09.12.2012 Aufrufe

F E S T S C H R I F T Zwanzig Jahre Literarischer Gesprächskreis ...

F E S T S C H R I F T Zwanzig Jahre Literarischer Gesprächskreis ...

F E S T S C H R I F T Zwanzig Jahre Literarischer Gesprächskreis ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hans Jürgen Schäfer<br />

Das tapfere Schneiderlein<br />

Nachtrag aus der Sicht der sieben Fliegen<br />

Das tapfere Schneiderlein hatte bekanntlich einst mit<br />

einem Schlag sieben Fliegen, die sich als ungebetene<br />

Gäste auf seinem Marmeladebrot niedergelassen hatten,<br />

getötet. Durch geschicktes Self-Management und<br />

Imagepflege hatte das Schneiderlein selbst Riesen<br />

eingeschüchtert und mit List überwunden, um schließlich<br />

für irgendwelche Heldentaten mit einer modelgleichen<br />

Prinzessin samt Reich belohnt zu werden. So weit das<br />

Schicksal des kleinen Schneiderleins. Von den sieben<br />

Fliegen berichtete der Erzähler jedoch nichts weiter. Es<br />

war wohl nicht das richtige Zeitalter. Helden, Könige und<br />

Königinnen, Prinzessinnen und Prinzen, Zauberer und<br />

Hexen, selbst Frösche und Kater waren interessant, für<br />

Opfer und Besiegte interessierte sich niemand, und für<br />

tote Fliegen schon gar nicht. Das ist unserer etwas<br />

sensibleren Zeit vorbehalten. Daher dieser Nachtrag:<br />

Nachdem die niedersausende Fliegenklatsche das Leben<br />

der sieben Fliegen vernichtet hatte, stiegen ihre Seelen<br />

auf zum Himmel, und sie begannen darüber zu<br />

räsonieren, ob sie eines gerechten Todes gestorben seien<br />

oder nicht. Zwar sei es nicht recht gewesen, sich auf ein<br />

fremdes Marmeladebrot zu setzen, schon gar nicht, wenn<br />

man vorher auf dem Misthaufen gespielt hätte, aber dass<br />

man für so ein vergleichsweise geringes Verbrechen<br />

gleich mit dem Tode bestraft würde, das schien ihnen<br />

doch reichlich ungerecht. Aber so seien sie nun einmal,<br />

die Menschen, wenn sie etwas störe, würden sie es gleich<br />

mit Stumpf und Stiel ausrotten und vernichten. Das sei

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!