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Cafe a la Peter<br />
Heiko folgte bis hinauf ins Dachgeschoß. Wer wohnt schon freiwillig unterm Dach?<br />
Trotzdem neugierig folgte er Peter in dessen Wohnung. Bereits nach zwei Schritten blieb<br />
er wie angewurzelt stehen. Jetzt verstand er, warum der große attraktive Mann eine<br />
Dachwohnung sein Eigen nannte. Alles war großzügig und luftig, die Giebelwand wurde<br />
von bodenlangen Fenstern eingenommen und Küche, Wohn- und Essz<strong>im</strong>mer bildeten eine<br />
große Einheit. Der Boden bestand aus dunklem Laminat und die cremefarbene Tapete<br />
machte alles schön hell. Die Küche war der feuchte Traum eines jeden Kochs und auf der<br />
Kücheninsel thronte ganz in schwarz und Chrom ein Hightech-Kaffeeautomat. Drei Türen<br />
gingen vom Wohnz<strong>im</strong>mer aus ab, hinter einer vermutete Heiko das Schlafz<strong>im</strong>mer, hinter<br />
der nächsten das Bad und über die dritte musste er spekulieren.<br />
Peter schlüpfte aus seinen Schuhen, meinte über die Schulter: „Willkommen in meinem<br />
Reich“, und marschierte schnurstracks zur Kücheninsel, nach nur einem Knopfdruck<br />
begann die Kaffeemaschine vorzuheizen und dementsprechend energische Geräusche von<br />
sich zu geben. Auf einem Tablett richtete Peter Zucker, eine Tasse für sich und ein Latte-<br />
Machiato-Glas für Heiko, hinzu legte er noch einen langstieligen Löffel und einen dicken<br />
Trinkhalm. In die kalte Milch schob er das Ansaugröhrchen der Saeco und dann konnte es<br />
auch schon losgehen. Geschickt bereitete er erst die Spezialität für seinen Gast zu und für<br />
sich selbst dann einen gewöhnlichen Kaffee. Er liebte den durchgepressten Bohnensud,<br />
aber er brauchte kein Schnickschnack, um glücklich zu sein. Beides positionierte er auf<br />
dem Tablett und trug es hinüber zum Wohnz<strong>im</strong>mertisch. Lächelnd sah er zu Heiko auf<br />
und bat diesen: „N<strong>im</strong>m doch Platz.“<br />
Auch Heiko hatte seine Schuhe an der Haustür zurück gelassen und Peter dann wie ein<br />
stummer Schatten durch die Wohnung gefolgt. Es beeindruckte ihn sehr, dass der größere<br />
Mann so gekonnte den komplizierten Vollautomaten bedienen konnte. Mit einem leisen<br />
Seufzen ließ er sich in die weichen Polster der Couch sinken und griff sich sein Getränk. Die<br />
Milch hatte genau die richtige Steifigkeit, denn das Röhrchen stand ganz von selbst in<br />
dem fluffigen Schaum. Lächelnd bewegte er den Trinkhalm vorsichtig durch die Masse<br />
und beobachtete die Kaffeeschlieren durch das Glas.<br />
Peter seinerseits beobachtete Heiko und erkannte, dass dieser sich wohl vor dem<br />
Gespräch drücken wollte oder es zumindest vor sich herschob. Lächelnd griff auch er<br />
nach seinem Kaffeebecher und nahm den ersten vorsichtigen Schluck. Wegen seiner nicht<br />
vergehenden Kaffeegier verbrannte sich Peter regelmäßig die Zunge an seinem heißen<br />
schwarzen Suchtmittel, trotzdem nippte er jedes Mal wieder viel zu früh daran. Seufzend<br />
lehnte er sich zurück und konzentrierte sich voll und ganz auf sein Gegenüber. Diese<br />
blonde Sahneschnitte auf seinem Sofa ließ ihn tatsächlich vergessen, dass er sich gestern<br />
noch extrem einsam gefühlt hatte. Hoffentlich enthüllte er jetzt <strong>im</strong> Gespräch nichts, was<br />
für ihn ein absolutes No Go darstellte. Doch dies konnte er erst herausfinden, wenn Heiko<br />
endlich anfing auszupacken.<br />
Heiko schlug nervös die Beine übereinander und sah fast schon verschämt zu Peter<br />
hinüber. Es erschreckte ihn fast, dass er dessen volle Aufmerksamkeit hatte. Peter<br />
konzentrierte sich voll und ganz auf ihn und ließ für nichts anderes Platz. Die meisten<br />
anderen Menschen taten tausend Dinge und man selbst erhielt nur ein Bruchteil der