Vielseitige Lehre Im Rhythmus der Tiere Kühe und Maschinen begeistern Pascal Lüthi seit jeher. Unterstützt von einem Jobcoach der <strong>Stiftung</strong> <strong>Brändi</strong> absolviert er auf einem Hof bei Wauwil eine Lehre als Agrarpraktiker EBA. Das Besondere daran: Sein Lehrbetrieb ist gleichzeitig sein Zuhause. Das Ende der Sommerferien. Und alles ist anders. Die Jugendlichen tauschen die vertraute Schule im Dorf mit dem Lehrbetrieb. Die tägliche Wegstrecke verlängert sich. Mit Freunden ist man unter der Woche vor allem über die sozialen Medien in Kontakt. Für Pascal Lüthi hat sich mit dem Start zu seiner Ausbildung als Agrarpraktiker EBA noch etwas anderes verändert. Sein Lehrbetrieb ist gleichzeitig sein neues Zuhause geworden. «Die Lehrlinge leben auf dem Hof mit der Familie zusammen», erklärt Landwirt und Ausbildner Kurt Gassmann. «In der Landwirtschaft ist das üblich.» Und eine weitere Eigenheit ist ebenfalls üblich. «Die Lehrlinge wechseln jedes Jahr den Betrieb, um möglichst viele der landwirtschaftlichen Arbeiten kennenzulernen.» Das 1. Lehrjahr verbrachte Pascal Lüthi auf einem Hof bei Sempach. Seit August lebt und lernt er nun bei der Familie Gassmann, deren Hof am Santenberg am Wauwilermoos liegt. Südseitig, mit Blick auf die Alpen. «Ich habe mich gut eingelebt und daran gewöhnt, dass ich da wohne, wo ich auch die Lehre mache», sagt der 16-Jährige. Seine «neue» Familie bis im nächsten Sommer sind Kurt und Irma Gassmann, ihre drei Kinder, der zweite Lehrling Simon sowie all die Tiere, um die sich die Welt hier dreht. An 365 Tagen im Jahr, fast rund um die Uhr. «Auch daran müssen sich die Lehrlinge erst gewöhnen», sagt Kurt Gassmann, der mit Pascal Lüthi bereits den zehnten Lehrling ausbildet. Ausbildungsbetrieb Der Betrieb gehört zur Gemeinschaft Gassmann Kurt & Jules und liegt am Santenberg am Wauwilermoos. Die Familie Gassmann kümmert sich zusammen mit zwei Lehrlingen um 26 Milchkühe, rund 50 Zuchtschweine und 8 000 Mastpoulets. Zur Gemeinschaft gehören 36 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche mit diversen Kulturen (Weizen, Mais, Raps usw.) und 6 Hektar Wald. Dass er gerne mit Tieren und der Natur arbeitet, entdeckte Pascal Lüthi durch einen Schulfreund. Auf einem Gemeinschaftsbetrieb durfte er in seiner Freizeit mithelfen und lernte das Bauern kennen. Die Vielseitigkeit war ausschlaggebend für die Wahl der Lehre, «vor allem auch weil ich Kühe sehr mag und gerne mit Maschinen auf dem Feld arbeite», ergänzt Pascal Lüthi. Davon hat es bei Gassmanns genug. «Hoflader, Kreisler, Mistzettler, Kompoststreuer.» Er kennt sie alle und weiss auf dem Hof damit umzugehen. Tierhaltung bringt viele wiederkehrende Arbeiten mit sich. Was das bei Zuchtschweinen und Mastpoulets heisst, lernt Pascal Lüthi nun im 2. Lehrjahr bei Gassmanns. Sie werden ihn auch den Winter über auf Trab halten, wenn die Saat in den Feldern schläft. Zwar folgt ihre Aufzucht einem Rhythmus, aber vieles lässt sich nicht genau planen – und plötzlich steht man nachts im Stall, wenn das Kalbern losgeht. Unterstützt werden Pascal Lüthi und sein Ausbildner Kurt Gassmann durch einen Jobcoach der <strong>Stiftung</strong> <strong>Brändi</strong>. Als Schnittstelle zwischen Lehrling, Lehrbetrieb, IV und Eltern trägt er dazu bei, dass Jugendliche eine passende Lehrstelle finden, sich in der Ausbildung wohlfühlen und den Sprung ins Erwerbsleben schaffen. «Wir hatten zum Start ein gutes Gespräch mit allen Beteiligten», so Jobcoach Richard Eichenberger. «Jeder konnte sich einbringen und an Lösungen mitdenken. Etwa bei der Frage, ob Förderstunden zur Arbeitszeit gehören.» Für das zweite und letzte Ausbildungsjahr von Pascal Lüthi ist Eichenberger zuversichtlich: «Er ist gut gestartet und die ersten Rückmeldungen sind sehr positiv.» Ja, Pascal Lüthi hat sich gut eingelebt. Das liegt nicht zuletzt an den drei Kindern von Gassmanns, die ebenfalls junge Erwachsene sind. Mit ihnen versteht er sich bestens und kann von ihnen lernen. Der älteste Sohn Marc ist ebenfalls Landwirt. Und mit dem jüngeren Noah fachsimpelt er über ein Thema besonders gerne: landwirtschaftliche Maschinen. Leben und Lernen gehen in dieser Lehre Hand in Hand. < Von Manuel Huber, Bilder: Fotosolar 8 <strong>klar</strong> Herbst 2016
<strong>klar</strong> Herbst 20169