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W+M_2017_01_WEB_PDF

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28. Jahrgang | Heft 1 | Januar/Februar <strong>2<strong>01</strong>7</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />

WIRTSCHAFT+<br />

MARKT<br />

DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />

WIR SIND<br />

WELTMEISTER<br />

MARKTFÜHRER AUS DEM OSTEN<br />

BEILAGE<br />

Berlin<br />

GIPFELTREFFEN<br />

Erstes Ostdeutsches<br />

Wirtschaftsforum in<br />

Bad Saarow<br />

LÄNDERREPORT<br />

Kreuzfahrt-Ritter<br />

aus Hongkong<br />

erobern Werften<br />

RATGEBER<br />

Firmenübergabe<br />

erfolgreich<br />

managen


Netze für<br />

neue Energie<br />

E.DIS investiert seit vielen Jahren in moderne<br />

und leistungsstarke Energienetze in Brandenburg<br />

und Mecklenburg-Vorpommern. So sichern wir<br />

eine zuverlässige und umweltfreundliche<br />

Energieversorgung in der Region. 2<strong>01</strong>5 ist bereits<br />

so viel Grünstrom ins E.DIS-Netz aufgenommen<br />

worden, wie hier insgesamt verbraucht wurde.<br />

www.e-dis.de


Ostdeutscher<br />

Schulterschluss<br />

EDITORIAL | 3<br />

Karsten Hintzmann<br />

Chefredakteur<br />

KH@WundM.info<br />

Foto: Privat, Titelfoto: Photobank/fotolia.com<br />

Man muss wohl kein Prophet<br />

sein, um vorherzusagen, dass<br />

das neue Jahr für die ostdeutschen<br />

Unternehmen keine verbesserten<br />

Chancen auf den internationalen Märkten<br />

bieten wird. Die Sanktionen gegen<br />

Russland dauern an und behindern florierende<br />

Ex- und Importe mit dem einst eng<br />

verbundenen Handelspartner. Der beschlossene<br />

Brexit hat das Zeug dazu, bei<br />

(ost-)deutschen Geschäftsleuten Bedenken<br />

hinsichtlich der Planbarkeit künftiger<br />

Kooperationen zu schüren. Der Deutschland<br />

nicht gerade zugewandte Kurs der<br />

rechtskonservativen polnischen Regierung<br />

lädt aktuell nicht zum Ausbau der<br />

bilateralen Handelsbeziehungen ein. Der<br />

türkische Markt dürfte durch den Kurs<br />

von Präsident Recep Erdoğan – weg von<br />

der Demokratie und hin zu diktatorischen<br />

Strukturen – nicht attraktiver für europäische<br />

Unternehmen werden. Und die<br />

Auswirkungen der Wahl Donald Trumps<br />

zum neuen US-Präsidenten auf die Kontakte<br />

zum „alten“ Europa sind derzeit<br />

nicht seriös kalkulierbar.<br />

Angesichts dieser Rahmenbedingungen<br />

ist ein Schulterschluss der ostdeutschen<br />

Wirtschaft, die aufgrund ihrer Kleinteiligkeit<br />

in Exportfragen ohnehin einen<br />

schweren Stand hat, mehr denn je von<br />

Bedeutung. Seit einigen Wochen können<br />

sich Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler<br />

und gesellschaftliche Multiplikatoren<br />

auf eine neue Plattform stützen,<br />

die die ostdeutsche Elite vernetzt: das<br />

Ostdeutsche Wirtschaftsforum (OWF).<br />

Die Feuertaufe bestand das von unserem<br />

Magazin initiierte „Davos des Ostens“<br />

am 20. und 21. Oktober in Bad<br />

Saarow. Die Resonanz war – um es auf<br />

den Punkt zu bringen – großartig. Von<br />

der Bundesregierung nahmen Vizekanzler<br />

Sigmar Gabriel, Forschungsministerin<br />

Prof. Dr. Johanna Wanka und die Ostbeauftragte<br />

Iris Gleicke teil. Dazu die Ministerpräsidenten<br />

Dr. Dietmar Woidke<br />

(Brandenburg), Dr. Reiner Haseloff<br />

(Sachsen-Anhalt) sowie Berlins Regierender<br />

Bürgermeister Michael Müller.<br />

Nicht zu vergessen die vielen namhaften<br />

Vertreter aus Unternehmen und wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen. Sie alle<br />

trieb und treibt die Frage um: Welche<br />

Rahmenbedingungen benötigt der Wirtschaftsstandort<br />

Ostdeutschland, um die<br />

globalen Herausforderungen der Zukunft<br />

erfolgreich meistern und im internationalen<br />

Wettbewerb bestehen zu können?<br />

Erste Ideen wurden in Bad Saarow<br />

entwickelt. Aber natürlich gibt es<br />

bei diesem komplexen Thema keine einfachen<br />

Antworten und Lösungen. Die<br />

Fragestellung nach den Zukunftsperspektiven<br />

Ostdeutschlands ist schließlich<br />

ein dickes Brett. Das bohrt man nicht an<br />

zwei Kongresstagen. Daher hat das Ostdeutsche<br />

Wirtschaftsforum eine Denkfabrik<br />

ins Leben gerufen, in der Wissenschaftler,<br />

Unternehmer, Manager, Politiker<br />

und Medienmacher Lösungsansätze<br />

erarbeiten. Die OWF-Denkfabrik ist keine<br />

geschlossene Veranstaltung, frischer<br />

Sachverstand ist stets willkommen. Erste<br />

Ergebnisse sollen vom 8. bis 10. November<br />

<strong>2<strong>01</strong>7</strong> präsentiert werden – beim<br />

zweiten Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />

in Bad Saarow. Fühlen Sie sich<br />

schon heute herzlich eingeladen!<strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info


4 | <strong>W+M</strong> INHALT<br />

<strong>W+M</strong> TITELTHEMA<br />

Wir sind Weltmeister –<br />

Marktführer aus dem Osten............34<br />

<strong>W+M</strong> AKTUELL<br />

Köpfe......................................................................... 6<br />

Nachrichten............................................................... 8<br />

<strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT BERLIN<br />

Report: Deutschlands<br />

innovativster Wirtschaftsstandort...........................12<br />

Cluster: Hoch im Kurs bei Gründern,<br />

Forschern, Kreativen und Touristen.........................13<br />

Start-up-Szene: Gründerzeit in der Hauptstadt........16<br />

Im Interview: Berlins Regierender<br />

Bürgermeister Michael Müller ................................18<br />

<strong>W+M</strong> LÄNDERREPORTS<br />

Brandenburg: Luft- und Raumfahrt in Wildau......... 21<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Kreuzfahrt-Ritter aus Hongkong............................. 22<br />

Sachsen-Anhalt: Von der Rennstrecke<br />

zu rasanten Autohausplänen................................... 24<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Investitionsfreudige Pharma-Spezialisten .............. 26<br />

Brandenburg:<br />

Wirtschaftsfaktor Hochwasserschutz.................... 28<br />

Sachsen: Wirtschaft fordert<br />

Ende der Russland-Sanktionen............................... 30<br />

Ostdeutschland: Breitband für die Altmark............. 32<br />

<strong>W+M</strong> TITELTHEMA:<br />

WIR SIND WELTMEISTER<br />

Report: Spitzenleistungen aus Ostdeutschland..... 34<br />

Berlin und Brandenburg:<br />

Welthits aus der Hauptstadtregion......................... 36<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Spitze in der Metallverarbeitung............................. 38<br />

22<br />

Länderreport<br />

Kreuzfahrt-Ritter aus Hongkong<br />

43<br />

Erfolgreicher Gipfel<br />

Erstes Ostdeutsches Wirtschaftsforum in Bad Saarow<br />

Impressum<br />

WIRTSCHAFT+MARKT<br />

Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />

Ausgabe: 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong><br />

Redaktionsschluss: 08.12.2<strong>01</strong>6<br />

Verlag: <strong>W+M</strong> Wirtschaft und Markt GmbH<br />

Zimmerstraße 56, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />

Tel.: 030 479071-27<br />

Fax: 030 479071-22<br />

www.WundM.info<br />

Herausgeber/Geschäftsführer:<br />

Frank Nehring, Tel.: 030 479071-11<br />

FN@WundM.info<br />

Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />

Tel.: 030 479071-21, KH@WundM.info<br />

Redaktion: Janine Pirk-Schenker, Tel.: 030 479071-21,<br />

JP@WundM.info, Rico Paul Hartmann,<br />

Tel.: 030 479071-24, RH@WundM.info<br />

Autoren: Hans-Ulrich Conrad, Katrin Kleeberg,<br />

Harald Lachmann, Rudolf Miethig, Tomas Morgenstern,<br />

Annette Pröber, Matthias Salm, Thomas Schwandt<br />

Abo- und Anzeigenverwaltung: Kornelia Brocke,<br />

Tel.: 030 479071-27, KB@WundM.info<br />

Marketing/Vertrieb: Kerstin Will, Tel.: 030 479071-27<br />

KW@WundM.info<br />

Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />

Abonnementpreis:<br />

Die Zeitschrift WIRTSCHAFT+MARKT erscheint<br />

zweimonatlich. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />

der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />

und Berlin sowie die Mitglieder des Vereins<br />

Brandenburgischer Ingenieure und Wirtschaftler<br />

(VBIW) erhalten diese Zeitschrift im Rahmen ihrer<br />

Mitgliedschaft. Einzelpreis: 5 €, Jahresabonnement<br />

(inkl. aller Ausgaben von <strong>W+M</strong> Regional, <strong>W+M</strong><br />

Exklusiv, <strong>W+M</strong> Berlin.Friedrichstraße und dem<br />

Online-Magazin <strong>W+M</strong> Kompakt) 60 € inkl. MwSt.<br />

und Versand (im Inland).<br />

Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />

www.moeller-mediengruppe.de<br />

Druck: Möller Druck und Verlag GmbH, ISSN 0863-5323<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur<br />

mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen<br />

nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />

Fotos übernehmen wir keine Haftung.<br />

Fotos: MV Werften (oben), <strong>W+M</strong>/Ralf Succo (unten)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


<strong>W+M</strong> INHALT | 5<br />

Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt:<br />

Die unbekannten Giganten...................................... 39<br />

Analyse: Warum Firmen aus Ostdeutschland<br />

ganz vorne mitmischen........................................... 42<br />

WORLD<br />

CHAMPION<br />

<strong>W+M</strong> POLITIK<br />

Ostdeutsches Wirtschaftsforum in Bad Saarow:<br />

Aufbruch in die Zukunft........................................... 43<br />

Pro & Contra: Löst die Digitalisierung<br />

Titel<br />

Wir sind Weltmeister<br />

34<br />

das sich zuspitzende Fachkräfteproblem?.............. 48<br />

<strong>W+M</strong> RATGEBER<br />

Literatur: Die ostdeutsche Bestsellerliste<br />

für Wirtschaftsliteratur..............................................49<br />

Management: So übergeben Sie<br />

Ihr Unternehmen erfolgreich..................................... 50<br />

Finanzen: Exportschlager aus Sangerhausen........... 52<br />

Recht: Urteile für Unternehmer................................54<br />

<strong>W+M</strong> NETZWERK<br />

Leipzig: Energiekonvent von enviaM....................... 55<br />

Leipzig: 26. Sächsischer Unternehmerball.............. 56<br />

Berlin: Parlamentarischer Abend<br />

der Unternehmerverbände...................................... 57<br />

Fotos: Harald Lachmann (oben), JiSign/fotolia.com (Medaille), <strong>W+M</strong> (Mitte), mezzotint_fotolia / fotolia.com (unten)<br />

18<br />

Im Interview<br />

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller<br />

50<br />

Ratgeber<br />

Erfolgreiche Unternehmensübergabe<br />

Wismar: 4. MV-Branchentag.................................. 58<br />

Berlin: 15 Jahre Berlin Capital Club......................... 58<br />

Rostock: Rückblick auf ein Vierteljahrhundert........ 59<br />

VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 60<br />

Neues aus den Unternehmerverbänden................. 62<br />

<strong>W+M</strong> PORTRÄTS<br />

Axel Ekkernkamp:<br />

Gesundheitspolitischer Vordenker ......................... 64<br />

Michael Reizel: Mister Altersvorsorge.................... 65<br />

<strong>W+M</strong> DIE LETZTE SEITE<br />

Ausblick und Personenregister............................... 66<br />

<strong>W+M</strong> WEITERE BEITRÄGE<br />

Editorial...................................................................... 3<br />

Impressum................................................................ 4<br />

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt die Regionalausgabe<br />

<strong>W+M</strong> Berlin sowie unsere Sonderausgabe <strong>W+M</strong> Exklusiv<br />

„Das ändert sich <strong>2<strong>01</strong>7</strong>“ bei. Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


6 | <strong>W+M</strong> AKTUELL<br />

2<br />

4<br />

1<br />

1 Bernd Dubberstein (60)<br />

Verdienstvoller Energie-Vorstand<br />

Nach langjähriger erfolgreicher Tätigkeit in<br />

der ostdeutschen Energiewirtschaft scheidet<br />

der in Neustrelitz geborene Vorstandsvorsitzende<br />

des Energienetzbetreibers<br />

E.DIS AG Bernd Dubberstein zum Jahresende<br />

2<strong>01</strong>6 aus dem aktiven Berufsleben<br />

aus. Zum 1. Januar <strong>2<strong>01</strong>7</strong> übernimmt<br />

Dr. Alexander Montebaur den Vorstandsvorsitz<br />

des in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern<br />

tätigen Energienetzbetreibers.<br />

Bis Bernd Dubberstein 1999 in<br />

den Vorstand der E.DIS AG berufen wurde,<br />

war der Diplom-Ingenieur bereits in anderen<br />

Führungsfunktionen in der Energiewirtschaft<br />

tätig. Zwischenzeitlich gehörte<br />

er zur Geschäftsleitung der E.ON Russia,<br />

der damaligen E.ON-Kraftwerksgesellschaft<br />

in Russland. Seit 2008 war er dann<br />

Vorstandsvorsitzender der E.DIS AG. Dubberstein<br />

hatte maßgeblichen Anteil daran,<br />

dass die E.DIS bereits seit 2<strong>01</strong>5 so viel<br />

Grünstrom in ihr Netz aufnimmt wie in ihrem<br />

gesamten Netzgebiet insgesamt pro<br />

Jahr an Strom verbraucht wird.<br />

2 Armin Willingmann (53)<br />

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister<br />

Armin Willingmann ist bereits der zweite<br />

Wirtschaftsminister in der noch jungen Legislaturperiode<br />

Sachsen-Anhalts. Der SPD-<br />

Politiker löst Jörg Felgner ab, welcher das<br />

Amt seit März innehatte und im November<br />

nach Vorwürfen im Zusammenhang mit<br />

der Vergabe von Gutachten zurückgetreten<br />

3<br />

war. Willingmann ist studierter Jurist, war<br />

zuletzt Staatssekretär im Wirtschaftsressort<br />

und zuvor Professor für deutsches, europäisches<br />

und internationales Wirtschaftsrecht<br />

sowie knapp 13 Jahre lang Rektor an<br />

der Hochschule Harz in Wernigerode. In<br />

dieser Zeit machte sich der gebürtige Nordrhein-Westfale<br />

einen Namen. So kämpfte<br />

er als Präsident der Landesrektorenkonferenz<br />

erfolgreich für eine bessere finanzielle<br />

Ausstattung der Hochschulen Sachsen-Anhalts.<br />

Willingmann ist verheiratet und Vater<br />

zweier Kinder.<br />

3 Anja Bobach (42)<br />

Gründerin des Jahres aus Irxleben<br />

Im vergangenen Jahr hat Anja Bobach die<br />

Leitung des von ihrem Vater 1990 mit weiteren<br />

Gesellschaftern gegründeten Unternehmens<br />

übernommen. Die Ahlers & Bobach<br />

Handels-GmbH, ein Fachgroßhandel<br />

für Heizung, Sanitär und Küche mit Hauptsitz<br />

in Irxleben und Filialen in Halberstadt<br />

und Quedlinburg, beschäftigt 30 Mitarbeiter.<br />

Seither setzt sie eigene Akzente: Anja<br />

Bobach legt ihren Fokus verstärkt auf die<br />

Digitalisierung der Arbeitsabläufe. Kosten<br />

für die Aus- und Weiterbildung werden<br />

übernommen und Mitarbeiter, die<br />

berufsbegleitend studieren, unterstützt.<br />

Sie selbst hat im Unternehmen ihre Ausbildung<br />

absolviert und sich berufsbegleitend<br />

weitergebildet. Dieses unternehmerische<br />

Engagement wurde im Oktober mit<br />

dem Sonderpreis „Gründerin des Jahres“<br />

des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Digitalisierung Sachsen-Anhalt<br />

gewürdigt.<br />

4 Gerd Hascher (59)<br />

Vorpommerns Unternehmer 2<strong>01</strong>6<br />

Autos und Sport sind die großen Leidenschaften<br />

des Zinnowitzer Kfz-Sachverständigen<br />

Gerd Hascher. Der ehemalige DHfK-<br />

Schwimmtrainer, dessen Frau Ute Hascher-Brückner<br />

1975 mit der 4x100-Meter-Freistil-Staffel<br />

Weltmeisterin wurde,<br />

zog nach dem Leistungssport auf die Insel<br />

Usedom. Seit 25 Jahren ist Hascher<br />

Gutachter von Fahrzeugen und Versicherungsschäden<br />

sowie Insolvenzen. Ende<br />

November wurde er vom Unternehmer-<br />

Fotos: E.DIS (1), Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt/Andreas Lander (2), Privat (3, 4)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


<strong>W+M</strong> AKTUELL | 7<br />

5<br />

verband Vorpommern e. V. auf dem 12.<br />

Ball der Generationen als Unternehmer<br />

des Jahres 2<strong>01</strong>6 geehrt. Hascher, der<br />

das Unternehmen mit dem Leipziger Jochen<br />

Aderhold aufgebaut hat, beschäftigt<br />

heute Kfz-Ingenieure und Meister in<br />

Zinnowitz, Anklam, Leipzig und Altenburg.<br />

Sohn Tilman (27), der an den Masters-Europameisterschaften<br />

2<strong>01</strong>6 in London<br />

teilnahm, verstärkt inzwischen das<br />

Team der Sachverständigen. Er hat sich<br />

auf Betrugsfälle und Wirtschaftlichkeitsberechnungen<br />

spezialisiert.<br />

IN MEMORIAM<br />

Karsten Heuchert (62)<br />

Nach langem Kampf erlag der langjährige<br />

Vorstandsvorsitzende der Leipziger<br />

Verbundnetz Gas AG (VNG) Karsten<br />

Heuchert Ende September 2<strong>01</strong>6 einer<br />

schweren Krebserkrankung. Bereits<br />

im März 2<strong>01</strong>6 hatte er nicht mehr an<br />

der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens<br />

teilnehmen können. Eigentlich<br />

sollte er wenige Tage nach seinem<br />

Tod offiziell verabschiedet werden.<br />

Der gebürtige Holsteiner hatte<br />

als Nachfolger von Klaus-Ewald Holst<br />

vor sechs Jahren den Chefsessel des<br />

mit 9,4 Milliarden Euro umsatzstärksten<br />

ostdeutschen Konzerns übernommen.<br />

Zuvor war der Volkswirt und Jurist<br />

bei der BASF-Tochter Wintershall<br />

tätig gewesen. In Leipzig agierte Heuchert<br />

zugleich als Honorarkonsul Norwegens<br />

für Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />

und Thüringen. Bei VNG war Heuchert,<br />

der auch Kuratoriumsmitglied der Stiftung<br />

Wittenberg-Zentrum für Globale<br />

Ethik war und dem Präsidium des<br />

Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft<br />

angehörte, geschätzt als ruhiger<br />

und besonnener Manager. Er galt als<br />

ein überzeugter Erdgas-Mann, gerade<br />

auch mit Blick auf die Energiewende.<br />

Fotos: Harald Lachmann<br />

5 <br />

Stefan Wagner (28)<br />

Bauer aus dem Zeitzer Land<br />

Blutjung war der gelernte Pflanzenbauer,<br />

als er 2009 im sachsen-anhaltischen<br />

Loitzschütz bei Zeitz mit gerade 21 Jahren<br />

seine erste eigene Firma gründete:<br />

ein Lohnunternehmen, das für andere<br />

Agrarbetriebe Arbeitsspitzen abfängt<br />

oder aufwändige Spezialaufträge übernimmt,<br />

etwa das Abfahren von Gülle<br />

aus Ställen oder von flüssigen Gärresten<br />

aus Biogasanlagen. Sicher erleichterte<br />

es Wagner finanziell den Start, dass er<br />

aus einer schwäbischen Bauerndynastie<br />

stammt, auch Vater und Bruder im agrarischen<br />

Lohngeschäft arbeiten. Doch beide<br />

sind weit weg, so dass er sich im Osten,<br />

wo er längst rundum heimisch ist,<br />

selbst behelfen muss – und dabei auch<br />

starke Impulse aussendet. So beschäftigt<br />

Wagner inzwischen 40 Mitarbeiter.<br />

Er ist längst auch in Thüringen und Sachsen<br />

gut gebucht und kann sich so auch<br />

leisten, mit Marktführern der Agrartechnik,<br />

für die er teils auch als Testbetrieb<br />

agiert, eindrucksvolle Weltneuheiten auf<br />

sächsischen Feldern zu präsentieren. Dabei<br />

ist er mit nunmehr 28 Jahren irgendwie<br />

immer noch blutjung.<br />

www.WundM.info<br />

Revitalisierung<br />

Sie kennen uns als Neubauspezialisten!<br />

Wussten Sie schon von unserer Revitalisierungskompetenz?<br />

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1977 2<strong>01</strong>5<br />

konzipieren • bauen • betreuen


8 | <strong>W+M</strong> AKTUELL<br />

Der E-Golf läuft ab Frühjahr <strong>2<strong>01</strong>7</strong> nicht mehr in Wolfsburg, sondern in der Gläsernen<br />

Manufaktur in Dresden vom Band.<br />

ELEKTRO-VW AUS SACHSEN<br />

WACHSTUM IM OSTEN<br />

Dresden. Weiterer Erfolg für den wiederbelebten<br />

Automobilstandort Sachsen:<br />

Nach BMW mit seinen Elektromodellen<br />

i3 und i8, die in Leipzig produziert<br />

werden, baut bald auch Volkswagen<br />

den E-Golf künftig in Dresden.<br />

Ab April <strong>2<strong>01</strong>7</strong> entsteht das Elektrogefährt<br />

statt wie bisher im Wolfsburger<br />

Stammwerk in der Gläsernen Manufaktur,<br />

in der bis März 2<strong>01</strong>6 die Oberklasselimousine<br />

Phaeton montiert worden<br />

war. Darüber informierte unlängst<br />

intern der stellvertretende Geschäftsführer<br />

von VW Sachsen, Reiner Tunger.<br />

Bereits jetzt ist in der Gläsernen<br />

Manufaktur, die momentan rund 100<br />

Mitarbeiter beschäftigt, eine VW-Erlebniswelt<br />

zum Thema Digitalisierung<br />

und Elektromobilität zu sehen. Damit<br />

deutet sich an, dass Dresden innerhalb<br />

des Konzerns zum Zentrum für alternative<br />

Antriebe entwickelt wird. Eine<br />

Elektro-Version des Phaeton soll aber<br />

frühestens 2020 angegangen werden,<br />

heißt es bei Volkswagen. Unklar<br />

ist auch noch, mit wie viel Beschäftigten<br />

welche jährliche Stückzahl des E-<br />

Golf in Dresden avisiert wird.<br />

Halle. Die ostdeutschen Länder sind in<br />

die Wachstumsspur zurückgekehrt. Nach<br />

Prognosen des Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung<br />

Halle (IWH) expandierte<br />

die ostdeutsche Wirtschaft im Jahr<br />

2<strong>01</strong>6 mit 1,8 Prozent „in etwa so stark<br />

wie die westdeutsche“. Das sei vor allem<br />

ein Verdienst der kräftigen Entwicklung<br />

in Berlin, Brandenburg und Sachsen, sagt<br />

IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. In<br />

punkto Arbeitsproduktivität legte der Osten<br />

2<strong>01</strong>6 sogar noch etwas schneller zu<br />

als der Westen. Eine steigende Wohnraumnachfrage<br />

vor allem in den größeren<br />

Städten sowie immer stärkere öffentliche<br />

Infrastrukturinvestitionen hätten spürbar<br />

Anteil an dieser Tendenz. Allerdings haben<br />

auch die Tariflöhne in Ostdeutschland<br />

26 Jahre nach der Einheit beinahe<br />

das Westniveau erreicht. Die Beschäftigten<br />

kämen inzwischen im Schnitt auf 98<br />

Prozent der Grundeinkommen ihrer Kollegen<br />

im Altbundesgebiet, fand die gewerkschaftsnahe<br />

Hans-Böckler-Stiftung<br />

in einer Arbeitsmarktstudie heraus.<br />

BRAUNKOHLE MIT ZUKUNFT<br />

Cottbus/Leipzig. Die neuen tschechischen<br />

Eigentümer der Lausitzer Braunkohle<br />

– der Energiekonzern EPH und die<br />

Investmentgruppe PPF – versprechen ein<br />

langfristiges Engagement in Ostdeutschland.<br />

Mit dem Ausstieg des schwedischen<br />

Staatskonzerns Vattenfall aus der<br />

Lausitzer Kohle wechselte im Herbst<br />

auch der Name der Unternehmensgruppe,<br />

die vier Tagebaue und drei Kraftwerke<br />

in Brandenburg und Sachsen betreibt<br />

sowie einen 50-Prozent-Anteil am Kraftwerk<br />

Lippendorf bei Leipzig hält. Sie firmiert<br />

nun als Lausitz Energie Bergbau<br />

AG beziehungsweise Lausitz Energie<br />

Kraftwerke AG (kurz LEAG). An der Spitze<br />

des gemeinsamen Vorstands beider<br />

Unternehmen steht Dr. Helmar Rendez,<br />

der inzwischen ankündigte, die „Energiewende<br />

aktiv mitgestalten“ zu wollen.<br />

Die LEAG-Gruppe beschäftigt in Brandenburg<br />

und Sachsen rund 8.000 Mitarbeiter,<br />

die auch alle in Arbeit bleiben sollen.<br />

Damit dient man zugleich als wichtiger<br />

Auftraggeber für hunderte regionale<br />

Mittelstands-, Handwerks- und Dienstleistungsfirmen.<br />

Der tschechischen EPH-<br />

Gruppe gehört bereits seit 2009 auch das<br />

im sachsen-anhaltischen Zeitz beheimate<br />

mitteldeutsche Bergbau-Unternehmen<br />

MIBRAG. Es betreibt zwei Tagebaue im<br />

Südraum Leipzig.<br />

WIRTSCHAFT IM AUFWIND<br />

Leipzig. Sachsens Wirtschaft bleibt im<br />

Vorwärtsgang. Nachdem sie im ersten<br />

Halbjahr 2<strong>01</strong>6 mit 2,5 Prozent sogar einen<br />

höheren Zuwachs aufwies als der<br />

Bundesschnitt (2,3) und damit im Länderranking<br />

auf Platz fünf lag, könnte das Bruttoinlandsprodukt<br />

<strong>2<strong>01</strong>7</strong> um wenigstens 1,5<br />

Prozent steigen. Das erwartet der „Konjunkturmonitor<br />

Sachsen“, den das Research<br />

der Landesbank Baden-Württemberg<br />

(LBBW) auf Basis sächsischer IHK-<br />

Daten kürzlich vorstellte. Die LBBW unterhält<br />

in Leipzig als große Privatkundenbank<br />

für Mitteldeutschland die SachsenBank.<br />

Laut LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert<br />

fußt Sachsens Wirtschaft auf einer soliden<br />

Basis, dank der es ihr gelingen werde,<br />

„konjunkturelle Klippen – etwa Exportrückgänge<br />

durch die Wachstumsabschwäche<br />

in China sowie die Brexit-Folgen – gut<br />

zu umschiffen“. Einen robusten Aufwärtstrend<br />

zeige insbesondere die Bauindustrie,<br />

zudem profitierten Groß- und Einzelhandel<br />

von der guten Binnenkonjunktur. Als klares<br />

Indiz für die Zuversicht in der sächsischen<br />

Wirtschaft wertet SachsenBank-Vorstand<br />

Oliver Fern zudem die 2<strong>01</strong>6 deutlich gewachsene<br />

Kreditinanspruchnahme.<br />

Foto: VW<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


<strong>W+M</strong> AKTUELL | 9<br />

Foto: David Ban<br />

RASCHE DIGITALISIERUNG<br />

Dresden. Die sächsischen Unternehmen<br />

liegen bei der Digitalisierung unter dem<br />

Bundesdurchschnitt: Im „Wirtschaftsindex<br />

DIGITAL“ erreichten sie nur 48 von<br />

100 Punkten, der Bundesdurchschnitt beträgt<br />

55 Punkte. Allerdings wird bis 2021<br />

ein rascher Anstieg um vier Punkte bei den<br />

Mittelständlern prognostiziert. 38 Prozent<br />

aller Unternehmen fordern Verbesserungen<br />

beim Breitbandnetz.<br />

ANTRIEBE FÜR TEXTILINDUSTRIE<br />

Greifswald. Künftig wollen die Hanning<br />

Elektro-Werke in Eggesin neben Elektromotoren<br />

und Kleinpumpen auch neu entwickelte<br />

Antriebe für die Textilindustrie<br />

herstellen. Bisher werden vorrangig Erzeugnisse<br />

für elektrische Haushaltsgeräte<br />

und Schwimmbäder gefertigt. In einem<br />

Entwicklungsprojekt mit der Universität<br />

Linz wurden die Grundlagen für die<br />

neue Produktion geschaffen, bei der 30<br />

neue Arbeitsplätze entstehen.<br />

SLOW FOOD AM<br />

POTSDAMER PLATZ<br />

Berlin. Die Berliner Gastronomieszene<br />

ist bekannt für ihre Vielfältigkeit und Internationalität.<br />

Mit dem „Ki-Nova“ in der<br />

Kinemathek am Potsdamer Platz hat nun<br />

ein weiterer Food-Trend seine Heimat in<br />

Berlin gefunden. „Unsere Gäste können<br />

auf ein kreatives Slow-Food-Konzept gespannt<br />

sein, das gesunde und ganzheitliche<br />

Ernährung in den Vordergrund stellt“,<br />

erläutert Mirko Alexander Nikolitsch, Mitglied<br />

der Geschäftsführung der BMB<br />

Gruppe, die mit Ki-Nova nun insgesamt<br />

13 Locations betreibt. Als einer von drei<br />

Gründern eines der am schnellsten wachsenden<br />

Gastronomie-Unternehmen der<br />

Stadt achtet der studierte Wirtschaftswissenschaftler<br />

besonders auf die Individualität<br />

der Betriebe. Mit modernem Ambiente,<br />

großer, offener Showküche und einem<br />

hölzernen Tresen hat das im September<br />

Das Ki-Nova am Potsdamer Platz in Berlin<br />

setzt auf kreative Slow-Food-Gerichte.<br />

2<strong>01</strong>6 eröffnete Ki-Nova seinen ganz eigenen<br />

Charme. In dem Restaurant dreht sich<br />

alles um die neuen, aus Hollywood kommenden<br />

Superfoods. Getreu dem Slogan<br />

„Gemeinsam gesund genießen“ wird auf<br />

Wohlfühl-Flair, Geschmack und Vitamine<br />

gesetzt. Durch die hinzubuchbaren Räume<br />

in der Deutschen Kinemathek eignet<br />

sich das Ki-Nova auch als Location für verschiedene<br />

Veranstaltungen.<br />

Ihr Unternehmen im besten Licht<br />

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10 | <strong>W+M</strong> AKTUELL<br />

20. UNTERNEHMER-PREIS DES OSV VERLIEHEN<br />

OSV-Geschäftsführer Wolfgang Zender (l.)<br />

und Andreas Schulz (Mittelbrandenburgische<br />

Sparkasse, r.) überreichten den Preis an<br />

Werder-Frucht-Geschäftsführer Gerrit von<br />

Schoonhoven.<br />

Potsdam. Zum 20. Mal ist der Unternehmer-Preis<br />

des Ostdeutschen Sparkassenverbandes<br />

(OSV) am 1. Dezember in<br />

Potsdam an Unternehmen, Kommunen<br />

und Vereine aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Sachsen und Sachsen-Anhalt<br />

verliehen worden. „Die aktuellen<br />

Preisträger stehen in einer guten<br />

Tradition. Sie repräsentieren wie auch ihre<br />

Vorgänger die Leistungsdichte, Kreativität<br />

und Einsatzbereitschaft vieler Menschen<br />

in Ostdeutschland“, so OSV-Verbandsgeschäftsführer<br />

Wolfgang Zender.<br />

Unter den Preisträgern ist die Werder<br />

Frucht GmbH aus Groß Kreutz, welche<br />

1990 aus einer LPG gegründet wurde<br />

und nach Berlin und in alle neuen Länder<br />

liefert. Die S+T Fassaden GmbH aus<br />

Tessin demonstriert mit Bauten wie der<br />

Humboldt-Box in Berlin oder dem Home<br />

of AIDA in Rostock seine Leistungsfähigkeit.<br />

Die Ölmühle Moog GmbH aus Lommatzsch<br />

ist strategisches und kreatives<br />

Herz der Marke Bio Planète. Judith Faller-<br />

Moog, die bei Carcassonne in Südfrankreich<br />

naturbelassene Bio-Öle herstellt,<br />

gründete 2004 die Ölmühle.<br />

DIALOG ZU WACHSTUM<br />

Berlin. „Unternehmen :wachsen“ war<br />

der Name eines Kongresses am 9. November<br />

im Bundeswirtschaftsministerium<br />

(BMWi) in Berlin. Die Veranstaltung<br />

war Teil des gleichnamigen Dialogs, der<br />

das Wachstum ostdeutscher Unternehmen<br />

zum Ziel hat. Mehrere Unternehmen<br />

stellten ihre Erfahrungen mit Wachstum<br />

in der Praxis dar. Iris Gleicke, Ostbeauftragte<br />

der Bundesregierung und Parlamentarische<br />

Staatssekretärin im BMWi,<br />

betonte, wie wichtig es sei, dass Unternehmen<br />

auch wachsen wollen, um die<br />

beklagte ostdeutsche Kleinteiligkeit zu<br />

überwinden. Podiumsdiskussionen und<br />

Workshops sowie namhafte Referenten<br />

wie Klaus Berka, Vorstand von Analytik<br />

Jena, oder Prof. Nadine Kammerlander<br />

von der Otto Beisheim School of Management<br />

thematisierten während des<br />

Kongresses das Thema Wachstum und<br />

seine Herausforderungen in den neuen<br />

Bundesländern.<br />

Die ostdeutschen Unternehmen sind weiterhin guter Stimmung.<br />

Der ifo Geschäftsklimaindex für die gewerbliche<br />

Wirtschaft* der ostdeutschen Bundesländer tendierte<br />

im November auf dem hohen Niveau des Vormonats seitwärts.<br />

Gegenüber Oktober korrigierten die Befragungsteilnehmer ihre<br />

Lageeinschätzungen insgesamt leicht nach unten und ihre Geschäftserwartungen<br />

etwas nach oben.<br />

Das ifo Beschäftigungsbarometer für die gewerbliche Wirtschaft<br />

Ostdeutschlands gab im November hingegen saisonbereinigt<br />

spürbar nach. Industrie und Handel erwarteten für die Monate<br />

vor und nach dem Jahreswechsel per Saldo sogar einen Rückgang<br />

ihrer Beschäftigung. Lediglich die ostdeutschen Bauunternehmer<br />

rechneten mit einer weiteren Beschäftigungszunahme.<br />

Insgesamt war die Entwicklung im November in den vier Hauptbereichen<br />

recht heterogen. Die Einschätzungen zu Geschäftslage<br />

und -erwartungen wurden im ostdeutschen Großhandel deutlich<br />

nach oben, im Einzelhandel dagegen spürbar nach unten revidiert.<br />

Die ostdeutschen Industrie- und Bauunternehmer wiederum<br />

waren mit ihren laufenden Geschäften weniger zufrieden als<br />

im Oktober, dafür blickten sie mit teils deutlich stärkerem Optiifo<br />

Geschäftsklima Ostdeutschland im November 2<strong>01</strong>6<br />

STIMMUNG UNVERÄNDERT GUT<br />

mismus auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs<br />

Monaten. Das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl von Anfang<br />

November schien sich bei alledem nicht wesentlich auf die Stimmung<br />

in der ostdeutschen Wirtschaft auszuwirken.<br />

Michael Weber und Prof. Joachim Ragnitz<br />

ifo Geschäftsklima<br />

VORMONAT 12,3 NOVEMBER 12,1<br />

ifo Beschäftigungsbarometer<br />

VORMONAT 2,5 NOVEMBER 0,1<br />

Verarbeitendes Gewerbe<br />

VORMONAT 17,2 NOVEMBER 17,1<br />

Bauhauptgewerbe<br />

VORMONAT 7,6 NOVEMBER 9,0<br />

Groß- und Einzelhandel<br />

VORMONAT 5,5 NOVEMBER 3,1<br />

* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />

Foto: Thomas Trutschel/OSV<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


<strong>W+M</strong> AKTUELL | 11<br />

GENEHMIGUNG FÜR DROHNEN<br />

Dresden. Für Betreiber professionell genutzter<br />

unbemannter Luftfahrtsysteme<br />

(UAS) vereinfacht Sachsen das Genehmigungsverfahren.<br />

Die Steuerer müssen<br />

lediglich noch eine „Erklärung zur Nutzung<br />

der durch Allgemeinverfügung erteilten<br />

Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten<br />

Luftfahrtsystemen“ abgeben.<br />

Der Freistaat folgt damit einer Vereinfachung,<br />

wie sie bereits in Thüringen, Bayern<br />

und Baden-Württemberg gilt. Privat<br />

genutzte Flugdrohnen bleiben als Flugmodellbetrieb<br />

erlaubnisfrei.<br />

ENSHAPE ÜBERNOMMEN<br />

Jena. Die US-amerikanische Cognex<br />

Corporation, Weltmarktführer in der Herstellung<br />

von Produkten im Bereich des<br />

maschinellen Sehens, hat das Thüringer<br />

Hightech-Unternehmen EnShape GmbH<br />

übernommen. Cognex produziert Barcodelesegeräte<br />

sowie Sensoren und Systeme<br />

für maschinelles Sehen, die weltweit<br />

in Fabriken, Lagerhallen und Verteilzentren<br />

eingesetzt werden. Die EnShape<br />

GmbH aus Jena hatte sich mit hochentwickelten<br />

3-D-Vision-Sensoren einen<br />

Namen gemacht, die eine schnelle Bilderfassung<br />

mit hoher Auflösung ermöglichen.<br />

Das mechanische Bewegen der<br />

Objekte wie etwa an Laserlinien-Scannern<br />

wird dadurch hinfällig. Das EnShape-Team<br />

wird nun Teil eines neuen Cognex<br />

Engineering Centers in Jena.<br />

CARBONFASERN AUS CHEMNITZ<br />

Chemnitz. Die mittelständischen Unternehmen<br />

PD Glasseiden, European Carbon<br />

Fiber GmbH und der Forschungscampus<br />

Open Hybrid LabFactory e. V.<br />

haben das Gemeinschaftsunternehmen<br />

CarboSax gegründet, in dem Entwicklung,<br />

Herstellung und Vertrieb von Carbonfasern<br />

am Standort Deutschland realisiert<br />

werden sollen. In Chemnitz entsteht<br />

zunächst eine Pilotlinie für die Carbonfaserproduktion,<br />

die als Basis für spätere<br />

Großanlagen dienen soll. Ziel ist es, die<br />

gesamte Wertschöpfungskette für Carbon<br />

Composites in Deutschland zu realisieren.<br />

Auszug · Änderungen vorbehalten<br />

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TLÄNDERSCHWERPUNK<br />

12 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT Siemens gehört zu den großen Konzernen,<br />

die in Berlin forschen und produzieren.<br />

Deutschlands<br />

innovativster<br />

Wirtschaftsstandort<br />

Berlin hat aus wirtschaftlicher Sicht derzeit einen Lauf. Allein in<br />

diesem Jahr wird die Berliner Wirtschaft nach Schätzungen der<br />

Investitionsbank Berlin um rund 2,5 Prozent wachsen und damit<br />

deutlich über dem Bundesniveau – es wird ein Wachstum von 1,6<br />

Prozent erwartet – liegen. Von Karsten Hintzmann<br />

BERLIN<br />

Mitte Oktober erst adelte die niederländische<br />

Direktbank ING-<br />

DiBa die Bundeshauptstadt mit<br />

der Einschätzung, Berlin sei aktuell der innovativste<br />

Wirtschaftsstandort Deutschlands.<br />

In einer von dem Geldhaus in Auftrag<br />

gegebenen Studie werden diverse<br />

Indikatoren aufgelistet, die für die Innovationskraft<br />

der Metropole an der Spree<br />

sprechen: der hohe Anteil der Jüngeren<br />

und Selbstständigen sowie der Beschäftigten<br />

mit Hochschulabschluss, die Unternehmensdynamik,<br />

die Internetversorgung<br />

und die Zahl der Start-up-Gründungen.<br />

In fast all diesen Kategorien, heißt<br />

es in der Studie, belege Berlin einen Spitzenplatz.<br />

Allerdings schlägt sich die attestierte<br />

Innovationskraft noch nicht in den<br />

Patentanmeldungen nieder. Von deutschlandweit<br />

47.377 Erfindungen entfielen<br />

auf Berlin im Vorjahr lediglich 840 Patente<br />

(1,8 Prozent).<br />

Unbestritten ist jedoch das überdurchschnittliche<br />

Wachstum in vielen Branchen.<br />

Auf der Suche nach den Ursachen<br />

für den Berliner Höhenflug stößt man auf<br />

eine fokussierte Wirtschaftsförderung,<br />

die nicht mit der Gießkanne agiert, sondern<br />

sich auf fünf Cluster und Branchen<br />

in der gesamten Hauptstadtregion Berlin-<br />

Brandenburg konzentriert. Zudem nutzen<br />

die Berliner Verantwortlichen, allen voran<br />

die Fördergesellschaft Berlin Partner, den<br />

größten Standortfaktor ihrer Stadt – die<br />

hohe Attraktivität Berlins, die sich inzwischen<br />

weltweit herumgesprochen hat.<br />

Mit geschickter Standortwerbung gelingt<br />

es, innovative und kluge Köpfe in<br />

die Stadt zu locken. Das wiederum veranlasst<br />

etliche Konzerne, nicht nur Repräsentanzen<br />

in der Bundeshauptstadt zu<br />

eröffnen, sondern zugleich Digital Units<br />

aufzubauen. So hat etwa die Beschäftigung<br />

im IT-Sektor in den zurückliegenden<br />

sieben Jahren um rund 70 Prozent zugelegt.<br />

Aktuell arbeiten 69.000 Menschen<br />

in der Digitalwirtschaft – so viele wie in<br />

Hamburg und Stuttgart zusammen.<br />

Andrea Joras, seit gut einem Jahr Geschäftsführerin<br />

von Berlin Partner, zieht<br />

ein positives Zwischenfazit: „Berlin erlebt<br />

seit einigen Jahren einen großen Aufschwung<br />

und hat sich zu einer Hauptstadt<br />

für Gründer und Talente aus der ganzen<br />

Welt entwickelt. Die Innovationskraft und<br />

Kreativität der Stadt übt eine große Anziehungskraft<br />

aus: Etablierte Player aus<br />

der Industrie kommen nach Berlin, um<br />

gemeinsam mit jungen Gründern an der<br />

Digitalisierung ihrer Geschäfte zu arbeiten.“<br />

Inzwischen seien, so Joras, 13 der<br />

30 DAX-Unternehmen in Berlin, um mit<br />

Start-ups und Wissenschaftlern zusammen<br />

zu arbeiten.<br />

Berlin Partner erwartet, dass die Hauptstadt<br />

in den kommenden Jahren zusätzliche<br />

wirtschaftliche Impulse durch den<br />

EU-Austritt Großbritanniens erhalten<br />

wird. Unlängst wurde in London ein Berliner<br />

Akquise-Büro eröffnet. Andrea Joras:<br />

„Wir beraten gezielt Firmen, die sich<br />

nach dem Referendum nach einer Standortalternative<br />

umsehen und sich für Berlin<br />

interessieren. Inzwischen gibt es 30<br />

ernsthafte Anfragen, die wir betreuen. Allen<br />

voran Fintechs. Drei Unternehmen haben<br />

sich bereits für Berlin entschieden.“<br />

<br />

<strong>W+M</strong><br />

Foto: Siemens AG<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


Verpackungsroboter bei der Bayer Pharma AG.<br />

BERLIN | 13<br />

Foto: Bayer Pharma AG<br />

Hoch im Kurs<br />

bei Gründern, Forschern,<br />

Kreativen und Touristen<br />

In der Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg werden fünf Cluster von<br />

den Ländern Berlin und Brandenburg besonders gefördert: Energie,<br />

Optik, Mobilität, IT und Gesundheit. Neben der Vorzeigebranche<br />

Gesundheitswirtschaft vermeldet die Tourismusbranche Jahr für Jahr<br />

höhere Wachstumszahlen. Von Karsten Hintzmann<br />

Innovative Gesundheitswirtschaft<br />

Mit rund 21.000 Unternehmen der Gesundheitswirtschaft<br />

– davon etwa 300 Medizintechnik-<br />

und mehr als 240 Biotechnologiefirmen<br />

sowie 30 Pharmaunternehmen – und<br />

mit über 130 Kliniken ist die Hauptstadtregion<br />

einer der wichtigsten Standorte der Gesundheitswirtschaft<br />

in Deutschland und Europa.<br />

In der Branche arbeiten rund 354.000<br />

Menschen – bereits jeder achte Berliner ist<br />

in diesem Sektor beschäftigt. Prognosen<br />

gehen davon aus, dass in der Region im<br />

Jahr 2030 mit rund 368.000 Beschäftigten<br />

eine Bruttowertschöpfung von etwa 20<br />

Milliarden Euro erreicht wird. Unternehmen<br />

wie Bayer HealthCare, Bausch + Lomb,<br />

B. Braun Melsungen, BERLIN-CHEMIE,<br />

Biotronik, Pfizer, Sanofi und Takeda haben<br />

ihren Sitz in Berlin.<br />

Wesentliches Merkmal für den Erfolg der<br />

Gesundheitsregion ist der vorherrschende<br />

Innovationsgeist zwischen den ansässigen<br />

Forschungseinrichtungen und Unternehmen.<br />

Er zieht Gründungswillige,<br />

Forschende und kreative Köpfe in die Metropole,<br />

die mit einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung<br />

mit jährlichen Wachstumsraten<br />

von durchschnittlich drei bis fünf<br />

Prozent aufwarten kann. Grundlage dieser<br />

Dynamik ist eine Wissenschaftslandschaft<br />

mit renommierten Instituten der großen<br />

nationalen Forschungsorganisationen, der<br />

Unser Netz verbindet<br />

Zukunft mit Nachhaltigkeit.<br />

50Hertz sorgt für sicheren Anschluss an neue Energie.<br />

Wir versorgen über unser Höchstspannungsnetz rund 18 Millionen<br />

Menschen im Norden und Osten Deutschlands sicher und zuverlässig<br />

mit Strom. Immer mehr davon stammt aus erneuerbaren<br />

Quellen, die das Klima nicht belasten. Für diese umweltfreundliche<br />

Energie bauen wir unser Stromnetz aus. Dabei nehmen wir Rücksicht<br />

auf die Menschen und minimieren Eingriffe in die Natur durch<br />

ökologische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.<br />

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14 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT<br />

Fraunhofer- und Max-Planck-Gesellschaft<br />

sowie der Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft.<br />

Hinzu kommt die Präsenz einer stark<br />

ausgeprägten Spitzenmedizin mit Europas<br />

größtem Universitätsklinikum Charité und<br />

dem Unfallkrankenhaus Berlin sowie eine<br />

enge Vernetzung mit den weiteren in der<br />

Hauptstadtregion angesiedelten Kliniken,<br />

Rehabilitationseinrichtungen und Pflegeheimen.<br />

In dieser Konstellation liegen die<br />

Stärke und das wirtschaftliche Potenzial der<br />

Hauptstadtregion.<br />

Einzigartig ist die hohe Konzentration an<br />

universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />

mit Schwerpunkten<br />

in den Life Sciences. Dazu zählen neben<br />

der bereits erwähnten Charité das Max-Delbrück-Centrum<br />

für Molekulare Medizin oder<br />

das Deutsche Herzzentrum Berlin.<br />

Grüne Wirtschaft legt zu<br />

Die GreenTech-Branche in<br />

der Hauptstadt erlebte in<br />

den letzten Jahren einen<br />

rasanten Zulauf. Zwischen<br />

2006 und 2<strong>01</strong>3<br />

entfielen zwölf Prozent<br />

aller Unternehmensgründungen<br />

auf die<br />

„grüne Wirtschaft“. Das Schlagwort Green-<br />

Tech umfasst gleich sechs verschiedene<br />

Leitmärkte: den Bereich Energieeffizienz,<br />

die umweltfreundliche Erzeugung, Speicherung<br />

und Verteilung von Energie, nachhaltige<br />

Mobilität, nachhaltige Wasserwirtschaft,<br />

Rohstoff- und Materialeffizienz sowie die<br />

Kreislaufwirtschaft. In all diesen Geschäftsfeldern<br />

engagieren sich kleine und große<br />

Unternehmen aus Berlin, etwa Siemens,<br />

die ALBA Group, der Energiedienstleister<br />

GASAG und das Mercedes-Benz Motorenwerk.<br />

Großes Wachstumspotenzial trauen<br />

Experten dem CleanTech Business Park in<br />

Marzahn zu. Dort soll sich in den kommenden<br />

Jahren ein Industriepark für Unternehmen<br />

etablieren, die auf nachhaltige, grüne<br />

Produkte und Technologien setzen.<br />

Die Region Berlin-Brandenburg gilt als Pionier<br />

der deutschen Energiewende. Ein<br />

schnell wachsendes Angebot an Erneuerbarer<br />

Energie aus Brandenburg trifft auf<br />

die hohe Nachfrage in der Metropole<br />

Berlin. Die große Herausforderung<br />

bestand und besteht darin,<br />

Angebot und Nachfrage<br />

entlang der einzelnen Dimensionen<br />

– also Erzeugung,<br />

Energienetze,<br />

Energiespeicher<br />

und Verbrauch – intelligent aufeinander<br />

abzustimmen.<br />

Auch in der Kreislaufwirtschaft nimmt die<br />

Hauptstadt eine Vorreiterrolle ein. 400 Unternehmen<br />

mit insgesamt 8.500 Beschäftigten<br />

sind in der Stadt aktiv. Das Spektrum<br />

reicht vom traditionellen Abfallmanagement<br />

über hochwertige Recyclingverfahren bis<br />

hin zu innovativen Start-ups, die sich auf<br />

den Einsatz von Sekundärrohstoffen spezialisiert<br />

haben.<br />

Tourismus auf Rekordkurs<br />

Mit 30,25 Millionen Übernachtungen hat<br />

sich Berlin im Vorjahr – neben London und<br />

Paris – einen Spitzenplatz im Ranking der<br />

beliebtesten europäischen Metropolen erkämpft.<br />

2<strong>01</strong>5 wurden insgesamt 12,37<br />

Millionen Gäste gezählt – ein neuer Rekordwert<br />

für Berlin. Dabei sorgten Kongressteilnehmer<br />

für rund ein Viertel der<br />

Übernachtungen. Durch die hohe Zahl an<br />

gewerblichen Übernachtungsgästen und<br />

die zusätzlichen Besucher in privaten Unterkünften<br />

sowie mit 105,7 Millionen Tagesgästen<br />

zählt die Tourismuswirtschaft<br />

zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen<br />

Berlins. Pro Tag halten sich in Berlin etwa<br />

500.000 in- und ausländische Gäste auf.<br />

Im kommenden Jahr wird ein weiterer Zuwachs<br />

erwartet – allein für die Internationale<br />

Gartenausstellung, die im April in Marzahn<br />

ihre Pforten öffnet, rechnet man mit<br />

mehr als zwei Millionen Besuchern.<br />

Heute leben rund 240.500 Menschen in<br />

der Hauptstadt vom Tourismus. Das sind<br />

Foto: Ole Bader<br />

Weithin sichtbar in Marzahn: der CleanTech<br />

Pavillon im neuen CleanTech Business Park.<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


BERLIN | 15<br />

Die Internationale Gartenausstellung (IGA) mit<br />

Berlins erster Seilbahn will ab April <strong>2<strong>01</strong>7</strong> mehr<br />

als zwei Millionen Besucher anlocken.<br />

Foto: Dominik Butzmann<br />

70.000 mehr als noch vor zehn Jahren.<br />

Beherbergungsunternehmen, Gaststätten,<br />

Einzelhandel und Dienstleister erwirtschaften<br />

in der Tourismusbranche pro<br />

Jahr mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz.<br />

Knapp zwei Milliarden Euro streichen Land<br />

und Bund an Steuern ein.<br />

Das Gastgewerbe profitiert am stärksten<br />

vom nicht enden wollenden Touristenboom.<br />

Mit fünf Milliarden Euro wurden<br />

2<strong>01</strong>4 rund 47,5 Prozent der touristischen<br />

Umsätze in diesem Segment realisiert. Im<br />

Einzelhandel setzten die Hauptstadtgäste<br />

im gleichen Zeitraum 3,5 Milliarden Euro<br />

um. Der Dienstleistungsbereich beziffert<br />

den Umsatz auf 2,1 Milliarden Euro.<br />

Burkhard Kieker, Geschäftsführer der Berliner<br />

Tourismusfördergesellschaft visitBerlin,<br />

zieht ein zufriedenes Zwischenfazit:<br />

„Der Berlin-Tourismus hat seit dem Mauerfall<br />

eine Erfolgsgeschichte geschrieben.<br />

Seit 1990 haben sich die Übernachtungszahlen<br />

in der Stadt vervierfacht, der Anteil<br />

internationaler Übernachtungen ist deutlich<br />

gewachsen. Unser langfristiges Ziel ist es,<br />

die Sympathie der Besucher für diese Stadt<br />

zu verstetigen und den Berlin-Tourismus<br />

auch qualitativ weiterzuentwickeln. Mit unserem<br />

aktuellen Claim ‚Berlin 365/24‘ sprechen<br />

wir vor allem Kulturinteressierte an:<br />

Kunstwochen, Modewochen, Theaterwochen,<br />

Musikwochen – die Stadt ist voller<br />

neuer Ideen, Kreativität und Inspiration.“<br />

<br />

<strong>W+M</strong><br />

Wir sind die Gestalter<br />

der Energiezukunft.<br />

Dezentral, erneuerbar, vernetzt, effizient: So wünschen sich unsere<br />

Kunden aus Industrie, Gewerbe und Kommunen ihre Energie. Wir<br />

setzen diese Wünsche in die Tat um und gestalten bereits heute<br />

die Zukunft der Energie – dabei greifen Infrastruktur, Technik und<br />

Dienstleistungen ineinander. Energieeffizienz ist für uns der Schlüssel,<br />

um wirtschaftlich zu handeln und Ressourcen zu schonen.<br />

Aktiv in allen Bereichen, die für eine nachhaltige Energiezukunft<br />

relevant sind: Das ist ENGIE.<br />

Energien optimal einsetzen.<br />

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16 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT BERLIN<br />

Gründerzeit in der<br />

Hauptstadt<br />

Eine starke Gründerszene und viele junge Leute mit<br />

überdurchschnittlichem Ausbildungsniveau – Berlin belegt beim<br />

jüngsten Innovationsindex der niederländischen Direktbank ING-DiBa<br />

den ersten Platz im Bundesländer-Ranking. Von Matthias Salm<br />

Für die Hauptstadt spricht laut ING-Di-<br />

Ba Innovationsindex unter anderem<br />

die höchste Beschäftigungsquote im<br />

Hochtechnologiesektor. Doch nicht nur in<br />

der Rangliste der ING-DiBa überzeugt die<br />

Hauptstadt durch ihre Dynamik. Auch weitere<br />

Studien belegen, wie stark die Gründerwelle<br />

das Wachstum in Berlin treibt.<br />

Die Daten<br />

Durchschnittliche 27,9 Jahre alt sind die Berliner<br />

Gründer beim Start, so hat es die Erhebung<br />

„Deutscher Startup-Monitor 2<strong>01</strong>6“<br />

des Bundesverbands Deutsche Startups berechnet.<br />

Zwölf Prozent der Gründer an der<br />

Spree stammen laut dieser Quelle aus dem<br />

Ausland – damit gründet Berlin internationaler<br />

als der Rest der Republik (acht Prozent).<br />

Weitere Spitzenwerte: 83,1 Prozent der<br />

Gründungen erfolgten im Team. Damit<br />

sind die Gründer in der Hauptstadt teamorientierter<br />

als Wettbewerber in Regionen<br />

wie München oder Stuttgart/Karlsruhe. Zudem<br />

erweisen sich die Berliner Start-ups<br />

als besonders beschäftigungsstark – nur<br />

die jungen Münchener Unternehmen zählen<br />

mehr Beschäftigte. Mit einem Anteil<br />

von 42,3 Prozent ausländischer Mitarbeiter<br />

durchweht die Berliner Start-up-Welt<br />

zudem ein besonders internationales Flair.<br />

Auch die Bürgschaftsbank zu Berlin-Brandenburg<br />

(BBB) hat in ihrem „Gründerindex<br />

2<strong>01</strong>6“ das Gründungsgeschehen in Berlin<br />

unter die Lupe genommen. Start-ups im<br />

Dienstleistungsbereich kennzeichnen demnach<br />

die Gründerszene. Vor allem wissensund<br />

forschungsgetriebene Gründungen erweisen<br />

sich als Berliner Markenzeichen.<br />

Die Finanzierung<br />

Berlins Gründer haben im ersten Halbjahr<br />

2<strong>01</strong>6 weniger Geld durch Finanzierungsrunden<br />

eingesammelt als im Vorjahreszeitraum<br />

– damit liegt die Hauptstadt im<br />

bundesweiten Negativ-Trend. Doch laut<br />

„Start-up-Barometer Deutschland“ der Beratungsfirma<br />

Ernst & Young, fließt mit 520<br />

Millionen Euro mehr als jeder zweite Euro<br />

Risikokapital an die Spree, beispielsweise<br />

in das Unternehmen mit den höchsten Investitionseinnahmen<br />

des ersten Halbjahres,<br />

dem Online-Musikdienst Soundcloud<br />

(62 Millionen Euro). Der Rückgang der Investitionen<br />

geht vor allem auf das Konto<br />

der Gründerfabrik Rocket Internet, die<br />

RISIKOKAPITALINVESTITIONEN IN DEUTSCHLAND<br />

1. Halbjahr 2<strong>01</strong>6 1. Halbjahr 2<strong>01</strong>5<br />

Berlin<br />

Bayern<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

Hamburg<br />

Baden-<br />

Württemberg<br />

Hessen<br />

Rheinland-<br />

Pfalz<br />

Brandenburg<br />

Andere<br />

12<br />

10<br />

12<br />

8<br />

12<br />

7<br />

7<br />

2<br />

6<br />

6<br />

10<br />

6<br />

19<br />

22<br />

21<br />

42<br />

mehr als ein Drittel aller Berliner Risikokapitalinvestitionen<br />

in 2<strong>01</strong>5 getätigt hatte.<br />

Der Standort<br />

Gründer brauchen Raum – der ist in der<br />

Stadt stark umkämpft. Start-ups gehören<br />

zu den Nachfragetreibern auf dem Berliner<br />

Büroimmobilienmarkt. Sichtbar wird dies<br />

am wachsenden Angebot an Co-Working-<br />

Spaces. Global Player wie Mindspace oder<br />

WeWork mieten in Berlin Büroflächen an,<br />

wandeln sie in trendige Arbeitsplätze mit<br />

Komplettlösungen um und vermieten sie<br />

mit Gewinn an Gründer, Freiberufler und<br />

dynamische Jungunternehmen.<br />

Auch im Umfeld der Hochschulen wächst<br />

die Infrastruktur für Gründer. 2<strong>01</strong>5 entstand<br />

an der Technischen Universität (TU) Berlin<br />

das Charlottenburger Gründungs- und<br />

Innovationszentrum CHIC, eines der modernsten<br />

Gründerzentren Berlins. Bedarf<br />

ist allemal vorhanden, schließlich gründen<br />

sich jährlich rund 20 Hightech-Start-ups<br />

aus der TU aus. In Nähe zum Campus der<br />

Freien Universität in Berlin-Dahlem soll bis<br />

2020/21 das FUBIC-Gründerzentrum entstehen.<br />

Auf dem fünf Hektar großen Gelände<br />

werden Büros, Labore, Konferenzräume<br />

und Co-Working-Arbeitsplätze für 60 bis 80<br />

Tech-Unternehmen geschaffen. <strong>W+M</strong><br />

86<br />

117<br />

Quelle Schaubild: EY Research, CB Insights, Thomson One<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


Warum Energieberatung<br />

bares Geld wert ist.<br />

Das Thema Energieeffizienz beschäftigt viele Unternehmer. Doch oftmals werden nur<br />

wenige der verfügbaren Maßnahmen umgesetzt, meist aus zu knappen zeitlichen,<br />

personellen oder finanziellen Kapazitäten. Auch zweifeln Unternehmer an der Wirtschaftlichkeit<br />

der Projekte. Allerdings zahlen sich Weitsicht und rechtzeitiges Handeln<br />

aus. Man muss nur wissen, wie.<br />

Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde ist<br />

wertvoll. Denn sie schont die Umwelt, senkt<br />

die Energiekosten, steigert damit den Unternehmensgewinn<br />

und sichert so die<br />

Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.<br />

Energieeffizienz ist ein Schlüssel dazu. enviaM<br />

berät Unternehmen zu Maßnahmen auf diesem<br />

Gebiet und bietet zur Umsetzung umfangreiche<br />

Energiedienstleistungen an – stets auf<br />

die entsprechende Branche abgestimmt. Im<br />

Rahmen von enviaM BusinessBeratung identifizieren<br />

TÜV-zertifizierte Energiemanager<br />

Potenziale für einen effektiveren Energieeinsatz<br />

oder zeigen Entlastungsmöglichkeiten<br />

auf. Zum Beispiel fallen rund 50 Prozent des<br />

Strompreises bei Unternehmen auf Steuern<br />

und Umlagen. Die Energiemanager legen dar,<br />

welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen,<br />

um von Entlastungen in diesem Bereich<br />

zu profitieren.<br />

Kostengünstig Energiebedarf decken<br />

enviaM BusinessBeratung geht auf die<br />

individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens<br />

ein, egal welcher Art oder Größe. Die<br />

Energiemanager von enviaM stehen unter<br />

anderem bei der Auswahl der optimalen<br />

Wärmeversorgungslösung zur Seite. Eine dezentrale<br />

Energieerzeugungsanlage in Form<br />

eines Blockheizkraftwerkes deckt kostengünstig<br />

den Strom- und Wärmebedarf und<br />

garantiert zudem staatliche Förderungen.<br />

Weiterhin helfen die Energiemanager bei der<br />

Vermarktung von selbst erzeugtem und nicht<br />

verbrauchtem Strom, wodurch die Anlage noch<br />

wirtschaftlicher wird. Um die Details kümmert<br />

sich enviaM. Somit können Unternehmer all<br />

ihre Energie für ihr Kerngeschäft nutzen.<br />

Passende Zertifizierung für alle<br />

Unternehmensgrößen:<br />

1 Zertifizierung nach<br />

DIN EN ISO 500<strong>01</strong><br />

Für Unternehmen, die beispielsweise jährlich<br />

ihr Energiemanagementsystem nach DIN EN<br />

ISO 500<strong>01</strong> zertifizieren lassen müssen, übernimmt<br />

enviaM die Zertifizierung nach den<br />

Vorgaben und Regeln der staatlichen Energiepolitik.<br />

Die Unternehmen wissen ihren<br />

Energiedienstleister vom Projektstart an über<br />

die interne Auditierung bis hin zur Zertifizierung<br />

an ihrer Seite. Gleichzeitig erhalten sie<br />

maßgeschneiderte Lösungen, die ihre Energiekosten<br />

senken.<br />

2 Energieaudit nach<br />

DIN EN 16247<br />

Auch das alle vier Jahre vorgeschriebene<br />

Energieaudit nach DIN EN 16247 für kleine<br />

und mittelständische Unternehmen (KMU)<br />

führen die erfahrenen Energiemanager von<br />

enviaM durch. Dabei erfassen und analysieren<br />

sie den Energieeinsatz und -verbrauch, um<br />

Energieflüsse zu identifizieren. Wesentliche<br />

Einsparpotenziale und -maßnahmen werden<br />

in einem Energiebericht zusammengefasst. So<br />

erhalten Unternehmen einen Überblick, wie<br />

der Energieverbrauch optimiert und damit die<br />

Energiekosten gesenkt werden können.<br />

enviaM Energiecockpit –<br />

alle Verbrauchsdaten im Blick<br />

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Unternehmer, die ihren Energieverbrauch einfach<br />

online überwachen wollen, entscheiden<br />

sich für das enviaM Energiecockpit. Damit werden<br />

die Verbrauchsdaten aller Messstellen und<br />

Filialen transparent und individuell dargestellt.<br />

Zudem ist eine Alarm- und Vergleichsfunktion<br />

für Lastgangdaten integriert. Diese kann helfen,<br />

Leistungsspitzen zu erkennen und abzubauen.<br />

Es werden Optimierungspotenziale aufgezeigt,<br />

um langfristig Energie und Kosten zu sparen.<br />

Die Werte und Ergebnisse können Kunden in<br />

Monats- und Jahresberichten festhalten. Dank<br />

übersichtlicher Benutzeroberfläche ist die Überwachung<br />

kinderleicht und mobil über Laptop,<br />

Tablet oder Smartphone möglich. Benötigt werden<br />

dazu lediglich die Zugangsdaten für das<br />

enviaM Energiecockpit. Damit einfach anmelden<br />

und Verbrauchsdaten einsehen.<br />

3 Vom Spitzenausgleich profitieren<br />

Liegt der Stromverbrauch über einer Gigawattstunde<br />

pro Jahr, können kleine Unternehmen<br />

ihre Energieeffizienzmaßnahmen<br />

durch enviaM zertifizieren lassen und so nach<br />

Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung<br />

(SpaEfV) vom Spitzenausgleich profitieren.<br />

Dieser ermöglicht es Unternehmen des produzierenden<br />

Gewerbes, einen Antrag auf<br />

Stromsteuerentlastung zu stellen. Voraussetzung<br />

ist der Nachweis eines sogenannten<br />

alternativen Systems zur Verbesserung der<br />

Energieeffizienz. Auch dessen Einführung<br />

übernimmt enviaM.<br />

Interessiert?<br />

Dann lassen Sie sich zu den Produkten<br />

und Energiedienstleistungen beraten<br />

und schreiben Sie eine E-Mail an<br />

Geschaeftskunden@enviaM.de<br />

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„ Ist es verrückt,<br />

wenn mein Energieverkäufer<br />

vom Energiesparen spricht?“<br />

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Ihre Energie zum Wettbewerbsvorteil – mit der individuellen<br />

BusinessBeratung von enviaM.<br />

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18 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT<br />

„Wir wollen noch einmal mehr<br />

investieren als in den letzten zwei Jahren“<br />

<strong>W+M</strong>-Interview mit Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister in Berlin<br />

<strong>W+M</strong>: Herr Müller, Sie waren in der abgelaufenen<br />

Legislaturperiode in verschiedenen<br />

Funktionen Mitglied der Berliner Landesregierung.<br />

Wie fällt Ihr Fazit zur wirtschaftlichen<br />

Entwicklung der Stadt seit<br />

2<strong>01</strong>1 aus?<br />

Michael Müller: Es gab einen erfreulich<br />

großen Veränderungsprozess. Wir konnten<br />

viele Arbeitsplätze schaffen. Die Arbeitslosenquote<br />

ist von mehr als 13 Prozent<br />

auf etwas über neun Prozent gesunken.<br />

Für Berliner Verhältnisse ist das ein<br />

deutlicher Schritt nach vorn. Wir können<br />

auf viele Unternehmensgründungen zurückblicken,<br />

wir haben eine lebhafte Startup-Szene.<br />

Gerade im Wirtschafts- und<br />

Wissenschaftsbereich ist die veränderte<br />

Situation der Hauptstadt Berlin, die international<br />

wahrgenommen wird, am spürbarsten<br />

– durch Investitionen und neue<br />

Arbeitsplätze.<br />

<strong>W+M</strong>: Seit genau zwei Jahren sind Sie Regierender<br />

Bürgermeister. Wo haben Sie<br />

– im Vergleich zu Ihrem Amtsvorgänger<br />

Klaus Wowereit – andere, neue Akzente in<br />

der Wirtschaftsförderung gesetzt?<br />

Michael Müller: Ein wesentlicher Unterschied<br />

ist sicher, dass ich mich persönlich<br />

um den Bereich der Wissenschafts- und<br />

Forschungspolitik gekümmert habe. Da<br />

sehe ich eine klare Akzentverschiebung.<br />

Ein zweiter Punkt: Wir haben bei den Investitionen<br />

umgeschaltet. Auch das ist für<br />

die Wirtschaft wichtig. Wir investieren in<br />

unsere Infrastruktur, in die Technologiezentren,<br />

in die Zukunftsorte, in den Wohnungsbau.<br />

Dadurch entstehen direkt und<br />

indirekt viele neue Arbeitsplätze.<br />

<strong>W+M</strong>: Die Große Koalition mit der CDU<br />

wird nunmehr von einer rotrot-grünen<br />

Koalition abgelöst.<br />

Wie kann die<br />

Berliner Wirtschaft<br />

von diesem Farbenspiel<br />

profitieren?<br />

Michael Müller: Ich denke, die Wirtschaft<br />

kann von der Aufbruchsstimmung profitieren,<br />

die von unserer neuen Koalition ausgeht.<br />

Wir wollen künftig in vielen Bereichen<br />

besser und schneller sein. Zum Beispiel<br />

in der Verwaltung. Sie soll zum leistungsfähigen<br />

Dienstleister werden, auch<br />

für die Wirtschaft. Wir werden klarere Entscheidungsstrukturen<br />

schaffen und Zuständigkeiten<br />

neu ordnen, damit es zügige<br />

und transparente Entscheidungen gibt.<br />

Darüber hinaus wollen wir noch mehr investieren<br />

als in den letzten zwei Jahren.<br />

Der gesamte Wissenschaftsbereich wird<br />

besser ausgestattet und die Hochschulen<br />

erhalten Planungssicherheit für<br />

die nächsten zehn Jahre.<br />

<strong>W+M</strong>: Hört man sich bei Unternehmern<br />

um, gibt es zum Teil erhebliche<br />

Vorbehalte speziell zur<br />

Schwerpunktsetzung der Grünen,<br />

die offensichtlich wichtige Infrastrukturprojekte,<br />

wie die Verlängerung<br />

der Autobahn A 100 oder<br />

Am 8. Dezember im<br />

Amt bestätigt: Berlins<br />

Regierender<br />

Bürgermeister<br />

Michael Müller.<br />

Foto: <strong>W+M</strong><br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


BERLIN | 19<br />

Foto: <strong>W+M</strong><br />

den Bau der Tangentialen Verbindung Ost<br />

(TVO), auf Eis legen wollen. Was wird aus<br />

diesen Infrastrukturmaßnahmen?<br />

Michael Müller: Diese Projekte werden<br />

nicht auf Eis gelegt. Wir bauen den begonnenen<br />

Abschnitt der A 100 weiter. Wir haben<br />

weder im Wohnungs- noch im Straßenbau<br />

eine Blockade der Grünen. Ich glaube,<br />

diese alten Konfrontationen und Feindbilder<br />

stimmen so nicht mehr. Auch die Grünen<br />

sehen, wie wichtig Investitionen in die<br />

Infrastruktur sind, damit es weiter bergauf<br />

geht mit unserer Stadt. Das können zum<br />

Beispiel auch mehr Investitionen im Energie-<br />

und Umweltbereich sein. Auch davon<br />

profitieren viele Unternehmen und die Bürgerinnen<br />

und Bürger Berlins. Unsere gemeinsame<br />

Politik in der neuen Koalition will<br />

die Bedingungen für Investoren weiter verbessern.<br />

Das schafft Arbeitsplätze und sichert<br />

die Einnahmen, die wir brauchen, um<br />

die Stadt voran zu bringen. Das ist auch ein<br />

klarer Schwerpunkt der SPD.<br />

<strong>W+M</strong>: Der Boulevard Unter den Linden<br />

soll zur Flaniermeile und somit für private<br />

Pkw gesperrt werden. Zwei Fragen dazu.<br />

Erstens: Welches Konzept haben Sie, um<br />

diese Straße für Berliner und Touristen so<br />

attraktiv zu gestalten, damit dort künftig<br />

tatsächlich zehntausende Menschen flanieren?<br />

Zweitens: Wie wollen Sie verhindern,<br />

dass die schon heute eher zähen Verkehrsströme<br />

zwischen dem Ost- und dem<br />

Westteil der Stadt durch die Schließung<br />

des Boulevards für den<br />

normalen Autoverkehr<br />

dann nicht endgültig kollabieren?<br />

Michael Müller: Wir<br />

reden über den Streckenabschnitt<br />

zwischen<br />

Brandenburger Tor und<br />

Humboldtforum. Das ist<br />

schon im Moment keine<br />

Durchgangsstraße, weil<br />

am Brandenburger Tor<br />

Schluss ist. Es ist also<br />

schon heute eine Sackgasse<br />

für den Autoverkehr.<br />

Wenn das Humboldtforum<br />

fertiggestellt<br />

ist, erwarten wir,<br />

dass sich die Besucherströme dramatisch<br />

Richtung Stadtmitte verändern und zunehmen<br />

werden. Darauf müssen wir reagieren.<br />

Dazu kommt, dass es dann auch sehr<br />

attraktiv sein wird, in der Mitte der Stadt<br />

auf diesem Abschnitt flanieren zu können.<br />

Für den Autoverkehr haben wir verabredet,<br />

dass Querungen erhalten bleiben. So wird<br />

beispielsweise die Friedrichstraße offen<br />

bleiben. Taxen und Busse sollen ohnehin<br />

weiter die Möglichkeit haben, die Straße<br />

Unter den Linden zu nutzen.<br />

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Entscheidung<br />

die Attraktivität der Mitte der<br />

Stadt deutlich erhöhen wird. Das wird sehr<br />

viele Menschen anziehen, die dann hier in<br />

Ruhe flanieren können.<br />

Gelöste Stimmung: Michael Müller mit <strong>W+M</strong>-Herausgeber Frank<br />

Nehring (l.) und Chefredakteur Karsten Hintzmann (r.).<br />

<strong>W+M</strong>: Berlin hat überdurchschnittlich viele<br />

Asylbewerber aufgenommen. Wie gelingt<br />

es inzwischen, Flüchtlinge mit positiver<br />

Bleibeperspektive in den Berliner Arbeitsmarkt<br />

zu integrieren?<br />

Michael Müller: Es ist eine anspruchsvolle<br />

Aufgabe, die Flüchtlinge zu integrieren.<br />

Weil es unverändert viele Hemmnisse gibt.<br />

Etwa die Sprachbarrieren oder Abschlüsse,<br />

die in Deutschland nicht anerkannt werden<br />

können. Hier muss es zum Beispiel Nachqualifizierungen<br />

geben. Die Integration von<br />

Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt bleibt aber<br />

eine zentrale Aufgabe, die alle angeht: die<br />

Wirtschaft, den Bund, aber auch das Land.<br />

Wir werden in der neuen Legislaturperiode<br />

Internationale Fachmesse für Werkzeugmaschinen,<br />

Fertigungs- und Automatisierungstechnik<br />

Internationale Zuliefermesse für Teile, Komponenten,<br />

Module und Technologien<br />

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20 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT BERLIN<br />

ZUR PERSON<br />

Michael Müller wurde am 9. Dezember<br />

1964 in Berlin geboren. Er absolvierte<br />

die Fachoberschule für Wirtschaft und<br />

Verwaltung. Im Anschluss an eine kaufmännische<br />

Lehre arbeitete er von 1986<br />

bis 2<strong>01</strong>1 als selbstständiger Drucker.<br />

1981 trat Michael Müller in die SPD ein.<br />

Von 20<strong>01</strong> bis 2<strong>01</strong>1 fungierte er als Chef<br />

der SPD-Abgeordnetenhausfraktion.<br />

Parallel dazu war er von 2004 bis 2<strong>01</strong>2<br />

Landesvorsitzender der Berliner SPD.<br />

2<strong>01</strong>1 wurde er zum Stadtentwicklungssenator<br />

berufen. Seit dem 11. Dezember<br />

2<strong>01</strong>4 ist er Regierender Bürgermeister.<br />

Michael Müller ist verheiratet<br />

und Vater zweier Kinder.<br />

nachjustieren und der Bund will auch mehr<br />

helfen. Es bleibt natürlich eine Herausforderung<br />

für die nächsten Jahre. Dabei müssen<br />

wir vor allem auch an die jungen Menschen<br />

denken. Im Bereich der Ausbildung<br />

haben wir in Berlin auch unabhängig von<br />

den Flüchtlingen einen Nachholbedarf. Bundesweit<br />

liegt die Ausbildungsquote bei 16<br />

Prozent, in Berlin dagegen nur bei elf Prozent.<br />

Das heißt, die Berliner Unternehmen<br />

bilden deutlich weniger junge Menschen<br />

aus als im Bundesmaßstab.<br />

<strong>W+M</strong>: Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass<br />

es so langwierig und schwer für Flüchtlinge<br />

ist, in unseren Unternehmen Fuß zu fassen?<br />

Michael Müller: Es sind oft ganz praktische<br />

Probleme. Zum Beispiel die schon erwähnten<br />

Sprachbarrieren. Manche Unternehmen<br />

sind zögerlich bei der Einstellung<br />

von Flüchtlingen, weil sie nicht wissen,<br />

wie lange die Flüchtlinge bleiben. Da steht<br />

oft die Frage im Raum, ob es eine verlässliche<br />

Verabredung ist, die man trifft, wenn<br />

man einen jungen Menschen ausbildet. Da<br />

musste erst einmal gesetzlich Klarheit geschaffen<br />

werden, dass ein Flüchtling nicht<br />

ohne weiteres während der Ausbildung abgeschoben<br />

werden kann. Und jetzt erst<br />

greifen die Regelungen nach und nach,<br />

mit denen Asylverfahren schneller zu einem<br />

Abschluss gebracht werden sollen.<br />

den Brexit ergibt sich die Chance, London<br />

interessante Investoren und Start-ups abzuwerben.<br />

Welche Pläne haben Sie in dieser<br />

Richtung?<br />

Michael Müller: Ich habe gerade die<br />

wichtigsten Institutionen und Multiplikatoren<br />

aus der Berliner Wirtschaft angeschrieben,<br />

um den Dialog darüber zu intensivieren,<br />

mit welchen Auswirkungen<br />

diese Unternehmen und Verbände rechnen<br />

und welche Erwartungen sie diesbezüglich<br />

an den Berliner Senat haben. Die<br />

Wirtschaftssenatorin war seit dem Referendum<br />

zum Brexit mehrfach in London<br />

und hat dort dargestellt, was Berlin an Infrastruktur<br />

zu bieten hat. Wir haben einen<br />

ersten konkreten Fall eines Umsiedlungswunsches:<br />

Die Europäische Arzneimittel-<br />

Agentur EMA (Anm. d. Red.: EMA ist eine<br />

dezentrale Agentur der Europäischen Union,<br />

zuständig für die wissenschaftliche<br />

Evaluierung, Überwachung und Sicherheitsüberwachung<br />

von Arzneimitteln im<br />

europäischen Wirtschaftsraum.) möchte<br />

weg aus London. Eine Ansiedlung der<br />

EMA in Berlin können wir uns gut vorstellen.<br />

Die Bewerbung läuft jetzt über die nationale<br />

Ebene.<br />

<strong>W+M</strong>: Wo soll das Land Berlin wirtschaftlich<br />

im Jahr 2021, also am Ende der ersten<br />

Amtszeit von Rot-Rot-Grün, stehen?<br />

damit wir die Arbeitslosenzahlen weiter<br />

senken können. Ich will, dass unsere großen<br />

Überschriften, wie Smart City und Digitale<br />

Hauptstadt, weiter mit Inhalten gefüllt<br />

werden. Da erhoffe ich mir beispielsweise<br />

von den 50 zusätzlichen IT-Professuren,<br />

die wir im Einstein-Forum bündeln,<br />

einen positiven Schub. Und klar, wir haben<br />

nun lange genug darauf gewartet, aber ich<br />

gehe davon aus, dass wir positive Wirtschaftseffekte<br />

durch den neuen Flughafen<br />

haben werden.<br />

<strong>W+M</strong>: Glauben Sie, dass die Berliner Koalition<br />

zur Blaupause für ein rot-rot-grünes<br />

Bündnis nach der Bundestagswahl im<br />

Herbst <strong>2<strong>01</strong>7</strong> werden kann?<br />

Michael Müller: Wenn es auf Berliner<br />

Landesebene eine gute Zusammenarbeit<br />

gibt, heißt das noch längst nicht zwingend,<br />

dass es auch ein Muster für die<br />

Bundesebene ist, weil dort andere Themen<br />

eine Rolle spielen – etwa die Außen-<br />

und Sicherheitspolitik. Umgekehrt<br />

ist es konkreter: Wenn die rot-rot-grüne<br />

Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene<br />

nicht funktioniert, gibt es für die Gespräche<br />

auf Bundesebene vielleicht weniger<br />

Spielraum. Wir wollen uns damit<br />

nicht unter Druck setzen, aber wir wissen,<br />

dass wir unter verschärfter Beobachtung<br />

stehen.<br />

<strong>W+M</strong>: Berlin gilt schon heute als eine der<br />

attraktivsten Metropolen in Europa. Durch<br />

Michael Müller: Wir möchten die gute<br />

Entwicklung am Arbeitsmarkt verstetigen,<br />

Interview: Karsten Hintzmann und<br />

Frank Nehring<br />

Foto: <strong>W+M</strong><br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


Das Luft- und Raumfahrtzentrum im<br />

brandenburgischen Wildau.<br />

LÄNDERREPORT BRANDENBURG | 21<br />

ZAHLEN UND FAKTEN<br />

In der Luftfahrtindustrie der Region arbeiten<br />

gegenwärtig 7.500 Menschen, in der<br />

gesamten luftverkehrsbezogenen Wirtschaft<br />

sogar 17.000.<br />

In der Region gibt es mit mehr als 50<br />

Hochschulen und rund 200 öffentlichen<br />

und privaten Forschungseinrichtungen eines<br />

der dichtesten Forschungsnetzwerke<br />

in Europa.<br />

Foto: WFG Dahme-Spreewald mbH (oben), <strong>W+M</strong> (unten)<br />

Luft- und Raumfahrt<br />

in Wildau<br />

Seit 27 Jahren ist die Luft- und Raumfahrt<br />

im Havelland ansässig. Martin<br />

Gorholt, der Bevollmächtigte des<br />

Landes Brandenburg beim Bund und bis<br />

vor kurzem Staatssekretär für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur, verwies in<br />

seiner Eröffnungsrede beim Brandenburger<br />

WirtschaftsForum Mitte November<br />

darauf, dass bereits Otto Lilienthal hier<br />

schon Geschichte geschrieben habe. Als<br />

dieser im Sommer 1891 mit einem selbstgebauten<br />

Flugapparat auf einer grasbewachsenen<br />

Sanddüne im Dorf Derwitz bei<br />

Potsdam steht, anläuft und rund 20 Meter<br />

weit durch die Luft gleitet, ahnte wohl niemand,<br />

dass damit das Zeitalter des Menschenflugs<br />

begonnen hat.<br />

Heute ist die Luft- und Raumfahrt wichtiger<br />

Bestandteil im Cluster Verkehr/Mobilität/Logistik<br />

im Rahmen der Gemeinsamen<br />

Innovationsstrategie der Länder Berlin und<br />

Brandenburg, auf die sich beide Länder<br />

im Jahr 2<strong>01</strong>1 verständigt haben. Und das<br />

hat einen guten Grund: Es gibt in der Region<br />

sowohl eine hohe Dichte an wettbewerbsfähigen<br />

Unternehmen als auch herausragende<br />

Wissenschaftseinrichtungen,<br />

die sich dem Thema verschrieben haben<br />

und als Garant für ein hohes wirtschaftliches<br />

Entwicklungspotenzial stehen. Unter<br />

den Unternehmen sind einige große<br />

und bekannte Namen wie Rolls-Royce in<br />

Dahlewitz, MTU in Ludwigsfelde und Lufthansa<br />

Technik in Schönefeld, aber auch<br />

nicht weniger erfolgreiche Unternehmen<br />

wie die AneCom AeroTest GmbH oder die<br />

REINER STEMME Utility Air-Systems<br />

GmbH sowie weitere innovative klein- und<br />

mittelständische Unternehmen. Durch die<br />

enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und<br />

Wissenschaft steht die Region bei der Forschung<br />

im Bereich Luft- und Raumfahrt<br />

auch im internationalen Vergleich gut da.<br />

Die Technische Hochschule (TH) Wildau<br />

bildet im Studiengang Luftfahrttechnik/<br />

Luftfahrtlogistik Spezialisten für den Betrieb<br />

von Flugzeugen und Flughäfen sowie<br />

für die Zulieferindustrie aus. An der Brandenburgischen<br />

Technischen<br />

Universität<br />

Cottbus-Senftenberg<br />

hat das Institut für Verkehrstechnik<br />

einen besonderen<br />

Forschungsschwerpunkt<br />

in der<br />

Triebwerkstechnik.<br />

Vom hohen Stellenwert<br />

der Luft- und<br />

Raumfahrt zeugen eine<br />

Reihe herausragender<br />

Beispiele, so Gorholt.<br />

So zählt die Region<br />

zu den Pionieren<br />

in Bezug auf den Bau<br />

von Kleinsatelliten, einer<br />

Nische mit großem<br />

Wachstumspotenzial. Der Bau unbemannter<br />

Flugsysteme erfreut sich zunehmender<br />

Bedeutung in der Forschungswelt<br />

und wie Dr. Reiner Stemme, CEO<br />

von REINER STEMME Utility Air-Systems<br />

GmbH, bestätigte, auch ganz praktischer<br />

Nachfrage. Das Thema Triebwerke<br />

wird sowohl durch den führenden Hersteller<br />

als auch durch Unternehmen wie<br />

Anatom Autotest, das sich international<br />

als Dienstleister in der Gasturbinenindustrie<br />

einen Namen gemacht hat, geprägt.<br />

Auch das Thema Safety & Security, welches<br />

die Luftverkehrswirtschaft aufgrund<br />

der anhaltenden Bedrohung durch Terrorismus<br />

und Kriminalität vor erhebliche Herausforderungen<br />

stellt, ist wichtig in der<br />

Region. Das Forschungsinstitut des European<br />

Aviation Security Center (EASC) hat<br />

das Ziel, ein auf Luftsicherheit spezialisiertes<br />

Forschungs- und Validierungszentrum<br />

am Flugplatz Schönhagen zu etablieren.<br />

<br />

Frank Nehring<br />

Luft- und Raumfahrt-Experten zu Gast beim WirtschaftsForum<br />

Brandenburg (v. l.): Dr. Miloš Stefanović (WirtschaftsForum<br />

Brandenburg), Dr. Edmund Ahlers (AneCom AeroTest GmbH), Prof.<br />

László Ungvari (TH Wildau), Gerhard Janßen (Zentrum für Luft- und<br />

Raumfahrt Schönefelder Kreuz), Staatssekretär Martin Gorholt und<br />

Dr. Reiner Stemme (REINER STEMME Utility-Air-Systems GmbH).<br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


22 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />

Kreuzfahrt-Ritter<br />

aus Hongkong<br />

Die neuen Global-Class-Schiffe können jeweils<br />

über 5.000 Passagiere an Bord nehmen.<br />

Nach jahrelangem Rückenwind im Containerschiff-Boom und<br />

folgender Flaute in der Schifffahrtskrise überrollt die Werftindustrie<br />

in Mecklenburg-Vorpommern seit Kurzem ein Investitions- und<br />

Auftrags-Tsunami. Auslöser ist der asiatische Kreuzfahrt-Anbieter<br />

Genting Hong Kong, der den Schiffbau im Nordosten komplett<br />

umkrempelt. Von Thomas Schwandt<br />

beginn 2<strong>01</strong>6 standen unter anderem 500<br />

Entlassungen zur Debatte. Doch nur wenige<br />

Wochen später ereilte den Schiffbau<br />

in MV eine beinahe schicksalhafte Fügung.<br />

Das asiatische Unternehmen Genting<br />

Hong Kong (GHK) unterbreitete Vitaly<br />

Yusofov ein Kaufangebot und erwarb Anfang<br />

März für rund 230 Millionen Euro die<br />

drei Werften von Nordic Yards.<br />

Zu Beginn des Jahres 2<strong>01</strong>6 stand es<br />

nicht gut um den Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern<br />

(MV). Zwar<br />

hatte sich seit der Insolvenz der P+S-Werften<br />

in Stralsund und Wolgast im Sommer<br />

2<strong>01</strong>2 der Himmel über der Branche wieder<br />

aufgehellt. Die Peene-Werft war von<br />

der Bremer Lürssen-Werft übernommen<br />

worden, die an der Weser vorrangig Marineschiffe<br />

und Großyachten fertigt. Lürssen<br />

setzte beim Zukauf auf die langjährigen<br />

Erfahrungen an der Peene mit dem<br />

Bau von „grauen Schiffen“. Heute produzieren<br />

die circa 300 Werftarbeiter im Osten<br />

von MV in der Marine-Sparte von Lürssen<br />

unter anderem Vorschiffe für Fregatten<br />

und Behördenboote. Die Volkswerft<br />

Stralsund fiel nach zähen Verhandlungen<br />

in den Schoß der Werftengruppe Nordic<br />

Yards, zu der die Standorte Warnemünde<br />

und Wismar gehörten. Der russische<br />

Firmeneigner Vitaly Yusofov spekulierte<br />

darauf, die Schlagkraft von Nordic Yards<br />

mit einer dritten Werft im Bunde zu erhöhen.<br />

Er verfolgte die strategische Vision,<br />

Nordic Yards auf arktistaugliche Spezial-<br />

und Serviceschiffe sowie den Bau von<br />

Konverterplattformen für Offshore-Windparks<br />

auszurichten. Doch die hehren Absichten<br />

zerschellten sehr bald an den harten<br />

Realitäten des Marktes und politischen<br />

Barrieren. Weltweit rückläufige Auftragseingänge<br />

für Schiffsneubauten und Überkapazitäten<br />

im asiatischen Schiffbau erhöhten<br />

den Wettbewerbsdruck enorm.<br />

Der drastische Preisverfall für Rohöl seit<br />

2<strong>01</strong>4 brachte die Offshore-Industrie arg in<br />

die Bredouille, und ein Ende der Russland-<br />

Sanktionen steht weiter in den Sternen.<br />

Seit das französische Unternehmen Alstom<br />

bei Nordic Yards im Februar 2<strong>01</strong>3<br />

die Offshore-Konverterplattform „DolWin<br />

gamma“ in Auftrag gegeben hatte, die im<br />

Frühjahr <strong>2<strong>01</strong>7</strong> abgeliefert werden soll, bemühte<br />

sich die Schiffbaugruppe vergeblich<br />

um neue Order. Die Lage auf den drei<br />

größten Seewerften im Nordosten mit zusammen<br />

1.400 Beschäftigten begann sich<br />

allmählich wieder zuzuspitzen. Zu Jahres-<br />

Bei Genting Hong Kong handelt es sich<br />

um einen Mischkonzern, der vor Jahresfrist<br />

mit Schiffbau nichts zu tun hatte, ergo<br />

über keine Erfahrungen in dieser speziellen<br />

maritimen Produktionssparte verfügte.<br />

Genting Hong Kong ist seit zwei Jahrzehnten<br />

vor allem in der Freizeit-, Hotelund<br />

Kreuzfahrtbranche unterwegs. Aktuell<br />

steuert das Unternehmen einen expansiven<br />

Kurs in der Kreuzschifffahrt. Dieser<br />

Markt wächst in Asien rasant. Legten dort<br />

2<strong>01</strong>5 die Passagierzahlen im Vergleich zu<br />

2<strong>01</strong>4 um 24 Prozent zu, kam es in diesem<br />

Jahr gegenüber dem vorigen Jahr zu einem<br />

exorbitanten Anstieg um 51 Prozent<br />

auf mittlerweile 3,5 Millionen Passagiere.<br />

Ein Volumen, das in Europa vor einem<br />

Jahrzehnt erreicht war und inzwischen in<br />

hiesigen Breiten auf 6,6 Millionen angewachsen<br />

ist. Eine ähnliche Fortune erwartet<br />

GHK in den heimatlichen Gefilden.<br />

Die zu Genting gehörende Star Cruises,<br />

eine klassische Kreuzfahrtreederei, fungierte<br />

jahrelang als Aushängeschild des<br />

Unternehmens. Jetzt fokussiert sich GHK<br />

Foto: MV Werften<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


MECKLENBURG-VORPOMMERN | 23<br />

Foto: Thomas Schwandt<br />

verstärkt auf den gehobenen Bedarf im<br />

Cruise-Geschäft. Im Frühjahr 2<strong>01</strong>5 übernahmen<br />

die Asiaten komplett die USamerikanische<br />

Crystal Cruises, die im Luxus-Segment<br />

angesiedelt ist. Wenige Zeit<br />

später wurde firmenintern Dream Cruises<br />

aus der Taufe gehoben. Der neue Anbieter<br />

zielt auf zahlungskräftige Premiumkunden.<br />

Den Auftrag zum Bau der ersten zwei<br />

Schiffe der Reederei, der Genting Dream<br />

und der World Dream, erhielt die Meyer-<br />

Werft im niedersächsischen Papenburg.<br />

Die Genting Dream lieferte Meyer im Oktober<br />

dieses Jahres ab, die World Dream<br />

folgt <strong>2<strong>01</strong>7</strong>. Die beiden Kreuzliner können<br />

jeweils 3.300 Passagiere an Bord nehmen.<br />

Die US-Tochter Crystal Cruises verfügt<br />

bisher über lediglich zwei Luxus-Schiffe.<br />

Nach Übernahme der Reederei kündigte<br />

GHK an, die Crystal-Flotte in den nächsten<br />

Jahren massiv aufzustocken. Dazu wurden<br />

die neuen Geschäftssegmente Crystal<br />

River Cruises und Crystal Exclusive Class<br />

Ocean Cruises gegründet. In der zügigen<br />

Umsetzung der Pläne stieß das finanzstarke<br />

Unternehmen GHK jedoch auf ein externes<br />

Problem. Weltweit sind die Werften<br />

an zwei Händen abzuzählen, die in der<br />

Lage sind, große Kreuzfahrtschiffe zu bauen,<br />

die vom Schiffstyp her enorm komplex<br />

und in der Ausstattung sehr anspruchsvoll<br />

sind. Anders als in den konventionellen<br />

Schiffbausparten wie Container- und<br />

Massengutfrachter sind die Werftkapazitäten<br />

für Luxusliner derzeit stark ausgelastet.<br />

Allein die deutsche Meyer-Werft hat<br />

MARITIME INDUSTRIE IN MV<br />

Die maritime Industrie in Mecklenburg-<br />

Vorpommern umfasst die Bereiche<br />

Schiff- und Bootsbau, maritime Zulieferer<br />

sowie Meeres- und Offshore-Technik.<br />

Diesen werden circa 300 Unternehmen<br />

mit rund 10.000 Beschäftigten sowie<br />

einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden<br />

Euro zugerechnet. Neben den MV<br />

Werften mit den Standorten Wismar,<br />

Warnemünde und Stralsund gehören<br />

die NEPTUN WERFT in Warnemünde,<br />

die Peene-Werft in Wolgast und Tamsen<br />

Maritim in Rostock zum Schiffbau<br />

im Land, der derzeit rund 2.000 Mitarbeiter<br />

und 230 Azubis beschäftigt.<br />

mehr als 25 große Kreuzfahrtschiffe und<br />

Fähren im Auftragsbuch stehen.<br />

Um die eigenen Expansionspläne nicht zu<br />

gefährden, haben die GHK-Manager die<br />

Flucht nach vorn angetreten. Im September<br />

2<strong>01</strong>5 kaufte sich Genting Hong Kong<br />

zunächst mehrheitlich bei der Lloyd-Werft<br />

in Bremerhaven ein und übernahm schließlich<br />

die traditionsreiche Werft an der Weser<br />

zum Jahreswechsel 2<strong>01</strong>5/16 zu 100 Prozent.<br />

Mehrere große Luxusliner<br />

und Flusskreuzfahrt-Schiffe<br />

sollten für die<br />

Crystal-Gruppe bei Lloyd<br />

neu gebaut werden. Doch<br />

mit der Übernahme von<br />

Nordic Yards zwei Monate<br />

später verwarf der Investor<br />

die Pläne an der Weser<br />

und fokussierte den Aufbau<br />

der konzerneigenen<br />

Neubau-Sparte auf Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Aus<br />

Nordic Yards wurde Mitte<br />

dieses Sommers der Verbund<br />

MV Werften. Genting<br />

übernahm alle 1.400 Mitarbeiter<br />

und legte umgehend<br />

eines der ehrgeizigsten und in seinen Dimensionen<br />

bis dato in MV nicht dagewesenen<br />

Investitions- und Auftragspakete auf.<br />

Nach Angaben von Jarmo Laakso, Geschäftsführer<br />

von MV Werften, wird Genting<br />

in die drei Werftstandorte insgesamt<br />

160 Millionen Euro investieren. Zum Beispiel<br />

sind 75 Millionen Euro vorgesehen für<br />

den Bau einer hochmodernen Laser-Hybrid-Schweißanlage<br />

auf dem Werftgelände<br />

in Warnemünde. „Wir wollen MV Werften<br />

zu einem der effizientesten Passagierschiffbaubetriebe<br />

der Welt machen“,<br />

verkündet der aus Finnland stammende<br />

Werftenchef Laakso selbstbewusst. Er<br />

gilt als einer der erfahrensten Manager im<br />

Kreuzfahrtschiffbau. Neben der raschen<br />

technologischen Aufrüstung der Produktionsstätten<br />

sitzt dem Aufbaudirigenten<br />

ein Auftragswust von zehn Passagierschiffen<br />

unterschiedlicher Klasse mit Ablieferungsterminen<br />

in den kommenden fünf<br />

Jahren im Nacken. Die Bestellungen im<br />

Gesamtvolumen von 2,5 Milliarden Euro<br />

sind bereits vertraglich besiegelt worden.<br />

Herausragend unter den geplanten Typen<br />

von Cruise Linern ist die „Global Class“-<br />

Serie. Dabei handelt es sich um 340 Meter<br />

lange Schiffe von 2<strong>01</strong>.000 Bruttoraumzahl<br />

(BRZ) Größe. Sie sind für mehr als<br />

5.000 Passagiere konzipiert und werden<br />

hinsichtlich dieser Kennzahl die größten<br />

bisher in Deutschland gebauten Passagierschiffe<br />

sein. Im zurückliegenden August<br />

sind in Wismar die ersten zwei von vier<br />

Flusskreuzfahrtschiffen für Crystal River<br />

Aktuell wird auf der Warnow-Werft in Warnemünde die<br />

Offshore-Konverterplattform „DolWin gamma“ zu Ende gebaut.<br />

Cruises auf Kiel gelegt worden. Sie sollen<br />

im nächsten Jahr fertiggestellt sein.<br />

Um die Herkulesaufgabe stemmen zu<br />

können, hat MV Werften unlängst eine<br />

Fachkräftekampagne gestartet. „Bis zum<br />

nächsten Frühjahr benötigen wir mindestens<br />

250 qualifizierte neue Mitarbeiter“,<br />

beziffert Laakso den dringenden Bedarf.<br />

Mittelfristig soll die Belegschaft der Schiffbaugruppe<br />

auf 3.100 anwachsen. In der<br />

Metamorphose Mecklenburg-Vorpommerns<br />

zu einem bedeutenden Standort<br />

des Passagierschiffbaus setzt der MV-<br />

Werften-Chef stark auf die maritimen Zulieferer<br />

im Land. Auf die rund 120 Unternehmen<br />

mit insgesamt 5.000 Beschäftigten<br />

rollt im besten Fall eine Auftragsflut<br />

zu, auf die es sich sehr schnell einzustellen<br />

gilt. Thomas Kühmstedt, Vorsitzender<br />

eines Zulieferer-Kooperationsverbandes,<br />

verdeutlicht den zu Beginn 2<strong>01</strong>6 noch ungeahnten<br />

Aufschwung: „In den kommenden<br />

fünf Jahren wird sich das Schiffbauvolumen<br />

in Mecklenburg-Vorpommern verzehnfachen.“<br />

<strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


24 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />

Von der Rennstrecke zu<br />

rasanten Autohausplänen<br />

Eines von acht Autohäusern von Schubert<br />

Motors: das BMW-Autohaus in Oschersleben.<br />

Selfmade-Unternehmer Torsten Schubert aus Oschersleben<br />

betreibt in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen eine erfolgreiche<br />

Kette von BMW-Autohäusern. Nun entsteht in Magdeburg das<br />

„Sahnehäubchen“ mit einem 30 Millionen Euro teuren Fahrzeugzentrum,<br />

das teils schon in Betrieb ging. Nebenher engagiert sich der<br />

Autocross-Europameister auch weiter leidenschaftlich als Entwickler<br />

und Tester für den Motorsport. Von Harald Lachmann<br />

Die erste Autowerkstatt von Torsten<br />

Schubert reicht in das Jahr 1987<br />

zurück. Da war der motorsportverrückte<br />

Fahrzeugmechaniker gerade mal 24<br />

Jahre alt. Schon viele Jahre fuhr der gebürtige<br />

Oscherslebener da bereits Motorsportrennen<br />

– erst mit Enduros und anderen<br />

Crossmaschinen, dann auch auf vier Rädern.<br />

„Anfangs hatte ich nicht einmal ein<br />

eigenes Auto, musste meinen Rennwagen<br />

mit einem geliehenen Pkw zur Rennstrecke<br />

ziehen“, schmunzelt er. Doch frühzeitig<br />

trieben ihn auch schon Ideen um, eigene<br />

Rennfahrzeuge zu bauen. So glich<br />

sein Eigenheim in Oschersleben bald<br />

schon einer Werkstatt, auch wenn er diese<br />

nicht offiziell anmelden durfte. Das passierte<br />

erst nach der Wende, konkret zum<br />

1. April 1990. Sofort wandte er sich<br />

dann auch an BMW – in der Hoffnung,<br />

in Oschersleben nun das erste Autohaus<br />

der sportaffinen Edelmarke eröffnen zu<br />

können. Doch in München zögerte man<br />

noch: Oschersleben schien mit 20.000<br />

Einwohnern zu klein für eine prosperierende<br />

BMW-Niederlassung.<br />

Zwar bot man Torsten Schubert, von dessen<br />

persönlichen Qualitäten man offenbar<br />

überzeugt war, stattdessen an, nach Schönebeck<br />

oder Haldensleben zu gehen und<br />

hier eine BMW-Dependance zu eröffnen.<br />

Doch bodenständig, wie er war, behagte<br />

ihm das nicht. Stattdessen baute er weiter<br />

seine freie Werkstatt aus. Hierfür mietete<br />

er auch eine benachbarte Garage sowie<br />

vis-à-vis Lagerräume. „Irgendwann diente<br />

fast das ganze Eigenheim als Autohaus“,<br />

erinnert er sich lachend. „Der Meister saß<br />

im Wohnzimmer, die Verkäufer im Keller,<br />

in den Kinderzimmern waren Buchhaltung<br />

und Disposition untergebracht – nur das<br />

Schlafzimmer hatte ich noch für mich.“<br />

Und Schubert – auch durch den Motorsport<br />

in der Region bekannt – hatte Erfolg.<br />

Man schätzte seine Qualität, der<br />

Kundenstamm wuchs kontinuierlich, und<br />

schließlich kam auch BMW nicht mehr an<br />

Oschersleben vorbei: Im März 1992 konnte<br />

er die berühmten drei Buchstaben am<br />

Werkstatttor enthüllen. „Eine andere Mar-<br />

Foto: Schubert Motors<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


SACHSEN-ANHALT | 25<br />

Foto: Schubert Motors<br />

ke wäre für mich nie in Frage gekommen“,<br />

versichert er.<br />

Noch bis August 1996 arbeitete der junge<br />

Unternehmer weiter vom eigenen Wohnhaus<br />

aus, ehe er sein erstes neugebautes<br />

BMW-Autohaus in Oschersleben einweihen<br />

konnte. Schon im November folgte<br />

bereits das zweite am Standort Haldensleben.<br />

Und nebenher fuhr er weiter<br />

Rennen im Autocross, wurde 1999 sogar<br />

Europameister. Es war zugleich ein würdiger<br />

Schlusspunkt seiner Offroad-Laufbahn,<br />

denn inzwischen galt sein Augenmerk<br />

immer stärker seinen Autohäusern.<br />

Und auch hier folgten bald immer neue Erfolge.<br />

So expandierte er etwa 20<strong>01</strong> in den<br />

Westen: Er übernahm in Wolfsburg und<br />

Gifhorn zwei insolvente BMW-Vertragshändler.<br />

„In Wolfsburg-Vorsfelde haben<br />

wir 2005 inzwischen sogar neu gebaut“,<br />

erzählt er.<br />

Aber auch in Sachsen-Anhalt wuchs sein<br />

Betrieb mit den Standortübernahmen in<br />

Bernburg, Halberstadt und Quedlinburg<br />

stetig weiter. 2008 erfolgte dann auch der<br />

Sprung in die Landeshauptstadt Magdeburg,<br />

und mit Burg firmieren inzwischen<br />

Geschäftsführer Torsten Schubert.<br />

acht Autohäuser unter „Schubert Motors“.<br />

Schubert erwarb von einem Vorbesitzer<br />

den BMW-Standort in der Halberstädter<br />

Straße. Dem Vernehmen nach soll<br />

hierbei auch der Mutterkonzern etwas geholfen<br />

haben: Man schien wohl mit dem<br />

bisherigen Absatz nicht zufrieden. Und<br />

man hatte auf den richtigen Mann gesetzt.<br />

Denn in den acht Jahren, die Torsten<br />

Schubert nun das Magdeburger BMW-<br />

Autohaus betreibt, explodierte der Jahresumsatz<br />

– von anfangs zwölf auf nun 34<br />

Millionen Euro.<br />

So stieß der Betrieb bald an seine Grenzen,<br />

zumal Schubert an diesem Standort<br />

räumlich nicht mehr wachsen konnte, die<br />

Kunden aber stets neue Modelle nachfragten.<br />

Spätestens seit er auch die Palette der<br />

BMW-Tochter MINI sowie die elektrischen<br />

BMW-Modelle i3 und i8 in der Ausstellung<br />

platzierte, war für ihn klar: Ich muss<br />

neu bauen.<br />

Zugute kam ihm hierbei, dass er schon<br />

Jahre zuvor am zentrumsnahen Damaschkeplatz<br />

ein Grundstück erworben<br />

hatte. Inzwischen sind hier bereits zehn<br />

Millionen Euro in den über mehrere Etappen<br />

entstehenden<br />

Neubaukomplex<br />

geflossen. Fertig<br />

sind seit 2<strong>01</strong>4 ein<br />

Verkaufssalon für<br />

Motorräder, die<br />

erste 4.000 Quadratmeter<br />

große<br />

Tiefgarage sowie<br />

eine ADAC-Werkstatt.<br />

„Denn wir<br />

sind seit 2008 auch<br />

ADAC-Partner für<br />

Magdeburg, Börde<br />

und Harz“, berichtet<br />

Schubert. Seine<br />

24 Leute allein<br />

in diesem Bereich<br />

sind mit nun schon<br />

17 Schleppfahrzeugen<br />

rund um die<br />

Uhr einsatzbereit.<br />

Im Mai <strong>2<strong>01</strong>7</strong> hofft<br />

er, den nächsten<br />

Bauabschnitt beendet<br />

zu haben. Dann wird ein großer,<br />

moderner Verkaufsbereich für MINI-Modelle<br />

sowie ein Gebrauchtwagenzentrum<br />

eröffnen. Aber auch die nächsten Erweiterungen<br />

sind schon spruchreif. So sollen<br />

bis 2<strong>01</strong>9 weitere separierte Arbeitsräume<br />

für BMW und MINI hinzukommen. „Dann<br />

können wir endlich alle Bereiche unter einem<br />

Dach zusammenführen“, blickt er<br />

hoffnungsvoll nach vorn. Um die 30 Millionen<br />

Euro wird er dann am Magdeburger<br />

Damaschkeplatz investiert haben.<br />

Torsten Schubert ist überzeugt, dass ihm<br />

die momentane Marktentwicklung in die<br />

Hände spielt. Allein in Magdeburg ließen<br />

sich, wenn man es richtig angehe, pro<br />

Jahr rund 400 BMW, je 100 MINI und<br />

Motorräder sowie etwa 500 Gebrauchtwagen<br />

verkaufen, überschlägt er. Die gesamte<br />

Unternehmensgruppe, die heute<br />

jährlich über 100 Millionen Euro umsetzt,<br />

vermarkte sogar 1.200 Neuwagen<br />

und 2.500 gebrauchte Fahrzeuge. Außerdem<br />

wären die vorherigen Investitionen<br />

an den anderen Standorten von Schubert<br />

Motors nun weitestgehend abgeschlossen,<br />

so dass er sich finanziell auf Magdeburg<br />

konzentrieren könne.<br />

Unterm Strich beschäftigt Torsten Schubert<br />

heute 330 Mitarbeiter, davon 290 in<br />

seiner Autohaus-Kette. Die anderen sind<br />

für den ADAC-Service und in einer separaten<br />

Motorsportsparte tätig. Diese befindet<br />

sich weiter in Oschersleben und<br />

ist neben BMW auch für andere Marken<br />

tätig. Doch die Bayern sind dem Unternehmer<br />

auch hier ans Herz gewachsen.<br />

So leiste man gerade viel Entwicklungs-<br />

und Testarbeit für den künftigen<br />

M4 GT4, mit dem BMW ab 2<strong>01</strong>8 einen<br />

Top-Rennwagen für sein Kundensportprogramm<br />

auf dem Markt haben will. „Wir<br />

hatten damit gerade Testfahrten in Südfrankreich<br />

und Portugal und gehen im Januar<br />

zum 24-Stunden-Einsatz nach Dubai“,<br />

verrät Schubert, der in Oschersleben<br />

erst in jüngerer Zeit neue Räumlichkeiten<br />

mit eigener Karbon-Werkstatt und<br />

Modellbau in Betrieb nahm. „Wir wollen<br />

uns so vom klassischen Rennteam zum<br />

Entwicklungs- und Produktionsteam profilieren“,<br />

blickt er auch hier schon weit voraus.<br />

<strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


26 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />

Cheplapharm mit Firmensitz in Greifswald will seine<br />

Position als Global Player weiter festigen und ausbauen.<br />

Investitionsfreudige<br />

Pharma-Spezialisten aus Vorpommern<br />

Das Pharmaunternehmen Cheplapharm tätigt mit 340 Millionen<br />

Euro die größte privatwirtschaftliche Investition in Mecklenburg-<br />

Vorpommern. Diese Entwicklung zeigt, dass die Region Vorpommern<br />

Unternehmen beste Bedingungen für erfolgreiches Wachstum<br />

bietet. Von Steffen Piechullek<br />

Die Cheplapharm Arzneimittel GmbH<br />

mit Sitz in der Universitäts- und<br />

Hansestadt Greifswald übertrifft<br />

mit einer Investition von circa 340 Millionen<br />

Euro alle privatwirtschaftlichen Rekorde<br />

in Mecklenburg-Vorpommern und<br />

wird damit einer der größten mittelständischen<br />

Pharmabetriebe Deutschlands. Investiert<br />

wurde zum überwiegenden Teil<br />

in die weltweiten Rechte für die etablierten<br />

Marken, wie etwa das Antiadipositum<br />

Xenicalu und den Betablocker Dilatrend.<br />

Seit Anfang des Jahres liefen die Verhandlungen<br />

mit dem Basler Pharmaunternehmen<br />

F. Hoffmann-La Roche Ltd. „Wir<br />

haben schon in der Vergangenheit große<br />

Investitionen verabschiedet, aber diese<br />

Transaktion wird ein entscheidender<br />

und zukunftsweisender Meilenstein unserer<br />

Firmengeschichte werden“, macht<br />

die Geschäftsführung deutlich. Der kleinere<br />

Investitionsteil fließt in den Standortausbau<br />

in Greifswald. Die Geschäftsführung<br />

verkündet hierfür stolz: „Wir erwarten<br />

durch diese Investition einen neuen<br />

Rekordumsatz von 240 Millionen Euro<br />

für das nächste Jahr. Dies bedeutet ein<br />

Wachstum von 108 Prozent und damit<br />

sind wir eines der wachstumsstärksten<br />

mittelständischen Pharmaunternehmen<br />

Deutschlands.“ Auf dem internationalen<br />

Pharmamarkt ist Cheplapharm vor allem<br />

als Nischenanbieter bekannt. Mit einer<br />

ausgerichteten Buy-and-Build-Strategie<br />

generiert Cheplapharm jährlich zweistellige<br />

Wachstumsraten und ist der Newcomer<br />

auf dem mittelständischen deutschen<br />

Pharmasektor.<br />

In der Region Vorpommern sind mit der<br />

Riemser Pharma GmbH und der IDT Biologika<br />

(Riems) GmbH & Co. KG weitere<br />

international erfolgreiche Pharmaunternehmen<br />

ansässig. Riemser Pharma, ein<br />

wachstumsstarkes Unternehmen, das<br />

Spezialpharmazeutika mit hohem medizinischem<br />

Bedarf international vermarktet,<br />

bezog Anfang des Jahres 2<strong>01</strong>6 einen<br />

attraktiven neuen Standort in der Innenstadt<br />

von Greifswald – ein Zeichen der<br />

Verbundenheit mit der Region. IDT Biologika<br />

(Riems) hat sich auf die Herstellung<br />

von Impfstoffen für die Tiergesundheit<br />

spezialisiert, investiert derzeit am Standort<br />

Greifswald-Riems rund zwölf Millionen<br />

Euro in ein neues Laborgebäude. Damit<br />

werden modernste Bedingungen für<br />

die Forschung und die Qualitätskontrolle<br />

geschaffen und der Standort erheblich<br />

gestärkt.<br />

Die Gesundheitsbranche in Vorpommern<br />

hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten<br />

überaus dynamisch entwickelt<br />

und zählt inzwischen zu den wichtigsten<br />

Wirtschaftsfeldern der Region. Etwa<br />

30.000 Beschäftigte arbeiten mittlerweile<br />

in den unterschiedlichen Bereichen von<br />

Forschung über Pflege und Rehabilitation<br />

bis hin zu Wellness – Tendenz steigend.<br />

Der Gesundheits- und Wellness-Sektor<br />

zählt zu den fortschrittlichsten und leistungsfähigsten<br />

in Europa. Eine Vielzahl an<br />

Reha- und Kureinrichtungen sowie Medical-,<br />

Wellness- und Sporthotels mit einem<br />

Foto: Cheplapharm<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


MECKLENBURG-VORPOMMERN | 27<br />

vielfältigen Angebot moderner und leistungsorientierter<br />

Infrastruktur und hohen<br />

Qualitätsstandards, profitiert von den natürlichen<br />

Gegebenheiten der Region. Es<br />

ist vor allem das maritime Klima, die saubere<br />

Luft und die intakte Natur, vielseitige<br />

und abwechslungsreiche Ausflugsmöglichkeiten<br />

wie die einmaligen Sand- und<br />

Naturstrände sowie Küstenlandschaften<br />

oder die traditionsreichen Seebäder, die<br />

das Land so besonders machen.<br />

Die Universitäten und Fachhochschulen<br />

in der Region bieten spezialisierte Ausbildungsmöglichkeiten<br />

für den wachsenden<br />

Bedarf an qualifizierten Fachkräften<br />

in allen Bereichen der Gesundheitswirtschaft,<br />

Pharmazie und Life Sciences. Das<br />

Medizinstudium an der Universität Greifswald<br />

beispielsweise belegt seit Jahren<br />

Spitzenplätze in bundesweiten Hochschulrankings<br />

und ist bei Studierenden<br />

äußerst begehrt.<br />

Die bereits in Vorpommern ansässigen<br />

Unternehmen der Gesundheits- und<br />

Pharmabranche entwickeln sich sehr erfolgreich.<br />

Für neue Unternehmen aus<br />

diesen Bereichen bietet die Region die<br />

besten Voraussetzungen für eine ebenso<br />

erfolgreiche Unternehmensentwicklung.<br />

<strong>W+M</strong><br />

Ergänzt wird diese Gesundheitsversorgung<br />

durch Spitzenforschung. Schwerpunkte<br />

liegen in den Bereichen Biowissenschaften,<br />

Medizin und Medizintechnik,<br />

Molekularbiologie, Plasmaphysik, Neurowissenschaften<br />

und Onkologie. Hochqualifizierte<br />

Mitarbeiter und ein innovationsfreundliches<br />

Wirtschaftsklima ziehen Unternehmen<br />

der Life Sciences, Biotechnologien<br />

und Gesundheitswirtschaft an.<br />

Foto: Anette Pröber<br />

Sebastian F. Braun ist CEO von Cheplapharm.<br />

Gesund am Meer<br />

auf Deutschlands Sonnendeck<br />

Fotos: TMV/Jens König · Anklam Extrakt | made by WERK3.de<br />

Gesundheitswirtschaft & Life Sciences<br />

Dynamische Entwicklung der Gesundheitsbranche<br />

Modernstes Universitätsklinikum Deutschlands in Greifswald<br />

Hoch qualifizierte Mitarbeiter<br />

Spitzenstandort für Forschung und Entwicklung<br />

Lebensqualität eines beliebten Urlaubslandes<br />

www.invest-in-vorpommern.de


28 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />

Wirtschaftsfaktor<br />

Hochwasserschutz<br />

Brandenburg grenzt im Osten an Oder und Neiße, im Südwesten<br />

und im Nordwesten folgt die Landesgrenze dem Lauf der Elbe. Im<br />

Sommer <strong>2<strong>01</strong>7</strong> jährt sich zum 20. Mal das Oderhochwasser, eine<br />

„Jahrhundertflut“, die erstmals nach der Wende gravierende Mängel<br />

beim Hochwasserschutz in Ostdeutschland vor Augen führte. Die<br />

Folgen der Flutereignisse von 1997 an der Oder, von 2002 und 2<strong>01</strong>3<br />

an Elbe, Havel, Stepenitz und Schwarzer Elster zwangen das Land<br />

zu gewaltigen Investitionen – zur Beseitigung der Schäden und zur<br />

Erneuerung der Deiche und Schutzanlagen. Von Tomas Morgenstern<br />

Schäden in Höhe von 300 Millionen<br />

Euro hat die Oderflut im Sommer<br />

1997 in Brandenburg angerichtet. Allein<br />

Industrie und Landwirtschaft erlitten<br />

Verluste von 14 beziehungsweise 16 Millionen<br />

Euro. Nicht zuletzt wegen des Einsatzes<br />

tausender freiwilliger Helfer waren<br />

keine Menschenopfer zu beklagen. Die Reparatur<br />

oder Erneuerung von Hochwasserschutzanlagen,<br />

Straßen und Wegen, die<br />

Beseitigung von Schäden an Abwasseranlagen,<br />

Leitungssystemen, Wohnhäusern,<br />

Gebäuden und Einrichtungen von Firmen<br />

und Agrarbetrieben wurden zu einem Konjunkturprogramm<br />

auch für einheimische Firmen.<br />

Erst 20 Jahre nach der Flut stehen die<br />

letzten Arbeiten zur Ertüchtigung der Deiche<br />

und zur Erweiterung von Polderflächen<br />

(Rückhalteflächen) vor dem Abschluss.<br />

Das Hochwassergeschehen in Brandenburg<br />

wird durch die Flussgebiete von<br />

Oder und Elbe bestimmt. Nach Angaben<br />

des Brandenburger Umweltministeriums<br />

sind davon auf deutscher Seite der Oder<br />

in Ostbrandenburg 34.000 Menschen und<br />

eine Fläche von 87.000 Hektar betroffen,<br />

entlang der Elbe und ihrer Nebenflüsse<br />

26.000 Menschen und 26.300 Hektar.<br />

Zahl und Stärke der Hochwasserereignisse<br />

nehmen infolge des Klimawandels zu.<br />

Das Land schien seine Lektion gelernt zu<br />

haben, als 2002 die Elbe an vielen Orten<br />

Deicherneuerung am Elbe-Radweg nach der Flut von 2<strong>01</strong>3.<br />

über die Ufer trat und verheerende Schäden<br />

vor allem im benachbarten Sachsen<br />

anrichtete. Auch als 2<strong>01</strong>3 an der Elbe erneut<br />

Hochwasseralarm ausgelöst wurde,<br />

war wieder von einer „Jahrhundertflut“<br />

die Rede. Brandenburg blieben zwar Menschenopfer<br />

erspart, doch die Elbeflut zog<br />

Teile der Landkreise Elbe-Elster, Havelland<br />

und Prignitz in Mitleidenschaft. Auf<br />

84 Millionen Euro summierten sich die<br />

Schadensfälle – Brandenburgs Infrastrukturministerin<br />

Kathrin Schneider (SPD) rechnete<br />

zu Jahresbeginn vor, dass die Wiederherstellung<br />

der Deiche, Schöpfwerke,<br />

Polder und Straßen der Gemeinden noch<br />

bis 2<strong>01</strong>8 läuft und 39,1 Millionen Euro kosten<br />

wird. An der Infrastruktur des Landes<br />

entstand ein Schaden von 21,3 Millionen<br />

Euro, die flutbedingten Ernteausfälle in der<br />

Landwirtschaft wurden mit 19,4 Millionen<br />

Euro ausgeglichen. Das Geld stellten unter<br />

anderem der Aufbauhilfefonds von Bund<br />

und Ländern sowie der Europäische Solidaritätsfonds<br />

bereit.<br />

Das Land Brandenburg hat inzwischen<br />

50.526 Hektar als Überschwemmungsgebiete<br />

ausgewiesen, in denen der Bau<br />

von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden untersagt<br />

oder streng reglementiert ist. Deiche<br />

und Dämme schützen das Land auf<br />

einer Länge von über 1.300 Kilometern.<br />

Im Zeitraum von 1997 bis Ende 2<strong>01</strong>5 wurden<br />

rund 593 Millionen Euro für Hoch-<br />

Fotos: jurand/fotolia.com (oben), LfU Brandenburg (unten)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


BRANDENBURG | 29<br />

Seit 1980 schützt das Karthane-Schöpfwerk bei Wittenberge die<br />

Karthane-Niederung bis hin nach Bad Wilsnack vor Hochwasser.<br />

Foto: M. Großmann/pixelio.de<br />

wasserschutz ausgegeben, mit über 450<br />

Millionen Euro floss der größte Teil in die<br />

Deichsanierung. Deren Schwerpunkte bildeten<br />

die Regionen an Oder (277 Millionen<br />

Euro) und Elbe (135 Millionen Euro). Auch<br />

an kleineren Flüssen wie etwa der Schwarzen<br />

Elster wurden mehr als 40 Millionen<br />

Euro investiert.<br />

Anfang August stellte Brandenburgs Umweltminister<br />

Jörg Vogelsänger (SPD) in<br />

Potsdam die Hochwasserschutzprojekte<br />

des Landes in der Förderperiode 2<strong>01</strong>6 bis<br />

2021 vor. In diesem Zeitraum werden dafür<br />

aus Mitteln der EU, des Bundes und<br />

des Landes weitere insgesamt 424 Millionen<br />

Euro bereitgestellt. Schwerpunkte<br />

seien weitere Deichsanierungen an Oder<br />

und Elbe, so der Minister. Im Schnitt sind<br />

das pro Jahr 30 Millionen Euro für Hochwasserschutz,<br />

Deicherneuerung oder Sanierung<br />

für den Hochwasserschutz bedeutender<br />

Bauwerke (zum Beispiel das Wehr<br />

Hartmannsdorf oder die Schleuse Neubrück),<br />

20 Millionen Euro für Gewässersanierung<br />

und Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie<br />

(Fischaufstiegsanlagen oder<br />

Gewässerrenaturierung), 17 Millionen Euro<br />

für die Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes<br />

(darunter Schöpfwerke und<br />

Wehre), drei Millionen Euro zur Förderung<br />

der Siedlungswasserwirtschaft (für Kläranlagen<br />

oder die Trinkwasserversorgung).<br />

Zudem beteiligt sich Brandenburg am 2<strong>01</strong>3<br />

von den Umweltministern der Länder beschlossenen<br />

Nationalen Hochwasserschutzprogramm.<br />

Es definiert für die kommenden<br />

zehn Jahre präventive Schutzmaßnahmen<br />

im Gesamtumfang von fünf<br />

Milliarden Euro. Vorrangiges Ziel ist es,<br />

den Flüssen durch Schaffung neuer Polderflächen<br />

mehr Platz zu geben.<br />

In der Uckermark wird 2<strong>01</strong>8 die Deichsanierung<br />

im Unteren Odertal und bei<br />

Schwedt vollendet. Bei Stützkow wird für<br />

4,7 Millionen Euro das Einlaufwerk an der<br />

Oder saniert. In der Innenstadt von Frankfurt<br />

(Oder) sollen ab 2<strong>01</strong>9 mit Mitteln aus<br />

dem EU-geförderten Stadt-Umland-Wettbewerb<br />

Hochwasserschutzmaßnahmen<br />

umgesetzt werden. Weiter südlich, in der<br />

Neuzeller Niederung, wird bis 2<strong>01</strong>9 für<br />

10,6 Millionen Euro die Deichrückverlegung<br />

abgeschlossen.<br />

Hohe Priorität genießt der Hochwasserschutz<br />

an der Elbe, wo bei Mühlberg (Elbe-Elster-Kreis)<br />

der Hauptdeich auf 16,5<br />

Kilometern Länge saniert werden soll. Im<br />

Nordwesten, in der Prignitz, sind Abschnitte<br />

des Elbehauptdeiches bei Sandkrug zu<br />

erneuern – Kosten: 4,3 Millionen Euro.<br />

Durch die Sanierung des Schöpfwerkes<br />

Cumlosen für 4,1 Millionen Euro kann ab<br />

Juli 2<strong>01</strong>8 die Stadt Wittenberge im Hochwasserfall<br />

entlastet werden.<br />

In Wittenberge selbst steht bis <strong>2<strong>01</strong>7</strong> die<br />

Sicherung des Instandhaltungswerkes<br />

der Deutschen Bahn sowie des Industriegebietes<br />

Süd auf dem Plan. Die Kosten<br />

von 2,5 Millionen Euro trägt komplett<br />

der Landeshaushalt. Als Beispiel dafür,<br />

wie auch mittelständische Unternehmen<br />

von diesen Investitionen profitieren, führt<br />

das Brandenburger Agrarministerium die<br />

Firma Becker Umweltdienste im Industriegebiet<br />

Süd an, die durch eine spezielle<br />

Hochwasserschutzwand gesichert wurde.<br />

Für Planung, Vorbereitung und Umsetzung<br />

derartiger Maßnahmen würden<br />

häufig regionale Firmen eingesetzt. „Diese<br />

müssen sich zwar im Vergabewettbewerb<br />

durchsetzen, doch kommen häufig regional<br />

ansässige Firmen zum Zuge“, teilte ein<br />

Sprecher auf Anfrage mit. „Darüber hinaus<br />

werden durch die Hauptauftragnehmer der<br />

Baumaßnahmen, wenn es keine regional<br />

ansässige Firma ist, Nachauftragnehmer<br />

gebunden, die aus der Region stammen.“<br />

Die Arbeiten werden vorrangig an erfahrene<br />

Spezialfirmen vergeben. Doch auch<br />

sie stoßen immer wieder auf unerwartete<br />

Hindernisse. So haben im Sommer<br />

Wildschweine im Nationalpark „Unteres<br />

Odertal“ die Deiche zerwühlt, auch die unter<br />

Schutz stehenden Biber „sabotieren“<br />

den Hochwasserschutz an Elbe und Oder<br />

immer wieder. In der Uckermark musste<br />

Ende Oktober der Beginn der Deichsanierung<br />

am Oderpolder 5/6 zwischen Friedrichsthal<br />

und Gartz gestoppt werden.<br />

Grund ist die starke Belastung der betroffenen<br />

Flächen mit Munition aus dem Zweiten<br />

Weltkrieg. Nach dem Fund von Blindgängern<br />

veranlasste der Kampfmittelbeseitigungsdienst<br />

eine Umplanung. Für den<br />

gesamten Abschnitt wird mit Kosten von<br />

21 Millionen Euro – finanziert mit EU-, Bundes-<br />

und Landesmitteln – gerechnet. Baubeginn<br />

ist nun Ende <strong>2<strong>01</strong>7</strong>. <strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


30 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />

Sächsische Zulieferer würden gern wieder stärker<br />

mit dem Lada-Werk in Samara kooperieren.<br />

Sächsische Wirtschaft fordert<br />

Ende der Russland-Sanktionen<br />

Keinem ostdeutschen Land setzt das von der EU verhängte Embargo<br />

stärker zu. Die sächsischen Exporte nach Russland halbierten sich<br />

seit 2<strong>01</strong>4. Viele Marktanteile gelten für immer als verloren – trotz<br />

einer Goodwill-Reise von Wirtschaftsminister Martin Dulig im Herbst<br />

in das traditionelle wirtschaftliche Partnerland. Andere Staaten –<br />

selbst die USA – lachen sich ins Fäustchen. Von Harald Lachmann<br />

Akteure, die Sitten und Märkte – und sie<br />

wissen aus eigener Anschauung, welche<br />

sächsischen Maschinen und Anlagen in<br />

den russischen Tiefen heute dringend<br />

einer Modernisierung durch die früheren<br />

Lieferanten bedürfen. So exportierte<br />

seinerzeit allein der VEB Kirow in Leipzig<br />

– aus ihm ging die heutige Kirow Ardelt<br />

GmbH hervor – 5.000 Fahrzeugkräne in<br />

die Sowjetunion.<br />

Es ist erst ein halbes Jahrzehnt her,<br />

dass der wirtschaftliche Austausch<br />

zwischen Sachsen und Russland<br />

sprunghaft angestiegen war und die Zukunft<br />

rosarot leuchtete. Allein zwischen<br />

2<strong>01</strong>0 und 2<strong>01</strong>1 wuchs der Export sächsischer<br />

Produkte nach Russland um 70<br />

Prozent, in den Folgejahren sah es ähnlich<br />

gut aus. Das jährliche Gesamthandelsvolumen<br />

betrug seinerzeit knapp drei Milliarden<br />

Euro, womit Russland Sachsens<br />

fünftwichtigster Handelspartner wurde.<br />

Auf den Riesenmarkt gingen etwa Pkw,<br />

Wohnmobile, Erzeugnisse des Kraftfahrzeugbaus<br />

sowie Werkzeugmaschinen.<br />

Und bei den Importen nach Sachsen rangierte<br />

Russland sogar auf Platz zwei. Als<br />

Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU)<br />

im Oktober 2<strong>01</strong>1 Sankt Petersburg besuchte,<br />

begleiteten ihn nicht weniger als<br />

70 Unternehmer.<br />

Das schien alles nur folgerichtig, denn die<br />

ostdeutschen Länder waren über Jahrzehnte<br />

wirtschaftlich eng mit der früheren<br />

Sowjetunion verbandelt. Viele Wirtschaftsmanager<br />

sprechen hier nach wie<br />

vor ein solides Russisch, sie kennen die<br />

Doch die Sanktionen, die die EU auch auf<br />

Druck der USA 2<strong>01</strong>4 gegen Moskau verhängte,<br />

verursachten einen schmerzhaften<br />

Bruch in dieser Entwicklung. Gerade<br />

Sachsen ist überdurchschnittlich davon<br />

betroffen. Denn mehr als in anderen<br />

ostdeutschen Ländern basiert das Wirtschaftswachstum<br />

der sächsischen Wirtschaft<br />

auf einer hohen Exportstärke – und<br />

damit engen, partnerschaftlichen Beziehungen<br />

zu den Zielländern. Doch nun brachen<br />

die Handelsbilanzen gerade nach<br />

Russland fast über Nacht in zweistelligen<br />

Dimensionen ein. Das Riesenreich rutsch-<br />

Foto: SMWA Sachsen<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


SACHSEN | 31<br />

te auf Platz 14 der sächsischen Handelspartner<br />

ab. Vor allem der Maschinenbau<br />

leidet nach Aussagen des Wirtschaftsministeriums<br />

darunter, aber auch Fahrzeugbau,<br />

Elektronik und Optik.<br />

Fast noch schlimmer sei, so klagen sächsische<br />

Unternehmer, dass man plötzlich gegenüber<br />

langjährigen russischen Partnern<br />

„als unzuverlässig“ gelte. Dabei habe es<br />

für jene, die in den 1990er-Jahren mit<br />

Neugründungen versucht hatten, in Russland<br />

Absatzmärkte zu gewinnen, oft sehr<br />

lange gebraucht, ehe neue Kontakte geknüpft<br />

waren. Aber nun sei vieles „plötzlich<br />

für die Katz“, klagt ein Elektrounternehmer,<br />

der wie viele gleichfalls Betroffene<br />

nicht seinen Namen nennen will.<br />

Auch die drei sächsischen IHK-Präsidenten<br />

forderten so schon wiederholt eine<br />

Beendigung der Sanktionen und riefen<br />

jüngst erst ihre Landesregierung dazu auf,<br />

eine entsprechende Initiative im Bundesrat<br />

anzuregen. Ziele sollten sowohl die<br />

Rücknahme der Ausfuhrbeschränkungen<br />

als auch die „vollumfängliche Wiederaufnahme<br />

der Finanzierungsmöglichkeiten<br />

für Projekte der mittelständischen Wirtschaft<br />

in Russland“ sein. Denn der erlittene<br />

Schaden für sächsische Unternehmen<br />

seit Einführung der Sanktionen liege inzwischen<br />

im hohen dreistelligen Millionenbereich.<br />

Die sächsischen Exporte nach Russland<br />

hätten sich seit 2<strong>01</strong>4 halbiert.<br />

Auf diese Ironie verweist auch die sächsische<br />

Wirtschaft. Denn während sie Märkte<br />

verliert, lachten sich Länder in Asien,<br />

aber auch Brasilien, die Schweiz und selbst<br />

die USA ins Fäustchen: Sie hätten im Gegenzug<br />

ihre Geschäfte mit Russland um 15<br />

Prozent gesteigert. Sächsische Unternehmer<br />

müssten dagegen dauerhafte Verluste<br />

befürchten, weil Marktanteile in Russland<br />

nun nach China und Übersee gingen.<br />

Vor diesem Hintergrund besuchte Wirtschaftsminister<br />

Martin Dulig (SPD) im<br />

Herbst Russland. Sein erklärtes Ziel lautete<br />

hier, die Sanktionen zu überwinden. Zugleich<br />

verwies er darauf, dass Sachsen als<br />

„einziges Bundesland über die gesamte<br />

Embargo-Zeit hin Kontakt nach Russland<br />

gehalten hat, auch mit politischer Begleitung“.<br />

Immerhin leistet sich der Freistaat<br />

nach wie vor einen offiziellen Russland-<br />

Beauftragten, der sich um eine professionalisierte<br />

Kontaktanbahnung kümmert.<br />

Foto: SMWA Sachsen<br />

Dafür zeigt Sachsens Arbeitgeberpräsident<br />

Dr. Jörg Brückner Flagge: Erst im Oktober<br />

forderte er Kanzlerin Angela Merkel<br />

auf, die Sanktionen zu beenden. Denn gerade<br />

die letzten Monate hätten gezeigt,<br />

dass diese „gegen Russland kein brauchbares<br />

Instrument sind, um diesen schwierigen<br />

Konflikt zu lösen“. Stattdessen hätten<br />

sich nun auch noch die politischen Beziehungen<br />

drastisch verschlechtert. „Wir<br />

brauchen dringend eine Rückkehr zu geordneten<br />

Verhältnissen“, fordert Brückner,<br />

der auch Geschäftsführender Gesellschafter<br />

der KWD Kupplungswerk Dresden<br />

GmbH ist. Denn Wirtschaft lebe von Vertrauen<br />

und dies nehme gerade „nachhaltig<br />

Schaden, wenn wir unseren Partnern<br />

einen Besuch abstatten, um den Kontakt<br />

zu pflegen, aber nicht sagen können, was<br />

an Maßnahmen noch zu erwarten“ sei,<br />

heißt es in Unternehmerkreisen.<br />

Wirtschaftsminister Martin Dulig (2. v. r.) mit Vertretern der russischen Wirtschaft und<br />

Forschung in der Universität Samara.<br />

Im Grunde läuft die Wirtschaft damit bei<br />

Tillich – auch er spricht fließend russisch<br />

– offene Türen ein. Denn auch der Dresdener<br />

Regierungschef hinterfragte bereits<br />

mehrfach das Vorgehen der EU. So<br />

moniert er, dass zwar „bestimmte Exporte<br />

von Maschinen und Anlagen unter<br />

die Sanktionen fallen, die Europäer und<br />

auch Deutschland jedoch Erdgas und Erdöl<br />

aus Russland importieren“. Immerhin<br />

seien von den Sanktionen vor allem kleine<br />

und mittelständische Firmen aus Ostdeutschland<br />

betroffen. Schon deshalb<br />

gebe es hier „eine ganz andere Sensibilität<br />

dafür“. Zudem konstatierte er, dass nun<br />

ausgerechnet US-Firmen das Geschäft<br />

europäischer Unternehmen in Russland<br />

übernähmen.<br />

Einer der Unternehmer, der den Minister<br />

etwa in die Region Samara begleitete,<br />

war Hans-Günter Piegert, Vertriebsleiter<br />

der Dresdner Traditionsfirma Mikromat.<br />

Vor den Sanktionen hatte deren Geschäft<br />

mit Präzisionswerkzeugmaschinen<br />

nach Russland etwa die Hälfte des gesamten<br />

Exports ausgemacht, doch nun war er<br />

auf inzwischen ein Fünftel geschrumpft.<br />

So habe er bei der Tour, zu der noch 40<br />

weitere sächsische Unternehmer den Minister<br />

begleiteten, den teils langjährigen<br />

russischen Partnern „zeigen wollen, dass<br />

wir willens sind“, so Piegert. Ob es nützte,<br />

wird abzuwarten sein. <strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


32 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />

Bald soll es schnelles Internet in der Altmark geben.<br />

Breitband für die Altmark<br />

Schnelles Internet entwickelt sich zu einem zunehmend wichtigen<br />

Standortfaktor in Ostdeutschland. Doch der Breitbandausbau<br />

stockt vor allem in ländlichen Regionen – sehr zum Leidwesen<br />

des Mittelstands. In der Altmark soll mit vereinten Kräften Abhilfe<br />

geschaffen werden. Von Matthias Salm<br />

Dass Deutschland im Internet auf<br />

der Überholspur surft, lässt sich<br />

wahrlich nicht behaupten. In der<br />

Hitliste der Staaten mit dem schnellsten<br />

Internetzugang führt Südkorea mit<br />

durchschnittlichen 29 Megabit pro Sekunde<br />

(Mbit/s), gefolgt von den skandinavischen<br />

Ländern Norwegen und Schweden.<br />

Deutschland (13,9 Mbit/s) hingegen<br />

bewegt sich vergleichsweise gemächlich<br />

durch das weltweite Netz und belegt im<br />

Nationen-Ranking nur Platz 25 (Quelle:<br />

Statista/Akamai, 2<strong>01</strong>6).<br />

Bis 2<strong>01</strong>8, so sehen es die Pläne der Bundesregierung<br />

vor, sollen Deutschlands<br />

Haushalte mit Hochleistungsnetzen mit<br />

mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgt<br />

werden. 2,7 Milliarden Euro stehen<br />

DIE DNS:NET INTERNET SERVICE GMBH<br />

Das Brandenburg-Berliner Telekommunikationsunternehmen<br />

wurde 1998 gegründet<br />

und gehört zu den Full-Service<br />

Netzbetreibern in Deutschland. Das Unternehmen<br />

investiert seit 2007 bundesweit<br />

in den Infrastrukturausbau in Städten<br />

und im ländlichen Raum.<br />

ZWECKVERBAND BREITBAND<br />

ALTMARK (ZBA)<br />

Der Zweckverband Breitband Altmark<br />

wurde 2<strong>01</strong>2 gegründet und ist ein Zusammenschluss<br />

der beiden altmärkischen<br />

Landkreise sowie von 20 Kommunen<br />

(nur Stendal und Salzwedel fehlen).<br />

Als Verband ist er der erste dieser<br />

Art in Sachsen-Anhalt. Sein Ziel ist eine<br />

nachhaltige Infrastruktur zum Breitbandausbau<br />

in der Altmark bis 2<strong>01</strong>9.<br />

für die Ausbaupläne bereit. Vor allem die<br />

bisher unterversorgten ländlichen Regionen<br />

sollen so Anschluss an das digitale<br />

Zeitalter finden. Denn der Breitbandmarkt<br />

versagt bisher im ländlichen Raum.<br />

Aus technologischer Sicht empfiehlt sich<br />

dafür die Verlegung von Glasfaserleitungen<br />

bis ins Haus als die derzeit leistungsstärkste<br />

Anschlussvariante. Sie garantiert<br />

unter anderem gleiche Geschwindigkeiten<br />

beim Hoch- und Runterladen – eine<br />

wichtige infrastrukturelle Voraussetzung<br />

beispielsweise für die Attraktivität von<br />

Gewerbestandorten.<br />

Doch noch ist schnelles Internet gerade<br />

in Ostdeutschland vielfach eine Illusion.<br />

Mitte 2<strong>01</strong>6 fanden sich die Landstriche<br />

zwischen Harz und Oder laut einer Erhebung<br />

des TÜV Rheinland bei der Verfügbarkeit<br />

von mindestens 50 Megabit<br />

pro Sekunde auf den hinteren Plätzen.<br />

Einzige Ausnahme: Berlin. In der Hauptstadt<br />

verfügen bereits 90,2 Prozent der<br />

Haushalte über einen Zugang zu hohen<br />

Internetgeschwindigkeiten. Die ostdeutschen<br />

Flächenländer hinken dagegen im-<br />

Foto: DNS:NET Internet Service GmbH<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


OSTDEUTSCHLAND | 33<br />

Foto: DNS:NET Internet Service GmbH, Quelle Schaubild: TÜV Rheinland<br />

mer mehr hinterher. Das Schlusslicht bildet<br />

Sachsen-Anhalt. Hier können gerade<br />

mal 44 Prozent der Haushalte schnelles<br />

Internet nutzen (siehe Grafik).<br />

Längst fordern die Arbeitgeber des Landes,<br />

dem Thema höchste Priorität zu<br />

widmen. „Digitalisierung ist der einzige<br />

derzeit erkennbare Schlüssel zur Lösung<br />

vieler spezifischer Probleme unseres<br />

Landes“, erklärt Klemens Gutmann, Präsident<br />

der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände<br />

Sachsen-Anhalt e. V., und fordert:<br />

„Wir müssen den Digitalisierungsprozess<br />

endlich nutzen, um unser Land fit<br />

für die Zukunft zu machen.“ Das sieht nun<br />

auch die Landesregierung in Magdeburg.<br />

Das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Digitalisierung des Landes unterstützt<br />

und fördert den FTTH-Ausbau<br />

(FTTH heißt: Glasfaser wird bis ins Haus<br />

verlegt) im Cluster1-Gebiet mit vier Millionen<br />

Euro.<br />

Eine Vorreiterrolle übernimmt dabei die<br />

Altmark. Im Norden von Sachsen-Anhalt<br />

leben auf 4.700 Quadratkilometern<br />

rund 210.000 Menschen und eine mittelständisch<br />

geprägte Wirtschaft nicht<br />

nur ohne Autobahn, sondern bisher auch<br />

ohne Datenautobahn.<br />

Doch nun wandelt sich<br />

die Altmark mit einem<br />

nachhaltigen Breitband-Betreibermodell<br />

deutschlandweit zu einer<br />

der innovativsten<br />

Regionen. Das Modell:<br />

Der kommunale<br />

Zweckverband Breitband<br />

Altmark (ZBA)<br />

stellt als Netzeigentümer<br />

ein flächendeckendes<br />

Breitbandnetz<br />

mit Glasfaserleitungen<br />

direkt bis zum Haus beziehungsweise<br />

Gebäude bereit, der Netzbetreiber<br />

DNS:NET Internet Service GmbH versorgt<br />

als Pächter des Netzes und Technologiedienstleister<br />

die Nutzer.<br />

BREITBANDVERFÜGBARKEIT<br />

Versorgung mit Hochleistungsnetzen mit mehr als 50 Mbit/s in Prozent der Haushalte<br />

Hamburg<br />

Bremen<br />

Berlin<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Schleswig-Holstein<br />

Saarland<br />

Niedersachsen<br />

Baden-Württemberg<br />

Hessen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Bayern<br />

Brandenburg<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Thüringen<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

57,2<br />

52,8<br />

51,8<br />

51,5<br />

43,9<br />

77,4<br />

75,0<br />

73,6<br />

73,0<br />

72,8<br />

72,0<br />

70,8<br />

68,7<br />

Spatenstich für den Breitbandausbau in der Altmark.<br />

94,4<br />

93,6<br />

90,2<br />

Dass gerade die Unternehmen rund um<br />

Salzwedel und Stendal sehnsüchtig auf<br />

schnelles Internet warten, weiß auch Axel<br />

Schulz, stellvertretender Verbandsgeschäftsführer<br />

des ZBA. „Es herrscht massiver<br />

Bedarf“, sagt Schulz und nennt Beispiele:<br />

Planungsbüros, die CAD-Daten zu<br />

versenden haben, oder Arbeitnehmer, die<br />

im Home-Office arbeiten und an Videokonferenzen<br />

des Unternehmens teilnehmen<br />

wollen. Beides erschweren bisher<br />

mangelnde Internetgeschwindigkeiten.<br />

Das Modell eines Zweckverbandes hält<br />

Schulz für vorbildhaft. „Privatwirtschaftlich<br />

wird der Ausbau in dieser Form nicht<br />

stattfinden“, ist er überzeugt. Zudem<br />

kam die gewählte FTTH-Variante eine<br />

Nachhaltigkeit über mehrere Jahrzehnte<br />

gewährleistet. Auch die Kosten können<br />

niedrig gehalten werden. „Wir nutzen<br />

Leitungen, die von anderen Infrastrukturanbietern<br />

bereits verlegt wurden. Dies<br />

spart Kosten und verkürzt vor allem den<br />

Ausbauzeitraum“, betont Schulz. So können<br />

die Einwohner von Arneburg, Gardelegen<br />

oder Tangerhütte nun Bandbreiten<br />

von 150 Mbit/s, 300 Mbit/s und 500<br />

Mbit/s nutzen. Der Rest der Altmark soll<br />

bis 2<strong>01</strong>9 folgen.<br />

Das Projekt stößt in der Region auf breite<br />

Zustimmung. So betont Ulrich Böther,<br />

Vorstandsvorsitzender der Sparkasse<br />

Altmark West: „Die Sparkasse Altmark<br />

West ist vom Konzept des Zweckverbandes<br />

Breitband Altmark überzeugt. Deshalb<br />

begleiten wir das Projekt bereits von<br />

Beginn an beratend und im finanziellen<br />

Bereich.“ Und Andreas Brohm, Bürgermeister<br />

der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte,<br />

begrüßt den Ausbau ebenfalls:<br />

„Ich freue mich, dass wir das Ziel, ausnahmslos<br />

alle Gemeinden der Einheitsgemeinde<br />

mit Glasfaser und damit zukunftssicherer<br />

Infrastruktur versorgen zu<br />

können, erreicht haben. Glasfaser auf Gigabitniveau<br />

bis ins Haus ist die Zukunftschance<br />

für die Altmark. <strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


34 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />

Spitzenleistungen<br />

aus Ostdeutschland<br />

Der deutsche Mittelstand dominiert in unzähligen Branchen<br />

den Weltmarkt. Viele der innovativen Tüftler sind im Süden<br />

und Südwesten der Republik beheimatet. Doch auch zwischen<br />

Ostsee und Erzgebirge drängen immer mehr kleine und mittlere<br />

Unternehmen in die internationale Spitze vor. Von Matthias Salm<br />

WORLD<br />

CHAMPION<br />

Die ersten Würstchen in der Dose<br />

kamen aus Halberstadt, die erste<br />

Trommelwaschmaschine aus<br />

Schwarzenberg, der erste Farbfilm aus<br />

Wolfen – historisch gesehen zählten ostdeutsche<br />

Unternehmen oft zu den Innovatoren<br />

der Industriegeschichte und fanden<br />

weltweit Nachahmer. Doch die Vorreiterrolle<br />

mittelständischer Betriebe aus<br />

den industriellen Hochburgen Sachsens<br />

oder Thüringens fiel weitestgehend der<br />

deutschen Teilung nach 1945 zum Opfer.<br />

Heute besteht in der ostdeutschen Wirtschaft<br />

vielerorts immer noch Aufholbedarf,<br />

was Exportquoten und weltweite<br />

Marktanteile betrifft.<br />

Dabei ruht die Stärke der deutschen Wirtschaft<br />

gerade auf dem Erfolg so genannter<br />

„Hidden Champions“. Der Begriff bezeichnet<br />

kleine und mittlere<br />

Unternehmen, die sich in<br />

internationalen Nischenmärkten<br />

zu Bestleistungen<br />

aufgeschwungen haben.<br />

Sie arbeiten meist im Verborgenen,<br />

sind der Öffentlichkeit<br />

wenig bekannt und<br />

treten in der Wirtschaftspresse<br />

oft hinter den<br />

Schlagzeilen über<br />

weltumspannende<br />

Großkonzerne zurück.<br />

Hinzu kommt, dass<br />

viele der besonders<br />

innovativen<br />

Firmen<br />

Deutschlands<br />

ihr Werk in eher „peripheren Regionen<br />

abseits der großen Städte“ verrichten.<br />

So formuliert es das Leipziger Leibniz-Institut<br />

für Länderkunde, das auf Basis<br />

von Daten der Weissman-Gruppe für Familienunternehmen<br />

die regionale Verteilung<br />

deutscher Weltmarktführer ermittelt<br />

hat. Demnach trifft man auf globale Top-<br />

Unternehmen in ländlichen Gebieten in<br />

Oberfranken, im württembergischen Hohenlohe,<br />

im Schwarzwald und im Südosten<br />

der Schwäbischen Alb, aber auch in<br />

Randregionen Thüringens, im Hunsrück<br />

oder im Sauerland. Viele dieser Unternehmen<br />

befinden sich in Familienbesitz<br />

und sind in ihrer Heimatregion stark verankert.<br />

Doch mit den Start-ups der digitalen<br />

Wirtschaft entstehen gegenwärtig auch<br />

in den großstädtischen Zentren neue Global<br />

Player – der Mittelstand von morgen.<br />

Wer letztlich zu den Hidden Champions<br />

zählt, ist eine Frage der Definition. Sei<br />

es, ob ein Unternehmen eine gesamte<br />

Branche dominiert oder nur bei einzelnen<br />

Produkten die Nase vorn hat, ob es<br />

alleiniger Spitzenreiter ist oder etwa zu<br />

den Top drei auf dem Globus zählt – die<br />

Zahlen schwanken denn auch je nach Erhebung<br />

zwischen 1.100 und 1.600 deut-<br />

Die Leipziger Kirow Ardelt GmbH ist führend bei<br />

Schlackentransportern für die Metallurgie.<br />

Fotos: Harald Lachmann (oben, unten), JiSign/fotolia.com (Medaille)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


WELTMEISTER | 35<br />

Spitzentechnologie aus Ostdeutschland: Die Firma FAM Magdeburger Förderanlagen<br />

und Baumaschinen GmbH ist Weltchampion bei leistungsfähiger Tagebautechnik.<br />

Foto: Thomas Schwandt<br />

schen Weltmarktführern. Zudem ist nicht<br />

aller Ruhm auch von Dauer – dies mussten<br />

etwa einst führende Unternehmen<br />

der Solarwirtschaft in Sachsen-Anhalt<br />

und Sachsen erfahren. Denn wer neue<br />

Technologien und veränderte Kundenbedürfnisse<br />

verschläft oder neuer Konkurrenz<br />

auf anderen Kontinenten nicht mehr<br />

gewachsen ist, kann die einstige Spitzenstellung<br />

in kürzester Zeit einbüßen.<br />

Innovation bestimmt den Erfolg<br />

Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />

(ZEW) zählte 2<strong>01</strong>5 rund 1.500<br />

Hidden Champions. Ihre gute Marktposition<br />

sei auf ihre starke Innovationsorientierung<br />

zurückzuführen, analysierten die<br />

Mannheimer Forscher. „Über 80 Prozent<br />

der Hidden Champions haben in den zurückliegenden<br />

drei Jahren Produkt- oder<br />

Prozessinnovationen eingeführt. Das sind<br />

zehn Prozent mehr als bei vergleichbaren<br />

Unternehmen ihrer Größe“, heißt es in<br />

der ZEW-Studie. Ihr zufolge sind fast ein<br />

Viertel von ihnen im Maschinenbau tätig,<br />

gefolgt von der Elektronikindustrie (10,5<br />

Prozent). Auch die Medizintechnik, Metallwarenherstellung,<br />

Chemieindustrie, Metallerzeugung<br />

und die Kunststoffverarbeitung<br />

beweisen sich als deutsche Vorzeigebranchen.<br />

Den höchsten Anteil an Hidden<br />

Champions unter allen Unternehmen<br />

einer Branche kann die Pharmaindustrie<br />

mit sieben Prozent für sich beanspruchen.<br />

Wenn auch die Zahlen differieren – Einigkeit<br />

herrscht bei den Experten darin, dass<br />

sich die mittelständischen Exportweltmeister<br />

im Süden und Südwesten der Republik<br />

ballen. Baden-Württemberg und<br />

Bayern wissen die Mehrzahl der deutschen<br />

Spitzenreiter in ihren Landesgrenzen.<br />

Hier produzieren Unternehmen, deren<br />

Geschichte zum Teil bis in die Anfänge<br />

des 20. Jahrhunderts zurückreicht. Allein<br />

dem Hohenlohekreis zwischen Heilbronn<br />

und Schwäbisch Hall werden 18 Weltmarktführer<br />

zugeordnet. Zusammen mit<br />

Nordrhein-Westfalen vereinen die beiden<br />

Südländer drei Viertel aller Weltmarktführer<br />

aus deutschen Landen.<br />

Ostdeutschland schneidet hingegen besser<br />

ab, nimmt man nur Gründungen nach<br />

der Zeitenwende 1989 in die Betrachtung<br />

auf. Das „Lexikon der deutschen Weltmarktführer“<br />

von 2<strong>01</strong>4 rechnet Berlin 28<br />

Weltmarktführer zu, Sachsen 21, Thüringen<br />

elf, Mecklenburg-Vorpommern<br />

fünf und Sachsen-Anhalt vier. Brandenburg<br />

bildet mit drei Weltmarktführern das<br />

Schlusslicht im Ranking.<br />

Zugereiste und Platzhirsche<br />

Die Spitzenpositionen ostdeutscher Unternehmen<br />

speisen sich aus unterschiedlichen<br />

Quellen. Manches Unternehmen<br />

siedelte nach der Wiedervereinigung<br />

Deutschlands in den Osten um – quasi in<br />

historischer Umkehrung der zahlreichen<br />

führenden Mittelständler, die nach 1945 in<br />

den Westen abgewandert waren. Ein Beispiel<br />

ist die LEIPA Georg Leinfelder GmbH<br />

in Schwedt, die ihren Firmensitz aus Bayern<br />

in die Uckermark verlegte und von dort<br />

grafische Papiere auf 100 Prozent Recyclingbasis<br />

in alle Welt exportiert.<br />

Andere Unternehmen haben wiederum<br />

eine über Jahrhunderte währende Tradition<br />

zu neuer Blüte erweckt. Wie die<br />

ORAFOL Europe GmbH, ein Marktführer<br />

für Spezialfolien, der seit 1919 seine Wurzeln<br />

im brandenburgischen Oranienburg<br />

hat und vor 1989 als VEB Spezialfarben<br />

Oranienburg firmierte. Auch die FAM Magdeburger<br />

Förderanlagen und Baumaschinen<br />

GmbH hat sich nach 1990 mit Tagebautechnik,<br />

Verlade- und Hafenbautechnik<br />

als erfolgreiche Treuhandausgründung in<br />

die Weltspitze vorarbeiten können.<br />

Schließlich schafften es auch ostdeutsche<br />

Jungunternehmer in den letzten<br />

Jahren, die weltweite Konkurrenz in die<br />

Schranken zu weisen. In noch jungen<br />

Wirtschaftszweigen wie der Internetwirtschaft<br />

siedeln sie oft in den Großstädten<br />

im Dunstkreis exzellenter Hochschulen.<br />

So haben es etwa in Berlin Unternehmen<br />

wie Delivery Hero oder TradeMachines<br />

im Eiltempo zu weltweiter Präsenz gebracht.<br />

<strong>W+M</strong><br />

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36 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />

Schwedter Erfolgsstory: Die LEIPA Georg Leinfelder GmbH<br />

exportiert grafische Papiere auf 100 Prozent Recyclingbasis.<br />

Berlin und Brandenburg:<br />

Welthits aus der Hauptstadtregion<br />

Coole Musik und heiße Pizza – Berliner Unternehmen liegen<br />

weltweit in trendigen Nischen vorn. Aber auch der traditionsreiche<br />

Industriestandort Berlin kann international punkten. Und ebenso<br />

Brandenburg beheimatet Hidden Champions. Von Matthias Salm<br />

Ein Eldorado für Horror- und Actionfans<br />

– wann immer auf der Leinwand<br />

das Blut in Strömen fließt,<br />

stammt es zumeist aus den Lagern der<br />

Kryolan GmbH im Berliner Stadtteil Wedding.<br />

Auf Kryolan-Kunstblut schwören die<br />

Effektemacher in Hollywood ebenso wie<br />

TV-Regisseure und Theatermacher. Seit<br />

mehr als 70 Jahren beliefert das Familienunternehmen<br />

die Film-, Theater- und<br />

Fernsehindustrie. Die riesige Palette von<br />

über 16.000 hochwertigen Make-up-Produkten<br />

wird inzwischen in mehr als 80<br />

Ländern auf allen Kontinenten vertrieben.<br />

Damit sind die Berliner Weltmarktführer<br />

für Kunstblut und Theaterschminke, mit<br />

deren Hilfe sich beispielsweise Johnny<br />

Depp auf der Leinwand in den Piraten<br />

Jack Sparrow verwandelte.<br />

Während sich die Kryolan GmbH ihren<br />

Ruf in Hollywood über Jahrzehnte erarbeitet<br />

hat, schießen im digitalen Zeitalter<br />

Geschäftsmodelle oft im Eiltempo an die<br />

Spitze. So vermeldete das Internet-Unternehmen<br />

Delivery Hero Holding GmbH in<br />

Berlin-Mitte, dass es mit mehr als 83 Millionen<br />

ausgeführten Bestellungen im ersten<br />

Halbjahr 2<strong>01</strong>6 klarer Weltmarktführer<br />

im Bereich von Online-Essensbestellungen<br />

sei. Das 2<strong>01</strong>1 gegründete Unternehmen<br />

ist in Europa, dem Nahen Osten, China<br />

und Südamerika aktiv und befeuert den<br />

weltweiten Trend, Essen über das Web<br />

oder Smartphone-Apps zu bestellen.<br />

Wen es nach der gemeinsam genossenen<br />

Pizza daheim noch mit Freunden in<br />

die angesagten Clubs der Stadt zieht, der<br />

tanzt ebenfalls weltweit nach den Sounds<br />

aus der Hauptstadt. Denn in Berlin wetteifern<br />

gleich zwei Unternehmen um die<br />

Spitze in der Produktion von Musiksoftware.<br />

Die 1996 gegründete Firma Native<br />

Instruments in Kreuzberg sieht sich als<br />

global erfolgreichster Hersteller von Software<br />

und Hardware für computerbasierte<br />

Musikproduktion.<br />

Dank ihrer Software wurden DJs zu Stars<br />

und komponierten bekannte Bands wie<br />

Coldplay Welthits. Aus derselben Keimzelle<br />

erwuchs auch der zweite Marktführer<br />

an der Spree: Die Ableton AG wurde<br />

1999 von ehemaligen Native-Mitarbeitern<br />

gegründet und verdient den Löwenanteil<br />

seiner Umsätze in der Musikproduktion<br />

ebenfalls rund um den Globus.<br />

Digitale Weltmarktführerschaft<br />

Die digitale Weltmarkführerschaft reklamiert<br />

für sich auch das junge Berliner Unternehmen<br />

TradeMachines. Es unterhält<br />

die weltweit größte Metasuchmaschine<br />

für gebrauchte Maschinen – vom Bagger<br />

Foto: LEIPA Georg Leinfelder GmbH<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


WELTMEISTER | 37<br />

bis zur Flugzeugturbine. Firmengründer<br />

Dr. Heico Koch erkannte frühzeitig das Potenzial<br />

eines Marktes, der weltweit auf<br />

380 Milliarden Dollar geschätzt wird. Mitte<br />

des Jahres waren die Berliner mit 54<br />

länderspezifischen Plattformen in sechs<br />

Sprachen online.<br />

Im benachbarten Brandenburg sind derartige<br />

Erfolgsgeschichten rarer gesät.<br />

Die historisch industriellen Schwerpunkte<br />

Stahl und Energie sowie die Landwirtschaft<br />

boten nur geringe Voraussetzungen<br />

für den Aufstieg mittelständischer Betriebe<br />

an die Weltspitze. In den Ranglisten der<br />

Hidden Champions in Deutschland landet<br />

Brandenburg daher auf hinteren Rängen.<br />

die Produktionskapazitäten<br />

in Oranienburg in diesem<br />

und im nächsten Jahr<br />

kontinuierlich aus.<br />

Das Unternehmen BE Maschinenmesser<br />

GmbH &<br />

Co. KG in Spreenhagen gilt<br />

als führend in der Herstellung<br />

von Maschinenmessern,<br />

Schneidwerkzeugen<br />

und Schneidzubehör für<br />

die Lebensmittelverarbeitung<br />

– insbesondere von<br />

Messern für den gesamten<br />

Fleischverarbeitungsprozess.<br />

Foto: Kryolan<br />

Know-how aus Bayern<br />

Dennoch finden sich auch hier mittelständische<br />

Erfolgsunternehmen – manchmal<br />

importierte wie die LEIPA Georg Leinfelder<br />

GmbH in Schwedt. 1999 hat die ehemals<br />

bayerische Firma ihren Sitz in die<br />

Uckermark verlegt. Die Grundlage ihrer<br />

Geschäftsfelder Papier und Verpackungen<br />

sind nachhaltige und umweltschonende<br />

Produktionsprozesse. Mit einer Produktionskapazität<br />

von 530.000 Jahrestonnen<br />

grafischer Papiere auf 100 Prozent Recyclingbasis<br />

ist die LEIPA Georg Leinfelder<br />

GmbH auf diesem Gebiet Weltmarktführer.<br />

Das Magazinpapier der LEIPA findet<br />

mit einer Exportquote von rund 50 Prozent<br />

Verwendung in Zeitschriften, Kundenmagazinen<br />

oder Werbebeilagen. „Wir exportieren<br />

in über 40 Länder, nicht nur in alle<br />

europäischen Länder, sondern auch tatsächlich<br />

weltweit“, so die Marketing-Leiterin<br />

Marion Krüger. Die Absatzgebiete erstrecken<br />

sich von Nord- und Südamerika<br />

über Afrika und Asien bis nach Australien<br />

– und sogar Neukaledonien.<br />

Auf Expansionskurs segelt auch die<br />

ORAFOL Europe GmbH, die 2<strong>01</strong>5 das erfolgreichste<br />

Jahr in der Firmengeschichte<br />

mit Umsätzen weit über einer halben<br />

Milliarde Euro verbuchen konnte. Drei Produktgruppen<br />

machten das Oranienburger<br />

Unternehmen weltbekannt: Industrieklebebänder,<br />

grafische Produkte und mikroreflektierende<br />

Folien. Der Spezialfolienhersteller<br />

ist auf allen Kontinenten vertreten<br />

und baut seine Konzernzentrale und<br />

Zurück in die Hauptstadt:<br />

Hier agieren nicht nur kreative<br />

Start-ups. Auch die<br />

traditionelle Berliner Industrie<br />

genießt noch Weltruf.<br />

Für sie steht wie kein<br />

zweiter der Name Borsig,<br />

im 19. Jahrhundert zweitgrößter<br />

Dampflokomo ti -<br />

v enproduzent der Welt. Die<br />

heutige Borsig GmbH ist internationaler<br />

Marktführer<br />

für Abhitzesysteme und<br />

Spaltgaskühler im Bereich<br />

der chemischen und petrochemischen<br />

Industrie.<br />

Maschinen und Medizintechnik<br />

Für die Qualität der Berliner Industrie<br />

steht auch die BEKUM Maschinenfabriken<br />

GmbH in Berlin-Mariendorf. Das Unternehmen<br />

setzte Industriestandards bei<br />

Blasmaschinen. Die Produktion nahezu aller<br />

Extrusions-Kunststoffflaschen beruht<br />

heutzutage auf Erfindungen von BEKUM.<br />

Ihre Maschinen kommen in der Automobil-,<br />

Getränke-, Pharma-, Kosmetik- und<br />

Chemieindustrie zum Einsatz. 300 Mitarbeiter<br />

arbeiten für BEKUM in den Werken<br />

in Berlin, Österreich und den USA.<br />

Gut geschminkt mit Kryolan-Produkten.<br />

Ebenfalls weltweit erfolgreich sind Berliner<br />

Mittelständler im Gesundheitssektor:<br />

Die Eckert & Ziegler Gruppe gehört<br />

zu den weltweit größten Herstellern von<br />

radioaktiven Komponenten für medizinische,<br />

wissenschaftliche und messtechnische<br />

Zwecke. Auch die Biotronik SE &<br />

Co. KG aus Neukölln ist in über 100 Ländern<br />

der Welt vertreten – mit innovativen<br />

Produkten wie Herzschrittmachern,<br />

Stents und implantierbaren Defibrillatoren<br />

sowie telemedizinischen Dienstleistungen.<br />

Als Besonderheit im Reigen der Berliner<br />

Weltmarktführer darf sich die Berliner<br />

Seilfabrik GmbH & Co. fühlen. Sie setzt<br />

Maßstäbe bei Spielgeräten aus Seilen,<br />

hält 15 internationale Patente auf innovative<br />

Erfindungen etwa in der Sicherheit<br />

der Spielgeräte. Die Wurzeln der Berliner<br />

Seilfabrik liegen übrigens in einer gänzlich<br />

anderen Branche – in einer 1865 gegründeten<br />

Seilfertigungsstätte für die Berliner<br />

Aufzugsindustrie.<br />

<strong>W+M</strong><br />

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38 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />

EEW produziert im Rostocker<br />

Seehafen gigantische Stahlrohre<br />

für Offshore-Windkraftanlagen.<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Spitze in der<br />

Metallverarbeitung<br />

Boom der Windenergie<br />

Mit tonnenschweren Metallkomponenten<br />

gelang es in den zurückliegenden Jahren<br />

auch der Eisengießerei Torgelow GmbH,<br />

auf dem Weltmarkt eine führende Position<br />

einzunehmen. Mit dem Boom der Windenergie<br />

expandierte das traditionsreiche<br />

vorpommersche Unternehmen vor allem<br />

mit der Herstellung von Maschinenträgern,<br />

Turbinengehäusen und Rotornaben<br />

für große Windkraftanlagen. Mit einer breiteren<br />

Produktpalette für den Energiesektor<br />

und Investitionen in moderne Fertigungstechnik<br />

gelang es der Gießerei, eine Flaute<br />

nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

von 2008/09 zu überwinden<br />

und sich auf dem globalen Markt zu behaupten.<br />

In Torgelow werden monatlich<br />

bis zu 8.000 Tonnen Gusseisen „in Form<br />

gebracht“.<br />

Speziell die Offshore-Windenergie beflügelte<br />

den Aufstieg der Rostocker<br />

EEW Special Pipe Constructions GmbH.<br />

Der Großröhrenhersteller siedelte sich<br />

2007/08 im Seehafen Rostock an und produziert<br />

dort Stahlrohre, die als Fundamente<br />

für Windräder auf hoher See verwendet<br />

werden und weltweit zu den größten ihrer<br />

Art zählen. Die gewaltigen Röhren erreichen<br />

Längen bis zu 120 Meter und Durchmesser<br />

bis zu zehn Meter. Über die Kaikante<br />

werden sie direkt auf Spezialschiffe<br />

und Pontons verladen und zu Offshore-<br />

Projekten in ganz Europa transportiert.<br />

Das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern zeigt: Auch in strukturschwachen<br />

Regionen kann es gelingen, bis zur Weltspitze vorzustoßen.<br />

Das internationale Geschäft beflügelt hochspezialisierte<br />

Firmen aus Mecklenburg-Vorpommern zu innovativen Spitzenleistungen.<br />

Von Thomas Schwandt<br />

Mit einem Volumen von acht Milliarden<br />

Euro nimmt sich die Exportleistung<br />

Mecklenburg-Vorpommerns<br />

(MV) von 2<strong>01</strong>5 im Jahresvergleich<br />

zu den deutschen Ausfuhren im Gesamtwert<br />

von 1,2 Billionen Euro bescheiden aus.<br />

Auch ist die Zahl der Unternehmen aus dem<br />

Nordosten überschaubar, die in einem vom<br />

„Manager Magazin“ vor einigen Jahren veröffentlichten<br />

Ranking „Deutschlands 1000<br />

Weltmarktführer“ gelistet wurden.<br />

Die MMG Mecklenburger Metallguss GmbH<br />

aus Waren (Müritz) kam dabei auf Platz 660,<br />

die Eisengießerei Torgelow GmbH auf Platz<br />

897. Bei der kleinteiligen Struktur der Wirtschaft<br />

in MV – mehr als 90 Prozent der Unternehmen<br />

sind klein- und mittelständisch<br />

aufgestellt – verwundert das wenig.<br />

Umso bemerkenswerter daher die Leistung<br />

der Unternehmen, die es an die Spitze geschafft<br />

haben: Bei MMG Mecklenburger<br />

Metallguss entstehen die weltgrößten und<br />

effizientesten Schiffspropeller. Im spezialisierten<br />

Unternehmen war Mitte der 90er<br />

frühzeitig erkannt worden, dass „im Schiffbau<br />

die Musik künftig in Fernost spielt“, wie<br />

es MMG-Geschäftsführer Manfred Urban<br />

rückblickend formuliert.<br />

Der maritime Zulieferer verfrachtet die riesigen,<br />

durchschnittlich 75 Tonnen schweren<br />

Schiffsantriebe seither vorrangig nach<br />

Südkorea. 2<strong>01</strong>5 fertigten die 250 Mitarbeiter<br />

insgesamt 150 Propeller.<br />

Unweit des EEW-Werkes verschifft auch<br />

die Liebherr-MCCtec Rostock GmbH ihre<br />

Produkte in alle Welt. Der führende Hersteller<br />

von Hafenmobilkranen stellt seit<br />

2005 maritime Umschlagtechnik im Seehafen<br />

her und verfügt international über<br />

einen Marktanteil von 60 Prozent. Inzwischen<br />

beschäftigt das Rostocker Liebherr-<br />

Werk 1.500 Mitarbeiter. Im vorigen Jahr<br />

brachte das Unternehmen mit dem LHM<br />

800 den weltgrößten Hafenmobilkran auf<br />

den Markt.<br />

Neben den Weltmeistern im metallverarbeitenden<br />

Gewerbe haben es auch einige<br />

Spezialfirmen aus MV in anderen Branchen<br />

geschafft, international ganz vorn dabei<br />

zu sein. So werden von der Schweriner<br />

AIRSENSE Analytics GmbH weltweit gefragte<br />

Gefahrstoffdetektoren hergestellt.<br />

Die Dockweiler AG aus Neustadt-Glewe<br />

liefert hochwertige Edelstahlrohrsysteme<br />

an Kunden in der Halbleiter-, Pharmaund<br />

Solarindustrie sowie der Biotechnologie.<br />

Die in Neubrandenburg ansässige GTA<br />

Geo service GmbH erfasst geografische Daten<br />

aller Art und bietet Komplettlösungen<br />

an, um die Daten zu analysieren und etwa<br />

für 3-D-Simulationen in der Städteplanung<br />

zu verwenden. Zu guter Letzt erfreuen sich<br />

rund um den Globus bei Skippern die Segelund<br />

Motoryachten der Greifswalder Hanse<br />

Yachts AG großer Beliebtheit. Das 1990 in<br />

der Hansestadt gegründete Unternehmen<br />

zählt heute zu den zwei größten Herstellern<br />

hochseetüchtiger Segelyachten. <strong>W+M</strong><br />

Foto: Thomas Schwandt<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


WELTMEISTER | 39<br />

Die IFA-Rotorion-Gruppe aus Haldensleben<br />

beschäftigt weltweit 2.200 Mitarbeiter.<br />

Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt:<br />

Die unbekannten Giganten<br />

Foto: IFA Rotorion<br />

Sachsen ist ostdeutscher Primus in der Rangliste der Weltmarktführer<br />

aus Ostdeutschland. Aber auch Mittelständler aus<br />

Thüringen und Sachsen-Anhalt dominieren in ihrem Segment die<br />

Weltspitze. Von Harald Lachmann<br />

Bis heute sind es zumeist gewachsene<br />

Familienunternehmen, die<br />

es zur Weltmarktführerschaft bringen.<br />

Doch nur 300 der 4.400 größten<br />

deutschen Firmendynastien sitzen heute<br />

im Osten. Andererseits hält es Gerhard<br />

Heimpold vom Hallenser Leibniz-Institut<br />

für Wirtschaftsforschung (IWH) 25 Jahre<br />

nach der Einheit für zweitrangig, ob ein<br />

Unternehmen aus einer Treuhandfirma,<br />

als Ausgründung einer Universität, als<br />

Wieder- oder komplette Neugründung<br />

entstand. Entscheidender seien ein zukunftsorientiertes<br />

Unternehmenskonzept,<br />

kluges strategisches Agieren sowie Top-<br />

Produkte auf Basis modernster Verfahren.<br />

Sachsen-Anhalt:<br />

Inzwischen breit aufgestellt<br />

Wirklich sichere Statistiken über ostdeutsche<br />

Weltmarktführer gibt es nicht. Denn<br />

zu oft sind sie in sehr schmalen Segmenten<br />

zu Hause, die nur Insider kennen.<br />

Zudem unterliegt auch die hiesige Wirtschaft<br />

in einer globalisierten Welt stetiger<br />

Veränderung. Das beste Beispiel liefert<br />

– leider – Sachsen-Anhalt. Hier entstand<br />

einmal die Hälfte aller deutschen<br />

Solarzellen. So versammelten sich allein<br />

um Bitterfeld mehrere globale Vorreiter.<br />

Doch das Ende ist bekannt.<br />

Mittlerweile ist Sachsen-Anhalt breiter<br />

aufgestellt. Das runde halbe Dutzend<br />

Weltmarktführer des Landes belegt<br />

dies: Die FAM Magdeburger Förderanlagen<br />

und Baumaschinen GmbH hat ihren<br />

Schwerpunkt unter anderem in der<br />

Tagebautechnik, die ebenfalls in Magdeburg<br />

beheimatete LAGOTEC bei Messinstrumenten,<br />

mit denen sich Ablagerungen<br />

in Rohrleitungen und Tanks kontrollieren<br />

lassen, und die EKF-diagnostic<br />

GmbH aus Barleben in einer spezifischen<br />

Medizintechniknische. Ebenfalls in Barleben<br />

entstehen die weltweit führenden<br />

Kernschießmaschinen für Gießereien.<br />

Hersteller ist die Laempe Mössner Sinto<br />

GmbH, die sich auf gießereitechnische<br />

Problemlösungen und Kernanwendungen<br />

mit Schwerpunkten wie Fahrzeugbau,<br />

Berg- und Tagebau sowie Energie- und<br />

Elektrotechnik spezialisiert hat.<br />

Global Player aus Haldensleben<br />

Ein schon stärker bekannter Champion ist<br />

die IFA-Rotorion-Gruppe aus Haldensleben:<br />

Sie beschäftigt weltweit 2.200 Mitarbeiter.<br />

Der Automobilzulieferer, der sich<br />

nach der Wende dank kluger Reprivatisierung<br />

schnell zum Global Player entwickelte,<br />

verkörpert nun auch in Sachsen-<br />

Anhalt jenen Erfolgstypus Familienunternehmen.<br />

Speziell bei Längswellen dominiert<br />

man klar die großen Märkte. Alle<br />

wichtigen Autohersteller greifen auf Teile<br />

von IFA Rotorion zurück. 2009 übernahm<br />

die Gruppe auch ein westdeutsches Unternehmen<br />

am Bodensee. Heute setzt<br />

sie jährlich 450 Millionen Euro um – und<br />

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40 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />

Die Leipziger Kirow Ardelt GmbH ist Weltmarktführer bei selbst entwickelten und<br />

gefertigten Eisenbahnkranen sowie Schlackentransportern für die Metallurgie.<br />

arbeitet ständig an neuen innovativen<br />

Produkten.<br />

Ein Weltmarktführer ganz anderen Zuschnitts<br />

etablierte sich dagegen in Amsdorf<br />

bei Halle: ROMONTA. Der Spezialist<br />

für Kohlechemie mit einem eigenen<br />

Tagebau ist der weltweit größte Hersteller<br />

von Rohmontanwachs. Der wird für<br />

die Herstellung von Schuhcreme, Bohnerwachs<br />

oder wasserabweisenden Beschichtungen<br />

von Rigipsplatten benötigt.<br />

Weltweit das Spitzenniveau bestimmen<br />

aber auch weitere Unternehmen des Landes<br />

mit, etwa Hanwha Q Cells in Bitterfeld-Wolfen<br />

oder der Maschinenbauer<br />

Doppstadt Calbe GmbH. Der ist auf Umwelt-<br />

und Abfalltechnik spezialisiert, investierte<br />

erst 2<strong>01</strong>5 weiter in seine Produktionskapazität<br />

– und ist so womöglich<br />

auch bald Weltmarktführer.<br />

Sachsen: Der Krösus im Osten<br />

Der Freistaat ist ostdeutscher Primus.<br />

Das belegen auch rund zwei Dutzend<br />

Hidden Champions. Allein 650 Automobilzulieferer<br />

bilden dafür ein innovatives<br />

Potenzial. So führt die AB Elektronik<br />

GmbH aus Klingenberg weltweit in<br />

der Sensortechnik für Abgassysteme, die<br />

FEP Fahrzeugelektrik Pirna GmbH avancierte<br />

zum Weltmeister bei Öldruckschaltern<br />

und Elektronikgehäusen und die Freiberger<br />

ACTech GmbH bei der Entwicklung,<br />

Konstruktion und Fertigung einbaufertiger<br />

Gussteile für Zylinderköpfe oder<br />

Getriebegehäuse.<br />

Doch allein auf Automobile fokussiert<br />

sich die Weltmarktführerschaft sächsischer<br />

Firmen nicht. So gibt die Görlitzer<br />

Sysmex Partec GmbH international den<br />

Ton bei HIV- und AIDS-Immunstatusdiagnostik<br />

an. Die KIESELSTEIN International<br />

GmbH in Chemnitz beliefert über 600<br />

Kunden in 50 Ländern mit Drahtziehanlagen<br />

und Drahtziehschälmaschinen. Die<br />

Novaled GmbH in Dresden dominiert dagegen<br />

den Globus bei organischen LED-<br />

Lösungen. Die ebenfalls in Dresden beheimatete<br />

Theegarten-Pactec GmbH ist<br />

weltweiter Krösus bei Verpackungsmaschinen<br />

für die Süßwarenindustrie, und<br />

die Compound Materials GmbH aus Freiberg<br />

bei Verbindungshalbleitersubstraten<br />

für die Mikro- und Optoelektronik.<br />

Auch die weltweite Nummer eins bei Spezialschmier-<br />

sowie Korrosionsschutzstoffen<br />

sitzt mit der Elaskon Sachsen GmbH<br />

in Dresden. Der Worldchampion für alle<br />

Fragen des Verbindungsschweißens ist<br />

heute die Leipziger Goldschmidt Thermit<br />

GmbH und der Weltmarktführer für gebaute<br />

Nockenwellen die thyssenkrupp<br />

Presta GmbH in Chemnitz. Niemand auf<br />

dem Planeten fertigt zudem mehr Fernbedienungen<br />

für Standheizungen wie die<br />

digades GmbH Zittau – und keiner mehr<br />

Ausrüstungen für industrielle Vakuumprozesse<br />

der Plasma- und Elektronenstrahltechnik<br />

wie die Dresdener Von Ardenne<br />

GmbH. International ohne Beispiel steht<br />

seit Jahren auch die AOA Apparatebau<br />

Gauting GmbH mit ihren Frisch- und Abwassersystemen<br />

für Flugzeuge da. Die<br />

Dresdener betreiben heute eigene Kundendienstzentren<br />

in den USA und Singapur.<br />

Allein in der Elbmetropole arbeiten<br />

übrigens acht Weltmarktführer.<br />

Mundharmonikas aus Klingenthal<br />

Doch sächsischer Unternehmergeist<br />

besetzt noch ganz andere Nischen: So<br />

profilierte sich die Firma C.A. SEYDEL<br />

SÖHNE GmbH aus Klingenthal zum Weltmeister<br />

bei Mundharmonikas mit Messingund<br />

Edelstahlstimmzungen, die Bibliothekseinrichtung<br />

Lenk GmbH aus Schön-<br />

Foto: Harald Lachmann<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


WELTMEISTER | 41<br />

heide/Vogtland führt international bei Spezialeinrichtungen<br />

für Büchereien und die<br />

Firma MÜHLE im erzgebirgischen Stützengrün<br />

bei Rasierpinseln für die hochwertige<br />

Nassrasur.<br />

Womöglich einen neuen Rekord im<br />

Kampf um die Weltspitze stellten jüngst<br />

die Chemnitzer Elektronikentwickler der<br />

EmployeeApp GmbH (c/o Staffbase) auf.<br />

Denn gerade 20 Monate am Markt, führt<br />

das Start-up vom Kaßberg bereits diese<br />

Nische an und eröffnete jüngst ein Büro<br />

in New York. Und dass es zuweilen auch<br />

Weltmarktführer aus DDR-Zeiten schafften,<br />

nach 1990 durchzustarten, beweist in<br />

Leipzig die Kirow Ardelt GmbH: Nun bestimmt<br />

sie nicht nur bei Eisenbahnkranen<br />

weltweit die Standards, sondern auch bei<br />

Schlackentransportern für die Metallurgie.<br />

Thüringen: Stark am Markt<br />

Wie sehr die Welt auch Thüringer Innovationen<br />

wahrnimmt, belegt das Tun von<br />

Markenpiraten. Gleich zwei Weltmarktführer<br />

aus dem kleinen Geschwenda<br />

bei Ilmenau erwehren sich derzeit Plagiatsangriffen:<br />

die Geratherm Medical<br />

AG, die quecksilberfreie Thermometer<br />

entwickelt und baut, sowie die Kunststoff-<br />

und Holzverarbeitungswerk GmbH<br />

(KHW), ein Experte für Kunststoffschlitten<br />

in preisgekröntem Design. Aber auch<br />

der Jenaer Optikriese JENOPTIK, Weltmarktführer<br />

bei Verkehrssicherheitstechnik,<br />

kann hiervon ein Lied singen.<br />

Gut ein Dutzend Thüringer Unternehmen<br />

dominierten in ihrem Segment die Weltspitze.<br />

Das Land unterstützt dies aktiv<br />

über das Projekt „Stark am Markt“. In<br />

dessen Rahmen identifizierte man sogar<br />

94 Unternehmen, die in ihrem Segment<br />

welt- oder zumindest europaweit zu den<br />

Umsatz- oder Innovationsspitzenreitern<br />

zählen – von der Analytik Jena AG (Analysenmesstechnik)<br />

oder der Carl Zeiss<br />

Jena GmbH (Optik) bis zu echten Hidden<br />

Champions wie der Häcker Automation<br />

GmbH, einem Spezialisten für Mikrosystemtechnik<br />

aus Waltershausen, oder<br />

der Rudolstädter smartfiber AG. Sie entwickelt<br />

und produziert Hightech-Fasern.<br />

Jena nicht nur Optik-Hochburg<br />

Unbestrittene Weltmarktführer sind<br />

die beiden Jenaer Medizintechnikunternehmen<br />

Asclepion Laser Technologies<br />

GmbH sowie Carl Zeiss Meditec AG. Für<br />

die Potenzen des Standortes sprechen<br />

aber auch die GÖPEL electronic GmbH,<br />

die in Jena optische Mess- und Testgeräte<br />

für die Elektrotechnik entwickelt und<br />

fertigt, sowie die Jena-Optronik GmbH:<br />

Sie gehört zu den weltweiten Spitzenadressen<br />

im optischen Instrumentenbau<br />

für Weltraumanwendungen.<br />

Ebenfalls im Osten Thüringens beheimatet<br />

sind daneben die auf innovative Lösungen<br />

bei medizinischen Hilfsmitteln<br />

geeichte Bauerfeind AG aus Zeulenroda<br />

und die Docter ® Optics GmbH aus Neustadt<br />

an der Orla – ein weltweiter Vorreiter<br />

für Qualitäts- und Sportoptik, Zielfernrohre,<br />

Spektive und Rotpunktvisiere.<br />

Aber auch die anderen Regionen des<br />

Freistaats mischen international erfolgreich<br />

mit. Der Maschinenbauer Maximator<br />

GmbH in Nordhausen ist Weltmarktführer<br />

bei Systemlösungen für<br />

Hochdruck- und Prüftechnik, Hydraulik<br />

und Pneumatik, der Automobilzulieferer<br />

MITEC Automotive AG aus Eisenach bei<br />

Massenausgleichssystemen und Komponenten<br />

der Allradgetriebetechnologie<br />

und die WAGO Kontakttechnik GmbH<br />

aus Sondershausen im Bereich der Federklemmtechnik.<br />

Foto: GRAFE<br />

Weil sie in Thüringen bessere Entwicklungschancen vorfanden als daheim im Sauerland,<br />

gründeten Matthias Grafe (2. v. r.) und seine drei Brüder Clemens, Michael und Christian ihre<br />

Firma für Masterbatches 1991 in Blankenhain bei Weimar.<br />

Weltweite Trends setzt auch die GRAFE<br />

Advanced Polymers GmbH in Blankenhain<br />

mit ihren Farbgranulaten und Kunststoffadditiven<br />

für bestimmte Farb- und<br />

Lackmischungen, etwa in der Autoindustrie.<br />

Und die GBneuhaus GmbH aus<br />

Neuhaus am Rennweg mauserte sich inzwischen<br />

zum weltweit führenden Beschichter<br />

von Lampenkolben, etwa für<br />

Autoscheinwerfer, aber auch in der Veredelung<br />

von Keramik, Kunststoffen und<br />

Metallen.<br />

<strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


42 | <strong>W+M</strong> TITEL WELTMEISTER<br />

RAGNITZ ANALYSIERT<br />

Warum Firmen aus<br />

Ostdeutschland<br />

ganz vorne mitmischen<br />

WORLD<br />

CHAMPION<br />

Auch wenn Ostdeutschland gemeinhin<br />

als eine strukturschwache<br />

Region wahrgenommen wird,<br />

gibt es auch hier eine ganze Reihe von<br />

Unternehmen, die in ihren spezifischen<br />

Märkten ganz vorne mitmischen. So listet<br />

eine Untersuchung der Universität<br />

Rostock aus dem Jahr 2<strong>01</strong>3 immerhin<br />

77 Unternehmen auf, die man als „Hidden<br />

Champions“ interpretieren kann –<br />

von denen die meisten allerdings einer<br />

breiten Öffentlichkeit gänzlich unbekannt<br />

Prof. Dr. Joachim Ragnitz<br />

ist Stellvertretender Leiter<br />

des ifo-Instituts Dresden.<br />

sein dürften, weil sie sich auf sehr spezifische<br />

Märkte spezialisiert haben und<br />

zumeist als Investitionsgüterproduzenten<br />

oder als Lieferant von Bauteilen für anspruchsvollere<br />

Konsumgüter tätig sind.<br />

Die meisten davon sind in Sachsen ansässig<br />

– aber auch in den übrigen ostdeutschen<br />

Ländern finden sich Unternehmen,<br />

die als Weltmarktführer in ihrem Marktsegment<br />

gelten können. Das relativiert<br />

doch all das Klagen, dass immer wieder<br />

über den Mangel an Wirtschaftskraft in<br />

Ostdeutschland geführt wird.<br />

Was zeichnet diese erfolgreichen Unternehmen<br />

aus? Das Wichtigste ist offenkundig<br />

die langfristige strategische Ausrichtung<br />

und der unbedingte Willen zum<br />

Erfolg. Und das lieber in einem kleinen<br />

überschaubaren Marktsegment, in dem<br />

man seine Mitbewerber und ihre Produkte<br />

genau kennt und deswegen vor Überraschungen<br />

durch unliebsame Konkurrenz<br />

gefeit ist. Auffällig ist zudem, dass kaum<br />

eines dieser Unternehmen versucht hat,<br />

durch Preisführerschaft stark zu werden –<br />

ganz im Gegenteil, der Wettbewerbsvorteil<br />

liegt im Regelfall in technologischer<br />

Exzellenz und herausragender Angebotsqualität,<br />

für die auch entsprechend hohe<br />

Preise verlangt werden können. Gleichzeitig<br />

kann ein technologischer Vorsprung<br />

auch mittel- oder gar langfristig die Marktführerschaft<br />

sichern, denn Technologieführerschaft<br />

beruht ja in der Regel auch<br />

auf Wissensvorsprüngen der Mitarbeiter,<br />

die durch potenzielle oder tatsächliche<br />

Wettbewerber nicht unmittelbar aufgeholt<br />

werden können. Dass dies wiederum<br />

auch den Beschäftigten selber zugute<br />

kommt – durch höhere Sicherheit ihrer Arbeitsplätze,<br />

durch höhere Löhne – ist dabei<br />

zwar nur ein Nebeneffekt, aber gerade<br />

in Ostdeutschland auch besonders bedeutsam,<br />

zumal hiervon positive Effekte<br />

auch auf die Kaufkraft und damit auf die<br />

regionale Nachfrage ausgehen.<br />

Weltmarktführerschaft kommt insoweit<br />

nicht von allein, sondern bedarf unternehmerischer<br />

Klugheit, Aktivitäten in Forschung<br />

und Entwicklung, gut ausgebildeter<br />

Fachkräfte und manch anderem mehr.<br />

Zudem ist Weltmarktführerschaft eben nur<br />

erreichbar, wenn man tatsächlich auch den<br />

Weltmarkt beliefert und sich nicht allein auf<br />

die regionalen Heimatmärkte beschränkt.<br />

Dass man damit auch in Ostdeutschland<br />

Erfolg haben kann, ist erwiesen – nur leider<br />

reichte bislang die Zeit (26 Jahre seit der<br />

Vereinigung) nicht aus, dass noch mehr Unternehmen<br />

sich an die Spitze haben hervorarbeiten<br />

können. Deswegen besteht durchaus<br />

Hoffnung, dass in den nächsten Jahren<br />

noch mehr Unternehmen zu solchen<br />

Hidden Champions werden können, vor allem<br />

in solchen Märkten, die durch hohe<br />

wissenschaftlich-technische Dynamik gekennzeichnet<br />

sind. Es ist zwar nicht zu erwarten,<br />

dass diese Unternehmen dann<br />

stark wachsen und so zur Überwindung<br />

der Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft<br />

beitragen können, denn enge Märkte<br />

sind ja gerade dadurch gekennzeichnet,<br />

dass die Expansionschancen beschränkt<br />

sind. Aber unternehmerisches Wachstum<br />

ist ja auch nicht unbedingt ein Ziel an sich;<br />

viel wichtiger ist es, dass Ostdeutschland<br />

auf diese Art und Weise zeigen kann, dass<br />

es das Potenzial zum „Weltmeister“ besitzt.<br />

Das wäre dann doch auch schon etwas!<br />

<strong>W+M</strong><br />

Fotos: JiSign/fotolia.com (oben), ifo Dresden (unten)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


ZUKUNFT OST<br />

<strong>W+M</strong> POLITIK | 43<br />

Von zahlreichen Medienvertretern umringt: Vizekanzler<br />

Sigmar Gabriel bei seinem Auftritt in Bad Saarow.<br />

Erstes Ostdeutsches Wirtschaftsforum in Bad Saarow<br />

Aufbruch in die Zukunft<br />

Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo (oben), <strong>W+M</strong> (unten)<br />

Der idyllisch am Scharmützelsee gelegene Ort Bad Saarow war<br />

Gastgeber des ersten Ostdeutschen Wirtschaftsforums (OWF).<br />

An dem Gipfeltreffen von Spitzenvertretern aus Politik, Wirtschaft<br />

und Wissenschaft – im Vorfeld auch als „Davos des Ostens“<br />

bezeichnet – nahmen rund 130 geladene Gäste teil. Allen voran<br />

Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD),<br />

Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU), die<br />

Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris Gleicke (SPD), sowie<br />

die ostdeutschen Landesväter Dr. Dietmar Woidke (SPD), Dr.<br />

Reiner Haseloff (CDU) und Michael Müller (SPD). Sie alle brachten<br />

Botschaften mit, die dank der großen Medienresonanz in ganz<br />

Deutschland Verbreitung fanden. Von Katrin Kleeberg<br />

„Es ist dringend an der Zeit, über die Zukunft<br />

Ostdeutschlands zu reden", sagte<br />

Frank Nehring, Herausgeber des Magazins<br />

WIRTSCHAFT+MARKT und Initiator<br />

des OWF, bei der Eröffnung des Ostdeutschen<br />

Wirtschaftsforums. Wie wichtig dieser<br />

Diskurs tatsächlich ist, machte Prof. Dr.<br />

Joachim Ragnitz vom Dresdener ifo Institut<br />

deutlich: „Der Aufholprozess der neuen<br />

Länder gegenüber den alten Bundesländern<br />

stagniert seit rund 15 Jahren, zwischen<br />

dem Bruttoinlandsprodukt Ost und<br />

West klafft eine Lücke von rund 30 Prozent,<br />

ähnlich bei der Produktivität. Wirtschaftswachstum<br />

findet – bis auf wenige Ausnahmen<br />

– kaum mehr statt, viele<br />

der ostdeutschen kleinen<br />

und mittelständischen<br />

Unternehmen (KMU)<br />

sind hoch spezialisiert<br />

und somit in<br />

ihren Markt-Expansionsmöglichkeiten<br />

eingeschränkt. Aufgrund<br />

der demografischen<br />

Entwicklung<br />

im Osten Deutschlands<br />

und der Abwanderung junger<br />

Leute fehlt es hier an Eliten, die den<br />

Aufschwung tragen könnten.“ Hochschulen<br />

bilden trotz aller Exzellenz, so Ragnitz,<br />

am Bedarf der Wirtschaft vorbei aus – ähnlich<br />

verhalte es sich mit der Forschung. Die<br />

traditionelle, auf Investorengewinnung ausgerichtete,<br />

Wirtschaftsförderung sei ausgereizt<br />

und brauche dringend eine Neuorientierung<br />

hin zur Innovationsförderung.<br />

Und als wäre das nicht schon genug,<br />

kommt auch noch einer der wohl umfassendsten<br />

Umbrüche seit der industriellen<br />

Revolution vor gut 200 Jahren auf uns zu:<br />

die Digitalisierung. „Die Digitalisierung wird<br />

Märkte und Unternehmen nicht nur verändern,<br />

sondern von Grund auf neu definieren",<br />

prognostizierte Dr. Jens-Uwe Meyer,<br />

Geschäftsführer der Innolytics<br />

GmbH. Nach seiner Einschätzung<br />

wird es zu einer „Kompetenzdigitalisierung"<br />

kommen.<br />

Das bedeutet: Dinge,<br />

die bislang von Menschen<br />

erledigt wurden,<br />

OWF-Initiator und <strong>W+M</strong>-<br />

Herausgeber Frank Nehring.<br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


44 | <strong>W+M</strong> POLITIK<br />

werden künftig von Maschinen ausgeführt.<br />

Studien führender Wirtschaftsforschungsinstitute<br />

sagen einen damit einhergehenden<br />

Abbau von bis zu 40 Prozent der klassischen<br />

Industrie- und Dienstleistungsarbeitsplätze<br />

voraus.<br />

Düstere Aussichten für die ostdeutsche<br />

Wirtschaft – so mag man meinen. Aber die<br />

nüchterne beziehungsweise auch ernüchternde<br />

Analyse der derzeitigen Situation<br />

birgt auch Chancen: Chancen auf richtiges<br />

und rechtzeitiges Reagieren, auf Weichenstellen<br />

in Richtung Zukunft. Diese findet,<br />

zumindest bei der Schaffung der entsprechenden<br />

Rahmenbedingungen, in der Politik<br />

der Länder und des Bundes statt. Und<br />

so machte es Hoffnung, dass sich Bundeswirtschaftsminister<br />

Sigmar Gabriel auf dem<br />

Ostdeutschen Wirtschaftsforum klar zu einer<br />

Weiterführung der Förderung von Regionalentwicklung<br />

in den ostdeutschen Bundesländern<br />

über das Jahr 2<strong>01</strong>9 hinaus bekannte.<br />

Nach seinen Worten fließen derzeit<br />

rund 80 Prozent der vom Bund für die<br />

Regionalentwicklung bereitgestellten Mittel<br />

nach Ostdeutschland. Und die Bedeutung<br />

der Regionalentwicklung werde künftig<br />

noch weiter steigen: „Preiswertes Wohnen,<br />

schnelles Internet und eine vielfältige<br />

Kulturlandschaft sind die beste Werbung,<br />

um junge Leute in die Region zu holen", sagte<br />

Ga briel. Deshalb halte der Bund an der<br />

Regionalförderung fest. Doch gut ausgebildete<br />

Fachkräfte schauen auch auf ihre Entlohnungschancen.<br />

„Es war sicher ein Fehler,<br />

Ostdeutschland zu einer Spielwiese für<br />

Rund 130 hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und<br />

Wissenschaft nahmen am OWF teil.<br />

Ministerpräsidenten beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum: Reiner Haseloff, Michael Müller und<br />

Dietmar Woidke (v. l.).<br />

Niedriglöhne zu machen", räumte der Wirtschaftsminister<br />

ein und mahnte eine rasche<br />

Rückkehr zu Tariflöhnen an. Er könne sich<br />

zudem – nach dem Beispiel der „Gemeinschaftsaufgabe<br />

Aufbau Ost" – eine „Gemeinschaftsaufgabe<br />

demografischer Wandel"<br />

vorstellen. „Auch das ist eine Art der<br />

Wirtschaftsförderung", sagte er. Denn so,<br />

wie sie jetzt laufe, bremse die demografische<br />

Entwicklung die Innovationsfähigkeit<br />

der Wirtschaft aus. Um weitere sieben Prozent<br />

wird die Bevölkerung in Ostdeutschland<br />

laut Prognosen bis 2030 schrumpfen.<br />

Daraus erwachsen laut Gabriel neue Anforderungen<br />

insbesondere an die Wirtschaftsförderung.<br />

„Wir brauchen für unterschiedliche<br />

Regionen unterschiedliche Strategien",<br />

sagte er und mahnte die<br />

Wirtschaftsförderer,<br />

sich mehr auf die Bestandspflege<br />

zu konzentrieren,<br />

„als auf den<br />

einen großen Investor<br />

zu hoffen, der ohnehin<br />

nicht kommt".<br />

Anregungen, wie regionale<br />

Wirtschaftsförderung<br />

gehen kann, gab<br />

es auf dem OWF beispielsweise<br />

aus Berlin<br />

– das sich in den letzten<br />

drei bis vier Jahren<br />

zu einer der am stärksten<br />

wachsenden Regionen<br />

in ganz Deutschland entwickelt hat.<br />

Drei Prozent Wirtschaftswachstum im<br />

Jahr 2<strong>01</strong>5, eine unter zehn Prozent liegende<br />

Arbeitslosenquote und ein Einwohnerzuwachs<br />

von rund 50.000 pro Jahr sprechen<br />

eine klare Sprache. Erreicht wurde dies unter<br />

anderem durch die Konzentration der<br />

Wirtschaftsförderung auf die Start-up-Szene,<br />

wie Andrea Joras, Geschäftsführerin der<br />

Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie<br />

GmbH, berichtete. Dabei wurden und<br />

werden die Vorzüge Berlins bei den sogenannten<br />

weichen Faktoren wie Lebensgefühl,<br />

Wohnen und Freizeit mit einer gründerorientierten<br />

Wirtschaftsförderung verknüpft.<br />

Entstanden ist eine dynamische<br />

Gründerszene, die mit gestandenen Wirtschaftsunternehmen<br />

und den Universitäten<br />

und Forschungseinrichtungen der Bundeshauptstadt<br />

kooperiert. „Das sind die Quellen<br />

für das Wachstum Berlins", sagt Joras.<br />

Kreativität als Wachstumstreiber: Darin<br />

sieht auch Bundesforschungsministerin<br />

Prof. Dr. Johanna Wanka große Chancen<br />

für den Wirtschaftsstandort Deutschland.<br />

Denn obwohl die Bundesrepublik gerade<br />

einmal ein Prozent der Weltbevölkerung<br />

ausmacht, ist Deutschland eine der weltweit<br />

führenden Wirtschaftsnationen. „Das<br />

geht nur durch Kreativität, durch Innovationen",<br />

sagte die Ministerin in Bad Saarow.<br />

Und was für ganz Deutschland gilt, gilt in<br />

ganz besonderem Maße für den Osten des<br />

Landes. In den hier ansässigen KMU steckt<br />

Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


ZUKUNFT OST<br />

<strong>W+M</strong> POLITIK | 45<br />

Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />

laut Wanka ein großes Innovationspotenzial.<br />

Um dieses zu heben, müssten die Wissenschaftseinrichtungen<br />

in den Ländern „sich<br />

noch mehr als bisher den Bedürfnissen der<br />

KMU öffnen". Aber auch der Bund kenne<br />

seine Verantwortung zum Erschließen des<br />

ostdeutschen Innovationspotenzials, betonte<br />

sie. Bislang seien rund 1,6 Milliarden Euro<br />

in rund 500 Innovationsverbünde in den neuen<br />

Ländern geflossen – und das mit Erfolg.<br />

Und die Palette der Bundesförderung für<br />

KMU und deren Innovationskraft ließe sich<br />

beliebig fortsetzen: Exzellenzclusterförderung,<br />

Förderprogramme für den Mittelstand,<br />

Innovationsforen und vieles mehr.<br />

Der Mittelstand nimmt die Hilfen gern an,<br />

mahnt aber unbürokratischere Verfahren<br />

und noch besser auf die tatsächlichen Bedürfnisse<br />

des Mittelstandes abgestimmte<br />

Programme und Rahmenbedingungen an:<br />

bei der Regelung der Unternehmensnachfolge,<br />

beim Zugang zu Fördermitteln, beim<br />

Breitbandausbau oder bei der Energiewende.<br />

Auch das ist ein Fazit des Ostdeutschen<br />

Wirtschaftsforums.<br />

Da sind neben dem Bund auch die Länder<br />

gefordert. Darüber, wie sie ihre Länder fit<br />

für die Zukunft machen wollen, diskutierten<br />

in Bad Saarow die Ministerpräsidenten der<br />

Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt<br />

Dr. Dietmar Woidke und Dr. Reiner Haseloff,<br />

der Regierende Bürgermeister von Berlin<br />

Michael Müller und der Infrastrukturminister<br />

des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />

Appellierte an die Kreativität der<br />

Unternehmer: Bundesforschungsministerin<br />

Prof. Dr. Johanna Wanka.<br />

Würdigte die Arbeit in den Gründerzentren:<br />

Christian Pegel, Infrastrukturminister in<br />

Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Christian Pegel (SPD) im Rahmen einer Podiumsdiskussion.<br />

Ausgehend von einer gemeinsamen<br />

Vergangenheit, „geprägt von<br />

den Jahrzehnten der Isoliertheit" (Haseloff)<br />

und dem gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen<br />

Umbruch in den 1990er Jahren, die<br />

den Ostländern „noch in den Knochen stecken"<br />

(Woidke), ringt man gemeinsam um<br />

entsprechende Rahmenbedingungen –<br />

etwa bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen.<br />

Und auch, wenn es um die<br />

besten Rezepte zur Stärkung der Wirtschaft<br />

in den Ländern zwischen Kap Arkona und<br />

Fichtelberg geht, gibt es viele Parallelen:<br />

„Cluster bilden die Gründerzentren ab und<br />

drängen sich überall im Osten nahezu auf",<br />

konstatierte Pegel unter Verweis auf die<br />

Tatsache, dass in den Osten (noch) mehr<br />

Fördermittel aus EU und Bund fließen als in<br />

den alten Ländern. Die Landesväter sehen<br />

darin eine Chance für ihre Länder – insbesondere<br />

für die bessere Vernetzung von<br />

Wissenschaft und Forschung, aber auch<br />

für die Wirtschafts- und Regionalentwicklung.<br />

Jedoch wissen sie auch, dass für die<br />

Zukunft selbsttragende Strukturen geschaffen<br />

werden müssen – etwa wenn es darum<br />

geht, den Schritt in das digitale Zeitalter zu<br />

gehen. Dass dies für die Länder wie die Unternehmer<br />

ein Kraftakt werde, darin waren<br />

sich alle einig. Dennoch: Die Mittelständler<br />

in ihren Ländern müssten die Digitalisierung<br />

als Chance begreifen und sie von Beginn<br />

an aktiv mitgestalten, „ansonsten sind sie<br />

weg vom Markt", brachte es der brandenburgische<br />

Ministerpräsident Dietmar Woidke<br />

auf den Punkt.<br />

Darin unterscheidet den Mittelständler<br />

Ost nur wenig vom KMU im Westen des<br />

Landes. Überhaupt: „Der Osten Deutschlands<br />

wird von außen betrachtet als eine<br />

Region wahrgenommen", sagte Berlins<br />

Regierender Bürgermeister Michael Müller.<br />

Eine Aussage, die eine Diskussionsrunde<br />

mit Diplomaten aus Russland, Ungarn,<br />

der Tschechischen und der Slowakischen<br />

Republik bestätigte. Alle verwiesen<br />

auf die sehr guten Wirtschaftsbeziehungen<br />

mit Deutschland – und Ostdeutschland<br />

im Besonderen. Historisch gewachsen,<br />

stehen diese Beziehungen vor neuen<br />

Herausforderungen, die da heißen: Wissens-<br />

und Innovationstransfer sowie Technologiekooperation<br />

und ein breit gefächerter<br />

Erfahrungsaustausch auf Wirtschaftswie<br />

Politikebene.<br />

Forderte Lust auf Wachstum:<br />

Staatssekretärin Iris Gleicke.<br />

Wichtige Impulse dafür hat das Ostdeutsche<br />

Wirtschaftsforum in Bad Saarow gegeben.<br />

Und mehr noch: Es hat, wie die<br />

Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris<br />

Gleicke zum Abschluss sagte, „Wachstum<br />

als strategisches Ziel definiert". Nun müsse<br />

es gelingen, dies nicht nur rational zu<br />

begreifen, sondern auch Bauch und Herz<br />

zu erreichen und unter der Unternehmerschaft<br />

„Lust auf Wachstum" zu wecken.<br />

Dazu gebe es allen Grund, denn „wir haben<br />

viel erreicht – und den Rest schaffen<br />

wir auch noch", setzte Gleicke einen<br />

optimistischen Schlusspunkt hinter zwei<br />

Tage voller anregender Diskussionen über<br />

die Zukunft der ostdeutschen Wirtschaft.<br />

<br />

<strong>W+M</strong><br />

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46 | <strong>W+M</strong> POLITIK<br />

Intensive Netzwerkarbeit beim „Davos des Ostens“<br />

Zwei Tage lang diskutierten rund 130<br />

Unternehmer, Spitzenpolitiker und<br />

renommierte Wissenschaftler auf<br />

dem ersten Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />

(OWF) in Bad Saarow über die Zukunft<br />

des Wirtschaftsstandortes Ostdeutschland<br />

(siehe Seiten 43-45). Neben<br />

den Debatten kam bei dem als „Davos<br />

des Ostens“ bezeichneten Gipfeltreffen<br />

auch die Netzwerkarbeit unter den Teilnehmern<br />

nicht zu kurz. Festlicher Höhepunkt<br />

war zweifellos die abendliche<br />

OWF-Gala im A-ROSA-Forum. Die vielen<br />

guten Gespräche wurden von kulinarischen<br />

Genüssen untermalt und durch ein<br />

Mini-Filmfestival aufgelockert. Vorgestellt<br />

wurden Imagefilme aus den neuen Bundesländern<br />

und Berlin. Die Gäste sahen<br />

sich unvermittelt in der Rolle von Filmjuroren.<br />

Sie durften entscheiden, welcher der<br />

Filme sie am ehesten inspirieren würde,<br />

sich in dem betreffenden Bundesland als<br />

Investor zu engagieren. Die magnetischste<br />

Ausstrahlung hatte der Imagefilm aus<br />

Mecklenburg-Vorpommern (Wirtschaftsfördergesellschaft<br />

Invest in MV). In der<br />

zweiten Kategorie wurde das Land gesucht,<br />

das sich am dynamischsten präsentierte.<br />

Zum Sieger nach Punkten avancierte<br />

der Berlin-Film, der mit einer rasanten<br />

Bilder-Rallye aus Historie, Lifestyle<br />

und Start-up-Szene überzeugte.<br />

Andrea Joras, bei der Gala anwesende<br />

Geschäftsführerin der Fördergesellschaft<br />

Berlin Partner, freute sich über den Beifall<br />

im Saal. Thomas Schwandt<br />

<strong>W+M</strong>-Verleger Frank Nehring, die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und Reiner Haseloff<br />

sowie Mecklenburg-Vorpommerns Infrastrukturminister Christian Pegel (v. r.).<br />

Berlins<br />

Regierender<br />

Bürgermeister<br />

Michael Müller<br />

(r.) im Gespräch<br />

mit <strong>W+M</strong>-<br />

Autor Thomas<br />

Schwandt, der<br />

seinen aktuellen<br />

Polit-Thriller<br />

vorstellte.<br />

Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />

Vizekanzler<br />

Sigmar Gabriel<br />

(r.) und <strong>W+M</strong>-<br />

Chefredakteur<br />

Karsten<br />

Hintzmann.<br />

Sponsor BMW<br />

präsentierte auf dem<br />

OWF seine neuesten<br />

Modelle.<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


ZUKUNFT OST<br />

<strong>W+M</strong> POLITIK | 47<br />

Holger Werner<br />

(Commerzbank)<br />

und Andrea<br />

Joras (Berlin<br />

Partner).<br />

Prof. Dr. Joachim Ragnitz<br />

vom ifo Dresden.<br />

Stark vertreten auf dem OWF: Die Interessengemeinschaft<br />

der Unternehmerverbände Ostdeutschlands.<br />

Prof. Dr. Christoph Meinel, CEO des<br />

Hasso-Plattner-Instituts.<br />

Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />

GTAI-Chef Dr. Benno Bunse.<br />

<strong>W+M</strong>-Verleger Frank Nehring und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident<br />

Dr. Reiner Haseloff (r.).<br />

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48 | <strong>W+M</strong> POLITIK<br />

Löst die Digitalisierung das sich zuspitzende<br />

Fachkräfteproblem?<br />

Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Direktor des<br />

Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.<br />

(ifaa) in Düsseldorf<br />

Diana Golze (DIE LINKE), Ministerin für Arbeit,<br />

Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes<br />

Brandenburg<br />

„Ja”<br />

Die Digitalisierung kann<br />

„Nein”<br />

Die Digitalisierung wird<br />

helfen, das Fachkräfteproblem<br />

zu lösen. Unterneh­<br />

für die Fachkräftepro­<br />

nicht das „Allheilmittel“<br />

men stehen zunehmend vor der Herausforderung,<br />

mit einer älter werdenden Belegschaft im<br />

technischer, sondern sozialer Innovationen. Der<br />

blematik sein. Deren Lösung bedarf nicht allein<br />

Wettbewerb zu bestehen. Die Konkurrenz um<br />

Mangel an Fachkräften stellt kein ausschließlich<br />

die Fachkräfte wird stärker. Es gilt, Mitarbeitern quantitatives Problem dar, welches mit Robotik<br />

attraktive Arbeitsplätze anzubieten und sie dabei<br />

zu unterstützen, bis ins Rentenalter gesund den könnte. Der Einsatz von Digitalisierungspro­<br />

und Automatisierung simpel kompensiert wer­<br />

und fit zu bleiben. Hier kann die Digitalisierung zessen hat das Potenzial, leichtere Zugänge in<br />

eine wichtige Stellschraube sein. Sie bietet viele Erwerbsarbeit zu eröffnen, beispielsweise für<br />

Möglichkeiten, Arbeitsplätze so auszugestalten, Menschen mit Behinderung aufgrund neuer Assistenzsysteme.<br />

Zu bedenken ist, dass die quali­<br />

dass der Mensch Unterstützung erhält. Zum Beispiel<br />

bei der Mensch-Roboter-Kollaboration: Ein tative Herausforderung der Fachkräftesicherung<br />

Roboter kann hohe Lasten übernehmen oder an durch die Digitalisierung noch verstärkt werden<br />

Stellen arbeiten, wo der Mensch nur schwer herankommt.<br />

Datenbrillen ermöglichen es, neue Ar­<br />

zu viele potenzielle Fachkräfte verloren. Sei es<br />

könnte: Bereits heute gehen dem Arbeitsmarkt<br />

beitskräfte schnell in den Job einzuführen. Sie geben<br />

dem Nutzer zur richtigen Zeit, am richtigen möglichkeiten, mangelnden Vereinbarkeitschan­<br />

aufgrund fehlender Aus- und Weiterbildungs­<br />

Ort die richtige Auswahl an Informationen. Programmiert<br />

für unterschiedliche Sprachen, können aufgrund eines Mangels an „guter Arbeit“. Eine<br />

cen oder eingeschränkter Gesundheit, kurzum:<br />

sie auch helfen, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt allein dem technisch Machbaren folgende Digitalisierung<br />

könnte die Arbeitsverdichtung und -kon­<br />

zu integrieren. Oder sie unterstützen Unternehmen<br />

darin, vorhandene Mitarbeiter zu Fachkräften<br />

auszubilden. Die Digitalisierung verändert die verstärken und den Anstieg psychischer Kranktrolle<br />

erhöhen, die Prekarisierung der Arbeitswelt<br />

Arbeitswelt. Dabei entstehen neue Arbeitsplätze<br />

und Berufsbilder, andere Arbeitsplätze entfalgerechter<br />

Arbeit brauchen wir intelligente Angeheitsbilder<br />

beschleunigen. Im Sinne menschenlen.<br />

Von den sogenannten Smart Factories, den bote für besseren Gesundheitsschutz, Aus- und<br />

voll vernetzten Fabriken, sind wir noch weit entfernt.<br />

Die Entwicklung lässt sich abschließend<br />

zeit und aktiver Mitbestimmung an der betriebli­<br />

Weiterbildung, stärker selbstbestimmter Arbeits­<br />

nicht beurteilen. Wir müssen die Chancen nutzen,<br />

die die Digitalisierung bietet. Deutlich ist:<br />

nen die fortschrittlichen Potenziale der Digitalisiechen<br />

Ausgestaltung der Digitalisierung. Dann kön­<br />

Wir werden keine menschenleeren Fabriken<br />

rung realisiert werden, auch im Sinne einer klugen<br />

haben.<br />

Fachkräftepolitik.<br />

Fotos: ifaa, Tania Walck (links), BILDHAUS. Karoline Wolf (rechts)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


RATGEBER LITERATUR | 49<br />

Wirtschaftsliteratur<br />

Die ostdeutsche<br />

Bestsellerliste<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Die ostdeutsche Bestsellerliste für<br />

4<br />

Wirtschaftsliteratur wird exklusiv von<br />

<strong>W+M</strong> aus den Verkaufszahlen 59 großer<br />

Buchhandlungen in Berlin, Brandenburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt und Thüringen erstellt.<br />

6<br />

5<br />

JETZT NEU<br />

MIT 58 THALIA-FILIALEN<br />

Beteiligt haben sich:<br />

Thalia-Filialen in<br />

Bautzen<br />

Berlin (7x)<br />

Bernburg<br />

Brandenburg<br />

Chemnitz (3x)<br />

Cottbus<br />

Dallgow-Döberitz<br />

Leuna<br />

Löbau<br />

Lutherstadt Wittenberg<br />

Magdeburg (2x)<br />

Meißen<br />

Neubrandenburg<br />

Pirna<br />

Dessau<br />

Plauen<br />

Dresden (7x)<br />

Radebeul<br />

Eisenach<br />

Riesa<br />

Eisleben<br />

Röhrsdorf<br />

Freital<br />

Rostock (2x)<br />

Gera<br />

Rudolstadt<br />

7<br />

Görlitz<br />

Gotha<br />

Saalfeld<br />

Schwedt/Oder<br />

Großenhain<br />

Weimar<br />

8<br />

Halle<br />

Hoyerswerda<br />

Jena (2x)<br />

Wildau<br />

Zittau<br />

Zwickau<br />

9<br />

Leipzig (2x)<br />

(www.thalia.de)<br />

sowie die Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung in<br />

Frankfurt/Oder (www.hutten-ffo.de).<br />

10<br />

Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />

jederzeit offen. Schreiben Sie bei Interesse eine<br />

E-Mail an JP@WundM.info.<br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


50 | <strong>W+M</strong> RATGEBER<br />

So übergeben Sie Ihr<br />

Unternehmen erfolgreich<br />

Der Nachfolger ist gefunden, der Betrieb ist vertraglich übertragen.<br />

Aber wie geht es jetzt weiter? In dieser letzten Folge will ich mit<br />

Ihnen einen Blick auf die Zeit nach der Übertragung werfen, auf die<br />

häufig im Vorfeld zu wenig geachtet wird. Von Holger Wassermann<br />

Weitere Tätigkeit im Unternehmen<br />

In der Vorstellung vieler Unternehmer<br />

beginnt der erste Tag nach der Übergabe<br />

genau wie der letzte Tag davor – mit<br />

ENDLICH ZEIT FÜR …<br />

Reisen<br />

Familie<br />

Sport<br />

Ehrenamt<br />

Kultur<br />

Weiterbildung<br />

Hobby<br />

2 %<br />

15 %<br />

25 %<br />

49 %<br />

52 %<br />

75 %<br />

65 %<br />

dem Gang in die Firma. Denn schließlich<br />

muss dem Nachfolger nun alles genau<br />

gezeigt werden, die Kunden, Lieferanten<br />

und Mitarbeiter müssen mit dem Neuen<br />

bekannt gemacht werden und ebenso<br />

andere wichtige Geschäftspartner. Ist<br />

all dies nicht bereits geschehen, wie es<br />

beispielsweise bei Übergaben an einen<br />

Mitarbeiter üblich ist, sollte es prinzipiell<br />

nun tatsächlich nachgeholt werden, damit<br />

Wissen und Kontakte nicht verloren<br />

gehen. Der Fortbestand der Firma und<br />

der Arbeitsplätze hängt in entscheidendem<br />

Maße davon ab, wie gut der Nachfolger<br />

die Lücke ausfüllen kann, die der<br />

scheidende Unternehmer hinterlässt.<br />

Es gibt aber durchaus auch Punkte, die<br />

gegen eine weitere Anwesenheit des bisherigen<br />

Unternehmers in der Firma und<br />

für einen „harten Schnitt“ sprechen. Für<br />

die Mitarbeiter bedeutet die Nachfolge<br />

natürlich eine wichtige Umstellung. So<br />

lange zwei Chefs – der alte und der neue<br />

– in der Firma präsent sind, herrscht eine<br />

Art von Schwebezustand, der es der Belegschaft<br />

nicht erleichtert, sich mental<br />

auf den neuen Inhaber einzustellen. Wer<br />

hat denn jetzt das Sagen?<br />

Foto: mezzotint_fotolia / fotolia.com, Quelle Schaubild: Befragung von Unternehmern, PwC 2<strong>01</strong>6<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


NACHFOLGE | 51<br />

Foto: Intagus (oben), Illustration: Ogerepus/fotolia.com (unten)<br />

Prof. Dr. Holger Wassermann ist<br />

Wissenschaftlicher Leiter des KCE<br />

KompetenzCentrum für Entrepreneurship<br />

& Mittelstand der FOM-Hochschule und<br />

Geschäftsführer der INTAGUS GmbH<br />

Unternehmensberatung für Mittelstand<br />

und Nachfolge.<br />

Und nicht nur den Mitarbeitern erschwert<br />

eine lange Übergangsphase das Leben,<br />

auch dem Nachfolger. Für ihn ist es wichtig,<br />

schnellstmöglich den Respekt seiner<br />

neuen Mannschaft zu verdienen. Solange<br />

jedoch immer noch der Übergeber im<br />

Flur mit „Hallo Chef“ begrüßt wird, unterminiert<br />

das seine eigene Position. Und<br />

wenn der bisherige Inhaber noch weiterhin<br />

in der Firma tätig ist, kann dies schnell<br />

als Signal dafür verstanden werden, dass<br />

er die Führung des Unternehmens dem<br />

Nachfolger eigentlich nicht zutraut. Wenn<br />

er aber schon dieses Vertrauen nicht hat,<br />

wie sollen es dann die Mitarbeiter gewinnen?<br />

Für den Nachfolger selbst bedeutet die<br />

Übernahme eines bestehenden Unternehmens<br />

meistens den Schritt in die<br />

Selbstständigkeit, sie bedeutet aber immer<br />

eine Herausforderung und die Chance,<br />

eigene Ideen umzusetzen. Deshalb<br />

kommt es in praktisch allen Fällen nach<br />

der Übertragung zu Änderungen im Betrieb,<br />

sei es bei dem Zuschnitt von Arbeitsplätzen,<br />

der Organisation von Arbeitsabläufen<br />

oder dem Produktionsprogramm;<br />

auch werden häufig neue Investitionen<br />

getätigt. Die Nachfolger sind in<br />

aller Regel für guten Rat dankbar, aber<br />

es muss klar sein, dass die Entscheidung<br />

nun allein bei ihnen liegt. Manche<br />

Unternehmer verstehen diese Entscheidungen<br />

leider als Kritik an sich und an ihren<br />

Entscheidungen, dabei geht es dem<br />

Nachfolger gar nicht darum. Er will die<br />

Firma voranbringen und für die Zukunft<br />

fit machen. Natürlich<br />

wird der Nachfolger<br />

auch Fehler<br />

machen, wie jeder<br />

Mensch, aber<br />

sicherlich wird<br />

er nicht leichtfertig<br />

Entscheidungen<br />

treffen, denn<br />

ab jetzt hängt seine Existenz von dem<br />

Wohlergehen des Unternehmens ab.<br />

Und letztendlich hat der Übergeber den<br />

Nachfolger doch genau dafür in die Firma<br />

geholt.<br />

Beratungsvertrag oder Beirat<br />

Die häufigste Form der weiteren Bindung<br />

des Übergebers an die Unternehmung ist<br />

der Abschluss eines Beratungsvertrags,<br />

der meist für einen bestimmten Zeitraum<br />

einen Rahmen für die Zusammenarbeit<br />

bildet. Darin werden die Vergütung und<br />

der Umfang der Beratungstätigkeit geregelt.<br />

Drei bis zwölf Monate sind häufig<br />

anzutreffen, Vergütungen werden meist<br />

pauschal pro Monat oder pro Stunde vereinbart,<br />

im ersten Fall steht eher die Verfügbarkeit<br />

des Unternehmers im Vordergrund,<br />

während bei zeitabhängiger Abrechnung<br />

konkretere Unterstützungsleistungen<br />

angestrebt werden.<br />

Eine schöne, noch nicht allzu häufig gewählte<br />

Form der weiteren Einbindung<br />

des Übergebers ist die Einrichtung eines<br />

Beirats. Auf diese Weise wird dem<br />

ehemaligen Inhaber für seine Leistungen<br />

Respekt gezollt, und es wird ihm ermöglicht,<br />

auch nach der Übergabe mit<br />

dem Unternehmen verbunden zu bleiben.<br />

Auch die Beiratstätigkeit kann wie eine<br />

Beratungstätigkeit vergütet werden, sie<br />

ist aber nach außen sichtbar und dient<br />

dem Übergeber auch bei dem Erhalt seiner<br />

sozialen Stellung in der Gesellschaft.<br />

Wie so oft kommt das Wichtigste am<br />

Schluss. Durch die Übergabe der Geschicke<br />

der Firma an den Nachfolger hat<br />

der Unternehmer nun endlich Zeit für die<br />

„Solange der Übergeber<br />

noch an Bord ist, werden<br />

manche Entscheidungen<br />

nicht getroffen, weil der<br />

Nachfolger mit angezogener<br />

Handbremse fährt.“<br />

Dinge, die er schon lange machen wollte.<br />

Der eine wollte schon immer viel mehr<br />

von der Welt sehen, der andere kann<br />

sich jetzt voll und ganz seiner Leidenschaft<br />

für Oldtimer widmen, der nächste<br />

geht in seiner<br />

Rolle als Opa auf,<br />

wieder ein anderer<br />

hilft Gründern<br />

bei dem Schritt in<br />

die Selbstständigkeit<br />

– für jeden gibt<br />

es neue Ziele und<br />

neue Aufgaben,<br />

deren Verfolgung und Erreichung Freude<br />

und Erfüllung mit sich bringen und die<br />

das Leben lebenswert machen.<br />

Und darin liegt der eigentliche Schlüssel<br />

für eine erfolgreiche Nachfolge: Wenn<br />

man einsieht, dass mit der Übergabe der<br />

Unternehmung in erster Linie nicht die<br />

eine Zeit endet, sondern eine neue Zeit<br />

anfängt, in der man endlich das tun kann,<br />

worauf man schon lange wartet, dann<br />

wird die Nachfolge erstrebenswert, man<br />

fiebert ihr entgegen. Damit wird die Entscheidung,<br />

sich mit dem Thema Nachfolge<br />

zu beschäftigen, von einer Entscheidung<br />

GEGEN etwas zu einer Entscheidung FÜR<br />

etwas, sie wird positiv – und erst, wenn<br />

dieser Schalter im Kopf umgelegt ist, kümmert<br />

sich der Unternehmer wirklich um<br />

sein neues Ziel. Und genau deshalb sollte<br />

man sich über diesen letzten Punkt als<br />

erstes Gedanken machen, wenn die Nachfolge<br />

erfolgreich werden soll. <strong>W+M</strong><br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


52 | <strong>W+M</strong> RATGEBER<br />

Exportschlager<br />

aus Sangerhausen<br />

Die Produktionshalle der FEAG Sangerhausen GmbH.<br />

Die FEAG Sangerhausen GmbH liefert Industrie-Schaltanlagensysteme<br />

in alle Welt. Um im Wettbewerb bestehen zu können,<br />

investiert das Unternehmen regelmäßig auch in den eigenen<br />

Maschinenpark. So 2<strong>01</strong>5 in eine energieeffiziente Kupfer-<br />

Stanzmaschine – finanziert über ein zinsgünstiges Darlehen<br />

aus dem KfW-Energieeffizienzprogramm. Von Matthias Salm<br />

Es ist ein Projekt der Superlative: Im<br />

saudi-arabischen Wallfahrtsort Mekka<br />

soll im kommenden Jahr Abraj Kudai,<br />

der größte Hotelkomplex der Welt, in<br />

die Höhe schnellen. Wenn der gigantische<br />

Neubau mit rund 10.000 Zimmern und 70<br />

Die neue Stanzmaschine erzielt einen deutlich größeren Output.<br />

Restaurants nach der Fertigstellung seine<br />

Gäste empfangen wird, dann müssen die<br />

Klimaanlagen des Hotels Schwerstarbeit<br />

verrichten. Schließlich überschreitet das<br />

Thermometer in der Millionenstadt gerne<br />

mal die 40-Grad-Marke. Mit von der Partie<br />

ist dann auch Elektrotechnik<br />

made in Sachsen-Anhalt<br />

in Form von<br />

24 sogenannten Sanftstartern.<br />

Die meterhohen<br />

Schaltschränke<br />

der FEAG Sangerhausen<br />

GmbH sorgen dafür,<br />

dass die Motoren<br />

der Klimaanlage stets<br />

langsam und präzise<br />

angefahren werden.<br />

Der Großauftrag aus<br />

dem arabischen Königreich<br />

ist außergewöhnlich,<br />

aber auch<br />

keine Seltenheit für<br />

das mittelständische Unternehmen aus<br />

dem Landkreis Mansfeld-Südharz. Der<br />

Spezialist für Industrie-Schaltanlagensysteme<br />

und Lösungen für die Antriebs- und<br />

Steuerungstechnik exportiert mittlerweile<br />

weltweit. „Unser Exportanteil liegt bei<br />

über 60 Prozent. Schwerpunkte sind Russland<br />

sowie der nahe und mittlere Osten“,<br />

weist FEAG-Geschäftsführer Heiko Koschmieder<br />

auf die Bedeutung des internationalen<br />

Geschäfts für sein Unternehmen<br />

hin. Schaltanlagen aus Sangerhausen<br />

absolvieren ihr Tagwerk in Papier fabriken<br />

in China ebenso wie in russischen Stahlwerken.<br />

Deren Fertigung kann in der Rosenstadt<br />

Sangerhausen auf eine lange Tradition zurückblicken.<br />

1990 übernahm die Siemens<br />

AG den einstigen Standort des Starkstromanlagenbaus,<br />

seit 2008 ist die FEAG Sangerhausen<br />

GmbH eigenständig im Markt<br />

unterwegs und fertigt seither eine breite<br />

Palette an Nieder- und Mittelspannungsprodukten.<br />

„Unsere Schaltanlagensysteme kommen<br />

überall dort zum Einsatz, wo viel Energie<br />

benötigt wird“, so Koschmieder. „Dazu<br />

zählen beispielsweise Chemiewerke, Raffinerien,<br />

die Automobilproduktion, Kraftwerke<br />

oder die Papierherstellung.“ Über<br />

25 Millionen Euro setzen die rund 220 Mitarbeiter<br />

im Jahr um. In Deutschland ver-<br />

Fotos: FEAG Sangerhausen GmbH<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


FINANZEN | 53<br />

Foto: FEAG Sangerhausen GmbH<br />

spricht vor allem der Umbau des Energiesektors<br />

Wachstumschancen, denn die Integration<br />

der Erneuerbaren<br />

Energien erfordert vielerorts<br />

eine Modernisierung<br />

der Umspannwerke.<br />

„Unsere besondere<br />

Stärke<br />

liegt in unserer<br />

Wertschöpfungstiefe<br />

und<br />

der Flexibilität. Wir<br />

verfügen über eine eigene<br />

Blechfertigung sowie<br />

eine eigene Kupferbearbeitung. Dies erlaubt<br />

uns eine kundenindividuelle Anpassung<br />

der Produkte und flexible Reaktionen<br />

auf Änderungen in Projekten“, erklärt<br />

der FEAG-Geschäftsführer das Erfolgsrezept<br />

des Unternehmens. Doch der Markt<br />

ist hart umkämpft. Um wettbewerbsfähig<br />

bleiben zu können, investierte das mittelständische<br />

Unternehmen daher Ende<br />

2<strong>01</strong>5 in eine Erneuerung des Maschinenparks.<br />

Dabei stand neben der Steigerung der Produktivität<br />

auch eine erhöhte Energieeffizienz<br />

in der Produktion im Fokus. Nicht zuletzt,<br />

weil ein Energie-Audit verschiedene<br />

Einsparpotenziale aufgezeigt hatte, etwa<br />

in der Lackieranlage, in der Raumbeleuchtung<br />

und bei den Produktionsanlagen.<br />

Deshalb wurde bei der Anschaffung einer<br />

neuen Kupfer-Stanzmaschine auch auf deren<br />

Energieverbrauch geachtet. Schließlich<br />

verarbeitet die FEAG Sangerhausen<br />

im Monat rund 30 Tonnen Kupfer, um ihre<br />

Schaltanlagensysteme kundenindividuell<br />

anpassen zu können.<br />

Im Oktober letzten Jahres wurde die bisherige<br />

Stanzmaschine daher durch ein technologisch<br />

optimiertes Nachfolgemodell ersetzt.<br />

FEAG-Chef Koschmieder über die<br />

Vorteile der neuen Maschine: „Die Verdopplung<br />

der Hubzahl auf nunmehr 120<br />

pro Minute in Kombination mit einem größeren<br />

Werkzeugmagazin ermöglicht uns<br />

eine Produktivitätssteigerung. Zudem können<br />

Konstruktionsdaten jetzt direkt von der<br />

Maschine weiterverarbeitet werden. Wir<br />

erzielen einen deutlich größeren Output<br />

und sparen dabei noch Energie.“<br />

Heiko Koschmieder,<br />

Geschäftsführer der<br />

FEAG Sangerhausen GmbH.<br />

KfW-Energieeffizienzprogramm –<br />

Produktionsanlagen/-prozesse<br />

Das KfW-Programm fördert Energieeffizienzmaßnahmen<br />

im Bereich Produktionsanlagen<br />

und -prozesse in gewerblichen<br />

Unternehmen mit zinsgünstigen<br />

Darlehen. Bei hoher Energieeinsparung<br />

(mindestens 30 Prozent) kommen Unternehmen<br />

in den Genuss besonders<br />

günstiger Konditionen (Premiumstandard).<br />

Die Darlehen sind über die Hausbank<br />

zu beantragen.<br />

Geförderte Investitionsmaßnahmen<br />

Gefördert werden Investitionen, die<br />

eine Energieeinsparung von mindestens<br />

zehn Prozent erzielen (gemessen<br />

am Durchschnittsverbrauch der letzten<br />

drei Jahre). Bei Neuinvestitionen gilt der<br />

branchendurchschnittliche Verbrauch<br />

als Referenzgröße.<br />

Geförderte Investitionsgüter<br />

• Maschinen/Anlagen/Prozesstechnik<br />

• Druckluft/Vakuum/Absaugtechnik<br />

• Elektrische Antriebe/Pumpen<br />

• Prozesskälte und -wärme<br />

• Wärmerückgewinnung/<br />

Abwärmenutzung<br />

• Mess-, Regel- und Steuerungstechnik<br />

• Informations- und Kommunikationstechnik<br />

• in bestimmten Fällen Kraft-Wärme-<br />

Kopplungsanlagen<br />

Rund 167.000 Euro investierte der<br />

Mittelständler in die Modernisierung<br />

der Kupferbearbeitung.<br />

Finanziert wurde die Anschaffung<br />

über das „KfW-<br />

Energieeffizienzprogramm<br />

– Produktionsanlagen/-prozesse“.<br />

Damit unterstützt die staatliche<br />

Förderbank KfW Energieeffizienzmaßnahmen<br />

im Bereich Produktionsanlagen und<br />

-prozesse mit zinsgünstigen Krediten (siehe<br />

Kasten).<br />

„Den Tipp, das KfW-Programm in Anspruch<br />

zu nehmen, erhielten wir auf einer Veranstaltung<br />

der IHK Halle-Dessau. Anschließend<br />

haben wir das Förderdarlehen über die Hausbank<br />

beantragt und die Investition vollständig<br />

über das KfW-Programm finanziert.“ Und<br />

das aus gutem Grund, denn, so der FEAG-<br />

Geschäftsführer Koschmieder: „Die Zinskonditionen<br />

waren unschlagbar.“ <strong>W+M</strong><br />

Höchstbetrag<br />

Der Kreditbetrag beläuft sich in der Regel<br />

auf bis zu 25 Millionen Euro pro Vorhaben.<br />

Konditionen<br />

Bei Laufzeiten der Darlehen bis zu zehn<br />

Jahre wird der Zinssatz für die gesamte<br />

Zeit festgeschrieben, bei einer Laufzeit<br />

von mehr als zehn Jahren wird der<br />

Zinssatz entweder nur für die ersten<br />

zehn Jahre oder für die gesamte Laufzeit<br />

festgeschrieben. Gefördert werden<br />

bis zu 100 Prozent der Investitionskosten.<br />

Tipp<br />

Eine Energieberatung im Vorfeld hilft,<br />

Energiesparpotenziale in der Produktion<br />

aufzuspüren. Kleine und mittlere Unternehmen<br />

bekommen hierfür Zuschüsse<br />

vom Staat.<br />

Weitere Infos<br />

www.kfw.de/292<br />

Bundesamt für Wirtschaft<br />

und Ausfuhrkontrolle (BAFA)<br />

Referat 526,Frankfurter Straße 29-35,<br />

65760 Eschborn,<br />

Tel.: 06196 908-1240<br />

www.bafa.de<br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


54 | <strong>W+M</strong> RATGEBER RECHT<br />

Urteile für<br />

Unternehmer<br />

WIRTSCHAFT+MARKT hat interessante<br />

Richtersprüche zusammengestellt<br />

Kündigung<br />

Fristlose Kündigung nach<br />

Hitlergruß gerechtfertigt<br />

Einem Arbeitnehmer, der dem Betriebsratsvorsitzenden<br />

mit einem Hitlergruß gegenübertritt,<br />

darf fristlos gekündigt werden.<br />

So hat das Arbeitsgericht (AG) Hamburg<br />

entschieden.<br />

Im vorliegenden Fall war der Kläger als<br />

Transportfahrer bei einem Unternehmen<br />

angestellt. Während einer Betriebsversammlung<br />

kam es zu einer Auseinandersetzung<br />

zwischen dem Kläger und dem Betriebsratsvorsitzenden<br />

des Unternehmens.<br />

Kurz darauf trafen die beiden wieder aufeinander.<br />

Der Kläger hob seinen Arm zum<br />

Hitlergruß und bezeichnete den Betriebsratsvorsitzenden<br />

als „Nazi“. Der Arbeitgeber<br />

kündigte anschließend mit Zustimmung<br />

des Betriebsrates das Arbeitsverhältnis<br />

des Klägers außerordentlich. Das AG<br />

Hamburg entschied, dass der Hitlergruß<br />

einen wichtigen Kündigungsgrund nach §<br />

626 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches<br />

(BGB) darstellt. Die Bezeichnung als<br />

„Nazi“ sei zudem grob beleidigend.<br />

AG Hamburg, 12 Ca 348/15<br />

Social Media<br />

Beleidigungen bei Facebook<br />

rechtfertigen fristlose Kündigung<br />

Beleidigt ein Mitarbeiter seinen Vorgesetzten<br />

in Facebook mittels Emoticons grob,<br />

so kann dies eine fristlose Kündigung des<br />

Arbeitnehmers rechtfertigen. Dies geht<br />

aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts<br />

(LAG) Baden-Württemberg<br />

hervor.<br />

Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer<br />

seinen Vorgesetzten im Rahmen einer Facebook-Diskussion<br />

als „fettes Schwein“ bezeichnet.<br />

Dabei verwandte er für das Wort<br />

„Schwein“ ein entsprechendes Emoticon.<br />

Der Arbeitgeber erlangte davon Kenntnis<br />

und kündigte daraufhin dem Arbeitnehmer<br />

fristlos. Dieser erhob dagegen Kündigungsschutzklage.<br />

Das Arbeitsgericht (AG) Pforzheim<br />

gab der Kündigungsschutzklage statt,<br />

der Arbeitgeber ging in Berufung und das<br />

LAG Baden-Württemberg bestätigte die<br />

Entscheidung der Vorinstanz. In seiner Urteilsbegründung<br />

bestätigte das Gericht die<br />

Einschätzung, dass der Arbeitnehmer seinen<br />

Vorgesetzten mittels des Emoticons<br />

grob beleidigt habe, allerdings sei aus verschiedenen<br />

Gründen, die in Zusammenhang<br />

mit der Person des Klägers stünden, eine<br />

Kündigung nicht erforderlich und eine Abmahnung<br />

ausreichend gewesen. Das Gericht<br />

führte an, dass der Arbeitnehmer 16<br />

Jahre beanstandungsfrei für das Unternehmen<br />

tätig gewesen sei, zudem haben er<br />

und seine Frau ein einjähriges Kind und eine<br />

demenzkranke Großmutter zu pflegen. Der<br />

Grad der Behinderung von 20 des Arbeitnehmers<br />

trug außerdem zur Entscheidung<br />

bei. LAG Baden-Württemberg, 4 Sa 5/16<br />

Entsendung<br />

Landwirt muss Arbeitnehmerstunden<br />

nicht aufzeichnen<br />

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat<br />

entschieden, dass ein Landwirt nach dem<br />

Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) nicht<br />

verpflichtet ist, die Arbeitszeiten seines Arbeitnehmers<br />

aufzuzeichnen.<br />

Der beklagte Inhaber eines landwirtschaftlichen<br />

Betriebes beschäftigt einen Arbeitnehmer,<br />

dessen Arbeitszeit und monatliches<br />

Bruttogehalt durch einen Arbeitsvertrag<br />

geregelt ist. Dieser unterliegt einem<br />

allgemein verbindlichen Tarifvertrag, der<br />

Mindest entgelte für Arbeitnehmer in der<br />

Land- und Forstwirtschaft regelt. Der Beklagte<br />

erstatte Selbstanzeige wegen des<br />

Verstoßes gegen das AEntG, da er keine<br />

Aufzeichnungen über Beginn, Ende und<br />

Dauer der täglichen Arbeitszeit seines Beschäftigten<br />

geführt hatte. Das Hauptzollamt<br />

Bielefeld verhängte daraufhin ein Bußgeld<br />

in Höhe von 1.000 Euro. Das Amtsgericht<br />

Bielefeld sprach den Beklagten nach dessen<br />

Einspruch frei, die gegen die erstinstanzliche<br />

Entscheidung von der Staatsanwaltschaft<br />

Bielefeld erhobene Rechtsbeschwerde<br />

blieb nach der Entscheidung des OLG<br />

Hamm erfolglos. Das AEntG führe die Landwirtschaft<br />

nicht explizit auf, daher bestünde<br />

keine Aufzeichnungspflicht für den Betrieb.<br />

OLG Hamm, 3 RBs 277/16<br />

Krankheit<br />

Kranker Arbeitnehmer nicht zu<br />

Personalgesprächen verpflichtet<br />

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden,<br />

dass ein durch Krankheit arbeitsunfähiger<br />

Arbeitnehmer nicht verpflichtet<br />

ist, auf Anweisung seines Arbeitgebers im<br />

Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch<br />

zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit<br />

teilzunehmen.<br />

Der Kläger war als Krankenpfleger im beklagten<br />

Unternehmen befristet beschäftigt. Der<br />

Einladung zu einem Personalgespräch „zur<br />

Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“<br />

nach Ablauf der Befristung kam der<br />

Beklagte unter Hinweis der attestierten Arbeitsunfähigkeit<br />

nicht nach. Auch ein zweiter<br />

Termin wurde aus gleichem Grund abgesagt.<br />

Daraufhin mahnte ihn das Unternehmen ab.<br />

Die Vorinstanzen und auch das BAG gaben<br />

der Klage auf Entfernung der Abmahnung<br />

aus der Personalakte statt. Die Arbeitspflicht<br />

umfasst auch die Teilnahme an Personalgesprächen.<br />

Durch die Arbeitsunfähigkeit ist<br />

der Kläger daher nicht verpflichtet gewesen,<br />

an Personalgesprächen teilzunehmen.<br />

BAG, 10 AZR 596/15<br />

<strong>W+M</strong><br />

Foto: AllebaziB/fotolia.com, Quelle: www.kostenlose-urteile.de<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


1<br />

NETZWERK GESELLSCHAFT | 55<br />

Der enviaM-Energiekonvent war<br />

auch in diesem Jahr gut besucht.<br />

10. enviaM-Energiekonvent<br />

Smarte neue Welt<br />

Moderatorin Rommy Arndt mit den Referenten Dr. Thomas Engelke, Christian<br />

Rätsch, Dr. Andreas Auerbach, Felix Dembski und Tim Hartmann (v. l.).<br />

Fotos: enviaM, Quelle Schaubilder: Befragung von 750 Haushalten in den neuen Ländern im September 2<strong>01</strong>6 durch enviaM<br />

Leipzig. „Smarte neue Welt – Wie real<br />

ist digital?” Darüber diskutierte am 24.<br />

Oktober 2<strong>01</strong>6 am Beispiel der Energiewirtschaft<br />

ein prominent besetztes Podium<br />

mit 300 Gästen beim 10. Energiekonvent<br />

der envia Mitteldeutsche Energie<br />

AG (enviaM) in Leipzig. Die Referenten<br />

Dr. Thomas Engelke (Bundesverband der<br />

Verbraucherzentralen), Christian Rätsch<br />

(Saatchi & Saatchi Deutschland), Felix<br />

Dembski (Bitkom) sowie Tim Hartmann<br />

und Dr. Andreas Auerbach (beide enviaM)<br />

stellten sich nach ihren Vorträgen<br />

während der Podiumsdiskussion den Fragen<br />

des Publikums.<br />

<strong>W+M</strong><br />

Ich riskiere, dass meine Daten<br />

missbraucht werden<br />

Ich bin gezwungen, meine Daten an<br />

Dritte weiterzugeben<br />

Ich werde manipuliert,<br />

z. B. mit personalisierter Werbung<br />

Ich habe weniger „realen“ Kontakt zu<br />

anderen Menschen<br />

Ich kann ohne digitale Dienste nicht<br />

mehr leben<br />

Keines der genannten<br />

WELCHES GEFÜHL STEHT FÜR SIE<br />

BEIM THEMA DIGITALISIERUNG<br />

IM VORDERGRUND?<br />

Spaß / Freude<br />

Sorge<br />

Zuversicht<br />

Ärger<br />

Angst<br />

Keines der genannten<br />

WAS STÖRT SIE AN DER DIGITALISIERUNG AM MEISTEN?<br />

Niemand gab Gleichgültigkeit an.<br />

41%<br />

19%<br />

15%<br />

12%<br />

5%<br />

9%<br />

5%<br />

4%<br />

22%<br />

14%<br />

24%<br />

31%<br />

Tim Hartmann, Vorstandsvorsitzender von<br />

enviaM.<br />

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56 | <strong>W+M</strong> NETZWERK<br />

Hartmut Bunsen (l. ) und Klaus Gröhn<br />

freuten sich über einen gelungenen Abend.<br />

26. Sächsischer Unternehmerball<br />

Rauschende Ballnacht<br />

Thorsten Sommer, Steffen Matysek, Dr.<br />

Elke Reuschel, Dr. Mathias Reuschel und<br />

Ursula Bunsen (v. l.).<br />

Diana Labrenz und Gregorio Hernández von<br />

der Band JAMTONIC.<br />

Leipzig. Zusammen mit dem Verein Gemeinsam<br />

für Leipzig und den Wirtschaftsjunioren<br />

Sachsen lud der Unternehmerverband<br />

Sachsen Anfang November zum<br />

traditionellen Sächsischen Unternehmerball.<br />

Über 300 Gäste folgten der Einladung<br />

und feierten gemeinsam bis in die Morgenstunden.<br />

Nach der Begrüßung durch<br />

UV-Präsident Hartmut Bunsen und die<br />

Grußworte des Finanzbürgermeisters der<br />

Stadt Leipzig Torsten Bonew hießen auch<br />

Dr. Mathias Reuschel, Präsident Gemeinsam<br />

für Leipzig, sowie Lars Müller, Vorsitzender<br />

der Wirtschaftsjunioren Sachsen,<br />

im Namen ihrer Verbände die Gäste herzlich<br />

willkommen. Neben den kulinarischen<br />

Highlights und einer schwungvollen, akrobatischen<br />

Darbietung begeisterte die Band<br />

JAMTONIC die Gäste mit ihrem Musikprogramm.<br />

<strong>W+M</strong><br />

Akrobatische Einlagen sorgten für<br />

Unterhaltung der Gäste.<br />

Die tanzfreudigen Gäste kamen voll auf ihre Kosten.<br />

Fotos: Claudia Koslowski<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


Nach der Podiumsdiskussion<br />

konnte<br />

das Publikum<br />

Fragen stellen.<br />

GESELLSCHAFT | 57<br />

Parlamentarischer Abend der<br />

UV Ostdeutschlands und Berlin<br />

Zuwanderung als Chance<br />

Das Podium (v. l.): Frank Nehring, Prof.<br />

Dr. Helge Braun, Dr. Josef Westerhausen,<br />

Prof. Dr. Reint Gropp, Carlotta Köster-<br />

Bruns, Hartmut Bunsen und Steffen Heller.<br />

Berlin. Am 29. November lud die Interessengemeinschaft<br />

(IG) der Unternehmerverbände<br />

Ostdeutschlands und Berlin<br />

zum Parlamentarischen Abend in die Vertretung<br />

des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />

beim Bund. Thema des Abends: Zuwanderung<br />

– Chance für die Wirtschaft?<br />

Hausherrin und Staatssekretärin Dr. Pirko<br />

Zinnow stellte eingangs fest, dass das Thema<br />

emotional aufgeladen sei, aber sachlich<br />

diskutiert werden müsse. Prof. Dr. Helge<br />

Braun (Staatssekretär beim Bundeskanzleramt)<br />

und Hartmut Bunsen (Sprecher<br />

der IG) vertraten in ihren Impulsreferaten<br />

die Seiten der Politik und der Wirtschaft.<br />

Anschließend nahmen sie gemeinsam mit<br />

Dr. Josef Westerhausen (Deutsche Gesellschaft<br />

für Lebensmittelsicherheit, Wasserund<br />

Umwelthygiene), Prof. Dr. Reint Gropp<br />

(Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung)<br />

und Carlotta Köster-Bruns (Randstad) an<br />

einer Podiumsdiskussion teil, welche von<br />

Steffen Heller (UV Brandenburg-Berlin) und<br />

<strong>W+M</strong>-Herausgeber Frank Nehring moderiert<br />

wurde. Beim anschließenden Get-together<br />

hatten die rund 200 Gäste die Möglichkeit,<br />

die angesprochen Punkte weiter zu<br />

diskutieren.<br />

<strong>W+M</strong><br />

Lars Schaller, Gunnar Baldamus, Helga<br />

Schadock und Steffen Heller (v. l.).<br />

Rund 200 Gäste folgten der Einladung der<br />

Unternehmerverbände.<br />

Fotos: <strong>W+M</strong> (rechts), Claudia Koslowski (links)<br />

Zeit für Gespräche.<br />

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58 | <strong>W+M</strong> NETZWERK GESELLSCHAFT<br />

4. Branchentag Mecklenburg-Vorpommern<br />

Bau- und Immobilienwirtschaft im Blick<br />

Rolf Paukstat vom UV<br />

Schwerin eröffnete<br />

den Branchentag.<br />

Wismar. Die drei großen regionalen Unternehmerverbände<br />

(UV) des Landes<br />

Mecklenburg-Vorpommern, der UV Norddeutschland<br />

Mecklenburg-Schwerin, der<br />

UV Vorpommern und der UV Rostock-Mittleres<br />

Mecklenburg luden Mitte Oktober<br />

zum vierten Branchentag und widmeten<br />

diesen der Bau- und Immobilienwirtschaft.<br />

Der Branchentag diente neben dem Informationsaustausch<br />

dem Netzwerken und<br />

bot eine ideale Plattform, die Unternehmen<br />

der Branche bekannt zu machen und<br />

so ihre Marktposition zu stärken. Neben<br />

den Referaten rundeten drei Workshops<br />

das Tagesprogramm ab und gaben Raum<br />

zum Erfahrungsaustausch. <strong>W+M</strong><br />

Der 4. UV-Branchentag fand im Technologie-und Gewerbezentrum in Wismar statt.<br />

15 Jahre Berlin Capital Club<br />

Home away from Home<br />

Beim Torte<br />

anschneiden:<br />

Malte<br />

Schreiber,<br />

Manfred<br />

Gugerel,<br />

Nils Busch-<br />

Petersen,<br />

Dieter R.<br />

Klostermann,<br />

Jörg Woltmann<br />

und Serkan<br />

Özcan (v. l.).<br />

Klaus Wowereit, Vera Gäde-Butzlaff und<br />

Angelika Oelmann (r.) feierten mit.<br />

Berlin. Am Morgen des 4. November 2<strong>01</strong>6 startete der Berlin Capital<br />

Club mit einer Pressekonferenz in die Festlichkeiten zu Ehren seines<br />

15-jährigen Bestehens und am Abend wurde am Gendarmenmarkt<br />

der rote Teppich ausgerollt. Über 450 Mitglieder und Gäste, unter<br />

anderem Berlins ehemaliger Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit<br />

und Moderatorin Ulla Kock am Brink feierten bei der Herbstparty<br />

ihren Club und gratulierten Dieter R. Klostermann (Founder &<br />

Chairman CCA Gruppe), Präsident Jörg Woltmann und dem gesamten<br />

Team des Berlin Capital Club zu 15 Jahren exzellentem Service<br />

und hochkarätigen Veranstaltungsformaten, kurz zu dem diskreten<br />

Businessclub, den sie liebevoll „Home away from Home“ nennen.<br />

Bis in die frühen Morgenstunden wurde gelacht und geplaudert, angestoßen<br />

und geschlemmt, getanzt und gefeiert. <strong>W+M</strong><br />

Vizepräsident des Berlin Capital Club Claus R. Mayer und Sylvia<br />

Burgmaier.<br />

Fotos: Dominik Peters (oben), Elke A. Jung-Wolff/Henry Herrmann (unten)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


Rund 200 Gäste kamen zur Festveranstaltung des UV Rostock.<br />

Festakt 25 Jahre UV Rostock<br />

Ein Vierteljahrhundert für die Region<br />

Rostock. Ende November feierte der Unternehmerverband<br />

(UV) Rostock-Mittleres<br />

Mecklenburg sein 25-jähriges Bestehen<br />

mit einem feierlichen Festakt im<br />

Barocksaal in Rostock. Präsident Frank<br />

Haacker und Geschäftsführerin Manuela<br />

Balan begrüßten neben zahlreichen langjährigen<br />

Mitgliedern auch den Ministerpräsidenten<br />

von Mecklenburg-Vorpommern<br />

Erwin Sellering (SPD), Energieminister<br />

Christian Pegel (SPD) und Rostocks<br />

Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos)<br />

unter den 200 geladenen Gästen.<br />

<br />

<strong>W+M</strong><br />

Studenten der Hochschule für<br />

Musik und Theater Rostock<br />

untermalten das Jubiläum<br />

feierlich.<br />

Frank Haacker dankt langjährigen Mitgliedern für ihre Treue: Axel Erdmann (FSN Autohaus),<br />

Holger Graf (GRAF Medizintechnik), Mario Derer (Hotel NEPTUN) und Axel Neubert (VR Bank,<br />

v. l.).<br />

Fotos: www.holger-martens.com<br />

Frank Meißler<br />

(GLOBUS Rostock)<br />

war unter den<br />

Gästen der<br />

Veranstaltung. Das Netzwerken kam nicht zu kurz.<br />

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60 | <strong>W+M</strong> NETZWERK<br />

Mikroskope für<br />

den Weltmarkt<br />

Rathenow. Interessierte Mitglieder des<br />

VBIW besuchten kürzlich die ASKANIA Mikroskop<br />

Technik Rathenow GmbH und wurden<br />

von Geschäftsführer Ralf-Peter Lautenschläger<br />

in die Geschichte des Mikroskopbaus<br />

in Rathenow eingeführt. Die Entwicklung<br />

der optischen Industrie und auch<br />

der Bau von Mikroskopen in Rathenow geht<br />

auf den Pfarrer Johann Heinrich August<br />

Duncker zurück. Im Jahr 18<strong>01</strong> hatten er<br />

und Samuel Christoph Wagner die "Königlich<br />

privilegierte optische Industrie-Anstalt"<br />

in Rathenow gegründet, in welcher auf einer<br />

von Duncker und Wagner patentierten<br />

Vielspindelschleifmaschine gleichzeitig elf<br />

Linsen geschliffen wurden. Diese wurden<br />

Vielspindelschleifmaschine von Duncker,<br />

patentiert 18<strong>01</strong>.<br />

Technisches Mikroskop TM 2 für<br />

die Kontrolle von Glasfasern.<br />

in Brillen, Lupen, Fernrohre und Mikroskope<br />

eingesetzt. Das Bild oben zeigt einen<br />

Nachbau der Maschine, welcher im Optik-<br />

Industrie-Museum-Rathenow zu besichtigen<br />

ist. Duncker, der schon vorher Mikroskope<br />

handwerklich gefertigt hatte, begründete<br />

mit dieser Maschine die industrielle<br />

Fertigung von Linsen und Brillengläsern.<br />

1845 übernahm Emil Busch das Unternehmen<br />

und entwickelte es weiter. Seit 1908<br />

firmierte der Betrieb unter dem Namen<br />

"Emil Busch AG Optische Industrie". Nach<br />

dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde<br />

das Unternehmen enteignet und der VEB<br />

Rathenower Optische Werke „Hermann<br />

Duncker“ (ROW) gegründet.<br />

1991 folgte die Privatisierung des Bereichs<br />

Mikroskop-Technik des ROW unter dem<br />

Namen ASKANIA Werke Rathenow GmbH<br />

& Co. KG. Nach dem Konkurs des Unternehmens<br />

wurde 1995 die ASKANIA Mikroskop<br />

Technik Rathenow GmbH von den Geschäftsführern<br />

Carla und Ralf-Peter Lautenschläger<br />

neu gegründet. Zwei Jahre später<br />

zog der Betrieb in das neue Firmengebäude.<br />

Produziert werden Nischenprodukte<br />

wie Stereomikroskope, Technische Mikroskope,<br />

Labor- und Routinemikroskope sowie<br />

College-Mikroskope. Der mittelständische<br />

Betrieb zählt heute zu den innovativsten<br />

Unternehmen im Landkreis Havelland.<br />

Er wurde bereits 2007 mit dem Innovationspreis<br />

des Landkreises ausgezeichnet.<br />

Die meisten Neu- und Weiterentwicklungen<br />

sind im Bereich der optischen Qualitätskontrolle,<br />

optischen Messtechnik und<br />

Bilddokumentationen entstanden. Auch gelang<br />

die Entwicklung eines Stereomikroskops.<br />

Die produzierten Mikroskope werden<br />

hauptsächlich in den Bereichen Medizin<br />

und Mikroelektronik eingesetzt. Verkauft<br />

werden sie vor allem im asiatischen<br />

Raum. Die Probleme, dort erfolgreich am<br />

Markt tätig zu sein, erläuterte Ralf-Peter<br />

Lautenschläger in eindrucksvoller Weise.<br />

Neben der Herstellung neuer Mikroskope<br />

führt der Betrieb Reparatur- und Wartungsarbeiten<br />

an Mikroskopen und anderen optischen<br />

Instrumenten durch. Bekanntestes<br />

Beispiel ist das Brachymedial-Fernrohr des<br />

Ingenieurs Edwin Rolf, das heute im Optikpark<br />

Rathenow aufgestellt ist.<br />

Der Mikroskop Technik Rathenow GmbH<br />

ist es gelungen, die Tradition des Baus von<br />

Mikroskopen erfolgreich in Rathenow fortzuführen.<br />

In der Stadt arbeiten überdies<br />

Produzenten von Brillengläsern, Brillengestellen,<br />

Linsen und Geräten für Augenoptiker,<br />

darunter auch die Fielmann AG. Sie alle<br />

sorgen für den Fortbestand Rathenows als<br />

Standort der optischen Industrie.<br />

Dr. Norbert Mertzsch (VBIW)<br />

EINLADUNG ZUR<br />

JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG<br />

Der Vorstand des VBIW lädt alle<br />

Mitglieder des Vereins zur Jahreshauptversammlung<br />

2<strong>01</strong>6, gleichzeitig Wahlversammlung,<br />

ein.<br />

Termin: 28.<strong>01</strong>.<strong>2<strong>01</strong>7</strong>, 10:00 Uhr<br />

(Imbiss ab 9:15 Uhr)<br />

Ort: Im Technologiepark 25,<br />

15236 Frankfurt (Oder).<br />

Den traditionellen Vortrag hält in diesem<br />

Jahr unser Mitglied Prof. h.c. Dr.-Ing. Dr.<br />

oec. Karl Döring zum Thema „Michail<br />

Lomonossow – Leben und Wirken des<br />

russischen Universalgelehrten, Begründer<br />

der russischen Metallurgie“. Darauf<br />

aufbauend wird der Referent auf die<br />

deutsch-russischen Beziehungen, bezogen<br />

auf die Stahlwirtschaft, eingehen.<br />

Fotos: Mikroskop Technik Rathenow GmbH (oben), Rudolf Miethig (VBIW, unten)<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


VBIW | 61<br />

Schiffshebewerk Niederfinow alt und neu.<br />

Im Barnim überwindet ein<br />

Fahrstuhl die Höhendifferenz …<br />

Niederfinow (Barnim). Zwischen Niederfinow<br />

und Oranienburg (Lehnitzer Schleuse)<br />

muss der Oder-Havel-Kanal einen Höhenunterschied<br />

von 36 Metern überwinden.<br />

Ursprünglich wurde das durch eine<br />

vierstufige Schleusentreppe bewerkstelligt.<br />

Schleusentreppen haben die Nachteile<br />

der langen Schleusenzeit und des Wasserverlustes.<br />

Deshalb war die Schleusentreppe<br />

Niederfinow 1934 durch ein Schiffshebewerk<br />

ergänzt worden. Es tut zuverlässig<br />

seinen Dienst, zeigt keine Altersschwäche.<br />

Doch passen die neuen Güter- und<br />

Containerschiffe mit bis zu 110 Metern<br />

Länge heute nicht mehr in den Trog des<br />

Fahrstuhls, und die hoch beladenen Containerschiffe<br />

können gar nicht verkehren.<br />

Für 285 Millionen Euro wird derzeit das<br />

neue Schiffshebewerk Niederfinow Nord<br />

erbaut. Es sollte bereits fertig sein, derzeit<br />

spricht man von einer Eröffnung 2<strong>01</strong>8. Das<br />

alte Hebewerk soll auch danach eine Zeit<br />

lang parallel betrieben werden, um dann<br />

als technisches Denkmal Besucher anzulocken.<br />

Das Konzept des Wasser- und Schifffahrtsamtes<br />

Eberswalde sieht vor, die gesamte<br />

Havel-Oder-Wasserstraße so zu erweitern,<br />

dass Europaschiffe mit 110 Metern Länge<br />

und 11,40 Metern Breite von Berlin nach<br />

Stettin fahren können. Das bedeutet drei<br />

Meter Tiefe und eine Durchfahrtshöhe von<br />

5,25 Metern. Damit könnte wenigstens ein<br />

Teil des Lkw-Verkehrs ersetzt werden.<br />

Rudolf Miethig (VBIW)<br />

… und im Böhmerwald ein<br />

Schwemmkanal die Wasserscheide<br />

Foto + Schaubild: Rudolf Miethig (VBIW)<br />

An den Hängen des Plöckensteins beginnt<br />

der Schwarzenbergsche Schwemmkanal.<br />

Er verläuft über Böhmen nach Österreich<br />

in die Große Mühl, welche ihrerseits<br />

in die Donau mündet. Nach seiner Inbetriebnahme<br />

1791 wurde der Schwemmkanal<br />

als ingenieurtechnische Meisterleistung,<br />

als „8. Weltwunder“ gefeiert,<br />

wohl insbesondere deshalb, weil er auf<br />

seinem Weg nach Süden die Europäische<br />

Hauptwasserscheide überquert.<br />

Der Ingenieur Joseph Rosenauer, Absolvent<br />

der Wiener Ingenieurakademie<br />

VBIW – Verein Brandenburgischer<br />

Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />

Landesgeschäftsstelle:<br />

Fürstenwalder Str. 46,<br />

15234 Frankfurt (Oder)<br />

Tel.: 0335 8692151<br />

E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />

Internet: www.vbiw-ev.de<br />

Schwarzes Meer<br />

Schwemmkanal<br />

Nordsee<br />

Wasserscheide<br />

Über- oder<br />

Unterqueren<br />

oder<br />

Anzapfen<br />

der Bäche<br />

Schwemmkanal<br />

zusätzliche Speisung<br />

aus Bergseen bei<br />

Schwemmung<br />

Nordsee<br />

Streckenführung des Schwemmkanals, prinzipielle Darstellung.<br />

und auch Landvermesser<br />

im Dienst des<br />

Fürsten zu Scharzenberg,<br />

ersann und vermaß<br />

die Trasse, auf<br />

der man Holz aus<br />

dem Böhmerwald in<br />

die Hauptstadt Wien<br />

schwemmen konnte.<br />

Der Fürst ließ den<br />

Kanal 1822 neuerlich<br />

verlängern. Zum<br />

Anschluss an den alten<br />

Kanal musste ein<br />

Sattel durchschnitten<br />

werden, was Rosenauer<br />

mittels eines 419 Meter langen<br />

Tunnels bewerkstelligte.<br />

Wie es gelang, dass der Kanal eine kontinentale<br />

Wasserscheide überwand, wird<br />

in der vorgefundenen Literatur nicht ausdrücklich<br />

erklärt. Es ist offensichtlich der<br />

Verlauf des Kanals quer zur Fließrichtung<br />

der Bäche, der es möglich macht. Die Bäche<br />

folgen aufgrund der Schwerkraft der<br />

am steilsten talwärts führenden Linie. Rosenauer<br />

leitete ihr Wasser quer zu diesem<br />

natürlichen Lauf in einen Kanal ab, bis dieser<br />

die Wasserscheide an der geplanten<br />

Stelle erreichte und queren konnte (siehe<br />

Grafik).<br />

Rudolf Miethig (VBIW)<br />

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62 | <strong>W+M</strong> NETZWERK<br />

UV Sachsen<br />

UNTERNEHMERABEND ZU INDUSTRIE 4.0<br />

Dresden. Auf große Resonanz stieß der<br />

Unternehmerabend des UV Sachsen Ende<br />

Oktober zum Thema Industrie 4.0. Gastgeber<br />

Volker Wahl, Geschäftsführer der WaCo<br />

Gerätetechnik GmbH, begrüßte die Teilnehmer<br />

in seinen Geschäftsräumen. Als Vizepräsident<br />

des Unternehmerverbandes (UV)<br />

Sachsen stimmte er gemeinsam mit UV-Geschäftsführer<br />

Lars Schaller auf den Abend<br />

ein. Im Anschluss wurde über die Aufgaben<br />

des Mittelstandes sowie die rechtlichen Bedingungen<br />

und Risiken unter den Herausforderungen<br />

der Digitalisierung referiert.<br />

Abschließend ermöglichte Wahl auf einem<br />

Unternehmensrundgang interessante Einblicke<br />

in die von moderner Technik geprägte<br />

Produktion. WaCo konstruiert und fertigt<br />

kundenspezifische Blechteile, Baugruppen<br />

und komplette Geräte. Aktuell produziert<br />

das Unternehmen unter anderem die Schaltschränke<br />

für den neuen ICE 4.<br />

ZUKUNFTSPREIS DER SÄCHSISCHEN WIRTSCHAFT VERLIEHEN<br />

Das Gründerteam der TU Dresden Senorics erhält den Zukunftspreis der Sächsischen Wirtschaft.<br />

Radebeul. Senorics, das Gründerteam<br />

der Technischen Universität (TU) Dresden,<br />

wurde im Oktober auf Schloss Wackerbarth<br />

mit dem Zukunftspreis der<br />

Sächsischen Wirtschaft ausgezeichnet.<br />

Der mit 3.000 Euro dotierte Preis<br />

wird unter anderem vom Unternehmerverband<br />

Sachsen gestiftet. Senorics<br />

hat neuartige organische Sensoren im<br />

Briefmarkenformat entwickelt, die in der<br />

Landwirtschaft zum Einsatz kommen,<br />

um den Reifegrad sowie den Feuchteoder<br />

Proteingehalt des Ernteguts bereits<br />

auf dem Feld zu bestimmen. Damit ist es<br />

gelungen, ein spektroskopisches Messverfahren,<br />

das heute nur mit großen, teuren<br />

Geräten im Labor durchgeführt werden<br />

kann, in einem kompakten, mobilen<br />

Gerät zu ermöglichen. Die Technologie<br />

soll nun weiterentwickelt und auf<br />

den Markt gebracht werden. Neben dem<br />

Agrarmarkt sehen die Gründer zahlreiche<br />

weitere Anwendungsfelder in der Medizin,<br />

der Pharma branche oder der Industrieautomation.<br />

TEILNEHMERREKORD BEIM 8. LEIPZIGER PERSONALFORUM<br />

In den Workshops des Leipziger Personalforums wurden die Auswirkungen der Digitalisierung auf<br />

Belegschaften diskutiert.<br />

Leipzig. Dem 8. Leipziger Personalforum,<br />

organisiert vom Unternehmerverband<br />

Sachsen und der IHK Leipzig, gelang<br />

mit rund 100 Gästen ein neuer Teilnehmerrekord.<br />

Den Auftakt der Veranstaltung<br />

zum Thema Digitalisierung und<br />

Vernetzung in der Arbeitswelt machte ein<br />

Vortrag von Architekt Guido Rottkämper.<br />

Anschließend wurde aus unterschiedlichen<br />

Branchen über den digitalen Einzug<br />

in die Unternehmen referiert. Dorit Sieber,<br />

Personalleiterin der Messeprojekt<br />

GmbH, berichtete von der Einführung einer<br />

"revolutionären" Messebau-App und<br />

die damit gestiegenen Ansprüche an ihre<br />

Mitarbeiter. Nach Workshops rund um<br />

die Digitalisierung bei der Bindung, Gewinnung<br />

und Fortbildung der Mitarbeiter<br />

wurde der Tag mit einer Podiumsdiskussion<br />

zur neuen Personaler-Rolle beendet.<br />

Das 9. Leipziger Personalforum wird am<br />

9. November <strong>2<strong>01</strong>7</strong> stattfinden.<br />

Fotos: Claudia Koslowski<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


UNTERNEHMERVERBÄNDE | 63<br />

UV Brandenburg-Berlin<br />

UMDENKEN IN DER STROMPREISPOLITIK<br />

GEFORDERT<br />

Der UVBB warnt vor Kostenexplosionen auf<br />

dem Strommarkt.<br />

Potsdam. Das Präsidium des Unternehmerverbandes<br />

Brandenburg-Berlin<br />

(UVBB) nahm jüngst Stellung zur Strompreispolitik.<br />

Die jüngere Energiewende,<br />

die mit dem Ausstieg aus der Atomkraft<br />

UV Ostdeutschlands und Berlin<br />

BRANDBRIEF ZUR INSOLVENZANFECHTUNG<br />

Leipzig. Die Interessengemeinschaft (IG)<br />

der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />

und Berlin nimmt in einem Brief an<br />

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel<br />

Stellung zur geplanten Reform der Insolvenzanfechtung.<br />

Die Reform sei aus<br />

Sicht der Wirtschaft längst überfällig. Für<br />

Unternehmen als Gläubiger bestehe bei<br />

Anfechtungen ein hohes Rückzahlungsrisiko<br />

für abgeschlossene Geschäfte, das<br />

aktuell kaum kalkulierbar sei. Um ein solches<br />

Risiko zu vermeiden, müssten Unternehmen<br />

bei Vorliegen erster Anzeichen<br />

von Zahlungsschwierigkeiten ihrer<br />

Kunden die Zusammenarbeit einstellen<br />

und unter Umständen Rückstellungen für<br />

in Deutschland im Jahr 2<strong>01</strong>1 einsetzte,<br />

sei mit gewaltigen Investitionen einhergegangen.<br />

Das verdeutliche sich nun scheinbar<br />

in einer Strompreisspirale, so der Verband.<br />

Höhere Umlagen, Steuern und Abgaben<br />

würden – ohne die reine, immer<br />

schon bestehende Stromsteuer – inzwischen<br />

30 Prozent der Stromkosten ausmachen,<br />

Tendenz steigend. Die Netzbetreiber<br />

müssten unter schwierigen Bedingungen<br />

immer mehr leisten und dem<br />

Kunden würden Kostenexplosionen drohen.<br />

Es sei aber kaum jemandem zu erklären,<br />

dass Betriebe und Privathaushalte<br />

in Gebieten mit stärkerem Ausbau Erneuerbarer<br />

Energien höhere Netzentgelte<br />

zahlen als weniger um die Energiewende<br />

Bemühte. Der UVBB fordert deshalb eine<br />

Reform des regionalen Netznutzungsentgelts<br />

hin zu einem bundesweiten Ausgleich,<br />

Schluss mit der Bevorteilung von<br />

Großunternehmen bei der sogenannten<br />

Ökosteuer und außerdem die Nutzung<br />

der CO 2<br />

-Abgabe als Lenkungssteuer für<br />

die Energiewende.<br />

diesen Zeitraum bilden, die die Liquidität<br />

beanspruchen. Auch würden dadurch Anschlussinsolvenzen<br />

drohen. Das belaste<br />

insbesondere kleine und mittelständische<br />

Unternehmen enorm, so die IG in<br />

ihrem Brief. Es sei deshalb wichtig, dass<br />

die Reform nicht zu einer übermäßigen<br />

Übervorteilung des Fiskus führe und die<br />

Anfechtungsfrist für Deckungsgeschäfte<br />

auf maximal zwei Jahre verkürzt werde.<br />

Die im Regierungsentwurf vorgesehene<br />

Anfechtungsfrist von vier Jahren sei<br />

für Deckungsgeschäfte zu lang, da sie im<br />

Geschäftsverkehr keine Planungs- und<br />

Rechtssicherheit für die von Anfechtung<br />

betroffenen Unternehmen schaffe.<br />

GESCHÄFTSSTELLEN<br />

Unternehmerverband Berlin e. V.<br />

Präsident: Armin Pempe<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführer: Niklas Graf von Bernstorff<br />

Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />

Tel.: +49 30 9818500<br />

Fax: +49 30 9827239<br />

E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />

Internet: www.uv-berlin.de<br />

Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />

Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />

Geschäftsführer: Steffen Heller<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />

Tel.: +49 331 810306<br />

Fax: +49 331 8170835<br />

E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />

Internet: www.uv-bb.de<br />

Geschäftsstelle Berlin<br />

Charlottenstraße 80, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />

Tel.: +49 30 2045990<br />

Fax: +49 30 20959999<br />

E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />

Geschäftsstelle Cottbus<br />

Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />

Tel.: +49 355 22658<br />

Fax: +49 355 22659<br />

E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />

Unternehmerverband Norddeutschland<br />

Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />

Präsident: Rolf Paukstat<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Hauptgeschäftsführerin: Pamela Buggenhagen<br />

Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />

Tel.: +49 385 569333<br />

Fax: +49 385 5685<strong>01</strong><br />

E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />

Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />

Mecklenburg e. V.<br />

Präsident: Frank Haacker<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />

Wilhelm-Külz-Platz 4<br />

18055 Rostock<br />

Tel.: +49 381 242580<br />

Fax: +49 381 2425818<br />

E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />

Internet: www.uv-mv.de<br />

Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />

Präsident: Hartmut Bunsen<br />

Geschäftsführer: Lars Schaller<br />

Hauptgeschäftsstelle<br />

Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />

Tel.: +49 341 52625844<br />

Fax: +49 341 52625833<br />

E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />

Internet: www.uv-sachsen.de<br />

Geschäftsstelle Chemnitz<br />

Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />

Tel.: +49 371 49512912<br />

Fax: +49 371 49512916<br />

E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />

Geschäftsstelle Dresden<br />

Semperstraße 2b, <strong>01</strong>069 Dresden<br />

Tel.: +49 351 8996467<br />

Fax: +49 351 8996749<br />

E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />

Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />

Präsident: Jürgen Sperlich<br />

Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />

Geschäftsstelle Halle/Saale<br />

Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />

Tel.: +49 345 78230924<br />

Fax: +49 345 7823467<br />

Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />

Präsident: Jens Wenzke<br />

c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />

Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />

Tel.: +49 361 4930811<br />

Fax: +49 361 4930826<br />

E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />

Internet: www.uv-thueringen.de<br />

Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />

Präsident: Gerold Jürgens<br />

Geschäftsführer: N. N.<br />

Geschäftsstelle<br />

Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />

Tel.: +49 3834 835823<br />

Fax: +49 3834 835825<br />

E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />

Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


64 | <strong>W+M</strong> PORTRÄTS<br />

Axel Ekkernkamp<br />

Gesundheitspolitischer Vordenker<br />

VISIONÄRE<br />

Eigentlich könnte sich Professor Axel<br />

Ekkernkamp beruhigt zurücklehnen<br />

und beruflich schon mit jungen 59 Jahren<br />

den Fuß vom Gas nehmen. Denn er hat<br />

ein Lebenswerk geschaffen, das national<br />

und international höchste<br />

Wertschätzung genießt –<br />

das Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn<br />

(ukb). Ekkernkamp<br />

hat das ukb, das zu den modernsten<br />

Kliniken Europas zählt, seit 1994 geplant,<br />

aufgebaut und in Betrieb genommen. Er ist<br />

seit 1996 Ärztlicher Direktor und seit 1999<br />

Geschäftsführer des Unfallkrankenhauses.<br />

Doch von Ruhe, Auszeit oder Schongang<br />

hält der gebürtige Bielefelder gar nichts. Im<br />

Gegenteil, der renommierte Unfallchirurg<br />

ist rastlos, energiegeladen und steckt voller<br />

Ideen. Tagtäglich klingelt morgens um<br />

4:20 Uhr sein Wecker im Brandenburger<br />

Umland. Gegen 6:30 Uhr trifft er im ukb<br />

ein und leitet ab 6:45 Uhr die Visite. Es folgen<br />

Termine im Halbstundentakt, selten<br />

STECKBRIEF<br />

Axel Ekkernkamp wurde am 17. August<br />

1957 in Bielefeld geboren. Nach dem<br />

Abitur studierte er Medizin in Münster<br />

und Bern. 1983 wurde er promoviert. Es<br />

folgten erste Stationen als Arzt in Wien,<br />

Osnabrück, München und Bochum.<br />

1994 wurde er zum Direktor der Klinik<br />

für Unfallchirurgie des Unfallkrankenhauses<br />

Berlin (ukb) gewählt, zwei Jahre<br />

später folgte die Bestellung zum Ärztlichen<br />

Direktor. Seit 1999 ist Ekkernkamp<br />

Geschäftsführer am ukb. Ebenfalls seit<br />

1999 ist er ordentlicher Professor an der<br />

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.<br />

Axel Ekkernkamp ist verheiratet.<br />

ist er vor 23:00 Uhr wieder<br />

zu Hause. Mit Hochdruck<br />

und Leidenschaft arbeitet<br />

er an der Fortentwicklung<br />

seines Lebenswerkes.<br />

„Bei uns wird kein<br />

Patient abgewiesen.“<br />

Die medizinische<br />

Laufbahn<br />

war Axel Ekkernkamp<br />

nicht in die Wiege gelegt worden.<br />

In seiner westfälischen Familie wurde<br />

man eher Jurist oder Manager. Als Junge<br />

war er begeisterter Fußballer. Im Alter<br />

von neun Jahren kickte er an der Seite<br />

des späteren Bundesligaprofis Ewald Lienen<br />

beim Traditionsklub Arminia Bielefeld,<br />

für den er noch heute die Daumen hält.<br />

Auf der Bielefelder Alm verdiente er auch<br />

sein erstes Geld, als Ordner beim Kartenabreißen.<br />

Nach dem Abitur zog es ihn zum Medizinstudium,<br />

erst nach Münster, später nach<br />

Bern. Ursprünglich wollte er Orthopäde<br />

werden, wurde jedoch von seinen medizinischen<br />

Mentoren überzeugt, sich auf die<br />

wesentlich spannendere Unfallchirurgie einzulassen.<br />

Auf den ehrgeizigen und schon in jungen<br />

Jahren promovierten Mediziner wurde der<br />

Berufsgenossenschaftliche Klinikverbund<br />

aufmerksam. Man stellte ihm den Posten<br />

des Ärztlichen Direktors an der Berufsgenossenschaftlichen<br />

Klinik in Duisburg in<br />

Aussicht. Bis eines Tages die Anfrage kam,<br />

ob er sich vorstellen könne, nach Marzahn<br />

zu gehen. Axel Ekkernkamp: „Ich sagte, ich<br />

könne mir vieles vorstellen, aber wo bitte<br />

ist Marzahn?“ Die anfängliche Irritation verflog<br />

rasch, nachdem Ekkernkamp klar geworden<br />

war, welche Chance man ihm offerierte:<br />

Er durfte ein Krankenaus von der<br />

Pike auf planen, bauen, leiten und entwickeln.<br />

Das ukb war der erste Klinikneubau<br />

im Osten Berlins seit der Wiedervereinigung.<br />

Noch heute blickt er fasziniert zurück:<br />

„Es kommt äußerst selten vor, dass man<br />

ein Krankenhaus von null aufbauen kann.“<br />

Ekkernkamps 1.600 Mitarbeiter versorgen<br />

heute pro Jahr 100.000 Patienten. Gut<br />

60.000 davon in Deutschlands größter Rettungsstelle.<br />

In 25 Fachbereichen sowie auf<br />

20 Stationen mit rund 550 Betten wird das<br />

Credo des Chefs umgesetzt: „Bei uns wird<br />

kein Patient abgewiesen.“<br />

Mit jedem Monat kommt er der Realisierung<br />

seiner Vision näher: „Wir entwickeln<br />

hier einen umfassenden Gesundheitscampus,<br />

der die Sektorengrenzen zwischen niedergelassenen<br />

Ärzten, Krankenhäusern<br />

und Rehabilitation durchbricht und alle Gewerke<br />

sinnvoll vernetzt.“ Erst vor kurzem<br />

wurde eine Poliklinik am Standort eröffnet,<br />

in Planung befinden sich eine Reha-Klinik,<br />

eine Akutgeriatrie und eine psychosomatische<br />

Klinik. Ekkernkamps jüngster Coup<br />

ist ein hochmodernes Schlaganfallmobil,<br />

das ab Dezember vom ukb aus Leben retten<br />

wird.<br />

Karsten Hintzmann<br />

Foto: M. Hübner/ukb<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


MACHER<br />

<strong>W+M</strong> PORTRÄTS | 65<br />

Michael Reizel<br />

Mister Altersvorsorge<br />

Foto: BVUK.GmbH<br />

Wenn man sich mit Michael Reizel<br />

zum Gespräch trifft, dauert<br />

es nicht lange und man ist bei<br />

einem seiner Herzensthemen angelangt –<br />

dem Sport. Ob Fußball, Basketball, Tennis<br />

oder Biathlon, er begeistert sich für viele<br />

Sportarten. Dem Tennis ist der 52 Jahre<br />

alte Würzburger Unternehmer bis heute als<br />

Aktiver treu geblieben. Wenn es die Zeit zulässt,<br />

greift er einmal die Woche zum Schläger<br />

und treibt seinen Trainer für eine Stunde<br />

über den Court, wie er schmunzelnd verrät.<br />

„Sport führt Menschen aller gesellschaftlichen<br />

Schichten und Generationen zusammen.<br />

Wo findet man es sonst noch, dass<br />

der Arbeiter und der Manager einträchtig<br />

nebeneinander sitzen und sich bei jedem<br />

Tor ihrer Mannschaft um den Hals fallen?<br />

Das gibt es nur im Stadion.“ Neben der Faszination,<br />

dass Sport Grenzen und Schranken<br />

scheinbar mühelos überwindet, schätzt<br />

Michael Reizel vor allem auch die Parallelen<br />

zum Unternehmertum: „Sport heißt Wettkampf,<br />

sich durchzusetzen. Ich fördere gern<br />

erfolgreiche Sportler.“ Zu ihnen gehören der<br />

mehrfache Schwimmweltmeister Thomas<br />

Lurz und die Thüringer Biathlonolympiasiegerin<br />

Kati Wilhelm, die heute Botschafter<br />

und Repräsentanten von Reizels Unternehmen,<br />

der BVUK. Gruppe, sind.<br />

Sein breites gesellschaftliches<br />

Engagement, das<br />

von der Unterstützung<br />

benachteiligter Kinder bis<br />

zum Sponsoring des Bundesli-<br />

gateams<br />

der s.Oliver<br />

Baskets reicht,<br />

war Reizel nicht<br />

immer schon möglich. Denn auch er<br />

hat klein als selbstständiger Vertreter in<br />

der Finanz- und Versicherungsbranche angefangen.<br />

Mit 36 Jahren gründete er die<br />

BVUK. Gruppe, ein auf die betriebliche<br />

Altersvorsorge spezialisiertes Unternehmen.<br />

„Als Unternehmer durchläuft man<br />

drei verschiedene Phasen. Und jede Phase<br />

verlangt ihre eigenen Prioritäten“, sagt<br />

Reizel rückblickend. Zunächst ging es für<br />

ihn und sein kleines Team darum, die Firma<br />

aufzubauen und im Markt zu etablieren.<br />

Phase zwei hieß dann Konsolidierung<br />

des Geschäftes. Bereits seit einigen<br />

Jahren befindet sich Reizel mit seiner<br />

BVUK. Gruppe in der Phase des gezielten<br />

Unternehmensausbaus, wobei er<br />

besonders stark auf Nachhaltigkeit und<br />

hohe Qualität setzt. Derzeit umfasst die<br />

BVUK. Gruppe mehr als 100 Mitarbeiter.<br />

Der Erfolg, den er deutschlandweit mit<br />

maßgeschneiderten Konzepten der betrieblichen<br />

Altersvorsorge für mittelständische<br />

und große Unternehmen hat, gibt<br />

ihm dabei recht. In dieser dritten Phase ist<br />

es Reizel mehr und mehr möglich, andere<br />

am Erfolg seiner unternehmerischen Arbeit<br />

teilhaben zu lassen – sozial schwache Menschen,<br />

Sportler und Sportvereine.<br />

Aber er gibt nicht nur ab von den Gewinnen,<br />

die die BVUK. Gruppe erwirtschaftet,<br />

er engagiert sich auch in einem brisanten<br />

„Die Menschen dürfen<br />

in Rentenfragen nicht zu<br />

staatsgläubig sein.“<br />

gesellschaftlichen Diskurs, der Rentendebatte.<br />

Michael Reizel: „Ich möchte mithelfen,<br />

den Menschen die Augen zu öffnen,<br />

dass sie hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung<br />

im Alter nicht zu staatsgläubig<br />

sind. Sie müssen sich<br />

rechtzeitig individuell<br />

um ihre Altersabsicherung<br />

kümmern, denn<br />

der Staat kann das nicht<br />

schultern.“ Allerdings müsse der Staat, so<br />

Reizels Forderung an die Politik, konkrete<br />

Anreize dafür schaffen, dass sowohl Arbeitgeber<br />

als auch Arbeitnehmer Eigeninitiative<br />

in Sachen Altersvorsorge entwickeln.<br />

Reizel: „Das ist ein wichtiger gesellschaftlicher<br />

Auftrag. Unsere Mandanten, also die<br />

mit uns kooperierenden Arbeitgeber, sorgen<br />

dafür, dass ihre Beschäftigten ein auskömmliches<br />

Einkommen nach ihrem aktiven<br />

Arbeitsleben haben.“<br />

Karsten Hintzmann<br />

STECKBRIEF<br />

Michael Reizel wurde im Dezember 1963<br />

in Frankfurt am Main geboren. Sein gesamtes<br />

Arbeitsleben hat er bislang in<br />

der Finanz- und Versicherungsbranche<br />

verbracht. Im Jahr 2000 gründete er die<br />

auf betriebliche Altersvorsorge spezialisierte<br />

BVUK. Gruppe in Würzburg. Die<br />

BVUK. Gruppe unterhält Büros in Nürnberg,<br />

Hamburg, Dresden, Berlin und Baden-Baden.<br />

Er ist in mehrfacher Funktion<br />

Förderer des Breiten- und Leistungssports<br />

und seit 2<strong>01</strong>6 Kurator der<br />

Deutschen Sporthilfe. Michael Reizel ist<br />

verheiratet und Vater von zwei Kindern.<br />

www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


66 | <strong>W+M</strong> DIE LETZTE SEITE<br />

Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />

Martin Luthers blühende Landschaften<br />

Das Jahr <strong>2<strong>01</strong>7</strong> steht ganz im Zeichen<br />

des großen Reformators Martin<br />

Luther, der 1483 in Eisleben (heute<br />

Sachsen-Anhalt) das Licht der Welt erblickte.<br />

All jene Stätten, wo Luther historische<br />

Spuren hinterließ, dürften in den<br />

kommenden Monaten zu Wallfahrtsorten<br />

werden. In unserer Titelgeschichte beleuchten<br />

wir, wie Wirtschaft und Tourismus<br />

in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen<br />

und Brandenburg vom Gedenken an<br />

Luther profitieren. Mit Sachsen-Anhalts<br />

Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff<br />

sprechen wir über das Luther-Investitionsprogramm<br />

sowie seine persönliche Sicht<br />

als Katholik auf das Erbe des Kirchenrebellen<br />

Luther.<br />

Ein weiteres wichtiges Thema im Jahr<br />

<strong>2<strong>01</strong>7</strong> ist die Bundestagswahl, die im Herbst<br />

stattfindet. In der kommenden Ausgabe<br />

starten wir mit einer vierteiligen Serie, in<br />

der alle 130 ostdeutschen Bundestagsabgeordneten<br />

Bilanz aus ihrer Arbeit in der zu<br />

Ende gehenden Legislaturperiode ziehen.<br />

Allen Parlamentariern stellen wir die eine<br />

Frage: „Was haben Sie konkret für die regionale<br />

Wirtschaft in Ihrem Wahlkreis in der<br />

<strong>2<strong>01</strong>7</strong> zu Ende gehenden Wahlperiode geleistet?“<br />

Wir starten mit den 33 Bundestagsabgeordneten<br />

aus Sachsen und sind<br />

gespannt auf die Antworten.<br />

Darüber hinaus finden Sie wie gewohnt aktuelle<br />

Nachrichten und interessante Reportagen<br />

aus den neuen Bundesländern sowie<br />

einen informativen Ratgeberteil.<br />

Die nächste Ausgabe von<br />

WIRTSCHAFT+MARKT erscheint am<br />

23. Februar <strong>2<strong>01</strong>7</strong>.<br />

PERSONENREGISTER<br />

Aderhold, Jochen 7<br />

Ahlers, Edmund 21<br />

Arndt, Rommy 55<br />

Auerbach, Andreas 55<br />

Balan, Manuela 59<br />

Baldamus, Gunnar 57<br />

Berka, Klaus 10<br />

Bobach, Anja 6<br />

Bonew, Torsten 56<br />

Böther, Ulrich 33<br />

Braun, Helge 57<br />

Braun, Sebastian F. 27<br />

Brohm, Andreas 33<br />

Brückner, Jörg 31<br />

Bunse, Benno 47<br />

Bunsen, Hartmut 56, 57<br />

Bunsen, Ursula 56<br />

Burgmaier, Sylvia 58<br />

Burkert, Uwe 8<br />

Busch-Petersen, Nils 58<br />

Dembski, Felix 55<br />

Depp, Johnny 36<br />

Derer, Mario 59<br />

Döring, Karl 60<br />

Dubberstein, Bernd 6<br />

Dulig, Martin 30/31<br />

Ekkernkamp, Axel 64<br />

Engelke, Thomas 55<br />

Erdmann, Axel 59<br />

Erdoğan, Recep 3<br />

Faller-Moog, Judith 10<br />

Felgner, Jörg 6<br />

Fern, Oliver 8<br />

Ferriss, Timothy 49<br />

Gabriel, Sigmar 3, 43-44, 46, 63<br />

Gäde-Butzlaff, Vera 58<br />

Gleicke, Iris 3, 10, 43, 45<br />

Golze, Diana 48<br />

Gorholt, Martin 21<br />

Graf, Holger 59<br />

Grafe, Christian 41<br />

Grafe, Clemens 41<br />

Grafe, Matthias 41<br />

Grafe, Michael 41<br />

Gröhn, Klaus 56<br />

Gropp, Reint 57<br />

Gugerel, Manfred 58<br />

Gutman, Klemens 33<br />

Haacker, Frank 59<br />

Hahne, Peter 49<br />

Hartmann, Tim 55<br />

Hascher, Gerd 6/7<br />

Hascher, Tilman 7<br />

Hascher-Brückner, Ute 6<br />

Haseloff, Reiner 3, 43-47, 66<br />

Heimpold, Gerhard 39<br />

Heller, Steffen 57<br />

Hernández, Gregorio 56<br />

Herrmann, Ulrike 49<br />

Hesse, Jürgen 49<br />

Heuchert, Karsten 7<br />

Holst, Klaus-Ewald 7<br />

Holtemöller, Oliver 8<br />

Janßen, Gerhard 21<br />

Joras, Andrea 12, 44, 46/47<br />

Kahnemann, Daniel 49<br />

Kammerlander, Nadine 10<br />

Kieker, Burkhard 15<br />

Klostermann, Dieter R. 58<br />

Koch, Heico 37<br />

Kock am Brink, Ulla 58<br />

Koschmieder, Heiko 52/53<br />

Köster-Bruns, Carlotta 57<br />

Krüger, Marion 37<br />

Kühmstedt, Thomas 23<br />

Laakso, Jarmo 23<br />

Labrenz, Diana 56<br />

Lautenschläger, Carla 60<br />

Lautenschläger, Ralf-Peter 60<br />

Lienen, Ewald 64<br />

Lurz, Thomas 65<br />

Matysek, Steffen 56<br />

Mayer, Claus R. 58<br />

Meinel, Christoph 47<br />

Meißler, Frank 59<br />

Merkel, Angela 31<br />

Mertzsch, Norbert 60<br />

Methling, Roland 59<br />

Meyer, Jens-Uwe 43<br />

Montebaur, Alexander 6<br />

Müller, Lars 56<br />

Müller, Michael 3, 18-20, 43-46<br />

Neubert, Axel 59<br />

Nikolitsch, Mirko Alexander 9<br />

Oelmann, Angelika 58<br />

Özcan, Serkan 58<br />

Paukstat, Rolf 58<br />

Pegel, Christian 45/46, 59<br />

Piechullek, Steffen 26<br />

Piegert, Hans-Günter 31<br />

Ragnitz, Joachim 10, 42/43, 47<br />

Rätsch, Christian 55<br />

Reizel, Michael 65<br />

Rendez, Helmar 8<br />

Reuschel, Elke 56<br />

Reuschel, Mathias 56<br />

Roelecke, Carsten 49<br />

Rottkämper, Guido 62<br />

Schadock, Helga 57<br />

Schaller, Lars 57, 62<br />

Schneider, Kathrin 28<br />

Schrader, Hans Christian 49<br />

Schreiber, Malte 58<br />

Schubert, Torsten 24/25<br />

Schulz, Andreas 10<br />

Schulz, Axel 33<br />

Sellering, Erwin 59<br />

Sieber, Dorit 62<br />

Sommer, Thorsten 56<br />

Stefanović, Miloš 21<br />

Stemme, Reiner 21<br />

Stowasser, Sascha 48<br />

Strelecky, John 49<br />

Tillich, Stanislaw 30/31<br />

Trump, Donald 3<br />

Tunger, Reiner 8<br />

Ungvari, László21<br />

Urban, Manfred 38<br />

Vogelsänger, Jörg 29<br />

von Schoonhoven, Gerrit 10<br />

Wagenknecht, Sahra 49<br />

Wagner, Stefan 7<br />

Wahl, Volker 62<br />

Wanka, Johanna 3, 43-45<br />

Wassermann, Holger 50/51<br />

Weber, Michael 10<br />

Werner, Holger 47<br />

Westerhausen, Josef 57<br />

Wilhelm, Kati 65<br />

Willingmann, Armin 6<br />

Woidke, Dietmar 3, 43-46<br />

Woltmann, Jörg 58<br />

Wowereit, Klaus 18, 58<br />

Wringham, Robert 49<br />

Yusofov, Vitaly 22<br />

Zender, Wolfgang 10<br />

Zinnow, Pirko 57<br />

Foto: evgenyi/fotolia.com<br />

WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>


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