Über das Leben des Wasserbauingenieurs und Gelehrten Johann Gottfried Tull
Beiträge zur Stadtgeschichte
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T U L L A<br />
„Meter“, als<br />
Eichmaß eingelassen<br />
in einer Hauswand<br />
in Paris<br />
Halb-Sester-Maß,<br />
Eichmaß <strong>des</strong> Eichamtes<br />
Rastatt, 1829<br />
nur, <strong>das</strong>s die zwei Kollegen durchaus in der Lage<br />
waren, zusammen zu arbeiten <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
als Team aufzutreten, belegt ist aber auch die offene<br />
Kritik <strong>des</strong> einen an der Arbeit <strong>des</strong> anderen. In<br />
einem Schreiben vom März 1809 an <strong>das</strong> Finanzministerium<br />
traten sie gemeinschaftlich für die Zusammenlegung<br />
ihrer beider Schulen ein: „Die weitere<br />
Bildung der Eleven beyder Fächer wollen wir<br />
sehr gerne zum Besten unseres Vaterlan<strong>des</strong> <strong>und</strong><br />
zwar dergestalt übernehmen, daß ich der Oberbaudirektor<br />
Weinbrenner nicht allein die Eleven<br />
der Architectur, sondern auch die <strong>des</strong> Ingenieur<br />
Fachs in der Baukunst, ich der Major <strong>Tull</strong>a aber,<br />
nicht allein die Eleven <strong>des</strong> Ingenieur Fachs, sondern<br />
auch die der Architectur, in den besonderen<br />
<strong>und</strong> gemeinschaftlichen Wissenschaften unterrichte.“<br />
(49) Die Vereinigung von <strong>Tull</strong>as Ingenieurschule<br />
mit Weinbrenners Architektenschule wurde<br />
zu diesem Zeitpunkt aus finanziellen Gründen abgelehnt.<br />
Dennoch sicherte die Einrichtung der Ingenieurschule<br />
seit 1807 die Ausbildung der künftigen<br />
Ingenieure für <strong>das</strong> Großherzogtum Baden.<br />
Das neue Maßsystem<br />
Im Vorfeld der Rheinkorrektion mussten <strong>das</strong> Land<br />
vermessen <strong>und</strong> kartographiert sowie die Wassermenge<br />
gemessen <strong>und</strong> aufgezeichnet werden. Historisch<br />
bedingt besaßen die einzelnen Lan<strong>des</strong>teile<br />
<strong>des</strong> neugeschaffenen Großherzogtums jedoch<br />
unterschiedliche Maßeinheiten, deren Vereinheitlichung<br />
unerlässlich war.<br />
<strong>Über</strong>legungen hierzu finden sich im Briefwechsel<br />
zwischen <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Kröncke. Ähnlich wie <strong>Tull</strong>a war<br />
auch Kröncke mit einer Vielfalt an Maßen konfrontiert,<br />
da Hessen durch den Reichsdeputationshauptschluss<br />
ebenfalls ein größeres Gebiet erhalten<br />
hatte. Ganz im Vertrauen schilderte er <strong>Tull</strong>a<br />
die Pläne für Hessen, “[…] daß Sr. Königl. Hoheit,<br />
der Großherzog, allergnädigst zu resolvieren geehrt<br />
habe, daß <strong>das</strong> ganze französische Maß <strong>und</strong><br />
Gewicht System hier eingeführt werden soll, <strong>und</strong><br />
daß dazu die genauest abgegliechenen Exemplare<br />
jetzt aus Paris verschickt sind.“ (50)<br />
Das metrische System überzeugte die meisten Ingenieure<br />
jener Zeit, doch war die Nachahmung <strong>des</strong><br />
französischen Vorbil<strong>des</strong> politisch unerwünscht.<br />
<strong>Tull</strong>a umging die politische Hürde, indem er <strong>das</strong><br />
neue badische Maß am Meter ausrichtete, diesen<br />
jedoch nicht einfach übernahm. Mit der Ausarbeitung<br />
<strong>des</strong> neuen Maßsystems, der Unterteilung <strong>und</strong><br />
der Eichung der neuen Maße, beauftragte er Michael<br />
Friedrich Wild (1747-1832), den er 1800 kennengelernt<br />
hatte. (51) Wild stammte aus Durlach, wo<br />
sein Vater von 1780 bis 1786 <strong>das</strong> Bürgermeisteramt<br />
bekleidete. Nach seiner Schulzeit auf dem Karlsruher<br />
Lyceum <strong>und</strong> einer Ausbildung zum Kanzleischreiber<br />
studierte Wild Mathematik, Geodäsie,<br />
Astronomie <strong>und</strong> Physik in Göttingen, wo vermutlich<br />
auch er Kästner als Lehrer kennenlernte. Nach dem<br />
Studium arbeitete er als Angestellter in markgräflichem<br />
Dienst, zunächst in Karlsruhe, danach in<br />
Emmendingen. Im Auftrag <strong>des</strong> Markgrafen reiste<br />
Wild für ein Jahr in <strong>das</strong> englische Suffolk, um <strong>das</strong><br />
dortige Landwirtschaftswesen zu studieren <strong>und</strong><br />
(49) Zitiert nach: Valdenaire 1929, S. 91.<br />
(50) Vgl. GLA 237/24327, fol. 48, Brief vom 13.09.1808.<br />
(51) Vgl. Trub, Bernhard: Michael Friedrich Wild: Begründer <strong>des</strong> Badischen Maßes <strong>und</strong> Gewichtes, Müllheim 2013, S. 70.<br />
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