Christian Speck - St. Margrethen
Christian Speck - St. Margrethen
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Higgins wird ein Blindenführhund<br />
Andrea und Urs Hitz haben mit<br />
ihrer Familie eine aussergewöhnliche<br />
Aufgabe übernommen:<br />
Sie ziehen einen Labrador-<br />
Retriever auf, der später einem<br />
sehbehinderten Menschen das<br />
Leben erleichtern soll. Der<br />
zukünftige Blindenführhund<br />
erlebt seine Jugend lernend in<br />
<strong>St</strong>. <strong>Margrethen</strong>.<br />
"Unsere Kinder Nikolas und Katharina<br />
wollten gerne einen Hund<br />
haben", erzählt Andrea Hitz. Da hat<br />
sie sich keine Illusionen darüber<br />
gemacht, dass sie als Hausfrau und<br />
Mutter zu einem grossen Teil den<br />
Hund würde betreuen helfen,<br />
eventuell auch lange Zeit noch,<br />
wenn die Kinder schon ausgezogen<br />
sind. Durch ihre Schwägerin<br />
erfuhr sie von der Möglichkeit einer<br />
Patenschaft für einen Blindenführhund.Eine<br />
Patenfamilie nimmt<br />
einen Welpen bei sich auf und bereitet<br />
das Tier auf seine Ausbildung<br />
zum Blindenführhund vor. Andrea<br />
Hitz und ihrer Familie war bewusst, dass<br />
ein schwieriger Teil dieser Aufgabe darin<br />
besteht, den mit grosser Sorgfalt gehegten<br />
Hund wieder zurückzugeben.<br />
Während eines ganzen Jahres hat sich<br />
die Familie vergegenwärtigt, was es mit<br />
allen Konsequenzen bedeutet, Patenfamilie<br />
für einen Blindenführhund zu sein.<br />
So umsichtig wie der Entschluss in der<br />
Familie, so sorgfältig geschah die Einführung<br />
in die Haltung eines zukünftigen<br />
Blindenführhundes durch die Blindenschule<br />
in Allschwil bei Basel. Die Verantwortlichen<br />
aus Basel kamen nach <strong>St</strong>.<strong>Margrethen</strong>,<br />
um das Umfeld für den Hund zu<br />
überprüfen. Die Aufgaben einer Patenfamilie<br />
sind genau beschrieben und vertraglich<br />
festgehalten. Der angehende<br />
Blindenführhund bleibt ungefähr ein<br />
Jahr bei der Patenfamilie. In dieser Zeit<br />
sind sieben Kontakte mit der Schule geplant<br />
wie auch Abklärungen beim Tierarztspezialisten<br />
in Basel. Der Ausbildner<br />
unterstützt die Pflegefamilie in allen Belangen.<br />
Ueber eine Hotline hilft die Blindenhundeschule<br />
bei unvorhergesehenen<br />
Problemen.<br />
Die freudige Aufregung war überwältigend,<br />
als Familie Hitz zum ersten Mal<br />
nach Allschwil reiste, um den drei Wochen<br />
alten Welpen Higgins anzuschauen<br />
und zu streicheln. Beim zweiten Besuch<br />
konnte die Familie mit dem achtwöchi-<br />
Andrea Hitz mit Higgins, dem angehenden Blindenführhund<br />
gen Hund im Auslauf spielen. Dreizehn<br />
Wochen alt kam Higgins nach <strong>St</strong>. <strong>Margrethen</strong>.<br />
Damit aus einem Jungtier ein<br />
zuverlässiger Blindenführhund wird, ist<br />
es wichtig,dass er eine unbeschwerte,erfahrungsreiche<br />
Jugend erleben kann, eine<br />
Zeit, in der ihm viel Aufmerksamkeit<br />
zuteil wird. Andrea Hitz widmete seiner<br />
Erziehung täglich bis vier <strong>St</strong>unden Zeit.<br />
Anders als Freizeithunde musste Higgins<br />
lernen, sich im <strong>St</strong>rassengraben zu versäubern,<br />
was bei Passanten oder Autofahrern<br />
Unverständnis hervorgerufen<br />
hat. Andrea Hitz hat sich immer bemüht,<br />
zu erklären,warum sie ihrem Pflegehund<br />
diese Art des sich Versäuberns beibringen<br />
muss. Higgins lernte seine Kommandos<br />
auf Italienisch. Piede heisst Fuss, sed<br />
bedeutet absitzen, hört er resta, dann<br />
muss er warten. Nach dem Ausbildungsplan<br />
wurde er beim Spazieren an das<br />
Führergeschirr gewöhnt. Auch war Andrea<br />
Hitz darauf bedacht, dass sie den jungen<br />
Hund in möglichst abwechslungsreiche<br />
Lernsituationen führte.So machte<br />
sie ihn vertraut mit allen Geräuschen im<br />
Dorf: mit dem Verkehr an der Autobahn,<br />
mit dem Einfahren der Züge am Bahnhof,<br />
mit dem Maschinenlärm auf Baustellen.<br />
Damit er nicht nur das Landleben kennen<br />
lernte, fuhr sie mit ihm in die <strong>St</strong>adt.<br />
Besonderes Augenmerk entwickelte sie<br />
für Fussgängerstreifen, für <strong>St</strong>ufen und<br />
Trottoirs. Erst jetzt auch fielen ihr Hindernisse<br />
für sehbehinderte Menschen auf.<br />
Angelika Müller-Ruess<br />
Zum Beispiel auf dem Trottoir parkierte<br />
Velos. Überhaupt erlebte sie<br />
Schwierigkeiten mit Velofahrern.<br />
Da das Velo ein lautloses aber doch<br />
recht schnelles Gefährt ist, sind<br />
Fussgänger und Hundehalter auf<br />
Glockenzeichen angewiesen. Andrea<br />
Hitz ist aufgefallen, dass es viele<br />
Leute gibt, die kein Verständnis<br />
für Hunde haben, auch dafür nicht,<br />
dass Hunde im Rheinvorland auslaufen<br />
dürfen. Viele meinen, dass<br />
Hunde immer an der Leine zu<br />
führen seien. Die Hundehalterin hat<br />
auch schon zu hören bekommen,<br />
dass Blindenführhunde arme Tiere<br />
seien.Da möchte sie widersprechen:<br />
Ein Hund,der eine wichtige Aufgabe<br />
übernehmen kann, ist ausgefüllt<br />
und zufrieden. Und ein Hund, der eine<br />
innige Zuwendung durch einen<br />
sehbehinderten Menschen erhält,<br />
ist glücklich.<br />
Higgins ist erwachsen geworden.<br />
Bald wird er in Allschwil seine Ausbildung<br />
zum Blindenführhund erhalten.<br />
Sollte Higgins der anspruchsvollen<br />
Aufgabe nicht gewachsen sein, dann<br />
könnte die Familie Hitz ihn wieder bei<br />
sich aufnehmen. Die Lernfähigkeit eines<br />
Blindenführhundes zeigt sich nach kurzer<br />
Zeit. Andrea Hitz ist überzeugt, dass<br />
ihr Higgins die Hürden beim Lernen<br />
schaffen wird, dass ein schmerzlicher Abschied<br />
unausweichlich wird. Aber sie hat<br />
die erleichternde Gewissheit, dass ihr<br />
Hund einem sehbehinderten Menschen<br />
Zugänge öffnen, Selbstständigkeit ermöglichen<br />
und in ihm einen liebevollen,<br />
dankbaren Begleiter finden wird. Und da<br />
ist eine spürbare Befriedigung darüber,<br />
einen wichtigen Beitrag zu leisten. Durch<br />
die Beziehung zu Higgins ist Andrea Hitz<br />
mit ihrer Familie sensibilisiert worden für<br />
Menschen mit einer Behinderung und für<br />
die Freude, die ein Tier zu geben vermag.<br />
Kontakt:<br />
Andrea und Urs Hitz<br />
Unterdorfstrasse 2 a<br />
9430 <strong>St</strong>. <strong>Margrethen</strong><br />
Telefon: 071 744 78 48<br />
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