Heimat-Rundblick 118 - Herbst 2016
Magazin für Geschichte - Kultur - Geschichte in der Region Hamme, Wuemme Weser
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Ausschnitt aus der Urkarte Blatt 13, hrsg. vom Katasteramt Osterholz-Scharmbeck. Die Stelle Nr. 50 liegt<br />
da, wo in der Karte die Ziffer 61 eingetragen ist.<br />
Die Flächen sind beim Vollhöfner<br />
geringfügig, bei den Aftermeiern deutlich<br />
geringer geworden.<br />
Erst 1870 konnte dann die notwendige<br />
Summe an Ablösungs-Kapital aufgebracht<br />
werden, so dass der Staat, vertreten durch<br />
die Königliche Finanz-Direction, vom 1.<br />
Nov. 1870 an auf seine Rechte am Hof verzichtete<br />
und dieser somit in das Eigentum<br />
des Vollhöfners Gevert Wellbrock überging.<br />
Aus dieser Zeit stammen auch die ersten<br />
Katasteramtskarten, die in Preußen bzw.<br />
im neu gegründeten 2. Deutschen Reich<br />
im Maßstab 1 : 2000 erstellt wurden.<br />
Die Ausschnitte zeigen die Hofstelle des<br />
Vollhofs Nr. 4 südlich der Teufelsmoorstraße<br />
sowie die Brinkköthnerstelle Nr. 50<br />
und die Anbauerstelle Nr. 51 nördlich der<br />
Straße, die gemeinsam auf Antrag von<br />
Gevert Wellbrock am 20. Feb. 1875 in die<br />
Höferolle der Gemeinde Teufelsmoor eingetragen<br />
worden sind.<br />
Einschneidende Änderungen<br />
im 20. Jahrhundert<br />
Gevert Wellbrock hatte spät geheiratet.<br />
Als er 1903 starb, war sein Sohn Johann<br />
noch zu jung, um den Hof zu übernehmen.<br />
Im Endeffekt für 21 Jahre wurde dieser<br />
verpachtet. Johann hatte zunächst<br />
Militärdienst zu leisten und wurde dann<br />
zum Kriegsdienst einberufen. Nach Rückkehr<br />
aus dem Weltkrieg wurde er Gemeindevorsteher<br />
der Gemeinde Teufelsmoor<br />
und blieb dies bis 1945.<br />
Von 1907 bis 1970 wurde ein damals<br />
neu gebautes Haus auf der gegenüber liegenden<br />
Straßenseite (Nr. 60) bewohnt,<br />
bevor 1970 der Umzug auf die alte Hofstelle<br />
in das neu erbaute Wohnhaus<br />
erfolgte.<br />
Im 2. Weltkrieg fiel der erbberechtigte<br />
Sohn Johann-Georg, so dass Tochter Wilhelmine<br />
– ab 1950 Lühr – den Hof erbte.<br />
Einflussnahme durch<br />
das GR-Gebiet<br />
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft<br />
brachte auch in Teufelsmoor einschneidende<br />
Änderungen mit sich.<br />
Mechanisierung ging einher mit Spezialisierung<br />
auf reine Rindviehhaltung, dem<br />
Abbau von Arbeitskräften bei Aufgabe<br />
unrentabler Betriebe und Expansion der<br />
verbliebenen.<br />
So gehört der Betrieb zu den wenigen<br />
verbliebenen, die die Landwirtschaft noch<br />
Teilräume des GR-Gebiets (Ausschnitt) aus dem<br />
Abschlussbericht zw. S. 7 und 8<br />
im Vollerwerb betreiben. Es wird heute<br />
aber kein Ackerbau mehr betrieben; die<br />
reinen Grünlandflächen werden gemäht<br />
bzw. weidewirtschaftlich genutzt. Der<br />
betriebswirtschaftliche Schwerpunkt liegt<br />
auf der Milcherzeugung. Die lange Zeit<br />
betriebene Schafhaltung ist in den 1960er<br />
Jahren aufgegeben worden.<br />
Die im Nieder- und Hochmoor gelegenen<br />
Flächen sind historisch überliefertes<br />
Eigenland, aber von minderer Ertragskraft.<br />
Eine charakteristische Bodenmesszahl lautet:<br />
Mo III a3-30. 15 ) Bedeutet: Moorboden<br />
der III. Qualitätsstufe im gemäßigten Klima<br />
bei recht hoher Bodenfeuchtigkeit und<br />
einem Grünland-Bodenwert an der Grenze<br />
von mittelgut zu gering.<br />
Für die Bewirtschaftung bedeutet dies,<br />
dass eine Bodenverbesserung durch<br />
erhöhte Nährstoffzufuhr erreicht werden<br />
kann oder dass den Naturgegebenheiten<br />
Rechnung getragen wird und die Wirtschaftsweise<br />
eher extensiv ausgerichtet ist.<br />
Für die zweite Alternative hat sich die<br />
Politik in Gestalt des Kreistages des Landkreis<br />
Osterholz entschieden, indem Bereiche<br />
der unteren Hammeniederung in der<br />
Größe von 2780 ha zu einem Naturschutzgroßprojekt<br />
von nationaler Bedeutung<br />
(GR-Gebiet) ausgewiesen worden<br />
sind. Zu den Maßnahmen, um eine standortgerechte<br />
Tier- und Pflanzenwelt zu<br />
sichern und zu fördern, gehören demzufolge<br />
Nutzungsauflagen für die Landwirtschaft,<br />
die die Extensivierung der Grünlandwirtschaft<br />
zum Ziel haben. 16 )<br />
Unumstritten war das Projekt nicht.<br />
Verlockend und seitens der Politik immer<br />
wieder hervorgehoben war der Umstand,<br />
dass zur Umsetzung der Ziele beträchtliche<br />
Mittel des Bundes und des Landes in den<br />
Landkreis fließen würden und dieser selbst<br />
nur 11% der 16 Mio. € teuren Maßnahmen<br />
aufbringen müsste. Demgegenüber<br />
äußerten die Landwirte – u. a. W. Lühr –<br />
die Sorge, dass die Existenz ihrer Höfe<br />
durch das GR-Gebiet gefährdet sei. 17 ) D.<br />
Krause-Behrens schreibt dazu in ihrem<br />
Kommentar: „Die Teufelsmoorer Bauern,<br />
die sich als Opfer fürs GR-Gebiet sehen,<br />
das man in Kauf nimmt, fühlen sich allein<br />
gelassen: von den Landwirten im Landkreis,<br />
von der Politik, von den Planern.“<br />
Reizthema<br />
Sammelverordnung<br />
Seitdem seit Anfang 2015 Pläne bekannt<br />
sind, dass der Landkreis Osterholz in einer<br />
Sammelverordnung großflächige Schutzgebiete<br />
ausweisen will, wird dieses Vorhaben<br />
in der Ortschaft und darüber hinaus<br />
höchst kontrovers diskutiert, wobei in der<br />
Tagespresse den Informationen seitens des<br />
Landkreises sowie den Stellungnahmen<br />
der Kritiker breiter Raum gewährt wird. Im<br />
Ort hat sich eine Schutzgemeinschaft<br />
gebildet, die seit Anfang Mai <strong>2016</strong> mit<br />
24 RUNDBLICK <strong>Herbst</strong>s <strong>2016</strong>