F E S T S C H R I F T Zwanzig Jahre Literarischer Gesprächskreis ...
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Auch die Sprache kann ein Spielzeug sein. Und was für<br />
eines! Es gibt Menschen, die geradezu sprachliche<br />
Seiltänzer oder Jongleure sind. Doch ist selbst beim<br />
Seiltänzer das Tanzen nicht alles. Er braucht auf seinem<br />
Seil Disziplin, sonst stürzt er ab, und er braucht tägliches<br />
Training. Der Fähigkeit des Seiltänzers, überhaupt das<br />
Gleichgewicht zu halten, entspricht beim Schreibenden<br />
das handwerkliche Beherrschen der Sprache; die<br />
Disziplin äußert sich im verantwortlichen Umgang mit<br />
ihr, das Training ist der tägliche Gebrauch.<br />
Der verantwortliche Umgang mit der Sprache ist<br />
eigentlich nur möglich, wenn man Liebe zu seiner<br />
Muttersprache hat, in der allein sich Empfindungen,<br />
Herzensregungen, Betroffenheit, Engagement<br />
angemessen ausdrücken lassen – wie ich denn auch<br />
einem Menschen nur in einer grundsätzlichen Haltung<br />
der Willigkeit zum Lieben richtig begegnen kann.<br />
Doch sind dies nur erste (freilich unabdingbare)<br />
Voraussetzungen dafür, dass ein Mensch sich ans<br />
Schreiben machen kann (wenn es denn nicht ein bloßes<br />
Geschreibsel bleiben soll).<br />
Wir von der schreibenden Zunft schreiben letzten Endes<br />
nicht um des Schreibens willen, nicht aus Interesse an<br />
einer bestimmten literarischen Gattung oder gar aus<br />
theoretischen Überlegungen heraus, sondern weil’s Spaß<br />
macht, weil wir Freude daran haben – die kann vom<br />
Vergnügen an einer gelungenen Formulierung bis zur<br />
tiefinneren Befriedigung über eine fertiggestellte<br />
literarische Schöpfung reichen. Wir freuen uns an der<br />
Tätigkeit des Schreibens, die als schöpferischer Akt<br />
empfunden wird, ebenso wie am Ergebnis, das<br />
gewissermaßen ein Geschöpf des Autors ist.