Leseprobe "Kopf-fit" Februar 2017
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Der Tastsinn – Lebensnotwendiges Fühlen<br />
Fühlen<br />
Unser<br />
steuert<br />
ältester und direktester Sinn<br />
Gefühle<br />
ist wichtiger als wir denken.<br />
»Unser Tastsinn wird gnadenlos unterschätzt«, ist Dr. Martin<br />
Grunwald überzeugt. Der Haptik-Forscher an der Medizinischen<br />
Fakultät der Universität Leipzig spricht aufgrund der vielen unterschiedlichen<br />
Rezeptoren und der enormen Gesamtgröße des<br />
Sinnesorgans von einem ganzen Tastsinnessystem.<br />
Wo der <strong>Kopf</strong> sitzt, ist oben<br />
Jede Bewegung ist nur mithilfe von<br />
Tastzellen möglich. Die sagen uns nicht<br />
nur, wo der Tisch steht, sie erfühlen<br />
Temperatur, Gewicht, Elastizität, Druck,<br />
Vibration und Oberflächenstruktur.<br />
Dass wir auch mit geschlossenen Augen<br />
wissen, wo sich unsere Füße befinden<br />
und ob wir aufrecht stehen oder<br />
liegen, ist ebenfalls eine Leistung des<br />
Tastsinns. Und ohne die körperinneren<br />
Tastzellen von Muskeln und Organen<br />
könnten wir wichtige Signale wie Magendrücken<br />
oder Herzrasen gar nicht<br />
spüren.<br />
Das Erfühlen der Umgebung beginnt<br />
im Mutterleib und setzt sich bei Säuglingen<br />
mittels Anfassen und in-den-<br />
Mund-nehmen fort: Die Informationen<br />
der verschiedenen Rezeptortypen an<br />
Berühren erzeugt Wohlbefinden:<br />
1 Durch Berührungen beruhigen sich Herzfrequenz und Atem,<br />
positive Emotionen stellen sich ein.<br />
1 Wer regelmäßig berührt wird, schüttet weniger Stresshormone aus, kann<br />
sich besser konzentrieren und entwickelt ein gesundes Körperselbstbild.<br />
1 Frühchen, die regelmäßig massiert werden, holen Entwicklungsdefizite<br />
schneller auf.<br />
1 Regelmäßige Massagen erleichtern Schülern das Lernen, selbst bei eher<br />
berührungsempfindlichen Kindern mit ADHS und Autismus.<br />
1 Produktdesigner und Lebensmittelhersteller forschen aufwendig nach<br />
dem besten (Mund-)Gefühl, um den Verkauf anzukurbeln.<br />
1 Kellner, die ihre Gäste berühren, bekommen mehr Trinkgeld.<br />
1 Menschen, die beiläufig am Oberarm berührt werden, sind hilfsbereiter<br />
und wohlwollender.<br />
Fotos: soleg/Fotolia, Alexander Potapov/Fotolia<br />
Foto: karelnoppe/Fotolia<br />
Fingerspitzen, Zunge und Lippen gelangen<br />
gemeinsam mit Reizen aus benachbarten<br />
Körperregionen über die<br />
Nervenbahnen zum Gehirn. Dort werden<br />
die Signale zusammengefasst und<br />
ausgewertet.<br />
Tast-Training ist möglich<br />
Berührungen sind unverzichtbar für<br />
die körperliche und soziale Entwicklung<br />
aller Säugetiere. Leider lässt das<br />
Tastsinnessystem ähnlich wie das Hör-<br />
vermögen mit dem Alter nach. Dann<br />
schwinden Berührungsempfindlichkeit<br />
und Feinmotorik – der Schlüssel rutscht<br />
aus der Hand, Gegenstände werden<br />
umgestoßen. Die gute Nachricht: Der<br />
Tastsinn lässt sich bis ins hohe Alter<br />
trainieren, zum Beispiel beim Tanzen.<br />
Alles für eine wohltuende Massage<br />
finden Sie in Ihrer Apotheke.<br />
Kuscheln macht glücklich<br />
Der Tastsinn wirkt direkt auf unsere<br />
Gefühle. Zwischenmenschlicher Körperkontakt<br />
startet biochemische und bioelektrische<br />
Prozesse im Gehirn. »Daraufhin<br />
werden bestimmte Hormone und<br />
Neurotransmitter ausgeschüttet und<br />
gebildet, die die Hirnaktivität beeinflussen<br />
und den körperlichen Zustand<br />
positiv verändern«, so Dr. Grunwald.<br />
Den positiven Einfluss von Berührungen<br />
können Sie gezielt anwenden: Zehn Minuten<br />
Massage täglich heben die Stimmung.<br />
Besonders Babys reagieren sehr<br />
deutlich auf Berührungen. SF<br />
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