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Über das Leben des Wasserbauingenieurs und Gelehrten Johann Gottfried Tull

Beiträge zur Stadtgeschichte

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K A P I T E L 1<br />

B E I T R Ä G E Z U R S T A D T G E S C H I C H T E<br />

<strong>Über</strong> <strong>das</strong> <strong>Leben</strong> <strong>des</strong> <strong>Wasserbauingenieurs</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Gelehrten</strong> <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a<br />

1


G R U S S W O R T<br />

„In der Regel sollten in kultivierten Ländern die Bäche, Flüsse <strong>und</strong> Ströme Kanäle sein <strong>und</strong> die Leitung<br />

der Gewässer in der Gewalt der Bewohner stehen.“<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a<br />

<strong>Tull</strong>as Zitat entspricht ganz dem Geist der Aufklärung.<br />

Und es verdeutlicht sein <strong>Leben</strong>sthema. Denn<br />

der Ingenieur, der im Dienste <strong>des</strong> Markgrafen von<br />

Baden tätig war, hatte sich vollkommen den Naturwissenschaften<br />

<strong>und</strong> dem Glauben an den Fortschritt<br />

verschrieben. Sein „Meisterstück“ war die<br />

Begradigung <strong>des</strong> Rheins, ein gewaltiges <strong>und</strong> – wie<br />

wir heute sagen würden – höchst innovatives Projekt,<br />

<strong>das</strong> er 1817 begann.<br />

Der Rhein ist ein beeindruckender Strom. In früheren<br />

Zeiten wand er sich in gewaltigen Mäandern<br />

<strong>und</strong> vielen verästelten Nebenarmen durch eine<br />

weite Auenlandschaft <strong>und</strong> trat häufig über seine<br />

Ufer. Seine Unberechenbarkeit stellte eine große<br />

Gefahr für die Anwohner dar – bis <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>Tull</strong>a seine Vision einer Rheinbegradigung<br />

vorlegte. Er kappte dem Fluss alle Schlingen <strong>und</strong><br />

zwang ihn in ein einheitliches Bett. Als <strong>das</strong> Projekt<br />

1876, lange nach <strong>Tull</strong>as Tod, abgeschlossen war,<br />

verkürzte sich die Flusslänge <strong>des</strong> Rheins zwischen<br />

Mannheim <strong>und</strong> Basel von 354 auf nur noch 273 Kilometer.<br />

Die Rheinbegradigung sollte aus damaliger<br />

Sicht vor allem die Hochwassergefahr senken,<br />

<strong>das</strong> Land entlang <strong>des</strong> Stroms entsumpfen <strong>und</strong> urbar<br />

machen, die Seuchengefahr eindämmen <strong>und</strong><br />

den Rhein als Transportweg für die Schifffahrt erschließen.<br />

Heute sehen wir die Rheinbegradigung <strong>Johann</strong><br />

<strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>as mit ganz anderen Augen. Mit großem<br />

Aufwand haben wir beispielsweise die Murg<br />

renaturiert. Jedoch bleibt die enorme Ingenieursleistung<br />

<strong>Tull</strong>as ungeschmälert, die zu Beginn <strong>des</strong><br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts nicht nur von einer verarmten,<br />

durch den Fluss bedrohten Bevölkerung als segensreich<br />

empf<strong>und</strong>en wurde. Auch für <strong>das</strong> wirtschaftlich<br />

aufstrebende Großherzogtum Baden war<br />

sie von großem Nutzen.<br />

Die vierte Veröffentlichung in der Reihe Beiträge<br />

zur Stadtgeschichte widmet sich nun diesem großen<br />

badischen Wasserbauingenieur <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>Tull</strong>a, der vor etwa 200 Jahren den Gr<strong>und</strong>stein<br />

legte, unsere Landschaft so nachhaltig zu<br />

verändern. Die Schrift begleitet ferner die Ausstellung<br />

„… <strong>und</strong> ich auch gerne etwas zur Belehrung<br />

anderer beytrage – <strong>Über</strong> <strong>das</strong> <strong>Leben</strong> <strong>des</strong> <strong>Wasserbauingenieurs</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Gelehrten</strong> <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>Tull</strong>a“, die im Stadtmuseum bis Ende Februar 2016<br />

zu sehen ist.<br />

Mein herzlicher Dank geht an die Hildegard <strong>und</strong> Julius<br />

Strübel-Stiftung, deren finanzielle Unterstützung<br />

die Grafik <strong>und</strong> die Drucklegung dieser Schrift<br />

erst ermöglichte. Mein Dank geht außerdem an<br />

die beiden Autoren der Schrift, Nicole Zerrath <strong>und</strong><br />

Rainer Boos. Sie haben mit großem persönlichem<br />

Engagement <strong>und</strong> äußerst kenntnisreich die Inhalte<br />

erarbeitet. Ihnen <strong>und</strong> allen, die durch viele hilfreiche<br />

Hinweise unser Vorhaben auch durch Leihgaben<br />

unterstützt haben, danke ich ebenso sehr.<br />

Ich wünsche der vorliegenden Publikation eine interessierte<br />

Leserschaft <strong>und</strong> der Ausstellung regen<br />

Zuspruch <strong>und</strong> viel Erfolg.<br />

Rastatt im Juli 2015<br />

Hans Jürgen Pütsch<br />

Oberbürgermeister<br />

Partie an der<br />

Murg bei Rastatt,<br />

Joseph Hauwiller,<br />

1785<br />

3


T U L L A<br />

<strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> seine Wegbegleiter<br />

Nicole Zerrath<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>Tull</strong>a (1770 – 1828)<br />

Als <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a Ende 1827 nach Paris<br />

reiste, um sich nach der neuesten medizinischen<br />

Methode von seinen Blasensteinen befreien zu<br />

lassen, hatte er zuvor den Rat <strong>des</strong> damals bedeutendsten<br />

deutschen Anatomen Samuel Thomas<br />

von Soemmerring eingeholt. Der Kontakt zu Soemmering<br />

war über <strong>Tull</strong>as ehemaligen Kollegen in<br />

der badischen Verwaltung, Staatsrat <strong>Johann</strong> Klüber,<br />

entstanden. Die Art <strong>und</strong> Weise, wie <strong>Tull</strong>a im<br />

Austausch mit Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Kollegen auf die neue<br />

Behandlungsmethode stieß, ist Spiegelbild <strong>des</strong><br />

Wissenstranfers im Zeitalter der Aufklärung. Diesem<br />

Prinzip entsprechend hatte auch <strong>Tull</strong>as Ausbildung<br />

stattgef<strong>und</strong>en. Nachdem seine Begabung<br />

zu Schulzeiten erkannt worden war, bemühten sich<br />

Lehrer <strong>und</strong> Mentoren um weitere Ausbildungsstationen.<br />

Alle zu Studienzwecken unternommenen<br />

Aufenthalte <strong>und</strong> Reisen waren fast immer mit Besuchen<br />

bei <strong>Gelehrten</strong> oder Vorständen der jeweiligen<br />

Institutionen verb<strong>und</strong>en. Damit trat der junge<br />

<strong>Tull</strong>a in ein Netzwerk ein, <strong>das</strong> sich im Lauf der Jahre<br />

immer weiter verzweigte.<br />

Aus der Idee, <strong>Tull</strong>as <strong>Leben</strong>sweg, eingebettet in<br />

sein geistesgeschichtliches Umfeld nachzuzeichnen,<br />

ist der vorliegende Beitrag entstanden. Die<br />

hier vorgestellten Personen, die für <strong>Tull</strong>a Lehrer,<br />

Mentor, Kollege oder Fre<strong>und</strong> waren, sind uns aus<br />

schriftlichen Quellen bekannt. Obwohl die eine<br />

oder andere wichtige Person aufgr<strong>und</strong> fehlender<br />

Zeugnisse im Text nicht berücksichtigt werden<br />

konnte, scheint der Kreis der vorgestellten Fre<strong>und</strong>e<br />

sowie deren unterschiedliche Bildung <strong>und</strong> <strong>Leben</strong>sweise<br />

ausreichend, um deutlich zu machen, in<br />

welchem geistigen Klima <strong>Tull</strong>a gelernt, gearbeitet,<br />

kurzum gelebt hat. All jene Charakteristika, die<br />

<strong>das</strong> Zeitalter der Aufklärung auszeichnen - <strong>das</strong><br />

Sammeln von Wissen, <strong>des</strong>sen schriftliche Fixierung,<br />

die Weitergabe unter Gleichgesinnten, der<br />

diskursive Austausch – lassen sich im persönlichen<br />

Umfeld <strong>Tull</strong>as ausmachen. Die Atmosphäre<br />

der Aufklärung war Ausgangspunkt <strong>und</strong> Voraussetzung<br />

für <strong>Tull</strong>as Ausbildung zum Wasserbauer<br />

<strong>und</strong> die Entwicklung seiner Idee der Rheinkorrektion.<br />

Als Quellen dienen in erster Linie der Briefwechsel<br />

<strong>Tull</strong>as mit Claus Kröncke aus den Jahren 1798 bis<br />

1827 sowie eine aus dem Familienbesitz <strong>des</strong> Oberamtsrichters<br />

Rudolf Müller stammende Urk<strong>und</strong>en<strong>und</strong><br />

Aktensammlung. Beide Bestände befinden<br />

sich heute im Lan<strong>des</strong>archiv Baden-Württemberg (1) .<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage zur Erarbeitung der <strong>Tull</strong>a-Biografie<br />

können nach wie vor der Nekrolog von <strong>Johann</strong> Philipp<br />

Scheffel <strong>und</strong> die zum h<strong>und</strong>ertjährigen To<strong>des</strong>tag<br />

erschienenen Werke von Heinrich Cassinone, Karl<br />

Spieß <strong>und</strong> Arthur Valdenaire empfohlen werden (2) .<br />

Beide Arbeiten stammen aus der Feder von Technikern<br />

<strong>und</strong> nehmen damit deren Blickwinkel ein.<br />

Eine von dem Historiker Hans-Georg Zier anlässlich<br />

4<br />

(1) Vgl. Lan<strong>des</strong>archiv Baden-Württemberg, Abteilung Generallan<strong>des</strong>archiv Karlsruhe (GLA) 237/2432 , <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a (Briefwechsel zwischen Kröncke <strong>und</strong> <strong>Tull</strong>a)<br />

<strong>und</strong> 237/24328 <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a (Urk<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> Aktensammlung aus dem Familienbesitz Müller).<br />

(2) Vgl. Scheffel, Philipp Jakob: Nekrolog auf <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a. Karlsruhe 1830; Cassinone, Heinrich / Spieß, Karl: <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a der Begründer der Wasser<strong>und</strong><br />

Straßenbauverwaltung in Baden. Sein <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> Wirken, Karlsruhe 1929; Valdenaire, Arthur: Das <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> Wirken <strong>des</strong> <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a, in Zeitschrift für<br />

die Geschichte <strong>des</strong> Oberrheins 81 (NF 42), 1929, S. 337-364; Ders.: Das <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> Wirken <strong>des</strong> <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a in Zeitschrift für die Geschichte <strong>des</strong> Oberrheins<br />

83 (NF 44) 1931, S. 258-286.


T U L L A<br />

Der Bruder von<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>Tull</strong>a, Karl Christoph<br />

Wilhelm, war zeitweilig<br />

Wirt <strong>des</strong><br />

„Darmstädter Hofes“<br />

in Karlsruhe.<br />

<strong>des</strong> 200. Geburtstages von <strong>Tull</strong>a verfasste Biografie<br />

berücksichtigt alle im Lan<strong>des</strong>archiv Baden-<br />

Württemberg befindlichen Akten <strong>und</strong> bewertet <strong>das</strong><br />

Werk <strong>Tull</strong>as vor dem Hinterg<strong>und</strong> der badischen<br />

<strong>und</strong> europäischen Geschichte (3) . Eberhard Henze<br />

hat in seiner Darstellung <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Humanität (4)<br />

<strong>Tull</strong>as Schaffen vor allem mit Blick auf <strong>des</strong>sen humanistischem<br />

Antrieb gewürdigt. David Blackbourn<br />

stellt in seinem Werk die Rheinkorrektion in<br />

den Zusammenhang mit anderen europäischen<br />

Wasserbaumaßnahmen. Die Einordnung in den<br />

zeitgeschichtlichen Kontext unter Einbeziehung<br />

der klimatischen Veränderungen gelang Rainer<br />

Boos in seinem 2012 veröffentlichten Beitrag (5) .<br />

Familie<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a wurde am 20. März 1770 als<br />

ältester von drei Geschwistern in Karlsruhe geboren<br />

(6) . Sein Vater, <strong>des</strong>sen Vorname ebenfalls <strong>Johann</strong><br />

<strong>Gottfried</strong> lautete, stammte aus dem Markgräfler<br />

Land <strong>und</strong> war, wie schon viele seiner<br />

väterlichen Vorfahren, evangelischer Pfarrer. <strong>Tull</strong>as<br />

Mutter Marie Christine war die Tochter <strong>des</strong> fürstlichen<br />

Küchenmeisters Carl Pfeiffer aus Karlsruhe.<br />

Zwei Jahre nach <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> kam der Sohn<br />

Karl Christoph Wilhelm <strong>und</strong> zehn Jahre später, im<br />

September 1792, die Tochter Marie Christine zur<br />

Welt, die im Alter von 15 Jahren starb. Am 20. März<br />

1800, am 30. Geburtstag <strong>des</strong> erstgeborenen Sohnes,<br />

starb auch die Mutter. Fünf Jahre später heiratete<br />

der Vater die Pfarrerstochter <strong>Johann</strong>a Eleonore<br />

Oelenheinz aus Rüpurr (7) .<br />

Die Interessen <strong>des</strong> Vaters waren vielseitig <strong>und</strong><br />

reichten über sein berufliches Gebiet der Religion<br />

hinaus. 1771 veröffentlichte er ein kleines pädagogisches<br />

Werk mit dem Titel Biblisches Jahrbuch<br />

wodurch der Jugend in Jahresfrist der Inhalt der heiligen<br />

Schrift auf eine leichte <strong>und</strong> ihr angenehme<br />

faßliche Art beygebracht werden kann. Im Jahr darauf<br />

folgte ein Buch über die Mitglieder der markgräflich-badischen<br />

Familie. Ein Brief <strong>Johann</strong> Peter<br />

Hebels aus dem Jahr 1796 belegt, <strong>das</strong>s sich <strong>Tull</strong>as<br />

Vater auch mit statistisch-geographischen Daten<br />

beschäftigte. So legte er eine Tabelle an, die „alle<br />

Ämter, Städte, Flecken, Flüsse, Bäder, Seen, Berge<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>, den Quadrat-Inhalt je<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>, die<br />

Volkszahl, die Merkwürdigkeiten, die Amtsdienste“<br />

Württembergs verzeichnete. Eine ähnliche Zusammenschau<br />

war wohl auch für Baden geplant (8) .<br />

<strong>Tull</strong>as Bruder Karl Christoph Wilhelm war mit Ka-<br />

(3) Vgl. Zier, Hans-Georg: <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a. Ein <strong>Leben</strong>sbild, in: Badische Heimat, 50. Jg., 1970, Heft 4, S. 379-449.<br />

(4) Vgl. Henze, Eberhard: <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Humanität, Mannheim 1989.<br />

(5) Vgl. Blackbourn, David: Die Eroberung der Natur. Eine Geschichte der deutschen Landschaft. München 2007; Boos, Rainer: <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> seine Zeit, in: Haberland, Irene<br />

/ Winzen, Matthias: Der Rhein. Ritterburgen mit Eisenbahnanschluss. Dillingen 2012, S. 172-193.<br />

(6) Das Ehepaar <strong>Tull</strong>a hatte schon vor <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> ein Kind bekommen, welches direkt nach der Geburt starb. Rainer Boos hat einen Stammbaum der Familie <strong>Tull</strong>a<br />

erstellt, der bisher noch unveröffentlicht ist.<br />

(7) Vgl. Oelenheinz, Leopold: Badische Familien: Die <strong>Tull</strong>a, in: Heraldisch-genealogische Blätter für adelige <strong>und</strong> bürgerliche Geschlechter. Monatsschrift zur Pflege der Heraldik,<br />

Genealogie, Sphragitsik, Epitaphik, Diplomatik, Numismatik <strong>und</strong> Kulturgeschichte, Pforzheim 1905, S. 185-188.<br />

Vgl. Ebeling, Hermann: <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> die Korrektion <strong>des</strong> Oberrheins, in: Die Ortenau, 85. Jb., Offenburg 2005, S. 495-514, hier S. 496; Zentner, Wilhelm<br />

(Hrsg.): <strong>Johann</strong> Peter Hebels Briefe. Erster Band, Karlsruhe 1939, S. 39.<br />

(8) Vgl. Oelenheinz 1905, S. 188; Kirchenbuch Karlsruhe 1817, fol. 41.<br />

5


T U L L A<br />

Das Gymnasium in<br />

der Langestraße<br />

(heute Kaiserstraße)<br />

von 1724 – 1807<br />

tharina Frommel, der Tochter <strong>des</strong> Söllinger Bürgermeisters<br />

verheiratet <strong>und</strong> Vater von vier Kindern.<br />

Er erhielt 1795 <strong>das</strong> Bürgerrecht in Karlsruhe, wirkte<br />

zeitweise als Bürgermeister <strong>und</strong> betrieb den<br />

„Darmstädter Hof“. Während <strong>des</strong> Rastatter Kongresses<br />

unterhielt er in Rastatt die „Weinhandlung<br />

<strong>Tull</strong>a & Co“ in der Herrenstraße 36 im damals<br />

Hellmannschen Haus. Er starb 45-jährig an einer<br />

Hirn-<strong>und</strong> Halsentzündung (9) . Obwohl <strong>Tull</strong>a selbst<br />

mit knapp 58 Jahren starb, überlebte er seine beiden<br />

jüngeren Geschwister.<br />

Schule<br />

Entsprechend der Familientradition durften die beiden<br />

Söhne <strong>des</strong> Ehepaars <strong>Tull</strong>a die höhere Schule<br />

besuchen. <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>und</strong> Karl Christoph traten<br />

im Oktober 1783 in <strong>das</strong> Karlsruher Gymnasium<br />

ein (10) , <strong>das</strong> sich damals an der Langestraße (heute<br />

Kaiserstraße) in Nachbarschaft der Concordiakirche<br />

befand. Insbesondere dem Physik- <strong>und</strong> Techniklehrer<br />

Boeckmann fiel in jenen Jahren die ungewöhnliche<br />

mathematische <strong>und</strong> naturwissenschaftliche<br />

Begabung <strong>des</strong> jungen <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>Tull</strong>a auf, der sich damals bereits autodidaktisch<br />

mit höherer Algebra <strong>und</strong> praktischer Geometrie<br />

beschäftigte. Seinen Neigungen folgend begann<br />

<strong>Tull</strong>a nach der Reifeprüfung eine Ausbildung zum<br />

Geometer anstatt <strong>des</strong> ursprünglich geplanten<br />

Theologiestudiums. Der vielseitig begabte Vater<br />

tolerierte diese Entscheidung offensichtlich wohlwollend.<br />

Ausbildung<br />

Während der Lehrjahre gewann <strong>Tull</strong>a den Ingenieur<br />

Peter Perez Burdett (1734-1793) als persönlichen<br />

Fürsprecher <strong>und</strong> Mentor (11) . Der 1734 in England<br />

geborene Burdett trat 1774, nachdem er zuvor als<br />

Ingenieur für die Stadt Liverpool mit der Kartographierung<br />

<strong>und</strong> Planung der Wasserversorgung<br />

betraut gewesen war, in den Dienst der Markgrafschaft<br />

Baden. Mit dem Tod <strong>des</strong> letzten baden-badischen<br />

Markgrafen August Georg war die Markgrafschaft<br />

Baden-Baden 1771 an Baden-Durlach<br />

gefallen. Damit hatte sich <strong>das</strong> Gebiet der Markgrafschaft<br />

Baden-Durlach deutlich vergrößert <strong>und</strong><br />

eine personelle Erweiterung der Bauverwaltung<br />

notwendig gemacht. Zu Burdetts ersten Aufgaben<br />

gehörte die Begradigung der Murg, um die Rastatter<br />

vor den Gefahren <strong>des</strong> Hochwassers zu<br />

schützen. Darüber hinaus war er für die kartographische<br />

Aufnahme der ehemaligen Markgrafschaft<br />

Baden-Baden, für die Planung eines Rheinhafens<br />

für Karlsruhe <strong>und</strong> die Ausbildung der angehenden<br />

Ingenieure, unter denen sich auch <strong>Tull</strong>a befand,<br />

verantwortlich. Burdett, der auf Empfehlung <strong>des</strong><br />

badischen Ingenieurs Carl Christian Vierordt nach<br />

Karlsruhe gekommen war, hatte sich in jungen Jahren<br />

auch als Maler betätigt. So war es naheliegend,<br />

<strong>das</strong>s er <strong>Tull</strong>a in die Gr<strong>und</strong>lagen der Projektionslehre<br />

<strong>und</strong> <strong>des</strong> perspektivischen Zeichnens<br />

einführte. Zwei Zeugnisse von Burdetts künstlerischem<br />

Talent sind noch erhalten. Es sind dies zwei<br />

Ansichten <strong>des</strong> Karlsruher Schlosses, welche er der<br />

(9) Vgl. Oelenheinz 1905, S. 188; Kirchenbuch Karlsruhe 1817, fol. 41.<br />

(10) Vgl. GLA 635-2/1280 Album illustris [gymnasii], angelegt von Prorektor Jalob Friedrich Maler 1750-1814, fol. 157.<br />

(11)) Valdenaire bezeichnet Burdett als „de[n] besondere[n] Gönner <strong>Tull</strong>as“. Vgl. Valdenaire 1929, S. 340.<br />

6


T U L L A<br />

Markgräfin Caroline Luise persönlich übergab.<br />

Burdett heiratete nach dem Tod seiner ersten Frau<br />

die Tochter <strong>des</strong> geheimen Staatssekretärs in Preußen,<br />

Friederike Kotkowski. Ihre gemeinsame Tochter<br />

Anna kam 1777 in Rastatt zur Welt.<br />

Im Mai 1789, zwei Monate bevor in Frankreich die<br />

Bastille gestürmt wurde, legte <strong>Tull</strong>a seine Geometerprüfung<br />

ab. Die von den Ingenieuren Schwenk<br />

<strong>und</strong> Burdett gestellte Aufgabe lautete, ein „herrschaftliches<br />

Heckwäldlein bei Durlach auszumessen,<br />

in Plan zu bringen <strong>und</strong> zu vermessen“ (12) . Bis<br />

zum Jahresende erhielt <strong>Tull</strong>a eine erste Stelle bei<br />

einem Geometer in Badenweiler, wo er mit der Aufnahme<br />

von Forstrissen betraut war.<br />

Um <strong>Tull</strong>a weiter auszubilden, wurde er zum 1. Januar<br />

1790 als Geometer „ohne praktischen Dienst“<br />

bei der markgräflichen Verwaltung angestellt. Kleinere<br />

Arbeiten, wie die Vermarkung von Iffezheim<br />

<strong>und</strong> Sandweier oder die Vermessung <strong>des</strong> H<strong>und</strong>sbacher<br />

Forsts führte er aus, die meiste Zeit war er<br />

jedoch für Kollegienbesuche <strong>und</strong> Privatunterricht<br />

freigestellt. (13) In Physik unterrichtete ihn Hofrat<br />

<strong>Johann</strong> Lorenz Boeckmann (1741-1802), den <strong>Tull</strong>a<br />

schon als Lehrer am Gymnasium kennengelernt<br />

hatte. In Lübeck geboren, kam Boeckmann 23-jährig<br />

als Gymnasiallehrer von Jena nach Karlsruhe.<br />

Hier wurde er bald zum engsten Vertrauten von<br />

Markgraf Karl Friedrich, der es besonders schätzte,<br />

<strong>das</strong> Aben<strong>des</strong>sen mit Böckmann in Gesprächen<br />

über Literatur <strong>und</strong> naturwissenschaftliche Phänomene<br />

zu verbringen. Boeckmann war es auch, der<br />

auf Wunsch <strong>des</strong> Markgrafen Einladungen an bekannte<br />

Persönlichkeiten wie Kloppstock <strong>und</strong> Lavater<br />

überbrachte. (14) Am Gymnasium lehrte er<br />

reine <strong>und</strong> angewandte Mathematik, führte Deutsch<br />

als Unterrichtssprache ein <strong>und</strong> gründete auf markgräflichen<br />

Wunsch ein Physikalisches Kabinett.<br />

Seit 1776 hielt Boeckmann in Anlehnung an Faradays<br />

Freitagnachmittags-Vorlesungen in London<br />

öffentliche Vorträge über die neuesten Erkenntnisse<br />

in der Physik. Dazu eingeladen waren „[d]as<br />

ganze schöne Geschlecht, die sämmtlichen Glieder<br />

<strong>des</strong> Hofes, der Gelehrte, jeder Diener unseres Fürsten,<br />

der Künstler, der Landmann, jeder Bürger,<br />

Einheimische <strong>und</strong> Fremde, jeder Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Liebhaber<br />

nützlicher Kenntnisse“ (15) . Aufgr<strong>und</strong> politischer<br />

Unruhen mussten die Vorlesungen eingestellt<br />

werden, was Boeckmann öffentlich bedauerte.<br />

Vielmehr musste er sein Wissen dem Militär<br />

zur Verfügung stellen. Im seit 1793 geführten Krieg<br />

<strong>des</strong> Deutschen Reiches gegen die französische Republik<br />

diente er als „Sachverständiger in telegraphischen<br />

Angelegenheiten.“ Zu seinen privaten<br />

Schülern gehörte der erstgeborene Sohn <strong>des</strong><br />

Markgrafen, den er auch auf <strong>des</strong>sen Kavaliersreisen<br />

begleitete. (16) Als Meteorologe wurde Boeckmann<br />

über Baden hinaus bekannt. Nach den Ideen<br />

<strong>des</strong> Franzosen Lambert gründete er im Jahre 1778<br />

die „Badische Witterungsanstalt“, die an 16 Stationen<br />

im Land Daten über Luftdruck, Temperatur<br />

<strong>und</strong> Witterungserscheinungen sammelte. (17)<br />

Studienjahre<br />

<strong>Tull</strong>as Anstellung „ohne praktischen Dienst“ endete<br />

im Frühjahr 1792 mit einer erneuten Prüfung.<br />

Burdett formulierte in einem Promemoria, <strong>das</strong>s<br />

<strong>Tull</strong>a „unter meiner Anleitung meine wärmste Erwartung<br />

nicht nur erreicht, sondern wirklich übertroffen<br />

hat […] [ich] bezeuge nun, daß <strong>Tull</strong>a Dankbarkeit,<br />

Redlichkeit, Genie <strong>und</strong> große Anlagen für<br />

mathematische Untersuchungen beweisend darlegt.“<br />

Abschließend empfahl Burdett „daß Serenissimus<br />

geruhen möchte [...] den jungen <strong>Tull</strong>a<br />

endlich in ein anderes Land zu schicken, um <strong>das</strong>elbst<br />

alles zu lernen <strong>und</strong> zu praktizieren, was er in<br />

seinem eigenen nicht erlangen kann. Für diese<br />

Absicht habe ich einen Mann entdeckt, <strong>des</strong>sen<br />

literarische sowohl als praktische Reputation den<br />

öffentlichen Beifall verdient, der ihm uneingeschränkt<br />

geschenkt wird. Der Rat <strong>und</strong> Salinen-Direktor<br />

Langsdorf zu Gerabronn ist der Mann, den<br />

ich meine.“ (18) Daraufhin wurden <strong>Tull</strong>as Schulden<br />

getilgt <strong>und</strong> seine weitere Ausbildung durch ein Stipendium<br />

<strong>des</strong> badischen Staates gesichert. Ausgestattet<br />

mit neuer Kleidung <strong>und</strong> Fachbüchern zog<br />

<strong>Tull</strong>a zum 1. Juni 1792 nach Gerabronn zu dem Mathematiker<br />

<strong>und</strong> Salineninspektor Langsdorf.<br />

Karl Christian Langsdorf (1757-1834) hatte an der<br />

Universität Göttingen Jura <strong>und</strong> Mathematik bei<br />

Abraham Gotthelf Kästner studiert, <strong>des</strong>sen Name<br />

durch die Veröffentlichung der Kästnerischen Ana-<br />

(12) Zitiert nach: Valdenaire 1929, S. 340.<br />

(13) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S. 2.<br />

(14) Vgl. Brunn, Friedrich Leopold: Briefe über Karlsruhe, Berlin 1791, S. 63f.<br />

(15) Zitiert nach: Lehmann, Otto: Geschichte <strong>des</strong> Physikalischen Instituts der Technischen Hochschule Karlsruhe, in: Festgabe zum Jubiläum der vierzigjährigen Regierung<br />

Seiner Königlichen Hoheit <strong>des</strong> Großherzogs Friedrich von Baden, Karlsruhe 1892 , S. 207-265, hier S. 220.<br />

(16) Vgl. Ebd., S. 224f.; Beyrer, Klaus: <strong>Johann</strong> Lorenz Böckmann. Ein Pionier der optischen Telegrafie in Deutschland, in: Beyrer, Klaus / Mathis, Birgit-Susann: So weit <strong>das</strong><br />

Auge reicht. Die Geschichte der optischen Telegrafie, Karlsruhe 1995, S. 67-77, hier S. 69.<br />

(17) Vgl. Lehmann 1892, S. 228.<br />

(18) Zitiert nach: Zier 1970, S. 385; Vgl. auch Valdenaire 1929, S, 341;<br />

7


T U L L A<br />

von links<br />

nach rechts:<br />

<strong>Johann</strong> Lorenz<br />

Boeckmann<br />

( 1741 – 1802),<br />

Peter Perez<br />

Burdett<br />

(1734 – 1793),<br />

Karl Christian<br />

Langsdorf<br />

(1757 – 1834)<br />

lysis endlicher Größen weiten Kreisen bekannt war.<br />

Nach Promotion, Habilitation, Tätigkeiten als Privatdozent<br />

<strong>und</strong> Landrichter übernahm Langsdorf<br />

im April 1784 die Stelle <strong>des</strong> Salineninspektors in<br />

Gerabronn. Das zur Markgrafschaft Brandenburg-<br />

Ansbach <strong>und</strong> -Bayreuth gehörende Salzbergwerk<br />

sollte unter Langsdorf ausgebaut <strong>und</strong> erweitert<br />

werden. <strong>Tull</strong>a wohnte im Haushalt von Langsdorf,<br />

begleitete den Salineninspektor bei der Arbeit <strong>und</strong><br />

erhielt von ihm Unterricht in Mathematik <strong>und</strong> Physik.<br />

<strong>Über</strong> seine Fortschritte musste er monatlich<br />

nach Karlsruhe berichten. <strong>Tull</strong>a fühlte sich im<br />

Kreise der Familie Langsdorf von Anfang an gut<br />

aufgenommen <strong>und</strong> der Salineninspektor wurde in<br />

den zwei Jahren sein väterlicher Fre<strong>und</strong>. <strong>Tull</strong>a unterstützte<br />

im Gegenzug Langsdorf bei <strong>des</strong>sen Arbeit,<br />

indem er für <strong>des</strong>sen Werk über Hydraulik fünfzehn<br />

Kupferstiche anfertigte. (19) Beeindruckt von<br />

seinen Erfahrungen schrieb <strong>Tull</strong>a in einem Bericht<br />

nach Karlsruhe: „Mit den hydraulischen Wissenschaften<br />

werde ich nächstens den Anfang machen<br />

nach einem von Herrn Rat Langsdorf selbst geschriebenen<br />

Werk, welches aber noch nicht gedruckt<br />

ist. [...] Ich freue mich auf diese Wissenschaft,<br />

weil sie mein Hauptfach ist, <strong>und</strong> verspreche<br />

mir die schönste Anwendung in der Praxis.“ (20)<br />

Während seiner Zeit in Gerabronn lernte <strong>Tull</strong>a vermutlich<br />

auch Alexander von Humboldt kennen, der<br />

Langsdorfs Vorgesetzter war. Die Aufgaben Humboldts<br />

umfassten unter anderem die Inspizierung<br />

der Bergwerke in den 1792 an Preußen gefallenen<br />

Gebieten Ansbach <strong>und</strong> Bayreuth. Seine Eindrücke<br />

hielt er in einem Bericht <strong>Über</strong> den Zustand <strong>des</strong><br />

Bergbaus <strong>und</strong> Hütten-Wesens in den Fürstentümern<br />

Bayreuth <strong>und</strong> Ansbach fest. (21) Der preußische<br />

König Friedrich Wilhelm II. war mit der Arbeit Humboldts<br />

so zufrieden, <strong>das</strong>s er ihn bald zum Oberbergmeister<br />

der beiden Fürstentümer beförderte.<br />

Humboldt setzte sich für bessere Arbeitsbedingungen<br />

ein <strong>und</strong> gründete auf eigene Kosten eine<br />

Schule, in der die damals unausgebildeten Arbeiter<br />

notwendiges Fachwissen vermittelt bekamen.<br />

Seine Freizeit nutzte er, um elektrische <strong>und</strong> chemische<br />

Versuche an seinem eigenen <strong>und</strong> an tierischen<br />

Körpern vorzunehmen, denn Humboldt war<br />

von dem Wunsch erfüllt, <strong>das</strong> Geheimnis der „<strong>Leben</strong>skraft“<br />

zu entschlüsseln. (22) Wenn sich später<br />

auch <strong>Tull</strong>a für die Ausbildung der Ingenieure <strong>und</strong><br />

die Abschaffung der Frondienste einsetzte, könnte<br />

er hierfür durch gemeinsame Gespräche mit Humboldt<br />

angeregt worden sein. Für den persönlichen<br />

Austausch zwischen Langsdorf, <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Humboldt<br />

spricht auch, <strong>das</strong>s Langsdorf im Frühjahr<br />

1794 vorschlug, <strong>Tull</strong>a könnte seine Studien an der<br />

Bergakademie Freiberg in Sachsen, an der zuvor<br />

schon Humboldt studiert hatte, fortsetzen. Markgraf<br />

Karl Friedrich genehmigte diesen Vorschlag<br />

<strong>und</strong> sicherte die weitere finanzielle Unterstützung<br />

zu.<br />

8<br />

(19) Vgl. Valdenaire 1929, S. 343-346; Cassinone / Spieß 1929, S. 8.<br />

(20) Zitiert nach: Zier 1970, S. 392.<br />

(21) Vgl. von Humboldt, Alexander: <strong>Über</strong> den Zustand <strong>des</strong> Bergbaus <strong>und</strong> Hütten-Wesens in den Fürstentümern Bayreuth <strong>und</strong> Ansbach im Jahre 1792. [= Freiberger Forschungshefte.<br />

Kultur <strong>und</strong> Technik. D 23], Berlin 1959. Auf den Seiten 179-186 findet sich die Beschreibung der Saline Gerabronn <strong>und</strong> eine Einschätzung Langsdorfs als<br />

Leiter derselben.<br />

(22) Vgl. Geier, Manfred: Die Brüder Humboldt. Eine Biographie, 2Hamburg 2013, S, 161 – 165.


T U L L A<br />

Bis zum Studienbeginn im Herbst sollte <strong>Tull</strong>a weitere<br />

Kenntnisse im Wasserbau beim hessischen<br />

Wasserbauinspektor Carl Friedrich von Wiebeking<br />

(1762-1842) sammeln. Auf seiner Reise dorthin<br />

besuchte <strong>Tull</strong>a die Städte Frankfurt, Friedberg,<br />

Nauheim, Salzhausen, Gießen, Wetzlar, Braunfels<br />

sowie Koblenz <strong>und</strong> besichtigte die dortigen Druck -<br />

werke, Siedhäuser, Windmühlen, Brücken <strong>und</strong><br />

andere Ingenieurleistungen. Im Mai 1794 traf er<br />

Wiebeking in Düsseldorf. Der 1762 in Pommern<br />

geborene Apothekersohn hatte sich schon in der<br />

Jugend mit dem Zeichnen von Karten beschäftigt<br />

<strong>und</strong> trat 1790 als Rheinbauinspektor in hessischen<br />

Dienst. Wiebeking legte durch genaue Vermessungen<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> Zeichnen von Karten die Voraussetzungen<br />

für die spätere Rheinbegradigung in<br />

Hessen. 1802 wechselte er als kaiserlich-königlicher<br />

Hofrat für Bauangelegenheiten nach Wien<br />

<strong>und</strong> entwarf auch hier Pläne zur Flussbegradigung<br />

sowie zur Anlage der Häfen Triest, Venedig <strong>und</strong><br />

Fiume. Seine letzte berufliche Wirkungsstätte<br />

war München. Als Generaldirektor <strong>des</strong> bayerischen<br />

Wasser-, Brücken- <strong>und</strong> Straßenbauwesens war<br />

er für die Anlage zahlreicher Chausséen in München<br />

verantwortlich, leitete mehrere Flussregulierungen<br />

an Isar <strong>und</strong> Inn <strong>und</strong> machte sich auch durch<br />

den Bau von großen Holzbrücken einen Namen.<br />

Daneben verfasste Wiebeking zahlreiche Bücher,<br />

nicht nur über den Wasser-, Straßen- <strong>und</strong> Brükkenbau,<br />

sondern auch in den Bereichen Architektur<br />

<strong>und</strong> Kunstgeschichte. Seine für den Rastatter<br />

Kongress entworfene Denkschrift Memoire sur la<br />

Frontiére de l`Allemagne et de la France, par le<br />

Thalweg du Rhin bildete die Verhandlungsgr<strong>und</strong>lage<br />

zur Festlegung der neuen Grenze zwischen<br />

der Markgrafschaft Baden <strong>und</strong> Frankreich. (23)<br />

Bei Wiebeking konnte <strong>Tull</strong>a zum ersten Mal Strommessungen<br />

beiwohnen <strong>und</strong> unter Anleitung eigene<br />

vornehmen. Vor Ort untersuchte er Buhnen<br />

<strong>und</strong> Befestigungsbauten aus Faschinen, wovon er<br />

genaue Skizzen <strong>und</strong> Beschreibungen anfertigte.<br />

Auf einer gemeinsamen Reise besuchten <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong><br />

Wiebeking die Stadt Honnef, <strong>Tull</strong>a bereiste im Anschluss<br />

daran den Niederrhein. Wiebeking, der<br />

trotz seines Wissens auch im Kollegenkreis nicht<br />

unumstritten war, harmonierte in der Zusammenarbeit<br />

mit <strong>Tull</strong>a weniger gut als zuvor Langsdorf.<br />

Möglicherweise neigte Wiebeking dazu, die Erkenntnisse<br />

<strong>und</strong> Arbeiten jüngerer Kollegen als<br />

seine eigenen auszugeben. Die vielen Pläne, die<br />

<strong>Tull</strong>a im Auftrag Wiebekings angefertigt hatte, behielt<br />

Wiebeking für sich, worüber <strong>Tull</strong>a sehr enttäuscht<br />

war.<br />

Nach dem Aufenthalt bei Wiebeking reiste <strong>Tull</strong>a in<br />

<strong>das</strong> „Mekka“ der damaligen Wasserbauingenieure,<br />

nach Holland. Dabei umging er die vom Koalitionskrieg<br />

betroffenen Gebiete <strong>und</strong> besuchte die im<br />

Westen gelegenen Orte Amsterdam, Sarendam,<br />

von links<br />

nach rechts:<br />

Carl Friedrich<br />

Wiebeking<br />

(1762 – 1842),<br />

Claus Kröncke<br />

(1771 – 1834),<br />

Friedrich<br />

Weinbrenner<br />

(1866 – 1826)<br />

(23) Vgl. Günther, Siegm<strong>und</strong>: Wiebeking, Carl Friedrich von, in Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 55, 1910, S. 659-661.<br />

9


T U L L A<br />

<strong>und</strong> wollte nicht mehr als „kleiner Lehrling“ behandelt<br />

werden. Die gesammelten Erfahrungen<br />

hatten den jungen <strong>Tull</strong>a selbstbewusster gemacht.<br />

Langsdorf wünschte sich jedoch, <strong>Tull</strong>a als Begleiter<br />

zu gewinnen, weil er seinen jungen Fre<strong>und</strong> fachlich<br />

<strong>und</strong> menschlich sehr schätzte. (25) <strong>Tull</strong>a begleitete<br />

Langsdorf schließlich im April 1795 von Hannover<br />

aus nach Kopenhagen. Von dort ging die<br />

Reise nach Norwegen, um die Saline Walloe zu besichtigen,<br />

die ihr Salz nicht aus Stein, sondern aus<br />

dem Meer gewann. Während Langsdorf Siedeproben<br />

machte, erfasste <strong>Tull</strong>a die technische Einrichtung<br />

in Zeichnungen. Die Heimreise nutzten beide<br />

zur Besichtigung eines Silberbergwerks <strong>und</strong> eines<br />

Marmorsteinbruches. Anfang Juli in Göttingen angekommen,<br />

besuchte <strong>Tull</strong>a Langsdorfs hochgeschätzten<br />

Lehrer, den Mathematiker Kästner <strong>und</strong><br />

besichtigte <strong>das</strong> dortige Observatorium sowie die<br />

physikalischen Sammlungen. Sein Studium an der<br />

Bergwerksakademie in Freiberg nahm <strong>Tull</strong>a im August<br />

<strong>des</strong>selben Jahres wieder auf <strong>und</strong> wählte nun<br />

die Schwerpunkte Mineralienk<strong>und</strong>e, Maschinen<strong>und</strong><br />

Bergwerkswesen.<br />

Seite aus <strong>Tull</strong>as<br />

Tagebuch über<br />

seine 1794 unternommene<br />

Studienreise<br />

an den<br />

Niederrhein,<br />

nach Holland <strong>und</strong><br />

Hamburg<br />

Minden, Uithoven, Leiden, Delft, Rotterdam, Gouda<br />

<strong>und</strong> Harlem. Anschließend begab sich <strong>Tull</strong>a nach<br />

Hamburg <strong>und</strong> lernte im nahegelegenen Ritzenbüttel<br />

den Ingenieur Rainhard Woltmann kennen, <strong>des</strong>sen<br />

nach ihm benannter Woltmann-Flügel noch<br />

heute zur Messung der Wassergeschwindigkeit<br />

verwendet wird. Woltmann war der Großvater von<br />

Rainhard Baumeister, <strong>des</strong>sen Pläne zur Entfestigung<br />

von Rastatt <strong>das</strong> Stadtbild bis in die Gegenwart<br />

prägen. (24)<br />

Im Dezember 1794 traf <strong>Tull</strong>a verspätet zum Studium<br />

an der Bergakademie in Freiberg ein. Zu seinen<br />

Fächern gehörte Bergbaukunst, Eisenhüttenk<strong>und</strong>e,<br />

Geologie <strong>und</strong> Chemie. Im Frühjahr 1795<br />

sollte <strong>Tull</strong>a Langsdorf auf eine Reise nach Dänemark<br />

<strong>und</strong> Norwegen begleiten. Obwohl dies schon<br />

im Vorfeld vor <strong>Tull</strong>as Aufenthalt in Gerabronn mit<br />

der Markgrafschaft ausgehandelt worden war,<br />

folgte <strong>Tull</strong>a diesem Ansinnen nur zögerlich. Er<br />

fürchtete, den Anschluss in Freiberg zu verlieren<br />

Nach Beendigung seines Studiums 1796 hielt sich<br />

<strong>Tull</strong>a erneut bei Langsdorf in Gerabronn auf <strong>und</strong><br />

blieb dort auch als er erkrankte. Die auf beiden<br />

Seiten bestehende Wertschätzung belegt ein Brief,<br />

den Langsdorf nach <strong>Tull</strong>as erstem Aufenthalt nach<br />

Karlsruhe schrieb: „Er blieb sich immer gleich <strong>und</strong><br />

zuletzt noch alles <strong>des</strong> Lobes wert, <strong>das</strong> in allen meinen<br />

Rapporten enthalten ist. Er hatte sich daher<br />

meine ganze Liebe zugezogen, die mir auch seinen<br />

Abschied sehr erschwerte.“ (26 ) Trotz seiner „Unpäßlichkeit“<br />

(27) erstellte <strong>Tull</strong>a eine Arbeit für die<br />

badische Wasser- <strong>und</strong> Straßenbaudirektion <strong>und</strong><br />

unterzog sich einer erneuten Prüfung. Dieses<br />

Pflichtbewusstsein, trotz Krankheit so gut als eben<br />

möglich weiter zu arbeiten, zeichnete <strong>Tull</strong>a bis an<br />

sein <strong>Leben</strong>sende aus. Nach diesem zweiten Aufenthalt<br />

in Gerabronn waren die Lehrjahre bei<br />

Langsdorf beendet. Langsdorf meldete <strong>das</strong> Ergebnis<br />

als „devotest[e] Anzeige an <strong>das</strong> hochpreisliche<br />

Kammerkollegium dahin, <strong>das</strong>s Ingenieur <strong>Tull</strong>a<br />

für alle angewendeten Kosten hinlänglich geärndet<br />

hat, um in seinem Vaterland nunmehr Saamen auszustreuen<br />

der h<strong>und</strong>ertfältige Früchte bringt“. (28)<br />

10<br />

(24) Die Tochter von Rainhard Woltmann war die Mutter von Rainhard Baumeister. Baumeister erhielt den Vornamen seines Großvaters. Baumeister (1833-1917) war von<br />

1862-1912 Professor am Karlsruher Polytechnikum. Vgl. Scholl, Lars Ulrich: Ingenieure in der Frühindustrialisierung: staatliche <strong>und</strong> private Techniker im Königreich Hannover<br />

<strong>und</strong> an der Ruhr (1815-1873), Göttingen 1978, S. 245.<br />

(25) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S, 14; Valdenaire 1929, S. 351f.<br />

(26) Zitiert nach: Zier 1970, S. 396.<br />

(27) In den Briefen an Kröncke bezeichnet <strong>Tull</strong>a seine diversen Krankheiten als „Unpäßlichkeit“.<br />

(28) Zitiert nach: Cassinone / Spieß 1929, S. 15.


T U L L A<br />

Der persönliche Kontakt zwischen <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Langsdorf<br />

blieb auch über <strong>Tull</strong>as Lehrjahre hinaus bestehen.<br />

(29) Langsdorf wechselte 1796 von Gerabronn<br />

nach Erlangen wo er als Professor für Mathematik<br />

<strong>und</strong> Maschinenk<strong>und</strong>e lehrte. Zu seinen<br />

Schülern gehörte unter anderem Georg Simon<br />

Ohm. (30) Nachdem die Universität Heidelberg 1803<br />

an Baden gefallen war, erhielt Langsdorf einen Ruf<br />

an den dortigen mathematischen Lehrstuhl, dem er<br />

jedoch nicht folgte, weil man seinen Forderungen<br />

in finanzieller Hinsicht nicht nachkam. 1804 wechselte<br />

er nach Wilna, von wo er 1806 mit dem russischen<br />

Adelsprädikat ausgezeichnet, zurückkehrte.<br />

Dem erneuten Ruf nach Heidelberg folgte Langsdorf<br />

1806, zunächst als Ordinarius, seit 1808 als<br />

Dekan <strong>und</strong> seit 1809 als Prorektor. Seine Berufung<br />

war unter Kollegen umstritten, galt er doch als<br />

Praktiker, dem es in der höheren Mathematik an<br />

der nötigen Stringenz fehlte. Als Verfasser zahlreicher<br />

Werke übernahm er 1808 auch die Herausgabe<br />

der Heidelbergischen Jahrbücher für Literatur,<br />

Mathematik, Physik <strong>und</strong> Kameralistik. In Vorbereitung<br />

dieser Aufgabe trat er 1807 brieflich an Karl<br />

Gauß heran, „[ihn mit dem ] neuen literärischen Institute<br />

bekannt zu machen <strong>und</strong> zugleich um seine<br />

geneigteste Unterstützung gehorsamst bitten zu<br />

dürfen […].“ (31)<br />

Nach seinem 60. <strong>Leben</strong>sjahr wandte sich Langsdorf<br />

von der Technik ab <strong>und</strong> widmete sich ganz der<br />

Theologie. Er starb 1834 - sechs Jahre nach <strong>Tull</strong>a -<br />

<strong>und</strong> wurde auf dem Peterskirchhof in Heidelberg<br />

beerdigt. (32) Die Quellen belegen nicht, ob <strong>Tull</strong>a bis<br />

an sein <strong>Leben</strong>sende mit Langsdorf in Kontakt<br />

stand. Genau so wenig wissen wir, ob die beiden<br />

Männer, der eine Pfarrerssohn, der andere Verfasser<br />

theologischer Schriften, über die Ingenieurwissenschaften<br />

hinaus auch in religiösen Fragen<br />

eine gemeinsame Basis hatten.<br />

Nach dem Besuch bei Langsdorf kehrte <strong>Tull</strong>a im<br />

Spätjahr 1796 nach Karlsruhe zurück. Die Ergebnisse<br />

der vom Ingenieurskollegium gestellten<br />

Prüfung bestätigten, <strong>das</strong>s er die „Hoffnungen nicht<br />

getäuscht, sondern erfüllt <strong>und</strong> in Theorie <strong>und</strong> Ausübung<br />

seiner zum Dienst <strong>des</strong> Vaterlan<strong>des</strong> nöthigen<br />

Wissenschaften, sich schöne sehr brauchbare<br />

Kenntnisse erworben habe“. (33) Damit war <strong>Tull</strong>as<br />

Ausbildung abgeschlossen <strong>und</strong> im Herbst 1797 erfolgte<br />

die Ernennung zum „Rechnungsraths-Adjunkten“.<br />

(34)<br />

Die Arbeit als Ingenieur –<br />

Eine Brieffre<strong>und</strong>schaft entsteht<br />

Im Sommer 1797 reiste <strong>Tull</strong>a zu Wiebeking, der<br />

nun in Darmstadt tätig war. Dort dürfte <strong>Tull</strong>a <strong>des</strong>sen<br />

jüngeren Kollegen Kröncke kennengelernt haben.<br />

Claus Kröncke (1771-1843) wurde 1771 in<br />

Kirchosten an der Elbe geboren. Seine Studien<br />

führten ihn zunächst in <strong>das</strong> nahegelegene Hamburg<br />

<strong>und</strong> 1795 nach Göttingen, wo auch er bei dem<br />

berühmten Mathemathiker Kästner Vorlesungen<br />

hörte. An seinem ersten Arbeitsplatz in Gotha<br />

lernte er Wiebeking kennen, <strong>des</strong>sen Kartensammlung<br />

<strong>und</strong> Bibliothek ihn sehr beeindruckte. 1796 erhielt<br />

Kröncke gemeinsam mit Wiebeking eine Anstellung<br />

bei der Rheinbauinspektion in Darmstadt<br />

<strong>und</strong> wechselte zwei Jahre später als Chausséebauinspektor<br />

nach Gießen. Als Wiebeking 1802<br />

nach Wien ging, übernahm Kröncke <strong>des</strong>sen Stelle<br />

in Darmstadt.<br />

<strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Kröncke begannen im Januar 1798 einen<br />

Briefwechsel, den sie bis zum Tod <strong>Tull</strong>as aufrechterhielten.<br />

In den Briefen spiegeln sich die wachsende<br />

Fre<strong>und</strong>schaft, die <strong>Leben</strong>sumstände je<strong>des</strong><br />

einzelnen <strong>und</strong> die Verhältnisse am Arbeitsplatz wi-<br />

Woltmannflügel,<br />

Instrument für die<br />

Messung der<br />

Wassergeschwindigkeit.<br />

(29) Vgl. GLA 237/24327, fol 89, Brief vom 09.11.1810.<br />

(30) Vgl. Folkerts, Menso: Langsdorff, Karl Christian von, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 13, Berlin 1982, S. 611f.<br />

(31) Zitiert nach Volk, Walter: Karl Christian von Langsdorf. Sein <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> seine Werke, Philippsburg 1934 , S. 32.<br />

(32) Zitiert nach: Volk 1934,S. 25.<br />

(33) Zitiert nach: Cassinone / Spieß 1929, S. 17.<br />

(34) GLA 237/24328, fol. 3, Ernennungsurk<strong>und</strong>e.<br />

11


T U L L A<br />

Abb. gegenüber:<br />

Karte <strong>des</strong> Großherzogtums<br />

Baden,<br />

von <strong>Tull</strong>a 1812<br />

revidiert<br />

der. Insgesamt sind 123 Briefe erhalten, von denen<br />

114 aus Krönckes Feder stammen, die restlichen 9<br />

sind Abschriften der Briefe <strong>Tull</strong>as an Kröncke.<br />

Wiebeking als Briefthema<br />

<strong>Tull</strong>a hatte 1798 eine Abhandlung über den Gebrauch<br />

<strong>des</strong> Woltmannflügels geschrieben <strong>und</strong><br />

diese Wiebeking zur Veröffentlichung zugeschickt,<br />

was dieser jedoch ablehnte. Kröncke, der als Mitarbeiter<br />

Wiebekings offiziell die Meinung seines<br />

Vorgesetzten vertreten musste, die Abhandlung<br />

<strong>des</strong> jungen Kollegen aber für gut befand, geriet in<br />

einen Loyalitätskonflikt <strong>und</strong> brachte diesen <strong>Tull</strong>a<br />

gegenüber zum Ausdruck. Offensichtlich ermutigt<br />

von <strong>Tull</strong>as Antwort gab Kröncke sein spannungsreiches<br />

Verhältnis zu Wiebeking preis: „[...] denn<br />

er setzt je<strong>des</strong>mahl voraus, daß ich allen Menschen<br />

zum Vortheile, nur ihm zum Schaden spreche [...]“.<br />

Abschließend beschwor Kröncke seinen Kollegen<br />

<strong>Tull</strong>a: „Nun noch um eins muß ich Sie bitten, liebster<br />

Fre<strong>und</strong>. Bleiben Sie Fre<strong>und</strong> mit Hr. W., oder<br />

bleiben Sie es nicht, <strong>das</strong> kann mich begreiflich wenig<br />

kümmern, nur versprechen Sie mir jetzt <strong>und</strong><br />

nie, von dem ihm etwas zu sagen <strong>und</strong> zu schreiben,<br />

was wir im Vertrauen zu einander von ihm geurtheilt<br />

haben.“ (35)<br />

Auch nach dem Weggang Wiebekings aus Darmstadt<br />

1802 blieb der ältere Kollege Inhalt <strong>des</strong> brieflichen<br />

Austausches zwischen <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Kröncke.<br />

Nicht ganz frei von Neid war die Mitteilung, die<br />

Kröncke 1809 an <strong>Tull</strong>a weitergab: „Die große Pension,<br />

welche [Wiebeking] kürzlich von Rußland erhalten<br />

hat, <strong>und</strong> <strong>das</strong> Geschenk, ein kostbarer brillantener<br />

Ring, wird Dir bekannt sein. Ei, was sind<br />

wir doch für arme Schlucker gegen einen großen<br />

Mann.“ Süffisant bemerkte Kröncke in einem Brief<br />

von 1814: „Daß Du <strong>das</strong> Glück gehabt hast, den Hr.<br />

Von Wibeking mit seinem Orden zu sehen, dazu<br />

gratuliere ich Dir. Ich möchte gern mehr über ihn<br />

hören.“ (36)<br />

Als 1814 nach dem Wiener Kongress Teile der Pfalz<br />

an Bayern gefallen waren <strong>und</strong> damit Hessen mit<br />

Bayern eine gemeinsame Grenze erhalten hatte,<br />

äußerte sich Kröncke über seinen möglichen Verhandlungspartner<br />

Wiebeking: „Wer <strong>das</strong> linke<br />

Rheinufer erhalten wird? – Wer weiß es. Gegen uns<br />

über heißt es allgemein, Bayern. Ob wir uns darüber<br />

freuen können, wegen <strong>des</strong> Rheinbaus als<br />

dann mit Wibeking zu thun zu bekommen? Ich<br />

weiß es nicht recht, sollte aber doch glauben, daß<br />

er nach seinen frühern hier in dießen gethanen<br />

Äußerungen nicht unbillig seyn könne. Man muß<br />

es erwarten, was geschehen <strong>und</strong> erfolgen wird.“ (37)<br />

Der Sohn Wiebekings konnte sich hingegen die<br />

Sympathien Krönckes erwerben. <strong>Tull</strong>a schätzte den<br />

jüngeren Wiebeking in den 1820er Jahren ebenfalls<br />

als Verhandler der bayerischen Seite, waren<br />

sie doch beide gleichermaßen von der Unumgänglichkeit<br />

der Flussregulierung überzeugt. (38)<br />

Weiterbildung in Frankreich<br />

Karl Christian Vierordt, <strong>Tull</strong>as Vorgesetzter, hielt<br />

Anfang 1801 einen weiteren Bildungsaufenthalt<br />

seines Mitarbeiters für wünschenswert. Er empfahl<br />

eine Reise nach Frankreich, damit <strong>Tull</strong>a seine<br />

Sprachkenntnisse vervollkommnen <strong>und</strong> die inländischen<br />

Ingenieurleistungen kennenlernen könne.<br />

Als <strong>Tull</strong>a im Juli 1801 in Paris eintraf, musste er<br />

sich zunächst kleinlicher Unterhaltszahlungen<br />

wegen mit Karlsruhe auseinandersetzen. Sigism<strong>und</strong><br />

von Reitzenstein, der sich als Diplomat in badischen<br />

Diensten ebenfalls in Paris aufhielt, um die<br />

Auslegung <strong>des</strong> Friedens von Lunéville auszuhandeln,<br />

unterstützte <strong>Tull</strong>a in seinem Anliegen. Denn<br />

während Baden mit dem hehren Ziel, sein Staatsgebiet<br />

zu vergrößern, große Summen an Bestechungsgeldern<br />

vorhielt, musste an den Gehältern<br />

der Dienerschaft gespart werden.<br />

Den Vorlesungen an der École Polytechnique<br />

konnte <strong>Tull</strong>a aufgr<strong>und</strong> mangelnder Sprachkenntnisse<br />

nur schwer folgen. Dennoch verinnerlichte er<br />

<strong>das</strong> System der Lehre – die Verbindung von Theorie<br />

<strong>und</strong> Praxis – <strong>das</strong> er später als Vorbild für seine<br />

Karlsruher Ausbildungsstätte nutzen würde. In Paris<br />

begegnete er auch Gaspard Mongé, dem damals<br />

europaweit bekannten Autor der darstellenden<br />

Geometrie, der an der École Polytechnique<br />

unterrichtete. Angeregt durch diese Studien übertrug<br />

<strong>Tull</strong>a die mathematischen Regeln auf die Konstruktionen<br />

im Faschinenbau.<br />

Eine Beinverletzung <strong>und</strong> <strong>das</strong> Gefühl der Isoliertheit<br />

gaben <strong>Tull</strong>as Aufenthalt in der französischen<br />

Hauptstadt eine negative Färbung. Kröncke, der im<br />

Januar 1802 auf <strong>Tull</strong>as Brief aus dem vergangenen<br />

November antwortete, sprach sein Mitgefühl aus:<br />

„[Ich] habe […] es bedauert, daß Sie sich so wenig<br />

12<br />

(35) GLA 237/24327, fol. 15f., Brief vom 24.02.1798.<br />

(36) GLA 237/24327, fol. 134, Brief vom 04.04.1814.<br />

(37) GLA 237/24327, fol. 139, Brief vom 07.07.1814.<br />

(38) GLA 237/24327, fol. 438f., Brief vom 05.02.1825. Karl Gustav Wiebeking (1792 – 1827) war seit 1818 Regierungs- <strong>und</strong> Baurat <strong>des</strong> Rheinkreises in Speyer.


T U L L A<br />

wohl in Paris bef<strong>und</strong>en haben, woselbst Ihr Aufenthalt<br />

sonst sehr angenehm gewesen seyn<br />

müßte, <strong>und</strong> wenn ich, wenn Sie nicht Sie wären, Sie<br />

beneiden würde. Jetzt aber hoffe ich, werden Sie<br />

sich recht wohl befinden.“ (39)<br />

Schließlich reiste <strong>Tull</strong>a im März 1802 nach Blois,<br />

einem kleinen, an der Loire gelegenen Städtchen<br />

südwestlich von Paris. Trotz zunehmender ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Beschwerden fühlte sich <strong>Tull</strong>a hier,<br />

im Schutz der Kleinstadt, wohler. Er erhielt individuellen<br />

Sprachunterricht <strong>und</strong> ließ sich von einer<br />

Malerin unterweisen, die ihn auch in ihre gesellschaftlichen<br />

Kreise einführte. Darüber hinaus besichtigte<br />

er den Ausbau der Loire, studierte die<br />

französische Baukunst <strong>und</strong> <strong>das</strong> Transportwesen.<br />

Ende Oktober reiste er noch einmal nach Paris <strong>und</strong><br />

kehrte von dort im Januar 1803 nach Karlsruhe zurück.<br />

Ingenieur im Großherzogtum<br />

Im Reichsdeputationshauptschluss 1803 konnte<br />

Baden, durch geschickte Verhandlungen Reitzensteins,<br />

sein Staatsgebiet um <strong>das</strong> Zehnfache vergrößern.<br />

(40) Markgraf Karl Friedrich wurde zunächst<br />

zum Kurfürsten <strong>und</strong> 1806 zum Großherzog erhoben.<br />

Eine Neuorganisation der badischen Verwaltung<br />

war die unerlässliche Folge der politischen Neuordnung.<br />

Dem neugeschaffenen Ingenieur-Departement<br />

stand nun Karl Christian Vierordt vor, der<br />

<strong>Tull</strong>as Ausbildung die ganzen Jahre wohlwollend<br />

unterstützt hatte. <strong>Tull</strong>a wurde im November <strong>des</strong><br />

gleichen Jahres zum Hauptmann ernannt <strong>und</strong> erhielt<br />

damit die Aufsicht über den Flussbau im gesamten<br />

Kurfürstentum. In dieser Funktion lernte er<br />

den Zustand <strong>des</strong> vergrößerten Badens kennen,<br />

<strong>des</strong>sen schlecht ausgebaute Straßen, <strong>das</strong> gesamte<br />

Flussnetz <strong>und</strong> die anliegenden Sumpfgebiete. (41)<br />

Zu seinen neuen Aufgaben gehörte auch die fachliche<br />

Beratung. Als Kommissionsmitglied wirkte er<br />

bei der Schleifung der Mannheimer Festung mit,<br />

wobei deren Lage am Fluss berücksichtigt werden<br />

musste.<br />

Angesichts der angespannten finanziellen Lage<br />

<strong>des</strong> badischen Staates – hohe Schulden waren der<br />

Preis für den neugewonnenen Gebietszuwachs –<br />

wurde <strong>Tull</strong>a die Mitarbeit in der Schweiz genehmigt.<br />

Zusammen mit Conrad Escher entwarf er<br />

Pläne zur Trockenlegung <strong>des</strong> Linthtals <strong>und</strong> beaufsichtigte<br />

deren Ausführung in mehrwöchigen Aufenthalten<br />

in den Folgejahren.<br />

Während <strong>Tull</strong>a die unter Burdett begonnene Vermessung<br />

auf die neuen Gebiete anordnete <strong>und</strong><br />

die Bestandsaufnahme von Straßen <strong>und</strong> Flüssen<br />

betrieb, erhielt er 1805 ein Angebot aus Bayern, als<br />

Wasserbauingenieur nach München zu wechseln.<br />

Trotz anhaltendem Geldmangel lehnte <strong>Tull</strong>a diesen<br />

Ruf ab. Er fühlte sich dem Großherzogtum,<br />

Das erste eigene<br />

Gebäude der<br />

Polytechnischen<br />

Schule, die 1836<br />

nach den Plänen<br />

Heinrich Hübschs<br />

erbaut wurde.<br />

Aquarell von<br />

C. Kiefer, 1859.<br />

14<br />

(39) GLA 237/ 24327, fol. 36, Brief vom 21.01.1802.<br />

(40) Vgl. Brüning, Rainer (Hrsg.): Der aufgeklärte Fürst von Baden 1728 – 1811. Karlsruhe 2012. S. 41f.<br />

(41) Vgl. Zier 1970, S. 414f.


T U L L A<br />

<strong>das</strong> ihm seine aufwändige Ausbildung ermöglicht<br />

hatte, offensichtlich verpflichtet. Im gleichen Jahr<br />

wurde ihm ein Lehrstuhl für Mathemathik an der<br />

Universität Heidelberg angeboten. <strong>Tull</strong>a, der an<br />

der Ausbildung seiner zukünftigen Mitarbeiter<br />

gerne mitwirken wollte, lehnte auch diese Stelle<br />

ab.<br />

Die Gründung der Ingenieurschule<br />

<strong>Tull</strong>as Vorstellung einer idealen Ausbildung orientierte<br />

sich an Frankreich, wo zwischen wissenschaftlichen<br />

Mathematikern <strong>und</strong> praktischen Ingenieuren<br />

unterschieden wurde. Damit die angehenden<br />

Ingenieure sobald als möglich mit praktischen<br />

Aufgaben betraut werden konnten, sollte<br />

der Ausbildungsplatz am Ort der Zentralverwaltung<br />

sein. Im Hinblick auf seine Korrektionspläne,<br />

wies <strong>Tull</strong>a auf die Notwendigkeit hin, <strong>das</strong>s den<br />

Schülern bereits im Studium Lan<strong>des</strong>kenntnisse<br />

vermittelt werden müssten: „[Weil Baden] durch<br />

eine Menge Flüsse <strong>und</strong> Chausseen durchschnitten<br />

<strong>und</strong> von dem Rhein begrenzt wird, wo also die<br />

Kulturverbesserungen <strong>und</strong> die Eigentumssicherung<br />

so sehr von hydraulischen <strong>und</strong> hydrotechnischen<br />

Unternehmungen abhängen, als man glauben<br />

sollte, <strong>und</strong> mehr Verwendung von Kräften<br />

erfordert wird, als in den meisten Ländern gebraucht<br />

werden.“ (42) 1807 erfolgte schließlich die<br />

Gründung der Ingenieurschule, deren Schüler „besonders<br />

zum Selbstdenken geleitet werden [sollten]<br />

<strong>und</strong> [deren] Erfindungsvermögen erweckt <strong>und</strong><br />

geübt werde[n] sollte.“ (43) Damit entsprachen <strong>Tull</strong>as<br />

Ansprüche an die Schüler bereits ganz den<br />

Maximen, die Wilhelm von Humboldt bezüglich<br />

seiner Bildungsreform in Preußen für den Universitätsunterricht<br />

1809 äußerte: Der Student „forscht<br />

selbst, <strong>und</strong> der Professor leitet seine Forschung<br />

<strong>und</strong> unterstützt ihn darin.“ (44) Zusammen mit der<br />

Architektenschule Weinbrenners bildete die Ingenieurschule<br />

die ideelle Gr<strong>und</strong>lage der 1825 gegründeten<br />

Polytechnischen Schule in Karlsruhe. (45)<br />

<strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Friedrich Weinbrenner (1766-1826), der<br />

aus einer wohlhabenden Karlsruher Zimmermannsfamilie<br />

stammte, lernten sich auf dem Karlsruher<br />

Lyceum kennen. (46) Nach Studienaufenthalten<br />

in Zürich, Wien, Berlin <strong>und</strong> Rom wurde Weinbrenner<br />

1797 Angestellter der badischen Markgrafschaft,<br />

zeitgleich mit der Ernennung <strong>Tull</strong>as zum<br />

Rechnungsrath-Adjunkten. 1798 heiratete Weinbrenner<br />

die aus Straßburg stammende Margaretha<br />

Salome Arnold, mit der er zwei Töchter bekam. In<br />

seinem Haus, <strong>das</strong> er an der Schlossstraße nahe<br />

dem Ettlinger-Tor errichtet hatte, verkehrten die<br />

badischen Honoratioren.<br />

Weinbrenner als Schöpfer <strong>des</strong> klassizistischen<br />

Karlsruhes <strong>und</strong> <strong>Tull</strong>a als Gestalter der Rheinkorrektion<br />

hatten ein ambivalentes Verhältnis zueinander.<br />

(47) Vielleicht war es nicht nur der alte Widerspruch<br />

zwischen dem pragmatischen Techniker,<br />

der sich vor allem von mathematischen Aspekten<br />

leiten ließ, <strong>und</strong> dem Künstler, der in erster Linie der<br />

Ästhetik huldigte, der <strong>das</strong> Verhältnis der zwei Männer<br />

belastete. Die Konkurrenz war spätestens dann<br />

Bestandteil ihrer Arbeit, als jeder an der Spitze<br />

seines Amtes stehend, zur Durchsetzung seiner<br />

Projekte um die Gunst <strong>des</strong> Regenten <strong>und</strong> die Zuteilung<br />

der finanziellen Mittel werben musste. Für<br />

Weinbrenner standen der hohe zeitliche <strong>und</strong> finanzielle<br />

Aufwand, der für Flussregulierungen aufgewendet<br />

werden musste, in keinem Verhältis zu<br />

dem zu erwarteten Nutzen. Diese Meinung vertrat<br />

auch sein Schwager Georg Eckard Arnold, der als<br />

Großherzoglicher hessischer Baudirektor in Mainz<br />

tätig war. <strong>Tull</strong>a beschrieb seinen Eindruck von Arnold<br />

in einem Brief an Kröncke 1825: „Von Herrn Arnold<br />

in Mainz habe ich noch keine Antwort erhalten<br />

u. glaube daß er sich nicht bekehren lassen<br />

werde, weil er zu wenig Kenntniße im Strombau hat<br />

<strong>und</strong> es vielleicht seiner Eitelkeit schmeichelt eine<br />

andere Ansicht zu haben.“ Einmal in Rage, fuhr<br />

<strong>Tull</strong>a mit seiner Kritik im nächsten Satz fort: „Unser<br />

H. OberbauDirector Weinbrenner ist der eingebildetste<br />

Mensch von der Welt, er hält sich für <strong>das</strong><br />

größte Genie, <strong>und</strong> glaubt daß nichts im Weltall<br />

existieren könne, worüber er nicht schreiben, u. die<br />

Menschen belehren könne.“ (48) Neid auf die private<br />

Situation <strong>des</strong> jeweils anderen könnte zu weiteren<br />

Spannungen beigetragen haben. Sicher ist<br />

(42) Zitiert nach: Schnabel, Franz: Die Anfänge <strong>des</strong> technischen Hochschulwesens, Karlsruhe 1825, S. 28.<br />

(43) Zitiert nach: Schnabel 1825, S. 28.<br />

(44) Zitiert nach: Geier 2013, S. 265.<br />

(45) <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Weinbrenner leiteten ihre Schulen auch nach 1825 unabhängig vom Polytechnikum weiter, erst bei der Neuorganisation 1932 wurden die beiden Schulen<br />

angeschlossen, vgl. Hoepke, Klaus-Peter: Geschichte der Fridericiana. Stationen in der Geschichte der Universität Karlsruhe (TH) von der Gründung 1825 bis zum Jahr<br />

2000, Karlsruhe 2007, S. 32f.<br />

(46) <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Weinbrenner kannten sich vermutlich seit Lyceumszeiten, allerdings finden sich auch Hinweise, <strong>das</strong>s <strong>Tull</strong>a erst 1783 ins Lyceum aufgenommen wurde <strong>und</strong><br />

während Weinbrenner dieses bereits 1780 verlassen hatte. Vgl. Valdenaire 1929, S. 339; GLA 638-2/1280<br />

(47) Zum ambivalenten Verhältnis von <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Weinbrenner siehe auch Valdenaire, Arthur: Friedrich Weinbrenner. Sein <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> seine Bauten, 4Karlsruhe 1985, S. 3,<br />

121, 170, 311, 312 u. 323.<br />

(48) GLA 237/24327, fol. 434f., Brief vom 05.02.1825.<br />

15


T U L L A<br />

„Meter“, als<br />

Eichmaß eingelassen<br />

in einer Hauswand<br />

in Paris<br />

Halb-Sester-Maß,<br />

Eichmaß <strong>des</strong> Eichamtes<br />

Rastatt, 1829<br />

nur, <strong>das</strong>s die zwei Kollegen durchaus in der Lage<br />

waren, zusammen zu arbeiten <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

als Team aufzutreten, belegt ist aber auch die offene<br />

Kritik <strong>des</strong> einen an der Arbeit <strong>des</strong> anderen. In<br />

einem Schreiben vom März 1809 an <strong>das</strong> Finanzministerium<br />

traten sie gemeinschaftlich für die Zusammenlegung<br />

ihrer beider Schulen ein: „Die weitere<br />

Bildung der Eleven beyder Fächer wollen wir<br />

sehr gerne zum Besten unseres Vaterlan<strong>des</strong> <strong>und</strong><br />

zwar dergestalt übernehmen, daß ich der Oberbaudirektor<br />

Weinbrenner nicht allein die Eleven<br />

der Architectur, sondern auch die <strong>des</strong> Ingenieur<br />

Fachs in der Baukunst, ich der Major <strong>Tull</strong>a aber,<br />

nicht allein die Eleven <strong>des</strong> Ingenieur Fachs, sondern<br />

auch die der Architectur, in den besonderen<br />

<strong>und</strong> gemeinschaftlichen Wissenschaften unterrichte.“<br />

(49) Die Vereinigung von <strong>Tull</strong>as Ingenieurschule<br />

mit Weinbrenners Architektenschule wurde<br />

zu diesem Zeitpunkt aus finanziellen Gründen abgelehnt.<br />

Dennoch sicherte die Einrichtung der Ingenieurschule<br />

seit 1807 die Ausbildung der künftigen<br />

Ingenieure für <strong>das</strong> Großherzogtum Baden.<br />

Das neue Maßsystem<br />

Im Vorfeld der Rheinkorrektion mussten <strong>das</strong> Land<br />

vermessen <strong>und</strong> kartographiert sowie die Wassermenge<br />

gemessen <strong>und</strong> aufgezeichnet werden. Historisch<br />

bedingt besaßen die einzelnen Lan<strong>des</strong>teile<br />

<strong>des</strong> neugeschaffenen Großherzogtums jedoch<br />

unterschiedliche Maßeinheiten, deren Vereinheitlichung<br />

unerlässlich war.<br />

<strong>Über</strong>legungen hierzu finden sich im Briefwechsel<br />

zwischen <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Kröncke. Ähnlich wie <strong>Tull</strong>a war<br />

auch Kröncke mit einer Vielfalt an Maßen konfrontiert,<br />

da Hessen durch den Reichsdeputationshauptschluss<br />

ebenfalls ein größeres Gebiet erhalten<br />

hatte. Ganz im Vertrauen schilderte er <strong>Tull</strong>a<br />

die Pläne für Hessen, “[…] daß Sr. Königl. Hoheit,<br />

der Großherzog, allergnädigst zu resolvieren geehrt<br />

habe, daß <strong>das</strong> ganze französische Maß <strong>und</strong><br />

Gewicht System hier eingeführt werden soll, <strong>und</strong><br />

daß dazu die genauest abgegliechenen Exemplare<br />

jetzt aus Paris verschickt sind.“ (50)<br />

Das metrische System überzeugte die meisten Ingenieure<br />

jener Zeit, doch war die Nachahmung <strong>des</strong><br />

französischen Vorbil<strong>des</strong> politisch unerwünscht.<br />

<strong>Tull</strong>a umging die politische Hürde, indem er <strong>das</strong><br />

neue badische Maß am Meter ausrichtete, diesen<br />

jedoch nicht einfach übernahm. Mit der Ausarbeitung<br />

<strong>des</strong> neuen Maßsystems, der Unterteilung <strong>und</strong><br />

der Eichung der neuen Maße, beauftragte er Michael<br />

Friedrich Wild (1747-1832), den er 1800 kennengelernt<br />

hatte. (51) Wild stammte aus Durlach, wo<br />

sein Vater von 1780 bis 1786 <strong>das</strong> Bürgermeisteramt<br />

bekleidete. Nach seiner Schulzeit auf dem Karlsruher<br />

Lyceum <strong>und</strong> einer Ausbildung zum Kanzleischreiber<br />

studierte Wild Mathematik, Geodäsie,<br />

Astronomie <strong>und</strong> Physik in Göttingen, wo vermutlich<br />

auch er Kästner als Lehrer kennenlernte. Nach dem<br />

Studium arbeitete er als Angestellter in markgräflichem<br />

Dienst, zunächst in Karlsruhe, danach in<br />

Emmendingen. Im Auftrag <strong>des</strong> Markgrafen reiste<br />

Wild für ein Jahr in <strong>das</strong> englische Suffolk, um <strong>das</strong><br />

dortige Landwirtschaftswesen zu studieren <strong>und</strong><br />

(49) Zitiert nach: Valdenaire 1929, S. 91.<br />

(50) Vgl. GLA 237/24327, fol. 48, Brief vom 13.09.1808.<br />

(51) Vgl. Trub, Bernhard: Michael Friedrich Wild: Begründer <strong>des</strong> Badischen Maßes <strong>und</strong> Gewichtes, Müllheim 2013, S. 70.<br />

16


T U L L A<br />

Der Altrhein<br />

bei Steinmauern<br />

seine Sprachkenntnisse zu vervollkommnen. Auf<br />

der Rückreise besuchte er Flandern <strong>und</strong> Holland,<br />

um sich über die hier angewandten Maßsysteme<br />

zu informieren. Von 1777 bis 1792 arbeitete er als<br />

Lehrer für Mathematik <strong>und</strong> Naturwissenschaften<br />

am Pfeffelschen Institut in Colmar. Nebenher richtete<br />

Wild ein naturwissenschaftliches Kabinett ein,<br />

in dem er Untersuchungen zu Bewegung, Licht,<br />

Luft <strong>und</strong> Elektrizität vornahm, an denen auch seine<br />

Schüler teilnehmen durften. Nach Schließung <strong>des</strong><br />

Pfeffelschen Instituts beschäftigte er sich mit Höhenmessungen,<br />

deren Ergebnisse kurz vor seinem<br />

Tod veröffentlicht wurden.<br />

Mit der Ausarbeitung <strong>des</strong> neuen Maßsystems beauftragt,<br />

begann Wild mit der Aufnahme aller bestehenden<br />

Maße <strong>und</strong> entwickelte daraus die neue<br />

Länge <strong>des</strong> badischen Fußes: drei Zehntel <strong>des</strong> Pariser<br />

Meters. (52) Gleichzeitig wurde <strong>das</strong> davor gebräuchliche<br />

Doudezimalsystem durch <strong>das</strong> Dezimalsystem<br />

ersetzt, <strong>das</strong> die Unterteilung in zehn<br />

gleiche Teile vorgab. Da 12 sich in mehr Teile als 10<br />

zerlegen lässt, war <strong>das</strong> alte System im Handel<br />

praktischer <strong>und</strong> somit beliebter. (53) Wild veröffentlichte<br />

1809 <strong>das</strong> neue System unter dem Titel Ueber<br />

allgemeines Maas <strong>und</strong> Gewicht. Ein Dekret vom<br />

10. November 1810 verkündete dann die Verbindlichkeit<br />

<strong>des</strong> neuen Maßes, die tatsächliche Durchsetzung<br />

in allen Regionen <strong>des</strong> neuen Großherzogtums<br />

ließ aber bis 1829 (54) auf sich warten.<br />

<strong>Tull</strong>a sandte Wilds Schrift über <strong>das</strong> neue Maßsystem<br />

noch im März 1809 an Kröncke, der sich im<br />

nächsten <strong>und</strong> in späteren Briefen immer ähnlich<br />

äußerte: “Euer Maßsystem hat mir immer sehr gut<br />

gefallen, nur meine ich, wäre <strong>das</strong> französische <strong>des</strong>halb<br />

vorzuziehen, weil man sich dadurch gleich an<br />

ein großes Land anschlösse, weil zu erwarten war,<br />

daß es in mehreren Ländern eingeführt [werde]“. (55)<br />

In einem weiteren Brief bedankte sich Kröncke bei<br />

<strong>Tull</strong>a über die Zusendung von Wilds Anleitung zur<br />

Dezimalrechnung, die 1812 veröffentlicht worden<br />

war: „Ich habe sie mit Vergnügen <strong>und</strong> Belehrung<br />

gelesen, <strong>und</strong> wenn ich etwas daran auszusetzen<br />

hätte, so wäre es <strong>das</strong> einzige, <strong>das</strong>s sie zu gründlich<br />

ist. [...] Je nachdem die Umstände eintreten,<br />

wünschte ich, daß Euer Maß- <strong>und</strong> Gewichts-System<br />

in ganz Deutschland eingeführt würde.“ (56)<br />

Als Hessen 1817 sein Maßsystem vereinheitlicht<br />

<strong>und</strong> nicht <strong>das</strong> badische übernommen hatte, war<br />

<strong>Tull</strong>a sichtlich enttäuscht <strong>und</strong> Kröncke hatte Mühe,<br />

die hessische Entscheidung zu rechtfertigen. Er<br />

(52) Vgl. ebd., S. 58.<br />

(53) Vgl. ebd., S. 62.<br />

(54) Vgl. ebd., S. 62.<br />

(55) GLA 237/24327, fol. 112, Brief vom 09.06.1812.<br />

(56) GLA 237/24327, fol. 127, Brief vom 21.12.1813.<br />

17


T U L L A<br />

versicherte, „daß ich bey dem neuen hießigen<br />

Maß- <strong>und</strong> Gewichts-System gar nicht wirksam geworden<br />

bin, sondern daß es vorzüglich v. Hr. Geheimrath<br />

Eckhardt herrührt (dieß letztere jedoch<br />

unter uns).“ (57) Wie gut Kröncke seinen Fre<strong>und</strong><br />

kannte, zeigt die Einschätzung, die er <strong>Tull</strong>a ein Jahr<br />

später schrieb: „Du warst böse über unser Maß-System.“<br />

(58)<br />

Die Abschaffung <strong>des</strong> Frondienstes<br />

Eine wichtige Voraussetzung der Rheinkorrektion<br />

war mit der Maßvereinheitlichung erfüllt. Nicht<br />

minder wichtig war <strong>Tull</strong>a die Abschaffung der Fronden.<br />

Bereits 1807 verfasste er ein Promemoria, in<br />

dem er vorrechnete, <strong>das</strong>s im Frondienst erstellte<br />

Flussbauten um ein Fünftel teurer wären, als die im<br />

Taglohn ausgeführten Arbeiten. Die Abneigung der<br />

zum Frondienst Verpflichteten führe zu unzureichender<br />

Arbeitsleistung. In Vorträgen warb <strong>Tull</strong>a<br />

für seine Ansichten, was schließlich zum Erfolg<br />

führte. In einem Erlass vom 14. Mai 1816 wurden<br />

die Flussbaufronden aufgehoben <strong>und</strong> durch die<br />

Einführung <strong>des</strong> Flussbaugel<strong>des</strong> abgelöst. (59) Eine<br />

Abschaffung der Straßenbaufronden konnte <strong>Tull</strong>a<br />

nicht durchsetzen, die Aufhebung 1831 war jedoch<br />

mit ein Verdienst seiner Bemühungen. (60)<br />

Auf <strong>Tull</strong>as Erfolgsmeldung, <strong>das</strong>s die badischen<br />

Flussbaufronden abgeschafft worden waren, antwortete<br />

Kröncke: „Alle Frohne <strong>und</strong> sonach auch die<br />

Chaussée Frohne taugen den Teufel nichts. Diß ist<br />

meine volle <strong>Über</strong>zeugung Hr. v. Wiebeking ist zwar<br />

anderer Meinung. […]. Jetzt aber sollte man alle solche<br />

Arbeiten unter Tage Lose machen <strong>und</strong> die Kosten<br />

vom Land aufbringen lassen, wobey <strong>das</strong> Land<br />

offenbar gewinnen würde.“ (61) In einem späteren<br />

Brief untermauerte Kröncke die gemeinsame Ansicht:<br />

„Alles, was für die Frohn gesagt werden<br />

kann, ist leicht zu widerlegen.“ (62)<br />

Kröncke setzte sich für die Aufhebung aller absolutistischen<br />

Einnahmeprivilegien ein <strong>und</strong> forderte<br />

deren Ablösung durch Steuern. Als er in Hessen für<br />

die Abschaffung <strong>des</strong> Zehnts eintrat, versuchte er<br />

<strong>Tull</strong>a zur Mitwirkung zu gewinnen: „Ich überscheide<br />

Dir dafür eine hier erschienene Verordnung wegen<br />

Aufhebung der Zehnte, woran ich, unter uns<br />

gesagt, seit etwa 8 Jahren mit unnachläßlicher<br />

Beharrlichkeit gearbeitet habe. Ich glaube, daß<br />

sie gut ist <strong>und</strong> von den heilsamsten Folgen seyn<br />

werde. Sicherlich wird diese Verordnung durch ihre<br />

Folgen Epoche in unserer Landwirthschaft machen.<br />

Kannst Du etwas zu ihrer Verbreitung <strong>und</strong> Bekanntwerdung,<br />

wie auch dazu, daß ähnliche Verfügungen<br />

in andern Ländern erfolgen, bytragen,<br />

so wirst du dich verdient um die Menschheit machen.“<br />

(63) Von Teilerfolgen beflügelt – alle Frondienste<br />

waren in Hessen durch Zahlungen ersetzt<br />

worden (64) – bemühte sich Kröncke auch in den folgenden<br />

Jahren um die Abschaffung der Zehnten.<br />

Nach dem Verfassen weiterer Schriften versuchte<br />

er <strong>Tull</strong>a als Mitstreiter zu gewinnen: „Nimm diese<br />

Schrift als ein Zeichen meiner Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong><br />

Achtung für Dich an. Es würde mich freuen, wenn<br />

sie, die beabsichtigte Sache, deinen Beyfall erzielte.<br />

Du wür<strong>des</strong>t als dann die Zehntverwandlung<br />

der Zehnten auch bey Euch nach besten Kräften zu<br />

befördern suchen, wie ich von deinem regen Eifer<br />

für alles Gute überzeugt bin. Übrigens wünsche<br />

ich dein unumw<strong>und</strong>enes Urtheil über die Sache<br />

<strong>und</strong> die Schrift zu erfahren.“ Fast mit missionarischem<br />

Eifer bat er <strong>Tull</strong>a, diese neue Schrift an<br />

Schlüsselpersonen der badischen Verwaltung zu<br />

verteilen sowie dem Großherzog ein Exemplar zukommen<br />

zu lassen. (65) Darüber hinaus sollte <strong>Tull</strong>a<br />

die in mehreren Teilen erschienene Schrift, die<br />

Kröncke auf eigene Kosten hatte drucken lassen,<br />

Karlsruher Buchhandlungen zum Erwerb anbieten.<br />

<strong>Tull</strong>a kam diesem Wunsch nach, jedoch äußerte er<br />

sich gegenüber Kröncke nie über den Inhalt der<br />

Schriften. Enttäuscht, <strong>das</strong>s <strong>Tull</strong>a kein Urteil abgab,<br />

schloss Kröncke dieses Thema ab: Der Wunsch,<br />

„du mögest mir dein Urtheil über diese Schrift mittheilen,<br />

wird wohl vergebens seyn. Du hast mir<br />

diese Bitte noch wegen keiner meiner Schriften<br />

gewährt. Fast muß ich daraus schließen, ich habe<br />

nicht <strong>das</strong> Glück, mit meinen Arbeiten deinen Beyfall<br />

zu erhalten, <strong>und</strong> <strong>das</strong> würde mir sehr leid thun,<br />

<strong>und</strong> mir ein gerechtes mistrauen gegen meine Arbeiten<br />

erwecken.“ Fast scheint es, <strong>das</strong>s sich die<br />

Zehntaufhebung zu abseits von <strong>Tull</strong>as Interessens<strong>und</strong><br />

Arbeitsgebiet befand, als <strong>das</strong>s er es für nötig<br />

erachtete, seine Energien darauf zu verwenden,<br />

denn auf Fragen technischer Art, hatte er meistens<br />

sofort geantwortet.<br />

18<br />

(57) GLA 237/24327, fol. 205, Brief vom 29.12.1817.<br />

(58) GLA 237/2432, fol. 217, Brief vom 12.09.1818.<br />

(59) Vgl. Valdenaire 1931, S. 259.<br />

(60) Vgl. ebd., S. 270.<br />

(61) GLA 237/24327, fol.166, Brief vom 21.04.1816.<br />

(62) GLA 237/24327, fol. 171, Brief vom 14.06.1618.<br />

(63) GLA 237/24327, fol. 175, Brief vom 23.08.1816.<br />

(64) Vgl. GLA 237/24327, fol. 177, Brief vom 24.11.1816.<br />

(65) Vgl. GLA 237/24327, fol. 241, Brief vom 06.05.1819.


T U L L A<br />

Das Gasthaus<br />

„Zum schwarzen<br />

Bären“, Aquarell<br />

von <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>Tull</strong>a, um 1798<br />

Berufliche <strong>und</strong> private Höhen <strong>und</strong> Tiefen<br />

im Spiegel der Briefe<br />

Die Vertrautheit, mit der sich <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Kröncke<br />

schon zu Beginn ihres Briefwechsels begegneten,<br />

wuchs in den folgenden Jahren <strong>und</strong> umfasste Privates<br />

<strong>und</strong> Berufliches.<br />

1809 litt Kröncke über mehrere Wochen an starken<br />

Kopfschmerzen, die ihn zu mehr als zwei Monaten<br />

Bettruhe zwangen <strong>und</strong> nur langsam verschwanden.<br />

Im darauffolgenden Winter erkrankten er <strong>und</strong><br />

seine drei Kinder an Scharlach. Anlässlich seines<br />

39. Geburtstages schrieb er wenig zuversichtlich<br />

an <strong>Tull</strong>a: „Die wiederholten Krankheiten, welche<br />

ich seit 2 – 2 1/2 Jahren auszustehen gehabt habe,<br />

haben meinen Muth <strong>und</strong> <strong>das</strong> bisgen Kraft, welches<br />

ich allenfalls sonst hatte, sehr herunter gestimmt.<br />

In einer Beziehung kann ich mich mit dem<br />

großen Lessing vergleichen. Er sagte oft, wenn die<br />

bösen vierziger kommen, so ist <strong>das</strong> beste <strong>Leben</strong><br />

vorbey, <strong>und</strong> ich trete heute in mein vierzigstes<br />

Jahr.“ (66) Auch <strong>Tull</strong>a, der im März <strong>des</strong> gleichen Jahres<br />

sein vierzigstes <strong>Leben</strong>sjahr vollendet hatte,<br />

haderte mit seiner Situation. Kröncke erkannte<br />

<strong>Tull</strong>as Befinden: „[...] <strong>und</strong> dieses scheint mir auch<br />

aus Deinem letzten Brief hervorzugehen. Sollte<br />

dem wirklich so seyn, so würde es mich sehr<br />

schmerzen.“ <strong>Tull</strong>a war mit der Wasser- <strong>und</strong> Straßenbauverwaltung<br />

im neuen Großherzogtum äußerst<br />

unzufrieden <strong>und</strong> bemühte sich daher um<br />

eine Zen tralisierung dieser Verwaltungseinheit, die<br />

aber erst 1822 verwirklicht wurde. (67) Beiden Fre<strong>und</strong>en<br />

bekam <strong>das</strong> Reisen in den ungefederten Kutschen<br />

auf unzureichend ausgebauten Straßen<br />

schlecht. (68) Wohl <strong>des</strong>halb feilschte Kröncke mit<br />

<strong>Tull</strong>a darüber, wer wen besuchen sollte: „Warum<br />

ich nicht zu Dir kommen will, wo nach einem alten<br />

Sprichworte, hin <strong>und</strong> her, gleich weit ist. Du bist<br />

nicht weniger als sicher, mich einmahl bey Dir zu<br />

sehen. Vor der hand aber kannst Du einmahl hierher<br />

kommen. Du bist auch ledig <strong>und</strong> so noch mobiler,<br />

<strong>und</strong> überdem führen Dich Deine Geschäfte<br />

mehr in meine Nähe, als die meinigen mich in<br />

Deine Nähe bringen.“ (69)<br />

Das Jahr 1812, in dem <strong>Tull</strong>a seine erste Schrift über<br />

die Begradigung <strong>des</strong> Rheins herausbrachte <strong>und</strong><br />

die erste von ihm revidierte Generalkarte erschien,<br />

begann für ihn in melancholischer Stimmung.<br />

Kröncke las seinem Fre<strong>und</strong> mitfühlend die Leviten:<br />

„Ich bitte Dich um Gottes willen, liber <strong>Tull</strong>a,<br />

lasse die Grillen weg. Persönlich bist Du im Lande,<br />

(66) GLA 237/24327,fol. 68 , Brief vom 29.03.1810.<br />

(67) Vgl. Valdenaire 1931, S. 278.<br />

(68) Kröncke schreibt am 09.11.1810 „[...] <strong>und</strong> ich mich wie gewöhnlich nach der Reise nicht ganz wohl befand, <strong>und</strong> einige Tage <strong>das</strong> Bett hüten mußte.“ GLA 237/24327,<br />

fol. 90, Brief vom 09.11.1810.<br />

(69) Ebd.<br />

19


T U L L A<br />

Im Mai 1812 starb <strong>Tull</strong>as langjähriger Vorgesetzter<br />

<strong>und</strong> Förderer Vierordt <strong>und</strong> so bat <strong>Tull</strong>a um die <strong>Über</strong>tragung<br />

der vakanten Stelle, die ihm ein Jahr später<br />

per Dekret rückwirkend gewährt wurde. Auch<br />

sein Gehalt wurde der ehemaligen Besoldung Vierordts<br />

angepasst, eine Beförderung in der militärischen<br />

Hierarchie war damit jedoch nicht verb<strong>und</strong>en.<br />

(71) Seinen Titel Major, den er 1808 erhalten<br />

hatte, behielt er vorerst bei. Kröncke, der um <strong>Tull</strong>as<br />

finanzielle Lage wusste, erk<strong>und</strong>igte sich nach<br />

<strong>des</strong>sen beruflichem Aufstieg: „Fürs erste hoffe ich,<br />

<strong>das</strong>s Du mir bald melden wer<strong>des</strong>t, wie <strong>das</strong> Ableben<br />

<strong>des</strong> General-Maj. v. Vierordt auf dein Geschäftsbürgerliches<br />

<strong>und</strong> finanzielles <strong>Leben</strong> einen günstigen<br />

Einfluß gehabt hat. Du musst aber nicht hochmüthig<br />

werden, wenn Du nun auch General bald<br />

wirst, <strong>das</strong> will ich mir ausbitten.“ (72) <strong>Tull</strong>as Eingaben<br />

um Gehaltserhöhungen sollten erst mit der Ernennung<br />

zum Oberdirektor der Wasser- <strong>und</strong> Straßenbaudirektion<br />

1817 ein Ende finden. (73)<br />

<strong>Johann</strong> Peter Hebel<br />

(1769 – 1826)<br />

<strong>und</strong> von den Besten <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> geehrt <strong>und</strong> geschätzt,<br />

<strong>und</strong> wenn zwar manche Geschäfte nicht so<br />

gehen, wie sie eigentlich gehen sollten, <strong>und</strong> wie<br />

man fest überzeugt ist, daß sie zum Besten <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong> <strong>und</strong> Regenten gehen müssten, so steht<br />

<strong>das</strong> einem jeden rechtschaffenen, mit dem Lande<br />

es gut meinenden Menschen zwar wehe, aber es<br />

ist nicht wohl gethan, wenn man diesem Schmerz<br />

zu sehr nachhängt.“ (70)<br />

Der gemeinsame (Haus)fre<strong>und</strong> –<br />

<strong>Johann</strong> Peter Hebel<br />

1814 bedankte sich Kröncke zum ersten Mal für<br />

den von <strong>Tull</strong>a übersandten „Rheinländischen Hausfre<strong>und</strong>“,<br />

den alle Mitglieder der Familie Kröncke<br />

schätzten: „[...] <strong>und</strong> der mitgekommene Hausfre<strong>und</strong><br />

hat eine nicht geringe Freude im Haus verursacht.“<br />

Aus den weiteren Ausführungen ist zu<br />

erkennen, <strong>das</strong>s Kröncke Hebel auch persönlich<br />

kannte: „Dem Herrn Kirchenrath Hebel bin ich für<br />

<strong>das</strong> Andenken sehr verb<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> ich wünsche,<br />

daß Du mich demsselben bestens empfehlen mögest.<br />

Vielen Spaß haben mir die in dem Hausfrend<br />

vorkommende Rechnungs-Exempl gemacht, wenn<br />

ich sie in Gesellschaft guter Fre<strong>und</strong>e, die gerade<br />

keine großen Rechner sind, <strong>und</strong> eben so auch in<br />

Gesellschaft aufgeweckter Fraunzimmer aufgab.<br />

Ich vermuthe, daß es mehrern Personen hierin<br />

eben so gegangen ist.“ (74)<br />

<strong>Johann</strong> Peter Hebel (1760-1826) wurde 1760 in<br />

Basel geboren <strong>und</strong> kam, früh verwaist, als 14-jähriger<br />

Schüler an <strong>das</strong> Karlsruher Gymnasium. Nach<br />

der Reifeprüfung studierte er Theologie an der Universität<br />

in Erlangen, welche er als Kandidat für <strong>das</strong><br />

geistliche Amt 1780 verließ. Die nächsten Jahre<br />

verdiente Hebel seinen Unterhalt zunächst als<br />

Hauslehrer in Hertingen, dann als Vikar in Lörrach,<br />

bevor er 1791 an <strong>das</strong> Karlsruher Gymnasium berufen<br />

wurde. Seine Unterrichtsfächer waren Latein,<br />

Hebräisch, Griechisch <strong>und</strong> Naturgeschichte. Daneben<br />

hatte er die Verpflichtung zum Predigen.<br />

(70) GLA 237/24327, fol. 103f., Brief vom 20.01.1812<br />

(71) Vgl. GLA 237/24328, fol. 15.<br />

(72) GLA 237/24327, fol. 111, Brief vom 09.06.1812.<br />

(73) Vgl. Cassinone /Spieß 1929, S. 35.<br />

(74) GLA 237/24327, fol. 131f., Brief vom 05.02.1814.<br />

20


T U L L A<br />

Bei Hebels Ankunft in Karlsruhe befand sich <strong>das</strong><br />

Gymnasium noch im Gebäude, in der Langestraße,<br />

wo Hebel wenige Jahre zuvor selbst Schüler gewesen<br />

war. 1804 zog <strong>das</strong> Gymnasium in <strong>das</strong> neue,<br />

die Stadtkirche flankierende Gebäude auf dem<br />

Marktplatz. (75) Das Gymnasium gab bereits seit<br />

1750 den „Badischen Landkalender“ als Lektüre<br />

für die lutherischen Untertanen heraus. Nachdem<br />

der Absatz <strong>des</strong> Kalenders um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende<br />

immer schlechter geworden war, wurde Hebel<br />

1802 um seine Mitarbeit gebeten. Nach einer<br />

vollständigen <strong>Über</strong>arbeitung erschien der „Badische<br />

Landkalender“ ab 1807 unter dem neuen Titel<br />

„Der Rheinländische Hausfre<strong>und</strong>“. Er enthielt<br />

fast ausschließlich von Hebel verfasste Geschichten,<br />

die ihm oftmals im Kaffeehaus zugetragen<br />

wurden. Hebel war Mitglied der Karlsruher Museumsgesellschaft<br />

<strong>und</strong> <strong>des</strong> Stammtisches im „Bären“,<br />

der später seinen Sitz in <strong>das</strong> Drechslersche<br />

Kaffeehaus verlegte <strong>und</strong> jahrelang Schauplatz eines<br />

Rätselwettkampfes war. Sowohl Hebel als auch<br />

<strong>Tull</strong>a wohnten im Zentrum der 4.000 Einwohner<br />

zählenden Residenzstadt Karlsruhe <strong>und</strong> dürften<br />

sich bereits früher in <strong>Tull</strong>as Elternhaus begegnet<br />

sein. Hebel, der wie <strong>Tull</strong>a niemals verheiratet war,<br />

verbrachte seine freien Abende häufig in Gesellschaft.<br />

Ob auch <strong>Tull</strong>a gerne <strong>und</strong> regelmäßig ausging,<br />

muss offen bleiben. Es hat sich jedoch eine<br />

Zeichnung vom Gasthaus „Zum schwarzen Bären“<br />

erhalten, die er möglicherweise zur Erinnerung an<br />

dort verbrachte St<strong>und</strong>en anfertigte. Auch <strong>das</strong> Mitgliederverzeichnis<br />

der Museumsgesellschaft enthält<br />

<strong>Tull</strong>as Namen. (76)<br />

Wie intensiv der Kontakt zwischen <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> dem<br />

zehn Jahre älteren Hebel war, lässt sich nicht mehr<br />

feststellen. Mit Sicherheit wird die Rheinbegradigung<br />

Thema gemeinsamer Gespräche gewesen<br />

sein, wobei naheliegend ist, <strong>das</strong>s sie die planmäßige<br />

Veränderung <strong>des</strong> Rheinlaufs auch unter ethischen<br />

Gesichtspunkten diskutiert haben. <strong>Tull</strong>a<br />

selbst interpretierte die Ausführung der technischen<br />

Möglichkeiten nie als „unerwünschten Eingriff<br />

in Gottes Schöpfung“, sondern immer als eine<br />

Maßnahme, „[...] von deßen Ausführung oder Unterlaßung,<br />

<strong>das</strong> Wohl von mehreren h<strong>und</strong>erttausend<br />

Menschen abhängt.“ (77) Nach der Vereinheitlichung<br />

<strong>des</strong> Maßsystems 1810 legte Hebel seinem<br />

häufiger im „Hausfre<strong>und</strong>“ auftretenden Adjunkt<br />

die Vorteile <strong>des</strong> neuen Maßsystems, <strong>das</strong> Voraussetzung<br />

für die Rheinkorrektion war, in den M<strong>und</strong>.<br />

Der 1811 von Hebel verfasste <strong>und</strong> von Wild redigierte<br />

Aufsatz erschien unter dem Titel „Des Adjunkts<br />

Standrede“ in der Ausgabe von 1812. Hebel<br />

<strong>und</strong> Wild hatten sich zuvor persönlich kennengelernt<br />

<strong>und</strong> korrespondierten auch in den folgenden<br />

Jahren miteinander. (78)<br />

Nur drei Jahre später legte Hebel die Redaktion<br />

<strong>des</strong> „Hausfreun<strong>des</strong>“ nieder. Der Kalender für 1815<br />

wurde, obwohl er die Zensur passiert hatte, zurückgerufen<br />

<strong>und</strong> eingestampft. Es wurde befürchtet,<br />

die katholische Bevölkerung könnte Hebels<br />

Erzählung „Der gute Rat“ als beleidigend empfinden.<br />

Hebel lieferte bis 1819 weiterhin Beiträge für<br />

den „Hausfre<strong>und</strong>“ <strong>und</strong> wirkte als Lehrer. Mit seiner<br />

Ernennung zum Prälaten der Lan<strong>des</strong>kirche war er<br />

kraft Amtes auch Mitglied der Ständekammer. Seinen<br />

Anstrengungen ist es zu verdanken, <strong>das</strong>s sich<br />

die lutherische <strong>und</strong> reformierte Kirche 1824 vereinigten.<br />

Krank <strong>und</strong> erschöpft von den vielseitigen<br />

Anstrengungen starb Hebel auf einer Dienstreise<br />

1824 in Schwetzingen, wo er beerdigt wurde. (79)<br />

Die evangelische<br />

Stadtkirche mit den<br />

flankierenden Gebäuden,<br />

in denen seit<br />

1804 <strong>das</strong> Gymnasium<br />

untergebracht war.<br />

(75) Der nördliche Flügel <strong>des</strong> Gymnasiums wurde 1803 begonnen <strong>und</strong> 1804 bezogen, der südliche Flügel wurde erst 1824 eingeweiht. Der Bau der Stadtkirche wurde 1806<br />

genehmigt, die Einweihung erfolgte 1816. Vgl. Lehmann 1892, S. 230, Valdenaire 1985, S. 99.<br />

(76) Vgl. Stadtarchiv Karlsruhe 8/StS 20/147.<br />

(77) GLA 237/24327, fol. 409, Brief vom 20.11.1824.<br />

(78) Der Kontakt zwischen Hebel <strong>und</strong> Wild war über Conrad Pfeffel, den Gründer <strong>des</strong> gleichnamigen Instituts in Colmar <strong>und</strong> Schwager Wild zustande gekommen. 1803 vertonte<br />

Wild Hebels Gedicht „Der Morgenstern“ <strong>und</strong> sandte es dem erfreuten Hebel zu. Vgl. Trub 2013, S. 34.<br />

(79) Vgl. Zentner, Wilhelm (Hrsg.): <strong>Johann</strong> Peter Hebel <strong>und</strong> seine Zeit. Zur Wiederkehr seines 200. Geburtstages am 10. Mai 1960., Karlsruhe 1960, S. 15f, Karlsruhe 1960;<br />

Längin, Georg: Hebel, <strong>Johann</strong> Peter Hebel, in: Badische Biographien, 1. Teil, Heidelberg 1875, S. 347-354.<br />

21


T U L L A<br />

Das Haus der<br />

Museumsgesellschaft,<br />

1814 nach<br />

den Plänen Friedrich<br />

Weinbrenners erbaut,<br />

1914 abgebrannt.<br />

Die Projekte in den Jahren nach dem<br />

Wiener Kongress<br />

In den Jahren nach Napoleons Niederlage, in denen<br />

Baden seinen Koalitionspartner Frankreich aufgab<br />

<strong>und</strong> sich Preußen <strong>und</strong> Russland zuwandte, hatte<br />

<strong>Tull</strong>a zahlreiche berufliche Erfolge zu verzeichnen.<br />

Im Januar 1814 avancierte er vom Major zum<br />

Oberstleutnant. Im April <strong>des</strong>selben Jahres erhielt er<br />

für die Herstellung der Anmarschstraße zur Altenheimer<br />

Brücke, die den verbündeten Armeen zum<br />

Rheinübergang südlich von Straßburg gedient<br />

hatte, den Kaiserlich Russischen Wladimir Orden<br />

4. Klasse. Mit der Schleifung der Festung Kehl war<br />

<strong>Tull</strong>a so zufrieden, <strong>das</strong>s er sie als eine der wenigen<br />

Arbeiten bezeichnete, welche bis dato in gleicher<br />

Art <strong>und</strong> Größe ausgeführt worden seien. (80) Angesichts<br />

seiner erfolgreich abgeschlossenen Projekte<br />

fühlte sich <strong>Tull</strong>a nicht angemessen entlohnt. Er beklagte<br />

sich bitter darüber, <strong>das</strong>s er im Vergleich zu<br />

Weinbrenner einen geringeren Tagessatz für<br />

Dienstfahrten erhalte <strong>und</strong> Lohnerhöhungen immer<br />

unzureichend geblieben wären. Erst die Ernennung<br />

zum Ober-Wasser- <strong>und</strong> Straßenbau-Direktor im Februar<br />

1817 (81) <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Gehaltserhöhung<br />

empfand er als ausreichende Würdigung<br />

seiner Leistungen, auch in finanzieller Hinsicht.<br />

<strong>Tull</strong>as Ruf als Ingenieur reichte, bedingt auch durch<br />

die erfolgreichen Arbeiten in der Schweiz, über<br />

Badens Grenzen hinaus. 1818 wünschte der württembergische<br />

König ein Gutachten <strong>und</strong> einen Plan<br />

zur Neckarkorrektion, wofür <strong>Tull</strong>a mit 100 Dukaten<br />

<strong>und</strong> einer diamantenen Tabakdose entlohnt worden<br />

war. (82) Nachdem der nördlich von Karlsruhe<br />

gelegene Durchstich bei den Knielingern 1817 mit<br />

militärischer Präsenz erzwungen werden musste,<br />

begrüßten die Eggensteiner dieselbe Maßnahme<br />

mit Lob <strong>und</strong> Dankbarkeit. (83) Die Einwohner Eggensteins<br />

empfingen <strong>Tull</strong>a, der zur Begutachtung<br />

der Baumaßnahme gekommen war, mit einer Ansprache,<br />

einem Gedicht <strong>und</strong> einer Urk<strong>und</strong>e. (84) Im<br />

selben Jahr konnte mit Bayern ein Vertrag über<br />

Durchstiche zwischen Neuburg <strong>und</strong> Dettenheim,<br />

zwei Orte die zuvor auf französischem Gebiet gelegen<br />

hatten, ausgehandelt werden.<br />

Die Verhandlungen mit Frankreich hingegen verliefen<br />

äußerst schleppend. Die seit 1817 tagende<br />

Rheingrenzberichtigungskommission, die zur Auslegung<br />

<strong>des</strong> Pariser Friedensvertrages von 1815 zusammengetreten<br />

war, beschloss zwar die Durchführung<br />

der Rheinkorrektion, verlangte aber vorab<br />

Versuche an zwei Flussbiegungen. Da keine Einigung<br />

darüber erzielt werden konnten, ob der<br />

Durchstich Kehl – Straßburg oder Plittersdorf –<br />

22<br />

(80) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S. 33.<br />

(81) GLA 237/24326.<br />

(82) Vgl. ebd., S. 32; Valdenaire 1931, S. 266.<br />

(83) DieKnielinger mussten zugunsten dieses Durchstichs, der sowohl Eggenstein als auch Knielingen vor künftigen Hochwassern schützen sollte große Gebiete abgeben.<br />

(84) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S. 59ff.


T U L L A<br />

Der Rhein<br />

bei Iffezheim<br />

Selz erfolgen sollte, stockten die Beratungen. Als<br />

sich 1822 zudem herausstellte, <strong>das</strong>s Frankreich<br />

nur eine teilweise Korrektion plante, verließ <strong>Tull</strong>a<br />

die Besprechung in Straßburg ohne <strong>das</strong> Protokoll<br />

zu unterschreiben. Eine Randnotiz seines Mitarbeiters<br />

Scheffel schildert <strong>Tull</strong>as Unmut: „von dieser<br />

Zeit an wurde Herr Oberst <strong>Tull</strong>a auch mißtrauischer<br />

gegen die französischen Ingenieure, in<br />

bezug auf die Rektifikation <strong>des</strong> Rheins, <strong>und</strong> er<br />

zweifelte mit gutem Gr<strong>und</strong>, ob je etwas Gemeinschaftliches<br />

mit ihnen zu Stande gebracht werden<br />

könnte.“ (85) Erst drei Jahre später wurden nach<br />

dem Hochwasser von 1824 neue Verhandlungen<br />

aufgenommen, die jedoch 1827 erneut ergebnislos<br />

endeten. Eine Einigung konnte schließlich erst<br />

zwölf Jahre nach <strong>Tull</strong>as Tod, im Grenzvertrag vom<br />

5. April 1840, erzielt werden. Dennoch wurden<br />

<strong>Tull</strong>as Pläne zur Rheinbegradigung weitgehend<br />

realisiert. (86)<br />

<strong>Leben</strong>skrisen im Spiegel der Briefe<br />

Trotz sich einstellender Erfolge zehrte <strong>das</strong> anhaltende<br />

Werben müssen für die Korrektion, <strong>das</strong> diplomatische<br />

Lavieren <strong>und</strong> <strong>das</strong> Entkräften der Gegenargumente<br />

in den eigenen Reihen an den<br />

psychischen Kräften der Ingenieure. Die langen<br />

Arbeitstage, die beschwerlichen Dienstreisen <strong>und</strong><br />

der nur nach Wohlwollen genehmigte Urlaub verbrauchte<br />

ein hohes Maß an körperlicher Kraft. Mit<br />

Vollendung <strong>des</strong> 50. <strong>Leben</strong>sjahres häuften sich die<br />

Klagen in den Briefen Krönckes <strong>und</strong> <strong>Tull</strong>as.<br />

Kröncke, auf dem private Sorgen lasteten, weil<br />

seine Frau vier Jahre zuvor einen Schlaganfall mit<br />

anschließender Lähmung erlitten hatte, war immer<br />

wieder gezwungen, die geplanten Rheindurchstiche<br />

zu rechtfertigen. Resigniert schloss er<br />

seinen Brief vom November 1819: „Ich bin nicht<br />

krank <strong>und</strong> nicht vergnügt. Das Getriebe der Welt<br />

<strong>und</strong> der Menschen in der Welt gefällt mir nicht,<br />

<strong>und</strong> macht mich stumpf <strong>und</strong> dumm <strong>und</strong> träge zu allem.<br />

Dieß macht mich besorgt, wenn ich doch nur<br />

noch einmahl so rechten Muth <strong>und</strong> wahre Lust zur<br />

Arbeit wieder fassen könnte.“ (87) <strong>Tull</strong>a schien sich<br />

in ähnlicher Stimmung bef<strong>und</strong>en zu haben.<br />

Kröncke versuchte ihn in seinen Briefen – trotz der<br />

eigenen Niedergeschlagenheit – aufzurichten:<br />

„Das klingt alles sehr ernst, daß ich sehr besorgt<br />

seyn müßte, wenn ich nicht hoffen könnte, daß<br />

diese Zeilen nur in einer üblen Laune von dir geschrieben<br />

seyn mögen.[...] Aber beugen lassen,<br />

muß man sich dadurch nicht <strong>das</strong> wird einem so<br />

kräftigen Mann mit deinem Kopf, deinen Kenntnisssen<br />

<strong>und</strong> deinem rechten, steten <strong>und</strong> guten Willen<br />

auch nicht passieren.“ (88) Auch die Last <strong>des</strong><br />

(85) Zitiert nach: Cassinone / Spieß 1929, S. 65.<br />

(86) Vgl.ebd., S.65ff.<br />

(87) GLA 237/24327, fol. 276, Brief vom 30.11.1819.<br />

(88) GLA 237/24327, fol. 287, Brief vom 14.02.1820.<br />

23


T U L L A<br />

Geldverdienens wurde als erdrückend empf<strong>und</strong>en,<br />

was Krönckes nächstem Brief zu entnehmen ist:<br />

„Lieber Fre<strong>und</strong>, weißt du kein Mittel, wie man als<br />

ein ehrlicher Mann, auf erlaubtem guten Weg zu einem<br />

Vermögen gelangt, wovon man leben kann<br />

<strong>und</strong> eine unabhängige Existenz erhält. Wenn du irgend<br />

einmahl ein solches Mittel entdeckst oder erfährst,<br />

so theile mir es doch mit. Ich glaube ein solches<br />

Mittel würde mir zuträglicher seyn als alles …<br />

<strong>und</strong> Arzneyen von noch so vielen Ärzten <strong>und</strong> Apothekern.“<br />

(89)<br />

Die Projekte in den 1820er Jahren<br />

Die im Oktober <strong>und</strong> November 1824 stattgef<strong>und</strong>enen<br />

Stürme <strong>und</strong> Regenfälle hatten <strong>Tull</strong>as Projekt<br />

der Rektifikation geradewegs beflügelt. Die am begradigten<br />

Rhein liegenden Ortschaften blieben von<br />

Hochwasserschäden verschont <strong>und</strong> warben damit<br />

für die Fortsetzung der vorliegenden Pläne. Voller<br />

Enthusiasmus berichtete <strong>Tull</strong>a Ende November an<br />

Kröncke: „Man hat nun bald die allgemeine <strong>Über</strong>zeugung<br />

erhalten, daß Bäche, Flüße <strong>und</strong> Ströme<br />

rectificiert werden müßen, wenn die Nachtheile<br />

beseitigt werden sollen, welche aus ihrem fehlerhaften<br />

Zustand entstanden sind. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

wurden auch vom Großh. Ministerium <strong>des</strong> Innern<br />

die in Abschrift anliegenden Befehle erlaßen <strong>und</strong><br />

wirklich wird schon an sehr vielen Orten gemeßen<br />

<strong>und</strong> nivellirt, um Pläne fertigen, <strong>und</strong> Rectificationen<br />

entwerfen zu können.“ (90)<br />

Die Korrektion am oberen Flusslauf bedingte letztlich<br />

die Weiterführung der Maßnahmen am gesamten<br />

Lauf, um ein zügiges Abfließen der Wassermengen<br />

zwischen Quelle <strong>und</strong> Mündung zu<br />

garantieren. Mit diesem Wissen forderte <strong>Tull</strong>a<br />

Kröncke auf, sich für die Geradführung <strong>des</strong> Rheins<br />

bei Worms auszusprechen, um damit <strong>das</strong> schnelle<br />

Abfließen aus Mannheim zu garantieren. Auf<br />

Krönckes Antwort, der in der Rheinkorrektion dieses<br />

Abschnittes keinen Vorteil für Hessen erkennen<br />

konnte <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb ausschloss, dafür in seinem<br />

Land einzutreten, antwortete <strong>Tull</strong>a mit einem kühlen<br />

Schreiben, auf <strong>das</strong> Kröncke wiederum entgegnete:<br />

„Meine Erklärung ist diese: Als Hydrotect im<br />

Allgemeinen kann ich die von Dir projectirten<br />

Rheindurchstiche nicht misbilligen, aber als Beamter<br />

unseres Staates muß ich mich pflichtenhalber<br />

gegen den Durchstich oberhalb Worms erklären,<br />

wenn ich <strong>des</strong>wegen mit Gutachten aufge- fordert<br />

werde, weil der Durchstich im Allgemeinen<br />

gut seyn kann, uns nicht zuträglich ist.“ (91) Durch<br />

die Offenlegung der jeweiligen Standpunkte war<br />

der Streit aus dem Weg geräumt. In den folgenden<br />

Briefen beriet <strong>Tull</strong>a durch den Austausch von Plänen<br />

die potentielle Rheinführung auf hessischem<br />

Gebiet detailgenau. Viele von <strong>Tull</strong>as Vorschlägen<br />

flossen in Krönckes Planungen ein. Die Rheinbegradigung<br />

im Großherzogtum Baden zwang die<br />

Unterlieger zu reagieren, ein Umstand, der Anlass<br />

für manche Missstimmung gab. Auch Preußen<br />

als Unterlieger von Hessen äußerte sich missbilligend.<br />

(92)<br />

1825 erschien <strong>Tull</strong>as Denkschrift <strong>Über</strong> die Rektifikation<br />

<strong>des</strong> Rheins, von seinem Austritt aus der<br />

Schweiz bis zu seinem Eintritt in <strong>das</strong> Großherzogtum<br />

Hessen. Kröncke veröffentlichte im Jahr darauf<br />

eine Schrift über den Durchstich am Geyer. Mit<br />

Bayern konnte 1825 ein weiterer Vertrag über fünfzehn<br />

Durchstiche von Dettenheim bis zur hessischen<br />

Grenze vereinbart werden. Die bis dato ausgeführten<br />

Durchstiche zwischen Neuburg <strong>und</strong><br />

Dettenheim hatten die bayerische Regierung von<br />

der Maßnahme überzeugt. (93)<br />

Die Erkrankung an Blasensteinen<br />

Spätestens seit Ende 1825 verschlechterte sich<br />

<strong>Tull</strong>as Ges<strong>und</strong>heitszustand zunehmend. Anfang<br />

1826 schrieb er an Kröncke, <strong>das</strong>s er sechs Wochen<br />

arbeitsunfähig gewesen sei <strong>und</strong> im Juni <strong>des</strong>selben<br />

Jahres berichtete er von „immer noch fortwährender<br />

Unpäßlichkeit“ (94) , die sich auch nach einem<br />

siebenwöchigen Kuraufenthalt in Bad Rippoldsau<br />

nicht gebessert hatte. Aus Krönckes Brief im folgenden<br />

Sommer geht vielmehr hervor, <strong>das</strong>s sich<br />

<strong>Tull</strong>as Ges<strong>und</strong>heitszustand inzwischen verschlimmert<br />

hatte: „Was du vom Bitten um Pensionierung<br />

schreibst, ist, so hoffe ich zu Gott, nur eine augenblickliche<br />

hypochondrische Grille gewesen, womit<br />

du mich aber doch sehr geängstigt hast. Ich bin<br />

Gottlob ziemlich ges<strong>und</strong>, aber die 56 Jahre, welche<br />

ich zurückgelegt habe, spüre ich doch gar sehr,<br />

<strong>und</strong> insbesondere auch daran, daß ich den Muth<br />

nicht mehr habe, etwas weit aussehende Dinge<br />

24<br />

(89) GLA 237/24327, fol. 292, Brief vom 14.08.1820.<br />

(90) GLA 237/24327,fol. 403, Brief vom 20.11.1824.<br />

(91) GLA 237/24327, fol. 419, Brief vom 13.01.1825.<br />

(92) Vgl. GLA 237/24327, fol. 526, Brief vom 29.04.1827.<br />

(93) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S.67.<br />

(94) GLA 237/24327, fol. 493, Brief vom 27.06.1826.


T U L L A<br />

links:<br />

Franz Xaver von Zach<br />

(1754 – 1832)<br />

rechts:<br />

Philipp Jakob Scheffel<br />

(1788 – 1869)<br />

mit Ernst anzugreifen, so daß ich jetzt gerne alles<br />

beym Alten lasse.“ (95) Seit August 1827 existieren<br />

keine Briefe mehr zwischen Kröncke <strong>und</strong> <strong>Tull</strong>a.<br />

Ganz sicher standen die zwei Fre<strong>und</strong>e weiterhin in<br />

Kontakt, nur werden die von Kröncke nach Paris geschriebenen<br />

Briefe verloren gegangen sein.<br />

Als Ursache seiner vielfachen Beschwerden wurden<br />

bei <strong>Tull</strong>a Blasensteine festgestellt. <strong>Tull</strong>a hatte<br />

sich mit Kollegen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en über Ärzte <strong>und</strong><br />

Behandlungsmöglichkeiten seiner Erkrankung ausgetauscht.<br />

Schließlich erfuhr er von dem Juristen<br />

<strong>Johann</strong> Ludwig Klüber, der 1804 bis 1816 als Staatsrat<br />

im badischen Dienst tätig gewesen war (96) , von<br />

dem in Paris arbeitenden Arzt Jean Civiale. Dieser<br />

hatte eine neue Behandlungsmethode entwickelt<br />

<strong>und</strong> entfernte Blasensteine nicht mehr durch <strong>das</strong><br />

Öffnen der Blase, sondern mittels eines sogenannten<br />

Lithotriptors. Die mit Hilfe eines Führungsrohrs<br />

in den Harnleiter eingebrachten Instrumente<br />

ermöglichten es, Blasensteine aufzuspüren <strong>und</strong><br />

zu zertrümmern. (97) Wie einer Rechnung zu entnehmen<br />

ist, hatte sich <strong>Tull</strong>a ein Buch von Civiale<br />

über <strong>des</strong>sen Operationsmethode besorgt. (98) Noch<br />

im Oktober 1827 hoffte <strong>Tull</strong>a, nachdem er sich bereits<br />

einer Untersuchung durch einen Karlsruher<br />

Arzt unterzogen <strong>und</strong> eine weitere durch den Geheimen<br />

Hofrat Chelius aus Heidelberg geplant<br />

hatte, nicht nach Paris reisen zu müssen. Die Mediziner<br />

Chelius <strong>und</strong> Soemmerring jedoch empfahlen<br />

die Behandlung in Frankreich. Im November<br />

1827 kam <strong>Tull</strong>a dort nach 13-tägiger beschwerlicher<br />

Reise an.<br />

In der Rue St. Lazare wohnte er im selben Haus wie<br />

der ebenfalls an Blasensteinen erkrankte Astronom<br />

Franz Xaver von Zach (1754-1832) <strong>und</strong> lernte<br />

diesen noch am Ankunftstag persönlich kennen.<br />

Der in Pest geborene Zach erhielt seine schulische<br />

Ausbildung vermutlich in einem Jesuitenkolleg, wo<br />

er auch seine ersten Erfahrungen in der Vermessung<br />

sammelte. Nach seiner Tätigkeit als Ingenieur<br />

beim österreichischen Militär <strong>und</strong> als Professor<br />

für Mechanik in Lemberg bereiste er Italien,<br />

Frankreich <strong>und</strong> England. In London arbeitete Zach<br />

als Gesellschafter <strong>und</strong> Hauslehrer eines sächsi-<br />

(95) GLA 237/24327, fol. 535f., Brief vom 20.08.1827.<br />

(96) Vgl. Eisenhart, <strong>Johann</strong> August Ritter von: Klüber, <strong>Johann</strong> Ludwig, in Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 16, 1882, S. 235-247.<br />

(97) Vgl. Gosteli, Leo / Boschung, Urs / Brosche, Peter: Astronom, Weltbürger, Blasenpatient. Franz Xaver von Zachs Briefe an Rudolf Abraham von Schiferli 1821-1837,<br />

Basel 1998, S. 58.<br />

(98) Vgl. GLA 206/1604 Testament-Abtheilung.<br />

25


T U L L A<br />

schen Gesandten, bevor er in den Dienst <strong>des</strong> Herzogs<br />

Ernst II. von Sachsen-Gotha eintrat. Dieser<br />

beauftragte ihn mit der Errichtung eines Observatoriums,<br />

<strong>das</strong> er mit den neuesten Geräten aus England<br />

einrichtete. Er unterrichtete Carl Friedrich<br />

Gauß in praktischer Astronomie <strong>und</strong> unterwies<br />

Alexander von Humboldt vor <strong>des</strong>sen Südamerikareise<br />

im Umgang mit den Vermessungsgeräten.<br />

Zudem publizierte er drei Fachzeitschriften zur<br />

Sammlung <strong>und</strong> Verbreitung astronomischer Daten.<br />

Nach dem Tod von Herzog Ernst II. zog Zach zunächst<br />

nach Marseille <strong>und</strong> später nach Genua, wo<br />

er an Blasensteinen erkrankte.<br />

Ebenso wie <strong>Tull</strong>a begab er sich zu Civiale nach Paris.<br />

In einem ausführlichen Briefwechsel mit seinem<br />

Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Arzt Rudolf Abraham von Schiferli<br />

schilderte Zach Leiden <strong>und</strong> Erfolge seiner Krankengeschichte.<br />

In einem Brief vom 29. November<br />

1827 berichtete er über seinen neuen Zimmernachbar<br />

<strong>Tull</strong>a: „Ein neuer Beweis, wenn es noch einen<br />

bedarf, <strong>das</strong>s Civiale’s Methode unfehlbar, <strong>und</strong><br />

unübertreffbar ist, bewährt sich nun abermal, an<br />

den Baadischen Ingieur-Obrist <strong>Tull</strong>a aus Carlsruhe,<br />

welcher auf mein Anrathen <strong>und</strong> Zureden hierher gekommen<br />

ist, um sich von Civiale operiren zu lassen.<br />

Er ist mein Nachbar, <strong>und</strong> logirt in einer Stube neben<br />

mir. Der arme Mann hatte zwey, wie Tauben-<br />

Eyer grosse Steine. Er hat schon zwey Operationen<br />

überstanden. Bey der ersten hat Civiale ein grosses<br />

tiefes Loch gebohrt. Bey der zweyten hatte er den<br />

Stein gewendet, <strong>und</strong> eine anderes Loch gebohrt,<br />

worüber der Stein, welcher äusserst hart ist, in<br />

viele Stücken gegangen ist, seitdem urinirt er Fragmente<br />

wie Erbsen gros, noch vier oder fünf solche<br />

Operationen, so ist dieser alte 68-jährige Mann<br />

ganz hergestellt“. (99)<br />

Dass Zach den 16 Jahre jüngeren <strong>Tull</strong>a zehn Jahre<br />

älter geschätzt hatte, könnte als Hinweis auf <strong>Tull</strong>as<br />

schlechte körperliche Verfassung <strong>und</strong> Verbrauchtheit<br />

gewertet werden.<br />

Obwohl sich <strong>Tull</strong>a zur Kurierung seiner Leiden in die<br />

Behandlung Civiales begeben hatte, nutzte er diesen<br />

Aufenthalt auch dazu, den Fortschritt in der<br />

Medizin zu fördern. Er legte ein Tagebuch an <strong>und</strong><br />

hielt darin alle vorgenommenen Eingriffe sowie<br />

Fort- <strong>und</strong> Rückschritte fest. Zudem setzte er sich<br />

dafür ein, „<strong>das</strong>s mehrere Bestecke der Instrumente<br />

ins Badische kommen.“ (100) Seine Hoffnung auf die<br />

Verbreitung der Operationsmethode nach Civiale<br />

brachte er in einem Brief zum Ausdruck: „Gestern<br />

habe ich einen vollständigen civialischen Apparat<br />

an Herrn Geheimenhofrath Chelius in Heidelberg<br />

abgesandt, <strong>und</strong> in kurzem werde ich einen zweyten<br />

nach Karlsruhe senden. Ich hoffe <strong>das</strong>s mit diesen<br />

bald Versuche werden gemacht werden, <strong>und</strong> <strong>das</strong>s<br />

seiner Zeit die civialische Methode so allgemein<br />

werden dürfte, <strong>das</strong>s man nicht mehr genöthigt<br />

werden wird nach Paris zu gehen um sich von den<br />

Steinen befreyen zu lassen.“ (101) Im Dezember berichtete<br />

<strong>Tull</strong>a an einen ehemaligen Kollegen: „Herr<br />

Dr. Himly ist hier angekomen <strong>und</strong> wohnt meinen<br />

Operationen bey, welches ich umsomehr gestattete,<br />

als derselbe von Herrn GeheimenRath von<br />

Sömmering an Herrn Dr. Civiale empfohlen war,<br />

<strong>und</strong> ich auch gerne etwas zur Belehrung anderer<br />

beytrage.“ (102) Voller Zuversicht schrieb <strong>Tull</strong>a Anfang<br />

Februar: „Ich sehe nun dem Ende meiner Kur<br />

getrost entgegen <strong>und</strong> hoffe, <strong>das</strong>s solches in künftiger<br />

Woche erfolgen dürfte. Nach Beendigung<br />

meiner Kur werde ich noch 4 Wochen hier verbleiben<br />

<strong>und</strong> dann meine Rückreise antreten.“ Nichts<br />

deutete zu diesem Zeitpunkt darauf hin, <strong>das</strong>s <strong>Tull</strong>a<br />

sieben Wochen später nicht mehr leben würde.<br />

Die letzten geplanten Bohroperationen konnten<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>Tull</strong>as sich verschlechterndem Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />

nicht mehr vorgenommen werden.<br />

<strong>Tull</strong>a starb am 27. März 1828 <strong>und</strong> wurde auf dem<br />

Friedhof Montmartre beigesetzt. Das Grab, welches<br />

von Baden gekauft wurde, ist noch heute erhalten.<br />

Um den Verdacht der Tod wäre als Folge der<br />

Blasenoperationen aufgetreten, auszuräumen, obduzierte<br />

Civiale den Leichnam <strong>Tull</strong>as <strong>und</strong> stellte<br />

krampfhafte Erstickungsanfälle als To<strong>des</strong>ursache<br />

fest. (103)<br />

Zach schrieb seinem Schweizer Fre<strong>und</strong> von <strong>Tull</strong>as<br />

plötzlichem Tod: „Jezt eine fatale Geschichte. Ich<br />

weis nicht, ob ich Ihnen nicht von einem Badnischen<br />

Obristen <strong>Tull</strong>a aus Carlsruhe geschrieben<br />

habe, [...]. Seine Stube war über der meinigen, wir<br />

sahen uns täglich, <strong>und</strong> waren viel beysammen, es<br />

(99) Zitiert nach: Gosteli / Boschung / Brosche 1998, S. 263.<br />

(100) GLA N Klüber 268, Brief <strong>Tull</strong>as an Klüber vom 07.11.1827.<br />

(101) GLA N Klüber 268, Brief <strong>Tull</strong>as an Klüber vom 09.02.1828.<br />

(102) GLA N Klüber 268, Brief <strong>Tull</strong>as an Klüber vom 16.12.1827.<br />

(103) Vgl. Gosteli / Boschung / Brosche 1998, S. 276.<br />

26


T U L L A<br />

sehr liebgewonnen, <strong>und</strong> wir wurden sehr dicke<br />

Fre<strong>und</strong>e. Es that mir sehr leid, ihn in Paris verlassen<br />

zu müssen, allein ich sollte in ein warmes Clima<br />

eilen, ich verlies ihn jedoch ganz munter <strong>und</strong> wohl,<br />

[…]. Wir schrieben uns fleissig, ich hatte ihm versprochen,<br />

auf meiner Retour in Carlsruhe zu besuchen,<br />

wo er mir seine Arbeiten, die Rectification<br />

<strong>des</strong> Rheins zeigen wollte“ (104) . Zach, der sich 1832<br />

nochmals zu Civiale in Behandlung begab, starb<br />

ebenfalls in Paris an der dort grassierenden Cholera.<br />

Sein Leichnam wurde auf dem Friedhof Père<br />

Lachaise beerdigt.<br />

Das Grabmal <strong>Tull</strong>as<br />

auf dem Friedhof<br />

Montmartre, Paris<br />

war ein sehr geschikter wohl instruirter Mann, besonders<br />

im Wasser- <strong>und</strong> Strohmbau, er war Chef<br />

<strong>des</strong> Badnischen Ingenieur-Corps. Sie kennen ihn<br />

gewiss, wenigstens den Namen nach, dann er ist<br />

auch in der Schweiz, wegen <strong>des</strong> Wasserbaus oft<br />

consultirt worden. Ich hatte diesen alten guten<br />

Mann (er war aber nicht älter aber besser als ich)<br />

Drei Jahre nach <strong>Tull</strong>as Tod verfasste <strong>des</strong>sen engster<br />

Mitarbeiter Philipp Jakob Scheffel (1789-1869)<br />

einen Nekrolog über seinen ehemaligen Vorgesetzen.<br />

Scheffel war seit 1817 Mitglied der Rheingrenzberichtigungskommission<br />

<strong>und</strong> arbeitete seit<br />

diesem Zeitpunkt eng mit <strong>Tull</strong>a zusammen. 1826<br />

heiratete er die musisch begabte Josephine Kre-<br />

(104) Zitiert nach:Gosteli /Boschung / Brosche 1998, S. 276. Zach, der selbst Civiales „Vorzeigepatient“ war, machte sich nun Sorgen, <strong>das</strong>s die Lithotritie durch <strong>Tull</strong>as Tod<br />

in Verruf geraten könnte.<br />

27


T U L L A<br />

Orden <strong>des</strong><br />

„Ritters vom<br />

Zähringer Löwen“<br />

derer, die in ihrem neuen Haus in der Stephanienstraße<br />

16 einen Salon unterhielt <strong>und</strong> den Badischen<br />

Frauenverein mitbegründete. Der Ehe entstammten<br />

drei Kinder, der erstgeborene Sohn, Joseph<br />

Victor, wurde als Autor <strong>des</strong> Trompeters von<br />

Säckingen über Baden hinaus bekannt. Scheffel<br />

blieb bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1857 Mitarbeiter<br />

der Wasser- <strong>und</strong> Straßenbaudirektion <strong>und</strong><br />

konnte die Fortführung der Rheinbegradigung nach<br />

den Plänen <strong>Tull</strong>as noch mehrere Jahrzehnte verfolgen.<br />

Resumée<br />

Noch am Vorabend seines To<strong>des</strong> soll <strong>Tull</strong>a einem<br />

Fre<strong>und</strong> gegenüber geäußert haben, <strong>das</strong>s er in der<br />

vergangenen Nacht gefürchtet habe, „dem Rhein<br />

auf immer den Rücken kehren zu müssen“. So<br />

überliefert es Scheffel in seinem Nekrolog <strong>und</strong><br />

bringt damit zum Ausdruck, was <strong>Tull</strong>a als sein <strong>Leben</strong>swerk<br />

ansah.<br />

Mit der Entstehung <strong>des</strong> Großherzogtums, an <strong>des</strong>sen<br />

Spitze ein aufgeklärter Fürst regierte <strong>und</strong> der<br />

einen jungen begabten Mann zum Hydrotecten<br />

hatte ausbilden lassen, waren die äußeren Voraussetzungen<br />

für die Rheinbegradigung gegeben.<br />

<strong>Tull</strong>a hatte die Vision, aus dem vorgef<strong>und</strong>enen<br />

Stückwerk der Flussbefestigungen ein großes Ganzes<br />

zu fügen. Durch die Prinzipien der Aufklärung<br />

zum Selbstdenken angeleitet, vertraut mit den<br />

neuesten Erkenntnissen der Mathematik, ersetzte<br />

er die bis dahin empirisch erstellten Flußbauten<br />

durch mathemathisch präzise berechnete Werke.<br />

Alles auf dieses große Projekt ausgerichtet, schuf<br />

er die dafür notwendigen Voraussetzungen, angefangen<br />

bei der Landvermessung, Maßvereinheit -<br />

lichung, Wassermengenmessung, Abschaffung der<br />

Frondienste bis zu den <strong>Über</strong>zeugungsarbeiten im<br />

eigenen Land <strong>und</strong> den Verhandlungen mit den Anliegerstaaten.<br />

Obwohl er viel Zeit für den Ausbau <strong>des</strong> Straßennetzes<br />

mit samt den dazugehörigen Brücken <strong>und</strong><br />

dem Auf- <strong>und</strong> Abbau strategisch wichtiger Militärwerke<br />

verwenden musste, blieb die „Rectification“,<br />

wie er sie nannte, Mittelpunkt seines Wirkens. Er,<br />

der nie verheiratet war, widmete sein ganzes Interesse,<br />

seine Freizeit, seine Kraft diesem einen<br />

Projekt. Damit machte er sein <strong>Leben</strong>sglück abhängig<br />

vom Fortgang der Korrektion <strong>und</strong> empfand<br />

jede Zurückweisung seiner Ideen als persönliche<br />

Niederlage. Sein Fre<strong>und</strong> Kröncke, der sich als<br />

dreifacher Familienvater neben dem Flussbau auch<br />

für die Abschaffung der Zehnte <strong>und</strong> die Einrichtung<br />

von Witwen- <strong>und</strong> Waisenkassen einsetzte,<br />

blieb dadurch ein Stück weit souveräner. Kröncke<br />

versuchte seine Sichtweise auch <strong>Tull</strong>a nahezubringen<br />

als dieser 1821 vom baldigen Sterben<br />

gesprochen hatte: „Habe ich gesagt, was ich für<br />

recht <strong>und</strong> gut halte, so freut es mich, wenn <strong>das</strong>,<br />

was ich für recht <strong>und</strong> gut halte, geschieht – aber es<br />

kränkt mich nicht so sehr mehr, wenn es auch<br />

nicht geschieht. Ich denke, ich kann mich auch in<br />

meiner Ansicht geirrt haben.“ (105) Dieser tiefen<br />

<strong>Über</strong>zeugung von der Richtigkeit seiner Ideen war<br />

es geschuldet, <strong>das</strong>s <strong>Tull</strong>a – wie es Scheffel im Nekrolog<br />

beschreibt – zuweilen rücksichtslos oder<br />

unbeugsam reagierte. (106)<br />

Noch einen Monat vor seinem Tod, im Februar<br />

1828, ernannte ihn Großherzog Ludwig zum Ritter<br />

<strong>des</strong> Zähringer Löwenordens <strong>und</strong> begründete seine<br />

Entscheidung: „Die Ausführung eines großen, zum<br />

Nutzen <strong>des</strong> Vaterlan<strong>des</strong> berechneten Unternehmens<br />

ist nun nicht mehr zweifelhaft <strong>und</strong> die Er-<br />

(105) GLA 237/24327, fol. 323f, Brief vom 27. 12.1821.<br />

(106) Vgl. Scheffel 1830, S. 21f.<br />

28


T U L L A<br />

fahrung hat bereits über die Richtigkeit Ihrer Vorschläge<br />

wegen der Rheinrectifcation entschieden.“<br />

(107)<br />

Es ist nicht überliefert, wie <strong>Tull</strong>a die späte Würdigung<br />

seines Lan<strong>des</strong>herrn aufnahm. Statt zum<br />

Nutzen <strong>des</strong> Vaterlan<strong>des</strong> hätte <strong>Tull</strong>a eher zum Nutzen<br />

der Menschen, der badischen Einwohner formuliert,<br />

denn darum ging es ihm (108) . Den Ausbau<br />

zur Schifffahrtstraße vollzogen erst seine Nachfolger.<br />

Obwohl die Vorteile der Begradigung, wie<br />

Landgewinn, Hochwasserschutz <strong>und</strong> Verlust der<br />

Sumpfgebiete, die dadurch entstandenen Nachteile,<br />

den Ausfall in der Goldwäscherei <strong>und</strong> Fischerei<br />

aufwogen, wird die Rheinkorrektion spätestens<br />

seit Beginn der 1970er (109) als Fehler bezeichnet.<br />

Es ist jedoch nicht gerechtfertigt, die<br />

technischen Neuerungen isoliert von den Zeitumständen,<br />

in denen sie gemacht worden sind, zu<br />

beurteilen. Um <strong>Tull</strong>a Gerechtigkeit widerfahren zu<br />

lassen, müssen die Erleichterungen, die die Anwohner<br />

<strong>des</strong> Rheins durch die Begradigung erfahren<br />

haben, auch als solche gewertet werden. Das<br />

bedeutet nicht, <strong>das</strong>s wir heute, mehr als zwei Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

später, nach der Erfindung von Auto,<br />

Flugzeug <strong>und</strong> Rakete, nach dem Ausbau zahlreicher<br />

Verkehrswege <strong>und</strong> der Erschließung immer<br />

größerer Landschaftsgebiete, den menschlichen<br />

Umgang mit der Natur <strong>und</strong> deren Ressourcen nicht<br />

kritisch beurteilen sollten.<br />

<strong>Tull</strong>a-Denkmal<br />

auf der Gemarkung<br />

Knielingen,<br />

1853 von Markgraf<br />

Max von Baden zu<br />

Ehren von <strong>Johann</strong><br />

<strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a<br />

errichtet<br />

(107) Zitiert nach GLA 237/24328, Schrift vom 09.02.1826, unterschrieben von Großherzog Ludwig.<br />

(108) Sein Bemühungen zum Wohl der Menschen hat <strong>Tull</strong>a noch während seiner Krankheit bewiesen, indem er sich dafür einsetzte, <strong>das</strong>s die Instrumente <strong>und</strong> <strong>das</strong> Knowhow<br />

zur Lithotritie nach Baden kamen.<br />

(109) Zu diesem Zeitpunkt zeigte der Club of Rome die Grenzen <strong>des</strong> Wachstums auf, vgl. Reith, Reinhold: Umweltgeschichte der frühen Neuzeit. München 2011, S. 1.<br />

29


P L I T T E R S D O R F<br />

„...einen Augenschein bey dem<br />

unglücklichen Ort Plittersdorf einzunehmen...“ (1)<br />

<strong>Tull</strong>as Wirken in der Region Rastatt<br />

Rainer Boos<br />

„An Das Hochpreißliche Großherzogliche Badische Ministerium <strong>des</strong> Innern Finanz Departement Unterthänigst<br />

ehrfurchtvollste Danksagung der Gemeinde Plittersdorf im Murgkreise wegen gnädigst<br />

geleisteter Hilfe gegen <strong>das</strong> schädliche Eindringen <strong>des</strong> Rheines<br />

Ein Hochpreißliches Ministerium<br />

wolle gnädigst erlauben, daß die unterthänigst unterzogene Gemeinde Plittersdorf ihre schuldigste<br />

Danksagung wegen der eben so schnellen als wirksamen Befestigung <strong>des</strong> Rheinlaufes, in tiefster<br />

Erfurcht zu Füßen lege.<br />

Es ist der unterthänigsten Gemeinde in stätem dankbarstem Angedenken, welche große Anstrengungen,<br />

<strong>und</strong> väterliche Sorgfalt <strong>das</strong> hochpreißliche Ministerium für sie seit langen Zeiten ganz huldvollst<br />

geäußert, <strong>und</strong> wie ansehnliche Summen Hoch-Daselbe zur Rettung unserer Häußer <strong>und</strong> Liegenschaften<br />

schon so oft, <strong>und</strong> so großmüthig gewidmet. Dafür schlagen aller Herzen vom Kinde an<br />

biß zum abgelebten Greisen von innigstem Dankgefühle.<br />

Niemal aber war die Hilfe nötiger, aber auch nie kräftiger, schneller <strong>und</strong> wirksamer, als eben in diesem,<br />

uns ewig unvergeßlichen Jahre, wo den ganzen Sommer über der Rhein in einer seltsamen<br />

Höhe st<strong>und</strong>, ungeheure Sandbänke, unserm schon so oft bedrohten Pfarrhause gegen über, anlegte,<br />

<strong>und</strong> mit seinen raßenden Fluthen so heftig gegen unsere Dämme spielte, daß es fast unmöglich<br />

schien, dem mehrmalen versuchten Einbrechen <strong>des</strong> vollen Stromes Einhalt zu thun, <strong>und</strong> zu verhindern,<br />

daß nicht wieder die Hälfte unserer Wohnungen im Rheinbette begraben worden wären.<br />

Nur den eben so glücklich berechneten als rasch ausgeführten Erfindung <strong>des</strong> Hochpreißlichen Ministerium,<br />

dem unsere Gemeinde so schädlichen <strong>und</strong> gefährlichen Strome ein <strong>und</strong>urchbrechliches<br />

Steinufer entgegen zu stellen, <strong>und</strong> den zu diesem großen Unternehmen gnädigst gespendeten Summen,<br />

verdanket <strong>das</strong> schon so oft verunglückte Plittersdorf seine dießmalige <strong>und</strong> künftige Rettung<br />

seiner Wohnungen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>stücke.<br />

Mit innigstem Gefühle <strong>des</strong> kindlichen Dankes bittet demnach eine gehorsamste Gemeinde von fast<br />

siebenh<strong>und</strong>ert Seelen die hochpreißliches Ministerium wolle die demüthigste Ausdrücke unserer<br />

unaussprechlichen Dankbarkeit zu dem Throne seiner Königlichen Hoheit unsers allergnädigsten<br />

Lan<strong>des</strong>vaters, ja in so ferne es füglich seyn möchte zur allgemeinen Puplizität gelangen zu lassen,<br />

<strong>und</strong> fürs künftige in Hoch-Dero kräftigen Schutze <strong>und</strong> väterlichen Obsorge huldvollst zu erhalten<br />

die höchste Gnade haben die in tiefster Ehrfurcht geharrende Eines hochpreißliche Ministeriums!<br />

Plittersdorf den 10ten Dezember 1816<br />

Unterthänigste dankbarste Gemeinde<br />

Michael Ruf<br />

Göhrig Vogt<br />

Hans Fritz Joseph Rust <strong>des</strong> Gerichts<br />

Jerg Müller Carl Müller <strong>des</strong> Gerichts (2)<br />

Paul Köppel<br />

Faschinleger Greiser<br />

Paul Meisch“ (3)<br />

(1) Lan<strong>des</strong>archiv Baden-Württemberg, Abteilung Generallan<strong>des</strong>archiv Karlsruhe (GLA) 173/404, Bericht vom 20.Juli 1814.<br />

(2) Ein Mitglied <strong>des</strong> Gemeinderats zeichnete mit „<strong>des</strong> Gerichts“. Vgl. Ruf , Franz, 1250 Jahre Plittersdorf, Rastatt 1980, S.182.<br />

(3) GLA 173/405.<br />

30


P L I T T E R S D O R F<br />

Dankschreiben<br />

der Gemeinde<br />

Plittersdorf vom<br />

10.Dezember 1816<br />

31


P L I T T E R S D O R F<br />

Karte <strong>des</strong> wilden<br />

Rheinstroms<br />

bei Rastatt,<br />

18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Dieses Schreiben vom 10. Dezember 1816 wurde<br />

vom Finanzministerium in Schönschrift kopiert an<br />

Großherzog Karl weitergeleitet, nicht ohne darauf<br />

hinzuweisen, „daß man die glückliche Rettung <strong>des</strong><br />

Orts Plittersdorf hauptsächlich der einsichtsvollen<br />

Anordnungen <strong>und</strong> der thätigen Direction <strong>des</strong> Obrist<br />

Lieutenants <strong>Tull</strong>a, unterstützt durch die bey<br />

Abschaffung der Frohnddienste, durch welche vorhin<br />

alle Rheinbau Arbeiten gelähmt, <strong>und</strong> zum Theil<br />

unwirksam gemacht worden, aus der Flußbaucasse<br />

dazu ausgesetzte Summe von 39793 f verdanke“ (4) .<br />

Dieses politische Signal sollte der konservativen<br />

Herrscherfamilie zeigen, <strong>das</strong>s es richtig war, am 16.<br />

Mai 1816 (5) die Fron im Wasserbau abzuschaffen.<br />

Die Qualität der bezahlten Arbeit war eindeutig<br />

besser als bei der Fron. Darüber hinaus profitierten<br />

auch die Einwohner der Umlandgemeinden, denn<br />

„<strong>das</strong> <strong>und</strong>urchbrechliche Steinufer“ wurde mit<br />

Sandstei nen aus Malsch, Waldprechtsweier, Muggensturm,<br />

Oberweier, Bischweier, Kuppenheim <strong>und</strong><br />

Haueneberstein gebaut. (6)<br />

Dem badischen Ingenieur <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a<br />

war zu diesem Zeitpunkt schon klar, <strong>das</strong>s diese<br />

Aktion nur eine Notmaßnahme <strong>und</strong> keine endgültige<br />

Rettung Plittersdorfs war. 1817, ein Jahr später,<br />

zeigte die erfolgreiche Ableitung eines großen<br />

Hochwassers durch den ersten Durchstich einer<br />

Rheinschlinge bei Eggenstein, <strong>das</strong>s <strong>Tull</strong>as Vision<br />

von der Bändigung <strong>des</strong> Rheins in einem Flußbett<br />

umsetzbar war.<br />

Der Verfasser <strong>des</strong> Dankschreibens, der Plittersdorfer<br />

Vogt Georg Fidel Göhrig erlebte die endgültige<br />

Rheinkorrektion in seiner Heimatregion ebenso<br />

wenig wie <strong>Tull</strong>a, der große Förderer Plittersdorfs.<br />

Beide starben 1828 (7) <strong>und</strong> es dauerte noch<br />

zwölf Jahre bis der Grenzvertrag zwischen Frankreich<br />

<strong>und</strong> Baden abgeschlossen wurde <strong>und</strong> <strong>Tull</strong>as<br />

Planung umgesetzt werden konnte.<br />

Der Rhein im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Das Schicksal der Rieddörfer wurde vom Rhein geprägt<br />

<strong>und</strong> im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert war besonders Plittersdorf<br />

den Angriffen <strong>des</strong> Stromes ausgesetzt.<br />

Die kleine Markgrafschaft Baden-Baden war weder<br />

administrativ noch finanziell in der Lage, die bedrohte<br />

Bevölkerung zu schützen. Erst die Wiedervereinigung<br />

mit der Markgrafschaft Baden-Durlach<br />

nach dem Tod von August Georg, dem letzten<br />

Markgrafen in Rastatt im Jahr 1771 brachte eine<br />

Verbesserung. Um sich die Loyalität der katholischen<br />

Bevölkerung zu sichern <strong>und</strong> auch die Steuerkraft<br />

<strong>des</strong> neuen Lan<strong>des</strong>teils zu ermitteln, wurden<br />

Fachleute in den Raum um Rastatt entsandt. Die Ingenieure<br />

Carl Christian Vierordt, der in Karlsruhe<br />

ausgebildet worden war <strong>und</strong> der Engländer Peter<br />

Perez Burdett wurden beauftragt, <strong>das</strong> Gelände zu<br />

vermessen <strong>und</strong> zu kartographieren, die Straßen<br />

(4) Ebd.<br />

(5) Vgl. Valdenaire, Arthur: Das <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> Wirken <strong>des</strong> <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a, in: Zeitschrift für die Geschichte <strong>des</strong> Oberrheins 83 (NF 44) 1931, S. 258-286, hier S. 259.<br />

(6) Vgl. GLA 173/405, f= Gulden.<br />

(7) Vgl. GLA 309 Nr. 4118, Bild 71, Stan<strong>des</strong>buch Plittersdorf, Sterbeeintrag.<br />

32


P L I T T E R S D O R F<br />

Die korrigierte Murg<br />

<strong>und</strong> ihre Altwasser<br />

zwischen Rastatt<br />

<strong>und</strong> Steinmauern<br />

1828<br />

33


P L I T T E R S D O R F<br />

Hochwasser an der<br />

Murg 1919 mit Blick<br />

auf die Badener<br />

Brücke.<br />

Badener Brücke mit<br />

Eisbrechern, Lithographie<br />

von Joseph<br />

Durler, um 1842<br />

<strong>und</strong> Brücken zu inspizieren. Außerdem sollten<br />

Pläne zur Entwässerung der Sümpfe, für die Hochwassersicherung<br />

<strong>und</strong> Schiffbarmachung der Flüsse<br />

entworfen werden.<br />

Eine Hochwasserkatastrophe am Rhein führte 1778<br />

zu einer Vereinbarung zwischen dem Königreich<br />

Frankreich <strong>und</strong> der Markgrafschaft Baden über ein<br />

gemeinsames Vorgehen. Im folgenden Jahr sollte<br />

damit begonnen werden „die vielen Arme <strong>des</strong><br />

Rheins allmählig abzuschneiden, um Land zu gewinnen,<br />

die Schiffahrt zu erleichtern <strong>und</strong> die Hoheitsgrenze<br />

weniger wandelbar zu machen“ (8) .<br />

Doch schon bald endete die Zusammenarbeit, da<br />

die französische Seite Faschinenwerke anlegte,<br />

(8) Zitiert nach: Valdenaire, Arthur: Das <strong>Leben</strong> <strong>und</strong> Wirken <strong>des</strong> <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a, in: Zeitschrift für die Geschichte <strong>des</strong> Oberrheins 81 (NF 42), 1929, S. 588-616, hier<br />

S. 591.<br />

34


P L I T T E R S D O R F<br />

die zu Schäden an der badischen Rheinseite führten.<br />

Spätere Vereinbarungen in den 1790er Jahren<br />

scheiterten daran, <strong>das</strong>s Frankreich die Arbeiten<br />

mit Geld bezahlen, der badische Staat jedoch Fronden<br />

der Bevölkerung einfordern wollte. Ingenieur<br />

Vierordt plädierte schon damals für die Abschaffung<br />

der Fron im Flussbau, konnte sich jedoch bei<br />

der Regierung nicht durchsetzen.<br />

Die Murg<br />

Aber nicht nur der Rhein brachte Not <strong>und</strong> Armut in<br />

<strong>das</strong> Land. 1777 wurden Burdett <strong>und</strong> Vierordt aufgefordert<br />

zu berichten, ob durch die Trockenlegung<br />

beim Murgdurchstich zwischen Plittersdorf<br />

<strong>und</strong> Steinmauern Gelände für die Landwirtschaft<br />

gewonnen werden könnte. (9) Bald darauf entstand<br />

der Murgkanal, wie er bis vor wenigen Jahren durch<br />

Rastatt bis Steinmauern floss. Die beiden Arme<br />

der alten Murg wurden abgetrennt <strong>und</strong> verlandeten.<br />

Allerdings wurden die Dämme <strong>des</strong> Kanals nicht<br />

hoch genug gebaut oder waren teilweise noch<br />

nicht fertig, so <strong>das</strong>s 1786 der Fluss wieder in sein<br />

altes Bett einbrach <strong>und</strong> <strong>das</strong> Dorf Rheinau <strong>und</strong> auch<br />

Plittersdorfer Gelände überschwemmte. Die Rheinau<br />

bat daraufhin um die Errichtung eines Dammes.<br />

Am 2. Dezember 1798 berichtete <strong>das</strong> Rastatter<br />

Congreßblatt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Hochwasser schnell fällt<br />

<strong>und</strong> dies der „wohlthätigen Anlegung <strong>des</strong> Murgkanals“<br />

zu verdanken sei. „Vor derselben war oft<br />

genug die Stadt <strong>und</strong> Gegend überschwemmt; dabey<br />

pflegte auch viel Vieh zu verunglücken. Noch<br />

in der ersten Zeit nach der neuen Einrichtung, im<br />

Jahr 1787, mußte man mit dem Kahn in <strong>das</strong> Wirthshaus<br />

zur Sonne fahren. Späterhin hat der Kanal<br />

sich von selbst vertieft, zugleich nahmen die stehenden<br />

Altwasser <strong>und</strong> mit ihnen die Fieber=Krankheiten<br />

ab.“ (10) Das Wirtshaus zur Sonne stand an<br />

der nördlichen Ecke der heutigen Kaiser-/Kapellenstraße.<br />

Aber schon neun Wochen später meldete<br />

<strong>das</strong>selbe Blatt von strenger zwölftägiger Kälte<br />

<strong>und</strong> einem plötzlichen Wärmeeinbruch mit Folgen:<br />

„Unter den Brücken um Rastatt her wurde die Niederbühler<br />

am meisten beschädigt, von welcher<br />

vier Eisbäume weggerissen worden sind. Die<br />

Rheinau stand ganz unter Wasser <strong>und</strong> der heftige<br />

Wind riß alldort ein großes, noch nicht ausgebautes<br />

Haus gänzlich nieder. Der Rhein, der fürchterliche<br />

Eisflächen führte, stand am 29. Jan. 10´2´´<br />

über seiner gewöhnlichen Höhe, <strong>und</strong> war, trotz aller<br />

Tag <strong>und</strong> Nacht fortgesetzten Dammarbeiten,<br />

nahe beim größten Austritt, der bey Plittersdorf<br />

noch glücklich abgewandt wurde; doch müssen<br />

noch einige Häuser allda abgebrochen werden. Es<br />

ist merkwürdig, daß an dem dortigen Damm, oder<br />

vielmehr an den vornen angelegenen Faschinen,<br />

die ungeheure Eisfläche, die fast die ganze Breite<br />

<strong>des</strong> Rheins von Fortlouis bis Iffezheim eingenommen<br />

hatte, schadlos angestoßen hat. Es war ein<br />

gräulicher Anblick, die vielen von der Kinzig her<br />

<strong>und</strong> dann aus der Murg in den Rhein geschwemmten<br />

Brücken, Stege <strong>und</strong> Eisbäume <strong>und</strong><br />

andere Hölzer neben <strong>und</strong> auf den Eisschollen heranschwimmen<br />

zu sehen.“<br />

Dieses Ereignis dürfte für den seit 1797 für <strong>das</strong><br />

Amt Rastatt zuständigen Jungingenieur <strong>Tull</strong>a beeindruckend<br />

<strong>und</strong> prägend gewesen sein <strong>und</strong> sorgte<br />

dafür, <strong>das</strong>s der 11 Jahre zuvor von der Rheinau<br />

beantragte Damm gebaut wurde.<br />

Plittersdorf in den Jahren 1801 bis 1806<br />

Durch die ständige Kriegsnot der Napoleonischen<br />

Zeit waren keine großen Maßnahmen am Rhein<br />

möglich. Die Ernährung der Bevölkerung wurde<br />

durch Einquartierung von Soldaten <strong>und</strong> Immigranten<br />

aus dem Elsass, die vor der französischen<br />

Revolution geflohen waren, nicht einfacher.<br />

Vierordt <strong>und</strong> <strong>Tull</strong>a mussten sich auf die Errichtung<br />

eines Dammes bei Greffern, Ufersicherungen zwischen<br />

Söllingen <strong>und</strong> Au a.R. <strong>und</strong> einem „Zugemäch“<br />

(Absperrdamm an einem Gewässer) bei Plittersdorf<br />

beschränken. Um eine dauerhafte Korrektion<br />

<strong>des</strong> Rheins planen zu können, fehlte es an<br />

den nötigen Vermessungspunkten, da die französischen<br />

Ingenieure, obwohl inzwischen mit Baden<br />

verbündet, ihre Pläne nicht zur Verfügung stellten.<br />

(11)<br />

<strong>Tull</strong>a hatte zwar während seines Studiums an der<br />

sächsischen Bergakademie Freiberg auch Französischunterricht<br />

genossen, aber für die fachliche<br />

Auseinandersetzung mit den Kollegen von der linken<br />

Rheinseite reichte dies nicht aus. Auf Empfehlung<br />

<strong>des</strong> Leiters der badischen Wasserbauverwaltung<br />

Vierordt wurde der inzwischen 31 Jahre<br />

alte <strong>Tull</strong>a 1801 zu einem Studienaufenthalt nach Pa-<br />

(9) Vgl.GLA 173/288.<br />

(10) Kreisarchiv Rastatt, Rastatter Congreßblatt 3.Halbjahr 1798/99.<br />

(11) Vgl. Valdenaire 1929, S.593.<br />

35


P L I T T E R S D O R F<br />

ris geschickt, um Sprache <strong>und</strong> Technik der zu dieser<br />

Zeit dominierenden Nation in Europa kennenzulernen.<br />

Der Rhein <strong>und</strong> speziell der Abschnitt bei<br />

Plittersdorf beschäftigte ihn auch in dieser Zeit,<br />

da er regelmäßig von Vierordt auf dem neuesten<br />

Stand gehalten wurde <strong>und</strong> sich mit französischen<br />

Ingenieuren austauschte. So schreibt er am<br />

23.03.1802 an den Rentkammerpräsidenten (Finanzminister)<br />

in Karlsruhe: „Herr Lebrun ist sehr<br />

für die Rheinkorrektion <strong>und</strong> er hat, wie er mir sagt,<br />

dem Minister <strong>des</strong> Innern den Vorschlag gemacht,<br />

daß man eine Kommission von deutschen <strong>und</strong><br />

französischen Ingenieurs ernennen soll, welche<br />

Vorschläge machen solle, wie <strong>und</strong> auf welche Art<br />

der Rhein in Schranken gehalten werden soll <strong>und</strong><br />

kann. Es ist daher nach meinem Dafürhalten keine<br />

Zeit zu verlieren, die Sache in Gang zu bringen, um<br />

endlich einmal dahin zu kommen, daß man sämtliche<br />

Rheinbauarbeiten nach einem festgesetzten<br />

Gr<strong>und</strong>plan behandeln kann. ......., denn gegenwärtig<br />

hängt viel von den Gemeinden ab, was in einer<br />

Gegend erlaubt wird, wird in einer anderen<br />

nicht gestattet. So wie ich vom Herrn Major Vierordt<br />

benachrichtigt worden bin, hat die Gemeinde<br />

Selz gegen die Zuschließung <strong>des</strong> Gänsrheins bei<br />

Plittersdorf protestiert, <strong>und</strong> ich für meinen Teil<br />

sehe nicht ein, wie man die Unbilligkeit dieser Protestation<br />

beweisen kann als dadurch, daß nach<br />

bis jetzt entworfenen Plänen der Rhein niemals<br />

durch den Gänsrhein geleitet werden kann“. (12)<br />

Der Gänsrhein <strong>und</strong> die Raukehle waren <strong>das</strong> Hauptproblem<br />

Plittersdorfs, drückte doch <strong>das</strong> Wasser<br />

immer weiter nach Osten, bedrohte den Ort <strong>und</strong><br />

seine Felder <strong>und</strong> wenn der Hauptstrom sich endgültig<br />

in diese beiden Nebengewässer verlagern<br />

würde, wäre die Staatsgrenze zu Frankreich direkt<br />

vor dem westlichen Rand <strong>des</strong> Dorfes. Seit dem<br />

30jährigen Krieg lag fest, <strong>das</strong>s der Talweg, d.h. die<br />

Mitte <strong>des</strong> Hauptstromes die Grenze darstellte.<br />

Plittersdorf vor der<br />

Umsiedlung 1785<br />

Plittersdorf nach der<br />

Umsiedlung 1861<br />

Die eingekreisten<br />

Gebäude konnten<br />

am alten Standort<br />

bleiben oder waren<br />

schon vor 1785 versetzt<br />

worden<br />

Kurz nach <strong>Tull</strong>as Rückkehr 1803 aus Paris veränderte<br />

sich der Umfang der Aufgaben am Rhein.<br />

Hatte Baden bisher nur wenige Meilen Strom <strong>und</strong><br />

Grenze von Söllingen bis Neuburgweier mit Frankreich<br />

gemeinsam, so weitete sich dies bis 1806<br />

auf die Strecke von Basel bis Mannheim aus. Diese<br />

gewaltige Herausforderung für Ingenieure <strong>und</strong> Politiker<br />

bot aber auch eine große Chance, denn mit<br />

dem Großherzogtum Baden hatte <strong>das</strong> Kaiserreich<br />

Frankreich nur noch einen Verhandlungspartner,<br />

was manches hätte erleichtern können, wenn die<br />

Abhängigkeit <strong>des</strong> Kleinen vom Großen nicht so<br />

eklatant gewesen wäre.<br />

(12) GLA 76/7969. Bei dem sog. „Gänsrhein“ handelt es sich heute um einen Altrheinarm, der direkt am Hochwasserdamm bei Plittersdorf gelegen ist.<br />

36


P L I T T E R S D O R F<br />

Am 10. August 1806 verfasste <strong>Tull</strong>a einen neunseitigen<br />

Vermerk an die Regierung über „Die Uferdeckung<br />

vor <strong>und</strong> die Zuschließung der Rauhkehle<br />

<strong>und</strong> <strong>des</strong> Gänsrheins unterhalb Plittersdorf betreffend“,<br />

in dem er beklagt, <strong>das</strong>s durch die unterlassene<br />

Weiterführung <strong>und</strong> die mangelhafte Unterhaltung<br />

der vor Jahren angelegten Faschinenwerke<br />

Plittersdorf weiterhin in Gefahr sei <strong>und</strong> immense<br />

Kosten <strong>des</strong>wegen auf den Staat zukommen könnten.<br />

Für diesen Missstand machte er den Ingenieur<br />

Ludwig vom Oberamt Rastatt verantwortlich, der<br />

seine Anordnungen nicht durchgesetzt hatte.<br />

Hauptsächlich wäre jedoch die Fronarbeit <strong>und</strong> der<br />

Materialmangel schuld an der Misere, wie er zusätzlich<br />

feststellt. Um die Sicherung <strong>des</strong> Ortes in<br />

der bisher üblichen Weise durchzuführen, hätten<br />

für die benötigten 250.000 Faschinen alle Faschinenwälder<br />

zwischen Hügelsheim <strong>und</strong> Au abgeholzt<br />

werden müssen. Da sein Vorschlag, den Rhein wie<br />

schon seit zwanzig Jahren geplant, zu begradigen<br />

wegen der außenpolitischen Situation nicht weiter<br />

verfolgt werden durfte, wurden nur Notmaßnahmen<br />

durchgeführt. Und so schrieb er aufrüttelnd,<br />

aber auch vergeblich: „Würde die Faschinade vor<br />

Plittersdorf vom Rhein umgangen, so müßte nach<br />

<strong>und</strong> nach wenigstens die Hälfte <strong>und</strong> vielleicht 3/4<br />

<strong>des</strong> Ortes versetzt werden <strong>und</strong> mehrere Gebäude,<br />

worunter sich auch <strong>das</strong> Pfarrhaus befindet, müßten<br />

dieses Spätjahr noch, abgebrochen <strong>und</strong> versetzt<br />

werden.“ (13)<br />

Plittersdorf in Not<br />

In den Jahren darauf folgten tatsächlich Anträge<br />

auf Versetzung von 11 Häusern <strong>und</strong> von 9 weiteren<br />

Familien, die nach „Bohlen“ auswandern wollten.<br />

(14) Schultheis Göhrig formulierte in seinem Bericht<br />

an <strong>das</strong> „Großherzogl. hochlöbl. Oberamt“ die<br />

Not der Auswanderungswilligen wie folgt: "Erstens<br />

seind ihre Güter alle verpfändt 2ten seind sie in der<br />

Lag daß sie ihre Häuser <strong>und</strong> Scheinen wegen Einbruch<br />

deß Rheins werdt abbrechen müsen," <strong>und</strong><br />

weiter fügte er hinzu, <strong>das</strong>s keine Mittel vorhanden<br />

seien um die Häuser wieder aufzubauen. (15) In einem<br />

späteren Brief bat er um finanzielle Unterstützung<br />

für den Wiederaufbau von Häusern wie<br />

vor 50 Jahren. Selbst dieser Hinweis auf die ehemalige<br />

katholische Herrschaft in Rastatt erweichte<br />

die Regierung in Karlsruhe nicht. Von den 114<br />

Wohnhäusern Plittersdorfs waren bis 1758 schon<br />

31 versetzt worden. (16) 70 Jahre später war kaum ein<br />

Gebäude noch an seiner ehemaligen Hofstätte.<br />

Göhrig wusste, wovon er berichtete, hatte er doch<br />

ohne staatliche Unterstützung, in den 1790er Jahren<br />

<strong>das</strong> Wirtshaus seiner Schwiegereltern „Zum<br />

Adler“ vor einem Rheinhochwasser abbrechen<br />

müssen <strong>und</strong> erst Jahre später am neuen Platz<br />

(heute Rathaus) wieder errichten können. (17) Die<br />

Bürger wurden allein gelassen. Aber auch Gemeinden,<br />

wie Au am Rhein, mussten für die Lieferung<br />

von 30.000 Faschinen nach Plittersdorf auf<br />

die Bezahlung durch den Staat warten. (18)<br />

Weitblick gegen regionale Kurzsichtigkeit<br />

<strong>Tull</strong>a beschäftigte sich nicht nur mit dem Rhein,<br />

auch die Nebengewässer gehörten zu seinem Aufgabenbereich.<br />

Die Pläne zur Begradigung <strong>und</strong> Eindeichung<br />

der mittelbadischen Flüsse Kinzig <strong>und</strong><br />

Murg scheiterten zuerst am Widerstand der Gemeinden,<br />

die weder Gelände, noch Geld oder Fronarbeiter<br />

bereitstellen wollten. Erst als der badische<br />

Ingenieur 1807 in die Schweiz gerufen wurde<br />

<strong>und</strong> dort in vier Jahren den Fluss Linth nach seiner<br />

Planung korrigiert <strong>und</strong> <strong>das</strong> Sumpfland um den Wallensee<br />

entwässert <strong>und</strong> fruchtbar wurde, war der<br />

Name <strong>Tull</strong>a überall bekannt <strong>und</strong> seine Dienste gefragt<br />

<strong>und</strong> anerkannt. (19) 1812 legte er, als Nachfolger<br />

Vierordts eine Denkschrift über <strong>das</strong> weitere<br />

Vorgehen am Rhein vor. Jetzt machte sich bezahlt,<br />

<strong>das</strong>s er seit Jahren junge Männer in den Ingenieurwissenschaften<br />

ausbildete, <strong>das</strong> Pegelwesen<br />

verbesserte <strong>und</strong> in den Gewässern die Fließgeschwindigkeit<br />

messen ließ. Eine wichtige Voraussetzung<br />

für die künftigen Arbeiten war die 1810, gegen<br />

große Widerstände in der Bevölkerung von<br />

<strong>Tull</strong>a vorgeschlagene Angleichung aller Maßeinheiten<br />

an <strong>das</strong> französische Meter <strong>und</strong> die Einführung<br />

<strong>des</strong> Dezimalsystems. Die Friedensverträge<br />

nach der Niederlage <strong>des</strong> napoleonischen Frankreich<br />

ermöglichten 1817 die Einrichtung einer<br />

Grenzberichtigungskommission, was jedoch erst<br />

1840 zu einem Grenzvertrag führte, da weiterhin<br />

der Talweg <strong>des</strong> Stromes Grenze sein sollte <strong>und</strong> um<br />

(13) GLA 173/403.<br />

(14) Vgl. GLA 173/403.<br />

(15) GLA 173/403 Göhrig, Bericht vom 11. Juni 1808<br />

(16) Vgl. Ruf , Franz, 1250 Jahre Plittersdorf, Rastatt 1980, S.150<br />

(17) Vgl. Krämer, Hermann: Plittersdorf am Rhein <strong>und</strong> an der Grenze, Rastatt 1959, S.172.<br />

(18) Vgl. GLA 173/403.<br />

(19) Vgl. Valdenaire 1931, S. 258-286.<br />

37


P L I T T E R S D O R F<br />

Ufersicherung<br />

durch Faschinenbau<br />

Faschine<br />

Abrechnung der<br />

Plittersdorfer Bürger<br />

für Fertigung <strong>und</strong><br />

Einbau von 7000<br />

Faschinen vom<br />

31.März 1817.<br />

38


P L I T T E R S D O R F<br />

jede Insel gefeilscht wurde. Aber in einem Punkt einigte<br />

man sich schnell: Die Triangulation <strong>des</strong> Oberrheintales<br />

von Basel bis Lauterburg. Diese Vermessung<br />

war schon im Spätjahr 1819 abgeschlossen<br />

<strong>und</strong> bildete die Gr<strong>und</strong>lage für die Planung der<br />

Rheinkorrektion. (20)<br />

Die Korrektion <strong>des</strong> Rheins<br />

1817, kurz nach der Rettungsaktion in Plittersdorf<br />

mit dem „<strong>und</strong>urchbrechliche Steinufer“, wurden<br />

die ersten Durchstiche, die auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />

<strong>Tull</strong>a’schen Planung im Raum Karlsruhe durchgeführt<br />

worden waren, ohne die üblichen <strong>Über</strong>schwemmungen<br />

von großen Hochwässern durchströmt.<br />

Nach diesen erfolgreichen Belastungsproben<br />

<strong>des</strong> neuen Strombettes wandelte sich die<br />

Stimmung <strong>und</strong> die Weiterführung der „Rectifikation“<br />

<strong>des</strong> Rheins wurde von der Bevölkerung gefordert.<br />

Mit der bayerischen Pfalz hatte Baden inzwischen<br />

eine Nachbarin, die in den nächsten<br />

Jahrzehnten diese gewaltige Aufgabe gemeinsam<br />

mit den badischen Ingenieuren von Neuburgweier<br />

bis Mannheim umsetzte.<br />

Der südlichere Oberrhein konnte erst nach Abschluss<br />

<strong>des</strong> badisch-französischen Grenzvertrages<br />

am 05. April 1840 in Angriff genommen werden. (21)<br />

Die Korrektion <strong>des</strong> Rheins bei Plittersdorf erfolgte<br />

kurz danach. Bis dahin mussten noch viele zehntausende<br />

Faschinen <strong>und</strong> manches Fuhrwerk mit<br />

Sandsteinen aus dem Schwarzwald ins Ried gebracht<br />

werden <strong>und</strong> es galt weiterhin der Satz mit<br />

dem der Obristlieutenant <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a<br />

am 20. Juli 1814 einen Bericht an die Regierung in<br />

Karlsruhe begann: „Bey meinem Aufenthalt in Rastatt<br />

in verfloßener Woche, habe ich es für meine<br />

Pflicht gehalten, einen Augenschein bey dem unglücklichen<br />

Plittersdorf einzunehmen, <strong>und</strong> ich<br />

habe mich durch diesen überzeugt, daß dann,<br />

wenn der Rhein einen hohen Stand erreichen<br />

sollte, kein Mittel angewandt werden kann, den<br />

Ort <strong>und</strong> zugehörige Banngegend eine allgemeine<br />

<strong>und</strong> unberechenbaren Schaden verursachende Ueberschwemmung<br />

zu schützen.“ (22)<br />

(20) Vgl. Klein, Alois: Die geodätische Festlegung der Grenzen am Oberrhein (1750-1850), Karlsruhe 1976, S. 38.<br />

(21) Vgl. Zier, Hans-Georg: <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Tull</strong>a. Ein <strong>Leben</strong>sbild, in: Badische Heimat, 50. Jg., 1970, Heft 4, S. 379-449, hier S. 441.<br />

(22) GLA 173/404.<br />

39


D E R R H E I N<br />

Die Rheinkorrektion<br />

bei Rastatt dokumentiert<br />

die „Karte<br />

über den Lauf <strong>des</strong><br />

Rheins von Basel bis<br />

Lauterburg ... nach<br />

dem Zustand <strong>des</strong><br />

Stroms vom Jahr<br />

1838.“<br />

Moderner Nachdruck<br />

nach einer in<br />

Farbe gedruckten<br />

Version von 1851.<br />

Chronologie der Rheinkorrektion unter <strong>Tull</strong>a<br />

1802 <strong>Tull</strong>a äußert sich zum ersten Mal schriftlich über seine Idee der systematischen Rheinkorrektion.<br />

1808 Mit Frankreich werden Vereinbarungen getroffen, <strong>das</strong>s Arbeiten am Rhein nur mit der Zustimmung<br />

<strong>des</strong> Nachbarstaats geschehen dürfen.<br />

1809 <strong>Tull</strong>a stellt seine ersten Pläne vor.<br />

1812 <strong>Tull</strong>as erste Denkschrift „Die Gr<strong>und</strong>sätze, nach welchen die Rheinbauarbeiten künftig zu führen<br />

sein möchten“ wird herausgegeben.<br />

1812 Mit Frankreich werden Verhandlungen über Durchstiche zwischen Neuburg <strong>und</strong> Dettenheim<br />

geführt, die aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> folgenden Krieges nicht zur Ausführung kommen.<br />

1817 Mit Bayern werden erste Vereinbarungen über die bereits projektierten Durchstiche zwischen<br />

Neuburg <strong>und</strong> Dettenheim getroffen. Die Pfalz war im Pariser Friedensvertrag von 1814 Bayern<br />

zugesprochen worden.<br />

1817 – 1819 Die sechs Durchstiche werden an der pfälzisch-badischen Grenze durchgeführt, wobei die<br />

Arbeiten bei Knielingen mit militärischer Präsenz erzwungen werden mussten.<br />

1817 Mit Frankreich wird vereinbart, <strong>das</strong>s nur solche Rheinbauarbeiten ausgeführt werden dürfen,<br />

die dem gegenüberliegenden Ufer keinen Schaden zufügen.<br />

40


D E R R H E I N<br />

1822 Die zweite Denkschrift <strong>Tull</strong>as erscheint ohne besonderen Titel.<br />

1825 Die dritte Denkschrift <strong>Tull</strong>as wird unter dem Titel „<strong>Über</strong> die Rektifikation <strong>des</strong> Rheins von seinem<br />

Austritt aus der Schweiz bis zu seinem Eintritt in <strong>das</strong> Großherzogtum Hessen“ herausgegeben.<br />

1825 Mit Bayern wird eine zweite Vereinbarung über sechzehn weitere Durchstiche zwischen Leopoldshafen<br />

<strong>und</strong> der hessischen Grenze getroffen, die durch Preußens Einspruch revidiert<br />

werden müssen.<br />

1832 Es erfolgt die dritte <strong>Über</strong>einkunft mit Bayern über dreizehn weitere Durchstiche, zwölf davon<br />

werden bis 1866 realisiert<br />

1840 Der Grenzvertrag zwischen Frankreich <strong>und</strong> dem Großherzogtum Baden wird geschlossen. Die<br />

von <strong>Tull</strong>a geplante Linienführung wird weitgehend übernommen, während <strong>das</strong> Bauprogramm<br />

alljährlich vereinbart wurde. Die Arbeiten dauern bis 1876 an.<br />

<strong>Tull</strong>as Nachfolger Max Honsell gelang der Ausbau <strong>des</strong> Rheins zur Schifffahrtsstraße <strong>und</strong> Theodor Rehbocks<br />

Bemühungen ist die wirtschaftliche Nutzung der Wasserkraft zu verdanken.<br />

41


Ausstellung<br />

Konzeption<br />

Restauratorische Betreuung<br />

Technischer Aufbau<br />

Verwaltung<br />

Nicole Zerrath<br />

unter Mitwirkung von Rainer Boos <strong>und</strong> Iris Baumgärtner<br />

Ute Luber (Papier)<br />

Karin Welz-Spriestersbach (Gemälde)<br />

Klaus Kastner<br />

Martin Wagner<br />

Karin Welz-Spriestersbach<br />

Adeltraut Eber<br />

Thomas Wendel<br />

Leihgeber<br />

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Universitätsbibliothek, Abt. Historische Sammlungen<br />

Badische Lan<strong>des</strong>bibliothek Karlsruhe<br />

Bun<strong>des</strong>anstalt für Wasserbau Karlsruhe<br />

KIT – Universität Karlsruhe Bibliothek<br />

Archiv<br />

Fakultät Bau – Geo - Umwelt / Karlsruher Burschenschaft <strong>Tull</strong>a e.V.<br />

Günther Karcher Rastatt<br />

Lan<strong>des</strong>archiv Baden-Württemberg, Abt. Generallan<strong>des</strong>archiv Karlsruhe<br />

Regierungspräsidium Karlsruhe<br />

Technomuseum Mannheim<br />

Stadtarchiv Karlsruhe<br />

Stadtarchiv Rastatt<br />

Wehrgeschichtliches Museum Rastatt<br />

Dank für besonderen Rat <strong>und</strong> Unterstützung:<br />

Hildegard <strong>und</strong> Julius<br />

Rolf Fritz Wasser- <strong>und</strong> Schifffahrtsamt Freiburg<br />

Strübel-Stiftung<br />

Angelika Sauer, Stadtarchiv Karlsruhe<br />

Gabriele Wüst, Lan<strong>des</strong>archiv Baden-Württemberg, Abt. Generallan<strong>des</strong>archiv Karlsruhe<br />

Bildnachweis<br />

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,<br />

Universitätsbibliothek, Abt. Historische Sgl. 20<br />

Rainer Boos<br />

16 (links), 27 (links oben <strong>und</strong> unten)<br />

Denkschrift zu Plittersdorf<br />

38 (oben)<br />

Derby Museums Trust England<br />

8 (Mitte)<br />

Rolf Fritz<br />

38 (links unten)<br />

Hessisches Staatsarchiv Darmstadt<br />

9 (Mitte)<br />

Karl-Heinz Hettig 29<br />

Matthias Hoffmann (Stadtmuseum Rastatt) 2, 11, 16 (rechts), 28<br />

Lan<strong>des</strong>archiv Baden-Württemberg,<br />

Abt. Generallan<strong>des</strong>archiv Karlsruhe<br />

8 (links), 9 (rechts), 10, 13, 14, 27 (rechts), 31, 32, 33, 36, 38 (rechts unten)<br />

Lan<strong>des</strong>medienzentrum BW Karlsruhe/<br />

KIT-Archiv Karlsruhe 4<br />

Museum für Literatur am Oberrhein Karlsruhe 25 (rechts)<br />

Stadtarchiv Karlsruhe 5, 6, 19, 21, 22<br />

Stadtarchiv Rastatt<br />

34, 40, 41 <strong>und</strong> Umschlagfotos<br />

Stadtbibliothek Trier<br />

8 (links), 25 (links)<br />

Stadtmuseum München<br />

9 (links)<br />

Nicole Zerrath 17, 23<br />

Impressum<br />

Publikation<br />

Text uns Bildredaktion:<br />

Lektorat<br />

Nicole Zerrath<br />

Rainer Boos<br />

Christina Reichl<br />

Iris Baumgärtner<br />

Gestaltung/Layout<br />

Barbara Horn, HORN Design<br />

Druck <strong>und</strong> Gesamtherstellung<br />

wehner advertising / Prinz Druck Idar Oberstein<br />

Herausgeber © Stadt Rastatt 2015<br />

42


43


Stadtmuseum Rastatt<br />

Herrenstraße 11<br />

76437 Rastatt<br />

Telefon: 07222 972 8400<br />

www.stadtmuseum-rastatt.de

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