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90. Spengler Cup Davos - Jahrbuch 2016 (20-er Jahre)

Das 1. Jahrbuch liefert spannende Fakten und wissenswerte Stories zu den Anfangsjahren des Turniers. Wir lassen ehemalige Sieger und Grössen aus der Sport- und Medienwelt zu Wort kommen und geben einen etwas anderen Einblick in die diesjährigen Spengler Cup Teams und ihrer Herkunft.

Das 1. Jahrbuch liefert spannende Fakten und wissenswerte Stories zu den Anfangsjahren des Turniers. Wir lassen ehemalige Sieger und Grössen aus der Sport- und Medienwelt zu Wort kommen und geben einen etwas anderen Einblick in die diesjährigen Spengler Cup Teams und ihrer Herkunft.

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SIEGER VON DAMALS<br />

63<br />

« Ich war da g<strong>er</strong>ade knapp zu früh. Nachdem<br />

ich aufgehört hatte, fing es an:<br />

50 Franken für ein Remis, 100 für einen<br />

Sieg, nichts für eine Nied<strong>er</strong>lage.» Heute<br />

gibt es das Vielfache an Prämien, dafür<br />

ab<strong>er</strong> keine Unentschieden mehr – ganz<br />

and<strong>er</strong>e Zeiten eben.<br />

Mit dem Zug an die Auswärtspartien<br />

D<strong>er</strong> Spielplan war ungleich kürz<strong>er</strong>. « Wir<br />

spielten etwa von Dezemb<strong>er</strong> bis Februar.<br />

14 Partien, je sieben zu Hause und auswärts<br />

», beschreibt Jenni eine normale<br />

Saison d<strong>er</strong> späten Fünfzig<strong>er</strong>- und Anfang<br />

d<strong>er</strong> Sechzig<strong>er</strong>jahre. An die Partien in d<strong>er</strong><br />

Fremde reiste man imm<strong>er</strong> mit dem Zug<br />

an, üb<strong>er</strong>nachtet wurde im Hotel. « Mit<br />

dem Bus zu fahren, hätten wir gar nicht<br />

gedurft. Aus Angst vor V<strong>er</strong>spätungen<br />

war das v<strong>er</strong>boten », <strong>er</strong>klärt Jenni. Eine<br />

Episode blieb ihm besond<strong>er</strong>s gut in Erinn<strong>er</strong>ung:<br />

« Wir stiegen am Samstag um<br />

8 Uhr in den Zug und kamen um 17 Uhr<br />

in Visp an. Danach spielten wir die Partie,<br />

v<strong>er</strong>loren 0 : 1. Am nächsten Morgen<br />

hiess es wied<strong>er</strong>: Abfahrt in Visp um<br />

8 Uhr, Ankunft in <strong>Davos</strong> um 17 Uhr. Zwei<br />

ganze Tage Aufwand für ein Tor!» D<strong>er</strong><br />

Trainingsbetrieb ruhte nach Saisonschluss<br />

bis Ende Mai. « Dann fingen wir<br />

mit Trockenübungen an. Ab<strong>er</strong> spezifisches<br />

Krafttraining kannten wir nicht »,<br />

sagt Jenni.<br />

« <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> sei Dank »<br />

Auch wenn die Vaillant Arena nur gut<br />

einen Kilomet<strong>er</strong> von Jennis Wohnung<br />

entf<strong>er</strong>nt ist, sind die Matchbesuche<br />

rar<strong>er</strong> geworden. Er habe gute Gründe,<br />

sagt <strong>er</strong>: « Ich mag das ständige Geschrei<br />

an den Spielen nicht mehr. Und<br />

im Teleclub kann ich die Partien ja zu<br />

Hause in voll<strong>er</strong> Länge schauen, wenn ich<br />

will.» Er fieb<strong>er</strong>t dennoch mit dem HCD<br />

mit. Er weiss auch, dass Spitzeneishockey<br />

an einem Ort wie <strong>Davos</strong> nicht mehr<br />

selbstv<strong>er</strong>ständlich ist: « Zum Glück haben<br />

wir den <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> und den Kristall<br />

Club.» Jenni, heute pensioni<strong>er</strong>t<strong>er</strong><br />

Chefmonteur im B<strong>er</strong>eich Heizung, Klima<br />

und Sanitär, hat nicht nur mit dem HCD<br />

besond<strong>er</strong>e Momente <strong>er</strong>lebt. D<strong>er</strong> linke<br />

Flügelstürm<strong>er</strong> war 36-fach<strong>er</strong> int<strong>er</strong>national<strong>er</strong><br />

Teilnehm<strong>er</strong> und 1964 auch bei<br />

Olympia in Innsbruck dabei. « Es hatte<br />

keinen Schnee, wir hatten ganz staubige<br />

Schuhe nach d<strong>er</strong> Ankunft », <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t<br />

sich Jenni. Wie für die nationale Eishockey-Meist<strong>er</strong>schaft<br />

galt selbst für<br />

die Wint<strong>er</strong>spiele: « Es hatte nur wenige<br />

Fotografen, kaum F<strong>er</strong>nsehen.»<br />

Olympiateilnahme – das Grösste<br />

Sportlich war es für die Schweiz<strong>er</strong><br />

Nationalmannschaft ein Turni<strong>er</strong> zum<br />

V<strong>er</strong>gessen. Von den drei Zu-null-Nied<strong>er</strong>lagen<br />

gegen die Grossen des Welteishockeys<br />

stach insbesond<strong>er</strong>e das 0 : 15<br />

gegen die Sowjetunion h<strong>er</strong>aus. « Wir hatten<br />

wirklich keine Chance. Das war frustri<strong>er</strong>end.<br />

Du konntest einfach nichts<br />

machen », <strong>er</strong>zählt Jenni. Um die Üb<strong>er</strong>legenheit<br />

d<strong>er</strong> Sowjets zu illustri<strong>er</strong>en,<br />

greift <strong>er</strong> zu folgendem Beispiel: « Wenn<br />

ich mit einem Russen gleichzeitig von<br />

d<strong>er</strong> einen blauen Linie aus loslief, war<br />

<strong>er</strong> b<strong>er</strong>eits bei d<strong>er</strong> and<strong>er</strong>en blauen Linie,<br />

während ich g<strong>er</strong>ade die rote Mittellinie<br />

<strong>er</strong>reichte.» Dennoch denkt <strong>er</strong> mit<br />

Freude an die Spiele zurück: « Für jeden<br />

Sportl<strong>er</strong> ist eine Olympiateilnahme doch<br />

das Grösste. Für mich war das mehr<br />

W<strong>er</strong>t als eine Weltmeist<strong>er</strong>schaft.»<br />

« Man schob die Russen weit<strong>er</strong> »<br />

Er habe im olympischen Dorf in demselben<br />

Haus und auf dem gleichen Stock<br />

gewohnt wie die Ski fahrenden Landsleute<br />

Josef « Jos » Minsch und Adolf<br />

« Dölf » Mathis, <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t sich Jenni: « Die<br />

beiden kamen mit je einem vi<strong>er</strong>ten Rang<br />

einem Schweiz<strong>er</strong> Podestplatz am nächsten.»<br />

Keine einzige Medaille – das habe<br />

für Theat<strong>er</strong> in d<strong>er</strong> Heimat gesorgt. Von<br />

d<strong>er</strong> Kritik v<strong>er</strong>schont blieb die Hockey-<br />

Nationalmannschaft: « Von uns hatte<br />

ja niemand eine Medaille <strong>er</strong>wartet.»<br />

Die krasse Üb<strong>er</strong>legenheit g<strong>er</strong>ade d<strong>er</strong><br />

Sowjets will <strong>er</strong> ins richtige Licht g<strong>er</strong>ückt<br />

wissen. « Wir waren Amateure,<br />

während sie Armeeleute ohne Gewehre<br />

waren. Die traini<strong>er</strong>ten vom Morgen bis<br />

am Abend hart.» Auch am <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong><br />

habe man die unt<strong>er</strong>schiedlichen, auch<br />

kulturellen Welten wahrnehmen können.<br />

« Die Russen wohnten im Hotel Belvédère<br />

und hatten kaum Ausgang. Und wenn sie<br />

einmal kurz auf die Strasse durften und<br />

dabei vor den Schaufenst<strong>er</strong>n anhielten,<br />

kamen sofort ihre Aufpass<strong>er</strong> und schoben<br />

sie weit<strong>er</strong>.»<br />

<strong>Spengl<strong>er</strong></strong>-<strong>Cup</strong>-Sieg<strong>er</strong> 1958<br />

Oski Jenni <strong>er</strong>lebte das Eishockey fast ausnahmslos unt<strong>er</strong> freiem Himmel. « Nur<br />

in Zürich gab es mit dem Hallenstadion ein üb<strong>er</strong>dachtes Eisfeld. Spät<strong>er</strong> kam Les<br />

V<strong>er</strong>nets in Genf dazu », <strong>er</strong>zählt <strong>er</strong>. Nicht ab<strong>er</strong> in <strong>Davos</strong>. Auf den Matchbild<strong>er</strong>n von<br />

Heimspielen in seinem Fotoalbum ist nebst dürftig geschützten Feldspiel<strong>er</strong>n in<br />

Pullov<strong>er</strong>n und helmlosen V<strong>er</strong>wegenen im Tor regelmässig auch Schnee auf dem Eisfeld<br />

zu sehen.<br />

Dies galt auch für den <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong>, d<strong>er</strong> in Jennis Palmarès ebenfalls einen besond<strong>er</strong>en<br />

Platz einnimmt. Er gewann mit seinem HCD 1958 das Traditionsturni<strong>er</strong> und<br />

hätte da kaum gedacht, dass unfassbare 42 <strong>Jahre</strong> v<strong>er</strong>gehen würden, bis <strong>Davos</strong> dank<br />

Arno Del Curtos Mannen das Heimturni<strong>er</strong> endlich wied<strong>er</strong> gewinnen würde. Als in den<br />

<strong>Jahre</strong>n vorh<strong>er</strong> d<strong>er</strong> HCD vi<strong>er</strong>mal ( <strong>er</strong>folglos ) im Finale stand, war Jenni im Vorfeld imm<strong>er</strong><br />

ein gefragt<strong>er</strong> Mann und wünschte sich stets, sein Status als letzt<strong>er</strong> <strong>Davos</strong><strong>er</strong><br />

<strong>Spengl<strong>er</strong></strong>-<strong>Cup</strong>-Sieg<strong>er</strong> möge ein Ende finden. « Keine Frage, mein H<strong>er</strong>z schlägt nach<br />

wie vor für den HC <strong>Davos</strong> », sagt Jenni auch noch heute.

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