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Fritz Wrede und der Drehorgelbau in Hannover

Fritz Wrede und der Drehorgelbau in Hannover von Peter G. Schuhknecht

Fritz Wrede und der Drehorgelbau in Hannover von Peter G. Schuhknecht

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En ahr7narhI <strong>in</strong> (faLiitrq •nitnnci<br />

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dt.<br />

%4


<strong>Hannover</strong>scher Unterhaltungs- <strong>und</strong> Musikautomaten<br />

von Peter Georg Schuhknecht<br />

mit e<strong>in</strong>em Vorwort von Prof. Dr. Walter Bruch<br />

Geschichte <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong>dungen<br />

1


Folgenden Dairn <strong>und</strong> Herren möchte ich für die Unterstützung zum vor<br />

liegenden Werke über <strong>Hannover</strong>sche Erf<strong>in</strong>dungen auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

rrechanischen 1‘bisik, ihre Hilfe mit H<strong>in</strong>weisen, Fotos <strong>und</strong> Skizzen sehr<br />

herzlich danken:<br />

Ulrich Baier, Arnum<br />

Albert Bock, <strong>Hannover</strong><br />

He<strong>in</strong>er Braun, <strong>Hannover</strong><br />

Prof. Dr. Walter Bruch, <strong>Hannover</strong><br />

Jan L.M. van D<strong>in</strong>teren, Geleen (Holland)<br />

Manfred Handke, <strong>Hannover</strong><br />

Wilfried Hönuerich, Bonn<br />

Dr. Jürgen Hocker, Bergisch-Gladbach<br />

Geoffry Mayson, Manchester (England)<br />

Familie F. <strong>und</strong> D. Schick1er, Frankfurt<br />

Dr. Gerhard Schöttler, <strong>Hannover</strong><br />

Paul Georg Tesch, <strong>Hannover</strong><br />

Wilhelm Tiedemann, Hamburg<br />

Gunter Urban, Henun<strong>in</strong>gen<br />

Poland Wolf, <strong>Hannover</strong><br />

Dr. Franz Zankl, Langenhagen (Han)<br />

Dr. Helnut Zeraschi, Leipzig<br />

H2lmut Zirnnermann, <strong>Hannover</strong>


3<br />

tiert -<br />

o<strong>der</strong><br />

flimrmre“ -<br />

übrigens<br />

näher komnrend -<br />

ihre<br />

wie<br />

se<strong>in</strong>e<br />

— manchmal<br />

e<strong>in</strong>zusarrateln.<br />

Lie<strong>der</strong> erkl<strong>in</strong>gen ließen, bis sie <strong>in</strong> unserem Hof,<br />

unter<br />

von Prof. Dr. Walter Bruch<br />

er<strong>in</strong>nern uns noch gerne an die Leierkästen, die von Hof zu Hof -<br />

tn historischen Drehorgeln zum Geleit<br />

weiterwan<strong>der</strong>nd <strong>und</strong> leiser werdend verklang die Musik. Wie das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

H<strong>in</strong>terhof im Berl<strong>in</strong>er Arbeiterviertel aussah, das hat uns Maister Zille<br />

sich von den Berl<strong>in</strong>er Orig<strong>in</strong>alen anregen. Orgelbauer Buchwald hörte<br />

sich mit an, wie die Orgelmänner ihre Orgel lobten o<strong>der</strong> tadelten <strong>und</strong><br />

sich über die Prograimke ausließen. So konnte Buchwald se<strong>in</strong>e Orgeln<br />

uns bewegt, die machanischen Masik<strong>in</strong>strunnte jener Zeiten zu sanireln<br />

alten Zeit, nach <strong>der</strong> L&isikwelt unserer Großväter <strong>und</strong> Urgroßväter, die<br />

Ist es “Nostalgie“, aus dem Griechischen übersetzt “Heimh“ nach <strong>der</strong><br />

mit Bewirtung. überall an den Wänden standen Drehorgeln <strong>in</strong> Regalen.<br />

Heirreh nach dem Drehorgelmar<strong>in</strong>, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal an <strong>der</strong> Straßenecke stand<br />

<strong>und</strong> diese wie<strong>der</strong> neuwertig <strong>in</strong> Betrieb zu setzen? Ganz bestirrnt. ist es<br />

die Berl<strong>in</strong>er Kneipe, von <strong>der</strong> er erzählte. Sie hatte den treffenden Narren<br />

Max Buchwald, e<strong>in</strong> begabter <strong>Drehorgelbau</strong>er, hatte sich so se<strong>in</strong>en Dreh<br />

<strong>und</strong> dort se<strong>in</strong>e Weisen ertönen ließ - e<strong>in</strong>e Munschentraube um sich herum,<br />

leiert“ hatten. Wir halfen, die <strong>in</strong> Papier e<strong>in</strong>gewickelten Groschen<br />

den damals noch gedämpften Verkehrslärm tibertönend. Wir, die Älteren,<br />

1‘brgens holte man sich se<strong>in</strong>e Orgel; die Regale wurden leer. Abends<br />

orgelverleih aufgezogen. Mit e<strong>in</strong>er Anzeige “Broterrb im Handumrehn“<br />

hatte er sich -<br />

<strong>in</strong> vielen Zeichnungen h<strong>in</strong>terlassen. “Dat war se<strong>in</strong> Milieu“ <strong>und</strong> auch<br />

kam man zurück, stellte se<strong>in</strong>e Orgel wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Regal, bezahlte die<br />

e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong>schar um sich, die Prograirate auf ihrer Walze “herunterge—<br />

Leihgebühr von 6 Mark. E<strong>in</strong>en Teil des Profites verzehrte man sogleich<br />

am Stammtisch. Maister Zille saß oft an diesem Starn<strong>in</strong>tisch <strong>und</strong> ließ<br />

“Zur quietschvergntigten Drehorgel“. Eigentlich war es e<strong>in</strong> Drehorgelladen<br />

börse; so ähnlich wirkte sie, wie heute die Schlagerparaden im R<strong>und</strong>funk<br />

<strong>und</strong> Fernsehen.<br />

Dar Volksschlager wurde damals mit den Leierkästen propagiert. Schließ<br />

waren e<strong>in</strong>stmals genauso Schlager, wie heute vielleicht “Ra, Ra, Rasput<strong>in</strong>“.<br />

lich s<strong>in</strong>d auch unsere no<strong>der</strong>nen Schallplatten- <strong>und</strong> Tonbandspieler<br />

Nur damals blieben diejenigen, die die Noten <strong>in</strong> Walzen <strong>und</strong> Bän<strong>der</strong>n<br />

itechanische Musikproduzenten, wenn es auch ke<strong>in</strong>e mechanisch selbstspielenden<br />

Musik<strong>in</strong>strunente s<strong>in</strong>d, die sie abgelöst haben.<br />

“rnarktgerecht“ prograrrnieren. Das war dann auch so e<strong>in</strong>e Art Schlager—<br />

Auch danials wurden Schlager schon “gemacht“. Von Paul L<strong>in</strong>cke —<br />

ausschließlich den Interpreten zufällt.<br />

“E<strong>in</strong> Vögle<strong>in</strong> sang im L<strong>in</strong>denbaum“ o<strong>der</strong> “Wir w<strong>in</strong>den Dir den Jungfernkranz“<br />

spielgerecht umgesetzt hatten, anonym, während heute alle Ehre fast<br />

Premieren-Theater von <strong>der</strong> Erstaufführung e<strong>in</strong>er Operette nach Hause<br />

von dem ihm befre<strong>und</strong>eten Orgelbauer Giovanni Bacigalupe schon vor <strong>der</strong><br />

auch von an<strong>der</strong>en Berl<strong>in</strong>er Komponisten - wird erzählt, daß das aus dem<br />

Erstaufführung die “Hits“ für die Drehorgel setzen lassen.<br />

strebende Publikum an vielen Ecken das, was Schlager werden sollte,<br />

schon von <strong>der</strong> Drehorgel hörte. So vielleicht “Glühwürmchen, Glühwürmchen<br />

waren es auch nur Pfennige —<br />

“Schlösser, die im M<strong>und</strong>e liegen“. Dar Komponist hatte<br />

sofort als Walze o<strong>der</strong> Lochband nach Amerika expor<br />

Zille erzählte -<br />

K<strong>und</strong>en herangeholt.<br />

Von Hof zu Hof<br />

<strong>und</strong>


Der Leierkasten lieferte diese Musik auch zu den armen Leuten, die die<br />

Operetten nicht besuchen konnten. Der Berl<strong>in</strong>er Dichter He<strong>in</strong>rich Seidel,<br />

Erbauer <strong>der</strong> Halle des Anhalter Bahnhofs, hat e<strong>in</strong> Gedicht mit “Musik <strong>der</strong><br />

armen Leute“ überschrieben. Es beg<strong>in</strong>nt mit:<br />

“Der Musikprofessor spricht:<br />

Die Drehorgeln, die dulde man ni“<br />

Es br<strong>in</strong>gt zum Ausdruck, wie die ausübenden Musiker zum Volks<strong>in</strong>strument von<br />

damals standen. Sie nannten den Leierkasten e<strong>in</strong> “barbarisches“ Instrument<br />

<strong>und</strong> glaubten, daß auch die Franzosen bei se<strong>in</strong>er Namensgebung “Orgue de<br />

Barbarie“ das zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen llten. Zu se<strong>in</strong>er Ehrenrettung muß<br />

gesagt werden, daß die Experten diese Bezeichnung auf den ersten bekannt<br />

gewordenen <strong>Drehorgelbau</strong>er Giovanni Barberi zurückführen. Er lebte um 1 7(X).<br />

Es gibt noch viele an<strong>der</strong>e Deutungen <strong>der</strong> Herkunft dieses Namens. E<strong>in</strong>e nehmen<br />

wir gerne zur Kenntnis, wnach es e<strong>in</strong>e Orgel aus <strong>der</strong> Barbarei, nämlich<br />

aus Deutschland se<strong>in</strong> sollte. Wahre Kunstwerke von mit Fe<strong>der</strong>werk angetriebenen<br />

mechanischen Kle<strong>in</strong>orgelwerken, <strong>in</strong> Augsburg um 16(X) entstanden, lassen es<br />

nicht ausgeschlossen ersche<strong>in</strong>en, daß die Drehorgel <strong>in</strong> Deutschland entstanden<br />

ist.<br />

Der schlechte Ruf des Leierkastens ist verständlich. Weitgehend aus Holz<br />

gefertigt, wurden die Kästen von den fahrenden Musikanten bei W<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />

Wetter von Ort zu Ort geschleppt <strong>und</strong> waren dann wohl kaum irrrer <strong>in</strong><br />

“Stirria<strong>in</strong>g“. Die deutsche Namensgebung hat sicher etwas mit <strong>der</strong> Drehleier<br />

zu tun; jenes Instrument, e<strong>in</strong>e Art Geige, mit <strong>der</strong> die fahrenden Musikanten<br />

im Mittelalter von Burg zu Burg zogen. Mit e<strong>in</strong>er von <strong>der</strong> rechten Hand<br />

gedrehten Kurbel wurden von e<strong>in</strong>em Reibrad die Saiten von unten <strong>in</strong><br />

Schw<strong>in</strong>gung versetzt. Mit den F<strong>in</strong>gern <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Hand wurden die Tasten<br />

des Griffbrettes betätigt, die Ivlodie gespielt. Da lag es nahe, mit<br />

e<strong>in</strong>er “geleierten“ Kle<strong>in</strong>orgel durch die Lande zu ziehen. Für die “Luft“<br />

mußte man sowieso über das Drehen e<strong>in</strong>en Balg bewegen. Warum nicht dann<br />

auch noch statt über Tasten von e<strong>in</strong>er mitgedrehten Stiftwalze mit den<br />

Stiften die Orgelventile im Rhytmus <strong>der</strong> vorprogrammierten Ilodie öffnen.<br />

Von den Glockenspielen war sie ja bereits bekannt. Mit fortschreiten<strong>der</strong><br />

Technik wandelte sich <strong>der</strong> Leierkasten - erlauben Sie mir diese Differen<br />

zierung - zur Drehorgel.<br />

Den Bedarf konnten nur noch große Fabriken befriedigen - mit Dampfbetrieb,<br />

wie es <strong>in</strong> vielen Anzeigen stand. Das Lochband, die Notenrolle, erlaubte<br />

längere Musikprogramme. Auch die Oper eroberte sich die Drehorgel.<br />

Der Weg führte zum Orchestrion, das ganze Orchester ersetzte, <strong>in</strong> den<br />

Tanzsälen aufspielte <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s attraktiv <strong>der</strong> Kirmes ihr Gesicht <strong>und</strong><br />

ihren “so<strong>und</strong>“ gab. Das Qrgelwerk war dann nur noch e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> selbst<br />

spielnden Instrumente, trotzdem blieb <strong>der</strong> Name “Kirmesorgel“ für dieses<br />

Orchestrion erhalten.<br />

Und wie<strong>der</strong> ist es Nostalgie, die uns vor diesen großen Kirnesorgeln stehen<br />

läßt, die wir hier <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> Jahr für Jahr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt sehen <strong>und</strong> hören<br />

können. Sie lösen Heimweh bei uns aus, Heimweh nach den Jahrmärkten, auf<br />

denen sie erklangen, sich gegenseitig übertönend, die Besucher zu ihrer<br />

Attraktion, <strong>der</strong> Achterbahn, <strong>der</strong> Geisterbahn, dem Kettenkarussell lockend.<br />

Jede für sich bestaunt, doch alle zusanman die Syrrhonie <strong>der</strong> Kirmes<br />

spielend. E<strong>in</strong>e eigene Symphonie, die nur im Freien, auf dem großen Platz,<br />

sozusagen <strong>in</strong> Quadrophonie, ne<strong>in</strong> <strong>in</strong> Multiphonie von uns gehört wurde.<br />

Ke<strong>in</strong>eswegs “e<strong>in</strong>e grauenvolle Katzenmusik, wie sie erzielt wird, wenn<br />

sämtliche Leiermänner Berl<strong>in</strong>s <strong>in</strong> den Circus gesperrt werden <strong>und</strong> je<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Walze dreht“. So die Erstaufführung von Richard Wagners<br />

isters<strong>in</strong>ger von e<strong>in</strong>em Kritiker anläßlich <strong>der</strong> Erstaufführung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

beschrieben. Vielleicht hätte <strong>der</strong> über die Kirmes auch so geschrieben,<br />

wenn er als Erwachsener sie erstmalig erlebt hätte. Wer von uns Alten<br />

4


Achterbahn gesteigert.<br />

lohnen!<br />

geht darauf die ungeheure Volkstümlichkeit dieser JYbritat zurück.<br />

erlebt <strong>und</strong> sich nicht im Laufe des Lebens bis zur Kirmasorgel an <strong>der</strong><br />

hat nicht die Drehorgel mit etwa drei Jahren im Karussell erstmalig<br />

<strong>in</strong> den Krieg h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> spielbar, vom JYister Hans Schlotzheim im Grünen Gewölbe<br />

<strong>in</strong> Dresden. Die sogenannte Weihnachtskrippe spielte “Vom Hirrurel hoch“ <strong>und</strong><br />

Aber nicht nur so hat die Drehorgel die Kunst bee<strong>in</strong>flußt. Noch ehe <strong>der</strong><br />

I4iseen zu bew<strong>und</strong>ern. Die größten I4isiker <strong>der</strong> Klassik haben dafür eigene<br />

Kompositionen geschaffen: Ph.E. Bach, L. van Beethoven, Haydn, JYbzart u.a.<br />

notoren getrieben, <strong>in</strong> ungeheuer teure JY5belstücke e<strong>in</strong>gebaut, die sich<br />

Den Klang <strong>der</strong> Kirmas haben viele namhafte risiker mit Orchester<strong>in</strong>stru<br />

Leierkasten Volks<strong>in</strong>strunent wurde, waren w<strong>in</strong>zige Orgelwerke, von Fe<strong>der</strong><br />

nenten <strong>in</strong> Synphonien umgesetzt. Als Beispiel Igor Straw<strong>in</strong>sky <strong>in</strong> “Petruschka“.<br />

nur die Reichsten <strong>der</strong> Reichen leisten konnten. Das wertvollste Kunstobjekt,<br />

das ich je sah, stand im Hohenzollernmuseum <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

als “Cha<strong>in</strong>ber Barrel Organ“ <strong>und</strong> sogar <strong>in</strong> die Kirche als “Church Barrel Organ“.<br />

übrigens hatte <strong>in</strong> gland die Drehorgel E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die Salons gef<strong>und</strong>en<br />

Der Jahrmarkt se<strong>in</strong>er russischen Heimat muß wie <strong>der</strong> unsere getönt haben.<br />

Der “Ponursche Kunstschrank“ war das am besten erhaltene Exemplar<br />

werksnotor, das bis zu den Borrennächten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gespielt werden konnte;<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> spielbar.<br />

davon abgenomrrenen Noten.<br />

<strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ert für die Kunstkamrrern <strong>der</strong> Fürsten anfertigte, um<br />

Zum<strong>in</strong>dest bei <strong>der</strong> Uraufführung wurde er von e<strong>in</strong>er echten Drehorgel<br />

am Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Dreigroschenoper: “Und <strong>der</strong> Haifisch, <strong>der</strong> hat Zähne ...“?<br />

L4isik aus dem Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts. Geblieben s<strong>in</strong>d uns nur die<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Oper treffen wir sie an. Wer kennt nicht den JYbritaten-Song<br />

Dieser wertvolle, um 1615 von 27 Kunsthandwerksmaistern <strong>in</strong> Augsburg<br />

Bacigalupo, wie dieser erzählte, drehorgelgerecht benotet. Nicht zuletzt<br />

begleitet. Die Kompesition hat Kurt Weill mit dem Berl<strong>in</strong>er Orgelbauer<br />

Noch älter waren zwei Spielwerke <strong>in</strong> herrlichen Silbergehäusen, auch bis<br />

Dutzende, ja H<strong>und</strong>erte von kle<strong>in</strong>en Geräten <strong>und</strong> Spiele aufzunehnen.<br />

angefertigte Schrank enthielt e<strong>in</strong> Orgelwerk mit Stiftwalze <strong>und</strong> Fe<strong>der</strong><br />

Tiefenschrift <strong>der</strong> mahr als 300 Jahre später entstandenen Emil Berl<strong>in</strong>er<br />

Schallplatte. Ebenfalls von Schlotzheim gab es im Grünen Gewölbe,<br />

jener mit unzähligen Schubladen versehenen Kab<strong>in</strong>ette, die man im 16.<br />

von Orgelwerk <strong>und</strong> Uhr, wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> kunstgewerblich wertvolle Gehäuse geklei<br />

gebaut, enthielt sie ke<strong>in</strong>e Stiftwalze, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schallplatte<br />

E<strong>in</strong>e sehr viel größere Verbreitung erlangte die Flötenuhr, die Komb<strong>in</strong>ation<br />

det. Sie stand <strong>in</strong> reichen Häusern <strong>und</strong> ist heute auch noch <strong>in</strong> deutschen<br />

War es bei den Flötenuhren e<strong>in</strong>e Kunst <strong>der</strong> äuReren Gestaltung, die nur die<br />

selbst gehört hat, s<strong>in</strong>d erhalten geblieben.<br />

sehr ähnliches Rad, das die Stifte <strong>in</strong> Kreisen angeordnet hatte, wie die<br />

Malkunst als “Naive Kunst“ bezeichnen. Vielleicht f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Kunstwissenschaftler,<br />

<strong>der</strong> anhand <strong>der</strong> gesaiiielten “rrechanischen, selbstspielenden<br />

J4usik<strong>in</strong>strunente“ e<strong>in</strong>e Geschichte dieser Kunst schreibt. Es würde sieh<br />

Reichen bezahlen -konnten, so erfuhren auch Leierkasten <strong>und</strong> Kirmasorgel<br />

“Josef, ach Josef, lieber Josef ma<strong>in</strong>“. 1598, also noch im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Zwei Flötenuhren mit 31 Kompositionen von Haydn, die <strong>der</strong> JYister noch<br />

1602 erorben, e<strong>in</strong>e Kugelfanguhr, auch mit Stiftplatte bis <strong>in</strong> den Krieg<br />

ihre künstlerische Gestaltung, aber diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art, die wir <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

5


technische FortschriEt macht ihr Spiel zu e<strong>in</strong>er Kunst. Tempovatiationen,<br />

Georg Schuhknecht, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e erstaunliche Sarrmlung zusarmengetragen hat.<br />

wecken <strong>in</strong> uns die Nostalgie, das Heirmh nach den nie wie<strong>der</strong>kehrenden<br />

mehr se<strong>in</strong>, zum<strong>in</strong>dest die aus unserem Jahrh<strong>und</strong>ert. Der verwirklichte<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt aufgestellten Kirrresorgeln, nicht nur aus Deutschland,<br />

Drekrgelfeste mit Leierkästen <strong>und</strong> den großen, an verschiedenen Stellen<br />

gemacht werden kann. Die von ihm regelmäßig <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> organisierten<br />

e<strong>in</strong>en Platz zu f<strong>in</strong>den, wo die ganze Sanmlung <strong>der</strong> öffentlichkeit zugänglich<br />

1vchanikern zeitgerecht <strong>in</strong> Betrieb.Es wäre zu wt<strong>in</strong>schen, <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong><br />

Se<strong>in</strong>e oft als “Schrott“ erstandenen Geräte setzte er mit geschulten<br />

Diese Drehorgeln sollen für Sie, wenn Sie sie hören, ke<strong>in</strong>e Leierkästen<br />

Zeiten unserer Groß- <strong>und</strong> Urgroßväter.<br />

6<br />

“Warum sich wohl ans Fenster stellen,<br />

Wenn unten <strong>der</strong> Alte die Leier dreht?<br />

Warum sie verstunuren <strong>und</strong> mancher ergriffen<br />

5 se<strong>in</strong>er 11 Töchter —<br />

3 8iger Trompetenorgel<br />

Foto: Adolf Schmidt<br />

Der <strong>Hannover</strong>sche<br />

dreißig Jahre mit se<strong>in</strong>er<br />

Hermann Zaspels —<br />

hier<br />

Drehorgeispieler<br />

mit<br />

am E<strong>in</strong>gang zum Schützenpiatz.<br />

spielte<br />

Das alte Lied ihrer Jugendzeit.“<br />

Die Brust wird ihnen plötzlich so weit.<br />

Sie wissen es selbst nicht, warum sie lauschen,<br />

Mit glänzenden Augen vorübergeht?<br />

Der von Herrn Schuhknecht arrangierten <strong>Hannover</strong>schen Ausstellung hätte<br />

aber auch ihre Seele h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gelegt haben.<br />

könstierisch befähigten Spezialisten benotet wurden, die ihr ganzes Können,<br />

e<strong>in</strong> Zitat von unserem Wilhelm Busch gut getan, doch von ihm f<strong>in</strong>det sich<br />

nichts über den Leierkasten. Er hat ihn wohl, wie an<strong>der</strong>erorts die Musik,<br />

irrirer vor Augen halten, daß das mechanische Abspielen von Walzen o<strong>der</strong><br />

Lochbän<strong>der</strong>n ausgelöst wurde, die vielfach von musikalisch geschulten,<br />

des Spiels, machen <strong>in</strong>dividuellen Klang möglich. Dabei soll man sich<br />

Sie lassen sich durch die Seele rauschen<br />

die nur beim Handbetrieb möglich s<strong>in</strong>d, das Ziehen von Pegistern während<br />

sich <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> oft wohl gefühlt hat:<br />

“als lÄrm empf<strong>und</strong>en“. Dafür e<strong>in</strong> Gedicht von Joachim R<strong>in</strong>gelnatz, <strong>der</strong><br />

dabei alle jpen von Drehorgeln, <strong>und</strong> sie ausstellen. Dazu gehört Peter<br />

persönlichen E<strong>in</strong>satz historische machanische Musik<strong>in</strong>strurrnte sanln,<br />

Wir können uns glücklich schätzen, daß es Liebhaber gibt, die mit großem


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<strong>Hannover</strong>sche Musikmasch<strong>in</strong>en —<br />

E<strong>in</strong> Beitrag zu e<strong>in</strong>er Son<strong>der</strong>ausstellung im<br />

Historischen Museum vom 2. Mai 1981 bis 30. Juni 1981<br />

<strong>Hannover</strong> hat Anlaß, stolz auf se<strong>in</strong>e Erf<strong>in</strong><strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>. In <strong>Hannover</strong> wurde<br />

von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716) die erste Pechen<strong>in</strong>asch<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

Welt konstruiert.<br />

Der erste Kle<strong>in</strong>wagen <strong>der</strong> Welt wurde 1924 von <strong>der</strong> Hanornag <strong>in</strong> Serienproduk<br />

tion hergestellt <strong>und</strong> 1905 wurde von <strong>der</strong> Bahlsen-Keksfabrik das erste<br />

Fließband <strong>der</strong> Welt <strong>in</strong> Betrieb genommen.<br />

Hier schießt die höchate Fontäne Deutschlands <strong>in</strong> den Herrenhäuser Gärten<br />

80 m gen Himrl <strong>und</strong> kündet von dem Ruhm <strong>Hannover</strong>schen Erf<strong>in</strong><strong>der</strong>geistes.<br />

Auf dem Gebiet <strong>der</strong> Unterhaltungs- <strong>und</strong> Informationsmasch<strong>in</strong>en machte erst<br />

<strong>in</strong> den letzten zwei Jahren e<strong>in</strong>e Erf<strong>in</strong>dung von sich reden - e<strong>in</strong>e Erf<strong>in</strong>dung<br />

des Hauses Telefunken. In den wissenschaftlichen Laboratorien des gleichen<br />

Hauses wurde von Herrn Prof. Dr. Walter Bruch das PAL—System, das brauch—<br />

berste <strong>und</strong> beste Farbfernsehsystem <strong>der</strong> Welt, entwickelt; mo<strong>der</strong>ne Erf<strong>in</strong>dungen,<br />

die die übermittlung von Nachrichten <strong>und</strong> den Genuß von Unterhaltungssendungen<br />

perfektionieren.<br />

Schon vor h<strong>und</strong>ert Jahren — im Jahre 1878 — wurde von e<strong>in</strong>em <strong>Hannover</strong>aner<br />

die auf dem Gebiet <strong>der</strong> Speicher- <strong>und</strong> Informationstechnik hl bedeutsamste<br />

Erf<strong>in</strong>dung gemacht. Emil Berl<strong>in</strong>er erfand die Schallplatte. Er ließ das dazu<br />

gehörige Abspielgerät <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Spielzeugfabrik <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen zunächst <strong>in</strong><br />

Kle<strong>in</strong>serien <strong>und</strong> Handfertigung herstellen. Diese sensationelle Erf<strong>in</strong>dung<br />

g<strong>in</strong>g r<strong>und</strong> um die Welt. Wir legen heute ganz selbstverständlich e<strong>in</strong>e Schall<br />

platte auf, um unsere Liebl<strong>in</strong>gsnusik zu hören <strong>und</strong> denken gar nicht daran,<br />

daß vor über 1(X) Jahren diese Erf<strong>in</strong>dung auf Jahrmärkten <strong>und</strong> Panoptiken<br />

zur Schau gestellt wurde <strong>und</strong> um ihre Anerkennung kämpfte; denn viele<br />

Ivnschen glaubten an diese Erf<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>fach nicht. War es nicht vielleicht<br />

doch Verulkung, wenn da jemand behauptete, man könne jetzt se<strong>in</strong>e eigene<br />

Stirru konservieren <strong>und</strong> sie abhören? War es nicht Spuk o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> billiger<br />

Taschenspielertrick, daß nunnehr e<strong>in</strong>e echte Jhisikkaoelle aufgenom<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

wie<strong>der</strong> abgespielt werden konnte? Bis zu diesem Zeitounkt war man auf die<br />

Holzwalze <strong>in</strong> <strong>der</strong> Drehorgel, im Gaststättenautomaten angewiesen. Hier mußten<br />

f<strong>in</strong>dige Arrangeure die Misik aus <strong>der</strong> Komposition auf die Walze übertragen;<br />

<strong>und</strong> dem Geschick des Orgelbauers wie auch dem Geschick des Mnritaten- o<strong>der</strong><br />

Bänkelsängers war es nun überlassen, diese lodien <strong>in</strong> den letzten W<strong>in</strong>kel<br />

unseres Landes zu tragen.<br />

In den Gaststätten standen damals große Plattenspieldosen mit gestanzten<br />

Blechplatten. “E<strong>in</strong>wurf 5 Pfennig“ stand an e<strong>in</strong>em seitlichen Schlitz — <strong>und</strong><br />

schon spielte das Instrument, <strong>und</strong>. man konnte e<strong>in</strong> Tänzchen wagen.<br />

Die Industrie dieser Spielwerke befand sich zumeist <strong>in</strong> Leipzig - Kalliope,<br />

Symphonion <strong>und</strong> Polyphon waren große, bedeutsamre Fabriken von Spieldosen,<br />

die im Volksm<strong>und</strong> Spie1uhr genannt wurden.<br />

übrigens verdankt unser Gramnophon dieser Plattenspieldose die Entstehung<br />

se<strong>in</strong>es Namens; denn als um 1900 die Firma Polyphon <strong>in</strong> Leipzig mit über<br />

4CXX) Mitarbeitern <strong>in</strong> Liquiditätsschwierigkeiten geriet, kaufte die Firma<br />

Graxmela <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> (jene von Emil Berl<strong>in</strong>er gegründete Phonographenfabrik)<br />

die Firma Polyphon zur Erweiterung ihrer Produkbionskapazität auf.<br />

Aus <strong>der</strong> Symbiose <strong>der</strong> beiden Fabrikationsnamen Polyphon <strong>und</strong> Granmnla entstand<br />

unser gutes Gran<strong>in</strong>ophon - na bitte


j<br />

KAISERLICHES<br />

PATE NTA<br />

PATENTSCHRIF<br />

— J78143<br />

—<br />

KLASSE 1: MUSIKALISCHE<br />

INSTI1UMENTE.<br />

VALENTIN SCHREIBER IN HANNOVER.<br />

Mechanisches Muskwerk mit umkehrbarer Bewegungsrichtung des Notenbandes.<br />

Patentirt Im Deutschen Reiche vom 23. September 1893 ab.<br />

Das nachstehend beschriebene Musikwerk ist<br />

mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung versehen, welche die<br />

Bewegungsrichtung des Notenblattes urnzu<br />

kehren gestattet. 5<br />

In <strong>der</strong> beiliegenden Zeichnung stellt Fig. i<br />

das Musikwerk <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Leierkastens im<br />

Aufrifs, Fig. 2 daselbe <strong>in</strong> Seitenansicht dar.<br />

Fig. 3 ist die Oberansicht des im Gestell K<br />

fetgelagerten Triebwerkes; Fig. die Oheran<br />

sie! it <strong>der</strong> <strong>in</strong> dem ab nehm baren Schlittenra hmen R<br />

gclacrteit Notenwalzen n‘ <strong>und</strong> u‘ 2 <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

St<strong>in</strong>iiiihebelt L‘Lhrung S.<br />

Mittelst <strong>der</strong> Handkurbel II <strong>und</strong> Lenkstange 1<br />

werden <strong>der</strong> Blasebaig B <strong>und</strong> durch die auf<br />

<strong>der</strong> Kurbelwelle ‚v3 angeordneten l<strong>in</strong>ks- bezv.<br />

rechtsLiugen Schnecken s1 <strong>und</strong> s2 die <strong>in</strong> festen<br />

Knaggen n1 <strong>und</strong> n2 gelagerteh Kammri<strong>der</strong> k‘<br />

<strong>und</strong> k bethtigt. Das Kammrad k2 ist auf<br />

e<strong>in</strong>er Welle w befetigt, <strong>der</strong>en entgegenge<br />

setites Ende e<strong>in</strong> gleich grofses Kammrad k3<br />

trigt. Mit den Kammr<strong>der</strong>n k‘ <strong>und</strong> k3 stehen<br />

im E<strong>in</strong>griff die oberhalb <strong>der</strong>selben festgelagerten<br />

ZahnriLler<br />

1<br />

<strong>und</strong><br />

2<br />

welche mit je e<strong>in</strong>em<br />

MitIlel<strong>in</strong>ier n bezw. m2 ausgerüstet s<strong>in</strong>d, Fig. 4.<br />

Letztere greifen <strong>in</strong> entsprechende L?iclier <strong>der</strong><br />

uut‘scn <strong>in</strong> dem Schlittenrahmen R angebrachten<br />

Scheiben b‘ <strong>und</strong> b2 abwechselnd je nach Stellung<br />

des Schlittens e<strong>in</strong>.<br />

Der untere, zwischen festen Knaggeri n bis n1<br />

verschiebbare Schlittentheil r wird dt.irch die<br />

Schraubenfe<strong>der</strong>f constant nach rechts gedrückt.<br />

An <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en Leiste des Schlittentheils r ist<br />

<strong>in</strong> de<strong>in</strong> Knaggen n7 e<strong>in</strong> Laufrtidchert d ge<br />

lagert, welches auf e<strong>in</strong>er doppelten halbkreis<br />

förmigen Laufbahn rollt, welche seitlich mit<br />

dem Zahnrad verb<strong>und</strong>en ist. Diese Lauf<br />

‘oahn hat zur Hiilfte den gleichen Radius wie das<br />

Zahnrad ‚ zur I-1l1te e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>eren Radius q<br />

Der Kurbelwelle w3 ist eiii Getriebe auf<br />

gesetzt, durch welches Zahnrad 1 <strong>in</strong> Drehung<br />

versetzt wird, an dessen Umfang e<strong>in</strong> Stift c<br />

angebracht ist, <strong>der</strong> hei jedesmaligem Unange<br />

1<br />

von mittelst Hebels h 1 hezw. Sperrkl<strong>in</strong>kc p<br />

das Zahnrad um e<strong>in</strong>en Zahn verschiebt.<br />

In <strong>der</strong> <strong>in</strong> Fig. hezw. Fig. 4 gezeicl<strong>in</strong>eten<br />

Stellung ist Zahnrad <strong>in</strong> E<strong>in</strong>gritf mit Kamm—<br />

rad k‘, <strong>und</strong> es erfolgt Drehung <strong>der</strong> Notenwalzen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Pfeilrichtung Fig. 4, bis <strong>in</strong>folge<br />

Drehung des Zahnrades das Laufridchen d<br />

auf die LautHiche mit gröfserern Radius ge<br />

langt, wodurch <strong>der</strong> Schlitten r <strong>und</strong> damit <strong>der</strong><br />

Sclilittenrahmen 1? unter Ueberw<strong>in</strong>dung des<br />

Druckes <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> f so weit nach l<strong>in</strong>ks ge<br />

schoben wird, dafs Scheibe b2 mit Zahnrad z<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>griff kommt, wodurch e<strong>in</strong>e entgegenge<br />

setzte Drehung <strong>der</strong> Notenwalzen hervorgerufen<br />

wird.<br />

Indem das durchlochte, von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en ‘sValze<br />

sich auf die an<strong>der</strong>e aufwickelnde Notenblatt<br />

oberhalb <strong>der</strong> Stimmhebelstittführung S h<strong>in</strong>gleitet,<br />

spr<strong>in</strong>gen die Stimmhebelstifte t <strong>in</strong> die<br />

Notenlöcher <strong>und</strong> besorgen <strong>in</strong> bekannter Weise<br />

das Oeffnen <strong>und</strong> Schliefsen <strong>der</strong> Ventile für die<br />

Pfeifen P.<br />

Wenn <strong>in</strong>folge Handhabung <strong>der</strong> Kurbel das<br />

Notenblatt von <strong>der</strong> Walze sv2 abgewickelt bezw.<br />

9


auf \Valze ;i‘‘ aufgewickelt ist, wird das Zahn—<br />

rad e<strong>in</strong>e halh Umdrehung vollführt haben,<br />

worauf die Rolle d auf den erweiterten Lauf—<br />

Lrmi ileitct.<br />

Dii iJi die bc‘eh riet‘cne E<strong>in</strong> richtiiii ist es<br />

lit e<strong>in</strong>e gnCtere Folge von Musik—<br />

sttLkeii ohne Ausvecliselung des Notenblattes<br />

zu Geliir zu br<strong>in</strong>gen, da auf demselben<br />

Notenblatt viele Stücke h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> für den<br />

Rechtsan <strong>und</strong> ebenso viele Stücke für den<br />

L<strong>in</strong>kgang zwischen den rechtslufigen Noten<br />

angeordnet werden kennen.<br />

Da Notenhlatt ist <strong>in</strong> die Walzen ;v1 <strong>und</strong> w2<br />

mit se<strong>in</strong>en Enden e<strong>in</strong>gefalzt; mittelst <strong>der</strong> Hand<br />

habe 1z2 wird <strong>der</strong> ahnehmbare, durch Haken<br />

mit dem unteren Theile r verb<strong>und</strong>ene Rahmen<br />

theil R herausgehoben <strong>und</strong> kann durch e<strong>in</strong>en<br />

neuen E<strong>in</strong>satz bequem ersetzt werden.<br />

PAT ENT-AN5PaU CH<br />

E<strong>in</strong> mechanisches Musikwcrk mit durch—<br />

loch tem Nuten blatt, dadurch geken nicich net,<br />

dufs die Kurbelwelle (;i1) mittelst Zali nrUdcr<br />

(‘ T4) <strong>und</strong> liebe! (I,) ciii Zihiirnl (‚ he—<br />

tliitigt, dii reh dcssen 1 Jndreli u ng <strong>der</strong> die Noten—<br />

walten (‚v‘ <strong>und</strong> w 2,t tragende Schlitten (‘1? r,)<br />

vermittelst des mit dem Schlitten verb<strong>und</strong>enen<br />

LaufrLidchens (‘d, nach l<strong>in</strong>ks <strong>und</strong> durch E<strong>in</strong><br />

wirkung <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> (f,) nach rechts geschoben<br />

wird, je nachdem das Laufrdchen auf <strong>der</strong><br />

erweiterten bezw. verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ten, seitlich am<br />

Zahnrad angeordneten LaufflLtche rollt, so dafs<br />

die Triebscheiben (b 1 b2,) <strong>der</strong> Notenwalzen (‘3v 1<br />

abwechselnd mit den von <strong>der</strong> Kurbelwelle (w3,)<br />

getriebenen Zahnr<strong>der</strong>n (‘ <strong>und</strong> ‘) <strong>in</strong> E<strong>in</strong>griff<br />

kommen.<br />

Hierzu 2 Blau Zeichnungen.<br />

PUUN. OtDRUcXT IN DLa<br />

10


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4<br />

abgestirruTt se<strong>in</strong> konnte. Es ist heute fast nicht bekannt, daß die berUhmiesten<br />

Orgelkonzert erkl<strong>in</strong>gen lassen konnten, das sogar auf die Jahres— o<strong>der</strong> Tageszeit<br />

führungen <strong>in</strong> Standuhren <strong>und</strong> sogar Kam<strong>in</strong>uhren e<strong>in</strong>zubauen, die allstündlich ihr<br />

Spieluhrenmacher, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage waren, Orgelwerke <strong>in</strong> iimr kle<strong>in</strong>eren Aus<br />

Masikwerke e<strong>in</strong>baute. An den Adeishöfen Europas hielt man sich <strong>in</strong> dieser Zeit<br />

Komponisten im Auftrage ihrer fürstlichen Brotgeber Kompositionen für Flötenuhren<br />

anzufertigen hatten. Joseph Haydn tat dieses für den Grafen Esterhzy,<br />

viele Kompositionen für Drehorgeln <strong>und</strong> Flötenuhren. Se<strong>in</strong>e fünf bedeutsamsten<br />

Potsdam kornnn. Und hier kam e<strong>in</strong>e politisch bedeutsame Entscheidung jener<br />

Spieluhren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat Uhren, die vermöge e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>gebauten Orgeiwerkes<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stedt <strong>und</strong> auf dem Lande gespielt wurden, waren mit e<strong>in</strong>er Holzwalze<br />

die später <strong>in</strong> mathematischen Masch<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Datenverarbeitungsapparaten<br />

<strong>Hannover</strong>, baute auch große Kirmesorge<strong>in</strong> mit Walzen, die e<strong>in</strong>e Länge bis zu<br />

plätzen diverse <strong>Wrede</strong>-Orgeln von <strong>der</strong> großen Orgelbauertradition <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong>.<br />

wurden von renomaierten Vergnügungsparks <strong>in</strong> Europa gekauft. Noch heute ver<br />

g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> alle Welt <strong>und</strong> verkündeten auf allen Volksfesten den Ruhm <strong>der</strong> Orgel—<br />

amerika, ja sogar nach Afrika <strong>und</strong> Australien. Die meisten Instrumente aber<br />

bauerfamilie <strong>Wrede</strong> <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong>. Viele Instrumente g<strong>in</strong>gen nach Nord- <strong>und</strong> Süd<br />

Hohenzollern die Län<strong>der</strong>eien um Neuenburg an. 1704 ließ <strong>der</strong> Soldatenkönig<br />

Flötenuhrenbau <strong>und</strong> den Orgelbau <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Norddeutschland aufbauten.<br />

Deutschland. Die größten Kirmesorgeln mit den schönsten, üppig geschnitzten<br />

Fassaden, w<strong>und</strong>ervollen Arrangements <strong>und</strong> zauberhaften, ausdrucksvollen Registern<br />

Jahre 1868 <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> <strong>der</strong> spätere Orgelbauer <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> gebören.<br />

Se<strong>in</strong>e Werkstatt <strong>und</strong> Schaffensstätte steht noch heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> Scheidestr. 9 A.<br />

nach Potsdam, den man später den “großen Bach“ nannte.<br />

übrigens holte man sich ke<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Arrangeur als Philipp Eanuel Bach<br />

dynamisches Geschlecht, das Neuenburg vertreten konnte <strong>und</strong> trug dem Hause<br />

französischen Schweiz, war die Adelsl<strong>in</strong>ie ausgestorben. Man suchte e<strong>in</strong><br />

Tage <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Drehorgel <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> zugute. In Neuchtel, <strong>der</strong><br />

für e<strong>in</strong>e Drehorgel!<br />

KonpDsitionen überhaupt wurden <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em letzten Lebensjahr geschaffen -<br />

salzburg - verfolgt werden können. Se<strong>in</strong> Sohn Wolfgang Amadeus bzart schrieb<br />

Salzburger Stiers —<br />

ebenso wie Leopold MDzart, dessen Korrx)sitionen noch heute auf <strong>der</strong> Walze des<br />

Uhrmacher, Calenbergerstr. Calenb. Neustadt - hieß <strong>der</strong> <strong>Hannover</strong>sche Spieluhren<br />

spielten. Und auch hier kann <strong>Hannover</strong> voll Stolz im Adreßbuch des Jahres<br />

1801 e<strong>in</strong>en solchen königlichen Spieluhrenmacher benennen: Peter Bofenschen,<br />

so<br />

Was am Hofe <strong>in</strong> Wien beliebt <strong>und</strong> begehrt war, sollte natürlich auch nach<br />

12 Spieluhrenmachermeister nach Potsdam übersiedeln, die von da an den<br />

Doch tun wir e<strong>in</strong>en Schritt vorwärts <strong>in</strong> das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Hier wurde im<br />

Von hier g<strong>in</strong>gen wohl die schönsten Zauberflöten--Drehorgeln nach ganz<br />

2 Netern hatten. Aber Hbllnrith hatte e<strong>in</strong>e bedeutsame Erf<strong>in</strong>dung gemacht,<br />

beschickt, <strong>in</strong> die Mass<strong>in</strong>gstifte <strong>und</strong> —bögen e<strong>in</strong>gesetzt waren. Noch se<strong>in</strong> Lehrherr,<br />

<strong>Fritz</strong> Baier, ebenfalls e<strong>in</strong> berühmter <strong>und</strong> bekannter Orgelbauer <strong>in</strong><br />

nennt man das große Orgeiwerk auf <strong>der</strong> Festung Hohen—<br />

bauer, <strong>der</strong>nicht nur die Uhren reparierte, son<strong>der</strong>n auch künstlerisch geschickt<br />

Die kle<strong>in</strong>en Handdrehorge<strong>in</strong>, die von den Moritatensängern <strong>und</strong> Drehorgeispielern<br />

von Bedeutung se<strong>in</strong> sollte. Er erfand die Lochkartensteuerung; zunächst als<br />

wurde! Misik ist aber zunächst nichts an<strong>der</strong>es als Mathematik.<br />

man sich vorstellt, daß diese zunächst zur Steuerung von Kirmesorgeln gemacht<br />

Mosikspeicher für e<strong>in</strong>e Kirmesorgel. E<strong>in</strong>e wirklich bedeutsame Erf<strong>in</strong>dung, wenn<br />

künden <strong>in</strong> den großen Vergnügungsparks <strong>und</strong> auf den bekannten Volksbelustigungs


KAISERLICH ES<br />

PATENTAMT.<br />

PATENTSCHRIF<br />

—<br />

126994<br />

‚Q4/<br />

KLASSE 51,/.<br />

GUSTAV KÖHLER IN HANNOVER.<br />

Vorrichtung an Streich<strong>in</strong>strumenten zum Andrücken des Streichbandes an die Saiten<br />

mittelst Tastenhebel.<br />

Patentirt Im Deutschen Reiche vorn 6. Dezember igoo ab.<br />

Bei deii rnittc Ist mechanisch bewegten 1<br />

Streichbandes zu spielenden Streich<strong>in</strong>strumenten<br />

(Viol<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gl.) ist das Streichband meist<br />

so geführt, dafs es nur e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Theil<br />

des Umfangs <strong>der</strong> Saite anstreicht. Bei dem<br />

ger<strong>in</strong>gen Angriff kann e<strong>in</strong> ungleichmLifsiges<br />

<strong>und</strong> unvortiteilhafies Schw<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Saiten<br />

entstehen, <strong>und</strong> man ist au fserdem nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage, den I‘on nach Erfor<strong>der</strong>nifs anschwellen<br />

zu lassen. Diese Nachtbeile sollen durch die<br />

vorliegende Ausführungsform für den Saiten—<br />

strich vermieden werden, <strong>und</strong> zwar dadurch,<br />

dafs das Streichband sowohl oberhalb als auch<br />

unterhalb <strong>der</strong> Saite an diese angeprefst wird.<br />

Es bildet daher <strong>der</strong> Theil ‚ welcher zwischen<br />

diesen beiden Punkten liegt, e<strong>in</strong>e zur Instru<br />

mentensaite lothrecht gerichtete L<strong>in</strong>ie.<br />

Auf dem Gestell a, auf dem das Instrument<br />

ruht, ist <strong>der</strong> Bügel b angeordnet. Dicser dient<br />

zur Führung des Bandes c,<br />

für welchen Zweck<br />

mehrere Rollen d <strong>und</strong> e an ihm befestigt s<strong>in</strong>d.<br />

Ucher diese Rollen d <strong>und</strong> e ist das Band c<br />

geführt, welches von unten durch e<strong>in</strong>e ent<br />

‚.wishcn den Saiten f<br />

geordnet.<br />

drehbar befestigt, <strong>der</strong>en Anzahl <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong><br />

S:iien des Instruments entspricht. Mit diesen<br />

s<strong>in</strong>d die Hebel h vere<strong>in</strong>igt, so dafs diese durch 1<br />

das Nie<strong>der</strong>drücken <strong>der</strong> Tasten zum Ausschlag<br />

gebracht werden.<br />

Die Hebel lt teichen mit ihren Enden bis<br />

unter die Saiten <strong>und</strong> tragen hier Anschlüge Jr ‘,<br />

die entwe<strong>der</strong> mit abgestumpften Kanten o<strong>der</strong><br />

mit Rollen eehen se<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> nen . Oherlial h<br />

<strong>der</strong> Saiten s<strong>in</strong>d an den Hebeln fe<strong>der</strong>nde Röll—<br />

chen i befestigt, die im losen Zustande dicht<br />

an das Band heranreichcn, olme es zu drücken.<br />

Soll das Instrunient gespieltwcrden, so wi,d<br />

die betreffende Taste g.. nic<strong>der</strong>gcdrückt <strong>und</strong><br />

damit ihr Hebel h an das Streich band c heran<br />

geführt. Die Drucknasc Ii‘ <strong>und</strong> die Druckrollen<br />

i drücken hierbei auf das vor ihnen<br />

liegende Sireichhand <strong>und</strong> führen es an die<br />

Instrumentensaite heran. Beim Loslassen <strong>der</strong><br />

Taste wird au,± das Streichhand von <strong>der</strong><br />

Saite abgeführt.<br />

Der Antrieb des Streichhandes kann auf be<br />

liebige Weise erfolgen, <strong>und</strong> zwar durch e<strong>in</strong>en<br />

Motor, durch Fufsbctricb o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gl. Die<br />

Fülle des Tones wird durch das mehr o<strong>der</strong><br />

weniger starke Herandrücken des Streich—<br />

sprechende Vorrichtung, die mechanisch o<strong>der</strong> bandes c an die zu streichende Saite vermittelst<br />

durch den Fufs des Spielenden <strong>in</strong> Bewegung<br />

gesetzt wird, bewegt wird. Die Rollen c s<strong>in</strong>d Bei diesen Instrumenten können gegebenen<br />

des zu spielenden In— falls alle Saiten auf e<strong>in</strong>mal angestrichen verdcn.<br />

stril<strong>in</strong>entes <strong>und</strong> zwar unterhalb <strong>der</strong>selben an— 1<br />

An dcni Bügel b s<strong>in</strong>d die Tasten<br />

PATENT -<br />

g<br />

ANS P Ri C H E:<br />

<strong>der</strong> Taste <strong>und</strong> des Hebels h verursacht.<br />

3.<br />

Vorrichtung an Strdch<strong>in</strong>strumenten zum<br />

And rücken des mechanisch bewegten<br />

Streichbandes an die Saiten mittelst Tastcn<br />

15


hebel, dadurch gekennzeichnet, dnfs <strong>der</strong> 2.<br />

mit <strong>der</strong> Taste (g,. t verb<strong>und</strong>ene Andrück<br />

hebel (Ii,,) das Streichband (c,) an zwei<br />

Druckstellen ‘i <strong>und</strong> h‘) oberhalb <strong>und</strong><br />

unterhalb <strong>der</strong> Saite berührt <strong>und</strong> an die<br />

Saite andrückt.<br />

E<strong>in</strong>e Ausfflhrungsforrn <strong>der</strong> unter i. ge<br />

nannten Vorrichtung, bei weicher <strong>der</strong> An—<br />

d ritckhebel (h,) an se<strong>in</strong>em unteren Thcile<br />

au.gehaucht <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er Andri‘icknase (h1,)<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er fe<strong>der</strong>nden Andrückrolie (i,) ver<br />

sehen ist.<br />

Hierzu<br />

Blatt Zeichnungen.<br />

UE3LIN.<br />

GEDRUCIT U ua IIEICHSDUCKEE1.<br />

16


GUSTAV KÖHLER IN<br />

HANNOVER.<br />

Vorrichtung an Streich<strong>in</strong>strumenten zum AndrUcken des Streichbandes an die Saiten<br />

mittelst Tastenhebel.<br />

9.<br />

b<br />

L<br />

PHOTOGR. DRUCK DER REICHSDRUCKEREL<br />

Zu <strong>der</strong> Patentschrift<br />

126994.<br />

17


Die Zeit vor <strong>der</strong> Jahrh<strong>und</strong>ertwende des beg<strong>in</strong>nenden 20. Jahrh<strong>und</strong>erts war<br />

reich an Erf<strong>in</strong>dungen auf dem Gebiet <strong>der</strong> Musik, <strong>der</strong> Muchanik <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Speicherträger. Wahrend noch das Grarmophon um se<strong>in</strong>e nerkennung k&rpfte,<br />

erlebten die Drehorgeln <strong>und</strong> Kirmasorgeln ihre Blütezeit. Ke<strong>in</strong> Schausteller<br />

geschäft auf dem Jahrmarkt, das nicht auch wenigstens e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Drehorgel<br />

besaß. “Wer nicht gehört wird, wird iiberhört‘ hieß damals die Lvise.<br />

Mit <strong>der</strong> Lochkartensteuerung, die im Klavierbau alsbald als Notenrollen<br />

steuerung tiberncxrwren wurde, konnte <strong>der</strong> Umfang des Pepertoires erheblich<br />

erweitert werden. Die Pollen wurden mit wenigen, leichten Handgriffen aus<br />

gewechselt <strong>und</strong> vermieden so Wie<strong>der</strong>holungen <strong>der</strong> Musikstücke. E<strong>in</strong>ige Patente<br />

f<strong>in</strong>den wir aus jenen Jahren. 1893 ließ sich Valent<strong>in</strong> Schreiber aus <strong>Hannover</strong><br />

e<strong>in</strong> nchanisches Musikwerk mit urrikehrbarer Bewegungsrichtung des Notenbandes<br />

patentieren. Es handelte sich hierbei um e<strong>in</strong> Orgelwerk, das nun nicht mehr<br />

mit Walze gesteuert wurde, son<strong>der</strong>n das zur Steuerung <strong>der</strong> Orgel mit e<strong>in</strong>er<br />

Papierrolle ausgestattet war; e<strong>in</strong>e für damalige Begriffe bereits unerhörte<br />

Erf<strong>in</strong>dung, wenn marl sich vorstellt, daß <strong>der</strong> Drehorgel nur die Holzwalze<br />

vorbehalten blieb. Gustav Köhler ließ sich im Jahre 19(X) e<strong>in</strong>e Vorrichtung<br />

an Streich<strong>in</strong>strumenten zum 1ndrücken des Streichbandes an die Saiten mittels<br />

Tastenhebel patentieren. Es handelte sich hierbei um e<strong>in</strong>e \rt rrechanisierte<br />

Geige, e<strong>in</strong>e Erf<strong>in</strong>dung, die später von Hupfeld <strong>in</strong> koirrrrzieller Weise genutzt<br />

werden konnte. August Brenne <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> galt als e<strong>in</strong> Orgelbauer mit sehr<br />

vielem mechanischen Talent. Er ließ sich e<strong>in</strong>e pneumatische Spielvorrichtung<br />

für Klaviere patentieren, bei <strong>der</strong> allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Steuerung durch Notenband<br />

o<strong>der</strong> Karton vorgenommen wird, son<strong>der</strong>n lediglich e<strong>in</strong>e pneumatische übertragung<br />

des Tastendruckes auf die Klavierhärrurr. Bedeutsaner ist da schon die<br />

Erf<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Gebr. He<strong>in</strong>rich <strong>und</strong> Konrad Katz <strong>in</strong> Völksen bei <strong>Hannover</strong>, die<br />

sich im Jahre 1906 e<strong>in</strong>e Steuerung an pneumatischen Spielvorrichtungen für<br />

Musik<strong>in</strong>strunerite e<strong>in</strong>fallen ließen. Diese Erf<strong>in</strong>dung wurde später <strong>in</strong> fast<br />

allen elektrischen Klavieren, aber auch <strong>in</strong> hochwertigen Drehorgeln mit<br />

Notensteuerung angewendet.<br />

So stellt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kulturgeschichte <strong>Hannover</strong> als e<strong>in</strong>e Stadt <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong><br />

dungen auf dem Gebiet <strong>der</strong> isi)asch<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Unterhaltungsapparate dar.<br />

Viele Erf<strong>in</strong>dungen wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzen Welt unter nwendung dieser Patente<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Fortentwicklung angewendet.<br />

In <strong>Hannover</strong> gibt es zwar e<strong>in</strong>en Lnzahnweg <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Wegerichtrift -<br />

e<strong>in</strong>e Straße, die nach nil Berl<strong>in</strong>er, <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> o<strong>der</strong> Peter Bofenschen<br />

benannt wurde, wird man vergeblich suchen. Vielleicht kann diese Schrift<br />

e<strong>in</strong>e 1\nregung hierzu geben.<br />

19


.- ‚- ‚.dL<br />

KAISERLICHES<br />

tr<br />

PATENTAMT.<br />

PATENTSCI-{ RIF<br />

— ..M 141608<br />

KLASSE 51,1.<br />

AUGUST BRENNE IN HANNCVER.<br />

Pneumatische Spielvorrichturicj für Klaviere, Panos u. dgl.<br />

Patcnticrt im Deutschcn Reiche vom 11. August lgoi ab.<br />

Die den Gegenstand <strong>der</strong> vorlicgcnden Er— matiscli <strong>in</strong> Betrieb zu setzen, w rd daselbe <strong>in</strong><br />

f<strong>in</strong>dung l,ildendc Spielvorrielit<strong>in</strong>g unterscheidet e<strong>in</strong> Gcl1LIse gebracht, w eIche den pneuiiuiti—<br />

sich von den bekannten mechanischen Spiel— sci en Apparat sowie das Gel‘hisc nnicl l eit.<br />

vurricli tu ngen für Klaviere <strong>und</strong> dcrgl. dadurch, Die Verb<strong>in</strong> du i g <strong>der</strong> pncuma tischen Vorricl —<br />

5 JaC sie nicht unmittelbar an <strong>der</strong> Kla ijtur tung mit dem oben beschriebenen, im In— 40<br />

angebracht ist <strong>und</strong> die Tasten daher stets strument bef<strong>in</strong>dlichen Gesu<strong>in</strong>ge ist durch nach—<br />

sichtbar anschkigt ‚ son<strong>der</strong>n dat sie von den stehenl beschriebenen herausnehmbarcn Rau—<br />

Tasten vollkommen unabh<strong>in</strong>gig angebracht kt, men mit Gesu<strong>in</strong>ge bewirkt.<br />

so JaC diese <strong>in</strong> Ruhe bleiben ‚ wenn das lii_ Unter die Nase D1 greift die Nase J des<br />

10 strument mechanich gespielt wird. Stabes E1 ‚ welcher gleich wie <strong>der</strong> Stab E iii 45<br />

Fig. i <strong>der</strong> Zeit hnung zeigt e<strong>in</strong>e Teilansicht 1. <strong>und</strong> L1 geführt <strong>und</strong> dLlrch G <strong>und</strong> l!<br />

<strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dung 2wischen <strong>der</strong> pneumatischen gegen Verdrehen geschützt wird. Am oberen<br />

Vorrichtung <strong>und</strong> dem Instrument. Ende von J sitzt die Nase J1, welche auf<br />

Fig. 2 stellt e<strong>in</strong>en Querschnitt durch die e<strong>in</strong>em Baig <strong>der</strong> Pnumatik aufliegt.<br />

i Verb<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Vorrichtung mit e<strong>in</strong>em Klavier \VirJ d•urch das Gehlise <strong>der</strong> Pneumatik die 50<br />

1 <strong>der</strong> Klavier-<br />

dar.<br />

Klappe des Balges gehoben, so wird diese Be<br />

Fig. 3 <strong>und</strong> 4 zeigen den eigentlichen Mecha- wegung rnitels <strong>der</strong> GestL<strong>in</strong>ge J1 J J <strong>und</strong> D1 EI)<br />

nismus <strong>der</strong> pneumatischen Vorrichtung <strong>in</strong> Ver- auf den Arm A <strong>und</strong> den Hebel Pl<br />

b<strong>in</strong>dung mit dem Ubertragungsmcchanismus mechanik übertragen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hammer C <strong>der</strong><br />

20 auf den Mechanismus des Instrumentes. letzteren wird gegen die Saite geschlen<strong>der</strong>t, 55<br />

Unter den freien Arm A des Hebel<br />

ciier gcwühnlichen Mechanik ‚ welche heim Soll das Instrument an e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en ort<br />

Spiel mit <strong>der</strong> Hand durch die Nase B <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Hand gespielt werden, so genügt das<br />

Tiste durch tihcrtragung den Hammer C IIerausnel<strong>in</strong>en des Rahmens L L1 mit se<strong>in</strong>em<br />

25 gegen die Saite schltgt <strong>und</strong> diese ertönen kit, Gestänge <strong>und</strong> das Instrument ist frei. 6o<br />

greift die Nase D ‚ welche am unteren Ende Man kann demnach jedes Instrument durch<br />

e<strong>in</strong>es Stabes ii‘ angebracht ist. Dieser Stab wird e<strong>in</strong>fiiches E<strong>in</strong>setzen des Rahmens F F mit<br />

<strong>in</strong> dem Ralmmen E fr‘, geführt <strong>und</strong> hat an se<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>em Gest:<strong>in</strong>ge für den pneumatischen Betrieb<br />

an<strong>der</strong>en Ende die Nase D1 . Um zu verh<strong>in</strong>— geeignet machen.<br />

30 dem, daf sich <strong>der</strong> Stab £ mit se<strong>in</strong>en beiden<br />

65<br />

PATENT-AN 51‘ RU<br />

Na%cn D <strong>und</strong> D1 verdrehen kann, ist<br />

cix:<br />

<strong>der</strong><br />

Führungsstift G angebracht, welcher sich <strong>in</strong> Pneumatische Spielvorrichtung für Kla<br />

dem Schlitze Pl auf- <strong>und</strong> nie<strong>der</strong>bewegen kann. viere, Pianos <strong>und</strong> <strong>der</strong>gl., hei welcher e<strong>in</strong>er-<br />

Die bis jetzt beschriebenen Teile s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dem seits wiihrend des Spielens mit <strong>der</strong> Hand<br />

35 Klavier angebracht. Um das Instrument pneu- die pneumatische Spielvorrichtung, an<strong>der</strong>er- 70<br />

5 Pl., wobei die Taste <strong>in</strong> vollkommener Ruhe bleibt.<br />

21


22<br />

?ERLIN. GEDRUCKT IN DER REICHSDRVCKLKEL


AUGUST BRENNE IN<br />

HANNOVER<br />

Pneumatische SpIeIvorrlchtun für Klaviere, Pianos u. dgl.<br />

PHOTOGR. DRUCE DER REICHSDRUCKEREI.<br />

Zu <strong>der</strong> Patentschrift<br />

JV 141608.<br />

23


4<br />

Amsel.<br />

Orgeiwerkes. Dieses ist <strong>in</strong> reizvoller Weise mit Bewegungsautomaten<br />

fvbisikwerk unter Verwendung e<strong>in</strong>es automatischen Sp<strong>in</strong>etts wie auch e<strong>in</strong>es<br />

vor allem Uhrenliebhaber bekannte “Hottentottentanz“, e<strong>in</strong> nechanisches<br />

Im Germanischen I&tseum <strong>in</strong> Nürnberg bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> selbstspielendes<br />

sich jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jetztzeit schlecht zurückverfolgen.<br />

Virg<strong>in</strong>al, das von Samuel Bie<strong>der</strong>mann um 1650 erbaut wurde.<br />

<strong>Drehorgelbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong><br />

komb<strong>in</strong>iert. Das automatische Orgeiwerk auf <strong>der</strong> Festung Hohensalzburg<br />

des Hornwerkes (1598) übere<strong>in</strong>stimmt, son<strong>der</strong>n erst später h<strong>in</strong>zugefügt wurde.<br />

gilt noch als e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> frühesten Zeugnisse trechanischer Musikwerke;<br />

S<strong>in</strong>gvögel“ dargelegt. Drehorgeln wie auch rrechanische Musikwerke lassen<br />

unserer Zeitrechnung datieren. Ich habe dieses <strong>in</strong> ne<strong>in</strong>ern Buch “Machanische<br />

Dar Bau automatischer Nusik<strong>in</strong>strurrente läßt sich schon <strong>in</strong> die Zeit vor<br />

obgleich die Walze mit dem Selbstspielrrechanismus nicht mit <strong>der</strong> Herstellung<br />

Wann also die erste Drehorgel mit e<strong>in</strong>em Straßenmusikanten auf die Straße<br />

än<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Auflagen <strong>der</strong> Straßenrnusikanten, die damals zu den Gaunern <strong>und</strong><br />

damaligen Auffassung <strong>der</strong> Kirche, die Drehorgel auf <strong>der</strong> Straße als Gottes<br />

Im Mathematisch-Physikalischen Salon im Dresdner Zw<strong>in</strong>ger bef<strong>in</strong>det sich <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong>ts <strong>in</strong> Südfrankreich blühende Manufakturen mit <strong>der</strong> Herstellung sogenannter<br />

Landstreichern gezählt wurden. Sicher ist nur, daß zu Beg<strong>in</strong>n des 18. Jahrhun<br />

zog, ist mit Sicherheit nicht feststellbar. Dies hängt e<strong>in</strong>erseits mit <strong>der</strong><br />

S<strong>in</strong>gvogelorgeln entstanden. S<strong>in</strong>gvögel f<strong>in</strong>g man <strong>und</strong> richtete sie zum Gesang <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wohnstube ab. Hierzu karren sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en abgedunkelten Käfig o<strong>der</strong> sie wurden<br />

lästerung zu errpf<strong>in</strong>den, zusaniren; an<strong>der</strong>erseits mit den sich daraus ergebenden<br />

vorgepfiffene Malodie auf <strong>und</strong> gaben diese rrehr o<strong>der</strong> weniger künstlerisch<br />

geblendet. Nach drei bis vier Wochen nahrren sie <strong>in</strong> ihrer Langeweile jede<br />

pfeifen, baute e<strong>in</strong> geschickter Orgelbauer e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es, etwa schuhkartongroßes<br />

Orgelwerk, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tonhöhe auf den gefie<strong>der</strong>ten Sänger abgestimmt war.<br />

Nun konnte auch e<strong>in</strong>e Dane dieses kle<strong>in</strong>e Orgelwerk spielen <strong>und</strong> ihren gefie<strong>der</strong><br />

- je nach Begabung des Vogels —<br />

verlieren. Aus jener Zeit mag das Sprichrt stammen: “Wenn dchen pfeifen<br />

<strong>und</strong> Hühner krähen, soll man ihnen den Hals umdrehen.“ Die Narren <strong>der</strong> Instrurrente<br />

ten Gefangenen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kunst des S<strong>in</strong>gens unterweisen, ohne ihre Ehre zu<br />

für gelehrige Sänger. Da es für e<strong>in</strong>e Dane von Stande unschicklich war, zu<br />

wurden. Ser<strong>in</strong>ette Zeisig (Ser<strong>in</strong>); Tourluta<strong>in</strong>e = Brachvogel; Marl<strong>in</strong>ette<br />

Wahrsager den anreißerischen Wert dieses Instrumentes erkannt <strong>und</strong> dieses<br />

geben noch heute an, welche S<strong>in</strong>gvogelarten bevorzugt gefangen <strong>und</strong> gekäfigt<br />

Orgelwerk auch als Prbeitsgerät verwendet.<br />

Frankreich, aber auch <strong>in</strong> österreich — wie schon im vorhergehenden absatz<br />

dem Jahre 1714 für das englische Königshaus die Könige. In England, <strong>in</strong><br />

Irgendwann haben dann f<strong>in</strong>dige Straßenhändler, Gaukler, Quacksalber o<strong>der</strong><br />

beschrieben - gab es zu dieser Zeit bereits e<strong>in</strong>e blühende Flötenuhren- <strong>und</strong><br />

aus den Akten <strong>der</strong> Hofuhrmacher nachweisen. Die <strong>Hannover</strong>aner stellten seit<br />

Theatern. So befanden sich auch am königlichen Hofe <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> kostbare<br />

Drehorgelproduktion. Die Orgelwerke wurden dabei oftmals künstlerisch <strong>in</strong><br />

In <strong>Hannover</strong> läßt sich die Herstellung von Orgelwerken erst im Jahre 1799<br />

Uhren <strong>und</strong> Orgelwerke, die gepflegt, repariert o<strong>der</strong> erneuert werden rreßten.<br />

Schreibpulte, kostbare Tische, Schränke o<strong>der</strong> Frisierkorriroden e<strong>in</strong>gebaut.<br />

gelxren. Er starb am 29. Dazember 1830 <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong>. Von 1799 bis 1821 war<br />

er am königlichen Hofe als Hofuhrmacher tätig. Ihm oblag es, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Peter Bofenschen wurde im Juli 1763 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grafschaft Ibers am Nie<strong>der</strong>rhe<strong>in</strong><br />

In Orgelwerken waren sie nicht selten komb<strong>in</strong>iert mit kostbaren, beweglichen<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

Es entstand damals e<strong>in</strong> großer Markt


174406<br />

KLASSE 51(/.<br />

GRUPPE 32./O3<br />

HEINRICH KATZ UND CONRAD KATZ<br />

IN VÖLKSEN . HANNOVER.<br />

Steuerung an pneumatischen Spielvorrichtungen für Musik<strong>in</strong>strumente.<br />

27


Dem Versuch <strong>der</strong> sehr renommierten Orgelfabrik Gebr. Bru<strong>der</strong> <strong>in</strong> Waldkirch,<br />

<strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> e<strong>in</strong>e Filiale zu errichten, war nur e<strong>in</strong> 1 Ctonatiger Erfolg<br />

beschieden (1899).<br />

FABRJE<br />

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‘jTJ :zi<br />

HNNOER<br />

Fiiia1e<br />

3 frntrasse 37.


KAISERLICHES jh1.\\ PATENTAMT.<br />

PATENTSCHRIFT<br />

— 174406<br />

—<br />

KLASSE 51 il. GRUPPE 32.<br />

NEINRICH KATZ UND CONRAD KATZ<br />

IN VÖLKSEN 13. HANNOVER.<br />

Steuerung an pneumatischen Spielvorrichtungen fur Musik<strong>in</strong>strumente.<br />

Patentiert Im Deutschen Reiche vom 7. Januar 1906 ab.<br />

5<br />

15<br />

20<br />

25<br />

1)ie Erf<strong>in</strong>dung betrifft e<strong>in</strong>e Steuerung an<br />

pneumatischen Spielvorrichtungen für Musik<br />

<strong>in</strong>strumente; die mit Saugluft arbeiten, •<strong>und</strong><br />

be-teht <strong>in</strong> <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Anordnung <strong>der</strong><br />

Steuer- <strong>und</strong> Wechselventile für den Spielhaig.<br />

lliher wurden Stcur— <strong>und</strong> ‘vVechselventil <strong>in</strong><br />

mehreren \\n<strong>in</strong>driumen angebracht o<strong>der</strong> durch<br />

kle<strong>in</strong>e Kaiii1c mit de<strong>in</strong> 1 lauptsaugraum ver—<br />

liiii den. Hei den Vorrichtungen ‚ wo beide<br />

\Lntile <strong>in</strong> demselben W<strong>in</strong>drauriie angeordnet<br />

s<strong>in</strong>d, liegt <strong>der</strong>en Gestänge parallel zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong>,<br />

vodurch e<strong>in</strong>e umständliche Leitung zwischen<br />

Steuerventil <strong>und</strong> <strong>der</strong> das Wechselventil be<br />

wegenden Membran o<strong>der</strong> zwischen Wechselventil<br />

<strong>und</strong> Spielbaig erfor<strong>der</strong>lich wird. Zur<br />

Vermeidung dieser Ubelstände, also zur<br />

Scha tYnng kurzer Verb<strong>in</strong>d ungskanäle, wo<br />

durch an Betriebsw<strong>in</strong>d, sowie bei <strong>der</strong> Her<br />

stellung an Material <strong>und</strong> Arbeit erheblich<br />

gespart wird, s<strong>in</strong>d nach vorliegen<strong>der</strong> Erfiri<br />

dung die Ventilgestänge kreuzweise ange<br />

o r Iii ei<br />

Die auf <strong>der</strong> Zeichnung dargestellte An<br />

schlagvorrichtung wirkt <strong>in</strong> bekannter Weise<br />

wie folgt:<br />

Gelangt e<strong>in</strong> Loch des Notenblatts 8 über<br />

die Öffnung 9, so tritt <strong>in</strong> den Kanal io<br />

Außcnluft, welche die Membran i hebt <strong>und</strong><br />

Somit das Steuerventil 15 umstellt. Durch<br />

die Umstellung wird die Öffnung 7 ge- 30<br />

schlossen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Durchlaß 6 geöffnet.<br />

Durch letzteren kanh nun Außenluft <strong>in</strong> den<br />

Kanal 14 <strong>und</strong> somit auch auf die Innenseite<br />

<strong>der</strong> Membran 13 gelangen, <strong>in</strong>folge des<br />

0 bcrdi-ucks <strong>der</strong> Außenl tift auf (1 ic Nl (‘fu ran 35<br />

13 stellt dieselbe das Wecluselvciitil ii um,<br />

scldiiLlt die Öffnung t ‚ <strong>und</strong> üffnet den<br />

Durchlaß 20. I)er Anschlag kann nun durch<br />

E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Saugluft <strong>in</strong> den Raum iS<br />

<strong>in</strong>folge Zusammenziehung des Balges i er- 4°<br />

folgen <strong>und</strong> durch das Anschlaggestänge 21<br />

übertragen werden.<br />

Fig. i zeigt die Vorrichtung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ruhelage,<br />

Fig. 2 aber im Augenblick des Anschlags. 45<br />

PATENT-ANSPRUC:<br />

Steucrung an pneumatischen Spicivor<br />

richtungen für Musik<strong>in</strong>strumente, i;oiu reh<br />

gekennzeichnet, daß das Gestiiuge (2) 50<br />

des Steuerventils (i) kreuzweise zu dem<br />

Gestänge (12) des Wechselveritils (ii) <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> <strong>und</strong> demselben W<strong>in</strong>draume angeordnet<br />

ist.<br />

Hierzu t Blatt Zeichnungen.<br />

BVRI.i$. GLflIIUCKT IN DR RrIcnDMcxrpgi.<br />

29


Fig. 1.<br />

30<br />

PHOTOGR DTUCK DER cHSDR1CK<br />

1 Zu <strong>der</strong> Patent brift<br />

X 174406.


Neustadt —<br />

widnete.<br />

1886 -<br />

alsimit<br />

Als Peter Bofenschen am 29. Dezember 1830 starb, h<strong>in</strong>terließ er zwei Söhne.<br />

Zugleich waren die Bürger wahlberechtigt für den Rat <strong>der</strong> Stadt.<br />

war die Voraussetzung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Handwerk selbstündig tätig zu se<strong>in</strong>.<br />

geschickte Orgelwerke zu verfertigen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Uhren zu<br />

kle<strong>in</strong>e,<br />

Calenberger<br />

Wohn- <strong>und</strong> Werkstattgebäuden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Calenberger Straße —<br />

betrieb jedoch die Herstellung von Uhren <strong>und</strong> Orgelwerken weiter bis zum<br />

Uhrmachermaister nie<strong>der</strong>. Er starb lei<strong>der</strong> schon am 3. Januar 1843.<br />

Er erwarb 1825 die Bürgerrechte <strong>und</strong> ließ sich <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> vermutlich als<br />

Der zweite Sohn, Karl-August, wurde am 28.7.1801 <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> geboren.<br />

rrontieren. 1794 hatte er den Bürgereid geleistet, wodurch er sich vom<br />

wegen ihrer hervorragenden Intonation beliebt <strong>und</strong> begehrt. Er verstand es,<br />

Die Orgelbauerfamilie <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong><br />

normalen Inquile bzw. E<strong>in</strong>wohner unterschied. Als solcher hatte er zunächst<br />

16. Mai 1872, wo er <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> starb.<br />

nun auch als freier Handwerker tätig se<strong>in</strong>. Der Besitz des Bürgerrechtes<br />

e<strong>in</strong> Bürger-Gew<strong>in</strong>ngeld zu zahlen, mußte den Bürgereid leisten, konnte aber<br />

dieses Pfeifenwerk wehmütig wie auch durchdr<strong>in</strong>gend zu <strong>in</strong>tonieren. Se<strong>in</strong>e<br />

Ehrfurcht erschauern. Die großen Kirnsorgeln - <strong>und</strong> <strong>Wrede</strong> baute hiervon<br />

Orgelbauer dieses Jahrh<strong>und</strong>erts. Die Harnenipan-Orgeln von <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> waren<br />

Der erste, Wilhelm-He<strong>in</strong>rich, wurde am 20. August 1794 <strong>in</strong> Mülheim an <strong>der</strong> Ruhr<br />

Der bekannteste Orgelbauer <strong>Hannover</strong>s war zugleich e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ganz berühmten<br />

tiefliegenden Trompeten <strong>in</strong> den Tronipetenorgeln lassen noch heute den Zuhörer vor<br />

dem Ende des Königreichs, tätig. König Georg V. g<strong>in</strong>g nach <strong>der</strong> Annektion<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> wurde am 7. Juli 1868 als Sohn des Kronsberger Müllers <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Hannover</strong>s durch Preußen <strong>in</strong>s österreichische Exil. Wilhelm-He<strong>in</strong>rich Bofenschen<br />

geboren. Er war ebenfalls als Hof-Uhrenmacher <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> von 1837 - 1865,<br />

Mühle zu <strong>Hannover</strong>-Kronsberg geboren. Der junge <strong>Wrede</strong> sollte ursprünglich<br />

den Beruf e<strong>in</strong>es Büroangestellten erlernen. Sehr häufig stahl er sich jedoch<br />

unweit des heutigen <strong>Wrede</strong>schen Gebäudes se<strong>in</strong>e Werkstatt hatte. Aber <strong>der</strong><br />

sechs verschiedene Typen — waren wegen ihrer Solidität <strong>und</strong> ihrer hervorragend<br />

Handwerk“ erlernen; ihm sollte <strong>der</strong> Umgang mit Schaustellern <strong>und</strong> Straßenmusi<br />

Vater wünschte diesen Orgelbau nicht. Der Sohn sollte e<strong>in</strong> “ordentliches<br />

<strong>in</strong>tonierten Register bekannt <strong>und</strong> geradezu charakteristisch.<br />

kanten erspart bleiben. Als er den Sohn beim Orgelbauen heimlich erwischte,<br />

<strong>in</strong> die Drehorgelwerkstatt se<strong>in</strong>es Onkels Herrn Baier nach Kleefeld, <strong>der</strong><br />

Anfertigung von Intarsien, die Herstellung <strong>der</strong> Walze, das Zeichnen <strong>und</strong><br />

gab es e<strong>in</strong>en großen häuslichen Krach mit <strong>der</strong> Folge, daß <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> zu<br />

die Gr<strong>und</strong>kenntnisse des Orgelbauer-Handwerks erlernte. Was gab es da auch<br />

alles zu sehen: Tischlerei—Bearbeitungen, Holzveredelungen, Furniere,<br />

wenig erfahren können. Mir ist aber bekannt, daß dieser bereits zu diesem<br />

komplizierte Arrangieren, dazu die Fe<strong>in</strong>nechanik für die Antriebssp<strong>in</strong>del<br />

baute schon mit 16 Jahren se<strong>in</strong>e eigene Drehorgel mit Holzwalze. Lei<strong>der</strong><br />

habe ich bis zu diesem Zeitpunkt über den Orgelbauer Baier <strong>in</strong> Kleefeld<br />

se<strong>in</strong>em Onkel Baier sich sEhr als zuvor h<strong>in</strong>gezogen fühlte <strong>und</strong> von diesem<br />

o<strong>der</strong> die Klavis. Der junge <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> hatte für alles wachsarrE Augen <strong>und</strong><br />

Material über den <strong>Hannover</strong>schen Orgelbauer Baier versorgen.<br />

auf den Jahrmärkten durchführte. Erst <strong>in</strong> diesen Tagen lernte ich den<br />

Orgelbauers Baier zu se<strong>in</strong>. Er will mich deimnächst mit ausführlicherem<br />

<strong>der</strong> sich zunächst ausschließlich <strong>der</strong> Herstellung von kle<strong>in</strong>en Handdrehorgeln<br />

Schausteller Hermann Ottens kennen, <strong>der</strong>mich wissen ließ, e<strong>in</strong> Neffe des<br />

Zeitpunkt große Walzenkirmasorgeln baute <strong>und</strong> Reparaturen bei Schaustellern<br />

18 Jahren - gründete <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> se<strong>in</strong>en ersten Betrieb,


.<br />

-<br />

Das <strong>Wrede</strong>-Wohnhaus <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong>-Kleefeld, Scheidestraße 9.<br />

Das Werkstattgebäude befand sich auf dem Hof h<strong>in</strong>ter den Wohngebäuden.<br />

32


Se<strong>in</strong>e ersten Instrurrente ähnelten sehr den 2Der Maritatenorgeln, die <strong>in</strong><br />

Waldkirch von den verschiedenen Bru<strong>der</strong>-Orgelfabriken hergestellt wurden.<br />

Diese Orgel geht <strong>in</strong> ihrer Urform auf die Entwicklung des Ignaz Bru<strong>der</strong>,<br />

Errichter des Orgelbauers <strong>in</strong> Waldkirch, zuri:ick. Sämtliche rbeiten hierfür<br />

wurden von <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> persönlich durchgeführt. Sehr viel später ließ er<br />

sich ausschließlich von e<strong>in</strong>er Gelbgießerei <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> die bekannten<br />

Drehorgel-Mass<strong>in</strong>gfüße herstellen. Georg Baier, se<strong>in</strong> Onkel, war also nun<br />

plötzlich Konkurrent. Diese Situation verschärfte sich noch mehr, als <strong>der</strong><br />

Bahnwärter an <strong>der</strong> Kleefel<strong>der</strong> Eisenbahn die Orgelspieler zu <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong><br />

schickte, <strong>der</strong> diesen <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Herz geschlossen hatte.<br />

Im Jahre 1892 heiratete er Heririette Schrö<strong>der</strong>, die am 28.12.1874 geboren<br />

wurde. Mit ihr fühxte er fortan das Geschäft geme<strong>in</strong>sam <strong>und</strong> baute die<br />

Werkstatt <strong>und</strong> die Walzenproduktion stetig auf. Der Betrieb wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

damals üblichen handwerklichen Großfamilie geführt. Neben <strong>der</strong> Arbeit <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Werkstatt hat Henriette <strong>Wrede</strong> e<strong>in</strong>e Großfamilie von 20 Mitarbeitern<br />

täglich beköstigt. Zu diesen gehörten Tischler, Fe<strong>in</strong>mechaniker, Machaniker<br />

<strong>und</strong> Schmiede, aber auch weitere Orgelbauer. Jede Arbeit wurde selbst herge<br />

stellt, jede Pfeife selbst <strong>in</strong>toniert. Der Draht für die Drahtstifte wurde<br />

zwar gekauft, dann aber selbst mit e<strong>in</strong>er entsprechenden Walze plattgewalzt.<br />

Auch die Kurbeln, Klarrirern <strong>und</strong> Stifte wurden selbst hergestellt. Von Keller<br />

bis zum Boden war das Haus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Werkstatt umgewandelt. Hier standen<br />

Hobel <strong>und</strong> Abrichtbänke, Bohrmasch<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Kreissägen, Bandsägen, Fräs<br />

masch<strong>in</strong>en, Klannermasch<strong>in</strong>en <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Geheimräunen drei Zeichenbänke zum<br />

Anfertigen <strong>der</strong> Walzen. Acht Arbeitsplätze waren konplett ausgerüstet mit<br />

Hobelbank <strong>und</strong> Werkzeugschrank. Se<strong>in</strong> sehnlichster Wunsch erfüllte sich, als<br />

ihm am 1. Mai 1 9CXJ e<strong>in</strong> Sohn geboren wurde, <strong>der</strong> ebenfalls den Narren <strong>Fritz</strong><br />

erhielt. Ihm folgte die Tochter Frieda am 20.6.1902, die später nach ihrer<br />

Verheiratung den Namen Tesch erhielt. E<strong>in</strong>e zweite Tochter folgte am 17.2.1907,<br />

die ebenfalls mit dem Narren Ida Fischer <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Scheidestraße lebt.<br />

Mit dem Zeitpunkt dieser Geburten begann plötzlich auch e<strong>in</strong>e neue Erf<strong>in</strong>dung<br />

den Kirmesorgelbau zu revolutionieren. Hollerith, <strong>der</strong> gleiche, <strong>der</strong> uns heute<br />

allen als Erf<strong>in</strong><strong>der</strong> des Lochkartensystems bekannt ist, entwickelte dieses<br />

Lochkartensystem für die Steuerung von Kirrresorgeln; getreu <strong>der</strong> Devise:<br />

Musik ist nichts an<strong>der</strong>es als Mathematik. Ludovico Gavioli, e<strong>in</strong> berühmter<br />

Orgelbauer <strong>in</strong> Frankreich, griff diese Erf<strong>in</strong>dung als Erster auf <strong>und</strong> ließ<br />

sie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Kiriresorgeln <strong>in</strong> Paris e<strong>in</strong>bauen. Sofort folgte se<strong>in</strong> größter<br />

Konkurrent Adolf Ruth <strong>in</strong> Waldkirch <strong>und</strong> nun beschäftigte sich auch <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong><br />

mit dieser neuartigen Erf<strong>in</strong>dung. Ausschlaggebend hierfür war e<strong>in</strong> Gespräch<br />

mit dem sehr geschickten Erf<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> Orgelbauer Valent<strong>in</strong> Schreiber <strong>in</strong><br />

<strong>Hannover</strong>, <strong>der</strong> sich am 23. Septei±er 1893 e<strong>in</strong> Orgeiwerk mit Notenband paten<br />

tieren ließ. Von diesem Zeitpunkt an nahm die Entwicklung des Orgelbaus<br />

gewaltige Dimensionen an. Man vergegenwärtige sich - bis zu diesem Zeitpunkt<br />

mußte für jedes Musikstück e<strong>in</strong> mühsames Arrangement speziell für den Umfang<br />

<strong>der</strong> Walze <strong>und</strong> den Umfang des Tonwerkes angefertigt werden. Aus jener Zeit<br />

starrmtmn die verkürzten Musikstücke ‚ die sich auf die zündenden Malodien<br />

e<strong>in</strong>es Operettenwerkes konzentrierten. Auch war es möglich, ganze Partien<br />

e<strong>in</strong>er Operette, sämtliche Teile e<strong>in</strong>es Liedes <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e ganze Partitur vom<br />

Anfang bis zum Ende aufzuzeichnen <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>zugeben. Die Malodien mußten also<br />

nicht mehi gekürzt werden - <strong>und</strong> was vielleicht das Bedeutsamste war: die Orgel<br />

konnte mit e<strong>in</strong>em beliebig umfangreichen Repertoire — bestirruTrt ausschließlich<br />

var Geldbeutel des Besitzers — ausgestattet werden.<br />

Schon bald hatte <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Betrieb acht Notenstanzen, die täglich<br />

bis zu 12 St<strong>und</strong>en betätigt wurden. Auch se<strong>in</strong>e beiden Töchter Ida <strong>und</strong> Frieda<br />

wurden für die Stanzarbeiten mit <strong>der</strong> Mutter herangezogen. <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> selbst<br />

spielte Geige <strong>und</strong> Harnonium <strong>und</strong> entwickelte auf diesen beiden Instrumenten<br />

die Arrangements, die er persönlich auf den dafür vorgesehenen Mutern auf—<br />

zeichnete. Der Stanzer hatte nun lediglich die Aufgabe, diese Arrangements<br />

abzustanzen. übrigens hat <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er stärksten Beanspruchung<br />

ke<strong>in</strong>e Walzenkopien vorgenomrren. Jede Walze kam <strong>in</strong> die Zeichenbank; dabei<br />

33


<strong>Hannover</strong>sche Ausflugsrestaurationen, <strong>in</strong> denen Orchestrien<br />

unter ständiger Pflege von <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> aufgebaut waren.<br />

6<br />

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Turm-Restaurationen<br />

<strong>und</strong> Orchestrionmusik


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„Wir s<strong>in</strong>d die Nie<strong>der</strong>sachsen“ <strong>und</strong> <strong>der</strong> „Lustige <strong>Hannover</strong>aner“ gesellen.<br />

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39<br />

mit e<strong>in</strong>er <strong>Fritz</strong>-<strong>Wrede</strong>-Orgel, die durch e<strong>in</strong>en Holzkasten umbaut ist.<br />

Der Moritatensänger, Ernst Becker, aus Berl<strong>in</strong>-Moabit, um 1950


*<br />

„Onkel Oh wie schön“ mit se<strong>in</strong>er 25er <strong>Wrede</strong>-Doppelpanorgel auf dem typischen Stützstock.<br />

Beachten Sie bitte die klassischen <strong>Wrede</strong>-Intarsien.<br />

40


lieb das Orig<strong>in</strong>aiklavier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Orgel. Nach welchem System <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong><br />

genau zeichnete, ist nicht bekannt. Man weiß allerd<strong>in</strong>gs, daß er sich des<br />

Berl<strong>in</strong>er Zeichenrades bediente, das von den Bacigalupes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schönhauser<br />

Allee <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> zum Zeichnen verwendet wurde. Häufig kam auch <strong>der</strong> Arrangeur<br />

Rudi Reusch aus Berl<strong>in</strong> nach <strong>Hannover</strong> <strong>und</strong> half <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> bei <strong>der</strong> Fertig<br />

stellung von Walzen; wenn er von se<strong>in</strong>en Auftraggebern <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> (es Waren<br />

beide Bacigalupos) entbehrt werden konnte <strong>und</strong> dieses <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> erfor<strong>der</strong><br />

lich wurde.<br />

<strong>Wrede</strong> stand gleich nach Mitternacht auf <strong>und</strong> setzte sich <strong>in</strong> den Zeichenraum,<br />

da er dann Ruhe zum Zeichnen hatte. Diese Arbeit setzte er auch nach <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>führung des Notenkartons fort. lr Notenkarton wurde aus Waldkirch von<br />

<strong>der</strong> Firma Stegle bezogen, die fortan die gesamee Orgel<strong>in</strong>dustrie mit<br />

Noterikarton belieferte. Ebenso widmute sich <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> mit großem Eifer<br />

dem Bau <strong>der</strong> großen Kirmusorgeln, die <strong>in</strong> aller Welt beliebt waren <strong>und</strong> den<br />

Ruhm <strong>Hannover</strong>s noch heute verkünden. Viele <strong>Hannover</strong>sche Kirmusorgeln s<strong>in</strong>d<br />

noch heute <strong>in</strong> den nordischen Län<strong>der</strong>n, <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten, aber<br />

auch im Ostblock erhalten. Größter Abnehrrer war neben deutschen Schaustellern<br />

<strong>der</strong> englische Markt, <strong>der</strong> sich für die kernigen Klänge <strong>der</strong> <strong>Wrede</strong>-Orgeln<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>teressierte. E<strong>in</strong> Instruirent steht noch heute im Vergnügungspark<br />

<strong>in</strong> Budapest <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e große <strong>Wrede</strong>-Orgel fährt neuerd<strong>in</strong>gs zum Karussell- <strong>und</strong><br />

Drehorgelfestival, das seit 1972 <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> stattf<strong>in</strong>det. Sie gehört <strong>der</strong><br />

Schaustellerfa<strong>in</strong>jlie Schickler <strong>in</strong> Frankfuxt.<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> unterhielt — für damalige Zeiten völlig unüblich — Kontakte<br />

auch zu an<strong>der</strong>en Orgelbauern. So war Carl Frei sen. e<strong>in</strong>mal zu Besuch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wrede</strong>schen Manufaktur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Scheidestraße. Wie mir <strong>der</strong> Orgelbauer He<strong>in</strong>rich<br />

Voigt <strong>in</strong> Frankfurt mitteilte, wurde auch er von <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> <strong>in</strong> den 3Cr<br />

Jahren besucht. Aus dem Reisepaß vom 24.3.1923 geht hervor, daß <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong><br />

selbst nach E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er Unbedenklichkeitsbesche<strong>in</strong>igung des F<strong>in</strong>anzamtes<br />

<strong>der</strong> Stadt <strong>Hannover</strong> am 5. August, vom 17. Juli bis 27. Juli <strong>und</strong> vom 7. bis<br />

16. Mai sowie vom 4. Juli bis 14. Juli 1923 nach Holland gefahren war.<br />

5glicherweise galten diese Besuche holländischen Abnehrrern o<strong>der</strong>Schaustellern,<br />

<strong>der</strong>en Instrunente gestimmt werden mußten, o<strong>der</strong> bei denen Restschulden kassiert<br />

werden sollten. Zu jener Zeit war es für die Orgelbauer üblich, auf die Märkte<br />

zu fahren <strong>und</strong> die unbezahlten Orgeirechnungen, Rechnungen für Reparatur<br />

arbeiten <strong>und</strong> neue ‚ abzukassieren. Daher wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie <strong>in</strong>ner<br />

für gutes Wetter gebetet. Alle<strong>in</strong> zum Freirnarkt <strong>in</strong> Breiten karren ca. 60 Orgelbesitzer<br />

mit ihrem Instrunent, um dieses überholen zu lassen. <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong><br />

war air stets so gutmütig, daß er sich diese Arbeit nie sofort bezahlen<br />

ließ, son<strong>der</strong>n trotz <strong>der</strong> vielen Vertröstungen selbst auf die Kirmasplätze<br />

g<strong>in</strong>g <strong>und</strong> gelegentlich auch an <strong>der</strong> Kasse sitzen mußte, um se<strong>in</strong> ihm zustehendes<br />

Entgeld zu erhalten.<br />

1913 we<strong>in</strong>te Kaiser Wilhelm II. das Neue <strong>Hannover</strong>sche Rathaus e<strong>in</strong>. Dieses<br />

stellte für die damalige Zeit e<strong>in</strong>e bautechnische Sensation dar, war es doch<br />

auf über 6. OCX) Buchenpfüblen im Maschgebiet, d.h., dem Sunipfgebiet <strong>Hannover</strong>s,<br />

errichtet wurden. Außerdem verfügte es über den e<strong>in</strong>zigen schrägstehenden<br />

Fahrstuhl <strong>in</strong> Europa, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kuppel auf gebogener Strecke zur Spitze<br />

führt. Die Rathauskuppel wurde von dem Vergol<strong>der</strong> Jensl<strong>in</strong> vergoldet, <strong>der</strong><br />

fortan auch für <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> die Fassaden <strong>der</strong> großen Prunk- <strong>und</strong> Konzertorgeln<br />

vergolden mußte. Die beiden größten Orgeln erhielt die Schaustellerfamilie<br />

Vesperrnann <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> <strong>und</strong> die Schaustellerfamilie Ziegler <strong>in</strong> Magdeburg.<br />

Jede fertiggestellte Orgel wurde vor <strong>der</strong> Ablieferung 14 Tage zur Probe<br />

gespielt. Noch heute gibt es ältere Kleefel<strong>der</strong>, die davon berichten, vor dem<br />

Haus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Scheidestraße auf <strong>und</strong> ab flaniert zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> den Klängen <strong>der</strong><br />

Orge<strong>in</strong> gelauscht zu haben. Manch junger Bursche for<strong>der</strong>te se<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong><strong>in</strong> auf,<br />

e<strong>in</strong>en Walzer, Rhe<strong>in</strong>län<strong>der</strong>, Schieberramsch, Polka o<strong>der</strong> Mazurka zu den Klängen<br />

auf <strong>der</strong> Straße zu tanzen.<br />

41


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2


0er Vater aber stimmte die Orgeln mit großer Beharrlichkeit nach. Stets<br />

entsprach sie nicht se<strong>in</strong>en Ansprüchen. Wenn er an solchen Stimmtagen <strong>in</strong><br />

die Wohnstube kam, war alles still. Nach dem Stirmn durfte ihn niemand<br />

ansprechen, so er<strong>in</strong>nerte sich die ‘Ibchter. “Sonntags lief er noch mit<br />

Bartb<strong>in</strong>de <strong>und</strong> scharrte die Pferde an.“ Dann fuhr man <strong>in</strong> die grünen Fel<strong>der</strong><br />

um Kronsberg herum: ‘aas war die beste Entspannung für unseren Vater.“<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> schrieb übrigens Late<strong>in</strong> <strong>und</strong> sprach bestes hannoversches Platt.<br />

E<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er geflügelteri Aussprüche war: “<strong>Fritz</strong>, nimm möl den Pferdewögen<br />

<strong>und</strong> br<strong>in</strong>g das Aalgut nach‘ m Wadendöm“.<br />

<strong>Fritz</strong> hatte nämlich ebenfalls den Beruf des Orgelbauers im väterlichen<br />

Betrieb erlernt. Ihm gesellte sich noch Willi Holl h<strong>in</strong>zu, <strong>der</strong> vielen<br />

Orgelsarrunlern als Hersteller vorzüglicher Qualitäts—Drehorgeln bekannt ist.<br />

E<strong>in</strong>es Tages hatte Rudi Beusch, <strong>der</strong> Arrangeur <strong>der</strong> Bacigalupos, Frieda Tesch<br />

mit nach Berl<strong>in</strong> genorrirn <strong>und</strong> ihr bei dieser Gelegenheit die Bacigalupo<br />

Betrieb <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schönhauser Allee 79 <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schönhauser Allee 47 A<br />

gezeigt. Auch zum Betrieb des Adolf Holl fuhr man <strong>und</strong> sie er<strong>in</strong>nerte sich,<br />

daß Adolf Holl dr<strong>in</strong>gend darauf bestand, daß se<strong>in</strong> Sohn Willi den Beruf des<br />

Orgelbauers bei den <strong>Wrede</strong>s erlernte. So kam Willi Holl nach <strong>Hannover</strong> <strong>und</strong><br />

blieb auch nach Ablegung <strong>der</strong> Gesellenprüfung muhrere Jahre <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie<br />

<strong>Wrede</strong> als Geselle tätig. Er war wegen se<strong>in</strong>es bescheidenen, zurückhaltenden<br />

Wesens bei <strong>der</strong> Familie sehr beliebt. Hoch<strong>in</strong>teressant, daß gerade dieser<br />

Willi Holl sich ebenso wie se<strong>in</strong> Lehrherr <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> durch hervorragende<br />

Intonation von Zauberflöten <strong>und</strong> Trompoten auszeichnete. Se<strong>in</strong>e Orgeln s<strong>in</strong>d<br />

ebenso wie die <strong>Wrede</strong>-Orgeln heute begehrte Stücke bei Sammiern <strong>und</strong> Liebhabern.<br />

Willi Holl wie<strong>der</strong>um hat mit dem berühmten Orgelbauer Alfred Gewecke <strong>in</strong><br />

Bielefeld längere Jahre zusann gearbeitet, so daß über diesen Weg die<br />

Erfahrungen <strong>der</strong> <strong>Hannover</strong>schen <strong>Wrede</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit Alfred Geweckes ihren<br />

Nie<strong>der</strong>schlag f<strong>in</strong>den. In den 70er Jahren gab es e<strong>in</strong>en Versuch, die <strong>Wrede</strong><br />

Orgeln zu kopieren. Christian Eickhoff, Inhaber <strong>der</strong> Firma Hannr Orgelbau<br />

<strong>in</strong> Arnum stellte 10 Walzenorgeln getreu e<strong>in</strong>er 25er <strong>Wrede</strong>-Doppelpan her.<br />

0er Orgelbairreister Karl-He<strong>in</strong>z Hofbauer <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen baute den ersten<br />

<strong>Wrede</strong>-Drehorgeltyp, e<strong>in</strong>e 20er MDritatenorgel als Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er wie<strong>der</strong>er<br />

starkenden Drehorge]±ewegung.<br />

Die Arrangements <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong>s<br />

0er Arrangeur hat die Aufgabe, die Komposition auf die Note bzw. die Walze<br />

zu übertragen. Hierbei werden erhöhte Anfor<strong>der</strong>ungen an ihn gestellt. Er muß<br />

die Korrsition auf die Möglichkeiten <strong>der</strong> unchromatischen Orgel anpassen.<br />

Lei<strong>der</strong> verfügt auch das Orgelwerk, z.B. die Walzenorgel, nicht über den<br />

Ibnumfang e<strong>in</strong>es Klavieres. Zum Vergleich: E<strong>in</strong>e MDritatenorgel hat e<strong>in</strong>en<br />

Tonumfang von 20 bis 25 Tönen, e<strong>in</strong> Klavier e<strong>in</strong>en ‘Ibnurnfang von 88 Tönen.<br />

E<strong>in</strong>e Z‘britatenorgel mit 20 Tönen enthalt als e<strong>in</strong>zigen Halbton das Fis,<br />

während das entsprechende Klavier sämtliche Halbtöne bietet (für den Laien:<br />

die schwarzen Tasten entsprechen den Haibtönen).<br />

0er Arrangeur hat nun also zunächst die Aufgabe, das Lied auf den Walzenumfang<br />

zu kürzen. Bei <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> hatte die Walze oftmals e<strong>in</strong>en Umfang von<br />

48 Walzertakten; man spricht von <strong>der</strong> dreiteiligen Walze. E<strong>in</strong> Teil entsprach<br />

16 Walzertakten. Von dieser festen Vere<strong>in</strong>barung ausgehend konnten entsprechend<br />

an<strong>der</strong>e Taktmaße aufgetragen werden. Nach Errechnung <strong>der</strong> zur Verfügung stehenden<br />

Takte konnte nun <strong>der</strong> Arrangeur, das war im Hause <strong>Wrede</strong> <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> selbst,<br />

das Lied für die Möglichkeit <strong>der</strong> Orgel herrichten. Dabei würde e<strong>in</strong>e Uber—<br />

tragung <strong>der</strong> lodie langweilig kl<strong>in</strong>gen. Gerade hier müssen jetzt die Ver<br />

zierungen wie Läufe, Triller, Vorschläge, synkopierte Akkorde, nachgeschlagene<br />

Akkorde, e<strong>in</strong>gesetzte Stakkati, gebrochene Triller <strong>und</strong> ppeltriller e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. Kontrapunktik <strong>und</strong> Gegenmalodie, Ritardando, }rrespondierende Melndiefolgen<br />

43


Zeichenvorrichtung für e<strong>in</strong>e Spieldosenwalze. Sie entspricht h<strong>in</strong>sichtlich<br />

ihrer E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Taktzeichenmasch<strong>in</strong>e für e<strong>in</strong>e präzise Drehorgelwalze<br />

Der Enkel <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong>s — Paul Georg Tesch — mit se<strong>in</strong>er Mutter Frieda Tesch<br />

— e<strong>in</strong>er Tochter <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong>s — anläßlich des Orgelfestivals 1980<br />

44 im Gespräch mit Peter Georg Schuhknecht <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong>.


r<strong>und</strong>en die Kunst des Arrangeurs ab. Erst nach Beachtung dieser vielen<br />

Verzierungen wird die Drehorgel beson<strong>der</strong>s reizvoll. Nicht umsonst spricht<br />

man <strong>in</strong> vielen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt vom ‘E<strong>in</strong>mann-Orchester“. Viele Arrangeure<br />

entwickelten e<strong>in</strong>en typischen, eigenen Stil, <strong>und</strong> ich rn5chte den Stil e<strong>in</strong>iger<br />

berühmter Arrangeure vergleichen: <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> setzte mit Vorliebe das<br />

Stakkato e<strong>in</strong>, d.h., bei lang anhaltenden Tönen (z . B. e<strong>in</strong> halber Notenwert)<br />

setzte er mahrere Koiamunen von Stiften, die beim Abspiel e<strong>in</strong>e Folge von<br />

Tonstößen erkl<strong>in</strong>gen ließen; e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s reizvoller Effekt bei <strong>der</strong> Straßen—<br />

drehorgel, <strong>der</strong> Harmanipan. Läufe wurden von <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> fast völlig ver<br />

mieden, wenn überhaupt setzte er hier e<strong>in</strong> aus zwei Tönen bestehendes<br />

Arpeggio e<strong>in</strong>. Gr<strong>und</strong>sätzlich bemühte er sich zum Ende e<strong>in</strong>es Stückes, e<strong>in</strong>en<br />

Triller e<strong>in</strong>zufügen, <strong>der</strong> über <strong>der</strong> Malodie lag <strong>und</strong> mit aufreizen<strong>der</strong> Schärfe<br />

das Ende des Stückes verkündete. <strong>Wrede</strong>s Arrangemants zeichneten sich durch<br />

Klarheit <strong>und</strong> Malodientreue aus. Ließ sich e<strong>in</strong> Stück wegen se<strong>in</strong>er häufig<br />

vorkortnden Halbtöne nicht für die Orgel verwenden, nahm er dieses<br />

Arrangemunt auch nicht für die entsprechende Walze vor; im Gegensatz zu<br />

an<strong>der</strong>en Arrangeuren, die gelegentlich solche Versuche auf <strong>der</strong> Walze unter—<br />

nahiren <strong>und</strong> den Halbton durch e<strong>in</strong>en Vollton ersetzten o<strong>der</strong> ihn beim Zeichnen<br />

unterschlugen.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s Giovanni Bacigalupe <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Er bemühte sich stets, e<strong>in</strong>e<br />

Gegenmalodie unter die Malodie zu legen <strong>und</strong> beachtete sehr stark die Be<br />

deutung <strong>der</strong> Kontrapunktik. Se<strong>in</strong> Ausspruch war stets: “Der Baß ist das<br />

F<strong>und</strong>arrent des Arrangemants.“ Als gestalterisches Elemant f<strong>in</strong>den wir bei<br />

Bacigalu häufig nachgeschlagene Akkorde <strong>und</strong> gebrochene Akkorde. Triller<br />

werden sparsam e<strong>in</strong>gesetzt <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Triller ist e<strong>in</strong>e<br />

bestirr<strong>in</strong>te Arithsetik erkennbar.<br />

Wie<strong>der</strong>um ganz an<strong>der</strong>s arrangierte Carl Frei aus Waldkirch. Er war speziell<br />

für den holländischen Markt tätig <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e ArrangenEnts werden heute als<br />

typisch holländisch bezeichnet; ja, man kann behaupten, daß er dem ‚hollän<br />

dischen Orgeiwesen se<strong>in</strong>en unverkennbaren Stempel aufgeprägt hat. Carl Frei‘ s<br />

Arrangerrents zeichnen sich durch starke Wie<strong>der</strong>holungen von langen Läufen aus.<br />

Läufe, die gelegentlich <strong>in</strong> Trillern enden, aus e<strong>in</strong>er Malodie o<strong>der</strong> Gegenrrelodie<br />

wachsen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> diese übergehen. Hierbei kam Carl Frei das wesentlich<br />

umfangreichere Orgeiwerk sehr entgegen, das ihn nicht zwang, sich beim<br />

Arrangieren auf wenige Töne zu beschränken.<br />

Wenn man von den großen Arrangeuren <strong>der</strong> ersten Hälfte dieses Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

spricht, muß man unbed<strong>in</strong>gt Gustav Bru<strong>der</strong> <strong>in</strong> Waldkirch nennen.<br />

Gustav Bru<strong>der</strong>s Arrangerrents fesseln irrrrer wie<strong>der</strong> durch ihren dberrrnt <strong>und</strong><br />

die gelungenen E<strong>in</strong>fälle. Zur Steigerung <strong>der</strong> Dramatik e<strong>in</strong>es Stückes setzte<br />

er sehr häufig Doppeltriller e<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Effekt, <strong>der</strong> bei Kirmesorgeln <strong>und</strong><br />

Orchestrien leicht aigewendet werden konnte, da diese über ausreichend W<strong>in</strong>d<br />

im Gegensatz zu den kle<strong>in</strong>en Stral3eridrehorgeln verfügten. Die Kontrapunktik<br />

Gustav Bru<strong>der</strong>s kann man geradezu als genial bezeichnen. Der E<strong>in</strong>satz von<br />

e<strong>in</strong>fügsarren Gegenirelodien ist hier vorbildlich. Ich habe viele Arrangements<br />

an<strong>der</strong>er <strong>Drehorgelbau</strong>er verfolgt, hei denen man sich <strong>der</strong> stilistischen<br />

Eleirente Gustav Bru<strong>der</strong>s bedient hat.<br />

Auch Adolf Ruth <strong>und</strong> dessen erster Arrangeur Rudolf Weisser haben für<br />

die großen Ruth—Orgelwerke Paradestücke <strong>der</strong> Arrangierkunst geschaffen, die<br />

verdeutlichen, daß nicht nur das prächtige Orgelwerk selbst, son<strong>der</strong>n vor<br />

allem auch die Kunst des Arrangeurs für den Erfolg <strong>der</strong> Orgel verantrtlich<br />

s<strong>in</strong>d. Sehr oft werde ich gefragt: ‘Warum werden so viele Manschen von <strong>der</strong><br />

Drehorgel <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Kirrresorgel angelockt?“ Vielleicht steckt dieses<br />

Geheimnis <strong>in</strong> den raff<strong>in</strong>ierten Arrangements <strong>der</strong> Noten <strong>und</strong> Walzen.<br />

Es ist schön, daß die Arrangierkunst auch heute noch nicht ausgestorben ist.<br />

Noch heute gibt es <strong>in</strong> Belgien, Holland <strong>und</strong> Deutschland ausgezeichnete<br />

45


Arrangeure, die diese alte Kunst zu e<strong>in</strong>em eigenen Stil perfektionierten.<br />

Viele schwärrren für das Spitzenarrangennt von <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong>, den Walzer<br />

Gruben1ichter“ <strong>und</strong>. “Gold <strong>und</strong> Silber“. <strong>Wrede</strong> selbst widmate sich bei den<br />

großen Orgeln rrehr den Ouvertüren <strong>und</strong> Operetten. Er baute ja sechs ver<br />

schiedene, große Orgeln mit Notensteuerung - so die Orgel Nr. 45, 69, 69 B,<br />

76 <strong>und</strong> 80. Se<strong>in</strong>e Liebe galt natürlich dem 80er Ibdel1, von dem Sie <strong>in</strong> diesem<br />

Buch sowohl das Katalogblatt als auch e<strong>in</strong>e Abbildung f<strong>in</strong>den. E<strong>in</strong>e dieser<br />

großen 80er Prunkwerke besaß <strong>der</strong> Schausteller Ziegler <strong>in</strong> Magdeburg.<br />

Er besaß mahr als 10 Kisten Noten, die ausschließlich Ouvertüren enthielten.<br />

Es war dies e<strong>in</strong>e renon<strong>in</strong>ierte Schaustellerfarnjlie, wie es diese heute auf<br />

vielen Jahrmärkten gibt. Voller Stolz pflegten sie ihre große <strong>Wrede</strong>—Orgel,<br />

die zu den Familien-aditionsstücken zählte. Zwei Tage vor dem Beg<strong>in</strong>n<br />

e<strong>in</strong>es Kirmasfestes wurde diese große Orgel am E<strong>in</strong>gang des Festplatzes<br />

aufgestellt <strong>und</strong> <strong>in</strong> den Zeitungen konnte man die Ankündigung lesen:<br />

“Heute großer Ouvertüren-Aiend‘ Die Bevölkerung stränte dann vor die Stadt<br />

auf den Festplatz <strong>und</strong> lauschte e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e den Konzertstücken <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong>s.<br />

Die Sprache <strong>der</strong> fahrenden Leute<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> mußte sehr häufig - wie es für damalige Orgelbauer üblich war -<br />

se<strong>in</strong> Geld auf den Jahrmärkten persönlich e<strong>in</strong>treiben. Täglich karren zu ihm<br />

Straßenmusikanten, die ihre Orgel stirtnn <strong>und</strong> reparieren ließen o<strong>der</strong> sich<br />

e<strong>in</strong>e neue Walze, e<strong>in</strong> neues Lied aufzeichnen lassen wollten. So kam es, daß<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> auch e<strong>in</strong>ige Begriffe <strong>der</strong> Geheimsprache <strong>der</strong> fahrenden Leute<br />

erlernte. Geheirnsprachen f<strong>in</strong>det man auch heute noch, wenn man z .3. an das<br />

Late<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ärzte denkt. Das Rothwelsch, die Geheimsprache <strong>der</strong> Gauner <strong>und</strong><br />

Landstreicher, <strong>der</strong> fahrenden Leute, Hausierer, Bettler <strong>und</strong> Straßen<strong>in</strong>usikanten,<br />

entwickelte sich als Schutzsprache schon im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert. Als Ursprung<br />

<strong>der</strong> Begriffe s<strong>in</strong>d drei Quellen zu nennen:<br />

1. Das Romani — die Sprache <strong>der</strong> Zigeuner;<br />

2. Das Deutsch-Jiddische;<br />

3. Viele Wortschöpfungen, die sich aus <strong>der</strong> Verdrehung von Silben ergaben.<br />

Die Bewohner verschiedener Landstriche sprechen verschiedene Forrten von Roth—<br />

weisch. So entwickelte sich <strong>in</strong> Wien die “0-Sprache“, die recht e<strong>in</strong>fach auf<br />

gebaut wird <strong>und</strong> dennoch vom Une<strong>in</strong>geweihten nicht verstanden werden kann.<br />

Die beiden äußeren Silben e<strong>in</strong>es Wortes werden vertauscht, d.h., die letzte<br />

Silbe wird an den Anfang e<strong>in</strong>es Wortes gestellt, während die erste Silbe<br />

an das Ende des gleichen Wortes gesetzt wird. Zwischen die Silben fügt man<br />

nun noch e<strong>in</strong> “0“ e<strong>in</strong>, das ebenfalls mitgesprochen wird. Versuchen Sie selbst<br />

e<strong>in</strong>mal solche Wortschöpfungen; sie werden feststellen, daß es nicht nur unmög<br />

lich ist, diese zu verstehen, son<strong>der</strong>n Sie sogar Mühe haben werden, diese<br />

nachzusprechen.<br />

In Magdeburg gab es die “Löffelsprache“. Zwischen die Silben <strong>der</strong> u<strong>in</strong>gangssprach—<br />

lichen Begriffe werden lediglich zwei “L“ e<strong>in</strong>gefügt, oftmals haben K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus<br />

Jux diese Worte verdreht. Aus <strong>der</strong> Verdrehung dieser Worte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verschleifung<br />

im umgangssprachlichen Gebrauch entstanden dann völlig neue Wortschöpfungen.<br />

In Jena nennt man e<strong>in</strong>e solche Sprache die “Hühnersprache“ <strong>und</strong> <strong>in</strong> Stuttgart<br />

die “B—Sprache“. Auch <strong>Hannover</strong> <strong>und</strong> Braunschweig hatten e<strong>in</strong>e solche Geheimver—<br />

ständigung, die die “Erbsensprache“ genannt wurde. übrigens s<strong>in</strong>d uns viele<br />

dieser Begriffe geläufig. So verstehen wir alle, was mit “blaumachen“, mit<br />

e<strong>in</strong>em “steilen Zahl“, mit “toff“ gerre<strong>in</strong>t ist. Wir haben also viele Begriffe<br />

des Rothwelsch <strong>in</strong> unsere Umgangssprache Ubernormen. Umgekehrt werden auch <strong>in</strong><br />

das Rothwelsch Begriffe aus <strong>der</strong> Umgangssprache entlehnt. Da auch den Straßen<br />

rruasikanten diese Begriffe vielfach geläufig waren <strong>und</strong> gerade im braunschweigisch<br />

hannoverschen Raum dieses Rothwelsch häufig anzutreffen war, habe ich e<strong>in</strong>ige<br />

Beispiele aus <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> fahrenden Leute aufgezeichnet:<br />

46


Aus<br />

dem Wortschatz <strong>der</strong> fahrenden Leute:<br />

- Lobi<br />

- 50,--<br />

— 1.CxxD,——<br />

Achile toff - Gutes Essen<br />

Achile l<strong>in</strong>k — schlechtes Essen<br />

Bachulken - Arbeiter<br />

Brast - Wut<br />

e<strong>in</strong>schen<strong>in</strong>en - Geld geben<br />

Geld:<br />

Halbe Schiene - DM 0,05<br />

Pachen — 0,10<br />

Tachen — 0,10<br />

-<br />

Beispachen<br />

0,20<br />

Künnelpachen - 0,30<br />

-<br />

Dollarpachen<br />

0,40<br />

Heibach - 0,50<br />

—<br />

Schock<br />

1,——<br />

Blischock o<strong>der</strong><br />

Künirrelschock — 2,-—<br />

Dollarschock — 4,-—<br />

1<br />

Heiermann<br />

5,<br />

Jut<strong>in</strong>ann - 10,--<br />

-<br />

Kaffermann<br />

20,--<br />

Halben Sche<strong>in</strong><br />

Sche<strong>in</strong> — 1W,——<br />

Tolofen<br />

Fiesel — Halunke<br />

Hacho — Bauern<br />

Gent o<strong>der</strong> Gatsche - Publikum<br />

Hegetoff - Reicher<br />

Jackneos - Handgeld<br />

Lötze - Orgel<br />

Kippe - Halbe - Halbe<br />

Katschedeh - Schnaps<br />

Kippesmann - Teilhaber<br />

kneistern — gucken<br />

l<strong>in</strong>ker Säger - Penner<br />

l<strong>in</strong>ke Schore o<strong>der</strong> Seibel - schlechte Ware<br />

Lampe — Anzeige bei <strong>der</strong> Polizei<br />

Lötzenfreier - Orgelspieler<br />

Mackes - Schläge<br />

Massel - Glück<br />

rnantschen - Geld sanuteln<br />

Oser o<strong>der</strong> Schi - Halt den M<strong>und</strong><br />

Massel <strong>und</strong> Broke - Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Glück<br />

Plerr — Bier<br />

Raklo - rabiater Kirrtesarbeiter<br />

rapo — vom Wagen verkaufen<br />

Schock - Kirrres<br />

Schockfreier - Kirrresarbeiter<br />

Seibelbeis - Lokus<br />

seibeln - p<strong>in</strong>keln<br />

Schore — Pullover<br />

schicker - betrunken<br />

Schi Lobi - Kle<strong>in</strong>geld<br />

schaniegeln - arbeiten<br />

Tellerm<strong>in</strong>e - Scheiße<br />

toff - gut<br />

teilachen - laufen<br />

teilache - hau ab<br />

47


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Die Z<strong>in</strong>ken<br />

P,n <strong>Hannover</strong>schen Häusern o<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>stücken f<strong>in</strong>det man heute noch<br />

Geheirnzeichen <strong>der</strong> Hausierer <strong>und</strong> Bettler, mit denen sich diese Nachrichten,<br />

Warnungen o<strong>der</strong> H<strong>in</strong>weise gaben. Die wichtigsten <strong>Hannover</strong>schen Z<strong>in</strong>ken f<strong>in</strong>den<br />

Sie <strong>in</strong> diesem Buch.<br />

Das Ende des <strong>Drehorgelbau</strong>s?<br />

Für die s<strong>in</strong>kende Nachfrage nach Orgeln gibt es verschiedene Erklärungen:<br />

Hierzu muß man zunächst analysieren, welche Abnehmerkreise die Drehorgel<br />

hatte. Es waren dieses die Straßenmusikanten, Gaststätten <strong>und</strong> Restaurations<br />

betriebe (<strong>in</strong> Form von Orchestrien) <strong>und</strong> die großen Volksfestplätze, also<br />

die Schausteller. Gelegentlich gab es auch schon <strong>in</strong> damaliger Zeit e<strong>in</strong>en<br />

Liebhaber o<strong>der</strong> Sannier mechanischer Musik<strong>in</strong>strumente, <strong>der</strong> sich e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Drehorgel <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Heim stellte. So ist <strong>der</strong> letzte Zbnehmer e<strong>in</strong>er <strong>Wrede</strong><br />

Straßendrehorgel die Familie Be<strong>in</strong>dorif, Inhaber <strong>der</strong> Pelikan-Werke <strong>in</strong><br />

<strong>Hannover</strong>, gewesen. Daneben wurden aber auch viele Straßenmusikanten <strong>und</strong><br />

?britatensänger mit <strong>Wrede</strong>-Orgeln o<strong>der</strong> Walzen beliefert. E<strong>in</strong>er <strong>der</strong> letzten<br />

Mnritatensänger - Ernst Becker aus Berl<strong>in</strong>-kabit - besaß vier Drehorgeln,<br />

darunter e<strong>in</strong>e <strong>Wrede</strong>—Drehorgel. Zu dieser konnte er beson<strong>der</strong>s gut s<strong>in</strong>gen,<br />

<strong>und</strong>, falls es erfor<strong>der</strong>lich war, durch H<strong>in</strong>zuschalten e<strong>in</strong>es zweiten Registers<br />

die Lautstärke erhöhen. Alma Hocke <strong>in</strong> Bremen, die bekannte Drehorgel-Verleiher<strong>in</strong>,<br />

schätzte <strong>Wrede</strong>-Drehorgeln wegen ihrer Zuverlässigkeit <strong>und</strong> Beständigkeit.<br />

<strong>Wrede</strong>-Drehorgeln brauchten über Jahre nicht nachgestirrmt zu werden.<br />

Heute spielt <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> zum Weihnachtsmarkt <strong>der</strong> Drehorgeispieler Herr<br />

Herberg, <strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Marktkirche mit se<strong>in</strong>em Bl<strong>in</strong>denh<strong>und</strong> vielen <strong>Hannover</strong>anern<br />

bekannt ist. Der Drehorgelspieler Georg Nowak aus Alfeld läßt gelegentlich<br />

se<strong>in</strong>e Waldeslusto<strong>der</strong> “Lustig ist das Zigeunerleben“ auf <strong>der</strong> Karmarschstraße<br />

erkl<strong>in</strong>gen. Das letzte hannoversche Orig<strong>in</strong>al “Onkel Oh wie schön“ spielte<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>e <strong>Wrede</strong>-Drehorgel<br />

-<br />

(25er Deppelpan), die heute im Besitz des<br />

“Musikwissenschaftlichen Museums für selbstspielende Instrumente <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong>“<br />

ist. “Onkel Oh wie schön“ erhielt se<strong>in</strong>en Namen, weil er nach jedem Musikstück<br />

<strong>in</strong> die Hände klatschte <strong>und</strong> unter dem e<strong>in</strong>fallenden pplaus <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> rief:<br />

‘Oh wie schön!“<br />

Die Drehorgel als Straßennusik<strong>in</strong>strurrent hat sich noch heute erhalten, ja<br />

erfreut sich wie<strong>der</strong> größerer Beliebtheit. Der Ma<strong>in</strong>zer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kölner<br />

Karneval ist ohne e<strong>in</strong>e Drehorgel gar nicht denkbar. In Bremen f<strong>in</strong>det all<br />

jährlich e<strong>in</strong> Treffen <strong>der</strong> Bremer Stadtmusikanten statt, bei dem verschiedene<br />

Schausteller ihre Drehorgeln <strong>und</strong> Kirmesorgeln vorführen. In München zum<br />

Oktoberfest wie auch zum Cannstadter Wasen <strong>in</strong> Stuttgart ist es für den<br />

renomierten Schausteller Ehrensache, se<strong>in</strong>e wohigest<strong>in</strong>unte <strong>und</strong> gut restaurierte<br />

Drehorgel zu präsentieren. Gerade im süddeutschen Baum achten Platzmeister von<br />

Kirmesveranstaltungen darauf, daß die Schausteller wie<strong>der</strong> ihre Orgeln mit auf<br />

den Festplatz br<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong> Schaustellergeschäft mit e<strong>in</strong>er Orgel kann <strong>der</strong><br />

Zusage für den Festplatz sicher se<strong>in</strong>. In <strong>Hannover</strong> f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> jedem Jahr am<br />

ersten Wochenende im Mai das vom Verfasser <strong>in</strong>s beben gerufene Karussell— <strong>und</strong><br />

Drehorgelfestival statt. Diese <strong>in</strong>ternationale Veranstaltung ist e<strong>in</strong> Magnet<br />

für Sarrunler <strong>und</strong> Liebhaber <strong>der</strong> Orgeln aus aller Welt.<br />

Die Kirrresorgel erlebte ihren Höhepunkt <strong>in</strong> den 90er Jahren des vorigen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts. Vielfach wird <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong>dung des Phohographen durch Thomas Alvar<br />

Edison o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erf<strong>in</strong>dung des Phonographen durch Emil Berl<strong>in</strong>er <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong><br />

die Schuld an <strong>der</strong> rückläufigen Entwicklung <strong>der</strong> Orgel auf den Kiriresplätzen<br />

gegeben. tJbere<strong>in</strong>stirrurrid erklären aber die Orgelbauer wie auch ihre<br />

Geschäftsbücher, daß erst gegen Ende <strong>der</strong> 20er Jahre e<strong>in</strong>e rückläufige Ent<br />

wicklung des Orgelbaus zu verzeichnen war. 1927 begann von Bredow mit den<br />

ersten R<strong>und</strong>funksendungen. Parallel zur Verbreitung des R<strong>und</strong>funks kam die<br />

49


Die 25er Doppelpan von <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Hannover</strong>. Der Registerzug ist an <strong>der</strong><br />

rechten Seite am Gehäuse zu erkennen.<br />

Nachbau <strong>der</strong> 25er <strong>Wrede</strong>-Doppelpan durch<br />

Herrn Christian Eickhoff<br />

<strong>in</strong> Arnum bei <strong>Hannover</strong>.<br />

Die 20er <strong>Wrede</strong> Moritatenorgel mit<br />

zwei Registern <strong>und</strong> 40 Pfeifen.<br />

Nachbau <strong>der</strong> 20er <strong>Wrede</strong>-Drehorgel<br />

aus dem Hause Karl-He<strong>in</strong>z Hofbauer<br />

<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen.<br />

50


-<br />

-‚<br />

Die 69er <strong>Wrede</strong> Orgel (Typ 69 B) <strong>der</strong> Schaustellerfamilie Schickler <strong>in</strong> Frankfurt.<br />

Beachten Sie bitte die beiden außen angesetzten Fassadenteile.<br />

Vergleichen Sie hierzu bitte die Katalogabbildungen.<br />

Entwicklung von Verstärkeranlagen. Für Schausteller war es viel leichter,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ecke des Packwagens e<strong>in</strong>e Verstärkeranlage mit nEhreren Lautsprechern<br />

zu transportieren, als e<strong>in</strong>en zusätzlichen Orgeiwagen mit e<strong>in</strong>er zusätzlichen<br />

Zugmasch<strong>in</strong>e <strong>und</strong> zwei Mann Begleitpersonal. H<strong>in</strong>zu kam die viel größere<br />

Wartungshäufigkeit <strong>der</strong> Orgel <strong>und</strong> die Kosten für das Repertoire.<br />

Mit dem Aufstieg <strong>der</strong> Gesellschaft <strong>in</strong> den 30er Jahren wurde zudem das Personal<br />

knapp <strong>und</strong> teuer. Es war nicht hr so e<strong>in</strong>fach ntglich, Mitreisende für Unter<br />

kunft <strong>und</strong> Verpflegung zu verpflichten. Vielleicht liegt auch hier<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Begründung für den stagnierenden Umsatz, den irrr ger<strong>in</strong>ger werdenden Bedarf<br />

<strong>der</strong> Schaustellerfamilien an Kirnesorgeln. Umso mehr muß man heute die<br />

renoimierten Schaustellerfamilien achten <strong>und</strong> würdigen, die zusätzliche<br />

Belastungen durch ansport <strong>und</strong> Unterhalt <strong>der</strong> großen Kirmesorgeln auf sich<br />

nehmen. Dennoch erleben wir heute e<strong>in</strong>e Renaissance <strong>der</strong> Drehorgel. Nicht mehr<br />

als Geldmasch<strong>in</strong>e des Straßenmusikanten, als Lockmasch<strong>in</strong>e des Kirmesschau—<br />

stehers, son<strong>der</strong>n als Party—Instrument für Familienfeiern, GeschäftsjublilHen<br />

<strong>und</strong> handwerkliche Herausfor<strong>der</strong>ung für die Hobby-Freizeit.<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> <strong>der</strong> große <strong>und</strong> berühmte Orgelbauer <strong>Hannover</strong>s starb im Alter<br />

von 77 Jahren am 28. März 1945. Beim 88. Bombenangriff, dem letzten auf<br />

die Stadt <strong>Hannover</strong> fiel e<strong>in</strong>e große Sprenglmbe auf das Werkstattgebäude<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Scheidestraße. <strong>Fritz</strong> <strong>Wrede</strong> war just zu diesem ment mit <strong>der</strong> Stimu&<strong>in</strong>g<br />

e<strong>in</strong>er gerade fertiggestellten 80 Tonstufen—Prunkorgel beschäftigt. Als die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus dem Bunker kaiten, fanden sie we<strong>der</strong> den Vater noch die Werkstat,<br />

noch die große Orgel. E<strong>in</strong> 20 Mater tiefer Krater zeigte die ehemalige<br />

Schaffensstätte dieses genialen Orgelbauers an.


das<br />

onntaqo 3cituu.<br />

‚eft 29.<br />

Der<br />

lerr mulikprofelior ipricht:<br />

„Die Dreliorgeln, die dulde man nicht!<br />

Sie l<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Plage <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Skandal!“<br />

He<strong>in</strong>, lieber Profellor, nun hören Sie “mal:<br />

E<strong>in</strong> enger Fiof ke<strong>in</strong> Sonnen[che<strong>in</strong><br />

fällt dort das ganze 3ahr h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>.<br />

Da herrrdit e<strong>in</strong> leltlum multiger Duft,<br />

flach Hrmut riecht‘s <strong>und</strong> Kellerluit,<br />

Da hitilit ke<strong>in</strong>e Blume, da grünt ke<strong>in</strong> Laub,<br />

Die R<strong>in</strong><strong>der</strong> Ipielen <strong>in</strong> filüh r<strong>in</strong>d Staub.<br />

flun kommt e<strong>in</strong> Leiermann hervor<br />

Und rchleppt le<strong>in</strong>en Ruiteii dLmrchs offene Chor.<br />

Den Sctmunkelwulzer Ipielt er auf,<br />

Da rennt es herbei <strong>in</strong> Fctmnellem Lauf,<br />

Da krabheln aus ihren jölileii heraus<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> irr de<strong>in</strong> ganzen l‘5UU5,<br />

Und iiber die blauen, erniten GelichLr<br />

liegt es dah<strong>in</strong> wie Sonnenlichter,<br />

Sie tun:en <strong>und</strong> wiegen iich h<strong>in</strong> <strong>und</strong> her<br />

Be<strong>in</strong>i Schunkelwalzer was will man mehr?<br />

<strong>der</strong> Kellerthür iteht e<strong>in</strong> Fctilunipiqes Weil,,<br />

tir hängen die Klei<strong>der</strong> um den Leib,<br />

Den Säuqlirmq hält tie <strong>in</strong> dciii rni,<br />

ciii Wollentuclm gewickelt warm.<br />

Sie lättt ihn tanzen, <strong>und</strong> wie er lich regt<br />

Und mit den negern Ber<strong>in</strong>ctien rctildqt,<br />

über die vergrämten Wangen<br />

E<strong>in</strong> Strahl von ITlutterireude gegangen.<br />

n<br />

n<br />

lt<br />

Die fflufik <strong>der</strong> armen heute.<br />

Von le<strong>in</strong>rich Seidel.<br />

Das mädchen für HIles im eriten Stock,<br />

Es fat3t mit den i9nger[piljeri den Rock<br />

Und trällert den Cext <strong>und</strong> dreht lich <strong>und</strong> lacht:<br />

E<strong>in</strong> den blauen Dragoner hat ile gedacht;<br />

Des Sonntags nach vollbrachtem Werk<br />

irm „Schwarzen Hdler“ zu Schöneberq —<br />

Er war io unbeFchreiblich flott<br />

Und tanzte den Walzer wie e<strong>in</strong> Gott.<br />

Der Leieemnnn hat die Blicke erhoben<br />

Und wartet aal den Segen von oben.<br />

Dann kommt — hort e<strong>in</strong> 3e<strong>der</strong> gern:<br />

Emil ipielt idi mit Scepter, mit Krone <strong>und</strong> Stern.‘<br />

Der arme Schreiber <strong>in</strong> ie<strong>in</strong>er Kammer<br />

Vergiijt e<strong>in</strong>e Welle den täglichen 3ammer.<br />

Er läit die krilclnde ie<strong>der</strong> itehn<br />

Und le<strong>in</strong>en Blick zu den Wolken gehn,<br />

Die über die Dächer duh<strong>in</strong>geze.qen.<br />

So hoch l<strong>in</strong>d le<strong>in</strong>e Cräume geflogen<br />

Von Ruhm <strong>und</strong> Glück <strong>und</strong> Sonnerifche<strong>in</strong>:<br />

„0 lelig, o lelig, e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d noch zu 1cm!‘<br />

Dci Leiermann dreht le<strong>in</strong>e Kurbel um,<br />

Se<strong>in</strong>e Blicke wan<strong>der</strong>n r<strong>in</strong>gs herum.<br />

E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Stück nun Itellt er e<strong>in</strong>:<br />

‚.ch bitt‘ eucti lieben Vögele<strong>in</strong>!“<br />

Die flähter<strong>in</strong> lät die mardune itehn,<br />

Und ihre Cruumgedanken gehn<br />

Zum lelj!en Roman, den iie geleien.<br />

Wie edel iit doch <strong>der</strong> Graf geweien,<br />

Daij er das arme mädchen nahm,<br />

Obgleich es doch fall zur Enterbung kam.<br />

Dann ieuizt lie. Hch ile weif3, wie es geht:<br />

Die edlen Grafen l<strong>in</strong>d dünn gelät!<br />

Dodi wenn auch ke<strong>in</strong> Graf, Wenn nur e<strong>in</strong>er<br />

käme,<br />

Den Ile mnöctite <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ile nähme.<br />

Draul3en rdueen die Schwalben vorbei,<br />

Sie blickt ihnen nach <strong>und</strong> lummt dabei:<br />

..Jch bitt‘ euctm lieben Vögele<strong>in</strong>,<br />

Will ke<strong>in</strong>s von euch me<strong>in</strong> Bote le<strong>in</strong>?“<br />

Der heiermann aber kLaut iich itumm<br />

Von e<strong>in</strong>eni enlter zum an<strong>der</strong>n um,<br />

Zieht 1cm Regifter <strong>und</strong> ipielt mit Schall:<br />

„Es brault e<strong>in</strong> Ruf wie Donnerhull!“<br />

le<strong>in</strong>er Wertiitutt <strong>der</strong> Schulter nun<br />

häf3t e<strong>in</strong>e Weile den ammer ruhn.<br />

Er war bei Wörth <strong>und</strong> bei Sedan<br />

Und vor Paris <strong>und</strong> Orleans,<br />

n<br />

lflachdruct verbaler,.)<br />

Und wie er denkt an jene Zeit,<br />

Wird fe<strong>in</strong> Soldatenherz ihm weit!<br />

Er klopft mit kampfgewohnter 1‘and —.<br />

mit Gott für König <strong>und</strong> Vaterland —<br />

Gar mächtig auf das Le<strong>der</strong> e<strong>in</strong>:<br />

„Lieb‘ Vaterland magit ruhig leirm!“<br />

Der Leiermar<strong>in</strong> aber blickt <strong>und</strong> ipöht,<br />

Damit 1cm Lohn ihm nicht entgeht.<br />

Und fieL, <strong>der</strong> Segen bleibt nicht fern,<br />

Denn Eirmut giebt <strong>der</strong> Hrmut gern.<br />

Bald hier, buld dort mit leiiem Klapp,<br />

Papier gewickelt, fällt es herab.<br />

Und ob auch <strong>der</strong> Ferr Profeller [chreit<br />

eier lühlt man nichts als Dankbarkeit,<br />

n<br />

Denn e<strong>in</strong> wenig Licht <strong>in</strong>s graue heute<br />

Br<strong>in</strong>gt die mulib <strong>der</strong> armen Leute.<br />

E<strong>in</strong>s; Gelamrmmeile Sdmritlen von 15 e<strong>in</strong> ri cii Seidel, XI. Band. fleues IeciientpieI.<br />

52


<strong>Hannover</strong>-Kleefeld<br />

Scheide-Straße 9<br />

53


54<br />

36er <strong>Wrede</strong>-Konzertorgel aus dem Besitz des Schaustellers Schnei<strong>der</strong> <strong>in</strong> Herford<br />

(von ihm selbst genannt „36er <strong>Wrede</strong> Konzertorgel“).


55<br />

62er <strong>Wrede</strong>-Konzertorgel <strong>der</strong> Schaustellerfamilie Schickler <strong>in</strong> Frankfurt.<br />

4 4


67er <strong>Wrede</strong>-Konzertorgel <strong>der</strong> Schaustellerfamilie Kalb aus Nürnberg.<br />

Beachten Sie bitte bei allen drei Fassaden die<br />

übere<strong>in</strong>stimmenden Stilelemente <strong>der</strong> Schnitzwerke.<br />

56


Fr. <strong>Wrede</strong>, Orgelfabrik, <strong>Hannover</strong>-Kleefeld.<br />

Hiermit überreiche ich<br />

Ihnen e<strong>in</strong>en Prospekt über<br />

Konzertorgeln,<br />

mittels Kartonnoten spielbar.<br />

Die Notenorgeln werden nach bestem System gebaut, re<strong>in</strong> pneumatisch <strong>und</strong><br />

ist bei richtiger Behandlung e<strong>in</strong> ZerreiBen <strong>der</strong> Noten ausgeschlossen. Noten können<br />

genau passend nachgeliefert werden. An je<strong>der</strong> Orgel kann auch Ocar<strong>in</strong>aflöte zum<br />

Solospiel sowie e<strong>in</strong> Glockenspiel angebracht werden.<br />

Die Orgeln müssen unbed<strong>in</strong>gt vor Feuchtigkeit <strong>und</strong> direkter Sonnenhitze<br />

geschützt werden.<br />

Preise nach Vere<strong>in</strong>barung.<br />

Bezugsbed<strong>in</strong>gungen.<br />

E<strong>in</strong> Auftrag gilt nur dann als me<strong>in</strong>erseits angenommen, wenn 1/3 des Wertes<br />

angezahlt ist. Der Rest wird, wenn nichts an<strong>der</strong>es vere<strong>in</strong>bart, durch Nachnahme auf<br />

die Sendung erhoben.<br />

Kisten <strong>und</strong> Verpackung wird beson<strong>der</strong>s berechnet. Der Versand erfolgt auf<br />

Rechnung <strong>und</strong> Gefahr des Empfängers.<br />

Die angegebenen MaBe gelten für die Front mit Aufsatz. An Orgeln wo<br />

Glockenspiel angebracht ist, wird das TiefenmaB je nach Ausführung <strong>der</strong> Front<br />

entsprechend größer.<br />

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NOTENOPUEL Nrcb9<br />

e9Töne Bass <strong>und</strong> Begleifrfefen Voflnfläsn3fach,Mixfur3faCtT16TrOrflPefefl eBorobait<br />

dons, Piano md Forte k1ene <strong>und</strong> große Trommel mit Beoken flqur<br />

Lange aon Höhe 250cm Tiefc Ion cm.


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SN 20<br />

20er Notenorgel<br />

zum Selberbauen<br />

FN 20 20er Notenorgel<br />

FN 20 20er Notenorgel<br />

FN 20 20er Notenorgel<br />

1 Melodieregister<br />

1 Baßregister<br />

mit Rückspulübersetzung<br />

1 Melodieregister Holzflöte<br />

1 Baßregister<br />

mit Rückspulübersetzung<br />

1 Melodieregister Holzflöte<br />

1 Melodieregister Viol<strong>in</strong>e<br />

1 BaBregister Bourdon<br />

Register s<strong>in</strong>d auswechselbar<br />

mit Rückspulübersetzung<br />

1 Melodieregister Zauberflöte<br />

1 Melodieregister Holzflöte<br />

1 BaBregister Bourdon<br />

Register s<strong>in</strong>d auswechselbar<br />

Rückspulübersetzung<br />

8‘<br />

8‘<br />

4‘<br />

FW 20<br />

FM 32<br />

20er Walzenorgel<br />

32er Meloton<br />

FN 26 26er Doppelpan<br />

Notenorgel<br />

FN 26 26er Doppelpan<br />

Notenorgel<br />

8‘<br />

4‘ FW 26 26er Walzenorgel<br />

wie oben<br />

mit 8 beweglichen Figuren<br />

mit Zungenregister<br />

1 Melodieregister Zauberflöte<br />

1 Melodieregister Viol<strong>in</strong>e<br />

o<strong>der</strong><br />

Holzflöte<br />

1 Bal3register Bourdon<br />

Doppelschöpfer,<br />

mit Rückspulübersetzung<br />

wie oben, jedoch mit sehr<br />

wertvollen Intarsien<br />

8‘<br />

4‘<br />

4‘<br />

1 Melodieregister Zauberflöte 8‘<br />

1 Baßregister Bourdon<br />

mit wertvollen Intarsien<br />

Walze mit 8 Lie<strong>der</strong>n<br />

FN 20 20er Notenorgel<br />

FW 20<br />

20er Walzenorgel<br />

wie oben, bemalt o<strong>der</strong> mit Intarsien<br />

1 Melodieregister Zauberflöte 8‘<br />

8 Lie<strong>der</strong><br />

mit <strong>und</strong> ohne Intarsien<br />

FN 45 45er Notenorgel<br />

Melodie- <strong>und</strong> Begleitregister:<br />

Piccolo, Viol<strong>in</strong>e, Cello, Trompeten,<br />

Bourdon<br />

Baßregister: Bombardon <strong>und</strong> Bässe<br />

FW 20 20er Walzenorgel wie oben<br />

mit 3 Affen<br />

FN 45 45er Notenorgel wie oben<br />

mit wertvollen figurativen Intarsien<br />

Der Spezialist für mechanische Musik<strong>in</strong>strumente<br />

Postfach 699<br />

D-3400 Göll<strong>in</strong>gen<br />

Telephon (0551) 71001<br />

1<br />

misrci


imeec<br />

<strong>Hannover</strong>sche Drehorgel-Bildplatten<br />

<strong>in</strong> HiFi-Stereophonie mit direkt auf die Platte gepreßten Motiven (Picture-Disc)<br />

Serie X: Aufnahmen von verschiedenen Handdrehorgeln (Berl<strong>in</strong>er Leierkasten) <strong>in</strong> HiFi-Kunstkopf<br />

Stereophonie mit Beilage e<strong>in</strong>es Frati et Co Katalogs (Nachdruck aus dem Jahre 1900, 24 Seiten). Bild<br />

Seite A zeigt das Ernst-August-Denkmal vor dem Hauptbahnhof <strong>Hannover</strong> mit e<strong>in</strong>em Drehorgelmann.<br />

Bild Seite B zeigt den lustigen Drehorgelfre<strong>und</strong> Harry Dijkmans alias Mr. Boembas mit Com<br />

pagnon, Rotterdam.<br />

Serie XV: Aufnahme von e<strong>in</strong>er prunkvollen Arthur Bursens<br />

Straßenkonzertorgel im typisch belgischen Klangbild; mo<strong>der</strong>ne <strong>und</strong> klassi<br />

sche Arrangements von Arthur Pr<strong>in</strong>sen. HiFi-Kunstkopfstereophonie.<br />

Bild Seite A: Gavioli-Paris-Katalog. Bild Seite B: Arthur-1<br />

Orgel, Antwerpen.<br />

Serie XVI: <strong>Hannover</strong>sches Karussell- <strong>und</strong><br />

Drehorgel festival; e<strong>in</strong>e großartige Langspiel<br />

platte mit Aufnahmen w<strong>und</strong>erschöner Hand<br />

drehorgeln: 38er Bacigalupo, 37er Holl, 27er<br />

Frati, 37er Bacigalups.<br />

Serie XVII (farbige Schallplatte)<br />

Drehorgel-Karneval<br />

Serie XVIII Drehorgelklänge auf dem<br />

Weihnachtsmarkt<br />

Serie XIX Die Große Ruth-Prunkorgel<br />

Preis je Langspielplatte DM 25,—<br />

Bitte for<strong>der</strong>n Sie unseren neuen, 24-seitigen<br />

Schallplattenprospekt mit über 300 Titeln aus<br />

<strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Mechanischen Musik an.<br />

Fernsehmeister Schuhknecht<br />

Schaliplattenproduktion<br />

Friesenstrafle 54<br />

3000 <strong>Hannover</strong> 1

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