Über das Leben des Wasserbauingenieurs und Gelehrten Johann Gottfried Tull
Beiträge zur Stadtgeschichte
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T U L L A<br />
Das Gasthaus<br />
„Zum schwarzen<br />
Bären“, Aquarell<br />
von <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong><br />
<strong>Tull</strong>a, um 1798<br />
Berufliche <strong>und</strong> private Höhen <strong>und</strong> Tiefen<br />
im Spiegel der Briefe<br />
Die Vertrautheit, mit der sich <strong>Tull</strong>a <strong>und</strong> Kröncke<br />
schon zu Beginn ihres Briefwechsels begegneten,<br />
wuchs in den folgenden Jahren <strong>und</strong> umfasste Privates<br />
<strong>und</strong> Berufliches.<br />
1809 litt Kröncke über mehrere Wochen an starken<br />
Kopfschmerzen, die ihn zu mehr als zwei Monaten<br />
Bettruhe zwangen <strong>und</strong> nur langsam verschwanden.<br />
Im darauffolgenden Winter erkrankten er <strong>und</strong><br />
seine drei Kinder an Scharlach. Anlässlich seines<br />
39. Geburtstages schrieb er wenig zuversichtlich<br />
an <strong>Tull</strong>a: „Die wiederholten Krankheiten, welche<br />
ich seit 2 – 2 1/2 Jahren auszustehen gehabt habe,<br />
haben meinen Muth <strong>und</strong> <strong>das</strong> bisgen Kraft, welches<br />
ich allenfalls sonst hatte, sehr herunter gestimmt.<br />
In einer Beziehung kann ich mich mit dem<br />
großen Lessing vergleichen. Er sagte oft, wenn die<br />
bösen vierziger kommen, so ist <strong>das</strong> beste <strong>Leben</strong><br />
vorbey, <strong>und</strong> ich trete heute in mein vierzigstes<br />
Jahr.“ (66) Auch <strong>Tull</strong>a, der im März <strong>des</strong> gleichen Jahres<br />
sein vierzigstes <strong>Leben</strong>sjahr vollendet hatte,<br />
haderte mit seiner Situation. Kröncke erkannte<br />
<strong>Tull</strong>as Befinden: „[...] <strong>und</strong> dieses scheint mir auch<br />
aus Deinem letzten Brief hervorzugehen. Sollte<br />
dem wirklich so seyn, so würde es mich sehr<br />
schmerzen.“ <strong>Tull</strong>a war mit der Wasser- <strong>und</strong> Straßenbauverwaltung<br />
im neuen Großherzogtum äußerst<br />
unzufrieden <strong>und</strong> bemühte sich daher um<br />
eine Zen tralisierung dieser Verwaltungseinheit, die<br />
aber erst 1822 verwirklicht wurde. (67) Beiden Fre<strong>und</strong>en<br />
bekam <strong>das</strong> Reisen in den ungefederten Kutschen<br />
auf unzureichend ausgebauten Straßen<br />
schlecht. (68) Wohl <strong>des</strong>halb feilschte Kröncke mit<br />
<strong>Tull</strong>a darüber, wer wen besuchen sollte: „Warum<br />
ich nicht zu Dir kommen will, wo nach einem alten<br />
Sprichworte, hin <strong>und</strong> her, gleich weit ist. Du bist<br />
nicht weniger als sicher, mich einmahl bey Dir zu<br />
sehen. Vor der hand aber kannst Du einmahl hierher<br />
kommen. Du bist auch ledig <strong>und</strong> so noch mobiler,<br />
<strong>und</strong> überdem führen Dich Deine Geschäfte<br />
mehr in meine Nähe, als die meinigen mich in<br />
Deine Nähe bringen.“ (69)<br />
Das Jahr 1812, in dem <strong>Tull</strong>a seine erste Schrift über<br />
die Begradigung <strong>des</strong> Rheins herausbrachte <strong>und</strong><br />
die erste von ihm revidierte Generalkarte erschien,<br />
begann für ihn in melancholischer Stimmung.<br />
Kröncke las seinem Fre<strong>und</strong> mitfühlend die Leviten:<br />
„Ich bitte Dich um Gottes willen, liber <strong>Tull</strong>a,<br />
lasse die Grillen weg. Persönlich bist Du im Lande,<br />
(66) GLA 237/24327,fol. 68 , Brief vom 29.03.1810.<br />
(67) Vgl. Valdenaire 1931, S. 278.<br />
(68) Kröncke schreibt am 09.11.1810 „[...] <strong>und</strong> ich mich wie gewöhnlich nach der Reise nicht ganz wohl befand, <strong>und</strong> einige Tage <strong>das</strong> Bett hüten mußte.“ GLA 237/24327,<br />
fol. 90, Brief vom 09.11.1810.<br />
(69) Ebd.<br />
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