F E S T S C H R I F T Zwanzig Jahre Literarischer Gesprächskreis ...
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Selma Dittrich<br />
Das doppelte Kirchenopfer<br />
Das Zwitschern, Trillern, Pfeifen, das vom Garten durchs<br />
offene Fenster zu mir drang, war die Ursache, dass ich an<br />
jenem Sonntagmorgen früher als sonst erwachte.<br />
Der mit dem harten Pink-pink war der Buchfink, der im<br />
Schneeballstrauch saß. Das Dididi-dschä kam vom<br />
Rotschwänzchen und das laute Dididä von meinen<br />
Kohlmeisen. Das zwischendurch hörbare leise<br />
Geschwätz war von den Staren, der wohlklingende<br />
Gesang von der Amsel, das unüberhörbare Sisibebesisibebe<br />
von den Blaumeisen, die im Kasten nisteten, der<br />
am Zwetschgenbaum festgemacht war. Doch fast alles<br />
übertönten die Spatzen mit ihrem Schilp-schilp. Eine<br />
Weile hörte ich dem gefiederten Morgenkonzert zu, doch<br />
als die Spatzen zu streiten anfingen, stand ich auf.<br />
Während der Morgentoilette dachte ich an den Tag und<br />
an alles, was ich zu tun beabsichtigte. Es war zu weit<br />
gedacht! Ich deckte den Tisch, holte frische Blumen aus<br />
dem Garten, setzte mich und frühstückte genüsslich und<br />
ausgiebig. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass diesmal<br />
die Zeit ausreichen würde, um in die Kirche zu gehen.<br />
Ich würde wieder einmal meine christliche Pflicht<br />
erfüllen, was höchst selten vorkam.<br />
Gedacht – getan: noch etwas Kleingeld in meine<br />
Handtasche und ich fuhr los.<br />
In der Kirche grüßte ich nickend mal nach rechts, mal<br />
nach links, wenn ich Bekannte sitzen sah. Auch mir<br />
wurde zugenickt – „man“ kannte mich also noch...<br />
Der Gottesdienst begann wie üblich. Die drei Strophen<br />
vom angegebenen Lied sang ich lebhaft mit – doch bei