saar-scene März 03/11

Menschenskinder!!!
Von der Schwangerschaft, dem Stinker und Phil Collins.
Ein Mann der zum ersten Mal gesagt bekommt dass er Vater
wird, hat keine Chance dem akuten Kopfkinobefall mit
aufgerissenen Augen und offenem, trockenen Mund zu
entgehen. Auf einen Schlag bekommt er einen Gefühls-Mix aus
Prüfungsangst, Selbstzweifel und tritt in die Eier. Unglaubliche
Zukunftsvisionen ziehen erschreckend nah an ihm vorbei. Er
sieht sich, zum Beispiel kniend hinter einem Gummiball mit fünf
alternativ angehauchten Birkenstock-Pärchen beim Geburtsvorbereitungskurs
um die Wette hecheln. Vielleicht schreit er auch
kurz auf, weil er an die Rückbank von seinem noch nicht mal zur
Hälfte abbezahlten Werbeschnösel Chrysler denkt, die bis in die
kleinste Ledernaht mit Milchschnitteresten verklebt ist. Er könnte
sich auch stützen oder hinsetzen müssen, weil er vor seinem
inneren Auge sieht, wie sich seine ehemals heiße Granatenbraut
langsam in eine saure Gurken- und Eiscreme vernichtende, immer
wieder kotzende, aufgedunsene Zicke mit verschlucktem Medizinball
verwandelt. Ja all solch traumatische, bunte Bilder KANN aber
muss es nicht geben. Eines aber kann ich zu 100% versprechen, der
Tag der Geburt wird alles verändern. Meine Frau und mich, hat es
auch in eine verrückte, verschobene Welt geschleudert. Eine Welt
voller Babyklamotten, Bücher über Kindererziehung, Maxi Cosi`s,
coole Kinderspielsachen, uncoole Kinderspielsachen und Eltern
die nicht ganz selten in die Gruppe „Superschlaue, konservative,
engstirnige, konkurrenzsüchtige Spinner“ eingeordnet werden
müssen. Es gibt tatsächlich Eltern die mir als Daddy Cool ernsthaft
empfehlen, nur noch in Klamotten von Adler und auf Musik von
Phil Collins zu tanzen. Sag mal merkt ihr noch was? Ich weiß mein
Vater läuft auch nicht mehr als Fonzie durch die Gegend, aber
Ich!?! Ich bin doch nur Vater, sonst hat sich doch fast nichts geändert.
Da beruhigt es mich schon ein bisschen, dass unsere Hebamme
die selbst Mami ist, öfter mit Chucks und einem Ramones T-
Shirt vorbei kommt! Oder dass der coole Kinder-Physiotherapeut
auf die Idee kommt mich spontan auf ein NoMeansNo Konzert
einzuladen. Das heißt wohl dass ich und mein Punk- Rock- Metal-
Lebensstil uns doch noch nicht in einen alten, langweiligen, tätowierten
Furz verwandeln müssen. Man kann als Elternteil ohne
Probleme weiter in einer Band rocken, Skateboard fahren oder
auf dem Rocco del Schlacko steil gehen, man muss sich als Mama
& Papa nur brutal gut organisieren. Ha, Ha! Und genau dass wird
NIE einfach sein! Aber wenn die kleinen erstmal anfangen zu grinsen,
laufen und in der Bäckerei lauthals „Stinker“ zu rufen, dann
sind all die schlaflosen Nächte, Zeichnungen auf der neuen Tapete
oder Hände bis zum Anschlag in der überladenen Kack-Windeln
komplett vergessen. Aber mal ehrlich, den Bevölkerungsschwund
im Saarland können meine Frau und Ich beim besten Willen nicht
alleine stoppen.
Los jetzt, ab in die Kiste! Ich starte hiermit die Aktion:
„Poppen für das Saarland!“ Viel Spaß!
Euer Jörn.
Bild: Zeitfixierer / Tim Lehmann flickr
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