Viehdorfer Nachrichten 84
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Wahlmänner eingeführt, die offiziell<br />
den Präsidenten wählen. In den<br />
meisten Staaten könnten diese Wahlmänner<br />
unabhängig vom Ergebnis der<br />
Volkswahl entscheiden – in der Praxis<br />
ist das allerdings nicht der Fall.<br />
Vereinfacht: Die Bürger wählen einen<br />
Präsidentschaftskandidaten und es<br />
gewinnt im jeweiligen Bundesstaat<br />
der, der die relative Mehrheit an Stimmen<br />
hat. Dem Gewinner werden alle<br />
Wahlmänner des Bundesstaates zugesprochen<br />
(die übrigen Stimmen spielen<br />
keine Rolle mehr) und die Wahlmänner<br />
wählen schließlich offiziell<br />
den Präsidenten.<br />
Die Anzahl der Wahlmänner ist pro<br />
Bundesstaat unterschiedlich: Es sind<br />
so viele, wie der Staat Abgeordnete im<br />
Senat und Repräsentantenhaus (den<br />
beiden Kammern des Parlaments)<br />
hat. Kleine Bundesstaaten können<br />
in diesem System zum Zünglein an<br />
der Waage werden und es ermöglicht<br />
einen Sieg von Trump, obwohl er in<br />
absoluten Stimmen weniger hatte, als<br />
seine Konkurrentin Clinton.<br />
Dieser Fall kann vorkommen (wie<br />
auch die Geschichte gezeigt hat) und<br />
man wusste das auch vor der Wahl.<br />
Aber Donald Trump hat gewonnen<br />
und die Frage muss nun lauten: Warum<br />
konnte das sein? Oder umgekehrt.<br />
Warum hat Clinton nicht gewonnen?<br />
#4 Warum Clinton<br />
nicht gewonnen hat<br />
- Das „politische Establishments“<br />
wurde am 8. November abgewählt.<br />
Hillary Clinton war nicht nur<br />
die Gattin eines ehemaligen Präsidenten,<br />
sie war selbst viele Jahre Außenministerin<br />
und Senatorin des Bundesstaates<br />
New York. Sie verkörpert<br />
das, wogegen Trump im Wahlkampf<br />
wetterte. Donald Trump verfolgte von<br />
Beginn an eine Offensiv-Strategie,<br />
während Hillary Clinton nie wirklich<br />
aus der Defensive gekommen ist.<br />
- Donald Trump hatte mit<br />
seinem Wahlkampf-Slogan „Make<br />
America Great Again“ eine Botschaft,<br />
die das angesprochen hat, wonach sich<br />
viele in den USA sehnen. Hillary Clinton<br />
hingegen hat keine Vision angeboten<br />
– ihr Wahlmotiv war vereinfacht<br />
gesagt „wer für mich stimmt, stimmt<br />
gegen Trump“. Das war zu wenig.<br />
- Die Demokraten haben in den<br />
vergangen Jahren die Bundesstaaten<br />
vernachlässigt, die durch den Abzug<br />
von Industrie an Wohlstand eingebüßt<br />
haben. Die Wähler-Stimmen von<br />
diesen Staaten (Beispiel Ohio) waren<br />
allerdings wahlentscheidend und<br />
gingen bekanntermaßen an Donald<br />
Trump.<br />
#5 Die Folgen für<br />
Österreich und Europa<br />
Das Wahlergebnis ist für die Länder<br />
der Europäischen Union ein Problem,<br />
da es in zwei Politikfeldern<br />
zu entscheidenden Veränderungen<br />
kommen könnte:<br />
a. Verteidigungspolitik<br />
Sollten sich die USA militärisch aus<br />
dem Nahen Osten und den bekannten<br />
Krisen-Gebieten tatsächlich zurückziehen,<br />
würde die EU eine Aufgabe<br />
übernehmen müssen, der sie in der<br />
derzeitigen Form nicht gewachsen ist<br />
– Beispiel: Es gibt gegenwärtig keine<br />
gemeinsame Verteidigungspolitik. Die<br />
Flüchtlingsströme der Vergangenheit<br />
wären dann das geringere Übel.<br />
b. Wirtschaftspolitik<br />
Donald Trump kündigt Protektionismus<br />
an, es sollen Handelshemmnisse,<br />
wie Zölle eingeführt oder erhöht<br />
werden sollen. Überdies sollen etablierte<br />
Handelsverträge neuverhandelt<br />
oder aufgekündigt werden - das hätte<br />
weitreichende Auswirkungen auf die<br />
Exportwirtschaft in Europa.<br />
Das sind zwei Themen, um die wir<br />
uns Sorgen machen dürfen. Während<br />
nämlich Europa mit Wahlen und<br />
Rechtspopulisten beschäftigt ist,<br />
werden in den USA und dem Rest der<br />
Welt Entscheidungen getroffen.<br />
Die Gefahr für Europa ist also nicht<br />
unmittelbar Trump. Die Gefahr für<br />
Europa ist die Beschäftigung mit sich<br />
selbst.<br />
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