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Die Drehorgel in der Graphik

Die Drehorgel in der Graphik von Peter G. Schuhknecht

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So<br />

ist diese Form <strong>der</strong> <strong>Graphik</strong> noch billig zu erwerben. <strong>Die</strong> breitrandigen<br />

Blätter s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs brüchig, da sie auf billigem Papier gedruckt<br />

wurden. Sie sollten eiligst unter schützerides Glas gelegt werden.<br />

rkmal <strong>der</strong> Guckkastenbil<strong>der</strong> ist auch <strong>der</strong> Titel, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Spiegelschrift<br />

(Prismenurrdrehung) zu f<strong>in</strong>den ist. Nicht selten ist man überrascht und<br />

erstaunt über e<strong>in</strong>e völlig falsche und überhaupt nicht zum Bild gehörende<br />

Beschriftung. <strong>Die</strong>ser fehlgedruckte Text läßt auf die mangelnde Sorgfalt<br />

bei <strong>der</strong> Anfertigung dieser Guckkastenbil<strong>der</strong> schließen (Nassenware).<br />

übrigens gibt es auch Prachtstücke, die aus Italien stammen, und wahre<br />

Meisterstücke <strong>der</strong> Radierkunst darstellen. Zwar waren die italienischen<br />

Arbeiten beson<strong>der</strong>s preiswert, aber sie gelten heute als die hochwertigeren<br />

Kunstblätter.<br />

<strong>Die</strong> Blütezeit des Bil<strong>der</strong>Igens<br />

1871: E<strong>in</strong>e neue Zeit beg<strong>in</strong>nt <strong>in</strong> Eurooa, als Bismarck am 18. Januar 1871<br />

im Spiegelsaal von Versailles das zweite deutsche Kaiserreich ausruft.<br />

Es wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge von Kaiser Wilhelm 1. bis 1888 — dem Drei—Kaiser-<br />

Jahr - regiert. 1888 stirbt <strong>der</strong> Regent im hohen Greisenalter. Se<strong>in</strong><br />

Sohn Friedrich III. übernimmt schwerkrank das Amt des Kaisers für<br />

100 Tage. Und noch im gleichen Jahr wird <strong>der</strong> Enkel, Kaiser Wilhelm II.,<br />

zum Kaiser gekrönt und übernimmt die Führung des deutschen Kaiserreiches<br />

bis zum Jahre 1918. Das Wilhelm<strong>in</strong>ische Zeitalter, das <strong>in</strong> EnqLnd das<br />

Victorianische Zeitalter genannt wird, spiegelt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> ui,st, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Bautechnik, im Möbelstil und natürlich im Druckgewerbe wi<strong>der</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Blütezeit <strong>der</strong> Handwerkskünste weicht e<strong>in</strong>er Industrialisierung,<br />

Darrpfmasch<strong>in</strong>en verb<strong>in</strong>den die Städte und lassen Entfernungen zusammen<br />

schrurrfen. Es entsteht e<strong>in</strong>e neue, schnellebigere Gesellschaft.<br />

Der Druck von Flugblättern ist nicht mehr gefragt. Es entstehen die<br />

heute bekannten “Ivbritaten“, die nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong>e Verbalihornung<br />

<strong>der</strong> ursprünglich melancholischen P.britatenmelodien darstellen.<br />

Nun verkauft <strong>der</strong> Bänkelsänger die heute bei Sammiern so beliebten<br />

Bil<strong>der</strong>bögen. Sie stammen aus Nürnberg und Neurupp<strong>in</strong> und beschäftigen<br />

sich mit <strong>der</strong> Belehrung <strong>der</strong> Schüler, aber auch mit litisch—sozia1en<br />

Zuständen <strong>in</strong> Deutschland. Auch diese Ersche<strong>in</strong>ungsform ist <strong>der</strong> Obrigkeit<br />

natürlich nicht angenehm. Viele Auflagen gegen die Verteilung von Mri<br />

tatenzetteln, Handlesezetteln und zur Erschwernis <strong>der</strong> Bänkelsänger<br />

tätigkeit stammen aus jener Zeit und erfahren gelegentlich noch heute<br />

<strong>in</strong> manchen Städten Deutschlands ihre Anwendung.<br />

Ab 1844 ersche<strong>in</strong>en die wohl bekanntesten Münchener Bil<strong>der</strong>böen, später<br />

folgen solche aus Halle, Berl<strong>in</strong>, Stuttgart, die meist erbauliche Themen<br />

zum Inhalt haben. Wilhelm Busch aus Hannover, He<strong>in</strong>rich Zille aus Berl<strong>in</strong>,<br />

waren z . B. Lieferanten für diese neue Form <strong>der</strong> Unterhaltung. <strong>Die</strong> Bil<strong>der</strong>—<br />

ix)gen wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Technik des Holzschnitts angefertigt und primitiv<br />

ausgemalt. Um die Schnelligkeit und Auflagenhöhe zu steigern g<strong>in</strong>g man ab<br />

1855 zur technisch weniger mühsamen Farblithographie über.<br />

<strong>Die</strong> Bildstkarte erfreut sich um die Jahrhun<strong>der</strong>twende des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

großer Beliebtheit. Da diese bereits von Anfang an gesammelt wurden,<br />

steht den Sammiern auf diesem Gebiet noch das größte Reservoir zur Ver<br />

fügung. Buchillustrationen herauszureißen und nachträglich zu kolorieren,<br />

ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>trägliches Geschäft gerissener Händler. Der Sammler wird <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Gier nach gewissen Itiven zwar danach nicht fragen, aus<br />

historischer Sicht muß diese Form “Geldschnei<strong>der</strong>ei“ zum<strong>in</strong>dest als<br />

bedenklich bezeichnet werden.<br />

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