenten<br />

Dietmar Woidke (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU)<br />

Stanislaw Tillich und Dr. Dietmar Woidke<br />

haben so einiges gemeinsam – sie sind<br />

in ihren Ländern jeweils der dritte Ministerpräsident<br />

seit der deutschen Wiedervereinigung.<br />

Dietmar Woidke regiert in<br />

Brandenburg, Stanislaw Tillich in Sachsen.<br />

Beide sind sie gebürtige Lausitzer<br />

– Tillich stammt aus dem Oberlausitzer<br />

Ort Neudörfel, Woidke aus Naundorf<br />

in der Niederlausitz. Obwohl sie unterschiedlichen<br />

Parteien angehören, Woidke<br />

führt die Brandenburger SPD, Tillich<br />

ist Landeschef der sächsischen CDU,<br />

verbindet sie seit Jahren eine Männerfreundschaft.<br />

Dennoch kommt es selten<br />

vor, dass sie sich gemeinsam zum<br />

Interview stellen. Für das Magazin<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> machten sie<br />

eine Ausnahme. Am Rande einer Bundesratssitzung<br />

in Berlin diskutierten Stanislaw<br />

Tillich und Dietmar Woidke über<br />

den Stand der brandenburgisch-sächsischen<br />

Beziehungen, die Zukunft der<br />

Braunkohle und ihre Erwartungen an den<br />

Mittelstand.<br />

W+M: Seit wann kennen Sie sich eigentlich?<br />

Dietmar Woidke: Wir beide kennen uns<br />

schon eine ganze Weile. Es muss 2004<br />

gewesen sein, da waren wir zur gleichen<br />

Zeit Umweltminister unserer<br />

Länder.<br />

W+M: Sie machen keinen Hehl daraus,<br />

dass Sie sich über Parteigrenzen hinweg<br />

schätzen. Worauf basiert diese Wertschätzung?<br />

Dietmar Woidke: Was man nach der<br />

Geburt nicht mehr korrigieren kann: Wir<br />

sind beide Lausitzer. Wir sind beide unkomplizierte<br />

Typen. Wir haben ähnliche<br />

Erfahrungen gesammelt, zu DDR-Zeiten<br />

und vor allem in den 1990er Jahren. In<br />

einem Punkt stimmen wir völlig überein:<br />

Die Grundlage der weiteren Entwicklung<br />

der Länder ist eine aktive Industriepolitik.<br />

Da haben wir beide wenig Hang zur<br />

Esoterik. Wir wissen, wie sich Deindustrialisierung<br />

anfühlt.<br />

Stanislaw Tillich:<br />

Stimmt. Wir waren<br />

damals sogar auch<br />

Landwirtschaftsminister.<br />

Stanislaw Tillich: Das ist ein typischer<br />

Woidke gewesen, das mit der Esoterik.<br />

Ich sage es so: Wir machen kein Gewese<br />

drumherum. Sondern sind schnurgerade<br />

heraus. Wenn wir beide uns einig sind,<br />

wissen wir, dass wir gemeinsam bessere<br />

Chancen haben. Gemeinsam ist uns auch<br />

die Liebe zur eigenen Scholle. Um es auf<br />

den Punkt zu bringen: Pragmatisch, wirtschaftsfreundlich,<br />

dem Land zuerst verpflichtet<br />

und danach der Partei – und wir<br />

beide lieben Schokolade.<br />

W+M: Klappt die bilaterale Zusammenarbeit<br />

zwischen Sachsen und<br />

Brandenburg auch so reibungslos,<br />

wie der direkte Kontakt zwischen<br />

den Ministerpräsidenten? Wo sehen<br />

Sie die größten Reserven?<br />

Verstehen sich bestens:<br />

Stanislaw Tillich (l.) und<br />

Dietmar Woidke.<br />

Foto: Ralf Succo<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


SACHSEN | 17<br />

Fotos: Ralf Succo<br />

Gruppenbild im Bundesrat: W+M-Herausgeber Frank Nehring, die<br />

Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und Dietmar Woidke sowie<br />

W+M-Chefredakteur Karsten Hintzmann (v. l.).<br />

Stanislaw Tillich: Reserven gibt es immer.<br />

Wir müssen unseren Unternehmen<br />

nicht sagen, was sie tun sollten, das wissen<br />

sie selbst. Aber wir müssen die Voraussetzungen<br />

für wirtschaftliches Engagement<br />

schaffen. So versuchen wir<br />

etwa Druck zu machen, gerade bei den<br />

Infrastrukturprojekten, die an der sächsisch-brandenburgischen<br />

Landesgrenze<br />

liegen – im Raum zwischen Torgau und<br />

Herzberg oder auch in Schwarzheide und<br />

Schwarze Pumpe. Wir haben in Sachsen<br />

eine etwas üppigere Ausstattung<br />

bei den Hochschulen. Da gibt es sicher<br />

noch Potenziale, die wir für die Kooperation<br />

nutzen können. Und wir haben das<br />

System der Berufsakademien, das wichtig<br />

für die Fachkräfteversorgung ist. Der<br />

BASF in Schwarzheide fällt es zum Beispiel<br />

zunehmend schwer, Fachkräfte für<br />

den Standort zu bekommen. Das ist ein<br />

Punkt, um den wir uns gemeinsam kümmern<br />

müssen. Eine Frage steht dabei im<br />

Mittelpunkt: Wie schaffen wir es, diese<br />

Grenzregion so attraktiv zu machen, dass<br />

dort Fachkräfte hingehen?<br />

W+M: Wenn es um die wirtschaftliche<br />

Entwicklung und um Ansiedlungen von<br />

Investoren geht, sind Sie vermutlich Konkurrenten.<br />

Kam es schon vor, dass Sie<br />

sich potenzielle Investoren abgeworben<br />

haben?<br />

Dietmar Woidke: An so etwas kann<br />

ich mich nicht erinnern. Entscheidend<br />

ist für die Menschen in den branden-<br />

burgisch-sächsi-<br />

schen Grenzregionen,<br />

dass vor allem<br />

die Investitionen<br />

in der Region<br />

erfolgen.<br />

Stanislaw Tillich:<br />

Einer meiner Vorgänger<br />

hat mal gesagt:<br />

„Windräder<br />

sind Gelddruckmaschinen.“<br />

Daraufhin<br />

hat sich der<br />

Investor entschieden,<br />

in Lauchhammer<br />

zu bauen und<br />

nicht in Sachsen.<br />

Insofern hatte damals eine politische Äußerung<br />

dazu beigetragen, dass Brandenburg<br />

eine zusätzliche Investition bekam.<br />

W+M: Ein nach wie vor wichtiger Wirtschaftszweig<br />

ist der Braunkohleabbau<br />

und die nachfolgende Braunkohleverstromung.<br />

Wie lange hat Braunkohle in ihren<br />

Ländern noch eine Zukunft?<br />

Stanislaw Tillich: Ich bin davon überzeugt,<br />

dass wir mit der Braunkohle noch<br />

bis weit in die 2040er Jahre arbeiten werden.<br />

Weil wir sie als Brückentechnologie<br />

und zur stabilen Energieversorgung<br />

brauchen. Gerade auch, wenn ab 2022<br />

keine Kernenergie mehr in Deutschland<br />

produziert wird.<br />

Dietmar Woidke: Das betrifft die deutsche<br />

Industrie und Deutschland insgesamt.<br />

Es ist wichtig, die Energiedebatte<br />

ehrlich zu führen. Und das heißt, dass<br />

wir auf konventionelle Energieträger, also<br />

die Kohle, erst dann verzichten können,<br />

wenn wir die heute noch unzuverlässigen<br />

Erneuerbaren Energien zu zuverlässigen<br />

Energieträgern gemacht haben. Da<br />

stecken wir aktuell noch in den Kinderschuhen.<br />

W+M: Brandenburg plant als Reaktion<br />

auf den Bevölkerungsrückgang in den<br />

ländlichen und Randregionen eine Verwaltungsreform,<br />

die aktuell nicht unumstritten<br />

ist. Wie ist Sachsen auf den demografischen<br />

Wandel vorbereitet, stehen<br />

Sie auch vor einer Straffung der Verwaltung,<br />

Herr Tillich?<br />

Stanislaw Tillich: Wir haben unsere Verwaltung<br />

bereits in den letzten Jahren gestrafft.<br />

Noch vor rund zehn Jahren hatten<br />

wir 22 Landkreise und sieben kreisfreie<br />

Städte, heute sind es zehn Landkreise<br />

und drei. Die Reduzierung war 2008<br />

mit einer Verwaltungs- und Funktionalreform<br />

verbunden. Solche Vorhaben stoßen<br />

nicht immer auf Gegenliebe. Oft sind es<br />

Befindlichkeiten, die zur Gegenwehr führen.<br />

Meine Meinung zu solch einem politischen<br />

Vorhaben: Wenn du einmal gestartet<br />

bist, musst du durch und es immer wieder<br />

im Dialog erklären. Und am Ende des<br />

Tages zahlt es sich auch für die Bürger aus.<br />

W+M: Sowohl in Sachsen als auch in<br />

Brandenburg gab es in den zurückliegenden<br />

Monaten fremdenfeindliche Aktionen,<br />

über die auch in den internationalen<br />

Medien berichtet wurde. Befürchten Sie,<br />

dass dies negative Auswirkungen auf die<br />

Attraktivität der Standorte Sachsen und<br />

Brandenburg haben wird?<br />

ZUR PERSON<br />

Stanislaw Tillich wurde am 10. April 1959<br />

in Neudörfel bei Kamenz geboren. An<br />

der Technischen Universität Dresden<br />

studierte er Konstruktion und Getriebetechnik.<br />

Bereits zu DDR-Zeiten trat er<br />

der CDU bei. Seine politische Karriere im<br />

geeinten Deutschland startete Tillich in<br />

Brüssel – bis 1994 arbeitete er als Beobachter<br />

im Europaparlament, danach bis<br />

1999 als Abgeordneter. Ab 1999 bekleidete<br />

er in Sachsen verschiedene Ministerposten.<br />

Seit 2008 ist Stanislaw Tillich<br />

sächsischer Ministerpräsident. Er ist verheiratet<br />

und Vater zweier Kinder.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


18 | W+M SCHWERPUNKT SACHSEN<br />

Stanislaw Tillich: Dass es diese Ereignisse<br />

gegeben hat, ist das eine. Und dass<br />

es durch die Berichterstattung dazu führt,<br />

dass sich das eine oder andere Unternehmen<br />

überlegt, welche Konsequenzen das<br />

für eine zukünftige Investition hat, gehört<br />

leider dazu. Meine Antwort ist deutlich:<br />

Wenn das ein entscheidender Faktor wäre,<br />

eine Investition nicht zu tätigen, dann hätte<br />

man den Rechtsextremisten Genüge getan.<br />

Denn dann hätten sie es geschafft zu<br />

verhindern, was uns Demokraten am Herzen<br />

liegt: Dass Menschen und Investoren<br />

zu uns kommen – aus aller Welt. Wir tun<br />

alles dafür, dass sich die Rechtsextremen<br />

nicht durchsetzen können.<br />

Dietmar Woidke: Es schadet Deutschland<br />

immens, wenn Leute mit einem Galgen<br />

in der Hand durch Dresden marschieren.<br />

Und es schadet Ostdeutschland im<br />

Besonderen. Wir haben im letzten Jahr<br />

das „Bündnis für Brandenburg“ gegründet.<br />

Um einer immer stärker international<br />

agierenden Wirtschaft Flagge zu zeigen<br />

und zu sagen: Ihr Rechtspopulisten<br />

seid nicht die Mitte der Gesellschaft! Dieser<br />

Platz ist besetzt. Jede ausländische<br />

Fachkraft, die wir aufgrund solcher Bilder<br />

nicht mehr nach Deutschland bekommen,<br />

ist ein Verlust für unser Land. Daher<br />

bekämpfen wir Rechtsextremismus<br />

in Brandenburg seit Ende der 90er Jahre<br />

besonders intensiv und erfolgreich – sowohl<br />

mit der Zivilgesellschaft als auch mit<br />

den Mitteln des Rechtsstaates.<br />

W+M: Das wirtschaftliche Rückgrat in<br />

Brandenburg und Sachsen bildet der Mittelstand.<br />

Was erwarten Sie eigentlich von<br />

einem mittelständischen Unternehmer?<br />

Stanislaw Tillich: Ich wünsche mir von<br />

denjenigen, die mittlerweile das Potenzial<br />

haben, größer zu werden und zu wachsen,<br />

dass sie auch die Courage dazu haben.<br />

Sie können es, sie müssen nur den<br />

Mut zum nächsten Schritt haben. Oft sind<br />

ostdeutsche Unternehmer noch zu bescheiden<br />

bei dem, was sie drauf haben.<br />

ZUR PERSON<br />

Dietmar Woidke wurde am 22. Oktober<br />

1961 in Naundorf bei Forst geboren. Er<br />

studierte Landwirtschaft und Tierproduktion<br />

an der Berliner Humboldt-Universität.<br />

In der Wendezeit arbeitete Woidke<br />

als wissenschaftlicher Assistent am Berliner<br />

Institut für Ernährungsphysiologie.<br />

1993 trat er in die SPD ein und gehört<br />

seit 1994 dem Brandenburger Landtag<br />

an. Er fungierte bereits als Landwirtschafts-<br />

und als Innenminister. Seit dem<br />

28. August 2013 ist Dietmar Woidke Ministerpräsident<br />

in Brandenburg. Er ist<br />

verheiratet und Vater einer Tochter.<br />

Dietmar Woidke: Eine wichtige Erwartung,<br />

die ich an die Unternehmer habe,<br />

wurde in jüngster Zeit erfüllt: Dass sich<br />

die Unternehmen selbst darum kümmern,<br />

künftige Fachkräfte zu suchen und<br />

auszubilden. Sie nehmen möglichst frühzeitig<br />

mit den Schulen Kontakt auf und<br />

knüpfen die Verbindung Schule–Wirtschaft.<br />

Hier sind wir noch nicht am Ende<br />

des Wegs, aber ich bin froh, dass unsere<br />

Wirtschaft die Fachkräftesicherung inzwischen<br />

als Hauptthema erkannt hat.<br />

W+M: Als Landesväter sind Sie nicht nur<br />

gefordert, die aktuellen Regierungsgeschäfte<br />

zu führen. Sie müssen auch den<br />

Blick nach vorn richten und wichtige Weichenstellungen<br />

für die Zukunft vorantreiben.<br />

Wo sehen Sie Ihr Land – wirtschaftlich<br />

betrachtet – im Jahr 2030?<br />

Stanislaw Tillich: Wir wollen, dass in allen<br />

Landesteilen die Entwicklungsmöglichkeiten<br />

die gleichen sind. Ich folge<br />

nicht den Wirtschaftsforschern, die sagen,<br />

dass wir in Zukunft bestimmte entleerte<br />

Räume haben werden. Der Bürger<br />

selbst wird entscheiden, wo er zu wohnen<br />

gedenkt. 80 Prozent der Unternehmen<br />

und 60 Prozent der Arbeitsplätze befinden<br />

sich im ländlichen Raum, außerhalb<br />

von Dresden, Chemnitz und Leipzig.<br />

Wir müssen die Voraussetzungen schaffen,<br />

damit dies so bleibt. 2030 wird Sachsen<br />

nicht nur Hotspot in der Mikroelektronik<br />

sein, Sachsen wird ein industrielles<br />

Herz Deutschlands sein und hoffentlich<br />

aufgeschlossen haben zu Bayern und<br />

Baden-Württemberg.<br />

Dietmar Woidke: Wir sind auf dem<br />

Weg, ein Hochtechnologieland zu werden<br />

– speziell im Bereich der Luft- und<br />

Raumfahrt. Dabei sind wir gut beraten,<br />

der Fachkräftesituation unvermindert<br />

große Aufmerksamkeit zu schenken.<br />

Wir werden 2030 noch nicht das wirtschaftlich<br />

führende Bundesland sein,<br />

aber ein Bundesland mit einer starken<br />

Wirtschaft und einer dann noch deutlich<br />

niedrigeren Arbeitslosigkeit. Um das zu<br />

erreichen, werden wir unsere industriellen<br />

Kerne weiter stärken und wirtschaftlichen<br />

Aufschwung in allen Landesteilen<br />

sicherstellen.<br />

W+M: Wer wird im Ländervergleich dann<br />

die Nase vorn haben – Brandenburg oder<br />

Sachsen?<br />

Stanislaw Tillich: Brandenburg ist heute,<br />

was die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit<br />

rein nach dem Steueraufkommen<br />

betrifft, erfolgreicher als Sachsen. Beide<br />

Länder haben aber ein strukturelles Defizit.<br />

Der Brandenburger Norden ist schwächer<br />

als das Berliner Umland. Und unsere<br />

drei großen Städte Dresden, Leipzig<br />

und Chemnitz sind stärker als der Raum<br />

um sie herum. Für mich ist entscheidend,<br />

dass wir diese strukturellen Unterschiede<br />

beseitigen. Also, wenn Dresden so<br />

attraktiv ist, dass es den gleichen Wohlstand<br />

bis nach Zittau, Görlitz und Weißwasser<br />

trägt, dann bin ich zufrieden.<br />

Dietmar Woidke: Ostdeutschland befindet<br />

sich immer noch in einem wirtschaftlichen<br />

Aufholprozess. Wir sind auf einem<br />

guten Weg, aber es gibt viele Risiken.<br />

Deshalb müssen wir weiter hart arbeiten<br />

und vor allem ehrgeizig bleiben. Selbstzufriedenheit<br />

wäre fehl am Platz.<br />

Interview: Karsten Hintzmann<br />

und Frank Nehring<br />

Foto: Ralf Succo<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


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Deutsches Institut<br />

für moderne Büroarbeit


20 | ADVERTORIAL<br />

IT-Trends für den Mittelstand<br />

Ohne IT-Systeme geht auch bei Mittelständlern nichts mehr. Deshalb stellt sich die<br />

kritische Frage: Was dürfen Datensicherheit und Verfügbarkeit der IT-Systeme kosten?<br />

Oder besser: Wie teuer wird es, wenn die IT (über mehrere Stunden) ausfällt?<br />

Oft entsprechen das Niveau von Risikovorsorge- und Sicherheitsmaßnahmen nicht<br />

mehr der gestiegenen Bedeutung der IT-Systeme. Die ACS Solutions und die<br />

envia TEL haben für unterschiedliche Branchen differenzierte Antworten.<br />

Wenn ein IT-System<br />

unternehmenskritisch ist<br />

Torsten Albrecht nennt ein einfaches Beispiel:<br />

Ein Maschinenbauunternehmen<br />

nutzt für die Steuerung und Verwaltung<br />

seiner Materiallager ein modernes ERP-<br />

System. Gelieferte Bauteile haben keinen<br />

festen Platz mehr im Lager, sondern werden<br />

vom ERP-System möglichst effizient,<br />

das heißt „chaotisch“ abgelegt. Wenn<br />

das ERP-System ausfällt, steht die Fertigung<br />

mangels Material sehr schnell still.<br />

Das kostet pro Schicht etwa 40.000 Euro.<br />

Die Verfügbarkeit des ERP-Systems hat<br />

also eine unternehmenskritische Bedeutung<br />

und erfordert eine angemessene<br />

Absicherung.<br />

Eines der Modernsten: das Datacenter von envia TEL in Taucha bei Leipzig.<br />

Das ERP-System wird jetzt im Hochsicherheits-Rechenzentrum<br />

der envia TEL<br />

betrieben und von ACS betreut. Hier<br />

sind alle Systeme auf Ausfallsicherheit<br />

und Hochverfügbarkeit optimiert. So ist<br />

die ERP-Software auf zehn virtualisierte<br />

Server verteilt, sodass ein Hardwareausfall<br />

keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit<br />

hat. Die schnelle Datenverbindung zum<br />

Maschinenbauunternehmen ist abhörsicher<br />

verschlüsselt und über zwei verschiedene<br />

Gebäudezugänge redundant<br />

ausgelegt.<br />

Der eigene IT-Technikraum<br />

kann problematisch werden<br />

„Viele Mittelständler halten eine IT-Infrastruktur<br />

im eigenen Haus immer<br />

noch für die beste Lösung. Das hält einer<br />

kritischen Überprüfung in aller Regel<br />

nicht stand“, so der ACS-Vertriebsleiter.<br />

Er nennt die physische Absicherung<br />

der Systeme, wie USV-Anlagen und<br />

Brandschutz, bis hin zu ausgefeilten Redundanzkonzepten.<br />

„Zusätzlich kommen<br />

Kosten für die IT-Security und für ausreichend<br />

qualifizierte IT-Mitarbeiter hinzu.<br />

Das wird durch die gestiegene Komplexität<br />

für die meisten Mittelständler<br />

recht teuer“, fasst Torsten Albrecht zusammen.<br />

ACS Solutions stellt für Geschäftskunden<br />

hoch standardisierte, flexible und effiziente<br />

IT-Lösungen bereit und arbeitet hier<br />

eng mit envia TEL zusammen. Der Telekommunikationsdienstleister<br />

betreibt in<br />

Taucha bei Leipzig einen der modernsten<br />

Datacenter-Standorte in Deutschland.<br />

Das Rechenzentrum unterliegt deutschen<br />

Datenschutzbestimmungen und<br />

ist nach dem international anerkannten<br />

IT-Sicherheitsstandard ISO/IEC 27001<br />

zertifiziert. Alle relevanten Infrastrukturkomponenten<br />

sind mehrfach ausgelegt<br />

und auch bei der physischen Sicherheit<br />

auf dem neuesten Stand der Technik. Als<br />

Datacenter-Anbieter kann envia TEL die<br />

Anlagen sehr wirtschaftlich betreiben<br />

und die Kosten auf eine Vielzahl von Anwendern<br />

verteilen.<br />

Sicherheit und Verfügbarkeit<br />

von Datenverbindungen<br />

Wenn ein Mitarbeiter von zu Hause aus<br />

auf die Daten im Unternehmen zugreifen<br />

will oder mehrere Standorte miteinander<br />

vernetzt werden sollen, spielt die<br />

Sicherheit und Verfügbarkeit der Datenverbindung<br />

eine entscheidende Rolle.<br />

Für einen IT-Dienstleister wie ACS sei<br />

es kein Problem, dafür ein sogenanntes<br />

virtuelles privates Netzwerk (VPN) einzurichten.<br />

Ein VPN verschlüsselt den kompletten<br />

Datenverkehr und sorgt, wie in<br />

einem geschützten Datentunnel, für eine<br />

abhör- und manipulationssichere Verbindung.<br />

„Bei den Datenverbindungen ver-<br />

Foto: envia TEL<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


ADVERTORIAL | 21<br />

Foto: ACS Solutions GmbH<br />

trauen wir trotzdem lieber auf den Service<br />

von envia TEL“, erläutert Torsten Albrecht.<br />

Große Provider wie envia TEL<br />

nutzen für den Transport von sensiblen<br />

Sprach- und Datenpaketen das Verfahren<br />

„Multiprotocol Label Switching“<br />

(MPLS). Das bringt aus Sicht von ACS<br />

den Vorteil, dass auch komplexe Anforderungen<br />

wie die verschlüsselte Verbindung<br />

zwischen mehreren Standorten zuverlässig<br />

und gut administriert werden<br />

können. Verfügt ein Unternehmen über<br />

zwei voneinander unabhängige Datenverbindungen,<br />

sorgt MPLS automatisch für<br />

deren Koordination.<br />

Beispiele für Engagement<br />

und Flexibilität<br />

Torsten Albrecht nennt die stärkere Vernetzung<br />

als wichtigen IT-Trend, der alle<br />

Mittelständler trifft. Was aktuell bei Industrie<br />

4.0 umgesetzt werde, fordere jeden<br />

Zulieferer heraus und gelte auch für<br />

Branchen wie Handel, Finanzdienstleistungen,<br />

Versicherungen, Dienstleistungen,<br />

Logistik und nicht zuletzt auch für<br />

die öffentliche Verwaltung. „Dabei geht<br />

es immer um sichere und schnelle Datenverbindungen<br />

und eine sichere Datenablage<br />

in einem möglichst ISO-zertifizierten<br />

Rechenzentrum. Hier arbeiten wir nach<br />

Möglichkeit mit envia TEL zusammen“,<br />

hebt der ACS-Vertriebsleiter hervor. Er<br />

sieht die Flexibilität, das Kosten-/Nutzenverhältnis<br />

und die Zuverlässigkeit vieler<br />

Provider als eher kritisch.<br />

Als Beispiel nennt er ein Projekt<br />

zur Datenanbindung<br />

einer Niederlassung in<br />

Norwegen. Die Verbindung<br />

kam wegen<br />

nicht erkennbarer<br />

Probleme zunächst<br />

nicht zustande. Da<br />

die Strecke über<br />

mehrere Leitungsanbieter<br />

gekoppelt werden<br />

musste, konnte der<br />

Fehler aus der Ferne nicht<br />

lokalisiert werden. „Erst durch das Engagement<br />

von envia TEL wurde das Problem<br />

gelöst. Ein Mitarbeiter ist mit seinen<br />

Messinstrumenten nach Norwegen<br />

gefahren und hat dort einen falsch konfigurierten<br />

Router gefunden“, berichtet<br />

der ACS-Vertriebsleiter. Er betont auch<br />

die Bereitschaft, möglichst flexible und<br />

bei Bedarf auch unkonventionelle Wege<br />

zu gehen. Wenn Leitungsverbindungen<br />

zu teuer sind, nutze envia TEL auch Richtfunkstrecken.<br />

„Eine solche Flexibilität ist<br />

nur durch engagierte Mitarbeiter<br />

möglich. Das schätzen<br />

wir an envia TEL“, fasst<br />

der ACS-Vertriebsleiter<br />

seine Bewertung<br />

zusammen.<br />

Torsten Albrecht<br />

ist Vertriebsleiter der<br />

ACS Solutions GmbH.<br />

Sicher und flexibel vernetzt<br />

Im Zeitalter der Digitalisierung stoßen Unternehmensnetzwerke<br />

immer öfter an Ihre Leistungsgrenze. Mit unserer<br />

zukunftssicheren Standortvernetzung und dem Datacenter<br />

Leipzig können Sie Ihr Netzwerk zuverlässig, sicher und<br />

kostengünstig betreiben.<br />

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Um für Ihr Unternehmen die passende Lösung<br />

zu finden, beraten wir Sie gern.<br />

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22 | W+M SCHWERPUNKT<br />

„Ohne technische Innovationen<br />

wird die Energiewende nicht gelingen.“<br />

Der enviaM-Vorstandsvorsitzende Tim Hartmann im W+M-Interview<br />

Die Diskussionen um die Energiewende sind festgefahren:<br />

Befürworter und Gegner konventionell erzeugter und Erneuerbarer<br />

Energien stehen sich scheinbar unversöhnlich gegenüber,<br />

immer wieder flammen – wie jüngst in Brandenburg und<br />

Sachsen – hitzige Debatten über die weitere Notwendigkeit<br />

der Braunkohleverstromung auf. Gleichzeitig versucht der<br />

Gesetzgeber, den Ausbau der Erneuerbaren Energien<br />

wirtschaftlicher zu machen. Ausschreibung und<br />

Mengenbegrenzung heißen die Schlagworte.<br />

Davon offenbar unbeeindruckt arbeitet der<br />

ostdeutsche Energiedienstleister enviaM an<br />

der weiteren Schärfung seines Profils – und<br />

greift einen Megatrend auf: die Digitalisierung.<br />

Warum, das erklärt der Vorstandsvorsitzende<br />

von enviaM Tim Hartmann im Interview mit<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong>.<br />

W+M: Herr Hartmann, ein weiteres Jahr<br />

voller – sagen wir einmal – nicht ganz<br />

optimaler Rahmenbedingungen liegt<br />

hinter der deutschen Energiewirtschaft.<br />

Wie ist enviaM als Gruppe<br />

durch 2015 gekommen?<br />

Tim Hartmann: Wir haben erneut<br />

ein gutes Ergebnis erzielt.<br />

Insgesamt beliefen sich die<br />

Umsatzerlöse der enviaM-<br />

Gruppe in 2015 auf 4,99 Milliarden<br />

Euro gegenüber 4,79<br />

Milliarden Euro in 2014.<br />

Unser Strom- und Gasabsatz<br />

ist gestiegen, letzterer<br />

sogar um rund 30 Prozent.<br />

Wir konnten konstante<br />

Kundenzahlen im Stromund<br />

gestiegene Kundenzahlen<br />

im Gasbereich verzeichnen. Vor<br />

dem Hintergrund, dass insbesondere<br />

im Gassektor derzeit ein hoher Verdrängungswettbewerb<br />

herrscht, freuen<br />

uns die Zuwächse hier ganz besonders.<br />

All das ist ein guter Boden für weitere Investitionen.<br />

Diese wuchsen in der Gruppe<br />

in 2015 auf 185,3 Millionen Euro – ein<br />

Plus von knapp 30 Millionen Euro im Vergleich<br />

zum Vorjahr. Die Gelder flossen<br />

insbesondere in den Netzbereich und in<br />

die Stromerzeugung aus Erneuerbaren<br />

Energien. Die Zahl unserer Mitarbeiter<br />

stieg durch die erhöhte Investitionstätigkeit<br />

leicht auf 3.471. Unsere<br />

Ausbildungsquote bewegte sich mit<br />

9,3 Prozent erneut deutlich über dem<br />

Branchendurchschnitt.<br />

W+M: Ein Schlüssel zum Erfolg der Unternehmensgruppe<br />

ist das Unternehmensleitbild<br />

„ökologisch – partnerschaftlich<br />

– innovativ“.<br />

Was genau verbirgt<br />

sich dahinter?<br />

Tim Hartmann,<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

des Energiedienstleisters<br />

enviaM.<br />

Foto: W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


SACHSEN | 23<br />

Foto: W+M<br />

Tim Hartmann: Es sind die Leitwerte,<br />

an denen wir unser gesamtes unternehmerisches<br />

Handeln ausrichten: „Ökologisch“<br />

definiert unseren Beitrag zum<br />

Ausbau der Erneuerbaren Energien. Allein<br />

in 2015 haben wir rund 50 Millionen<br />

Euro in eigene Projekte im Bereich der<br />

regenerativen Energien investiert. „Partnerschaftlich“<br />

beschreibt die Kultur des<br />

Umgangs mit unseren Mitarbeitern, Kunden,<br />

Anteilseignern und anderen Akteuren,<br />

denn die Energiewende kann keiner<br />

allein stemmen. Und „innovativ“ untermauert<br />

unsere Bereitschaft, uns den<br />

technologischen Herausforderungen der<br />

Energiewirtschaft der Zukunft zu stellen.<br />

W+M: Stapeln Sie hier nicht etwas tief –<br />

denn beispielsweise beim Thema Digitalisierung<br />

gehören Sie ja zu den Vorreitern<br />

Ihrer Branche?<br />

Tim Hartmann: Für uns ist das als Marktführer<br />

in Ostdeutschland eine Selbstverständlichkeit.<br />

Denn eines ist sicher: Die<br />

Energiewende wird ohne technische Innovationen<br />

nicht funktionieren. Und woher,<br />

wenn nicht aus der Branche, die am<br />

meisten von der Energiewende betroffen<br />

ist und sie umsetzen muss, sollen<br />

die Innovationen denn sonst kommen?<br />

Die Digitalisierung wird eine Vielzahl von<br />

Veränderungen und Projekten nach sich<br />

ziehen.<br />

W+M: Können Sie uns schon Beispiele<br />

nennen?<br />

Tim Hartmann: In aller Munde ist ja die<br />

ab 2017 geplante flächendeckende Einführung<br />

der sogenannten intelligenten<br />

Stromzähler, mit dem der Kunde in die<br />

Lage versetzt werden soll, seinen Energieverbrauch<br />

nicht nur besser nachvollziehen<br />

zu können, sondern auch gezielt<br />

zu beeinflussen. Hier kooperieren wir eng<br />

mit Hochschulen, Instituten und Behörden,<br />

um die entsprechenden technischen<br />

Voraussetzungen zu schaffen. Selbstverständlich<br />

arbeiten wir dabei auch mit anderen<br />

Energieversorgern zusammen. So<br />

haben wir eine Anwendergemeinschaft<br />

mit Stadtwerken gegründet, um uns gegenseitig<br />

bei der Vorbereitung auf das<br />

neue Zählerzeitalter zu unterstützen.<br />

W+M-Herausgeber Frank Nehring und W+M-Autorin Katrin Kleeberg sprachen mit<br />

Tim Hartmann (v. l.).<br />

Auch im Gasbereich ist die Digitalisierung<br />

nicht mehr wegzudenken. Hier sind<br />

wir etwa dank moderner Datentechnik in<br />

der Lage, den Brennwert des eingespeisten<br />

Erd- und Biogases im Netzgebiet für<br />

unsere Kunden rechnerisch zu ermitteln.<br />

Bisher war dafür die Beimischung<br />

von Flüssiggas notwendig. Diese kann<br />

künftig eingespart werden. Wie im Netz<br />

schreitet die Digitalisierung auch im Vertrieb<br />

voran. Jeder zweite Neukunde im<br />

Privatkundenbereich kommt inzwischen<br />

online zu uns.<br />

W+M: Das heißt, die Digitalisierung verändert<br />

das Gesicht der enviaM?<br />

Tim Hartmann: Ich gebe Ihnen insofern<br />

recht, als dass die Digitalisierung in alle<br />

Unternehmensbereiche eingreift und Abläufe<br />

und Aufgaben im Unternehmen völlig<br />

neu definiert. So schaffen wir gerade<br />

an all unseren Standorten so genannte<br />

„Teamflächen“. Hier sind sechs und<br />

mehr Mitarbeiter tätig, die sich gegenseitig<br />

ergänzen und gemeinsam an Lösungen<br />

arbeiten. Das heißt: Im Unternehmen<br />

entwickelt sich ein völlig neues, ein<br />

projekt- und lösungsbezogenes Denken,<br />

vergleichbar vielleicht mit der interdisziplinären<br />

Forschung an Universitäten.<br />

Was sich aber nicht ändert ist: Wir verstehen<br />

uns als Energiedienstleister im besten<br />

Wortsinn – nämlich als Dienstleister<br />

für alle Fragen rund um das Thema Energie.<br />

W+M: Wohin wird diese Entwicklung die<br />

enviaM-Gruppe führen?<br />

Tim Hartmann: Das kann ich Ihnen so<br />

nicht beantworten. Mit der Digitalisierung<br />

betreten wir alle Neuland. Wir müssen<br />

unsere Mitarbeiter, Kunden und Anteilseigner<br />

auf dem Weg in die digitale<br />

Welt mitnehmen. Und die gesetzgeberischen<br />

Rahmenbedingungen müssen entsprechend<br />

geschaffen werden. Wenn es<br />

uns gelingt, dass unser Unternehmen bei<br />

dieser Reise in die Zukunft weiterhin wirtschaftlich<br />

erfolgreich bleibt, weil unsere<br />

Kunden zufrieden sind und unsere Mitarbeiter<br />

bei uns ein gutes Auskommen haben,<br />

dann haben wir viel erreicht.<br />

Interview: Katrin Kleeberg<br />

und Frank Nehring<br />

ENVIAM-ENERGIEKONVENT:<br />

„DIGITALISIERUNG DER<br />

ENERGIEWIRTSCHAFT“<br />

Am 24. Oktober <strong>2016</strong> lädt enviaM erneut<br />

zum „Energiekonvent“ in den<br />

Leipziger Kubus ein. Im Mittelpunkt<br />

des Abends steht die Digitalisierung<br />

der Energiewirtschaft aus Kundensicht.<br />

Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft<br />

werden darüber diskutieren, welche<br />

Möglichkeiten und Mehrwerte die<br />

Digitalisierung den Energieverbrauchern<br />

bietet und was dies für die Beziehung<br />

zu ihrem Energieversorger bedeutet.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


24 | W+M LÄNDERREPORT<br />

In der Zulieferfirma FlammAerotec im Industriepark Schwerin werden<br />

Bauteile für die Airbus-Produktion in Norddeutschland gefertigt.<br />

Schwerin dockt<br />

an Hamburg an<br />

Die deutschen Küstenländer rücken enger zusammen. Im Zentrum<br />

der Annäherung steht Hamburg, das wirtschaftliche Schwergewicht<br />

des Nordens. Der gleichnamigen Metropolregion wollen sich jetzt<br />

auch Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt Schwerin und<br />

der Altkreis Parchim anschließen. Von Thomas Schwandt<br />

Die Metropolregion Hamburg wird an<br />

ihrer Ostflanke gestärkt. Wenn alle<br />

parlamentarischen Hürden auf kommunaler<br />

und Länderebene bis Ende dieses<br />

Jahres genommen sind, werden ab<br />

1. Januar 2017 die mecklenburgisch-vorpommersche<br />

Landeshauptstadt Schwerin<br />

und das rudimentäre Landkreisgebiet<br />

Parchim offiziell zum Kooperationsverbund<br />

dazugehören. Im Mai dieses Jahres hat der<br />

Lenkungsausschuss der Metropolregion<br />

grünes Licht gegeben für die Ost-Erweiterung.<br />

Bereits zu Beginn dieses Jahrzehnts hatten<br />

sich das Land Mecklenburg-Vorpommern<br />

und die damaligen Landkreise Ludwigslust<br />

und Nordwestmecklenburg zu einem<br />

Beitritt entschlossen, der dann 2012<br />

auf Basis eines novellierten Staatsvertrages<br />

zwischen den Nordländern vollzogen<br />

wurde. Mit den jetzt avisierten Kandidaten<br />

gewinnt das östliche Bundesland in der<br />

Metropolregion Hamburg an Gewicht. Zugleich<br />

wird ein geografisches Vehikel beseitigt.<br />

Denn seit der Kreisgebietsreform<br />

2011 in Mecklenburg-Vorpommern bilden<br />

die Altlandkreise Ludwigslust und Parchim<br />

eine vereinigte Gebietskörperschaft unter<br />

adäquatem Doppelnamen. „Mit dem Hinzukommen<br />

von Parchim wird die Sache<br />

für uns nun gänzlich rund“, frohlockte Rolf<br />

Christiansen, Landrat von Ludwigslust-<br />

Parchim, nach dem Erweiterungsvotum<br />

im Lenkungsausschuss. Ludwigslust hat<br />

sich in den zurückliegenden Jahren in einigen<br />

großen Projekten der Metropolregion<br />

engagiert, zuletzt federführend beim Thema<br />

„Demografie und Daseinsvorsorge“.<br />

Die Landeshauptstadt Schwerin intensivierte<br />

vor zwei Jahren die bereits länger<br />

bestehende Zusammenarbeit mit der Metropolregion,<br />

vor allem bei der Vermarktung<br />

von Industrie- und Gewerbeflächen.<br />

Mit der angestrebten Mitgliedschaft könne<br />

die Landeshauptstadt „ihre bundesweite<br />

und internationale Wahrnehmung als starker<br />

und lebenswerter Standort ausbauen“,<br />

kommentierte Oberbürgermeisterin Angelika<br />

Gramkow den nächsten Schritt. Wirtschaftliche<br />

Aspekte führte auch Landrat<br />

Christiansen an: „Die Marke ,Hamburg‘<br />

ist für das regionsübergreifende und internatio<br />

nale Marketing ein Magnet, um Investoren<br />

und Fachkräfte anzuwerben.“<br />

Die Landespolitik im westlichen Teil Norddeutschlands<br />

hatte bereits Anfang der<br />

1990er-Jahre mit einem regionalen Entwicklungskonzept<br />

die länderübergreifende<br />

Kooperation vorangetrieben. Die Strahlkraft<br />

des hanseatischen Wirtschaftszentrums<br />

soll genutzt werden, um für die benachbarte<br />

Region zwischen Nord- und<br />

Ostsee neue Wachstumspotenziale zu<br />

generieren. Ohne einem Nordstaat das<br />

Wort zu reden, finden die Landesregierungen<br />

in Hamburg, Hannover, Schwerin<br />

und Kiel immer häufiger zu einer gemeinsamen<br />

Sprache. Wissend, in den harten<br />

Verteilungskämpfen mit dem Bund ist nur<br />

so ein spürbares Gegengewicht zu den Begehrlichkeiten<br />

der südlichen Bundesländer<br />

herzustellen. Exemplarisch dafür steht der<br />

Foto: Thomas Schwandt<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


MECKLENBURG-VORPOMMERN | 25<br />

METROPOLREGION HAMBURG<br />

Die Metropolregion Hamburg umfasst<br />

zurzeit 17 Landkreise und zwei kreisfreie<br />

Städte in den Bundesländern Niedersachsen,<br />

Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Schleswig-Holstein und der Freien und<br />

Hansestadt Hamburg. Fünf Millionen<br />

Menschen leben in dem Einzugsbereich.<br />

Wenn das aktuelle Beitrittsverfahren<br />

für die Landeshauptstadt Schwerin<br />

und den Altkreis Parchim bis Ende <strong>2016</strong><br />

erfolgreich abschlossen wird, steigt die<br />

Einwohnerzahl auf 5,2 Millionen und die<br />

Metropolregion Hamburg umfasst dann<br />

28.500 Quadratkilometer, was der Fläche<br />

von Belgien entspricht.<br />

Bundesverkehrswegeplan 2030. Für die<br />

maritime Wirtschaft im Norden besitzen<br />

zum Beispiel die Vertiefung der Elbe zum<br />

Hamburger Hafen hin sowie der Schiffszufahrten<br />

zu den Häfen Rostock und Wismar<br />

oberste Priorität. Derartige millionenschwere<br />

Infrastrukturprojekte sind in Berlin<br />

nur in konzertiertem Auftreten der Küstenländer<br />

zu erstreiten.<br />

der Metropolregion Hamburg auf dem gemeinsamen<br />

Webportal GEFIS präsentiert.<br />

Sucht ein Interessent nach einem Standort<br />

nahe Hamburg, werden ihm zum Beispiel<br />

auch Flächen in Westmecklenburg<br />

offeriert.<br />

Für Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister<br />

Harry Glawe sind die Ansiedlungserfolge<br />

ein Beleg für die gezielte<br />

Wirtschaftsförderung. „Unser Land bietet<br />

eine moderne Infrastruktur und attraktive<br />

Fördermöglichkeiten.“ Darauf hinzuweisen,<br />

dazu trage auch die Zusammenarbeit<br />

in der Metropolregion Hamburg bei. Die<br />

Plattform sei gut geeignet, in der Hansestadt<br />

Kontakte zu international agierenden<br />

Unternehmen zu knüpfen und über diese<br />

den Standort Mecklenburg-Vorpommern<br />

„im Ausland besser bekannt zu machen“.<br />

Glawe betont aber auch gern, dass das<br />

nordöstliche Bundesland trotzdem „verstärkt<br />

selbst Flagge zeigen muss“. Unter<br />

dem mächtigen Schirm von Hamburg könne<br />

„man auch schnell übersehen werden“.<br />

Er plädiert für eine Balance zwischen gemeinsamen<br />

und eigenen Interessen.<br />

Ordnungs- und wirtschaftspolitisch zielt die<br />

Metropolregion Hamburg darauf ab, die Rahmenbedingungen<br />

für Wachstum zu verbessern.<br />

So existieren in Norddeutschland bereits<br />

gemeinsame Statistik- und Eichämter<br />

sowie Cluster in den Bereichen maritime Industrie,<br />

Life Sciences und Ernährungswirtschaft.<br />

Doch auch die Herausforderungen<br />

eines globalisierten Marktes bedingen ein<br />

Zusammenrücken. In der norddeutschesten<br />

aller Branchen, der maritimen Industrie,<br />

vollzieht sich unter extremem internationalen<br />

Konkurrenzdruck seit Jahren ein<br />

tiefer Strukturwandel. Infolge der Insolvenz<br />

der P+S-Werften (Stralsund/Wolgast) übernahm<br />

beispielweise im Mai 2013 die Bremer<br />

Lürssen-Werft die Peene-Werft in Wolgast.<br />

Das vergrößerte Potenzial erhöht die Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Das treibt auch den asiatischen<br />

Investor Genting Hong Kong (HK) um,<br />

der in diesem Jahr die drei Werften in Wismar,<br />

Warnemünde und Stralsund gekauft<br />

hat und daraus die Schiffbaugruppe „MV<br />

Werften“ schmiedet. Diese kooperiert eng<br />

mit der Lloyd-Werft Bremerhaven, die seit<br />

Jahresbeginn <strong>2016</strong> ebenfalls zu 100 Prozent<br />

von Genting HK erworben wurde. W+M<br />

Quelle Schaubild: Metropolregion Hamburg<br />

Innerhalb der Metropolregion wirkt das<br />

wirtschaftliche Schwergewicht Hamburg<br />

auch tief hinein nach Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Ausschlaggebend dafür ist die<br />

sehr gute verkehrstechnische Anbindung<br />

Westmecklenburgs an die Elbe-Metropole.<br />

Entlang der Ost-West-Autobahnen 24<br />

und 20 sind prosperierende Gewerbegebiete<br />

entstanden, in denen Unternehmen<br />

aus der Ernährungsindustrie, der Automotive-<br />

und Luftfahrtbranche sowie Medizintechnik<br />

investiert und Produktionsstätten<br />

errichtet haben. Darunter Konzerne wie<br />

Dr. Oetker und Nestlé sowie mittelständische<br />

Firmen wie FlammAerotec (Luftfahrtindustrie)<br />

und Euroimmun (Medizintechnik).<br />

Die günstige Lage an der Achse<br />

Berlin–Hamburg hat die Investitionsentscheidungen<br />

maßgeblich beeinflusst. In<br />

jüngster Zeit entdeckten vermehrt Hamburger<br />

Unternehmen die Nähe Westmecklenburgs<br />

und expandierten nach<br />

dort. Die FVH Folienveredlung Hamburg<br />

GmbH & Co. KG legte erst kürzlich den<br />

Grundstein für eine neue Betriebsstätte<br />

im Industriepark Schwerin. Zur Akquise<br />

von Investoren werden Gewerbeflächen in<br />

N O R D S E E<br />

Cuxhaven<br />

Landkreis<br />

Cuxhaven<br />

Heide<br />

Kreis<br />

Dithmarschen<br />

SCHLESWIG-<br />

HOLSTEIN<br />

Neumünster<br />

Itzehoe Bad Segeberg<br />

Kreis<br />

Kreis<br />

Steinburg<br />

Segeberg<br />

Lübeck<br />

Bad<br />

Kreis<br />

Oldesloe<br />

Pinneberg<br />

Kreis<br />

Pinneberg<br />

Stormarn Ratzeburg<br />

Stade<br />

Kreis<br />

Herzogtum<br />

Landkreis HAMBURG<br />

Lauenburg<br />

Stade<br />

Landkreis<br />

Rotenburg (Wümme)<br />

Rotenburg<br />

(Wümme)<br />

Bad<br />

Fallingbostel<br />

Winsen<br />

Landkreis<br />

Harburg<br />

Landkreis<br />

Heidekreis<br />

Lüneburg<br />

Landkreis<br />

Lüneburg<br />

Uelzen<br />

NIEDERSACHSEN<br />

Lüchow<br />

O S T S E E<br />

Wismar<br />

Ab 2017 sollen Schwerin und das Gebiet Parchim zur Metropolregion Hamburg gehören,<br />

in welcher dann 5,2 Millionen Menschen leben.<br />

Eutin<br />

Landkreis<br />

Uelzen<br />

Kreis<br />

Ostholstein<br />

Landkreis<br />

Nordwestmecklenburg<br />

Alt-Landkreis<br />

Ludwigslust<br />

Landkreis<br />

Lüchow-Dannenberg<br />

Schwerin<br />

MECKLENBURG-<br />

VORPOMMERN<br />

Parchim<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


26 | W+M LÄNDERREPORT<br />

Eine DHL-Frachtmaschine vom Typ A300-B4-200 überquert am<br />

Frachtzentrum des Flughafens Leipzig-Halle eine Rollbrücke.<br />

Flughäfen am Tropf<br />

der öffentlichen Hand<br />

Lange galten Regionalflughäfen in Deutschland als Symbol<br />

für Modernität, oft hielten Politiker auf Landes-, Kreis- und<br />

kommunaler Ebene sie für unverzichtbare Standortfaktoren in der<br />

Konkurrenz um Investoren und neue Arbeitsplätze. Erwartungen,<br />

die meist zum teuren Flop wurden – auch in Ostdeutschland, wo<br />

eine entsprechende Infrastruktur nach 1990 aufgebaut werden<br />

musste. Von Tomas Morgenstern<br />

Am Flughafen Rostock-Laage<br />

herrschte am 25. Juni Aufbruchstimmung<br />

beim Sommerfest mit<br />

5.000 Besuchern. Erst wenige Tage zuvor<br />

war der erste reguläre Jumbo-Jet mit<br />

mehr als 520 Urlaubern an Bord gelandet.<br />

Der Airport in Ostsee-Nähe, zugleich Fliegerhorst<br />

des Jagdgeschwaders 73 der<br />

Bundesluftwaffe, hat seit Januar 2015<br />

einen Deal mit der Reederei Costa Crociere<br />

(Italien). Die bringt in der Saison<br />

ihre Kreuzfahrtreisenden über Laage direkt<br />

zu den Luxuslinern im Rostocker Hafen.<br />

„Seamless Travel“ (Nahtlos Reisen)<br />

heißt das Konzept, für das inzwischen<br />

auch Pullmantur Cruises (Spanien) und<br />

MSC Cruises (Schweiz) gewonnen wurden.<br />

Nach schwachen Jahren sind 2015<br />

in Laage gut 190.000 Passagiere abgefertigt<br />

worden, darunter erstmals 18.000<br />

Kreuzfahrtreisende. Airport-Chef Rainer<br />

Schwartz hofft, <strong>2016</strong> 70.000 Hochsee-<br />

Touristen am Airport begrüßen zu können.<br />

In diesem Sommer geht es vielleicht auch<br />

am Ferienflughafen Heringsdorf auf Usedom<br />

wieder aufwärts. 2015 war die Passagierzahl<br />

um ein Drittel auf 27.500 gesunken.<br />

Erst im Juni sorgte die Nachricht,<br />

dass die EU-Kommission die zwischen<br />

2004 und 2014 gewährten Betriebszuschüsse<br />

und darüber hinaus auch die für<br />

die Jahre 2015 bis 2018 noch zu gewährenden<br />

Investitionsbeihilfen genehmigt<br />

hat, für Erleichterung. Allein im Jahr <strong>2016</strong><br />

überweist der Landkreis als Flughafengesellschafter<br />

bis zu 350.000 Euro.<br />

Die Situation der ostdeutschen Flughäfen<br />

ist höchst unterschiedlich – die größeren<br />

können mit wachsenden Passagierzahlen<br />

rechnen, die kleineren suchen nach<br />

der rettenden Nische. Gemeinsam ist den<br />

meisten, dass sie keine Gewinne erwirtschaften,<br />

sondern dauerhaft auf Zuschüsse<br />

von Bund, Ländern, Landkreisen und<br />

sogar Kommunen angewiesen sind.<br />

Einen der Gründe dafür sieht der Frankfurter<br />

Flughafenexperte Dieter Faulenbach<br />

da Costa in der zu großen Flughafendichte.<br />

Auch fehle es, wie er W+M sagte, an<br />

einer sinnvollen Arbeitsteilung unter den<br />

Flughäfen. Vom Bund erwartet er, dass<br />

sein längst überfälliges neues Flughafen-<br />

Foto: Deutsche Post AG<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


OSTDEUTSCHLAND | 27<br />

konzept den Ländern die Möglichkeit biete,<br />

den Wildwuchs auf diesem Gebiet zu<br />

beseitigen. Faulenbach da Costa schwebt<br />

vor, dass sich Bundesländer zusammentun<br />

– beispielsweise Berlin und Brandenburg<br />

mit Sachsen und Sachsen-Anhalt oder<br />

Mecklenburg-Vorpommern mit Niedersachsen<br />

und Hamburg – und sich auf der<br />

Basis von Staatsverträgen auf einige wenige<br />

wirtschaftlich leistungsstarke und zukunftsfähige<br />

Flughafenstandorte verständigen.<br />

So bestünde die Chance, den nach<br />

2030 erwarteten Anstieg des jährlichen<br />

Passagieraufkommens in Deutschland auf<br />

mehr als 300 Millionen zu bewältigen.<br />

Düsseldorf. Allein in Tegel wurden 2015<br />

rund 21,01 Millionen Passagiere abgefertigt.<br />

Der einstige DDR-Zentralflughafen<br />

Schönefeld legte um fast 17 Prozent auf<br />

8,29 Millionen zu.<br />

Auch der Flughafen der sächsischen Hauptstadt<br />

in Dresden-Klotzsche, seit 2008 Dresden<br />

International, wird von der Mitteldeutschen<br />

Flughafen AG betrieben. Die Passagierzahl<br />

lag 2015 bei 1,72 Millionen. Am<br />

Flughafen produzieren die traditionsreichen<br />

Elbe Flugzeugwerke Bauteile für Airbus Industries.<br />

Seit Mai 2013 ist Dresden Reparaturstützpunkt<br />

für den Airbus A380.<br />

In die Entwicklung des Flughafens Magdeburg-Cochstedt<br />

haben das Land Sachsen-Anhalt<br />

und der Salzlandkreis über die<br />

Jahre 30 Millionen Euro Steuergeld investiert.<br />

Er liegt an einem Gewerbepark und<br />

darf rund um die Uhr betrieben werden.<br />

Weil er dennoch nicht aus der Verlustzone<br />

kam, wurde der Platz 2010 für nur eine<br />

Million Euro an einen dänischen Investor<br />

verkauft. Im Januar musste er Insolvenz<br />

anmelden und fährt pro Monat 250.000<br />

Euro Verluste ein.<br />

Foto: Flughafen Dresden GmbH/Michael Weimer<br />

Insgesamt 40 Standorte in<br />

Deutschland haben die zuständigen<br />

Landesluftfahrtbehörden<br />

als Verkehrsflughäfen klassifiziert,<br />

elf davon in den neuen<br />

Ländern. Neben den Berliner<br />

Flughäfen Tegel und Schönefeld<br />

zählen dazu zum Beispiel<br />

Leipzig-Halle, Dresden International,<br />

Erfurt-Weimar, Magdeburg-Cochstedt,<br />

Rostock-Laage<br />

und Schwerin-Parchim. Ergänzt<br />

werden sie durch ein Netz kleinerer<br />

Verkehrs- und Sonderlandeplätze.<br />

Die beiden Berliner Flughäfen<br />

sehen sich unabhängig von<br />

der Fertigstellung des seit November<br />

2011 überfälligen neuen Hauptstadtflughafens<br />

BER im Luftverkehr gemeinsam<br />

in einer anderen Liga – etwa<br />

mit Frankfurt am Main, München und<br />

PASSAGIERAUFKOMMEN AN<br />

DEUTSCHEN FLUGHÄFEN 2015<br />

Die Zahl der Passagiere auf deutschen<br />

Flughäfen ist 2015 um 7,5 Millionen<br />

gestiegen. Insgesamt starteten oder<br />

landeten im vergangenen Jahr 193,9<br />

Millionen Fluggäste auf deutschen Flughäfen.<br />

Im Auslandsverkehr erhöhten<br />

sich die Passagierzahlen gegenüber<br />

2014 um 7,1 Millionen (plus 4,4 Prozent)<br />

auf 170,8 Millionen. Im Inlandsverkehr<br />

stieg die Anzahl der Fluggäste hingegen<br />

lediglich um 400.000 (plus 1,5 Prozent)<br />

auf 23,1 Millionen.<br />

Blick auf die Abflugebene des Terminals des Flughafens Dresden<br />

International.<br />

Dank der Ansiedlung des Frachtzentrums<br />

der Posttochter DHL im Jahr 2008<br />

am Standort Schkeuditz ist der Flughafen<br />

Leipzig-Halle zum zweitgrößten Luftdrehkreuz<br />

Deutschlands aufgestiegen.<br />

Der Freistaat Sachsen ließ sich das 71<br />

Millionen Euro kosten, weitere 350 Millionen<br />

Euro machte er für die neue Startund<br />

Landebahn Süd locker. Der Flughafen<br />

gehört der Mitteldeutschen Flughafen<br />

AG und damit den Ländern Sachsen<br />

und Sachsen-Anhalt sowie einigen Städten<br />

und Kreisen. 65 Frachtmaschinen werden<br />

dort jede Nacht abgefertigt, im vergangenen<br />

Jahr wurden erstmals mehr als<br />

988.000 Tonnen umgeschlagen. Die Fluggastzahlen<br />

indes stagnieren, 2015 lagen<br />

sie bei 2,32 Millionen. Mit einem Verlust<br />

von 49,7 Millionen Euro im Geschäftsjahr<br />

2014 fuhr Halle-Leipzig das negativste Ergebnis<br />

aller deutschen Flughäfen ein.<br />

Der Freistaat Thüringen als<br />

Hauptgesellschafter betreibt<br />

im Erfurter Ortsteil Bindersleben<br />

den Flughafen Erfurt-Weimar.<br />

Seit 1980 war hier fast nur<br />

noch die Interflug in die Feriengebiete<br />

im sozialistischen Ausland<br />

abgehoben. Nach dem Rekordjahr<br />

2004, als in Erfurt mehr<br />

als eine halbe Million Fluggäste<br />

abgefertigt wurden, erreichte<br />

das Passagieraufkommen 2015<br />

nur noch 230.436.<br />

In einer im Juli 2015 von der<br />

Deutschen Bank Research vorgelegten<br />

Studie heißt es dazu:<br />

„Mit wenigen Ausnahmen waren<br />

die Jahresergebnisse der<br />

Flughäfen in den letzten rund zehn Jahren<br />

negativ. So konnte 2013 keiner der Regionalflughäfen<br />

ein positives Ergebnis erzielen.<br />

In der Regel lag der Fehlbetrag pro<br />

Flughafen im ein- bis zweistelligen Millionenbereich.“<br />

Mit Regionalflughäfen lasse sich kein lohnendes<br />

Geschäft machen, räumte ausgerechnet<br />

Rostocks Oberbürgermeister Roland<br />

Methling (parteilos) im Juni ein. Doch<br />

komme das millionenschwere Engagement<br />

Rostocks als Flughafengesellschafterin<br />

seit Anfang der 1990er Jahre nicht<br />

nur den hier lebenden Menschen zugute.<br />

„Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag<br />

für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts<br />

und schaffen die Basis, neue<br />

Zielgruppen im Tourismusbereich anzusprechen.“<br />

W+M<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


28 | W+M LÄNDERREPORT<br />

Im Chemiepark Bitterfeld sind in den letzten Jahren 11.000<br />

Arbeitsplätze entstanden. Bitterfeld selbst hat 15.500 Einwohner.<br />

Warum Bitterfeld<br />

zur AfD-Hochburg wurde<br />

Für Bitterfeld und Wolfen stehen heute weder grassierende Deindustrialisierung<br />

und extreme Arbeitslosigkeit noch städtebaulicher Verfall<br />

oder Umweltnotstand. Die Menschen sind aufgrund der hohen<br />

Industriedichte zu DDR-Zeiten überdurchschnittlich gebildet, und<br />

inzwischen wandelte sich ein gewaltiger Tagebau zu einem idyllischen<br />

See direkt am Innenstadtrand. Dennoch gilt die Region seit der<br />

jüngsten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt als Hochburg der rechtspopulistischen<br />

Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD). Eine<br />

Ursachensuche. Von Harald Lachmann<br />

Schulschließungen stoppen, TTIP verhindern,<br />

Kita-Gebühren abschaffen,<br />

rot-grüne Bildungsexperimente aufhalten<br />

oder auch: Frühsexualisierung in Kita<br />

und Schule beenden. Auf der Webseite von<br />

Daniel Roi fehlt es nicht an politischen Themen.<br />

Doch Begriffe wie Flüchtlinge oder<br />

Asylmissbrauch finden sich nicht. Dabei<br />

steht auch der 29-jährige Bachelor of Engineering,<br />

der einige Zeit im Dessauer Landwirtschaftsamt<br />

arbeitete, für das ausländerfeindliche<br />

Profil der AfD im Südosten<br />

Sachsen-Anhalts. Denn für sie hatte er zur<br />

Landtagswahl im März kandidiert und mit<br />

31 Prozent der Erststimmen das Direktmandat<br />

im Wahlkreis Wolfen geholt.<br />

Ähnlich der 50-jährige Volker Olenicak<br />

aus Friedersdorf, ein Unternehmer, der in<br />

und um Bitterfeld mehrere Telefonshops<br />

betreibt. Er holte für die AfD mit 33,4 Prozent<br />

das Direktmandat in Bitterfeld und<br />

gehört inzwischen im Landtag sogar jener<br />

parlamentarischen Kommission an,<br />

die die Geheimdienste kontrollieren soll.<br />

Beide, Roi wie Olenicak, stehen damit nun<br />

bundesweit am Pranger für ein Phänomen,<br />

das in den großen Medien der Republik –<br />

von SPIEGEL ONLINE bis Tagesschau – als<br />

die „Schande von Bitterfeld“ gebrandmarkt<br />

wurde. Denn nirgendwo machten mehr<br />

Menschen bei der AfD ihr Kreuzchen. Dabei<br />

gewann die rechte Protestpartei im Süden<br />

Sachsen-Anhalts sogar 15 Direktmandate.<br />

Auch in Zeitz, Merseburg, Querfurt<br />

oder Staßfurt schnitt sie vergleichbar ab.<br />

Woran liegt das? Schnelle, seriöse Antworten<br />

fallen schwer. Es vor allem auf<br />

Foto: Harald Lachmann<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


SACHSEN-ANHALT | 29<br />

Fotos: AfD (oben), Harald Lachmann (unten)<br />

Der AfD-Landtagsabgeordnete<br />

Daniel Roi ist Chef der<br />

Stadtrats- und Kreisratsfraktion<br />

seiner Partei.<br />

die ausländerfeindliche<br />

Rhetorik zurückzuführen,<br />

wäre zu kurz<br />

gegriffen – selbst wenn<br />

die AfD vor der Wahl mit<br />

markigen Sprüchen wie diesem<br />

warb: „Grenzen sichern. Asylchaos stoppen.“<br />

Und 400 Migranten auf 15.500 Bitterfelder,<br />

zudem dezentral untergebracht,<br />

sind kein Grund zur Panik. Sicher finden<br />

sich auf den Facebook-Seiten etwa von<br />

Olenicak bösartige Angriffe auf die Kanzlerin<br />

oder Links auf rechte Portale wie das<br />

der „Reichsbürger“. Doch dafür hat man<br />

ihn und die ganze AfD kaum gewählt. Immerhin<br />

holte sie mit 24,3 Prozent fast so<br />

viele Stimmen wie LINKE (16,3) und die<br />

bisherige Magdeburger Regierungspartei<br />

SPD (10,6) zusammen.<br />

Es ist also mehr faul in der Region, zumal<br />

auch eine geringe Wahlbeteiligung diesmal<br />

nicht als Begründung dienen kann.<br />

Denn anders als bei früheren Wahlen,<br />

wo Parteien am rechten oder linken Rand<br />

eben davon profitierten, gingen diesmal<br />

wesentlich mehr Menschen zur Wahl –<br />

und zwar eben weil sie die AfD ankreuzen<br />

wollten. Sie hatte also mit ihrem Auftauchen<br />

auf der politischen Bühne sogar<br />

zusätzliche Wähler mobilisiert – offenbar<br />

Menschen, die den etablierten Kräften<br />

schon länger nicht mehr trauten.<br />

Dennoch bleibt es rätselhaft, warum ausgerechnet<br />

der Raum Bitterfeld-Wolfen<br />

derartigen AfD-Zulauf hatte. Denn jene<br />

Region bildet längst wieder eines der industriellen<br />

Schwergewichte in Sachsen-<br />

Anhalt, so mit dem prosperierenden Chemiepark,<br />

der Metallverarbeitung oder<br />

der sich wieder erholenden Solarzellenherstellung.<br />

Allein im Chemiecluster arbeiten<br />

11.000 Menschen. So liegt auch<br />

die Arbeitslosigkeit in Bitterfeld mit etwa<br />

neun Prozent teils deutlich unter der in der<br />

Altmark, im Kreis Mansfeld-Südharz, im<br />

Salzlandkreis oder den Städten Halle und<br />

Dessau-Roßlau. Auch die Lebensqualität<br />

in Bitterfeld<br />

– einst maßlos übertrieben<br />

als „dreckigste<br />

Stadt Europas“ gegeißelt<br />

– kann sich<br />

sehen lassen. Der<br />

Ortskern ist schmuck<br />

restauriert und arrondiert<br />

nun sogar einen<br />

riesigen See mit Badestränden,<br />

Marinas und Ausflugsoasen.<br />

Und die Hochschule<br />

im zum Landkreis Anhalt-Bitterfeld gehörenden<br />

Köthen – nur 35 Kilometer westwärts<br />

gelegen – bildet ein weithin ausstrahlendes<br />

geistiges Zentrum. So holte<br />

hier auch die LINKE das Direktmandat.<br />

Mithin ist es eher eine Verquickung mehrerer<br />

Umstände, dass Bitterfeld-Wolfen<br />

heute als AfD-Hochburg gilt, selbst wenn<br />

mehr als doppelt sie viele Menschen sie<br />

eben nicht wählten. Fraglos haben CDU<br />

und SPD, die seit zehn Jahren als Magdeburger<br />

Regierungsdoppel agieren und dabei<br />

etliche Wählerwünsche offen ließen,<br />

eine Aktie daran. Selbst die LINKE gehört<br />

in Sachsen-Anhalt längst zum Establishment.<br />

So hatte es Olenicak denn auch<br />

leicht, als er genau damit Wahlkampf betrieb<br />

und zugleich eine „Diktatur à la Merkel“<br />

geißelte. „Der Unmut der Bürger ist<br />

allgegenwärtig“, konstatierte er. Die Menschen<br />

seien unzufrieden „mit Berlin und mit<br />

Magdeburg“, spürten Stillstand, fühlten sich<br />

vor allem nicht mehr erhört.<br />

Und im Raum Bitterfeld-Wolfen<br />

mit seiner<br />

weit überdurchschnittlich<br />

gebildeten<br />

Einwohnerschaft wird<br />

darüber eben nicht nur<br />

auf Stammtischniveau<br />

gemotzt.<br />

Als wenn sie all den<br />

Vorurteilen gegenüber<br />

den etablierten Parteien<br />

persönlich die<br />

Krone aufsetzen wollten,<br />

versagten Landrat<br />

Uwe Scholze (CDU)<br />

und Oberbürgermeisterin<br />

Dagmar Zoschke<br />

(LINKE) dann auch noch in einer entscheidenden<br />

Situation: Beim Empfang einer<br />

Schar – möglicherweise nicht ganz unvoreingenommener<br />

– Medienvertreter, die<br />

nach der Wahl nach Bitterfeld gekommen<br />

war, um nach Ursachen für das starke AfD-<br />

Ergebnis zu suchen. Statt sich zunächst<br />

einmal hinter die Stadt und das demokratische<br />

Votum zu stellen, stimmten sie mit<br />

in die Wählerschelte ein.<br />

Negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort<br />

Bitterfeld-Wolfen gibt es<br />

bislang offenbar noch nicht. Kein potenzieller<br />

Investor ist abgesprungen und auch aus<br />

den Wirtschaftskammern gibt es diesbezüglich<br />

keine nervösen Signale.<br />

Eher entsteht in den etablierten Kreisen<br />

der Region derzeit eine Abwartehaltung:<br />

Man hofft, dass sich die AfD wie einst die<br />

rechtsextreme DVU (sie war 1998 auch in<br />

Sachsen-Anhalt mit 12,9 Prozent auf ihr<br />

bis dato bestes Resultat gekommen) von<br />

selbst zerlegt. Dafür spricht einiges. Weder<br />

Roi noch Olenicak haben vier Monate<br />

nach ihrer Wahl eines der avisierten Bürgerbüros<br />

in Bitterfeld beziehungsweise<br />

Wolfen eröffnet. Dabei traten gerade sie<br />

mit dem Versprechen von mehr Transparenz<br />

und Bürgernähe an. „Bisher waren<br />

es eben nur Parolen“, sinniert der Ingenieur<br />

Dr. Joachim Gülland, der heute für die<br />

LINKE als Ortsbürgermeister in Bitterfeld<br />

agiert: „Nun müssen sie selbst mitarbeiten<br />

und sich beweisen.“ W+M<br />

An der Goitzsche, einem früheren Braunkohletagebau direkt<br />

im Stadtgebiet von Bitterfeld, entstand eines der attraktivsten<br />

Wassersportreviere Mitteldeutschlands.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


30 | W+M TITEL<br />

Aufbauhelfer<br />

für Ostdeutschland<br />

Großbritannien hat den Brexit<br />

gewählt: Das Leave-Votum der<br />

Briten beflügelt auch hierzulande<br />

EU-Skeptiker. Doch gerade<br />

in Ostdeutschland haben<br />

EU-Gelder wesentlich zum<br />

notwendigen Strukturwandel<br />

nach 1990 beigetragen. Und<br />

auch aktuell profitiert die<br />

ostdeutsche Wirtschaft von den<br />

Brüsseler Fördertöpfen.<br />

Von Matthias Salm<br />

Wirtschaftsleistung in der EU, und Regionen<br />

wie Ostdeutschland gelten dann<br />

nicht mehr als strukturschwach, mutmaßte<br />

etwa Thüringens Wirtschaftsminister<br />

Wolfgang Tiefensee (SPD) über<br />

mögliche Folgen für die EU-Förderung.<br />

Wohl wissend, dass man den Beitrag der<br />

EU zum Aufholprozess der ostdeutschen<br />

Wirtschaft seit 1991 nicht geringschätzen<br />

darf. Er tritt allerdings oft angesichts<br />

der auch jetzt wieder anhebenden Klage<br />

über die Regulierungswut der Brüsseler<br />

Bürokraten in den Hintergrund.<br />

Erneuerbare Energien: Die EU fördert in der aktuellen<br />

Förderperiode auch Maßnahmen zum Klimaschutz.<br />

Welche Folgen der britische Austritt<br />

für die heimische Wirtschaft<br />

zeitigen könnte, darüber<br />

herrscht bei Experten derzeit weitgehend<br />

Rätselraten. Für Thüringens Exporteure<br />

etwa bildet das Vereinigte Königreich den<br />

viertwichtigsten Auslandsmarkt mit einem<br />

Handelsvolumen von mehr als 1,6<br />

Milliarden Euro. „Gegenwärtig unterhalten<br />

290 Thüringer Betriebe stabile Geschäftsbeziehungen<br />

mit Großbritannien“,<br />

weiß Gerald Grusser, Hauptgeschäftsführer<br />

der IHK Erfurt. Im benachbarten<br />

Sachsen rangiert Großbritannien nach<br />

China und den USA auf dem dritten Platz<br />

der Ausfuhrziele. Allein zwischen 2011<br />

und 2015 stieg der Wert der ausgeführten<br />

Waren aus dem Freistaat auf die Insel<br />

um 63 Prozent.<br />

Aber nicht nur die ostdeutschen Exporteure<br />

bangen angesichts der herrschenden<br />

Ungewissheit. Ohne die britische<br />

Wirtschaftskraft sinkt das Niveau der<br />

Im Gegensatz zum lauten Knall, mit dem<br />

die Briten das gemeinsame europäische<br />

Haus verlassen wollen, schlüpfte Ostdeutschland<br />

1990 im Zuge der Deutschen<br />

Einheit beinahe geräuschlos unter<br />

das Dach der EU. Seither flossen rund<br />

43 Milliarden Euro an Strukturfondsmittel<br />

aus dem Europäischen Fonds für Regionale<br />

Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen<br />

Sozialfonds (ESF) in die neuen<br />

Bundesländer. Dazu addieren sich noch<br />

die Mittel aus dem Europäischen Fonds<br />

für die ländliche Entwicklung (ELER) und<br />

dessen Vorgängerprogramme.<br />

Zehn Milliarden Euro für<br />

den Nordosten<br />

Zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Deutschlands Nordosten erhielt rund 4,5<br />

Milliarden Euro aus dem EFRE, rund zwei<br />

Milliarden Euro aus dem ESF sowie aus<br />

dem ELER und seinen Vorläufern weitere<br />

rund 3,4 Milliarden Euro. Aufgestockt<br />

wurden die insgesamt zehn Milliarden<br />

Foto: EC/Alain Schroeder<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


BRÜSSELER SEGEN | 31<br />

Von den Förderprogrammen der EU-Kommission hat Ostdeutschland seit 1990 erheblich profitiert.<br />

Euro von der EU durch die Kofinanzierungsmittel<br />

von Bund, Land und Kommunen<br />

in Höhe von etwa 2,5 Milliarden Euro.<br />

Gewerbegebiete zu erschließen sowie<br />

die wirtschaftsnahe und touristische Infrastruktur<br />

auszubauen.<br />

Fotos: W+M (oben), ILB/Sabine Engels (unten)<br />

Finanzmittel, die dem wirtschaftlichen<br />

Aufholprozess zwischen Ostsee und Müritz<br />

zugutekamen: Der Indikator Bruttoinlandsprodukt<br />

pro Kopf des Landes, bezogen<br />

auf den Durchschnitt der EU, lag 2001<br />

noch bei 72,3 Prozent (bezogen auf die EU-<br />

25), 2014 bereits bei 84 Prozent (bezogen<br />

auf die EU-28). „Hierzu haben die EU-Mittel<br />

maßgeblich beigetragen“, sagt Staatssekretär<br />

Dr. Christian Frenzel, Chef der<br />

Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Und der Küstenstaat plant auch aktuell<br />

mit der europäischen Strukturförderung.<br />

Aus dem EFRE erhält das Land in der Förderperiode<br />

von 2014 bis 2020 rund 968<br />

Millionen Euro. Das Geld setzt Schwerin<br />

zum Beispiel ein, um Forschung, Entwicklung<br />

und Innovation voranzutreiben,<br />

Tillmann Stenger, Vorstandsvorsitzender<br />

der Brandenburger Förderbank ILB.<br />

„Ein großer Teil der von<br />

der ILB bisher insgesamt<br />

zugesagten Fördermittel<br />

in Höhe von knapp<br />

36 Milliarden Euro<br />

stammt aus EU-Töpfen.“<br />

Neue Förderprogramme<br />

in Brandenburg<br />

Im benachbarten Brandenburg investierten<br />

in der zurückliegenden Förderperiode<br />

rund 2.000 Unternehmen mit EFRE-<br />

Mitteln unter anderem in Forschungsund<br />

Entwicklungsvorhaben. Um die Bedeutung<br />

der EU-Mittel gerade für den<br />

Mittelstand des Landes weiß daher Tillmann<br />

Stenger, Vorstandsvorsitzender der<br />

Investitionsbank des Landes Brandenburg<br />

(ILB). Die ILB ist seit fast 25 Jahren einer<br />

der wichtigsten Ansprechpartner für europäische<br />

Förderung in Brandenburg.<br />

Aktuell verwaltet die ILB neben den Programmen<br />

aus dem EFRE erstmals auch<br />

alle ESF- sowie ausgewählte ELER-Förderprogramme.<br />

„Allein im Bereich der in<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


32 | W+M TITEL<br />

einem Flächenland so wichtigen Regionalentwicklung<br />

und Sozialförderung ermöglicht<br />

uns das bis Ende 2020 die Vergabe<br />

von über 1,2 Milliarden Euro europäischer<br />

Fördermittel für die weitere Entwicklung<br />

in Brandenburg”, erklärt Stenger.<br />

So startete die ILB im Juli das Förderprogramm<br />

„Brandenburg Kredit Innovativ“ mit<br />

Haftungsfreistellung.<br />

Damit partizipieren<br />

innovative Unternehmer<br />

in der Mark an einer<br />

EU-weiten Investitionsoffensive.<br />

ILB-<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

Stenger: „Wir<br />

freuen uns, dass es<br />

der ILB gelungen<br />

ist, aus dem Europäischen<br />

Fonds für strategische<br />

Investitionen, dem so genannten<br />

Juncker-Plan, erstmals zusätzliche Mittel<br />

für das Land Brandenburg zu gewinnen.“<br />

Beim neuen „Brandenburg Kredit Innovativ“<br />

stellt die ILB die Hausbank zu 70 Prozent<br />

des Kreditanteils von ihrem Risiko frei.<br />

Die Haftungsfreistellung kann durch die Kooperation<br />

zwischen der ILB und der Bürgschaftsbank<br />

Brandenburg für kleine und<br />

„Die Forschung in<br />

Sachsen profitiert<br />

erheblich davon, dass<br />

große Summen aus<br />

den EU-Strukturfonds<br />

fließen.“<br />

Dr. Eva-Maria Stange, Sächsische<br />

Staatsministerin für Wissenschaft<br />

und Kunst.<br />

mittelständische Unternehmen (KMU) sogar<br />

auf bis zu 80 Prozent erhöht werden.<br />

Auf großes Interesse stoßen auch die in<br />

diesem Frühjahr neu aufgelegten Fonds<br />

für innovative Start-ups: In den ersten vier<br />

Monaten wurden bereits vier Millionen<br />

Euro Risikokapital oder Nachrangdarlehen<br />

ausgereicht. Für den „Frühphasen- und<br />

Wachstumsfonds“<br />

sowie den „Brandenburg-Kredit<br />

Mezzanine“<br />

stehen bis zum<br />

Jahr 2023 102,5 Millionen<br />

Euro zur Verfügung.<br />

Die Fondsmittel<br />

werden zu<br />

80 Prozent aus dem<br />

EFRE und zu 20 Prozent<br />

von der ILB bereitgestellt.<br />

Ostdeutsche Forschung<br />

baut auf die EU<br />

Auch die Forschungslandschaft in Ostdeutschland<br />

ist eng mit der EU verwoben.<br />

So zum Beispiel der Wissenschaftsstandort<br />

Sachsen. In der Förderperiode<br />

2007 bis 2013 standen dem Dresdener<br />

Wissenschaftsministerium für die anwendungsorientierte<br />

Forschungsförderung<br />

und die Forschungsinfrastruktur 467<br />

Millionen Euro zur Verfügung, nun sind<br />

es bis 2020 immerhin noch 175 Millionen.<br />

Hochschulbauten wurden mit EU-<br />

Mitteln in Höhe von 315 Millionen Euro<br />

unterstützt, in der aktuellen Förderperiode<br />

bis 2020 sind es 162,5 Millionen<br />

Euro. Und für die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern<br />

konnte Sachsen<br />

von 2007 bis 2013 aus dem Europäischen<br />

Sozialfonds 178 Millionen Euro einsetzen,<br />

von 2014 bis 2020 118 Millionen Euro.<br />

Dies ermöglicht Forschungsergebnisse,<br />

die auch dem sächsischen Mittelstand<br />

zugutekommen. So haben sich jüngst die<br />

renommierten Universitäten in Freiberg,<br />

Dresden und Chemnitz zur Forschungsallianz<br />

Leichtbau zusammengeschlossen.<br />

Sie soll das Profil Sachsens im Bereich<br />

Fahrzeug- und Maschinenbau schärfen.<br />

„Das sächsische Know-how“, ist sich Peter<br />

Nothnagel, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung<br />

Sachsen GmbH, sicher,<br />

„verschafft den ansässigen Unternehmen<br />

– von der Elektromobilität über die Luftfahrtzulieferindustrie<br />

bis hin zum Fahrzeugbau<br />

– entscheidende Wettbewerbsvorteile.“<br />

Im Rahmen des EFRE sichert<br />

Sachsen dem Forschungsverbund bis<br />

2020 über zwei Millionen Euro zu. 400.000<br />

Euro davon stammen vom Freistaat.<br />

EU-Fördermittel für sächsische Leichtbauallianz: Prof. Hubert Jäger (TU Dresden), Dr. Jürgen<br />

Tröltzsch (TU Chemnitz), Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange und Prof. Rudolf Kawalla (TU<br />

Bergakademie Freiberg) (v. l.).<br />

„Sachsen hat in den letzten Jahren in vielen<br />

Wissenschaftsbereichen internationale<br />

Sichtbarkeit erreicht“, verkündet denn<br />

auch die Wissenschaftsministerin des<br />

Landes Dr. Eva-Maria Stange nicht ohne<br />

Stolz. Wie stark Sachsens Forscher in der<br />

EU heute vernetzt sind, belegt das Beispiel<br />

des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen<br />

und Umformtechnik IWU<br />

in Chemnitz, übrigens einst das erste Forschungsinstitut<br />

der Fraunhofer-Gesellschaft<br />

in Ostdeutschland. „Projekte mit<br />

internationalen und europäischen Partnern<br />

sind wichtig für die weltweite Vernetzung<br />

und Kennzeichen wissenschaftlich<br />

exzellenter Forschung“, erklärt Katja<br />

Haferburg, EU-Netzwerk-Managerin<br />

beim Fraunhofer IWU.<br />

Auf EU-Ebene kooperiert das Fraunhofer<br />

IWU mit Partnern aus Wissenschaft, For-<br />

Fotos: Götz Schleser (oben), Detlev Müller/TU Bergakademie Freiberg (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


BRÜSSELER SEGEN | 33<br />

Fotos: Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern (links), EC/Thomas Haley (rechts)<br />

schung und Industrie und beteiligt sich<br />

aktiv an europäischen Technologieplattformen,<br />

ebenso an der Beratung der EU-<br />

Kommission. So prägte das Fraunhofer<br />

Staatssekretär Dr. Christian Frenzel,<br />

Chef der Staatskanzlei<br />

Mecklenburg-Vorpommern.<br />

„Jeder Euro aus dem<br />

Strukturfonds erbringt<br />

langfristig eine Rendite<br />

von etwa 1,85 Euro.“<br />

IWU etwa entscheidend die Forschung<br />

beim EU-Projekt iMAIN. Seit September<br />

2012 arbeiteten Umformtechniker,<br />

Industrieanwender, Informatiker und Ingenieure<br />

aus vier europäischen Ländern<br />

unter Koordination des Fraunhofer IWU<br />

zusammen, um die Instandhaltung von<br />

Industriemaschinen zu verbessern. Das<br />

im Projekt iMAIN entwickelte intelligente<br />

Instandhaltungssystem überwacht und<br />

analysiert komplexe Maschinensysteme<br />

wie beispielsweise Mehrstufenpressen<br />

in der Automobilfertigung mithilfe von realen<br />

und virtuellen Sensoren fortlaufend<br />

in ihrer Funktion sowie in ihrem Energieverbrauch.<br />

Dadurch können Fehler früher<br />

erkannt und bereinigt werden. Die Chemnitzer<br />

avancierten nicht zuletzt durch das<br />

EU-Projekt zum Kompetenzführer in diesem<br />

Zukunftsfeld der Produktion. W+M<br />

Seit 1990 flossen rund 43 Milliarden Euro von der EU in die neuen Länder.<br />

Wir sind die Gestalter<br />

der Energiezukunft.<br />

Dezentral, erneuerbar, vernetzt, effizient: So wünschen sich unsere<br />

Kunden aus Industrie, Gewerbe und Kommunen ihre Energie. Wir<br />

setzen diese Wünsche in die Tat um und gestalten bereits heute<br />

die Zukunft der Energie – dabei greifen Infrastruktur, Technik und<br />

Dienstleistungen ineinander. Energieeffizienz ist für uns der Schlüssel,<br />

um wirtschaftlich zu handeln und Ressourcen zu schonen.<br />

Aktiv in allen Bereichen, die für eine nachhaltige Energiezukunft<br />

relevant sind: Das ist ENGIE.<br />

Energien optimal einsetzen.<br />

engie-deutschland.de


34 | W+M TITEL<br />

„Mir ist es wichtig, dass Berlin<br />

in Brüssel nicht zu kurz kommt“<br />

W+M-Interview mit dem Berliner Europaabgeordneten Joachim Zeller<br />

Seit 2009 vertritt der Berliner CDU-Politiker<br />

Joachim Zeller die Bundeshauptstadt<br />

im Europäischen Parlament. Der 64 Jahre<br />

alte, studierte Slawist gehört der Fraktion<br />

der Europäischen Volkspartei (EVP) an und<br />

ist Mitglied in vier Parlamentsausschüssen,<br />

unter anderem in dem für die Förderpolitik<br />

der EU wichtigen Regionalausschuss.<br />

Darüber hinaus ist er Mitglied in<br />

der EU-Russland-Delegation, die sich um<br />

die europäisch-russischen Beziehungen<br />

kümmert. Zeller gehört zu einem kleinen<br />

Kreis von Parlamentariern, die Erfahrungen<br />

sowohl auf der internationalen Bühne<br />

als auch im kommunalpolitischen Bereich<br />

vorweisen können. Zwischen 1996<br />

und 2006 war Zeller Bezirksbürgermeister<br />

von Berlin-Mitte.<br />

W+M: Herr Zeller, wie stark profitiert Berlin<br />

von Brüssel?<br />

Am Rande einer Ausschusssitzung im EU-<br />

Parlament: Joachim Zeller und W+M-<br />

Chefredakteur Karsten Hintzmann (r.).<br />

Joachim Zeller: Nach der deutschen Wiedervereinigung<br />

hatte Berlin erhebliche Lasten<br />

zu tragen. Daher war es für die Stadt<br />

von enormer Wichtigkeit, dass sie von<br />

den Hilfen im Rahmen der Kohäsions- und<br />

Strukturpolitik der Europäischen Union profitieren<br />

konnte. In der Förderperiode von<br />

2007 bis 2013 erhielt Berlin aus den Töpfen<br />

des Regional- und des Sozialfonds 1,2 Milliarden<br />

Euro. In der aktuellen Förderperiode<br />

werden es 850 Millionen Euro sein. Darüber<br />

hinaus bekommt Berlin als Stadt der<br />

Wissenschaft erhebliche Mittel aus dem<br />

EU-Forschungsprogramm. Ohne diese Unterstützung<br />

wäre beispielsweise unser Berliner<br />

Forschungsjuwel, der Wissenschaftsstandort<br />

Adlershof, undenkbar gewesen.<br />

W+M: Gab es konkrete und für Berlin wirtschaftlich<br />

relevante Projekte, die Sie seit<br />

2009 persönlich vorangebracht haben?<br />

Joachim Zeller: Hier müssen wir zunächst<br />

klarstellen, wofür das EU-Parlament<br />

zuständig ist. Es schafft die gesetzlichen<br />

Grundlagen für die jeweiligen Förderperioden.<br />

Wenn die Fördermittel dann<br />

bewilligt wurden, sind die einzelnen Länder<br />

für die Verwendung der Fördermittel<br />

selbst verantwortlich. Mir ist es natürlich<br />

wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

so zu gestalten, dass Berlin nicht<br />

zu kurz kommt. Das ist mir durchaus gelungen.<br />

Wir haben es beispielsweise in<br />

den letzten Jahren geschafft, das Thema<br />

Stadtentwicklung viel stärker als zuvor<br />

in die europäischen Förderkriterien einzubinden.<br />

Zudem achte ich darauf, dass<br />

bei der EU-Gesetzgebung möglichst keine<br />

Regelungen getroffen werden, die der<br />

Berliner Wirtschaft anschließend das Leben<br />

schwer machen. Um ein Beispiel zu<br />

nennen: Bei der Erarbeitung der Datenschutzgrundverordnung<br />

musste sichergestellt<br />

werden, dass auch die Start-ups<br />

und die vielen Internetunternehmen damit<br />

zurechtkommen.<br />

Besonderes Augenmerk richte ich auch<br />

auf rechtliche Erleichterungen bei der Zusammenarbeit<br />

der Grenzregionen. Für die<br />

Haushaltsentlastung der Kommission für<br />

das Jahr 2015 bin ich Parlamentsberichterstatter.<br />

Und seit zwei Jahren setze ich<br />

mich verstärkt für eine Neuausrichtung der<br />

Entwicklungszusammenarbeit ein, die sich<br />

ZUR PERSON<br />

Joachim Zeller wurde am 1. Juli 1952 in<br />

Oppeln (polnisch: Opole) in Oberschlesien<br />

geboren. Nach dem Abitur studierte<br />

er an der Berliner Humboldt-Universität<br />

Slawistik. Anschließend blieb er<br />

der renommierten Forschungsstätte<br />

treu und arbeitete bis 1992 als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter in der Universitätsbibliothek.<br />

1990 trat er der CDU bei<br />

und wirkte fortan fast zwei Jahrzehnte<br />

als Kommunalpolitiker – als Bezirksbürgermeister<br />

sowie Stadtrat in Berlin-Mitte.<br />

Von 2003 bis 2005 war Zeller Landesvorsitzender<br />

der Berliner CDU. Seit<br />

2009 ist er Mitglied des Europäischen<br />

Parlaments.<br />

Joachim Zeller ist verwitwet und Vater<br />

von vier Kindern.<br />

effektiver als bisher der Ursachenbekämpfung<br />

von Flucht und Migration vieler Menschen<br />

widmen und eine faire Teilnahme<br />

der Entwicklungsländer an der Weltwirtschaft<br />

zum Ziel haben sollte.<br />

W+M: Brüssel ist ein Marktplatz der Regionen<br />

und ein Sammelpunkt der internationalen<br />

Lobbyisten. Tut der Berliner Senat<br />

aus Ihrer Sicht genug, um vor Ort für den<br />

Standort Berlin zu werben?<br />

Joachim Zeller: Das hat sich gebessert.<br />

Ich möchte ausdrücklich die Arbeit des Berliner<br />

Büros hervorheben. Die Mitarbeiter<br />

sind sehr gut vernetzt und führen viele interessante<br />

Veranstaltungen durch. Wenn ich<br />

allerdings vergleiche, wie andere Länder in<br />

Brüssel die Trommel rühren, hat Berlin noch<br />

Luft nach oben. Gegenüber anderen Regionen<br />

haben wir einen klaren Vorteil: Der<br />

Nimbus von Berlin wirkt hier unverändert<br />

als Türöffner. Es wird aber sehr genau registriert,<br />

wie eine Landesregierung präsent ist<br />

und ob sie auch mit ihrem Spitzenpersonal<br />

vor Ort die Interessen des Landes vertritt.<br />

Foto: W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


BRÜSSELER SEGEN | 35<br />

W+M: Sie haben aufgrund Ihrer Biografie,<br />

Ihrer beruflichen Herkunft und als Mitglied<br />

im entsprechenden EU-Ausschuss einen<br />

besonderen Draht zu Russland. Wie bewerten<br />

Sie die aktuelle EU-Politik gegenüber<br />

Russland?<br />

Joachim Zeller: Die Annexion der Krim<br />

und die Einmischung Russlands im Osten<br />

der Ukraine waren ein Bruch des Völkerrechts.<br />

Das konnte nicht ohne Reaktion<br />

bleiben. Dass wir aber vom Präsidenten<br />

des EU-Parlaments seit zwei Jahren keine<br />

Genehmigung für offizielle Kontakte zum<br />

russischen Parlament erhalten, halte ich<br />

für falsch. Wir müssen mit den russischen<br />

Kollegen reden. Denn wo geredet wird,<br />

wird nicht geschossen.<br />

Foto: W+M<br />

W+M: Glauben Sie, dass der „Brexit“ zu<br />

einem Dominoeffekt innerhalb der EU führen<br />

wird?<br />

Joachim Zeller: Das sehe ich nicht. Wir<br />

haben eine eindeutige Stimmung im Parlament:<br />

Alle sind nach dem „Brexit“ erschrocken<br />

und auch die größten Schreihälse<br />

von Rechtsaußen sind abgetaucht.<br />

Was man hat, das weiß man. Was kommt,<br />

könnte aufs Glatteis führen. Jetzt müssen<br />

wir dringend die Diskussion darüber führen,<br />

worauf wir uns in Europa in den kommenden<br />

Jahren konzentrieren sollten.<br />

W+M: Wenn Sie die Chance hätten, was<br />

würden Sie persönlich tun, um die Arbeit<br />

des EU-Parlaments zu effektivieren?<br />

Joachim Zeller: Unsere Regeln sind<br />

schon sehr ausgefeilt. Allerdings sehe<br />

Seit 2009 für Berlin im<br />

Europaparlament: Joachim Zeller.<br />

ich, dass es Kollegen im Parlament gibt,<br />

die zu kommissionsgläubig sind. Das Parlament<br />

ist sich in Teilen nicht seiner gestiegenen<br />

Bedeutung bewusst, die es seit<br />

dem Lissabon-Vertrag zweifellos hat. Wir<br />

könnten durchaus öfter selbstbewusst auf<br />

den Tisch hauen und die EU-Kommissare<br />

härter anpacken.<br />

W+M: Gibt es ein konkretes Vorhaben,<br />

das Sie bis zum Ende der Legislaturperiode<br />

dringend realisieren möchten?<br />

Joachim Zeller: Mir ist vor allem wichtig,<br />

dass in Brüssel in den nächsten Jahren die<br />

richtigen Entscheidungen hinsichtlich der<br />

Kohäsions- und Strukturpolitik getroffen<br />

werden. Kohäsionspolitik heißt konkret,<br />

Politik für den inneren Zusammenhalt zu<br />

betreiben. Da es immer noch erhebliche<br />

regionale Unterschiede gibt, brauchen wir<br />

auch über 2020 hinaus eine Fortsetzung<br />

dieser Politik. In diesen Zusammenhang<br />

werde ich auch das Thema Stadt im Fokus<br />

behalten. Immerhin leben 70 Prozent<br />

der Europäer in Städten. Viele dieser Städte<br />

brauchen Unterstützung aus Brüssel.<br />

Berlin gehört dazu.<br />

Interview: Karsten Hintzmann<br />

Ihre erste Adresse<br />

für alle Services rund<br />

um den RMB<br />

Bank of China Berlin Branch<br />

Leipziger Platz 8 · 10117 Berlin<br />

Tel. 030 4050 8740<br />

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36 | W+M TITEL<br />

Brüsseler Finanzspritzen<br />

für den Mittelstand<br />

In der aktuellen Förderperiode 2014–2020 stehen Ostdeutschland<br />

weniger EU-Mittel als zuvor zur Verfügung. Es gilt daher die<br />

Konzentration der Mittel: Die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen<br />

und mittelständischen Unternehmen (KMU), Innovationen und der<br />

Klimaschutz stehen im Fokus der EU-Förderung. Von Matthias Salm<br />

Wie ostdeutsche Unternehmen<br />

vom Brüsseler Geldsegen profitieren<br />

können, zeigt folgende<br />

Übersicht über wichtige, aus EU-Fonds<br />

gespeiste Förderprogramme für mittelständische<br />

Unternehmen in den einzelnen<br />

Bundesländern:<br />

Berlin<br />

Für Gründer:<br />

Mikrokredite aus dem KMU-Fonds<br />

Gefördert werden Investitionen bei<br />

Existenzgründungen und -festigungen,<br />

Neuansiedlungen, Betriebsübernahmen,<br />

Erweiterungen sowie die Vorfinanzierung<br />

konkreter Aufträge mit Mikrokrediten bis<br />

zu 25.000 Euro.<br />

Für KMU:<br />

Berlin Kredit<br />

Das Förderprogramm Berlin Kredit dient<br />

der langfristigen Unterstützung von Investitionen<br />

und Betriebsmitteln kleiner<br />

und mittlerer Unternehmen mit Darlehen<br />

bis zu zehn Millionen Euro.<br />

Für Innovative:<br />

Berlin Innovativ<br />

Hier gibt es Darlehen zwischen 100.000<br />

und zwei Millionen Euro für Investitionen,<br />

Betriebsmittel sowie Forschungs- und Innovationsvorhaben.<br />

Die Mittel stammen<br />

zum Teil aus dem Europäischen Fonds<br />

für strategische Investitionen.<br />

WEITERE INFOS ZU DEN<br />

FÖRDERPROGRAMMEN:<br />

Investitionsbank Berlin<br />

Kundenberatung Wirtschaftsförderung<br />

Bundesallee 210, 10719 Berlin<br />

Tel.: 030 2125-4747<br />

www.ibb.de<br />

Brandenburg<br />

Für Gründer:<br />

Gründung innovativ<br />

Gründung innovativ unterstützt innovative<br />

Existenzgründer in bestimmten<br />

Clustern mit Zuschüssen bei Investitionen,<br />

Personalausgaben sowie technischen<br />

Beratungs- und Entwicklungsleistungen.<br />

Für KMU: Eigenkapitalfinanzierung –<br />

Wachstumsfinanzierung<br />

Hier soll die Wettbewerbsfähigkeit von<br />

KMU durch die Übernahme offener Beteiligungen<br />

und beteiligungsähnlicher Investitionen<br />

verbessert werden. Förderthemen<br />

sind zum Beispiel die Produktentwicklung<br />

oder das Unternehmenswachstum.<br />

WEITERE INFOS ZU DEN<br />

FÖRDERPROGRAMMEN:<br />

Investitionsbank des<br />

Landes Brandenburg<br />

Steinstraße 104-106, 14480 Potsdam<br />

Infotelefon<br />

Wirtschaft & Infrastruktur<br />

Tel.: 0331 660-2211<br />

www.ilb.de<br />

Für Innovative:<br />

Brandenburg-Kredit Innovativ<br />

Den Brandenburg-Kredit Innovativ können<br />

KMU sowie Unternehmen mit weniger<br />

als 500 Beschäftigten in Anspruch<br />

nehmen, sofern sie eines von zwölf Innovationskriterien<br />

erfüllen. Es stehen Darlehen<br />

von 100.000 bis drei Millionen Euro<br />

bereit.<br />

Foto: European Union/Etienne Ansotte<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


BRÜSSELER SEGEN | 37<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Für Gewerbebetriebe:<br />

GRW-Förderung<br />

Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung<br />

der regionalen Wirtschaftsstruktur“<br />

(GRW) zielt auf Investitionsvorhaben,<br />

durch die die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Wirtschaft gestärkt wird. Die Förderung<br />

wird als sachkapitalbezogener Zuschuss<br />

gewährt.<br />

WEITERE INFOS ZUM<br />

FÖRDERPROGRAMM:<br />

Landesförderinstitut<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Werkstraße 213, 19061 Schwerin<br />

Erstberatung<br />

Tel.: 0385 6363-1282<br />

www.lfi-mv.de<br />

Für Weiterbildung:<br />

Bildungsschecks für Unternehmen<br />

Mecklenburg-Vorpommern gewährt mit Hilfe<br />

des Europäischen Sozialfonds Bildungsschecks<br />

für die Teilnahme von Beschäftigten<br />

an der beruflichen Weiterbildung. Gefördert<br />

werden bis zu 50 Prozent der förderfähigen<br />

Kosten, maximal 500 Euro.<br />

WEITERE INFOS ZUM<br />

FÖRDERPROGRAMM:<br />

GSA – Gesellschaft für Struktur- und<br />

Arbeitsmarktentwicklung mbH<br />

Schulstraße 1-3, 19055 Schwerin<br />

Tel.: 0385 55775-0<br />

www.gsa-schwerin.de<br />

Für Innovative: Förderung von Forschung,<br />

Entwicklung und Innovation<br />

Gefördert mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen<br />

werden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben<br />

ebenso wie Durchführbarkeitsstudien<br />

oder die Anmeldung<br />

von Schutzrechten von KMU wie auch<br />

von Forschungseinrichtungen.<br />

WEITERE INFOS ZUM<br />

FÖRDERPROGRAMM:<br />

TBI Technologie-Beratungs-Institut GmbH<br />

Hagenower Straße 73, 19061 Schwerin<br />

Tel.: 0385 3993-165<br />

www.tbi-mv.de<br />

Sachsen<br />

Für Innovative:<br />

Technologieförderung<br />

Die Technologieförderung setzt auf drei<br />

Instrumente: Die Projektförderung zielt<br />

auf die Entwicklung neuer Produkte und<br />

Verfahren. Die Technologietransferförderung<br />

unterstützt KMU beim Erwerb von<br />

Lizenzen oder Patentrechten, die Innovationsprämie<br />

fördert die Zusammenarbeit<br />

von KMU mit Forschungseinrichtungen.<br />

Für Exporteure:<br />

Messen, Außenwirtschaft<br />

Sachsen fördert aus EFRE-Mitteln die<br />

Teilnahme von KMU an Auslandsmessen<br />

ebenso wie an Produktpräsentationen<br />

und Symposien zur Erschließung<br />

ausländischer Märkte.<br />

Für Energiesparer:<br />

Zukunftsfähige Energieversorgung<br />

KMU erhalten nicht rückzahlbare Zuschüsse<br />

für Maßnahmen zur Energieeffizienz,<br />

den Einsatz erneuerbarer Energieträger<br />

oder Investitionen in die Energiespeicherung<br />

oder intelligente Energienetze.<br />

WEITERE INFOS ZU DEN<br />

FÖRDERPROGRAMMEN:<br />

Sächsische Aufbaubank<br />

Pirnaische Straße 9, 01069 Dresden<br />

Servicecenter<br />

Tel.: 0351 4910-4910<br />

Servicehotline Energie und Klima<br />

Tel.: 0351 4910-4648<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Für Gründer und KMU:<br />

Sachsen-Anhalt IMPULS<br />

Sachsen-Anhalt IMPULS unterstützt bei<br />

der Finanzierung von betrieblichen Investitionen,<br />

Betriebsmitteln oder Investitionen<br />

in Entwicklung und Innovation.<br />

Für Innovative:<br />

Sachsen-Anhalt Idee<br />

Das Programm fördert mit Darlehen die<br />

Phase nach der Produktentwicklung, also<br />

Investitionen in die Markteinführung eines<br />

Produkts, eines Verfahrens oder einer<br />

Dienstleistung.<br />

Für Wachstumsunternehmen:<br />

Sachsen-Anhalt Mut<br />

Darlehen zwischen 25.000 und 500.000<br />

Euro zur Vorfinanzierung neuer Aufträge.<br />

WEITERE INFOS ZU DEN<br />

FÖRDERPROGRAMMEN:<br />

Investitionsbank Sachsen-Anhalt<br />

Domplatz 12, 39104 Magdeburg<br />

Servicehotline:<br />

Tel.: 0800 5600757<br />

www.ib-sachsen-anhalt.de<br />

Thüringen<br />

Für Energiesparer:<br />

GREEN invest<br />

Thüringen fördert die Beratung zu Energieeffizienzmaßnahmen<br />

und anschließende<br />

Investitionen über einen Zuschuss bis zu<br />

80 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben.<br />

Für KMU:<br />

Thüringen-Invest<br />

Gefördert werden Investitionsvorhaben<br />

über einen Zuschuss, der mit einem zinsverbilligten<br />

Darlehen kombiniert werden<br />

kann. Zuschussförderung: bis zu 20 Prozent<br />

der zuschussfähigen Kosten, maximal<br />

50.000 Euro; Förderdarlehen: projektbezogene<br />

Finanzierung bis zu 200.000 Euro.<br />

Für Wachstumsunternehmen:<br />

Thüringen-Dynamik<br />

Thüringen-Dynamik ist ein Förderprogramm<br />

zur Wachstumsfinanzierung. Es<br />

ermöglicht Darlehen bis zu 500.000 Euro<br />

pro Antragsteller und Kalenderjahr.<br />

WEITERE INFOS ZU DEN<br />

FÖRDERPROGRAMMEN:<br />

Thüringer Aufbaubank<br />

Gorkistraße 9, 99084 Erfurt<br />

Tel: 0361 7447-0<br />

www.aufbaubank.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


38 | W+M TITEL<br />

Das Elbsandsteingebirge wird mit EU-Unterstützung<br />

als gemeinsame Tourismusregion vermarktet.<br />

Grenzregionen<br />

wachsen zusammen<br />

2004 traten Polen und Tschechien im Zuge der Osterweiterung<br />

der Europäischen Union bei. Seither fördert Brüssel das<br />

Zusammenwachsen der Grenzregionen als gemeinsame<br />

Wirtschaftsräume. Chancen zur Kooperation bestehen vor allem<br />

im Tourismus und in der Bildung.<br />

Von Matthias Salm<br />

Die Natur macht nicht an Grenzen<br />

halt – das gilt auch für das Elbsandsteingebirge.<br />

Die faszinierenden<br />

Felsenwelten im südlichen Sachsen erstrecken<br />

sich beiderseits der Grenze, hier<br />

als Sächsische, im benachbarten Tschechien<br />

als Böhmische Schweiz. Eine Region<br />

wie geschaffen für grenzüberschreitenden<br />

Tourismus.<br />

Die Touristiker auf beiden Seiten haben<br />

dies schon frühzeitig erkannt. Seit 2005<br />

kooperiert der Tourismusverband Sächsische<br />

Schweiz (TVSSW) mit seinem<br />

böhmischen Pendant, der Gemeinnützigen<br />

Gesellschaft Böhmische Schweiz<br />

(GGBS), um das Elbsandsteingebirge als<br />

touristische Destination zu vermarkten.<br />

Das Ziel: das Elbsandsteingebirge als<br />

grenzüberschreitendes Vorbild für die<br />

gelungene Integration von Tourismus-,<br />

Natur- und Umweltschutzzielen. Dafür<br />

setzen die Partner auch finanzielle Mittel<br />

aus Brüssel ein. Der Vorsitzende der<br />

GGBS Zbyněk Linhart formuliert es so:<br />

„Ohne die partnerschaftliche, grenzüberschreitende<br />

Zusammenarbeit wären wir<br />

längst nicht da, wo wir heute stehen. Insbesondere<br />

die Fördermittel der Europäischen<br />

Union haben uns in den vergangenen<br />

Jahren erlaubt, gemeinsam große<br />

Schritte zu tun.“<br />

Und Tino Richter, Geschäftsführer des<br />

Tourismusverbands Sächsische Schweiz,<br />

ergänzt: „Die EU-Förderung hilft uns dabei,<br />

gemeinsame Aktivitäten umzusetzen.“<br />

Mittlerweile haben die Tourismusverbände<br />

einen einheitlichen Markenauftritt<br />

für das Urlaubsgebiet entwickelt.<br />

Seit zwei Jahren verbindet zudem<br />

die Nationalparkbahn Sächsisch-Böhmische<br />

Schweiz wieder beide Regionen auf<br />

einst traditionsreicher Strecke. Auch die<br />

Foto: Z. Patzelt<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


DÄNEMARK<br />

BRÜSSELER SEGEN | 39<br />

Foto: Lars Neumann<br />

regionale Tourismusbörse dient der Vermarktung<br />

beider Reiseziele.<br />

Jüngstes Beispiel für die Zusammenarbeit:<br />

Den 116. Deutschen Wandertag,<br />

gerne auch als das größte Wanderfest<br />

der Welt bezeichnet, begingen beide<br />

Seiten im Juni dieses Jahres als sächsisch-böhmisches<br />

Projekt. „Solche Ereignisse<br />

sind bei uns mittlerweile selbstverständlich<br />

grenzüberschreitend“, weiß<br />

Tino Richter. „Gerade die Wandertouren<br />

auf tschechischer Seite wurden von den<br />

Gästen sehr gut angenommen.“<br />

Die sächsisch-tschechischen Beziehungen<br />

beschränken sich jedoch nicht allein<br />

auf den Tourismus. Chancen eröffnen<br />

auch Projekte von sächsischen und<br />

tschechischen Forschungseinrichtungen<br />

im Rahmen des EU-Programms „Horizon<br />

2020“. Noch, räumt Sachsens Wissenschaftsministerin<br />

Dr. Eva-Maria Stange<br />

ein, richten sächsische Hochschulen<br />

und Forschungsinstitute ihren Blick eher<br />

Richtung Westeuropa – das Potenzial der<br />

Vernetzung mit grenznahen Forschungseinrichtungen<br />

in Polen und Tschechien<br />

soll deshalb mit EU-Unterstützung künftig<br />

besser genutzt werden.<br />

Darüber hinaus stehen für grenzübergreifende<br />

Projekte mit Tschechien bis 2020 in<br />

den Bereichen Hochwasser-, Brand- und<br />

Katastrophenschutz, innere Sicherheit,<br />

Schutz des gemeinsamen Natur- und<br />

Kulturerbes, Tourismus, Bildung und interkultureller<br />

Dialog insgesamt 186 Millionen<br />

Euro zur Verfügung. Diese Mittel<br />

stammen aus dem Europäischen Fonds<br />

für regionale Entwicklung (EFRE) und aus<br />

nationalen Fördertöpfen der beiden Nachbarländer.<br />

Auch in den sächsisch-polnischen Grenzraum<br />

fließen Gelder aus der EU. Das Kooperationsprogramm<br />

INTERREG Polen –<br />

Sachsen 2014–2020 wird auf der deutschen<br />

Seite in den Landkreisen Görlitz<br />

und Bautzen sowie auf der polnischen<br />

Seite in der Unterregion Jelenia Góra der<br />

Woiwodschaft Niederschlesien und Landkreis<br />

Żarski der Woiwodschaft Lebuser<br />

Land umgesetzt. Bis 2020 stehen 70 Millionen<br />

Euro aus dem EFRE zur Verfügung.<br />

BELGIEN<br />

So plant etwa die Sächsische Bildungsagentur<br />

mit vier polnischen Landratsämtern<br />

in ihrem Projekt „Regional Manage-<br />

Schleswig-<br />

sund<br />

KIEL<br />

Stral-<br />

Rostock<br />

Greifswald<br />

Holstein<br />

ment“, die Berufsperspektiven junger Lübeck Mecklenburg-<br />

Wismar<br />

Leute in der Grenzregion Wilhelms- Bremerzu<br />

verbessern.<br />

HAMBURG<br />

Vorpommern<br />

haven<br />

haven<br />

SCHWERIN<br />

Neubrandenburg<br />

Zum Projekt zählen grenzübergreifende<br />

Emden<br />

Groningen<br />

BREMEN Lüneburg<br />

Bildungsmaßnahmen in den Bereichen<br />

Oldenburg<br />

Kultur- und Tourismus-Management.<br />

Niedersachsen<br />

Auch den Ausbau und die Modernisierung<br />

der Straßeninfrastruktur Enschede im Grenz-HANNOVER<br />

Wolfsburg Sachsen- POTSDAM<br />

BERLIN<br />

Celle<br />

Branden-<br />

Stendal<br />

burg<br />

NIEDERLANDE<br />

gebiet fördert die EU in drei Vorhaben Osnabrück mit Hildesheim Braun-<br />

Arnheim<br />

schweig<br />

Anhalt<br />

einem Gesamtfördervolumen von knapp<br />

Brandenburg<br />

Münster<br />

Bielefeld Salzgitter MAGDE-<br />

Detmold<br />

BURG<br />

Cottbus<br />

zehn Millionen Euro.<br />

A'dam<br />

Den Haag<br />

Duisburg<br />

Nordsee<br />

Essen<br />

Polen steht auch im Fokus des Programms<br />

Ruhr<br />

DÜSSELDORF<br />

Kassel<br />

INTERREG V A, Nordrhein-<br />

das die Zusammenarbeit<br />

Köln<br />

Westfalen<br />

der Woiwodschaft Westpommern Siegen in Polen<br />

mit den Landkreisen Barnim, Uckermark<br />

Bonn<br />

Marburg<br />

Gießen<br />

und Märkisch-Oderland in Brandenburg sowie<br />

den Rheinland-<br />

Landkreisen Vorpommern-Greifs-<br />

Koblenz Hessen<br />

WIES- Frankfurt<br />

BADEN<br />

wald, Vorpommern-Rügen Pfalz und Mecklenburgische<br />

LUX. Seenplatte in Mecklenburg-Vor-<br />

Darmstadt<br />

MAINZ<br />

Trier<br />

pommern begleitet. Insgesamt Mannheim stehen für<br />

Saarland Lu'hafen<br />

Heidelberg<br />

das Programm in der EU-Förderperiode bis<br />

SAABRÜCKEN Kaiserslautern<br />

2020 134 Millionen Euro aus EFRE-Mitteln<br />

Karlsruhe<br />

bereit.<br />

Maas<br />

Mosel<br />

FRANKREICH<br />

Dortmund<br />

Lahn<br />

Baden<br />

Tübingen<br />

In Mecklenburg-Vorpommern Straßburg weitet sich<br />

der Blick der Internationalisierung<br />

Württemberg<br />

allerdings<br />

über das EU-Nachbarland Polen hinaus.<br />

Schließlich betreibt<br />

Freiburg<br />

das Land rund<br />

30 Prozent seines Außenhandels mit den<br />

Basel Konstanz<br />

Ländern im Ostseeraum. Dieser bildet die<br />

Zürich<br />

Grundlage für SCHWEIZ<br />

wichtige Branchen des Landes<br />

wie etwa die Hafenwirtschaft und die<br />

Logistikbranche. Gleichzeitig lebt die erfolgreiche<br />

Tourismuswirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns<br />

wesentlich von der<br />

Ostseeküste. Vor allem aus Schweden<br />

(rund 71.100 Ankünfte) und Dänemark<br />

(59.800 Ankünfte) reisten 2015 die meisten<br />

ausländischen Gäste an. Künftig, so<br />

die Ziele der Landesregierung<br />

Mecklenburg-Vorpommern,<br />

soll eine grenzüberschreitende<br />

Zusammenarbeit<br />

der Ostseeanrainer<br />

helfen, die Marke<br />

„Ostseeurlaub“<br />

international bekannter<br />

zu machen.<br />

Die Wirtschaftspolitik<br />

des Landes setzt auch<br />

in anderen Bereichen stark<br />

Ems<br />

Lippe<br />

Flensburg<br />

Göttingen<br />

Fulda<br />

Würzburg<br />

STUTTGART<br />

Ulm<br />

Friedrichshafen<br />

Fulda<br />

Aller<br />

Werra<br />

Thüringen<br />

Bamberg<br />

Fürth<br />

Augsburg<br />

Halle<br />

Nordhausen<br />

ERFURT Weimar<br />

Eisenach<br />

Gera<br />

Main<br />

Suhl<br />

Coburg<br />

Erlangen<br />

Nürnberg<br />

Bayern<br />

Ingolstadt<br />

Lech<br />

Hof<br />

Bayreuth<br />

MÜNCHEN<br />

Elbe<br />

Saale<br />

Innsbruck<br />

Dessau<br />

Plauen<br />

Leipzig<br />

Regensburg<br />

Landshut<br />

Sachsen<br />

DRESDEN<br />

Chemnitz<br />

Zwickau<br />

Donau<br />

Isar<br />

Salzburg<br />

auf die EU-Programme für die Ostsee-<br />

Staaten. Dies sind im Einzelnen das Ostseeraumprogramm<br />

mit einem Gesamtbudget<br />

von circa 350 Millionen Euro, davon<br />

rund 280 Millionen Euro EFRE-Mittel<br />

sowie auf das EU-Programm für den<br />

Südlichen Ostseeraum mit einem Budget<br />

von rund 103 Millionen Euro, davon<br />

etwa 83 Millio nen Euro<br />

EFRE-Mittel. Schwerpunkte<br />

der Programme<br />

sind die Themen<br />

Verkehr und Erneuerbare<br />

Energien.<br />

<br />

W+M<br />

Inn<br />

Tino Richter, Geschäftsführer<br />

Tourismusverband<br />

Sächsische Schweiz.<br />

Ostsee<br />

POLEN<br />

TSCHECHIEN<br />

Passau<br />

Spree<br />

Frankfurt<br />

Prag<br />

Deutschland grenzt im Nordosten auf einer<br />

Garmisch-<br />

Partenk.<br />

Länge von 442 Kilometern an Polen und 811<br />

Kilometer im Osten an Tschechien.<br />

Moldau<br />

Görlitz<br />

Küstrin<br />

Neisse<br />

Oder<br />

Elbe<br />

ÖSTERREICH<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


40 | W+M TITEL BRÜSSELER SEGEN<br />

RAGNITZ ANALYSIERT<br />

Wie der BREXIT<br />

auf Ostdeutschland<br />

wirkt<br />

Mit der deutschen Vereinigung<br />

wurde Ostdeutschland nicht<br />

nur Teil des nunmehr größeren<br />

Deutschlands, sondern gleichzeitig<br />

auch Teil der Europäischen Union. Damit<br />

stand von Anfang an der große Europäische<br />

Binnenmarkt auch den Unternehmen<br />

aus dem Osten Deutschlands offen<br />

– was viele Betriebe auch offensiv genutzt<br />

haben: Die EU-Länder in ihrer Gesamtheit<br />

sind heute für alle ostdeutschen<br />

Länder der bedeutsamste Exportmarkt.<br />

Nicht zu unterschätzen ist zudem das<br />

Engagement europäischer Investoren<br />

in Ostdeutschland, die über die Errichtung<br />

neuer Produktionsstätten maßgeblich<br />

zur Stabilisierung der ostdeutschen<br />

Wirtschaft beigetragen haben.<br />

Darüber hinaus hat Ostdeutschland von<br />

Anfang an von der Förderung der EU profitieren<br />

können – sei es über die finanzielle<br />

Beteiligung an Infrastrukturprojekten,<br />

die Kofinanzierung der einzelbetrieblichen<br />

Förderung in Ostdeutschland<br />

oder auch die zahlreichen arbeitsmarktpolitischen<br />

Programme. Darüber hinaus<br />

flossen in erheblichem Umfang natürlich<br />

auch Mittel über die Fachprogramme<br />

der EU nach Ostdeutschland,<br />

insbesondere im<br />

landwirtschaftlichen<br />

Bereich.<br />

Bis heute ist Ostdeutschland<br />

flächendeckend<br />

Zielgebiet<br />

der regionalen<br />

Strukturförderung<br />

der EU – zwar<br />

nicht mehr als bevorzugtes<br />

Fördergebiet, da<br />

das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner<br />

(als relevantes Kriterium für die Festlegung<br />

der förderwürdigen Regionen) hier<br />

längst den Grenzwert von 75 Prozent des<br />

EU-Durchschnitts übersteigt, aber immerhin<br />

noch als Nutznießer einer „Übergangsförderung“,<br />

die all jenen Regionen<br />

zugutekommt, deren Wirtschaftskraft<br />

weniger als 90 Prozent des EU-Durchschnitts<br />

beträgt. Dies wird auch bis zum<br />

Jahr 2020 so bleiben – danach allerdings<br />

muss damit gerechnet werden, dass der<br />

größte Teil der ostdeutschen Länder keine<br />

EU-Strukturfondsförderung mehr erhält.<br />

Schon heute nämlich weisen fast<br />

alle ostdeutschen Regionen ein BIP je<br />

Einwohner von annähernd 90 Prozent<br />

des EU-Durchschnitts auf; nur Mecklenburg-Vorpommern<br />

liegt mit 84 Prozent<br />

noch darunter. Die Regionen Dresden<br />

und Leipzig sind sogar deutlich stärker<br />

– mit 95 beziehungsweise 103 Prozent<br />

des EU-Durchschnitts. Gegenüber dem<br />

Stand zu Anfang der 2000er-Jahre ist die<br />

relative Wirtschaftskraft in den ostdeutschen<br />

Fördergebieten dabei deutlich stärker<br />

gestiegen als in den westdeutschen<br />

Nicht-Förderregionen – was man<br />

durchaus als ein Zeichen für<br />

den Erfolg der EU-Strukturfondsförderung<br />

ansehen<br />

kann. Und dieser<br />

Erfolg zeigt dann<br />

Professor<br />

Dr. Joachim Ragnitz<br />

ist Stellvertretender Leiter<br />

des ifo-Instituts Dresden.<br />

eben auch, dass in Zukunft auf Förderung<br />

leichter verzichtet werden kann als<br />

es in der Vergangenheit der Fall gewesen<br />

ist. Insoweit dürfte es auch für die Landespolitik<br />

in Ostdeutschland verkraftbar<br />

sein, wenn EU-Fördermittel nicht mehr<br />

zur Kofinanzierung landeseigener Förderprogramme<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Das zu erwartende Ausscheiden Großbritanniens<br />

aus der Europäischen Union<br />

lässt auch Ostdeutschland nicht unberührt.<br />

Negativ könnte sich dies auswirken,<br />

weil das Vereinigte Königreich für<br />

alle Länder ein bedeutsamer Handelspartner<br />

ist und sich die Marktchancen<br />

ostdeutscher Anbieter dort wenn auch<br />

nicht direkt (über etwaige Beschränkungen<br />

des freien Warenverkehrs), so<br />

aber doch indirekt (über eine Abschwächung<br />

der konjunkturellen Entwicklung<br />

in Großbritannien selber beziehungsweise<br />

über induzierte Wechselkurseffekte)<br />

verschlechtern könnten. Dem stehen<br />

aber auch mögliche positive Auswirkungen<br />

gegenüber, so wenn britische Unternehmen<br />

nunmehr ihre Investitionsengagements<br />

auf dem Kontinent ausweiten,<br />

um weiterhin innerhalb der Europäischen<br />

Union präsent zu sein – hiervon könnte<br />

dann auch Ostdeutschland profitieren.<br />

Derzeit ist es aber noch zu früh, hier genauere<br />

Vorhersagen zu treffen. Problematisch<br />

würde es allerdings sein, wenn<br />

der BREXIT auch andere Länder zu einem<br />

Austritt aus der EU veranlassen würde –<br />

dann wäre die wirtschaftliche (und politische)<br />

Integration Europas insgesamt gefährdet,<br />

von der doch auch Ostdeutschland<br />

in der Vergangenheit so gut hat profitieren<br />

können.<br />

W+M<br />

Fotos: bluedesign/fotolia.com (oben), ifo Dresden (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


POLITIK | 41<br />

Brauchen wir in Ostdeutschland aktuell<br />

noch mehr Windräder?<br />

Hermann Albers,<br />

Präsident des Bundesverbandes WindEnergie e. V.<br />

Saskia Ludwig (CDU),<br />

Mitglied des Landtags Brandenburg<br />

Fotos: Bundesverband WindEnergie e. V. (links), Laurence Chaperon (rechts)<br />

„Ja” „Nein”<br />

Der Netzbetreiber 50Hertz<br />

Nur ein Teil der bis heute produzierten<br />

Windkraftenergie<br />

sieht Ostdeutschland als Steckdose<br />

Europas. Das ist richtig und<br />

wird genutzt! Für den Rest<br />

bedeutet zugleich, dass hier die Kasse steht, in<br />

bezahlen wir trotzdem. Die Argumente, warum<br />

die einbezahlt wird. Diese Chance muss der Osten<br />

nutzen! Mitten im Strukturwandel der ostdeutgen<br />

besser heute als morgen beendet werden<br />

der Windkraftausbau unter aktuellen Bedingunschen<br />

Wirtschaft gelang es, eine starke Windindustrie<br />

aufzubauen. Die Branche sorgt für sichere Be-<br />

für Mensch und Tier in zahlreichen Studien be-<br />

müsste, sind allen bekannt. Die negativen Folgen<br />

schäftigung, gute Steuereinnahmen und besticht legt. Und trotzdem waren gerade viele Städter für<br />

mit einem enormen Exporterfolg. Die Aufgeschlossenheit<br />

der ostdeutschen Akteure für eine Zusam-<br />

es für sie keine praktischen Berührungspunkte<br />

diese Argumente bisher wenig zugänglich, weil<br />

menarbeit mit den neuen Playern im Energiesektor gab. In schönen Altbauwohnungen lebend, von<br />

legte dafür die Grundlage. Tatkraft und ostdeutscher deren Balkone aus bis zum Horizont keine solche<br />

Pragmatismus zeigen sich auch bei der Erschließung Industrieanlage zu sehen war, machte das Urteilen<br />

von Effizienzpotenzialen im Netz oder der Strategieplattform<br />

für Power-to-Gas. Richtig ist: Fast 37 nehmend kommt es zu einer Bewusstseinsände-<br />

über die Folgen dieser für Andere leicht. Doch zu-<br />

Prozent der deutschen Windkraftanlagen stehen im rung. Exemplarisch die 180-Grad-Wende im Meinungsbild<br />

einer befreundeten Familie. Er Richter,<br />

Osten. Dank der Gewerbesteueraufteilung bleiben<br />

70 Prozent der Steuern bei der Standortgemeinde. sie Lehrerin. Nach dem kreditfinanzierten Kauf eines<br />

ehemaligen Bauernhauses in der Uckermark,<br />

Perspektivisch kann die Erneuerung des Maschinenparks<br />

bei insgesamt gleichbleibender Anlagenzahl<br />

hohe Effizienzgewinne erschließen. Die ambigerecht<br />

saniert hatten, wurden ihnen drei graue<br />

welches sie liebevoll für viel Geld denkmalschutztionierten<br />

Klimaschutzziele erfordern es, die Sektoren<br />

Mobilität und Wärme für Erneuerbare Energien ländlichen Idyll wurde ein Albtraum. Die surrenden<br />

Anlagen in unmittelbare Nähe gesetzt. Aus dem<br />

zu öffnen. Die Sektorenkopplung wird einen neuen Industrieanlagen sorgen für eine Dauerbeschallung<br />

Innovationsschub auslösen, starke Beschäftigungsimpulse<br />

setzen und neue Wertschöpfungschan-<br />

ist für die Familie unerträglich. „Früher habe ich<br />

und der Licht-Schatten-Wechsel der Rotorblätter<br />

cen generieren. Die preiswerte Windenergie an<br />

an meinem Rucksack den gelben Button ,Atomkraft?<br />

Nein Danke‘ getragen. Heute klebt der Sticker<br />

Land wird der Motor dieser Entwicklung bleiben.<br />

Indem die neuen Bundesländer ihre Chancen nutzen,<br />

werden sie wirtschaftlich aufschließen und<br />

ehemalige Grüne. Die Frage, ob wir in Ostdeutsch-<br />

,Windkraft? Nein Danke‘ an meiner Tasche“, so der<br />

in einigen Bereichen sogar die Schrittgeschwindigkeit<br />

bestimmen.<br />

man ihm besser nicht mehr<br />

land aktuell noch mehr Windräder brauchen, sollte<br />

stellen.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


42 | W+M POLITIK<br />

Davos des Ostens<br />

Im Oktober <strong>2016</strong> findet in Bad Saarow das erste Ostdeutsche<br />

Wirtschaftsforum statt. Dort werden namhafte Politiker,<br />

Unternehmer und Wissenschaftler über die Chancen und<br />

Perspektiven der Region zwischen Rügen und dem Erzgebirge reden<br />

und Ideen für den Wirtschaftsstandort Ostdeutschland entwickeln.<br />

Von Karsten Hintzmann<br />

Im vergangenen Jahr standen landauf<br />

landab Jubiläumsfeiern zum 25-jährigen<br />

Bestehen der neuen Bundesländer<br />

und dem Einzug der sozialen Marktwirtschaft<br />

im Osten auf der Tagesordnung.<br />

Man blickte zurück auf Jahre des<br />

schmerzhaften Strukturwandels, bilanzierte<br />

die Fortschritte, die es seither gegeben<br />

hat und kam meist zu dem Schluss, dass<br />

man durchaus stolz auf das Erreichte sein<br />

könne. Auch wenn der wirtschaftliche Aufholprozess<br />

freilich längst noch nicht abgeschlossen<br />

ist.<br />

Exklusives Hotel am Scharmützelsee:<br />

A-ROSA-Resort Bad Saarow.<br />

Vor dem Hintergrund der vielfältigen<br />

Feierlichkeiten und inhaltlichen<br />

Standortbestimmungen kristallisierte<br />

sich für die Redaktion des Magazins<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> heraus, dass auf<br />

den Blick zurück nunmehr auch der Blick<br />

nach vorn folgen muss. Selbstverständlich<br />

wird unser Magazin auch in Zukunft<br />

erfolgreiche Entwicklungen von regionalen<br />

Wirtschaftszentren, Unternehmen,<br />

Branchen und Clustern aufgreifen und<br />

analysieren. Aber wir sehen uns als einziges<br />

auf die neuen Bundesländer fokussiertes<br />

Wirtschafts- und Unternehmermagazin<br />

im deutschsprachigen Raum<br />

auch aufgefordert, einen Diskussionsprozess<br />

anzuschieben, der über die Vergangenheit<br />

und die Tagesaktualität weit<br />

hinaus geht und sich mit wirklichen Zukunftsthemen<br />

befasst. Wir wollen aktiv<br />

daran mitarbeiten, dass für Ostdeutschland<br />

echte Visionen – im positiven Sinne,<br />

versteht sich – entwickelt werden. Dafür<br />

haben wir das Ostdeutsche Wirtschaftsforum<br />

(OWF) in Bad Saarow aus der Taufe<br />

gehoben. Wir sind davon überzeugt,<br />

dass es hohe Zeit ist für ein „Davos des<br />

Ostens“ – so lautete der interne Arbeitstitel<br />

für das OWF. Denn es gibt so viele<br />

Fragen, die auf Antworten warten: Wird<br />

der Angleichungsprozess an die alten<br />

Länder je gelingen? Wird Ostdeutschland<br />

auf Dauer nur eine verlängerte Werkbank<br />

sein? Wie viel Potenzial steckt im eher<br />

kleinteiligen ostdeutschen Mittelstand<br />

– wird er auf Dauer nur Nischen besetzen<br />

oder ist er Schmelztiegel für künftige<br />

Großkonzerne? Kann der Osten im Wettbewerb<br />

um qualifizierte Fachkräfte angesichts<br />

niedrigerer Produktivität und geringerer<br />

Einkommen überhaupt mithalten?<br />

Wird sich der ostdeutsche Zusammenhalt<br />

perspektivisch auflösen oder weiter<br />

verstärken?<br />

Über all diese Fragen werden wir auf<br />

dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />

debattieren – über Parteigrenzen hinweg<br />

und ohne Rücksichtnahme auf<br />

Wahlzyklen.<br />

Im A-ROSA Forum findet das OWF statt.<br />

Foto: A-ROSA (oben), W+M (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


POLITIK | 43<br />

Wir wollen über<br />

Zukunft sprechen.<br />

W+M-Herausgeber Frank Nehring erläutert die Idee des<br />

Ostdeutschen Wirtschaftsforums<br />

Programm zum<br />

Ostdeutschen<br />

Wirtschaftsforum (OWF)<br />

OWF.ZUKUNFT. Was hat es mit dem<br />

Ostdeutschen Wirtschaftsforum auf<br />

sich?<br />

Die sehr gute Entwicklung des Mittelstandes<br />

in Ostdeutschland in den vergangenen<br />

25 Jahren erfüllt zu Recht mit<br />

Stolz. Der Blick zurück ist wichtig, der<br />

Blick nach vorn aber wichtiger. Wir haben<br />

viele Themen für die Zukunft zu meistern,<br />

die Herausforderungen sind hoch,<br />

aber wir reden zu wenig darüber.<br />

Deshalb wollen wir mit dem OWF.ZU-<br />

KUNFT ein exklusives Veranstaltungsformat<br />

schaffen – das Ostdeutsche Wirtschaftsforum.<br />

Ist das OWF.ZUKUNFT ein Kongress?<br />

Ja und nein. Ja, er findet vom 20. bis<br />

21. Oktober <strong>2016</strong> in Bad Saarow<br />

statt. Und nein, mit<br />

dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />

wollen<br />

wir nicht nur die Themen<br />

„Wirtschaft.<br />

Wachstum.Zukunft“<br />

einmalig in einem ausgewählten<br />

Kreis diskutieren.<br />

Wir wollen einen<br />

Thinktank gründen, der<br />

sich den Zukunftsthemen<br />

der ostdeutschen Wirtschaft<br />

annimmt und beim OWF2017, ein Jahr<br />

später, Ergebnisse vorlegen kann. Das<br />

Gründungsteam des Thinktanks hat sich<br />

bereits formiert.<br />

Wer organisiert das OWF.ZUKUNFT?<br />

Die Initiative „Wirtschaft.Wachstum.Zukunft“,<br />

die vom Magazin<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> und den ersten<br />

Thinktank-Partnern, wie dem ifo Institut<br />

Dresden, GTAI – Germany Trade and Invest,<br />

der Organisations- und Personalberatung<br />

Egon Zehnder sowie der Interessengemeinschaft<br />

der ostdeutschen Unternehmerverbände,<br />

begründet wurde.<br />

Die W+M Wirtschaft und Markt GmbH<br />

ist verantwortlich für die Veranstaltungsorganisation.<br />

Wer trifft sich beim OWF.ZUKUNFT?<br />

Alle die, die ein Interesse an einer wachstumsorientierten<br />

Entwicklung der Wirtschaft<br />

in den neuen Bundesländern haben.<br />

Das sind verantwortliche Vertreter<br />

und Institutionen des Bundes und der<br />

Länder, Unternehmer und Führungskräfte<br />

in- und ausländischer Unternehmen,<br />

internationaler Beteiligungsgesellschaften,<br />

Finanz- und Wirtschaftsforschungsinstitute,<br />

Universitäten, Botschafter und<br />

Diplomaten sowie Vertreter nationaler,<br />

internationaler und regionaler Wirtschaftsförderungsgesellschaften<br />

und Wirtschaftsverbände.<br />

Initiator des Ostdeutschen<br />

Wirtschaftsforums:<br />

Frank Nehring.<br />

Was ist das Ziel des<br />

OWF.ZUKUNFT?<br />

Am 20. und 21. Oktober<br />

<strong>2016</strong> wollen wir in Bad<br />

Saarow das Thema „Wirtschaft.Wachstum.Zukunft“<br />

auf<br />

die Agenda von Politik, Wirtschaft und<br />

Wissenschaft bringen. Wir werden die<br />

Perspektiven der stark mittelständisch geprägten<br />

Unternehmen in den neuen Bundesländern<br />

diskutieren und Handlungsfelder<br />

definieren. Den hochkarätigen Referenten<br />

und Teilnehmern eröffnen sich damit<br />

neue Möglichkeiten einer intensiven<br />

und zielorientierten Vernetzung.<br />

Es soll ein Thinktank entstehen, der die<br />

Zukunft branchen- und länderübergreifend<br />

thematisiert, und in der Folge ein<br />

jährliches Forum für den Austausch von<br />

Ideen in exklusivem Ambiente.<br />

Do, 20. Oktober <strong>2016</strong><br />

14:00 Anreise, Check-in<br />

15:00 Begrüßung<br />

16:00 Eröffnungsvortrag<br />

Sigmar Gabriel,<br />

Vizekanzler und Bundes minister<br />

für Wirtschaft und Energie<br />

Wirtschaft.Wachstum.Zukunft<br />

sowie weitere Keynotes<br />

Podiumsdiskussion<br />

19:30 Galadinner<br />

Fr, 21. Oktober <strong>2016</strong><br />

9:00 Begrüßung<br />

Impulsvorträge und Diskussionen<br />

Wachstum und Innovation<br />

Kaffeepause<br />

Impulsvorträge und Diskussionen<br />

Unternehmertum und Leadership<br />

Mittagessen<br />

Impulsvorträge und Diskussionen<br />

Wachstumsfelder und Investoren<br />

Kaffeepause<br />

Die große Podiumsdiskussion<br />

Die MPs der neuen Bundesländer<br />

Keynote<br />

17:30 Schlusswort<br />

18:00 Get-together zum Ausklang<br />

Sa, 22. Oktober <strong>2016</strong> (optional)<br />

Timeout<br />

Zeit für private Verabredungen<br />

Zeit für Entspannung im A-ROSA SPA<br />

Zeit für eine Runde Golf<br />

Zeit für …<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


44 | W+M POLITIK<br />

Referenten und Gesprächspartner<br />

Ihre Themen<br />

Sigmar Gabriel<br />

Vizekanzler und Bundesminister<br />

für Wirtschaft und Energie<br />

Wie wir mehr Wirtschaftswachs tum<br />

in Ostdeutschland erreichen.<br />

Prof. Dr. Johanna Wanka<br />

Bundesministerin<br />

für Bildung und Forschung<br />

Wie wir den Mittelstand stärker an<br />

Forschung und Entwicklung teilhaben<br />

lassen.<br />

Iris Gleicke<br />

Parlamentarische Staatssekretärin und<br />

Bundes beauftrage für die neuen Bundes länder,<br />

für Mittelstand und Tourismus beim<br />

Bundesministerium für Wirt schaft und Energie<br />

Was sind künftige Handlungsfelder<br />

für die Zukunft der kleinteiligen<br />

Wirtschaft im Osten?<br />

Dr. Reiner Haseloff<br />

Ministerpräsident<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Michael Müller<br />

Regierender<br />

Bürgermeister<br />

Berlin<br />

Erwin Sellering<br />

Ministerpräsident<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Wie wirkt die Forschungsexzellenz<br />

als<br />

Wirtschaftsfaktor in<br />

Sachsen-Anhalt?<br />

Dr. Dietmar Woidke<br />

Ministerpräsident<br />

Brandenburg<br />

Warum wir in naher Zukunft<br />

sowohl auf Braunkohle<br />

als auch Erneuerbare<br />

Energie setzen.<br />

Start-up-Hauptstadt<br />

und Digital Hub – welche<br />

Perspektiven hat Berlin<br />

als Wirtschaftsstandort?<br />

Christian Pegel<br />

Minister für Energie,<br />

Infrastruktur und<br />

Landesentwicklung<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Warum MV ein Land zum<br />

Leben ist und was andere<br />

davon lernen können.<br />

Wie Mecklenburg-<br />

Vorpommern die Zukunft<br />

meistern wird.<br />

Prof. Dr.<br />

Joachim Ragnitz<br />

Stellvertretender Leiter ifo<br />

Institut Niederlassung Dresden<br />

Was wir der ostdeutschen<br />

Wirtschaft vorm Hintergrund<br />

des demografischen Wandels<br />

in den nächsten 25 Jahren<br />

zutrauen – und was nicht.<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


POLITIK | 45<br />

Prof. Dr.<br />

Christoph Meinel<br />

Wissenschaftlicher<br />

Institutsdirektor und CEO<br />

sowie Inhaber Lehrstuhl<br />

„Internet-Technologien<br />

und Systeme“<br />

Hasso-Plattner-Institut<br />

Wohin führt uns die Di gitalisierung<br />

in naher Zukunft?<br />

Prof. Dr.<br />

Jörg K. Ritter<br />

Partner<br />

Egon Zehnder<br />

International GmbH<br />

Unternehmertum und<br />

Leadership – was wir der<br />

neuen Unternehmer ­<br />

gene ration im Osten raten.<br />

Dr. Andreas Golbs<br />

Unternehmer und Sprecher<br />

der Geschäftsführer der<br />

IG der Ostdeutschen<br />

Unternehmerverbände<br />

und Berlin<br />

Warum innovative<br />

Unternehmer so dringend<br />

gebraucht werden.<br />

Dr. Frank Golletz<br />

Technischer Geschäftsführer<br />

50Hertz Transmission GmbH<br />

Wo wir Wachstumspotenziale<br />

in einer sich<br />

wandelnden Energielandschaft<br />

sehen.<br />

Alexander Winter<br />

Geschäftsführender<br />

Gesellschafter<br />

Arcona/A-ROSA<br />

Guo Guangchang<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

Fosun Group<br />

Warum Deutschland ein<br />

interessanter<br />

Investitions standort ist.<br />

Frank Nehring<br />

Herausgeber<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

Warum wir ein Davos<br />

des Ostens brauchen.<br />

Holger Werner<br />

Bereichsvorstand<br />

Mittelstandsbank<br />

Region Ost<br />

Commerzbank AG<br />

Wie wir als Bank die<br />

Partnerschaft mit dem<br />

Mittelstand neu denken.<br />

Heinrich von<br />

Nathusius<br />

Geschäftsführer<br />

MIFA-Bike GmbH<br />

Wie man mit neuen<br />

Ideen in die Jahre<br />

gekommene Produkte<br />

wieder fit macht.<br />

Dr. Frank Höpner<br />

Mitglied der<br />

Geschäftsleitung<br />

ENGIE Deutschland<br />

Dr. Benno Bunse<br />

Erster Geschäftsführer<br />

Germany Trade and Invest -<br />

Gesellschaft für Außenwirt schaft<br />

und Standortmarketing mbH<br />

Wie sich ostdeutsche Mittelständler<br />

als Weltmeister auf<br />

internationalen (Nischen-)<br />

Märkten durchsetzen.<br />

Hartmut Bunsen<br />

Unternehmer und Präsident<br />

der IG der Ostdeutschen<br />

Unternehmerverbände und<br />

Berlin<br />

Warum der Osten eine<br />

Stimme braucht.<br />

Stefan Teuchert<br />

Regionalleiter Ost<br />

BMW Group<br />

Hallo Zukunft!<br />

Wie wir uns dem Thema<br />

Wachstum stellen.<br />

Dr. Ralph Beckmann<br />

Abteilungsleiter<br />

Nachfolgeberatung<br />

Commerzbank AG<br />

Weshalb die Nachfolgeregelung<br />

auch in ostdeutschen<br />

Unternehmen eine<br />

der wichtigsten Zukunftsfragen<br />

ist.<br />

Dr. Jens-Uwe Meyer<br />

Innovationsexperte und<br />

Buchautor<br />

Wie eine gelungene<br />

Unternehmens nachfolge<br />

motiviert.<br />

Andrea Joras<br />

Geschäftsführerin<br />

Berlin Partner für<br />

Wirtschaft und<br />

Technologie GmbH<br />

Wie wir unsere<br />

Strategie an<br />

den Megatrends<br />

ausrichten.<br />

Nora Heer<br />

Gründerin und<br />

Geschäftsführerin<br />

Loopline Systems<br />

Internet GmbH<br />

Wie ostdeutsche<br />

Unter nehmer mit der<br />

Digitalisierung gewinnen<br />

können.<br />

Moderation<br />

Rommy Arndt<br />

Moderatorin n-tv<br />

Innovationsstandort<br />

Berlin – Innovationshauptstadt<br />

für Deutschland.<br />

Wieso der „War of<br />

Talents“ unser Denken<br />

verändern muss.<br />

Änderungen vorbehalten!<br />

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46 | W+M RATGEBER<br />

Projekt Unternehmensnachfolge<br />

Die Übergabe der Geschicke der<br />

eigenen Firma in die Hände eines<br />

fähigen Nachfolgers zu meistern<br />

ist heute – besonders in den<br />

neuen Bundesländern – für viele<br />

Unternehmer eine unerwartet<br />

große Herausforderung. In dieser<br />

und den folgenden Ausgaben<br />

möchte ich Ihnen einen Überblick<br />

über den grundsätzlichen Ablauf<br />

des „Projekts Unternehmensnachfolge“<br />

geben, welcher<br />

neben der Phase des konkreten<br />

Unternehmensverkaufs sowohl<br />

die Vorbereitung als auch die Zeit<br />

nach der Unterschrift beleuchtet.<br />

<br />

Von Holger Wassermann<br />

Im mittelständisch geprägten Deutschland<br />

ist es seit jeher eine etwa alle 25<br />

bis 35 Jahre wiederkehrende Aufgabe<br />

für den Unternehmer, die Fortführung des<br />

Betriebs der nächsten Generation zu überlassen.<br />

Noch findet<br />

sich in rund der Hälfte<br />

der Fälle der Nachfolger<br />

in den Reihen<br />

der Familie, circa ein<br />

Sechstel der Unternehmen<br />

wird von Mitarbeitern<br />

übernommen. Für den Rest muss ein<br />

externer Käufer gefunden werden – sei es<br />

ein einzelner Nachfolger, ein Nachfolgerteam<br />

oder ein anderes Unternehmen.<br />

„Rechtzeitig? Es ist<br />

immer zu spät und<br />

niemals zu früh. Aber:<br />

Besser spät als nie.“<br />

Problematisch ist dabei, dass sich die<br />

Nachfolge für immer weniger Menschen<br />

als eine interessante Option darstellt. Bei<br />

dem aktuell positiven Arbeitsmarktklima<br />

ist es einfacher, ein gutes Einkommen<br />

als Angestellter zu erzielen, und in Zeiten<br />

der Work-Life-Balance ist die typische<br />

80-Stunden-Woche eines Unternehmers<br />

auch nicht mehr wirklich erstrebenswert.<br />

Hinzu kommt der demografische<br />

Wandel, der ohnehin zu einer<br />

Verknappung der Personen<br />

in der relevanten<br />

Altersgruppe zwischen<br />

30 und 40 führt.<br />

Durch das geringe<br />

Lohnniveau der letzten<br />

Jahre fehlt es zudem<br />

übernahmewilligen Gründern häufig<br />

an dem notwendigen Eigenkapital.<br />

Viele Punkte, die eine Tätigkeit in einem<br />

Start-up oder einem angesehenen<br />

Großunternehmen attraktiver erscheinen<br />

lassen.<br />

Phasen der Unternehmensübergabe<br />

Grundsätzlich kann ein Nachfolgeprojekt<br />

in drei Hauptphasen unterschieden werden:<br />

die Vorbereitung, die Durchführung<br />

und die Zeit nach der Übergabe. In der<br />

Vorbereitungsphase werden die Grundlagen<br />

für eine erfolgreiche Nachfolge und<br />

die Erzielung eines möglichst hohen Kaufpreises<br />

gelegt. In der Durchführungsphase<br />

wird der Nachfolger gesucht und (hoffentlich)<br />

gefunden, es wird verhandelt und<br />

der Vertrag geschlossen. Die Zeit nach<br />

der Übergabe kann für den Unternehmer<br />

durch eine Begleitung des Nachfolgers<br />

oder neue Aufgaben gekennzeichnet sein,<br />

während für den Nachfolger nun das Unternehmer-Sein<br />

beginnt. Dieser Beitrag<br />

fokussiert sich auf die erste der drei Phasen<br />

der Unternehmensübergabe.<br />

Die Vorbereitungsphase<br />

Eine langfristige Vorbereitung beginnt etwa<br />

zehn Jahre vor der Nachfolge. Einerseits<br />

ist bei familieninternen Schenkungen eine<br />

Zehn-Jahres-Frist zu beachten, andererseits<br />

gewährt diese Zeitspanne genug Spielraum<br />

für die anstehenden Maßnahmen.<br />

Foto: Ogerepus/fotolia.com<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


MANAGEMENT | 47<br />

Foto: Intagus<br />

Zur langfristigen Vorbereitung zählt die<br />

Erstellung eines Plans, wie sich der Unternehmer<br />

„sein Leben danach“ und die<br />

Nachfolge idealerweise vorstellt. Auf Basis<br />

dieses Plans können nun Projekte angegangen<br />

werden, die einerseits dazu beitragen,<br />

dass die Wahrscheinlichkeit erhöht<br />

wird, einen geeigneten Nachfolger zu finden,<br />

andererseits können Maßnahmen zur<br />

Steigerung des späteren Kaufpreises eingeleitet<br />

werden. Besonders positiv dabei<br />

ist, dass Unternehmen bereits während<br />

dieser Phase von den Maßnahmen profitieren<br />

– vergleichbar mit dem eigenen<br />

Heim, das ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge<br />

ist, in dem man aber schon<br />

vorher lebt.<br />

Ein Unternehmer soll nicht IN sondern AN<br />

seinem Unternehmen arbeiten – dieses<br />

Wortspiel umschreibt nahezu perfekt die<br />

Aufgabe dieser Phase. Je weniger ein Unternehmen<br />

ohne seinen Chef auskommen<br />

kann, umso unverkäuflicher ist es. Daher<br />

gilt es, Verantwortung, Wissen und Kontakte<br />

auf Mitarbeiter zu übertragen.<br />

Professor Dr. Holger Wassermann ist<br />

Wissenschaftlicher Leiter des KCE<br />

KompetenzCentrum für Entrepreneurship<br />

& Mittelstand der FOM-Hochschule und<br />

Geschäftsführer der Intagus GmbH.<br />

Etwa fünf Jahre vor der Unternehmensübergabe<br />

beginnt die mittelfristige Vorbereitung<br />

und gewissermaßen der Referenzzeitraum,<br />

denn die potenziellen<br />

Nachfolger werden sich natürlich das Unternehmen,<br />

das sie eventuell erwerben<br />

wollen und für das sie sich hoch verschulden<br />

werden, auf Herz und Nieren prüfen.<br />

Eine Analyse des Geschäftsverlaufs der<br />

vergangenen drei bis fünf Jahre ist dabei<br />

absolut üblich. Daher sollten spätestens<br />

ab diesem Zeitpunkt einerseits aussagefähige<br />

Unterlagen bereitstehen, die<br />

zu einem späteren Zeitpunkt nicht einfach<br />

nachträglich erzeugt werden können, andererseits<br />

sollte ab jetzt verstärkt darauf<br />

geachtet werden, Negativmerkmale<br />

wie Liquiditäts- oder Umsatz engpässe zu<br />

vermeiden.<br />

Diese Phase dient somit in entscheidendem<br />

Maße der Vorbereitung der sogenannten<br />

Due Diligence, also der genauen<br />

Prüfung der Unternehmung durch<br />

den Nachfolger. Je besser diese Phase<br />

mit Blick auf die Nachfolge durchgeführt<br />

wird, umso höher wird der spätere Kaufpreis<br />

ausfallen können.<br />

Das letzte Jahr vor dem Beginn der Durchführungsphase<br />

dient dazu, dem Nachfolger<br />

ein „aufgeräumtes Haus“ zu präsentieren.<br />

Wichtige Projekte sollten nach Möglichkeit<br />

abgeschlossen werden, weit in die<br />

Zukunft reichende neue Vorhaben sollten<br />

nun nicht mehr begonnen werden. Nun<br />

kann auch die Kommunikation der geplanten<br />

Nachfolge innerhalb eines Zeithorizonts<br />

von zwei bis drei Jahren gegenüber<br />

Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten<br />

beginnen. Das beugt Fragen wie „Wie<br />

geht es wohl weiter?“ hinter vorgehaltener<br />

Hand vor und gibt den Geschäftspartnern<br />

die Sicherheit, dass der Fortbestand<br />

der Unternehmung nicht dem Zufall überlassen<br />

wird.<br />

Wichtig ist in dieser Phase besonders die<br />

Konsequenz. Viele Unternehmer finden<br />

hier immer wieder Ausreden, warum es<br />

jetzt doch noch nicht passe. W+M<br />

Unternehmensübergabe:<br />

Woran sollte man denken?<br />

Bei der Vorbereitung der Nachfolge<br />

sind viele verschiedene Dinge zu beachten,<br />

angefangen bei persönlichen<br />

bis hin zu betriebswirtschaftlichen und<br />

rechtlichen Aspekten. Hier soll auf einige<br />

besonders wichtige Fragen hingewiesen<br />

werden, die im Vorfeld geklärt<br />

werden sollten.<br />

Persönlich<br />

Was mache ich danach? Welche neuen<br />

Ziele oder neuen Aufgaben habe ich?<br />

Was ist mir wichtig? Kenne ich einen<br />

darauf spezialisierten Coach, der mir<br />

dabei helfen kann?<br />

Finanziell<br />

Wovon werde ich leben? Welche Ausgaben<br />

und Einnahmen werde ich haben?<br />

Benötige ich einen bestimmten<br />

Kaufpreis?<br />

Betriebswirtschaftlich<br />

Soll ein Familienmitglied oder ein Mitarbeiter<br />

Nachfolger werden? Wie muss<br />

er noch vorbereitet werden (persönlich,<br />

fachlich, finanziell)? Soll ein Externer<br />

die Firma kaufen? Wie will ich den passenden<br />

Nachfolger finden? Welchen<br />

Wert hat meine Firma heute? Was<br />

kann ich noch tun, um besser verkaufen<br />

zu können? Wie gestalten wir die<br />

Übergangsphase? Kenne ich einen darauf<br />

spezialisierten Berater, der mir dabei<br />

helfen kann?<br />

Rechtlich<br />

Bei Nachfolgen sollten Sie stets einen<br />

fachkundigen Notar oder Rechtsanwalt<br />

einbeziehen, deshalb: Kenne ich einen<br />

Notar oder Rechtsanwalt, der mir dabei<br />

helfen kann?<br />

Steuerrechtlich<br />

Bei Nachfolgen sollten Sie stets ein<br />

fachkundigen Steuerberater einbeziehen,<br />

deshalb: Kenne ich einen Steuerberater,<br />

der mir dabei helfen kann?<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


48 | W+M RATGEBER<br />

Wärme aus<br />

Erneuerbaren Energien<br />

Die Energiewende im Unternehmen: Mit dem Einsatz Erneuerbarer<br />

Energien wie Photovoltaik, Biomasse oder Windkraft können<br />

Unternehmen ihre Energiekosten senken und sich von den<br />

Energiemärkten unabhängiger machen. Die KfW fördert solche<br />

Investitionen mit langfristigen und zinsgünstigen Krediten und<br />

Tilgungszuschüssen aus Mitteln des Bundesministeriums für<br />

Wirtschaft und Energie (BMWi). Von Matthias Salm<br />

Gerade bei der Prozesswärme bleiben<br />

in den Unternehmen bisher<br />

viele Einsparpotenziale ungenutzt.<br />

Denn laut Deutscher Energie-Agentur<br />

(dena) stellt die Prozesswärme, etwa zum<br />

Betrieb von Brennöfen und Trocknungsanlagen,<br />

einen Anteil von 57 Prozent am industriellen<br />

Gesamtendenergieverbrauch.<br />

Diese Wärme kann vermehrt auch<br />

aus Erneuerbaren Energien gewonnen<br />

werden.<br />

Die finanziellen Rahmenbedingungen für<br />

solche Investitionsvorhaben sind zudem gegenwärtig<br />

besonders günstig. Das BMWi<br />

unterstützt insbesondere den Umbau der<br />

innerbetrieblichen Wärmeerzeugung auf Erneuerbare<br />

Energien im Rahmen seines aktuellen<br />

Marktanreizprogramms. Zu diesen<br />

Anreizen zählen sowohl höhere Tilgungszuschüsse<br />

für kleine und mittelständische<br />

Unternehmen (KMU) bei einem Förderdarlehen<br />

als auch eine erweiterte Antragsberechtigung<br />

für größere Unternehmen.<br />

Als wesentliche Triebkraft für den Ausbau<br />

der Erneuerbaren Energien zur Stromund<br />

Wärmeerzeugung fungieren die Förderdarlehen<br />

der KfW. Im Jahr 2013 wurden<br />

42,3 Prozent und im Jahr darauf 33,5<br />

Prozent aller in Deutschland getätigten Investitionen<br />

in diesem Bereich durch KfW-<br />

Programme mitfinanziert.<br />

Die KfW-Förderprogramme sind als Kombination<br />

aus zinsverbilligten Darlehen und<br />

Tilgungszuschüssen konzipiert. Bei einer<br />

im Unternehmen installierten Solarkollektoranlage<br />

etwa, die der Warmwasserbereitung,<br />

der Raumheizung oder der solaren<br />

Kälteerzeugung dienen, beträgt der<br />

Tilgungszuschuss bis zu 30 Prozent. Wird<br />

die Solaranlage zur Gewinnung von Prozesswärme<br />

eingesetzt, kann der Zuschuss<br />

sogar auf bis zu 50 Prozent aufgestockt<br />

werden. Bei Investitionen in große Biomasseanlagen<br />

oder Wärmepumpen gewährt<br />

die KfW Tilgungszuschüsse von<br />

bis zu 50.000 Euro je Einzelanlage beziehungsweise<br />

maximal 30 Prozent der<br />

förderfähigen Kosten.<br />

Im Wesentlichen bieten sich für Investitionen<br />

in die Einführung Erneuerbarer<br />

Energien im Unternehmen folgende Förderprodukte<br />

an:<br />

KfW-Programm Erneuerbare<br />

Energien Premium<br />

Das Programm zielt auf den Einsatz Erneuerbarer<br />

Energien im Wärmemarkt.<br />

Mögliche Investitionsmaßnahmen:<br />

Solarkollektoranlagen, Biomasseanlagen<br />

zur Verbrennung fester Biomasse für die<br />

Foto: BSW-Solar/Upmann<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


FINANZEN | 49<br />

Foto: KfW Bankengruppe/Heinrich Völkel, OSTKREUZ<br />

thermische Nutzung, Wärmenetze, Anlagen<br />

der Tiefengeothermie, Biosgasleitungen<br />

für unaufbereitetes Biogas sowie große<br />

Wärmespeicher und Wärmepumpen.<br />

Höchstbetrag:<br />

In der Regel reicht die KfW Darlehensbeträge<br />

von maximal zehn Millionen Euro<br />

pro Vorhaben aus.<br />

Konditionen:<br />

Bei Laufzeiten der Darlehen bis zu zwanzig<br />

Jahren können Zinsbindungen bis zu<br />

zehn Jahre vereinbart werden. Als besonders<br />

attraktiv für Unternehmen erweisen<br />

sich die Tilgungszuschüsse. Bei der größenabhängigen<br />

Förderung von Solarkollektoranlagen<br />

liegt ihre Höhe zwischen<br />

30 und 50 Prozent.<br />

Bei Biomasseanlagen sind maximal<br />

50.000 Euro je Einzelanlage als Tilgungszuschuss<br />

denkbar. Zusätzlich sieht das<br />

Programm noch weitere Boni, etwa für<br />

niedrige Staubemissionen, vor. Durch Addition<br />

von Grundförderung und Boni erhöht<br />

sich der Tilgungszuschuss im Idealfall<br />

auf bis zu 100.000 Euro. Bei Wärmenetzen<br />

beläuft sich der Zuschuss zur<br />

Tilgung auf 60 Euro je neu errichtetem<br />

Meter, höchstens jedoch auf eine Million<br />

Euro.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.kfw.de/271.<br />

KfW-Programm Erneuerbare<br />

Energien Standard<br />

Das Programm finanziert Vorhaben zur<br />

Nutzung Erneuerbarer Energien zur<br />

Stromerzeugung.<br />

Mögliche Investitionsmaßnahmen:<br />

Windkraft-, Photovoltaik- und Biogasanlagen<br />

zur Stromerzeugung sowie Batteriespeicher.<br />

Ebenso förderfähig ist die<br />

Strom- und Wärmeerzeugung in Kraft-<br />

Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen).<br />

Höchstbetrag:<br />

Maximal werden Darlehen bis zu 50 Millionen<br />

Euro vergeben.<br />

Konditionen:<br />

Es sind Zinsbindungen und Kreditlaufzeiten<br />

bis zu 20 Jahren möglich.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.kfw.de/270.<br />

Anträge auf eine Förderung aus der KfW-<br />

Programmfamilie Erneuerbare Energien<br />

sind vor Beginn des Vorhabens bei der<br />

Hausbank zu stellen, die diese an die KfW<br />

weiterreicht. <br />

W+M<br />

„Die Fördertöpfe sind gut gefüllt“<br />

Interview mit Mario Hattemer, Prokurist<br />

Gewerbliche Umweltschutzfinanzierung bei der KfW<br />

W+M: Herr Hattemer, 2015 förderte die<br />

KfW mit den KfW-Programmen Erneuerbare<br />

Energien Standard und Premium die<br />

Nutzung Erneuerbarer Energien mit 4,4<br />

Milliarden Euro. Wie können kleine und<br />

mittlere Unternehmen von dieser Förderung<br />

profitieren?<br />

Mario Hattemer: Der weitaus größte<br />

Teil dieser Förderung fließt in die Verstromung<br />

von Energie aus Windkraft und<br />

Photovoltaik. Hingegen ist das Potenzial<br />

Erneuerbarer Energien zur Deckung des<br />

Wärmebedarfs im Unternehmen vielfach<br />

noch nicht ausreichend ausgeschöpft.<br />

W+M: Für welche Unternehmen kommen<br />

solche Investitionen in Frage?<br />

Mario Hattemer: In zahlreichen Fertigungsbereichen<br />

in Industrie und Gewerbe<br />

wird Prozesswärme benötigt, beispielsweise<br />

in Lackierstationen in der Automobilindustrie.<br />

Aber mit Erneuerbaren Energien<br />

lassen sich auch Produktionshallen, Personal-<br />

oder Wirtschaftsgebäude beheizen.<br />

Anlagen zur Verfeuerung von fester Biomasse<br />

können beispielsweise in der holzverarbeitenden<br />

Industrie, in Schreinereien<br />

oder Sägewerken eingesetzt werden.<br />

W+M: Weshalb werden Erneuerbare<br />

Energien dann noch nicht ausreichend<br />

genutzt?<br />

Mario Hattemer.<br />

Mario Hattemer: Investitionen in Prozesswärmeanlagen<br />

oder betriebliche<br />

Wärmenetze sind zum Teil kostenintensiv,<br />

vor allem aber auch technologisch anspruchsvoll.<br />

Nicht zuletzt wegen dieser<br />

Hürden hat das Bundeswirtschaftsministerium<br />

die Förderbedingungen im Rahmen<br />

des Marktanreizprogramms weiter<br />

verbessert.<br />

W+M: Es lohnt sich also, gerade jetzt in<br />

Erneuerbare Energien zu investieren?<br />

Mario Hattemer: Die Fördertöpfe sind<br />

gut gefüllt. Zusätzlich zum niedrigen Zinsniveau<br />

und den langen Laufzeiten sind die<br />

aus Mitteln des BMWi finanzierten Tilgungszuschüsse<br />

besonders lohnenswert.<br />

<br />

<br />

Interview: Matthias Salm<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


50 | W+M RATGEBER INSOLVENZ<br />

Die Krise als<br />

Chance nutzen<br />

Die Insolvenz ist häufig mit einer persönlichen Krise verbunden.<br />

Der Ausgang eines Insolvenzverfahrens ist auch davon abhängig,<br />

ob und wie die persönliche Krise überwunden werden kann.<br />

Krisen mental gut zu überstehen, seien<br />

sie persönlicher, medizinischer,<br />

psychischer oder wirtschaftlicher<br />

Natur, ist nicht ganz einfach. Wer erfolgreich<br />

ist oder werden will, muss in der<br />

Lage sein, mit – teilweise auch schweren<br />

– Rückschlägen gekonnt umzugehen. Bei<br />

höheren Positionen in Wirtschaft und Politik<br />

wird ein professioneller Umgang mit<br />

schweren Niederlagen geradezu erwartet.<br />

So gehört es bei einem Spitzenpolitiker<br />

dazu, Wahlniederlagen wegzustecken und<br />

danach siegessicher wieder anzutreten.<br />

Der Vorstand eines größeren Unternehmens<br />

muss auch schwerste Zeiten überstehen.<br />

Glanzvolle Namen wie Volkswagen,<br />

Deutsche Bank, ThyssenKrupp und<br />

Lufthansa sind gute Beispiele. Erfolgreiche<br />

Menschen haben eins gemeinsam:<br />

Sie haben ein klares Ziel,<br />

verarbeiten eine Vielzahl<br />

von Rückschlägen,<br />

lassen sich<br />

nicht unterkriegen<br />

Dr. Florian Stapper,<br />

Fachanwalt für<br />

Insolvenz- und<br />

Steuerrecht und Inhaber<br />

von STAPPER Insolvenzund<br />

Zwangsverwaltung.<br />

und sind robust. Die psychische Widerstandskraft,<br />

oft auch als Resilienz bezeichnet,<br />

ist zum Teil genetisch veranlagt.<br />

Man kann sie aber auch lernen. Wer<br />

in welcher Krise auch immer steckt, sollte<br />

auf Folgendes achten:<br />

Persönliche Entwicklungen verlaufen<br />

in der Regel wellenartig<br />

Es gibt meist nur kurze Phasen, in denen<br />

man „ganz oben“ oder auch „ganz<br />

unten“ ist. Wer gerade „ganz unten“ ist,<br />

muss wissen, dass es jetzt nur noch aufwärts<br />

gehen kann. Je länger man „ganz<br />

unten“ ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass der Beginn des Aufstiegs<br />

unmittelbar bevorsteht. Allein diese<br />

Einstellung hilft oft weiter.<br />

Geteiltes Leid ist halbes Leid<br />

Wer ein Problem hat, sollte das nicht<br />

„in sich hineinfressen“, sondern<br />

Vertraute hinzuziehen. Häufig<br />

kommt dabei auch Hilfe von<br />

Personen, mit denen man<br />

gar nicht gerechnet hat.<br />

Wer keine solchen Bezugspersonen<br />

hat, kann<br />

nach dem Grundsatz leben:<br />

„Wenn mir keiner<br />

hilft, helfe ich mir selbst“.<br />

Das motiviert gelegentlich<br />

ganz besonders.<br />

Die Krise als Chance nutzen<br />

Krisen sind eine stetige Herausforderung.<br />

Sie können genutzt werden, um nach der<br />

Krise besser dazustehen als zuvor. Wer<br />

in einer persönlichen Krise steckt, etwa<br />

aufgrund einer Ehescheidung, nimmt sich<br />

beispielsweise vor, dass der nächste Lebenspartner<br />

besser zu einem passt. Wer<br />

ein medizinisches Problem hat, wird das<br />

nutzen, um gesünder zu leben und mehr<br />

Sport zu treiben. Wer wirtschaftlich einen<br />

„Durchhänger“ hat, kann daran arbeiten,<br />

sein Unternehmen neu aufzustellen.<br />

Ärgern ist Zeitverschwendung<br />

Wer in der Krise steckt, ist häufig von<br />

anderen schlecht behandelt worden.<br />

Es nützt in dieser Situation nichts, sich<br />

über die Vergangenheit oder unzuverlässige<br />

und unlautere Mitmenschen<br />

zu ärgern und darauf auch noch Energie<br />

zu verschwenden. Es geht einem<br />

nicht besser, wenn es anderen schlecht<br />

geht! Insofern sollte man seine gesamte<br />

Energie nur in sich selbst investieren<br />

und sich selbst wieder nach vorne<br />

bringen.<br />

Belohnung nicht vergessen<br />

Wer die Krise überstanden hat, belohnt<br />

sich selbst mit irgendetwas, was einem<br />

wichtig und wertvoll ist und feiert das<br />

Ende der Krise. Denn: Die nächste Krise<br />

steht schon vor der Tür und wartet auf<br />

eine gekonnte Lösung.<br />

Nur wer aufgibt, verliert<br />

Insofern wird nicht aufgegeben.<br />

W+M<br />

Foto: STAPPER (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


001_Titel_0315 1 23.04.2015 14:44:45<br />

Titel_WuM_0615.indd 1<br />

21.10.15 11:32 Uhr<br />

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18.06.15 13:16 Uhr<br />

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Titel_WuM_0515.indd 1 18.08.15 22:27<br />

W+M<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />

26. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

26. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

26. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft 5 | September/Oktober Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

BRANDENBURG<br />

ENERGIE<br />

ELEKTRISIERT<br />

MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />

IM INTERVIEW<br />

Ministerpräsident<br />

Dietmar Woidke<br />

SACHSEN<br />

STUDIE<br />

IM INTERVIEW<br />

Ministerpräsident<br />

Erwin Sellering<br />

UNTERNEHMEN<br />

ORWO – eine<br />

Tradition lebt auf<br />

RATGEBER<br />

Tagungen und<br />

Geschäftsreisen<br />

Mittelstand im<br />

digitalen Wandel<br />

UMFRAGE<br />

Welches Auto<br />

passt zu Ihnen?<br />

Kraftakt<br />

Firmenübergabe<br />

EXKLUSIVE INTERVIEWS<br />

Bundeswirtschaftsminister<br />

Sigmar Gabriel<br />

Ministerpräsident<br />

Stanislaw Tillich<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

26. Jahrgang 26. | Jahrgang Heft 6 | November/Dezember | Heft 4 | Juli/August 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> 1-2/2015<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

27. Jahrgang 26. Jahrgang | Heft | Heft 1 | Januar/Februar 4 | Juli/August <strong>2016</strong> 2015 | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

27. Jahrgang | Heft 2 | März/April <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

DIE<br />

WIRTSCHAFT<br />

GRÜNT<br />

THÜRINGEN<br />

BERLIN<br />

GESUNDHEITSWIRTSCHAFT<br />

EIN GESCHÄFT<br />

FÜR VIELE<br />

BRANCHEN<br />

OSTPRODUKTE<br />

DIE UNHEIMLICHE<br />

RENAISSANCE<br />

Motorenwerk Kölleda:<br />

Herz einer Region<br />

W+M<br />

mit<br />

Sachsen-Anhalt<br />

IM INTERVIEW<br />

WindNODE:<br />

Energie aus dem Norden<br />

Ministerpräsident<br />

Bodo Ramelow<br />

REPORT<br />

Rivalität auf<br />

der Ostsee<br />

RATGEBER<br />

Betriebliche<br />

Altersvorsorge<br />

IM INTERVIEW<br />

Berlins Regierender<br />

Michael Müller<br />

REPORT<br />

Eberswalder<br />

Metall-Gen<br />

RATGEBER<br />

Gutschein<br />

statt Geld<br />

Bilanz vor der Wahl:<br />

Reiner Haseloff<br />

Davos in Bad Saarow:<br />

Ostdeutsches Wirtschaftsforum<br />

Management:<br />

Der Honecker-Effekt<br />

Travel:<br />

Tipps für Geschäftsreisen<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

27. Jahrgang | Heft 3 | Mai/Juni <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />

Beilage<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

FERIEN DAHEIM<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

TOURISMUS<br />

Wie der neue Trend<br />

den Osten stärkt<br />

LÄNDERREPORTS<br />

100 Jahre Leuna<br />

Profisport im Osten<br />

RATGEBER<br />

Investieren im Iran<br />

Gesundes Arbeiten im Büro<br />

Mutig in der Insolvenz<br />

LIFESTYLE<br />

Edle Uhren-Neuheiten<br />

Logieren in Schlosshotels<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

27. Jahrgang | Heft 4 | Juli/August <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

27. Jahrgang | Heft 5 | September/Oktober <strong>2016</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

BRÜSSELER SEGEN<br />

WIE DER OSTEN VON<br />

EU-GELDERN PROFITIERT<br />

LÄNDERREPORT<br />

Schwerin dockt an<br />

Hamburg an<br />

Flughäfen am Tropf<br />

der öffentlichen Hand<br />

RATGEBER<br />

So gelingt die<br />

Unternehmensnachfolge<br />

Kassenführung im<br />

Visier der Finanzämter<br />

BEILAGE<br />

Sachsen<br />

BEIL AGE<br />

INTERVIEWS<br />

Christian Pegel, Erwin Sellering und Gerold Jürgens,<br />

Tillmann Stenger, Peter-Michael Diestel, Reinhard Pätz<br />

Brandenburg<br />

TILLICH & WOIDKE IM INTERVIEW<br />

Zwei Lausitzer, zwei Landesväter,<br />

zwei Parteien, zwei Freunde<br />

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52 | W+M RATGEBER STEUERN<br />

Im Visier der<br />

Finanzverwaltung<br />

Unternehmen in bargeldintensiven Branchen rücken durch<br />

verschärfte Aufzeichnungspflichten für digitale Kassendaten ab 2017<br />

weiter in den Fokus der Betriebsprüfung.<br />

Diese gelten nicht erst ab dem 1. Januar<br />

2017, die entsprechenden<br />

Schreiben des Bundesfinanzministeriums<br />

(BMF) datieren bereits vom 1. Januar<br />

2002 beziehungsweise 26. November<br />

2010, der sogenannten letzten „Kassenrichtlinie“<br />

des BMF. Die dort getroffenen<br />

Aussagen werden durch die neuen,<br />

sogenannten „Grundsätze zur ordnungsmäßigen<br />

Führung und Aufbewahrung von<br />

Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen<br />

in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“<br />

(GoBD) zusätzlich bekräftigt. Die<br />

erste Kassenrichtlinie geht zurück auf<br />

das Jahr 1996. Danach sollte bei elektronischen<br />

Registrierkassensystemen die<br />

Aufbewahrung der Kassenstreifen (und<br />

damit die Einhaltung der Einzelaufzeichnungspflicht<br />

insgesamt) verzichtbar sein,<br />

wenn der Steuerpflichtige die folgenden<br />

Belege verwahrt: vollständige Tagessummen-Bons<br />

(Z-Bons), die von der Kasse gegebenenfalls<br />

erstellten Aufrechnungen sowie<br />

die zur Kasse gehörenden Organisationsunterlagen.<br />

Von Sebastian Wisch<br />

der Streit mit dem Betriebsprüfer bereits<br />

ab dem Jahr 2011 vorprogrammiert.<br />

Ab Januar 2017 soll nach Vorstellung des<br />

BMF uneingeschränkt der Grundsatz der<br />

Einzelaufzeichnungspflicht durchgesetzt<br />

werden. Dies bedeutet, dass ab dem<br />

nächsten Jahr nur noch Kassensysteme<br />

mit einem angeschlossenen Datenbankoder<br />

Archivsystem benutzt werden dürfen.<br />

Wer diesen technischen Standard nicht erfüllt,<br />

läuft Gefahr, dass seine Buchführung<br />

in der Außenprüfung verworfen wird und<br />

Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden,<br />

was gegebenenfalls erhebliche Steuernachforderungen<br />

nach sich ziehen kann.<br />

Es gilt, das eigene Kassensystem umgehend<br />

zu analysieren, Schwachpunkte aufzudecken<br />

und einen Maßnahmenkatalog<br />

zu entwickeln, um Mängel in Systemen<br />

zu beseitigen. Daran anknüpfend ist von<br />

Bedeutung, die von der Finanzverwaltung<br />

geforderte Verfahrensdokumentation rund<br />

um die Abwicklung und Aufzeichnung der<br />

Bargeschäfte im Unternehmen zu erstellen.<br />

Diese sollten Sie zusammen mit den digitalen<br />

Kassendaten gemäß dem gesetzlichen<br />

Aufbewahrungszeitraum von zehn Jahren<br />

auf zuverlässigen Datenspeichersystemen<br />

zur Verfügung zu haben, so dass die Möglichkeit<br />

besteht, die Daten im Rahmen einer<br />

steuerlichen Außenprüfung kurzfristig<br />

lesbar und auswertbar zu machen.<br />

Der Bundesfinanzhof hat in einer Entscheidung<br />

vom 16. Dezember 2014 unternehmerfreundlich<br />

den Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht<br />

hervorgehoben, allerdings<br />

entgegen der Vorstellung der Finanzverwaltung<br />

eine bestimmte Form der<br />

Kassenführung nicht vorgeschrieben.<br />

Aus unternehmerisch-kaufmännischer Sicht<br />

wäre es sicherlich ratsam, sich in Bezug auf<br />

das Kassensystem moderner elektronischer<br />

Medien zu bedienen, welche zwei Fliegen<br />

mit einer Klappe schlagen. Zum einen sollten<br />

die strengen Aufzeichnungspflichten der<br />

Finanzverwaltung erfüllt werden und zum<br />

anderen die verwendeten Medien einen wesentlichen<br />

Beitrag zum Informationssystem<br />

des Unternehmens in Bezug auf Bargeldvorgänge<br />

bieten können.<br />

Die Übergangsfrist zur Anwendung dieser<br />

Regelungen läuft am 31. Dezember dieses<br />

Jahres endgültig aus. Sie galt dabei nur für<br />

solche Unternehmen, deren Kassensystem<br />

nicht mechanisch oder in Bezug auf<br />

die Software aufgerüstet werden konnten.<br />

Alle anderen Systeme unterliegen<br />

bereits seit den Jahren 2001 beziehungsweise<br />

2010 den verschärften Vorschriften<br />

des BMF. Allerdings ist dies in vielen Branchen<br />

bisher völlig unbekannt und fand bis<br />

dato zu wenig Berücksichtigung. In Unternehmen,<br />

die eine technisch mögliche<br />

Softwareanpassung sowie Speichererweiterungen<br />

nicht durchgeführt haben, ist<br />

Sebastian Wisch ist Steuerberater und<br />

Geschäftsführer der AUDITA Dr. Feske Zauft<br />

& Wisch GmbH Wirtschaftsprüfungs- und<br />

Steuerberatungsgesellschaft in Berlin<br />

Der einzelne Geschäftsvorfall an der Kasse<br />

lässt sich aus Sicht des Verfassers als<br />

wertvoller Datensatz für die gesamte Unternehmenssteuerung<br />

nutzen. Bei konkreter<br />

Analyse der einzelnen verkauften Artikel<br />

kann dies fundamental zur Sortimentssteuerung<br />

verwendet werden, ebenso verknüpft<br />

mit gleichzeitigen Verbrauchsmeldungen an<br />

Lager und gekoppelt an automatisches Bestellwesen<br />

sowie ABC-Analysen und Deckungsbeitragskalkulationen<br />

sollte man diese<br />

Informationsquelle insgesamt nicht unterschätzen.<br />

Die Ordnungsmäßigkeit für die<br />

Finanzverwaltung erscheint dann nur noch<br />

wie ein Nebenprodukt.<br />

W+M<br />

Foto: Audita (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


RATGEBER RECHT | 53<br />

Foto: AllebaziB/fotolia.com, Quelle: www.kostenlose-urteile.de<br />

Urteile für<br />

Unternehmer<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> hat wichtige Urteile<br />

für Sie zusammengestellt<br />

Mindestlohn<br />

Arbeitgeber dürfen Sonderzahlungen<br />

auf Mindestlohn anrechnen<br />

Bisher gewährte Sonderzahlungen wie<br />

Urlaubs- und Weihnachtsgeld können in<br />

bestimmten Fällen vom Arbeitgeber auf<br />

den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet<br />

werden, um die gesetzliche Lohnuntergrenze<br />

von 8,50 Euro pro Stunde zu<br />

erreichen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht<br />

(BAG).<br />

Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen<br />

Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete<br />

Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch<br />

durch die als Gegenleistung für<br />

Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit<br />

diese dem Arbeitnehmer endgültig<br />

verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt<br />

nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber<br />

ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung<br />

des Arbeitnehmers erbringt<br />

oder die auf einer besonderen gesetzlichen<br />

Zweckbestimmung beruhen.<br />

Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger<br />

das Urlaubs- und Weihnachtsgeld in<br />

zwölf Teilen monatlich neben dem Gehalt<br />

ausgezahlt. Der Kläger wollte erreichen,<br />

dass sein Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen<br />

ebenso wie die vertraglich<br />

zugesagten Zuschläge für Mehr-,<br />

Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf<br />

Basis des gesetzlichen Mindestlohns in<br />

Höhe von 8,50 Euro brutto pro Stunde<br />

gezahlt werden. Das BAG entschied nun,<br />

dass der Kläger aufgrund des Mindestlohngesetzes<br />

keinen Anspruch auf erhöhtes<br />

Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen<br />

sowie erhöhte Lohnzuschläge<br />

hat. Der gesetzliche Mindestlohn tritt als<br />

eigenständiger Anspruch neben die bisherigen<br />

Anspruchsgrundlagen, verändert<br />

diese aber nicht. Der nach den tatsächlich<br />

geleisteten Arbeitsstunden bemessene<br />

Mindestlohnanspruch des Klägers<br />

sei erfüllt worden, denn auch den vorbehaltlos<br />

und unwiderruflich in jedem Kalendermonat<br />

geleisteten Jahressonderzahlungen<br />

kommt Erfüllungswirkung zu.<br />

BAG, 5 AZR 135/16<br />

Datenschutz<br />

Kein Schadensersatz bei Videoüberwachung<br />

nach Sabotage<br />

Ein Arbeitgeber, der Produktionsräume<br />

zwei Monate lang per Video überwachen<br />

lässt, ohne die Mitarbeiter hierüber zu informieren,<br />

weil es zuvor zu Sabotageakten<br />

bei der Produktion gekommen war,<br />

schuldet den Mitarbeitern nicht zwangsläufig<br />

Schadensersatz wegen einer Persönlichkeitsverletzung.<br />

Dies geht aus einer Entscheidung des<br />

Landesarbeitsgerichts (LAG) Sachsen-Anhalt<br />

hervor. Nach dem Datenschutzgesetz<br />

ist die Installation einer Videoanlage zwar<br />

verboten, gleichwohl besteht in dieser Situation<br />

für den Arbeitgeber ein nachvollziehbarer<br />

Anlass, diese Maßnahme zu ergreifen.<br />

Das Gericht wies die Schadensersatzklage<br />

des Mitarbeiters ab. Die Überwachung<br />

hat sich auf einen relativ kurzen<br />

Zeitraum des Arbeitsverhältnisses (zwei<br />

Monate) bezogen. Weiter beschränkte<br />

sich die Videoüberwachung auf den Produktionsbereich.<br />

Eine Beobachtung des<br />

Klägers in Bereichen, in denen seine Privatsphäre<br />

hätte tangiert sein können, zum<br />

Beispiel Umkleideräume oder Pausenräume,<br />

hat nicht stattgefunden. Die Beobachtung<br />

hat sich auch nicht gezielt gegen den<br />

Kläger gerichtet, sondern erstreckte sich<br />

auf den gesamten Produktionsbereich des<br />

Unternehmens. Der Mitarbeiter stand mithin<br />

nicht im Fokus der Beobachtung.<br />

LAG Sachsen-Anhalt, 6 Sa 301/14<br />

AGB<br />

Klausel zur Haftungsbeschränkung<br />

muss verständlich sein<br />

Das Amtsgericht (AG) München hat entschieden,<br />

dass eine Haftungsbeschränkung<br />

in Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(AGB) auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit<br />

dann unwirksam ist, wenn die Klausel<br />

unverständlich ist.<br />

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls<br />

ist Mitglied in einem Verein zur Wahrnehmung<br />

und Förderung der Interessen<br />

des Kraftfahrzeugwesens. Der Mitgliedsvertrag<br />

beinhaltet die Verpflichtung zur<br />

Pannen- und Unfallhilfe, um die Fahrbereitschaft<br />

des Fahrzeugs herzustellen. In<br />

den allgemeinen Vertragsbedingungen<br />

des Vereins findet sich eine Klausel, die die<br />

Haftung des Vereins auf grob fahrlässiges<br />

oder vorsätzliches Verhalten beschränkt.<br />

Beim Versuch, das Auto des Klägers durch<br />

einen Pannenhelfer zu öffnen, ging die<br />

Windschutzscheibe zu Bruch. Der Kläger<br />

lies diese austauschen und verlangte<br />

den Schaden vom Verein ersetzt. Dieser<br />

berief sich auf seine vertraglichen Haftungsbeschränkungen<br />

und verweigerte<br />

die Zahlung. Die Klausel der Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen, die die Haftung<br />

des Vereins auf grob fahrlässiges oder vorsätzliches<br />

Verhalten beschränkt, ist nach<br />

Auffassung des Gerichts aber unwirksam.<br />

Denn es sei laut Gericht für einen<br />

typischen Verbraucher nicht hinreichend<br />

verständlich, was die Haftungsbeschränkung<br />

umfasst, weil der Begriff „wesentliche<br />

Hauptpflichten” zu vage ist und weder<br />

durch eine abstrakte Erklärung noch durch<br />

Regelbeispiele näher erläutert werde.<br />

AG München, 274 C 24303/15<br />

W+M<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


54 | W+M RATGEBER<br />

Latte Macchiato<br />

im Büro<br />

Wer heute seinen Gästen nur noch den klassischen Filterkaffee<br />

anbieten kann, ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Moderne<br />

Kaffeevollautomaten bieten bei einfacher Bedienung verschiedene<br />

Kaffeespezialitäten. Zwölf Kaffeevollautomaten für circa 15<br />

Mitarbeiter im Vergleich.<br />

Promesso,<br />

Jacobs Douwe Egberts<br />

Carimali BlueDot,<br />

Coffema<br />

1200 S,<br />

WMF<br />

Coffee Soul,<br />

Schaerer<br />

Kaffeevollautomaten haben den Kaffeegenuss<br />

sichtlich verändert. Moderne<br />

Maschinen bieten statt des<br />

typischen Filterkaffees heute mehrere<br />

unterschiedliche Kaffeespezialitäten an.<br />

Dazu lassen sie sich leicht bedienen und<br />

auch immer einfacher pflegen. Alle Automaten<br />

im W+M-Vergleich verfügen<br />

über automatische Reinigungsprogramme,<br />

die Kaffeestärke ist bei allen einstellbar<br />

und alle Geräte verfügen zudem über<br />

einen Heißwasserbezug für Tee. Die Anzahl<br />

der möglichen Getränke schwankt<br />

jedoch bei den verschiedenen Herstellern<br />

mitunter beträchtlich. Dies liegt daran,<br />

dass jeder Hersteller anders zählt:<br />

„Kaffee groß“ und „Kaffee klein“ werden<br />

einmal als ein Getränk gezählt und<br />

mal als zwei. Oder verfügbare Getränke<br />

werden mal mit der einstellbaren Kaffeestärke<br />

multipliziert und mal nicht.<br />

Bis auf die Promesso von Jacobs Douwe<br />

Egberts, die über ein eigenes Kaffee-Pak-<br />

System verfügt, verwenden alle Maschinen<br />

im Vergleich ganze Bohnen. DeLonghi<br />

und Severin werben dabei mit ihren<br />

extra leisen Kegelmahlwerken und auch<br />

Franke weißt auf seine zwei geräuscharmen<br />

Präzisionskaffeemühlen mit Keramikscheiben<br />

hin. Das ist immer dann von besonderer<br />

Bedeutung, wenn die Kaffeemaschine<br />

in unmittelbarer Arbeitsplatznähe<br />

steht. Während die A200 von Franke optional<br />

auch mit Kapseln genutzt werden<br />

kann, bieten die Automaten von DeLonghi,<br />

JURA und Krups die Möglichkeit, auch Kaf-<br />

Cafina XT5,<br />

Melitta<br />

Hersteller Coffema DeLonghi Franke Coffee<br />

Systems<br />

Jacobs Douwe<br />

Egberts<br />

JURA<br />

Kaffee Partner<br />

Modell Carimali BlueDot Autentica Plus A200 Promesso WE8 Crema Duo<br />

Tassen pro Tag¹ 80 k. A. 80 40-150 30 60<br />

Kaffeespezialitäten² 18 k. A. 36 8 12 12<br />

Wassertank 4 l 1,3 l 4 l 2,2 l 3 l 5 l<br />

Preis ab 4.800 € ab 699 € ab 5.593 € ab 2.749 € ab 1.695 € ab 19 Cent pro Tasse<br />

Maße (H x B x T) in mm 585 x 368 x 550 325 x 195 x 473 604 x 340 x 560 480 x 450 x 430 419 x 295 x 444 570 x 346 x 518<br />

Web www.coffema.de www.delonghi.com www.franke.com www.promesso.de www.juragastroworld.de www.kaffee-partner.de<br />

¹ Anzahl der empfohlenen Tassenbezüge pro Tag ² Anzahl der möglichen unterschiedlichen Kaffeespezialitäten<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


BÜRO | 55<br />

A200, Franke Coffee Systems<br />

Saeco Incanto Deluxe HD 8921/01, Philips<br />

Autentica Plus, DeLonghi<br />

feepulver zu verwenden. Für alle, die es<br />

gern süß mögen, besitzen die Modelle<br />

von Franke, Melitta, Philips, Schaerer<br />

und WMF zusätzlich einen Behälter<br />

für Schoko-, Vanille- oder Toppingpulver.<br />

Die Severin KV 8090 ist mit 18<br />

Zentimetern die schmalste der vorgestellten<br />

Maschinen.<br />

Crema Duo, Kaffee Partner<br />

Für die Coffee Soul hebt Schaerer ein<br />

besonderes Feature hervor: Um alle relevanten<br />

Daten rund um Maschinenzustand,<br />

Bevorratung, Getränkestatistik,<br />

Extraktionszeiten und Anderes auswerten<br />

zu können, lässt sich die Coffee Soul<br />

mit der Schaerer-eigenen Telemetrie-Lösung<br />

M2M Coffee Link ausstatten. Sie<br />

liefert in Echtzeit Informationen und unterstützt<br />

den Betreiber, Angebote anzupassen,<br />

rechtzeitig aufzufüllen oder Service-<br />

beziehungsweise Wartungsprozesse<br />

anzustoßen. Die Crema Duo von<br />

Kaffee Partner wurde mit dem Red-Dot-<br />

Design-Award für das „Beste Produktdesign<br />

<strong>2016</strong>“ ausgezeichnet. Den Award<br />

„Best of the Best <strong>2016</strong>“ erhielt dagegen<br />

die Promesso von Jacobs Douwe<br />

Egberts.<br />

W+M<br />

KV 8090, Severin<br />

WE8, JURA<br />

EA 9010, Krups<br />

Krups Melitta Philips Schaerer Severin WMF<br />

EA 9010 Cafina XT5 Saeco Incanto Deluxe HD 8921/01 Coffee Soul KV 8090 1200 S<br />

k. A. 150 k. A. 180 k. A. bis 100<br />

17 128 6 mehr als 200 5 10<br />

1,7 l 20 l 1,8 l kein Tank, nur Festwasseranschluss 1,1 l 4 l<br />

ab 1.599,99 € ab 6.470 € ab 799,99 € ab 9.750 € ab 549 € ab 3.685 €<br />

585 x 400 x 575 715 x 300 x 580 330 x 215 x 429 716 x 330 x 595 395 x 180 x 315 682 x 324 x 553<br />

www.krups.de www.melitta-professional.de www.philips.de www.schaerer.com www.severin.de www.wmf-kaffeemaschinen.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


56 | W+M RATGEBER LITERATUR<br />

Wirtschaftsliteratur<br />

Die ostdeutsche<br />

Bestsellerliste<br />

1<br />

2<br />

6<br />

7<br />

5<br />

8<br />

4<br />

9<br />

3<br />

10<br />

Die ostdeutsche Bestsellerliste für<br />

Wirtschaftsliteratur wird exklusiv von<br />

W+M aus den Verkaufszahlen großer<br />

Buchhandlungen in Brandenburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen erstellt.<br />

Beteiligt haben sich:<br />

• Hugendubel Cottbus,<br />

Mauerstraße 8, 03046 Cottbus<br />

• Hugendubel Erfurt,<br />

Anger 62, 99084 Erfurt<br />

• Hugendubel Greifswald,<br />

Markt 20–21, 17489 Greifswald<br />

• Hugendubel Leipzig,<br />

Petersstraße 12–14, 04109 Leipzig<br />

• Hugendubel Potsdam,<br />

Stern-Center 1, 14480 Potsdam<br />

• Hugendubel Schwerin,<br />

Marienplatz 3, 19053 Schwerin<br />

• Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung,<br />

Logenstraße 8, 15230 Frankfurt/Oder<br />

Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />

jederzeit offen. Schreiben Sie bei<br />

Interesse eine E-Mail an JP@WundM.info.<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


NETZWERK GESELLSCHAFT | 57<br />

UV-Rostock-Geschäftsführerin Manuela Balan (M.) mit den Referenten des Forums.<br />

16. Hanse Sail Business Forum<br />

Wirtschaftsfaktor Bundeswehr<br />

Die Bundeswehr ist ein wichtiger<br />

Wirtschaftsfaktor in der Region“<br />

war Fazit des 16. Hanse Sail<br />

Business Forums vom Unternehmerverband<br />

Rostock-Mittleres Mecklenburg, der<br />

Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern,<br />

der Industrie- und Handelskammer<br />

zu Rostock und dem enterprise<br />

europe network. Etwa 200 Teilnehmer aus<br />

Wirtschaft und Politik folgten am 11. August<br />

der Einladung des Initiativkreises der<br />

Wirtschaft. IHK-Hauptgeschäftsführer und<br />

Moderator der Veranstaltung Jens Rademacher<br />

betonte: „Pro Jahr beenden 600<br />

bis 800 Menschen in hiesigen Dienststellen<br />

der Bundeswehr ihren militärischen<br />

Dienst. Unser Bestreben muss sein, das<br />

Potenzial dieser hervorragend ausgebildeten<br />

Personen für die Wirtschaft<br />

zu nutzen.“ Auch im Rahmen der Vorträge<br />

der Referenten wurde deutlich,<br />

dass die in Mecklenburg-Vorpommern<br />

angesiedelten Bundeswehrstandorte<br />

generell einen nicht zu<br />

unterschätzenden Wirtschaftsfaktor<br />

darstellen.<br />

W+M<br />

Sylvia Sapich, Angelika Kleinfeldt und<br />

Doris Kleinfeldt (v. l.) im Gespräch.<br />

Gute Stimmung im Publikum.<br />

Fotos: Angelika Heim<br />

Vertreter des Marinekommandos Rostock<br />

nutzen die Gelegenheit zum Kontakt mit<br />

Unternehmern.<br />

Etwa 200 Teilnehmer folgten der Einladung zum 16. Hanse Sail Business Forum.<br />

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58 | W+M NETZWERK<br />

Rund 3.000 Gäste waren der Einladung<br />

zum Brandenburger Sommerabend gefolgt.<br />

Effektvoll umrahmte Gastgeber: Thomas Kralinski, Dietmar Woidke und Miloš Stefanović (v. l.).<br />

Brandenburgischer Sommerabend <strong>2016</strong><br />

Sommernachtstraum<br />

am Tiefen See<br />

Ein farbenfroher Hingucker: die Beelitzer<br />

Spargelkönigin Sarah Wladasch.<br />

Einen Sommernachtstraum erlebten<br />

rund 3.000 Gäste beim traditionellen<br />

Brandenburgischen Sommerabend<br />

im Potsdamer Erlebnisquartier Schiffbauergasse<br />

am Ufer des Tiefen Sees. Die Gastgeber<br />

Brandenburgs Ministerpräsident Dr.<br />

Dietmar Woidke, der Bevollmächtigte beim<br />

Bund und Staatssekretär Thomas Kralinski<br />

sowie der Präsident des WirtschaftsForum<br />

Brandenburg Dr. Miloš Stefanović begrüßten<br />

die Gäste aus Politik, Wirtschaft und<br />

Gesellschaft der Metropolregion Berlin-<br />

Brandenburg, darunter Bandenburgs Landtagspräsidentin<br />

Britta Stark und zahlreiche<br />

Abgeordnete, Botschafter und Gesandte<br />

mehrerer Staaten sowie Bürger, die sich in<br />

Ehrenämtern engagieren. Der Ministerpräsident<br />

nahm die Begrüßung zu dem festlichen<br />

Abend zum Anlass, die märkischen Teilnehmer<br />

an den Olympischen Spielen in Rio zu<br />

verabschieden. Dabei waren unter anderen<br />

die Kanuten Sebastian Brendel und Franziska<br />

Weber, Judoka Mareen Kräh sowie Christian<br />

Zille kens (Moderner Fünfkampf). W+M<br />

Brandenburgs Ministerpräsident<br />

Dietmar Woidke (l.) ehrte Jibran Khalil<br />

für sein Engagement für Flüchtlinge.<br />

Ein prachtvolles<br />

Feuerwerk<br />

krönte den<br />

Sommerabend<br />

in Potsdam.<br />

Die Konditorei-<br />

Azubis Alyssa<br />

Laack (l.) und<br />

Jenny Wolf<br />

zauberten<br />

vor Ort süße<br />

Köstlichkeiten.<br />

Fotos: CHL Photodesign Christian Lietzmann<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


GESELLSCHAFT | 59<br />

Das PORTA-Möbelhaus in Potsdam.<br />

Dr. Miloš Stefanović (r.), Präsident des WirtschaftsForums, mit seinen Gästen Kurt Jox,<br />

Frank Matthus und Christian Görke (v.l.).<br />

WirtschaftsForum Brandenburg<br />

Im Spannungsbogen von Politik,<br />

Wirtschaft und Kunst<br />

PORTA-Chef Kurt Jox beeindruckte die<br />

Zuhörer mit Klartext.<br />

Fotos: G. Reiche/WirtschaftsForum Brandenburg<br />

Die Organisatoren des Wirtschafts-<br />

Forums Brandenburg hatten sich<br />

mal wieder einen interessanten<br />

Themenmix ausgesucht und gleich noch<br />

den klassischen Veranstaltungsort im Dorint-Hotel<br />

mit dem PORTA-Möbelhaus in<br />

Potsdam getauscht.<br />

Der Brandenburger Finanzminister Christian<br />

Görke (Die LINKE) schaffte es in 20<br />

Minuten, die aktuelle Finanzlage des Landes<br />

anschaulich darzustellen und gleichzeitig<br />

noch auf Themen wie beispielsweise<br />

den Brexit einzugehen. Hausherr Kurt<br />

Jox, Geschäftsführer der PORTA Möbel<br />

Handelsgesellschaft mbH & Co. KG, ermunterte<br />

nicht nur zum verstärkten Küchenkauf,<br />

sondern erläuterte auch den<br />

komplizierten Möbelmarkt und die Rolle<br />

von PORTA. Außergewöhnlich in dieser<br />

Runde: der Künstlerische Leiter der<br />

Kammeroper Schloss Rheinsberg Frank<br />

Matthus, welcher für den Kulturstandort<br />

im Norden Brandenburgs warb. W+M<br />

Das PORTA-Restaurant<br />

überraschte mit leckeren Speisen.<br />

Der breite Themenmix des Abends<br />

bot eine Fülle an Diskussionsstoff.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


60 | W+M NETZWERK<br />

Wiederauferstehung einer<br />

Traditionsmarke<br />

Wird ab 2017 in China produziert: Borgward BX7.<br />

Wieviel Borgward aus der Ära der Isabella ist noch im neuen<br />

Borgward drin? Geht es nur um den prestigeträchtigen Markennamen<br />

oder steckt solides Know-how aus dem ehemaligen Bremer Werk<br />

oder aus Deutschland dahinter? Von Rudolf Miethig (VBIW)<br />

Stuttgart. 1954 tauchte die schlanke,<br />

elegante Borgward Isabella auf den Straßen<br />

auf. Ihre aus Amerika übernommene<br />

Pontonform war hier ein Novum. Borgward<br />

war Ende der 1950er-Jahre Deutschlands<br />

fünftgrößter Autohersteller. Doch 1961<br />

war Schluss, dem Ingenieur und Alleinunternehmer<br />

Carl Friedrich Wilhelm Borgward<br />

war das Geld ausgegangen. Offenbar<br />

war es die beispiellose Modellvielfalt, die<br />

Borgward in den Konkurs getrieben hatte.<br />

Auf dem Genfer Autosalon taucht 2015<br />

wieder eine Firma mit dem Namen Borgward<br />

auf. Sie will ab 2017 einen SUV in<br />

China produzieren. Den Fehler des Großvaters<br />

wolle der Enkel und Präsident der<br />

neuen Gesellschaft nicht mehr machen.<br />

Statt vieler, zum Teil schwer verkäuflicher<br />

Modelle wird er die Produktion mit<br />

einem SUV starten, dem BX7. Der war<br />

zwar in Genf noch nicht ausgestellt, dafür<br />

zeigte Borgward zunächst einen Veteranen,<br />

das Isabella-Coupé. Der BX7 feierte<br />

dann auf der IAA in Frankfurt am Main<br />

Premiere.<br />

Die Borgward Isabella wurde<br />

von 1954 bis 1961 produziert.<br />

Im Arbeitskreis Verkehrswesen des VBIW<br />

fragte man sich, wieviel Borgward der<br />

fünfziger Jahre – abgesehen vom Markennamen<br />

– noch im neuen Borgward steckt,<br />

also zum Beispiel welche kon struktiven<br />

oder Design-Merkmale überlebt haben.<br />

Der Markenname gehört jetzt der Firma<br />

Foton bei Peking. Foton ist auch der Mehrheits-<br />

oder Alleineigner der BORGWARD<br />

Group AG in Stuttgart. Die Technik des<br />

BX7 soll aber deutsch sein, versichert<br />

der Borgward-Enkel Christian Borgward.<br />

Design und Entwicklung stammen aus<br />

deutschen Ingenieurbüros. Und dann gibt<br />

es über Christian Borgward die personelle<br />

Verbindung zum ehemaligen Unternehmen.<br />

Er ist zwar nicht Ingenieur, wie es<br />

der Großvater war, aber hoffentlich<br />

ein guter Unternehmer, jedenfalls<br />

sei er jetzt Autobauer,<br />

arbeitet er doch seit zehn Jahren<br />

leidenschaftlich an der Wiederbelebung<br />

der Firma. Andere Parallelen zum<br />

alten Unternehmen wirken eher bemüht,<br />

wie der Hinweis von Chefdesigner Benjamin<br />

Nawka auf die markante Schulterlinie<br />

des BX7, wie sie von der Isabella bekannt<br />

sei. Für die Mitglieder des Arbeitskreises<br />

sieht der neue Borgward aus wie<br />

viele andere SUV – durchaus gelungen, er<br />

gewann ja auch die renommierte Designauszeichnung<br />

Red-Dot-Award, aber er erinnert<br />

nicht direkt an die Autos von Borgward.<br />

Muss aber auch nicht sein.<br />

Am Ende scheint es nicht unmöglich, dass<br />

die Wiederbelebung der Marke Borgward<br />

gelingt, zumal China ein wachsender Absatzmarkt<br />

ist, auf dem deutsches Engineering<br />

hoch geschätzt wird. In Deutschland<br />

will Borgward ein Montagewerk auf Basis<br />

importierter Komponenten errichten. W+M<br />

Fotos: Creative Commons/Spielvogel (oben), Creative Commons/Lothar Spurzem (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


VBIW | 61<br />

VBIW-Sonderpreise für „Jugend forscht“<br />

Wildau/Brandenburg/Schwarzheide.<br />

Am Wettbewerb „Jugend forscht“, der<br />

im Frühjahr endete, wirkten auch wieder<br />

VBIW-Juroren mit. Zudem spendete der<br />

Verein – wie in den Vorjahren auch – eigene<br />

Sonderpreise.<br />

Auf dem Regionalwettbewerb Brandenburg<br />

Ost erhielt der 18-jährige Patrick Langer den<br />

VBIW-Sonderpreis. Er entwickelte ein Gerät,<br />

das über Elektroden auf der Haut Signale<br />

abgreifen, filtern und an einen Computer<br />

übertragen kann. Kleinste Muskelanspannungen<br />

können so in feinmotorische Bewegungen<br />

einer Prothese gewandelt werden.<br />

Auf dem Regionalwettbewerb Brandenburg<br />

West erhielten Tilman Tschirner, Jeromé<br />

Gonschorek und Lisa Gründer einen<br />

VBIW-Sonderpreis. Sie schufen einen „Digitalen<br />

Polychromator“, ganz ohne bewegte<br />

Teile, der beliebige Farbwerte erzeugen<br />

kann, ein seit Langem von der optischen<br />

Industrie verfolgtes Entwicklungsziel.<br />

Der Erhöhung der Verkehrssicherheit haben<br />

sich zwei Azubis von der Heidelberger<br />

Druckmaschinen AG in Brandenburg an<br />

der Havel verschrieben. Bastian Nischan<br />

und Maximilian Gudat griffen das Problem<br />

der Blendung durch Scheinwerfer<br />

auf. Sie schlugen vor, dass bei Stillstand<br />

eines Fahrzeugs automatisch nach fünf<br />

Sekunden das Standlicht und bei Weiterfahrt<br />

das Abblendlicht eingeschaltet wird.<br />

Dieses Projekt wurde zum Landeswettbewerb<br />

mit dem VBIW-Sonderpreis ausgezeichnet,<br />

da es einen weiteren Denkanstoß<br />

zur Lösung der Blendproblematik<br />

liefert.<br />

<br />

Jutta Scheer (VBIW)<br />

Patrick Langer aus Seelow nutzt<br />

bioelektrische Zellpotenziale zur Steuerung<br />

von Maschinen.<br />

Ein Schotte hat’s erfunden<br />

Fotos: BASF/Rasche (oben), Stirling Technologie Institut Potsdam (unten)<br />

Mikro-BHKW von Gimsa: Braun der warme<br />

Teil, blau der kalte Teil eines Stirlingmotors<br />

und rechts der Wand der Pelletkessel.<br />

Potsdam. 1816 erfand der schottische<br />

Pfarrer Robert Stirling den Heißluftmotor.<br />

Anders als der Verbrennungsmotor, wo<br />

Explosionen im Inneren unter Kompression<br />

ablaufen, arbeitet der Heißluftmotor<br />

mit einer äußeren Wärmequelle.<br />

Erhitzte Luft strömt<br />

von einem warmen in einen<br />

kalten Zylinder und wird danach<br />

wieder zurückgeschoben,<br />

wobei über einen Kurbeltrieb<br />

mechanische Energie erzeugt<br />

wird.<br />

Seit Jahren forscht VBIW-Mitglied<br />

Dr.-Ing. Andreas Gimsa<br />

mit dem Stirling Technologie<br />

Institut Potsdam, einer gemeinnützigen<br />

GmbH, an effizienten<br />

und umweltfreundlichen<br />

Methoden zur Heizung von Gebäuden.<br />

Dabei fügt er herkömmliche<br />

Heiztechnik mit dem Stirling-Motor<br />

in einem kleinen Block-Heizkraftwerk<br />

(Mikro-BHKW) zusammen. Dieses kann<br />

dezentral in Einfamilienhäusern eingesetzt<br />

werden.<br />

Eine Gruppe von VBIW-Mitgliedern erlebte<br />

kürzlich ein Mikro-BHKW in Betrieb.<br />

Als dessen äußere Wärmequelle dient ein<br />

Holzpellets-Kessel. Dieser speist Wärme<br />

direkt in ein Heizsystem ein, zusätzlich<br />

wird aber auch die Abwärme des Stirlingmotors<br />

zur Heizung genutzt. Dieser Motor<br />

treibt überdies einen Generator an, um<br />

Strom zu erzeugen. Gimsa will noch in<br />

diesem Jahr einige Mikro-BHKW in den<br />

Praxistest überführen, um 2017 mit dem<br />

Bau einer Kleinserie beginnen zu können.<br />

Dr. Norbert Mertzsch und<br />

Rudolf Miethig (beide VBIW)<br />

VBIW – Verein Brandenburgischer<br />

Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />

Landesgeschäftsstelle:<br />

Fürstenwalder Str. 46,<br />

15234 Frankfurt (Oder)<br />

Tel.: 0335 8692151<br />

E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />

Internet: www.vbiw-ev.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


62 | W+M NETZWERK<br />

UV Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin<br />

AUF DER SUCHE NACH FACHKRÄFTEN<br />

Unternehmer und Wissenschaftler<br />

diskutierten beim 3. Unternehmerfrühstück<br />

des Jahres über den Fachkräftemangel.<br />

Großer Dreesch. Am 12. Juli <strong>2016</strong> fand<br />

das 3. Unternehmerfrühstück des Jahres<br />

der Verbandsregion Schwerin großen<br />

Zuspruch. Mehr als 30 Unternehmer<br />

und Wissenschaftler fanden sich ein,<br />

um Fragen zum vielfach bereits spürbaren<br />

Fachkräftemangel zu diskutieren. Dabei<br />

gingen die Referenten auf Themen<br />

wie Arbeitgeberattraktivität, die Rolle der<br />

Aus- und Weiterbildung bei der Mitarbeitersuche<br />

und auch -bindung sowie auf<br />

die bislang wenig beachtete, aber zahlenmäßig<br />

gar nicht so unerhebliche Gruppe<br />

der Studienabbrecher ein. Diese Gruppe<br />

junger Leute für eine berufliche Ausbildung<br />

zu gewinnen, kann sich durchaus<br />

lohnen. Hierbei ist seit rund einem Jahr<br />

das JOBSTARTERerplus-Projekt "ask for<br />

change" der Hochschule Wismar und der<br />

RegioVision GmbH Schwerin aktiv im Einsatz.<br />

Die Projektmitarbeiter berichteten<br />

beim diesjährigen Unternehmerfrühstück<br />

von ihren Erfahrungen. Viele Unternehmer<br />

zeigen bereits großes Interesse an<br />

diesen potenziellen Auszubildenden und<br />

Fachkräften mit Entwicklungspotenzial.<br />

UV Brandenburg-Berlin<br />

BILDUNGSANGEBOTE NACH MASS<br />

Potsdam. Der Unternehmerverband<br />

Brandenburg-Berlin (UVBB) und die Verwaltungsakademie<br />

(VWA) in Potsdam<br />

wollen die Zusammenarbeit weiter ausbauen.<br />

Auf der Mitgliederversammlung<br />

des Bildungsträgers verwies Dr. Joachim<br />

Feske, 1. Vizepräsident des UVBB,<br />

auf den zunehmenden Fachkräftemangel<br />

und den Bedarf an berufsbegleitenden<br />

Angeboten zur Qualifizierung der<br />

Mitarbeiter. Die VWA ist langjähriges<br />

Mitglied des Unternehmerverbands. In<br />

Zukunft sollen vermehrt Seminare und<br />

Workshops für Mitglieder des UVBB<br />

durchgeführt werden. Ein erstes Seminar<br />

fand bereits zum Thema „Innovative<br />

Geschäftsmodelle marktnah testen“<br />

statt. Das nächste ist für Mitte November<br />

Prof. Dieter Wagner, Sven Heise, Torsten Bork, Stefan Frerichs und Waldemar Stengel (v. l.)<br />

bei der Podiumsdiskussion.<br />

geplant. Ziel ist es, Unternehmer und Mitarbeiter<br />

beim Thema Betriebswirtschaftliches<br />

Know-how gezielt auf den neuesten<br />

Stand zu bringen. Vorschläge und Anregungen<br />

aus dem Kreis der Mitglieder<br />

des UVBB sind stets willkommen.<br />

GELEGENHEIT ZUR STANDORTBESTIMMUNG<br />

Bad Saarow. Der Unternehmerverband<br />

Brandenburg-Berlin (UVBB) nutzte die<br />

Mitgliederversammlung am 1. Juli für die<br />

Standortbestimmung und zum Abstecken<br />

der Ziele. Als Schwerpunkte sieht UVBB-<br />

Präsident Dr. Burkhardt Greiff die Fachkräftesicherung,<br />

den Ausbau der Internet-Infrastruktur,<br />

die Steuerpolitik sowie die Strompreisentwicklung.<br />

Gastreferent auf der<br />

Mitgliederversammlung war Dr. Steffen<br />

Kammradt, Sprecher der Geschäftsführung<br />

der ZukunftsAgentur Brandenburg, welcher<br />

sich zu aktuellen Wirtschaftsfragen wie beispielsweise<br />

dem Strukturwandel in der Lausitz<br />

äußerte. Die Mitgliederversammlung<br />

nahm den Jahresabschluss 2015 an und<br />

entlastete das Präsidium. Der Haushaltsplan<br />

<strong>2016</strong> wurde bestätigt und in einer Nachwahl<br />

der Potsdamer Rechtsanwalt Wolfgang<br />

Matzke in das Präsidium aufgenommen.<br />

Er tritt die Nachfolge von Ingrid Andres an.<br />

Fotos: Reinhard Klawitter (oben), Bolko Bouché (unten)<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


UNTERNEHMERVERBÄNDE | 63<br />

Foto: Claudia Koslowski<br />

UV Sachsen<br />

SCHUTZ VOR CYBER-KRIMINALITÄT<br />

Lars Schaller, Heiko Waber, Michael Sauermann, Andreas Kessler und Jürgen Voigt beim<br />

Unternehmerabend (v. l.).<br />

Leipzig. Der 6. Leipziger Unternehmerabend<br />

von KPMG, UV Sachsen und dem<br />

Verein „DIE FAMILIENUNTERNEHMER –<br />

ASU“ Mitte Juni rückte das Thema „Von<br />

Erpressung, Sabotage und Diebstahl –<br />

wie professionelle Machenschaften von<br />

Cyber-Kriminellen auch mittelständische<br />

Unternehmen bedrohen“ in den Blickpunkt.<br />

Die Veranstaltung in der Alten Essigmanufactur<br />

Leipzig stieß auf große Resonanz.<br />

Cyberattacken gehören für Unternehmen<br />

auf der ganzen Welt mittlerweile<br />

zum Alltag. Dass dies nicht nur multinationale<br />

Konzerne in Übersee betrifft, zeigt<br />

die neueste E-Crime-Studie. Fast 90 Prozent<br />

der befragten Unternehmen schätzen<br />

das momentane Risiko als sehr hoch<br />

ein, mehr als 40 Prozent sind oder waren<br />

schon von e-Crime betroffen – trotz steigender<br />

Investitionen in IT-Sicherheit: Die<br />

Hacker werden nicht müde, nach immer<br />

neuen Einfallstoren in Unternehmen und<br />

Organisationen zu suchen, um diese für<br />

ihre Zwecke auszunutzen. In Deutschland<br />

war es Unternehmen bislang möglich, Cyberattacken<br />

und Hackerangriffe – zumindest<br />

vor der breiten Öffentlichkeit – für<br />

sich zu behalten. Das wird künftig durch<br />

das IT-Sicherheitsgesetz und der damit<br />

einhergehenden Informationspflicht für<br />

Unternehmen nicht mehr so ohne weiteres<br />

möglich sein. Michael Sauermann von<br />

der Abteilung Forensic der KPMG gab einen<br />

spannenden Einblick in seine Arbeit<br />

und zeigte anschauliche Praxisbeispiele<br />

auf. Die stark zunehmenden Hackerangriffe<br />

wecken bei mittelständischen Unternehmen<br />

zudem immer mehr das Bedürfnis<br />

nach einem geeigneten Versicherungsschutz.<br />

Somit gab ein Kurzreferat<br />

von Heiko Waber aus der Geschäftsleitung<br />

des Haftpflichtverbandes der deutschen<br />

Industrie (HDI) Einblick in mögliche<br />

Policen.<br />

GESCHÄFTSSTELLEN<br />

Unternehmerverband Berlin e. V.<br />

Präsident: Armin Pempe<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführer: N. N.<br />

Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />

Tel.: +49 30 9818500<br />

Fax: +49 30 9827239<br />

E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />

Internet: www.uv-berlin.de<br />

Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />

Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />

Geschäftsführer: Steffen Heller<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />

Tel.: +49 331 810306<br />

Fax: +49 331 8170835<br />

E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />

Internet: www.uv-bb.de<br />

Geschäftsstelle Berlin<br />

Charlottenstraße 80, 10117 Berlin<br />

Tel.: +49 30 2045990<br />

Fax: +49 30 20959999<br />

E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />

Geschäftsstelle Cottbus<br />

Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />

Tel.: +49 355 22658<br />

Fax: +49 355 22659<br />

E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />

Unternehmerverband Norddeutschland<br />

Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />

Präsident: Rolf Paukstat<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführerin: Pamela Buggenhagen<br />

Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />

Tel.: +49 385 569333<br />

Fax: +49 385 568501<br />

E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />

Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />

Mecklenburg e. V.<br />

Präsident: Frank Haacker<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />

Wilhelm-Külz-Platz 4<br />

18055 Rostock<br />

Tel.: +49 381 242580<br />

Fax: +49 381 2425818<br />

E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />

Internet: www.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />

Präsident: Hartmut Bunsen<br />

Geschäftsführer: Lars Schaller<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />

Tel.: +49 341 52625844<br />

Fax: +49 341 52625833<br />

E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />

Internet: www.uv-sachsen.de<br />

Geschäftsstelle Chemnitz<br />

Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />

Tel.: +49 371 49512912<br />

Fax: +49 371 49512916<br />

E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />

Geschäftsstelle Dresden<br />

Semperstraße 2b, 01069 Dresden<br />

Tel.: +49 351 8996467<br />

Fax: +49 351 8996749<br />

E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />

Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />

Präsident: Jürgen Sperlich<br />

Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />

Geschäftsstelle Halle/Saale<br />

Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />

Tel.: +49 345 78230924<br />

Fax: +49 345 7823467<br />

Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />

Präsident: Jens Wenzke<br />

c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />

Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />

Tel.: +49 361 4930811<br />

Fax: +49 361 4930826<br />

E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />

Internet: www.uv-thueringen.de<br />

Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />

Präsident: Gerold Jürgens<br />

Geschäftsführer: N. N.<br />

Geschäftsstelle<br />

Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />

Tel.: +49 3834 835823<br />

Fax: +49 3834 835825<br />

E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />

Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


64 | W+M PORTRÄTS<br />

Nora Heer<br />

Start-up-Dirigentin<br />

VISIONÄRE<br />

Nora Heer entspricht dem modernen<br />

Unternehmertyp der neuen<br />

New Economy. Sie beobachtet genau,<br />

spricht schnell, hält zum Nachdenken<br />

inne und erweckt den Eindruck, dass sie<br />

stets gut zuhört, aber schnell<br />

denkt und auch so handelt.<br />

Wer nach dem Studium<br />

gleich in die Unternehmensentwicklung<br />

eines großen<br />

Unternehmens wie Holtzbrinck wechselt,<br />

strategische Aufgaben zu erfüllen hat und<br />

international unterwegs ist, dem stehen<br />

viele Türen offen.<br />

STECKBRIEF<br />

Nora Heer, geboren 1979 in Köln, studierte<br />

Medienwirtschaft in Heidenheim<br />

und ist seit 2004 in Berlin. Neben dem<br />

Abschluss als Diplommedienwirtschaftlerin<br />

verfügt sie über mehrere Zusatzausbildungen.<br />

Nach gut drei Jahren<br />

beim Holtzbrinck-Verlag startete sie ihre<br />

Karriere bei der Meltwater Group. Bei<br />

Project A, einem Venture-Capital-Unternehmen,<br />

nutzte sie ihre Erfahrungen,<br />

um ein Instrument für kontinuierliches<br />

Performance Management zu entwickeln.<br />

Diese Idee bildete den Grundstein<br />

für die Ausgründung im Jahr 2014. Nora<br />

Heer ist Mitgründerin und Geschäftsführerin<br />

von Loopline Systems.<br />

„Ich möchte nie<br />

aufhören, Start-up<br />

zu sein.“<br />

So auch Nora Heer, die bald merkt, dass sie<br />

lieber selbst gestalten will, als in einer großen<br />

Organisation zu planen und zu funktionieren.<br />

Der Zufall und private Gründe sind es,<br />

die sie 2004 nach Berlin führen und wo sie<br />

für ein skandinavisches Unternehmen einen<br />

Standort mit aufbauen soll. Eine interessante<br />

Aufgabe, die schon unternehmerische Freiheiten<br />

und Herausforderungen<br />

abverlangte. Eine Quasi-Unternehmensgründung<br />

im Angestelltenverhältnis.<br />

Hier fand sie das, was sie eigentlich<br />

suchte<br />

und reizte. Aktiv<br />

sein in schnell<br />

wachsenden Unternehmen,<br />

die Organisationsentwicklung<br />

gestalten, neue Leute einstellen,<br />

den Aufbau der dahinter liegenden<br />

Strukturen bis hin zur Managemententwicklung<br />

installieren.<br />

Sie begleitete das Unternehmen sieben<br />

Jahre, die Mitarbeiterzahl stieg von vier<br />

auf 940. Dass sie damals über 1.700 Vorstellungsgespräche<br />

führen musste, hat ihr<br />

Erfahrungen eingebracht, die heute, wo<br />

die Unternehmen oft krampfhaft nach guten<br />

Leuten suchen, von unschätzbarem<br />

Wert sind. Heers Metier ist die Start-up-<br />

Szene. So kommt sie 2012 zu Project A,<br />

einem Inkubator und Venture-Capital-Unternehmen,<br />

das junge Unternehmen finanziell,<br />

aber auch organisatorisch begleitet.<br />

Hier beriet sie Start-ups von der Personalseite<br />

her – vom Recruiting bis zum Coaching<br />

von Führungskräften. Auf der Suche<br />

nach einem passenden Personal-System,<br />

das der Denke von jungen digitalen Unternehmern<br />

entspricht, war nichts Fertiges<br />

am Markt zu finden. So entstand ein eigenes<br />

Produkt, das den modernen Anforderungen<br />

an Performance Management und<br />

Führung entspricht. Ursprünglich gedacht<br />

für das 100-köpfige Team von Project A<br />

und seine Ventures entwarf sie loopline,<br />

ein cloud-basiertes Software-Instrument,<br />

das Ziele mit individuellen Beobachtungen<br />

zum Potenzial und der Zufriedenheit von<br />

Mitarbeitern verknüpft.<br />

Dieses Produkt war auch für andere Unternehmen<br />

von Interesse und so entstand<br />

schnell die Idee, daraus ein Unternehmen<br />

zu machen. Dass Heer hier ein eigenes<br />

Start-up-Unternehmen übernahm, war<br />

nicht von Anfang an klar, heute ist sie<br />

froh darüber.<br />

Sie stammt zwar aus einer Unternehmerfamilie,<br />

aber sie meint, dass es vielmehr<br />

die Vorbilder waren, die sie so geprägt<br />

hätten. Immer hatte sie gute Vorgesetzte,<br />

die notwendigen Freiraum gaben.<br />

Sie spricht von Anpacker-Mentalität<br />

und meint damit die Unternehmerfähigkeit,<br />

Möglichkeiten zu sehen und sich<br />

selbst in die Verantwortung zu nehmen.<br />

Die Kombination von visionärem Denken<br />

und prozessorientiertem Handeln machen<br />

den Unternehmer als Gestalter aus.<br />

Die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, ist<br />

Heer wichtiger als Status. Ihre Aufgabe<br />

beschreibt sie als eine Art Dirigent und<br />

meint damit, Vision und Strategie für das<br />

Unternehmen vordenken und Mitarbeiter<br />

mitnehmen. Auf die Frage, wann das Unternehmen<br />

denn kein Start-up mehr sein<br />

wird, sagt sie: „Ich möchte nie aufhören,<br />

Start-up zu sein, es hat nichts mit Größe<br />

zu tun, sondern ist eher eine Einstellung.“<br />

<br />

Frank Nehring<br />

Foto: Hoffotografen<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


MACHER<br />

W+M PORTRÄTS | 65<br />

Ralf Hillenberg<br />

Preußischer Lautsprecher<br />

Foto: W+M<br />

Ralf Hillenberg hört man oft schon von<br />

weitem. Etwa wenn er mit Freunden<br />

oder Kollegen zusammensteht, eine<br />

Zigarette raucht und die Pause mit einem<br />

Witz auflockert, der durchaus etwas derber<br />

sein darf. Dann spricht er dröhnend<br />

laut und mit „Berliner Schnauze“. Eine<br />

Gabe, die ihm in die Wiege gelegt wurde,<br />

schließlich war der Großvater einst Bierkutscher<br />

und der Vater U-Bahn-Chauffeur.<br />

Hillenberg ist sicher ein Lautsprecher –<br />

aber keinesfalls ein banaler Sprücheklopfer.<br />

Er, der sich selbst als „absoluten Preußen“<br />

bezeichnet, hält es im beruflichen<br />

Alltag mit dem Motto: „Nicht reden, handeln!“<br />

Seit dem Sprung in die Selbstständigkeit<br />

vor nunmehr 22 Jahren hat er drei<br />

Firmen gegründet, sie in schweren Zeiten<br />

über Wasser gehalten und mittlerweile zu<br />

profitablen Unternehmen entwickelt. Es<br />

war ein Weg mit Biegungen, steilen Anstiegen,<br />

riskanten Gratwanderungen und<br />

einem schmerzhaften Absturz.<br />

Als das ehemals volkseigene Unternehmen<br />

Ingenieurhochbau Berlin, für das<br />

Hillenberg fast 20 Jahre gearbeitet hatte,<br />

1994 massiv in Schieflage geriet, kündigte<br />

der Pankower kurzentschlossen. „Ich<br />

brachte es nicht übers Herz, dass ich als<br />

Abteilungsleiter plötzlich<br />

langjährige Kollegen in die<br />

Arbeitslosigkeit schicken<br />

sollte.“ Er gründete seine<br />

erste eigene Firma, die<br />

auf Baubetreuung<br />

spezialisierte<br />

IPBB<br />

GmbH. Es folgte<br />

ein Unternehmen,<br />

das als Generalübernehmer fungiert, sowie<br />

die Spinola Objektgesellschaft, die<br />

sich um Grundstücksentwicklungen kümmert.<br />

Nicht ohne Stolz zählt Hillenberg<br />

vier Punkte auf, die eine Vorstellung von<br />

dem vermitteln, was seine inzwischen 37<br />

Mitarbeiter in zwei Jahrzehnten geschaffen<br />

haben: „Wir stehen für 16.843 sanierte<br />

und neu gebaute Wohnungen. Der Gesamtumsatz<br />

belief sich auf rund 560 Millionen<br />

Euro. Durch unsere energetischen<br />

Sanierungskonzepte konnte der Kohlendioxid-Ausstoß<br />

um 310.000 Tonnen reduziert<br />

werden. Darüber hinaus wurden<br />

durch unsere Wärmedämmung 135 Millionen<br />

Kubikmeter Gas eingespart.“<br />

2010 war das für ihn wohl schwierigste<br />

Jahr. Dem Sozialdemokraten Hillenberg,<br />

von 1990 bis 2011 insgesamt 18<br />

Jahre Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus,<br />

wurde vorgeworfen, Aufträge<br />

der städtischen Wohnungsbaugesellschaft<br />

HOWOGE ohne Ausschreibung<br />

erhalten zu haben. Dass damit seine politische<br />

Laufbahn abrupt endete, war für<br />

Hillenberg emotional schmerzhaft. Noch<br />

dramatischer waren die Auswirkungen<br />

auf seine Firmen: „Man behandelte uns<br />

plötzlich wie Aussätzige, wir bekamen<br />

über Monate keine Aufträge.“ Zwei Jahre<br />

lang führte Hillenberg seine Unternehmen,<br />

ohne sich auch nur einen Euro Ge-<br />

„Es gibt wichtigere<br />

Dinge als die<br />

Politik.“<br />

halt zu überweisen. „Wir standen damals<br />

auf der Kippe.“ Aber Hillenberg hielt durch<br />

und sein Team zusammen. Und nebenbei<br />

gewann er eine ihn prägende Erkenntnis:<br />

„Es gibt wichtigere Dinge als die Politik.<br />

Seitdem genieße ich noch<br />

mehr die Freiheit, mich als<br />

Unternehmer zu verwirklichen.“<br />

Auch auf neuen Feldern<br />

– seit 2010 arbeitet er<br />

als Energieberater in Russland, der Ukraine<br />

und Kasachstan.<br />

Einst sah Hillenbergs Lebensplanung vor,<br />

mit 60 Jahren in Rente zu gehen. Jetzt ist<br />

er 60. „Ich denke gar nicht daran, mich<br />

aufs Altenteil zurückzuziehen. Die Arbeit<br />

ist mein Hobby und am wichtigsten ist mir,<br />

dass meine Mitarbeiter zufrieden sind und<br />

gern bei uns arbeiten. Das soll mindestens<br />

noch zehn Jahre so bleiben.“<br />

Karsten Hintzmann<br />

STECKBRIEF<br />

Ralf Hillenberg wurde am 3. August<br />

1956 in Berlin geboren. Nach Abitur<br />

und Armeedienst erlernte er den Beruf<br />

des Zimmermanns. Von 1978 bis 1984<br />

absolvierte er ein Fernstudium an der<br />

Technischen Universität Dresden, das<br />

er als Diplom-Ingenieur abschloss. Bis<br />

1994 arbeitete Hillenberg als angestellter<br />

Bauleiter. Anschließend machte er<br />

sich selbstständig und gründete insgesamt<br />

drei Unternehmen. Er ist seit 1989<br />

Mitglied der SPD und war von 1991 bis<br />

2011 (mit Unterbrechungen) Mitglied<br />

des Berliner Abgeordnetenhauses.<br />

Er ist geschieden und Vater von zwei<br />

Söhnen.<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


66 | W+M DIE LETZTE SEITE<br />

Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />

Zukunft Ost<br />

Wie werden sich die neuen Länder<br />

in den kommenden 25 Jahren<br />

entwickeln? Wird der seit<br />

1990 andauernde Aufholprozess gegenüber<br />

dem Altbundesgebiet hinsichtlich<br />

der Wirtschaftskraft und der Lebensverhältnisse<br />

irgendwann gelingen? Gibt es<br />

eine Chance, dass sich der aktuell kleinteilige<br />

Mittelstand mausert und daraus sogar<br />

Konzernstrukturen erwachsen? Mit all<br />

diesen Fragen befasst sich das von<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> initiierte<br />

erste Ostdeutsche Wirtschaftsforum,<br />

das am 20. und 21. Oktober<br />

in Bad Saarow stattfindet.<br />

Viele namhafte Akteure<br />

aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft<br />

haben ihre Teilnahme zugesagt. Im<br />

Vorfeld des Kongresses, der den etwas<br />

unbescheidenen Arbeitstitel „Davos des<br />

Ostens“ trägt, stellen zahlreiche Referenten<br />

ihre Kerngedanken zur „Zukunft Ost“<br />

komprimiert im Magazin vor.<br />

In unserer Serie über die Entwicklung des<br />

Wirtschaftsstandortes Ostdeutschland berichten<br />

wir in dieser Ausgabe über Thüringen.<br />

Dort haben vor allem die Bereiche Automotive,<br />

Life Sciences, Informations- und<br />

Kommunikationstechnik (IKT) sowie die optische<br />

Industrie an Dynamik gewonnen. Ministerpräsident<br />

Bodo Ramelow stellt sich<br />

den Fragen von <strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

und spricht über interessante Ansiedlungsvorhaben,<br />

die Integration von Flüchtlingen<br />

in den Arbeitsmarkt und seine Gedanken<br />

zum Thema Länderfusionen.<br />

Darüber hinaus finden Sie wie gewohnt<br />

aktuelle Nachrichten aus den neuen Bundesländern<br />

sowie einen informativen Ratgeberteil.<br />

Die nächste Ausgabe von<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong><br />

erscheint am<br />

17. Oktober <strong>2016</strong>.<br />

PERSONENREGISTER<br />

Acksel, Daniel 10<br />

Albers, Hermann 41<br />

Ancelotti, Carlo 56<br />

Andres, Ingrid 62<br />

Arndt, Rommy 45<br />

Balan, Manuela 57<br />

Ballack, Michael 7<br />

Baumeister, Roy 56<br />

Beckmann, Ralph 45<br />

Blank, Wolfgang 8<br />

Borgward, Christian 60<br />

Bork, Torsten 62<br />

Brendel, Sebastian 58<br />

Bunse, Benno 45<br />

Bunsen, Hartmut 8, 45<br />

Calmund, Rainer 7<br />

Christiansen, Rolf 24<br />

Dulig, Martin 11<br />

Fassbinder, Stefan 8<br />

Faulenbach da Costa, Dieter 26/27<br />

Ferris, Timothy 56<br />

Feske, Joachim 62<br />

Fissenewert, Peter 9<br />

Frenzel, Christian 31/33<br />

Frerichs, Stefan 62<br />

Friedrich, Marc 56<br />

Gabriel, Sigmar 43/44<br />

Giese, Lutz 10<br />

Gimsa, Andreas 61<br />

Glawe, Harry 8, 25<br />

Gleicke, Iris 44<br />

Golbs, Andreas 9, 45<br />

Golletz, Frank 45<br />

Gonschorek, Jeromé 61<br />

Görke, Christian 59<br />

Gramkow, Angelika 24<br />

Greiff, Burkhardt 62<br />

Gründer, Lisa 61<br />

Grusser, Gerald 30<br />

Gudat, Maximilian 61<br />

Gülland, Joachim 29<br />

Guo, Guangchang 45<br />

Haferburg, Katja 32<br />

Hahne, Peter 56<br />

Hampel, Gerd 10<br />

Hartmann, Tim 22/23<br />

Haseloff, Reiner 44<br />

Hattemer, Mario 49<br />

Heer, Nora 45, 64<br />

Heise, Sven 62<br />

Herrmann, Ulrike 56<br />

Hillenberg, Ralf 65<br />

Höpner, Frank 45<br />

Jäger, Hubert 32<br />

Joras, Andrea 45<br />

Jox, Kurt 59<br />

Kahnemann, Daniel 56<br />

Kammann, Rolf 8<br />

Kammradt, Steffen 62<br />

Kawalla, Rudolf 32<br />

Kessler, Andreas 63<br />

Khalil, Jibran 58<br />

Kirpal, Kristian 6<br />

Kirpal, Kurt 6<br />

Kleindfeldt, Angelika 57<br />

Kleindfeldt, Doris 57<br />

Kräh, Mareen 58<br />

Kralinski, Thomas 58<br />

Krüger, Harald 15<br />

Laack, Alyssa 58<br />

Lahmann, Alexander 8<br />

Langer, Patrick 61<br />

Linhart, Zbyněk 38<br />

Ludwig, Saskia 41<br />

Mallok, Jörn 10<br />

Mathieu, Stefan 6<br />

Matthus, Frank 59<br />

Matzke, Wolfgang 62<br />

Meier, Klaus-Jürgen 9<br />

Meinel, Christoph 45<br />

Merkel, Angela 29<br />

Mertzsch, Norbert 61<br />

Methling, Roland 27<br />

Meyer, Jens-Uwe 45<br />

Müller, Michael 44<br />

Müller, Ulrich 10<br />

Nawka, Benjamin 60<br />

Nischan, Bastian 61<br />

Nothnagel, Peter 32<br />

Nowakowski, Juliane 6<br />

Olbricht, Klaus 8<br />

Olenicak, Volker 28/29<br />

Paukstat, Rolf 9<br />

Pegel, Christian 44<br />

Piketty, Thomas 56<br />

Rademacher, Jens 57<br />

Ragnitz, Joachim 10, 40, 44<br />

Ramelow, Bodo 66<br />

Richter, Tino 38/39<br />

Riester, Walter 6<br />

Ritter, Jörg K. 45<br />

Roi, Daniel 28/29<br />

Ruch, Oliver 10<br />

Sapich, Sylvia 57<br />

Sauermann, Michael 63<br />

Schaller, Lars 63<br />

Scheer, Jutta 61<br />

Scholze, Uwe 29<br />

Schwartz, Rainer 26<br />

Sellering, Erwin 44<br />

Stange, Eva-Maria 32, 39<br />

Stapper, Florian 50<br />

Stefanović, Miloš 58, 59<br />

Stengel, Waldemar 62<br />

Stenger, Tillmann 31/32<br />

Stirl, Axel 9<br />

Teuchert, Stefan 45<br />

Tiefensee, Wolfgang 30<br />

Tierney, John 56<br />

Tillich, Stanislaw 16-18<br />

Topf, Wolfgang 6<br />

Treutler, Alexandra 7<br />

Tröltzsch, Jürgen 32<br />

Tschirner, Tilman 61<br />

Vance, Ashlee 56<br />

Voigt, Jürgen 63<br />

von Hardenberg, Tita 6<br />

von Nathusius, Heinrich 45<br />

Waber, Heiko 63<br />

Wagner, Dieter 62<br />

Wagner, Thomas 7<br />

Wanka, Johanna 44<br />

Wassermann, Holger 46/47<br />

Weber, Franziska 58<br />

Weber, Michael 10<br />

Weik, Matthias 56<br />

Werner, Holger 45<br />

Winter, Alexander 45<br />

Wisch, Sebastian 52<br />

Wladasch, Sarah 58<br />

Woidke, Dietmar 8, 16-18, 44, 58<br />

Wolf, Jenny 58<br />

Wolf, Udo 8<br />

Wolff, Severine 10<br />

Zeller, Joachim 34/35<br />

Zillekens, Christian 58<br />

Zoschke, Dagmar 29<br />

<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 5/<strong>2016</strong>


„Wir sorgen für<br />

gute Geschäfte“<br />

Werte Kolleginnen und Kollegen,<br />

als Unternehmernetzwerk haben wir<br />

es uns zur ersten Aufgabe gemacht,<br />

bei unseren Mitgliedern für<br />

gute Geschäfte zu sorgen -<br />

national wie international.<br />

Unsere Haltung dabei ist die des<br />

nachhaltigen Wirtschaftens und<br />

der Fairness.<br />

Es gilt:<br />

Ihr Erfolg ist unser Erfolg.<br />

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wenden Sie sich direkt an uns:<br />

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