Berlin to go, Ausgabe 3.2016
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DISKURS<br />
VORDENKER FÜR DIE<br />
MOBILITÄT DER ZUKUNFT<br />
Dr. Jens Cattarius, VP Engineering bei Bombardier Transportation, berichtet <strong>Berlin</strong> <strong>to</strong> <strong>go</strong><br />
vom hauseigenen Virtual-Reality-Labor und erläutert die Vorteile der Digitalisierung für<br />
moderne Mobilität<br />
1913 begann im brandenburgischen<br />
Hennigsdorf der Lokomotivbau<br />
durch AEG – die Wiegenstunde<br />
moderner Mobilität an<br />
einem Standort, an dem heute<br />
die größte europäische Produktionsstätte<br />
von Bombardier<br />
Transportation ansässig ist. Als<br />
ein weltweit führender Hersteller<br />
von Bahntechnik entwickelt<br />
das Unternehmen mit Hauptsitz<br />
in <strong>Berlin</strong> in 28 Ländern an<br />
Dr. Jens Cattarius geht mit<br />
Bombardier digitale Wege. 61 Produktions- und Technikstandorten<br />
Verkehrslösungen<br />
für die gesamte Welt. 2015 erwirtschafteten die rund<br />
39.000 Mitarbeiter ca. 8,3 Mrd. USD. Rund 2.500 von ihnen<br />
im Hennigsdorfer Werk, wo von der Straßenbahn bis zum<br />
Hochgeschwindigkeitszug modernste Schienenfahrzeuge<br />
entwickelt, produziert und gewartet werden.<br />
In einem Industriezweig, der auf eine beachtliche His<strong>to</strong>rie<br />
zurückblicken kann, sorgt das Thema Industrie 4.0<br />
sicher für massive Veränderungen. Wie gestaltet sich<br />
dieser Prozess bei Ihnen?<br />
Dr. Jens Cattarius (JC): Es stimmt – die digitale Transformation<br />
ist für traditionelle Industriezweige oft mehr als eine<br />
Evolution, denn sie greift tiefgehend in sämtliche Abläufe<br />
ein. Insofern wird man ihre disruptive Kraft spüren, wenn<br />
man nicht veränderungsfähig bleibt. Wir haben schon vor<br />
vielen Jahren erkannt, dass die Digitalisierung ein entscheidendes<br />
Zukunftsfeld sein wird. Der Einsatz digitaler<br />
Technologien findet bei Bombardier bereits auf allen Stufen<br />
der Wertschöpfung statt, von der Produktentwicklung über<br />
den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Die Industrie<br />
4.0 hat damit bei uns an allen entscheidenden Schnittstellen<br />
im Arbeitsprozess Einzug gehalten.<br />
Können Sie das an einem Beispiel erläutern: Wie muss<br />
man sich die digitale Entstehung von Bauteilen für Züge<br />
vorstellen?<br />
JC: Nehmen wir einmal das Stichwort „virtuelle Entwicklung“.<br />
Wir haben bei uns ein Virtual-Reality-Labor (VR-Labor) eingerichtet,<br />
das unseren Entwicklungsspezialisten die Möglichkeit<br />
bietet, ihr Bauteil, ihre Konstruktionslösung oder gar<br />
ganze Innenraumbereiche live in VR (Virtual-Reality) anzusehen.<br />
Sie können dabei alles in Originalgröße betrachten<br />
und Eigenschaften, Funktionalitäten, Bewegungsabläufe<br />
oder Anmutungen simulieren und überprüfen. Das geht<br />
so weit, dass wir virtuelle Monteure simulieren, mit deren<br />
Hilfe sich die Montage von Bauteilen überprüfen lässt, um<br />
entsprechende Montageanweisungen zu erstellen.<br />
Wie muss man sich das VR-Labor denn vorstellen?<br />
JC: Das ist ein 4 x 5 Meter großer Raum mit einer Powerwall,<br />
die mit hochauflösender 4K-Technik ausgestattet ist.<br />
Auf dieser Powerwall können Sie alles simulieren – von der<br />
sprichwörtlichen Schraube bis zum kompletten Zugabteil.<br />
Die Darstellung verändert sich perspektivisch, wenn Sie<br />
den Kopf drehen, damit Sie eine räumliche Sichtkontrollmöglichkeit<br />
haben.<br />
Das klingt in der Tat nach einer digitalen Revolution. Was<br />
sind die Vorteile Ihres VR-Labors?<br />
JC: Wir können schneller, direkter und flexibler auf die<br />
Wünsche unserer Kunden reagieren und ihnen unsere Entwicklungen<br />
anschaulich präsentieren. Abläufe lassen sich<br />
dadurch maximal vereinfachen, Abstimmungsprozesse<br />
hochflexibel gestalten. Wir können etwaige Fehler detektieren<br />
und unsere Produktionsabläufe entsprechend vorbereiten.<br />
Zudem schaffen wir aufgrund der digitalen Überprüfbarkeit<br />
im Bereich der Unfallvermeidung auch höhere<br />
Sicherheitsstandards. Das Praktische ist: Wenn ein Bauteil<br />
auf diese Weise virtuell überprüft und optimiert wurde, lässt<br />
es sich im 3D-Druck sofort als Muster herstellen und seine<br />
Im VR-Labor kann in hochauflösender 4K-Technik alles simuliert werden,<br />
von der Schraube bis zum Zugabteil.<br />
Fo<strong>to</strong>s: Bombardier Transportation<br />
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