xxx
Ich habe es geschafft 10 Wochen im Koma, 27 Wochen im Rollstuhl, 51 Wochen im Spital, 142 Wochen an Krücken. Nach meinem Unfall mit dem Töffli hatte ich ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und eine rechtskörperliche Lähmung. Ich war 15-jährig, als es passierte, und wohnte damals in Oensingen. Ich lag im Spital in Affoltern am Albis, eine Stunde Autofahrt von zu Hause weg. Meine Familie sowie meine Freunde und Freundinnen kamen mich regelmässig besuchen. Sie hatten eine Scheissfreude an jedem meiner Fortschritte, das hat mir Kraft und Mut gegeben. Sich alles zuzutrauen und nie zurückzuschauen, das habe ich damals gelernt. Ich bin eine Kämpfernatur. Jetzt bin ich 30 Jahre alt und wohne in Cham. Vor zwei Monaten habe ich die dreijährige Ausbildung mit dem Fachausweis Betriebsunterhalt abgeschlossen. Ich arbeite in der Gärtnerei des Zuger Kantonsspitals. In den Gebäuden hat es verschiedene Hydropflanzen, die wir pflegen, wir sind aber auch für den Unterhalt der Umgebung zuständig. Zum Glück habe ich diese Ausbildung gemacht, denn die Welt dreht sich ums Geld. Während der Ausbildung habe ich weniger verdient, aber mein Chef hat gesagt: «Benj, mach diese Ausbildung!» Ich wusste, wenn ich mich bewähre, komme ich weiter. In Zug spiele ich in einer Plauschmannschaft Eishockey. Ich bin der Goalie und die Linke ist meine Fanghand. Wenn ich auf dem Boden liege, muss ich mich jeweils am Tor erst wieder hochziehen, sonst falle ich auf den Ranzen. Mein Team nimmt Rücksicht auf mich, es lässt mir Zeit, das schätze ich sehr. Eine weitere grosse Leidenschaft von mir ist die Feuerwehr. Ich bin in Cham bei der Sanität und im Löschzug. Die Schule habe ich in einem Internat in Bern abgeschlossen. Das war vor meinem Unfall. 2004 kam ich nach Kriens ins Ausbildungswohnhaus der <strong>Stiftung</strong> <strong>Brändi</strong>. Ich war ein Rebell, aber ein anständiger Rebell. Ich habe die Grenzen ausgelotet, <strong>klar</strong>, aber ich habe die Grenzen immer auch akzeptiert. In Kriens waren sie sehr geduldig mit mir. Die Auseinandersetzungen haben dazu Marco Nussbaumer. geführt, dass man mich heute noch kennt. Inzwischen bin ich ruhiger geworden, halt auch älter. Ich habe gelernt, dass es wesentlich einfacher geht, wenn zwei am gleichen Strick in die gleiche Richtung ziehen. Zuerst habe ich im Ausbildungswohnhaus Kriens in der Wohngruppe 3 gewohnt. Ein Jahr lang habe ich gelernt, mit andern unter einem Dach zusammenzuleben. Ich habe gelernt, anderen gegenüber – wie sagt man? – tolerant zu sein Benjamin Gunziger hat in der <strong>Stiftung</strong> <strong>Brändi</strong> gewohnt und eine Ausbildung absolviert. «Ich habe gelernt, mir alles zuzutrauen und nie zurückzuschauen», sagt er. Aufzeichnung von: Reto Bruseghini Bilder: Fotosolar und Probleme selber zu lösen. Früher bin ich den Problemen ausgewichen. Dann war ich ein Jahr lang in der Wohngruppe A. Jeder hatte einen eigenen Haustürschlüssel. Und später kam das Highlight, da wohnte ich in der Aussenwohngruppe an der Taubenhausstrasse in Luzern. Mitten in der Stadt. Ich habe Ziele und einen starken Willen. Ich will mich immer wieder selber übertrumpfen und etwas leisten. Mit dem Velo bin ich schon von Oensingen nach Luzern gefahren. 76,601 Kilometer in 4 Stunden 27 Minuten. Velofahren ist meine Leidenschaft. In der <strong>Stiftung</strong> <strong>Brändi</strong> habe ich eine Anlehre als Hauswart-Mitarbeiter absolviert. Das war eine sehr gute Zeit. Sie haben mich machen lassen und sie haben mir immer vertraut. Der Benj kann das schon, haben sie gesagt. Und ich habe dieses Vertrauen nie aufs Spiel gesetzt. Mein Ziel war es, die Ausbildung abzuschliessen. Das habe ich geschafft. Wohnen für Jugendliche während der Ausbildung Erfahrungen sammeln, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung weiterentwickeln: Das Ausbildungswohnhaus-Angebot der <strong>Stiftung</strong> <strong>Brändi</strong> richtet sich an junge Menschen, die eine Ausbildung, eine berufliche Abklärung oder eine Umschulung absolvieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ausbildung oder Abklärung in der <strong>Stiftung</strong> <strong>Brändi</strong> oder im ersten Arbeitsmarkt durchgeführt wird. Unsere Türen sind offen! Die Kombination von Wohnen und Arbeiten ermöglicht eine gezielte und personenbezogene Begleitung. Die Jugendlichen leben in Wohngruppen von bis zu fünf Personen, im Wohnhaus in Kriens oder in einer Aussenwohngruppe in Emmenbrücke oder der Stadt Luzern. Vor dem Einzug ins Ausbildungswohnhaus können Interessenten erst drei Wochen «schnuppern». «Mit dem Angebot, das Wohnen und Ausbildung kombiniert, können wir die jungen Erwachsenen im Bereich Wohnen und Freizeit mit unserem fachkompetenten Team angemessen begleiten», sagt Marco Nussbaumer, Leiter des Ausbildungswohnhauses. «Jeder Jugendliche hat individuelle Bedürfnisse und individuelle Ziele. Darauf können wir mit diesem Angebot umfassend eingehen und die Jugendlichen auf ihrem Weg begleiten.» Gemeinsam mit den Jugendlichen wird für die Zeit nach der Ausbildung jeweils nach einer geeigneten Anschlusswohnform gesucht. < <strong>klar</strong> Herbst 201617