Über das Leben des Wasserbauingenieurs und Gelehrten Johann Gottfried Tull
Beiträge zur Stadtgeschichte
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T U L L A<br />
Orden <strong>des</strong><br />
„Ritters vom<br />
Zähringer Löwen“<br />
derer, die in ihrem neuen Haus in der Stephanienstraße<br />
16 einen Salon unterhielt <strong>und</strong> den Badischen<br />
Frauenverein mitbegründete. Der Ehe entstammten<br />
drei Kinder, der erstgeborene Sohn, Joseph<br />
Victor, wurde als Autor <strong>des</strong> Trompeters von<br />
Säckingen über Baden hinaus bekannt. Scheffel<br />
blieb bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1857 Mitarbeiter<br />
der Wasser- <strong>und</strong> Straßenbaudirektion <strong>und</strong><br />
konnte die Fortführung der Rheinbegradigung nach<br />
den Plänen <strong>Tull</strong>as noch mehrere Jahrzehnte verfolgen.<br />
Resumée<br />
Noch am Vorabend seines To<strong>des</strong> soll <strong>Tull</strong>a einem<br />
Fre<strong>und</strong> gegenüber geäußert haben, <strong>das</strong>s er in der<br />
vergangenen Nacht gefürchtet habe, „dem Rhein<br />
auf immer den Rücken kehren zu müssen“. So<br />
überliefert es Scheffel in seinem Nekrolog <strong>und</strong><br />
bringt damit zum Ausdruck, was <strong>Tull</strong>a als sein <strong>Leben</strong>swerk<br />
ansah.<br />
Mit der Entstehung <strong>des</strong> Großherzogtums, an <strong>des</strong>sen<br />
Spitze ein aufgeklärter Fürst regierte <strong>und</strong> der<br />
einen jungen begabten Mann zum Hydrotecten<br />
hatte ausbilden lassen, waren die äußeren Voraussetzungen<br />
für die Rheinbegradigung gegeben.<br />
<strong>Tull</strong>a hatte die Vision, aus dem vorgef<strong>und</strong>enen<br />
Stückwerk der Flussbefestigungen ein großes Ganzes<br />
zu fügen. Durch die Prinzipien der Aufklärung<br />
zum Selbstdenken angeleitet, vertraut mit den<br />
neuesten Erkenntnissen der Mathematik, ersetzte<br />
er die bis dahin empirisch erstellten Flußbauten<br />
durch mathemathisch präzise berechnete Werke.<br />
Alles auf dieses große Projekt ausgerichtet, schuf<br />
er die dafür notwendigen Voraussetzungen, angefangen<br />
bei der Landvermessung, Maßvereinheit -<br />
lichung, Wassermengenmessung, Abschaffung der<br />
Frondienste bis zu den <strong>Über</strong>zeugungsarbeiten im<br />
eigenen Land <strong>und</strong> den Verhandlungen mit den Anliegerstaaten.<br />
Obwohl er viel Zeit für den Ausbau <strong>des</strong> Straßennetzes<br />
mit samt den dazugehörigen Brücken <strong>und</strong><br />
dem Auf- <strong>und</strong> Abbau strategisch wichtiger Militärwerke<br />
verwenden musste, blieb die „Rectification“,<br />
wie er sie nannte, Mittelpunkt seines Wirkens. Er,<br />
der nie verheiratet war, widmete sein ganzes Interesse,<br />
seine Freizeit, seine Kraft diesem einen<br />
Projekt. Damit machte er sein <strong>Leben</strong>sglück abhängig<br />
vom Fortgang der Korrektion <strong>und</strong> empfand<br />
jede Zurückweisung seiner Ideen als persönliche<br />
Niederlage. Sein Fre<strong>und</strong> Kröncke, der sich als<br />
dreifacher Familienvater neben dem Flussbau auch<br />
für die Abschaffung der Zehnte <strong>und</strong> die Einrichtung<br />
von Witwen- <strong>und</strong> Waisenkassen einsetzte,<br />
blieb dadurch ein Stück weit souveräner. Kröncke<br />
versuchte seine Sichtweise auch <strong>Tull</strong>a nahezubringen<br />
als dieser 1821 vom baldigen Sterben<br />
gesprochen hatte: „Habe ich gesagt, was ich für<br />
recht <strong>und</strong> gut halte, so freut es mich, wenn <strong>das</strong>,<br />
was ich für recht <strong>und</strong> gut halte, geschieht – aber es<br />
kränkt mich nicht so sehr mehr, wenn es auch<br />
nicht geschieht. Ich denke, ich kann mich auch in<br />
meiner Ansicht geirrt haben.“ (105) Dieser tiefen<br />
<strong>Über</strong>zeugung von der Richtigkeit seiner Ideen war<br />
es geschuldet, <strong>das</strong>s <strong>Tull</strong>a – wie es Scheffel im Nekrolog<br />
beschreibt – zuweilen rücksichtslos oder<br />
unbeugsam reagierte. (106)<br />
Noch einen Monat vor seinem Tod, im Februar<br />
1828, ernannte ihn Großherzog Ludwig zum Ritter<br />
<strong>des</strong> Zähringer Löwenordens <strong>und</strong> begründete seine<br />
Entscheidung: „Die Ausführung eines großen, zum<br />
Nutzen <strong>des</strong> Vaterlan<strong>des</strong> berechneten Unternehmens<br />
ist nun nicht mehr zweifelhaft <strong>und</strong> die Er-<br />
(105) GLA 237/24327, fol. 323f, Brief vom 27. 12.1821.<br />
(106) Vgl. Scheffel 1830, S. 21f.<br />
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