Über das Leben des Wasserbauingenieurs und Gelehrten Johann Gottfried Tull
Beiträge zur Stadtgeschichte
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P L I T T E R S D O R F<br />
ris geschickt, um Sprache <strong>und</strong> Technik der zu dieser<br />
Zeit dominierenden Nation in Europa kennenzulernen.<br />
Der Rhein <strong>und</strong> speziell der Abschnitt bei<br />
Plittersdorf beschäftigte ihn auch in dieser Zeit,<br />
da er regelmäßig von Vierordt auf dem neuesten<br />
Stand gehalten wurde <strong>und</strong> sich mit französischen<br />
Ingenieuren austauschte. So schreibt er am<br />
23.03.1802 an den Rentkammerpräsidenten (Finanzminister)<br />
in Karlsruhe: „Herr Lebrun ist sehr<br />
für die Rheinkorrektion <strong>und</strong> er hat, wie er mir sagt,<br />
dem Minister <strong>des</strong> Innern den Vorschlag gemacht,<br />
daß man eine Kommission von deutschen <strong>und</strong><br />
französischen Ingenieurs ernennen soll, welche<br />
Vorschläge machen solle, wie <strong>und</strong> auf welche Art<br />
der Rhein in Schranken gehalten werden soll <strong>und</strong><br />
kann. Es ist daher nach meinem Dafürhalten keine<br />
Zeit zu verlieren, die Sache in Gang zu bringen, um<br />
endlich einmal dahin zu kommen, daß man sämtliche<br />
Rheinbauarbeiten nach einem festgesetzten<br />
Gr<strong>und</strong>plan behandeln kann. ......., denn gegenwärtig<br />
hängt viel von den Gemeinden ab, was in einer<br />
Gegend erlaubt wird, wird in einer anderen<br />
nicht gestattet. So wie ich vom Herrn Major Vierordt<br />
benachrichtigt worden bin, hat die Gemeinde<br />
Selz gegen die Zuschließung <strong>des</strong> Gänsrheins bei<br />
Plittersdorf protestiert, <strong>und</strong> ich für meinen Teil<br />
sehe nicht ein, wie man die Unbilligkeit dieser Protestation<br />
beweisen kann als dadurch, daß nach<br />
bis jetzt entworfenen Plänen der Rhein niemals<br />
durch den Gänsrhein geleitet werden kann“. (12)<br />
Der Gänsrhein <strong>und</strong> die Raukehle waren <strong>das</strong> Hauptproblem<br />
Plittersdorfs, drückte doch <strong>das</strong> Wasser<br />
immer weiter nach Osten, bedrohte den Ort <strong>und</strong><br />
seine Felder <strong>und</strong> wenn der Hauptstrom sich endgültig<br />
in diese beiden Nebengewässer verlagern<br />
würde, wäre die Staatsgrenze zu Frankreich direkt<br />
vor dem westlichen Rand <strong>des</strong> Dorfes. Seit dem<br />
30jährigen Krieg lag fest, <strong>das</strong>s der Talweg, d.h. die<br />
Mitte <strong>des</strong> Hauptstromes die Grenze darstellte.<br />
Plittersdorf vor der<br />
Umsiedlung 1785<br />
Plittersdorf nach der<br />
Umsiedlung 1861<br />
Die eingekreisten<br />
Gebäude konnten<br />
am alten Standort<br />
bleiben oder waren<br />
schon vor 1785 versetzt<br />
worden<br />
Kurz nach <strong>Tull</strong>as Rückkehr 1803 aus Paris veränderte<br />
sich der Umfang der Aufgaben am Rhein.<br />
Hatte Baden bisher nur wenige Meilen Strom <strong>und</strong><br />
Grenze von Söllingen bis Neuburgweier mit Frankreich<br />
gemeinsam, so weitete sich dies bis 1806<br />
auf die Strecke von Basel bis Mannheim aus. Diese<br />
gewaltige Herausforderung für Ingenieure <strong>und</strong> Politiker<br />
bot aber auch eine große Chance, denn mit<br />
dem Großherzogtum Baden hatte <strong>das</strong> Kaiserreich<br />
Frankreich nur noch einen Verhandlungspartner,<br />
was manches hätte erleichtern können, wenn die<br />
Abhängigkeit <strong>des</strong> Kleinen vom Großen nicht so<br />
eklatant gewesen wäre.<br />
(12) GLA 76/7969. Bei dem sog. „Gänsrhein“ handelt es sich heute um einen Altrheinarm, der direkt am Hochwasserdamm bei Plittersdorf gelegen ist.<br />
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